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DAS MAGAZIN FÜR DIE MENSCHENRECHTE
4,80 EURO
AMNESTY JOURNAL
10/11
2012 OKTOBER/ NOVEMBER
BITTE RECHT FREUNDLICH FOTOGRAFIE UND MENSCHENRECHTE
OURY JALLOH Schwierige Suche nach der Wahrheit
RUSSLAND Kurzer Prozess gegen »Pussy Riot«
BUCHMESSE Ein Gedicht von Liao Yiwu und aktuelle Neuerscheinungen
Illustration: André Gottschalk
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Anton Landgraf ist Redakteur des Amnesty Journals
Foto: Mark Bollhorst / Amnesty
EDITORIAL
EIN BILD ERZÄHLT MEHR ALS TAUSEND WORTE … … heißt eine bekannte Redewendung. Tatsächlich ändern sich die Lesegewohnheiten rapide, gewinnt die Visualisierung von Sachverhalten an Bedeutung. Auch wir versuchen in jeder Ausgabe nicht nur, interessante Themen und Texte zu finden, sondern auch die dazugehörigen Fotos. Die Ansprüche sind hoch: Die Bilder sollen die Themen nicht nur illustrieren, sondern eine eigene Geschichte erzählen. So wie die Fotos von Anja Niedringhaus, mit der wir über ihre Arbeit sprachen (Seite 28). Sie ist oft in Regionen unterwegs, in denen Journalisten und Fotografen sich nicht frei bewegen können und hohen persönlichen Risiken ausgesetzt sind. Diese Erfahrung machte auch Robin Hammond während einer Reise nach Simbabwe. Der neuseeländische Fotograf fand sich plötzlich in der Rolle derjenigen wieder, über die er eigentlich berichten wollte. In seiner Reportage (Seite 22) erzählt er von seiner Verhaftung. Eine wichtige Rolle spielen bei Amnesty neue Medien und Technologien. Das zeigt zum Beispiel der Einsatz von Satellitenfotos, um Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren (Seite 36). Um eine Spurensuche ganz anderer Art geht es in der Reportage über den Fall Oury Jalloh. Bis heute ist nicht geklärt, wie er in einer Zelle im Dessauer Polizeirevier verbrennen konnte. Amnesty International hatte den ersten Prozess beobachtet, der mit einem Freispruch für die beiden angeklagten Polizeibeamten endete. In einem zweiten Anlauf soll nun vor Gericht die Ursache geklärt werden. Unser Volontär Ralf Rebmann hat den Prozess besucht und mit vielen Beteiligten gesprochen (Seite 46). Mit dieser Ausgabe endet sein Volontariat. Wir danken ihm für seinen großen Einsatz, der wesentlich zur Qualität des Journals beigetragen hat. Nicht zuletzt nehmen wir in dieser Ausgabe einen besonderen Perspektivwechsel vor. Sie sind gewohnt, dass wir regelmäßig über die Situation der Menschenrechte in aller Welt berichten. Nun wollen wir Ihre Meinung wissen: Wie gefällt Ihnen das Amnesty Journal? Was können wir noch verändern? Wir würden uns freuen, wenn Sie sich ein paar Minuten Zeit nehmen könnten, um den Fragebogen auszufüllen. Damit helfen Sie uns, das Magazin weiter zu verbessern. Wenn möglich, füllen Sie den Bogen doch gleich online aus (www.amnesty.de/ umfrage). Damit sparen Sie Zeit und Kosten. Selbstverständlich nutzen wir die Daten nur für interne Zwecke und geben sie nicht an Dritte weiter. Die Ergebnisse der Umfrage stellen wir Ihnen in einer der nächsten Ausgaben vor.
EDITORIAL
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INHALT
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Titelbild: »28 Millimètres, Portrait d’une génération«, Frankreich 2004. Der französische Filmemacher Ladj Ly posiert mit seiner Kamera in einem Vorort von Paris. Foto: JR
THEMA 20 Fotografie und Menschenrechte Von Ute Wrocklage und Daniel Veit
22 Fotografieren verboten Der neuseeländische Fotojournalist Robin Hammond erzählt von seiner gefährlichsten Reportage. Im April 2012 wurde er in Simbabwe von Sicherheitskräften des autoritär regierenden Präsidenten Robert Mugabe festgenommen, verhört und inhaftiert.
28 »Ich schieße nicht, ich fotografiere«
RUBRIKEN 06 Reaktionen 07 Erfolge 10 Panorama 12 Nachrichten 13 Porträt: Oswaldo Payá 15 Interview: Natallia Radzina 17 Kolumne: Keno Verseck 75 Rezensionen: Bücher 76 Rezensionen: Film & Musik 78 Briefe gegen das Vergessen 80 Aktiv für Amnesty 81 Wolfgang Grenz über Save Them
Ein Gespräch mit der deutschen Fotografin Anja Niedringhaus, die seit mehr als zwanzig Jahren in Kriegs- und Krisengebieten unterwegs ist.
34 Teilen und überwachen Für die Verbreitung von Bildern und Informationen über den Aufstand in Syrien spielen die neuen Medien eine zentrale Rolle. Aber auch die Geheimdienste haben auf diese Entwicklung reagiert. Von Larissa Bender
36 Aufklärung aus dem Orbit Wer ist für ein Massaker verantwortlich? Wie viele Menschen wurden vertrieben? Auf Fragen wie diese können Satellitenbilder eine Antwort liefern. Von Christoph Köttl
38 »Menschen sehen gerne Gesichter« Ein Gespräch mit Wayne Minter. Er ist im Internationalen Sekretariat von Amnesty in London für den Bereich der audiovisuellen Medien verantwortlich.
Fotos oben: Robin Hammond | Anja Niedringhaus / AP | Ralf Rebmann | Isolde Ohlbaum / laif
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BERICHTE
KULTUR
46 Die Spur des Feuers
62 Massaker
Es ist eines der umstrittensten Gerichtsverfahren der vergangenen Jahre: Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Zelle im Dessauer Polizeirevier. Bis heute ist nicht geklärt, wie das Feuer ausbrechen konnte. Das Landgericht Magdeburg versucht nun in einem zweiten Anlauf, der Brandursache auf die Spur zu kommen. Von Ralf Rebmann
52 Auf halbem Weg Eine UNO-Konferenz zur Kontrolle des internationalen Waffenhandels ist im Juli in New York ohne Einigung zu Ende gegangen. Doch vergeblich waren die vierwöchigen Verhandlungen nicht. Von Katharina Spieß
54 Schwarze Löcher Journalisten werden in Mexiko drangsaliert, verfolgt und ermordet. Drogenkartelle wollen damit eine kritische Berichterstattung unterbinden. Von Wolf-Dieter Vogel
56 »Wir sind alle Optimisten« Ein Gespräch mit der Menschenrechtsanwältin Beatrice Mtetwa über ihre Arbeit und die Chance auf einen politischen Wandel in Simbabwe.
58 Die Freiheit der Andersdenkenden Alles deutet darauf hin, dass die russischen Behörden an den drei verurteilten Frauen von »Pussy Riot« ein Exempel statuieren wollen. Von Peter Franck
Ein Gedicht von Liao Yiwu
66 »Unser Geist ist belastbar« Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Priya Basil über ihr Buch »Die Logik des Herzens«.
68 Krieg aus der Sicht von Mädchen Der Debütroman »Abzählen« der georgischen Autorin Tamta Melaschwili. Von Wera Reusch
69 Leise Stimme aus dem Iran Der Roman »Kellervogel« von Fariba Vafi ist jetzt auf Deutsch erschienen. Von Wera Reusch
70 Recherche gegen Rechts Das Sachbuch »Die Zelle« informiert detailreich über den Terror des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU). Von Maik Söhler
71 Gut Ausgebildete greifen an Wolfgang Kraushaar über die Akteure des Arabischen Frühlings und der Occupy-Bewegung. Von Maik Söhler
72 »Ab und zu mache ich mir Sorgen« Ein Gespräch mit dem Schriftsteller Yassin Musharbash über Islamhasser und muslimische Radikale.
74 Schrecklich nette Familien Der Autor Jabbour Douaihy schaut in einem Roman auf die archaische Welt der Blutfehden im Libanon. Von Maik Söhler
77 Ein gefährliches Leben Der Film »Call me Kuchu« porträtiert den Schwulenaktivisten David Kato. Von Jürgen Kiontke
INHALT
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ITALIEN
EX-JUGOSLAWIEN
ÄTHIOPIEN
Die italienische Regierung soll ihren Verpflichtungen nachkommen und der menschenrechtsverletzenden Diskriminierung von Roma ein Ende setzen, fordert Amnesty International. Ein aktueller Amnesty-Bericht belegt das systematische Versagen der italienischen Behörden, wenn es um die Wahrung der Rechte von Roma geht. So werden in Camps lebende Kinder, Frauen und Männer noch immer ohne Information, Konsultation und vorherige Benachrichtigung aus ihren Unterkünften vertrieben.
Amnesty hat den Nachfolgestaaten Jugoslawiens vorgeworfen, sie würden sich nicht ausreichend um die Aufklärung des Schicksals der rund 14.000 Vermissten aus den Balkankriegen bemühen. In einem zum Internationalen Tag der Vermissten veröffentlichten Bericht verurteilte Amnesty den »fehlenden politischen Willen«, die Täter zu ermitteln, und rief die Regierungen der betroffenen Länder auf, ihre Justizsysteme umgehend zu verbessern.
Als »beunruhigendes Signal« hat Amnesty International die Festnahme des bekannten äthiopischen Journalisten Temesgen Desalegn bezeichnet. Desalegn ist Redakteur der Zeitung »Feteh«, einer der letzten unabhängigen Zeitungen Äthiopiens und ist unter anderem wegen »Aufhetzung der Bevölkerung« angeklagt. Amnesty International hat seine sofortige Freilassung gefordert. »Temesgen Desalegn ist lediglich angeklagt, weil er sein Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen hat«, sagte Claire Beston, Äthiopien-Expertin von Amnesty International.
Ausgewählte Ereignisse vom 15. Juli 2012 bis 12. September 2012.
SÜDAFRIKA
MEXIKO Der Oberste Gerichtshof von Mexiko hat ein wichtiges Urteil gefällt: Im Fall des von Soldaten getöteten Bonfilio Rubio Villegas erklärte das Gericht, dass dafür die Zivil-, und nicht die Militärgerichtsbarkeit zuständig sei. Amnesty International fordert, dieses Urteil als einen Präzedenzfall anzusehen, der für alle Menschenrechtsverletzungen gilt, die von Angehörigen der Streitkräfte an Zivilpersonen verübt werden.
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34 Tote und zahlreiche Verletzte. Das ist das schockierende Resultat eines Protestes von Arbeitern der Mine »Marikana«, der von der Polizei brutal beendet wurde. Die vielen Toten und Verletzten zeigen eine »erschreckende Missachtung menschlichen Lebens«, so Noel Kukutwa, Leiter des Programms für das südliche Afrika von Amnesty International. Offiziellen Angaben zufolge sollen einzelne Minenarbeiter bewaffnet gewesen sein. Amnesty hat die Behörden aufgefordert, eine transparente Untersuchung des Vorfalls vorzunehmen und zu klären, wieso die Sicherheitskräfte mit scharfer Munition gegen die Protestierenden vorgingen.
INDIEN Amnesty International hat die Bergbaugesellschaft Vedanta kritisiert, da sie mit einem Bericht versuche, sich »eine weiße Weste« zu verschaffen. Vedanta betreibt im indischen Bundesstaat Orissa eine Aluminium-Raffinerie und ist für die Zerstörung der Lebensgrundlage der dort lebenden indigenen Gemeinschaften verantwortlich. »Unsere Informationen belegen den Widerspruch zwischen den Behauptungen des Unternehmens und der Realität vor Ort«, sagte Polly Truscott, stellvertretende Direktorin des Asien-Pazifik-Programms von Amnesty International. So würde das Unternehmen der Bevölkerung immer noch Informationen über das wahre Ausmaß der Verschmutzung vorenthalten.
AMNESTY JOURNAL | 10-11/2012
Foto: Zoë Tryon / Amnesty
ERFOLGE
Recht auf Gemeindeeigentum und kulturelle Identität. Vertreterin der indigenen Gemeinde der Sarayaku.
WEGWEISENDES URTEIL FÜR INDIGENENRECHTE Ende Juli hat der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die indigene Gemeinde der Sarayaku konsultiert werden muss, bevor auf ihrem Land Erdöl gefördert werden kann. Amnesty International begrüßte das Urteil als beispielhaft auch für andere Landkonflikte in Lateinamerika. Vor zehn Jahren waren Mitarbeiter eines argentinischen Unternehmens auf das Land der Sarayaku im ecuadorianischen Amazonasgebiet vorgedrungen. Die Regierung hatte dem Unternehmen Konzessionsrechte eingeräumt, ohne die Sarayaku vorher zu fragen. Nach massiven Protesten der indigenen Gemeinde verließ das Unternehmen das Land. Die Sarayaku führten einen jahrelangen Rechtsstreit gegen die Regierung Ecuadors, da sie ihre Rechte verletzt sahen. Dies bestätigte nun der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte mit seinem Urteil – demnach hat der ecuadori-
ECUADOR
RECHT AUF WÜRDE
Asylbewerber in Deutschland haben ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Das haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe mit ihrem Urteil vom 18. Juli 2012 bekräftigt. Sie erklärten Teile des geltenden Asylbewerberleistungsgesetzes für verfassungswidrig. Das Urteil ist ein Erfolg für zahlreiche Organisationen, die schon jahrelang eine Anpassung der Leistungen und ein Ende der Diskriminierung von Asylbewerbern fordern. »Seit langem war offensichtlich, dass die bisher gewährten Leistungen für ein menschen-
DEUTSCHLAND
ERFOLGE
anische Staat das Recht der Indigenen auf vorherige Konsultation, auf Gemeindeeigentum und kulturelle Identität verletzt. Auch habe er das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Sarayaku gefährdet, da das Unternehmen 1,4 Tonnen Sprengstoff auf ihrem Gebiet hinterlassen habe. Ecuador wurde zur Leistung einer Entschädigungszahlung und der Durchführung verschiedener Maßnahmen verurteilt, unter anderem zur Beseitigung des Sprengstoffs. Die Sarayaku haben damit einen wichtigen Sieg nicht nur für indigene Gemeinden in Ecuador, sondern in ganz Lateinamerika errungen. »Dieses Urteil ist ein Meilenstein für die Verwirklichung der Rechte indigener Gruppen und muss nun umgehend von der Regierung Ecuadors umgesetzt werden«, sagte Maja Liebing, Amnesty-Lateinamerikaexpertin in Deutschland. Auch andere Regierungen der Region müssten nach diesem Urteil ihre Verpflichtung gegenüber den Indigenen anerkennen.
würdiges Leben nicht ausreichen«, sagte die Rechtsexpertin der deutschen Sektion von Amnesty, Verena Haan. Zudem sind sie diskriminierend, denn während Sozialhilfeempfänger mindestens 374 Euro pro Monat erhalten, liegt die finanzielle Unterstützung für Asylbewerber bislang bei 225 Euro und damit weit unter dem gesetzlichen Existenzminimum. »Die Bundesregierung muss jetzt zügig handeln und dafür sorgen, dass die Betroffenen Leistungen erhalten, die ihnen ein menschenwürdiges Leben sichern«, so Haan.
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Foto: Amnesty
Endlich am Ziel. Patrick Okoroafor (ganz rechts im Bild) mit Berliner Aktivisten und seinem Bruder Henry.
DAS ZWEITE LEBEN Patrick Okoroafor war in Nigeria wegen eines unfairen Verfahrens 16 Jahre inhaftiert. Amnesty hat sich mit weltweiten Briefaktionen für ihn eingesetzt. Als er im April frei kam, traf er sich kurz darauf mit Aktivisten in Berlin. Von Detlev-R. Fliegner »In meinem Leben bin ich noch nie so weit gelaufen«, sagte Patrick Okoroafor, nachdem er endlich den »Ten-Mile-Walk« absolviert hatte. Dabei war der Lauf, den die englischsprachige Amnesty-Gruppe in Berlin Ende Juni organisiert hatte, nicht nur sportlich ein besonderes Ereignis für den 31-jährigen Nigerianer. Zwei Jahre zuvor hatten die Berliner Aktivisten den TenMile-Walk seiner Freilassung gewidmet. Ende April diesen Jahres kam Okoroafor, der mehr als die Hälfte seines Lebens im Gefängnis verbracht hat, endlich frei. Wenig später reiste er auf Einladung von Amnesty nach Berlin, um dort um einige der Menschen kennenzulernen, die sich für ihn eingesetzt hatten. Patrick Okoroafor war gerade 14 Jahre alt, als er im Mai 1995 festgenommen und wegen Raub und Entführung angeklagt wurde. Er beteuerte, diese Verbrechen nicht begangen zu haben. Zwei Jahre später wurde er als 16-Jähriger von einem Strafgericht zum Tode verurteilt, ohne sich ordentlich verteidigen zu können. Das Verfahren fiel in die Zeit der Militärdiktatur von General Sani Abacha, unter dessen Herrschaft eine willfährige Justiz installiert wurde. Amnesty setzte sich jahrelang mit Kampagnen und weltweiten Briefaktionen für Okoroafors Freilassung ein. Während seiner Haft erhielt er mehr als 10.000 Karten und Briefe. »Als Amnesty begann, meine Freilassung zu fordern, und als ich Tausende von Briefen und Postkarten von Amnesty-Mitgliedern erhielt, schöpfte ich wieder Hoffnung«, erzählte er in Berlin.
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Einige Monate, nachdem das Todesurteil für Patrick Okoroafor verkündet worden war, wandelten die Behörden des nigerianischen Bundesstaats Imo das Urteil wegen seines Alters in lebenslange Haft um. Im Oktober 2001, nach der Widerherstellung einer zivilen Regierung in Nigeria, erklärte ein Richter des Obersten Gerichtshofs das Todesurteil für unrechtmäßig und wandelte seine Strafe in eine Inhaftierung »nach Belieben des Gouverneurs« um, wie es in dem Urteil hieß – und somit in eine unbefristete Haftstrafe. In Nigeria sind Häftlinge auf Hilfe von außen angewiesen, da sie nicht vom Staat versorgt werden. Das Geld, das sie von ihren Angehörigen bekommen, geben sie den Wärtern, die damit Lebensmittel kaufen. Die hygienische Situation ist schwierig und die Gefahr, sich mit Krankheiten zu infizieren, groß. 2009, ein Jahr nachdem Amnesty die Kampagne zur seiner Freilassung gestartet hatte, wurde seine Haftstrafe auf zehn Jahre festgesetzt, ohne die Zeit anzurechnen, die er bereits inhaftiert war. Am 30. April 2012 wurde er freigelassen. Heute spricht er über seine Rückkehr in die Gesellschaft, seine Trauer über die »verlorene Jugend«, und die Möglichkeiten, die sich ihm jetzt eröffnen. Ohne die Kampagnen und Briefe von Amnesty, betont er immer wieder, würde er wohl immer noch im Gefängnis sitzen. Nun will er seine Schulausbildung fortsetzen. Er möchte gerne nach Großbritannien ziehen, um dort später Jura zu studieren und sich für die zu Unrecht Inhaftierten speziell in Nigeria einzusetzen. »Die Hälfte der Häftlinge in den nigerianischen Gefängnisse ist unschuldig«, meint Okoroafor. Er weiß, wovon er spricht. Der Autor ist Mitglied der Nigeria-Ländergruppe der deutschen Amnesty-Sektion.
AMNESTY JOURNAL | 10-11/2012
EINSATZ MIT ERFOLG Weltweit beteiligen sich Tausende Menschen mit Appellschreiben an den »Urgent Actions«, den »Briefen gegen das Vergessen« und an Unterschriftenaktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.
worden waren. Neun von ihnen wurden Ende Juni freigelassen, unter ihnen Tural Abbasli, der Leiter der Jugendorganisation der oppositionellen Musavat-Partei. Doch befinden sich in Aserbaidschan noch immer Menschen allein deshalb im Gefängnis, weil sie ihre Meinung offen vertreten haben.
JOURNALIST WIEDER IN FREIHEIT
AKTIVISTINNEN ENTLASSEN
Der afghanische Fernsehjournalist Nasto Naderi ist am 8. Mai gegen Kaution aus der Haft entlassen worden. Nasto Naderi ist in Kabul für den Fernsehsender Noorin TV tätig und wurde am 21. April unter dem Vorwurf der »Diffamierung« festgenommen, weil in seiner Sendung ein kritischer Beitrag über den Bürgermeister von Kabul ausgestrahlt worden war. Ihm wurde darüber hinaus vorgeworfen, Alkohol getrunken zu haben. Das afghanische Mediengesetz und das Strafgesetzbuch stellen »Diffamierung« unter Strafe. Sie kann eine Gefängnisoder Geldstrafe nach sich ziehen. Amnesty geht davon aus, dass der Journalist lediglich sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat und mit der Strafverfolgung seine kritische Haltung unterbunden werden soll. Das Trinken von Alkohol ist in Afghanistan verboten und kann mit einer kurzzeitigen Haftoder einer Geldstrafe geahndet werden. AFGHANISTAN
BAHRAIN Die beiden bahrainischen Aktivistinnen Zainab Al-Khawaja und Ma’suma Sayyid Sharaf sind am 29. Mai aus der Haft entlassen worden. Seit Zainab Al-Khawaja im Dezember 2011 gegen die Inhaftierung ihres Vaters protestierte, wird sie strafrechtlich verfolgt. Ma’suma Sayyid Sharaf war am 27. April nach der Teilnahme an Protesten vor dem Innenministerium festgenommen worden. Sie wird der »illegalen Versammlung« und eines vermeintlichen Übergriffs auf drei Polizistinnen im April 2012 beschuldigt. Gegen beide Frauen waren zum Zeitpunkt der Freilassung Anklagen anhängig.
waltlosen politischen Gefangenen«, sagte Ann Harrison, stellvertretende Leiterin des Nahost- und Nordafrika-Programms von Amnesty. »Doch sitzen weiterhin viele Menschen im Iran in Haft und verbüßen teilweise lange Freiheitsstrafen unter menschenunwürdigen Bedingungen, nur weil sie friedlich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben, oder aufgrund ihrer Religion oder Überzeugung. Diese Gefangenen müssen ebenfalls freigelassen werden.« Sechs der Begnadigten wurden unmittelbar vor ihrer Freilassung noch ausgepeitscht.
RUHESTÖRUNG STATT TERRORISMUS
ASERBAIDSCHAN
Im Vorfeld des Eurovision Song Contest in Baku Ende Mai hatte Amnesty mit einer weltweiten Facebookund Twitterkampagne die Freilassung von 13 gewaltlosen politischen Gefangenen gefordert, die aufgrund ihrer Teilnahme an friedlichen Demonstrationen und ihrer Kritik an der Regierung festgenommen
IRAN Zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan hat Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei am 20. August etwa 130 Gefangene begnadigt. Viele der Gefangenen waren im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert. Unter den Freigelassenen befinden sich auch drei gewaltlose politische Gefangene, für die sich Amnesty eingesetzt hat. Auch Häftlinge in anderen Gefängnissen sollen freigelassen worden sein oder Strafmilderungen erhalten haben. »Wir begrüßen die Freilassung von Nazanin Khosravani, Ali Malihi und Ghasem Sholeh Sa’adi sowie von allen anderen ge-
SUDAN Der sudanesische Aktivist Rudwan Dawod ist wieder frei. Er war Mitte August durch Angehörige des Geheimdienstes NSS festgenommen worden und über 72 Stunden lang an einem unbekannten Ort ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten worden. Die Festnahme von Rudwan Dawod erfolgte beim Verlassen des Gerichts, nachdem er von einer Anklage wegen Terrorismus freigesprochen und stattdessen zu einer Geldstrafe wegen »versuchter Störung des öffentlichen Friedens« verurteilt worden war. Dabei handelt es sich um eine minderschwere Straftat, die im Laufe der vergangenen Monate einigen Protestierenden im Sudan zur Last gelegt wurde. Dawod ist Mitbegründer der bekannten Jugendorganisation Girifna (»Wir haben es satt«). Am 3. Juli war Rudwan Dawod während einer friedlichen Protestaktion in der sudanesischen Hauptstadt Khartum festgenommen und sechs Wochen lang inhaftiert worden. Man beschuldigte ihn des Terrorismus nach Artikel 65 des sudanesischen Strafgesetzbuchs – ein Straftatbestand, der mit der Todesstrafe geahndet werden kann.
Protest. Tural Abbasli bei einer Aktion in Baku.
Anklage anhängig. Zainab Al-Khawaja.
Wieder aufgetaucht. Rudwan Dawod.
Fotos: IRFS, Conor McCabe, Nancy Dawod
ERFOLGREICHE KAMPAGNE
BEGNADIGUNG NACH RAMADAN
ERFOLGE
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Perspektivwechsel. Ein Afghane fotografiert eine Patrouille kanadischer Soldaten mitsamt der anwesenden Fotografin Anja Niedringhaus, 2010.
Fotografie und Menschenrechte Vor vierzig Jahren, am 8. Juni 1972, machte der Fotograf Nick Ùt in Vietnam eine Reihe von Aufnahmen, von denen eine zum Sinnbild für den Krieg und die Verbrechen an Kindern und der Zivilbevölkerung schlechthin wurde: Sie zeigt flüchtende Kinder nach einem Napalm-Angriff. Das Foto erschien auf den Titelseiten vieler Tageszeitungen weltweit und spielte in der amerikanischen Anti-Kriegs-Bewegung und in der Diskussion über die Legitimität des Vietnamkriegs eine bedeutende Rolle. In unzähligen Fällen haben Fotografien dazu beigetragen, dass Menschenrechtsverletzungen in Krisenregionen ein konkretes Gesicht erhielten und nicht betroffene Menschen in fernen Ländern emotional bewegt und zum Handeln motiviert wurden. Die Arbeit der Fotografen, die Menschenrechtsverletzungen in Kriegs- und Krisenregionen dokumentieren und so Aufmerksamkeit für Missstände schaffen, kann daher nicht
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hoch genug bewertet werden. Länder, in denen gegen die Menschenrechte verstoßen wird, schränken oft auch die Meinungsund Pressefreiheit ein, um unliebsamer Berichterstattung vorzubeugen. Für Journalisten und Fotografen, die ihre Beobachtungen und Meinungen dennoch publizieren, kann das Repressionen zur Folge haben. Schlimmstenfalls können sie selbst ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten und Menschenrechtsverletzungen erleiden. Auch diejenigen, die auf den Fotos zu sehen sind, können die Folgen zu spüren bekommen, vor allem wenn sie nach der Veröffentlichung weiterhin im Wirkungsbereich des Unterdrückungsapparates leben. Nicht allein deswegen ist seitens der Fotografen Verantwortung und die Einhaltung journalistischer Grundsätze gefragt. Das Gebot der Wahrhaftigkeit und die Sorgfaltspflicht gelten auch für Fotos und Bildreportagen.
AMNESTY JOURNAL | 10-11/2012
Foto: Anja Niedringhaus / AP
Fast jedes Mobiltelefon verfügt heutzutage über eine Kamera, der Upload der Bilder in soziale Netzwerke kann in Sekunden erfolgen. Eine derartige Demokratisierung der Bilder ermöglicht es jedem, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren und das Ereignis zu veröffentlichen. Der Arabische Frühling hat gezeigt, dass diese Form der Kommunikation dazu beitragen kann, auf die Ursachen von Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen und politische Bewegungen zu fördern. Auch wenn dies grundsätzlich positiv zu bewerten ist, so darf nicht übersehen werden, dass damit auch Probleme einhergehen. Fotografien zeigen nicht per se die Wirklichkeit. Bilder sind seit jeher auch Gegenstand von Propaganda und Manipulation. Fotografien können inszeniert, montiert und manipuliert sein. Selbst wenn sie nicht gestellt oder bearbeitet sind, bleibt die Frage nach der Parteilichkeit der Fotografen, Redakteure, Verleger
THEMA
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FOTOGRAFIE
usw. Eine Menschenrechtsverletzung der Gegenpartei lässt sich bekanntermaßen leichter anprangern als die eigene. Zwar ist jede Menschenrechtsverletzung für sich genommen zu verurteilen, aber die Wirklichkeit wird durch die Verwendung stereotyper Bilder verzerrt und die Darstellung des Konflikts tendenziös. Angesichts der Masse von Bildern – auch von Menschenrechtsverletzungen –, die heute mit dem Mobiltelefon geknipst oder gefilmt und verbreitet werden, bleibt die Frage nach dem Wahrheitsgehalt. Bilder können wichtige Hinweise auf die Missachtung der Menschenrechte liefern und so weitere Recherchen auslösen. Ungeprüft und ohne Hinweis auf die Quelle sollten sie jedoch nicht übernommen und verbreitet werden. Ute Wrocklage und Daniel Veit sind Mitglieder der Themengruppe Meinungsfreiheit der deutschen Sektion von Amnesty International.
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»Ich schieße nicht, ich fotografiere«
Spiel oder Ernst? Ein Junge mit einer Plastikpistole während des Eid al-Fitr-Festes, das am Ende des Ramadan gefeiert wird. Afghanistan, Kabul, 2009.
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Die Fotos wurden uns freundlicherweise von Anja Niedringhaus zur Verfügung gestellt. Copyright: Anja Niedringhaus / AP
Die deutsche Fotografin Anja Niedringhaus ist seit mehr als zwanzig Jahren in Kriegsund Krisengebieten unterwegs. Ihre Fotos sind preisgekrönt und erscheinen in Tageszeitungen und Magazinen weltweit. Sie veröffentlicht sie jedoch nicht um jeden Preis. Der Respekt vor den Personen, die in ihrer Arbeit auftauchen, steht an erster Stelle.
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FOTOGRAFIE
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In Syrien herrscht Bürgerkrieg. Haben Sie überlegt, hinzufahren und zu fotografieren? Ja, aber je länger ich darüber nachdenke, umso weniger interessiert bin ich, weil man vor Ort sehr schnell vor den falschen Karren gespannt wird. Ich bekomme kein offizielles Visum und bin damit illegal im Land. Dann müsste ich mich auf eine Gruppe konzentrieren, was in diesem Fall die Rebellen wären, die natürlich auch ihre eigene Agenda haben. Die andere Seite zu fotografieren, wäre interessanter, aber das geht nicht – auch weil ich für eine amerikanische Agentur arbeite. Außerdem finden in Syrien im Moment so heftige Kampfhandlungen statt, dass man sehr schnell in eine brenzlige Situation geraten kann. Sollte die Türkei beispielsweise die Grenzen schließen und ich müsste zurück, würde es schwierig. Die Entscheidung, ob ich einem Land bleibe oder nicht, will ich schon selbst treffen.
Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen? Mich interessiert die humanitäre Situation. Ich fotografiere nicht dieses Bang-Bang. Wenn Zeitungen nur tote Körperteile zeigen, führt das zu einer Reaktion, die man nicht möchte. Man fühlt sich attackiert, blättert weiter und setzt sich dann nicht mehr mit dem Thema auseinander. Der Krieg hat viele Seiten, und man muss versuchen, den ganzen Kontext zu erzählen. Wie kann ich beispielsweise verständlich machen, dass in Afghanistan nicht nur wild gewordene Taliban herumlaufen? Das ist die Herausforderung. Man darf sich nicht von Erwartungshaltungen leiten lassen und ein Feindbild zeichnen, das aus westlicher Perspektive oft erwartet wird. Vor allem bei Afghanistan hat sich eine Art Müdigkeit eingestellt, obwohl dort noch Tausende Soldaten sind. Deswegen fahre ich regelmäßig hin, um immer wieder über die Situation zu informieren.
Trauen Sie den Fotos, die wir im Moment aus Syrien sehen? Die Fotos meiner Kollegen kenne ich und schätze sie. Die ersten Fotografen haben ihre Bilder zunächst ohne Namen veröffentlicht, weil die Situation so gefährlich ist. Es ist ein großer Sicherheitsaufwand in ein Krisengebiet zu fahren. Mit sogenannten »Citizen Journalists« habe ich aber ein Problem. Man nutzt das Material aus einer Art Hilflosigkeit heraus, weil man selbst nicht vor Ort sein kann. Doch nur weil man ein Smartphone hat, ist man noch lange kein Journalist. Diese Form der Berichterstattung hat ihre Berechtigung, aber wir sollten es nicht Journalismus nennen. Es gibt journalistische und ethische Standards, die man aus vielen Gründen einhalten sollte. Ich fühle mich immer wohler, wenn Kollegen vor Ort sind.
In Afghanistan oder im Irak haben Sie oft an sogenannten »Embeds« teilgenommen, also Soldaten bei Patrouillen begleitet. Wie muss man sich das vorstellen? Bei diesen Patrouillen bin ich zwar mit dem Militär unterwegs, aber meine Aufgabe ist es, zu dokumentieren und zu beobachten. Ich renne nicht mit den Soldaten in das Gebäude und stürme es. Es gibt ein Foto, das 2004 während einer Razzia in Abu Ghraib im Irak entstanden ist. Darauf sind auch Frauen und Kinder zu sehen, die eingeschüchtert wirken. Ich denke, dass sie in diesem Moment froh waren, mich zu sehen. Ich bin Zivilistin, eine Frau und Fotografin. Sollte etwas passieren, was nicht rechtens ist, würde ich es beobachten und dokumentieren. Dennoch gab es bei solchen Razzien auch unangenehme Szenen, wo nicht
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»Es gab auch unangenehme Szenen.« Razzia amerikanischer Marineinfanteristen im Stadtteil Abu Ghraib in der irakischen Hauptstadt Bagdad, November 2004.
»Die sind so dicht, dass man kaum atmen kann.« US-Soldaten bewachen einen irakischen Gefangenen. Bagdad, Irak, November 2004.
mehr angeklopft, sondern direkt die Tür eingetreten wurde. Damit habe ich ein Problem. Solche Vorfälle sorgen dafür, dass das Vertrauen verloren geht. Es hat auch sehr lange gebraucht, bis Soldaten verstanden haben, dass man in der Moschee die Schuhe auszieht. Und so was passiert immer noch, wenn man an die Koran-Verbrennung denkt.
ändert und nichts dazu getextet. Die Antwort war, dass diese Fotos im Moment etwas problematisch wären. Ich sollte dann aus dem »Embed« hinausgeworfen werden. Meine Agentur hat mich jedoch auf ganzer Linie unterstützt, und ich konnte schließlich weitermachen. Man ist ja als Fotograf im Krisengebiet nicht auf einer Werbetour.
Ein anderes Foto aus dem Jahr 2004 dokumentiert das Ende einer solchen Razzia. Zu sehen ist ein Gefangener mit einem Plastiksack über dem Kopf. Als dieses Foto entstand, war ich schon zwei Wochen mit der Truppe unterwegs. Die Razzia fand in der Zeit statt, als der Skandal im Gefängnis Abu Ghraib und die Foltervorwürfe publik wurden. Der verantwortliche General und das Pentagon waren bereits zurückgerudert und hatten auch dementiert, dass diese Sandsäcke weiterhin benutzt würden. Doch nun war ich vor Ort und sah, dass genau dies geschah. Ich habe mir mal so einen Sack übergestülpt – die sind so dicht, dass man kaum atmen kann. Ein Soldat sagte mir, dass dies jeden Tag gemacht würde und normal sei. Sie ließen mich das auch einfach so fotografieren. Nach der Veröffentlichung wurden die Fotos sehr schnell verbreitet, und das Pentagon hat umgehend davon erfahren. Dann gingen deren Alarmglocken an.
Was gehen Sie selbst mit diesen extremen Erfahrungen um? Ich versuche, so zu bleiben wie am ersten Tag, als ich meinen Fuß in ein Kriegsgebiet gesetzt habe. Meine Familie und meine Freunde sind mir sehr wichtig. Außerdem mache ich nicht nur Kriegs- und Krisenfotografie, sondern auch Sportfotografie. Den Ausgleich brauche ich, um sagen zu können: Das, was hier passiert, ist nicht normal. Ich glaube, ich bin über die letzten zwanzig Jahre sogar noch wesentlich empfindlicher und sensibler geworden. Auch die Kamera hilft, um Distanz zum Geschehen zu gewinnen und mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Hätte ich nur Block und Stift, würde ich mich sehr viel angreifbarer fühlen. Ich habe sehr viel Achtung vor meinen schreibenden Kollegen, die das durchstehen müssen.
Wie haben die Behörden reagiert? Am gleichen Abend wurde ich quasi abgeführt und in die Zentrale der US-Marines gebracht. Dort sollte ich mich rechtfertigen. Ich habe dann gefragt: Was werft ihr mir vor? Ich habe genau das fotografiert, was ihr hier macht. Ich habe nichts ver-
THEMA
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FOTOGRAFIE
Ihre Karriere begann beim Göttinger Tageblatt. Als Sie 25 Jahre alt waren, wollten Sie dann unbedingt den Jugoslawienkrieg fotografieren. Wie kommt man auf so eine Idee? Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon eine ganze Weile für die Zeitung gearbeitet. Ich hatte mich für Journalismus entschieden, und die Kamera war mein Handwerkszeug. Es war ein Krieg mitten in Europa, mir war relativ schnell klar, dass ich dahin muss. So etwas hatte ich bis dahin nie gesehen, und ich wusste selbst
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Drei Monate im Koma. Der US-Soldat Burness Britt und vier weitere Soldaten wurden von einem Sprengkörper schwer verletzt. Sangin, Afghanistan, Juni 2011.
»Alle schrien.« Szene während einer Patrouille mit kanadischen Soldaten in Salavat, Afghanistan, September 2010. Sekunden später flogen Handgranaten über die Mauer.
nicht, ob ich das kann oder vor Ort hysterisch werde. Ich habe versucht, unseren Chefredakteur zu überzeugen. Irgendwann hatte er keine Argumente mehr, und ich bin nach Sarajevo geflogen. Haben Sie sich den Krieg so vorgestellt? Der Flughafen war direkt an der Frontlinie und wurde beschossen. Es war sehr schwierig, nach Sarajevo hinein und wieder herauszukommen. Auch Scharfschützen waren überall. Es gab Tausende von Flüchtlingen. Ich habe eine Mutter gesehen, deren Kind in ihren Armen verhungert ist, aber sie dachte, es schläft. Wir Journalisten haben versucht, zu helfen und über die Armee Sprit zu besorgen, den es in Sarajevo selbst gar nicht mehr gab. Später habe ich gemerkt, dass ich die Verletzten gar nicht fotografiert habe. Das ist kein Bild wert, zumindest nicht für mich. Deshalb hasse ich auch den Ausdruck »Fotos schießen.« Ich schieße nicht, ich fotografiere. Ohne Respekt für die Menschen, die ich fotografiere, könnte ich diesen Job nicht machen. Steckt man Menschen nicht ein weiteres Mal in die Opferrolle, wenn ihr Bild in der Zeitung erscheint? Das hängt von der Art ab, wie man fotografiert. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich den Personen etwas wegnehme. Oft merken sie auch, dass man nicht einfach nur ein Foto machen will und wieder geht. Ich spreche kein Arabisch, aber in vielen Fällen reicht der Augenkontakt. Oder wenn man mit dem Kopf nickt und signalisiert, ja oder nein. Ich bleibe dann an einem Ort und warte, bis ich vergessen werde und der normale Alltag weitergeht. Dazu braucht man allerdings Zeit und die sollte man investie-
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ren. Afghanen wollen sehr gern fotografiert werden – das war zumindest meine Erfahrung. Wie gehen Sie mit Fotos um, bei denen die Personen ihr Einverständnis nicht geben können? Grundsätzlich gilt, dass jeder das Recht am eigenen Bild hat. In Afghanistan saß ich bei Rettungsflügen im Hubschrauber, als verwundete Soldaten aus Kampfsituationen geholt wurden. Man wird mit sehr harten Sachen konfrontiert, wenn zum Beispiel ein Soldat ohne Beine aus dem Feld getragen wird. Es war auch sehr gefährlich, wir wurden selbst beschossen. Es gibt diese vorgedruckten Zettel der Armee, eine Art Einverständniserklärung. Aber in dieser Situation kam ich mir sowieso schändlich vor, ich wollte nicht Paparazzi spielen. Ich habe dann teilweise mitgeholfen, Hände gehalten. Fotografieren war dann nebensächlich. Einige Soldaten konnte ich später kontaktieren und die Fotos dann auch nutzen. Aber ich finde die Vorstellung schrecklich, dass meine Fotos schneller veröffentlicht würden als die Armee die Hinterbliebenen informieren kann. Einen dieser Soldaten haben Sie später in den USA besucht … Bei diesem Soldaten war ich mir nicht sicher, ob er es schaffen würde. Er wurde durch einen Sprengkörper verletzt. Seine Notoperation in Afghanistan habe ich noch miterlebt, dann wurde er ausgeflogen. Später habe ich herausgefunden, dass er in einem Krankenhaus in Richmond, Virgina war. Er hatte drei Monate im Koma gelegen. Durch einen Schlaganfall war sein Sprachzentrum beeinträchtigt. Am Telefon sagte er nur: »Please come.« Also flog ich hin, nicht als Fotografin, sondern als Zivilis-
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Sind Sie bei Ihren Einsätzen selbst einmal verletzt worden? Ja, bei einer Patrouille mit einer kanadischen Einheit in Kandahar, im Süden Afghanistans. Wir waren in diesem Dorf und die Atmosphäre war wunderschön, ich habe mich wohlgefühlt. Es war der letzte Tag eines hohen Feiertags, des Eid-Festes. Als wir zu unserem Camp aufbrachen, waren da diese Hühner. Sie wurden durch uns aufgescheucht, und im gleichen Moment warf jemand Handgranaten über die Mauer. Es gab eine riesige Staubwolke und alle schrien. Die Mauer bestand glücklicherweise aus Lehm, in dem die Splitter verschwanden. Ich habe an der Hüfte geblutet, spürte aber nur wenig – vermutlich durch das Adrenalin. Es war ein unwahrscheinliches Glück, dass die Granate keinen Knochen beschädigt hat. Ich wurde nach Deutschland ausgeflogen und operiert. Zwei große Splitter hat man entfernt, vier kleine sind drin geblieben. Manchmal spüre ich sie noch, aber sie rauszuholen würde mehr kaputt machen als helfen. Ich denke, sie haben sich inzwischen mit meinem Körper angefreundet. War das kein Anlass, mit der Kriegsfotografie aufzuhören? Überhaupt nicht. Es war extrem wichtig für mich, zurückzukommen. Mein Leben hätte sich sonst ziemlich stark verändert. Der Vorfall ist eine Warnung, aber er darf nicht immer präsent sein,
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weil man sonst seine Arbeit nicht mehr machen kann. Über die Jahre haben sich viele meiner Kollegen verletzt oder sind sogar gestorben. Jedes Mal, wenn so etwas passiert, fragt man sich natürlich: Ist es das wert? Das bleibt schon im Hinterkopf. Man muss jedoch versuchen, das ganz normale Leben zu bewahren, und sich sagen: Es gibt auch noch ein anderes Leben. Ich denke, dass ich mir über die Jahre eine gewisse Naivität behalten habe. Das ist ganz gut so. Wenn man abstumpft, sollte man etwas anderes machen. Der Bildband »At War« von Anja Niedringhaus ist 2011 beim Hatje Cantz Verlag erschienen. Fragen: Ralf Rebmann
Foto: Amnesty / Ralf Rebmann
tin. Ich wollte wissen, wie es ihm geht. Er fragte nach Fotos und fiel mir dann in die Arme, als er sie gesehen hatte. Er sagte, ich hätte ihm etwas zurückgegeben. Da war dann plötzlich eine Verbindung zwischen uns, als würden wir uns schon seit zwanzig Jahren kennen.
INTERVIEW ANJA NIEDRINGHAUS Anja Niedringhaus wurde 1965 in Höxter, Westfalen, geboren. Seit 2002 arbeitet sie für die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) und ist in Genf stationiert. Sie war bei vielen Konflikten auf dem Balkan sowie im Irak, in Afghanistan und Libyen im Einsatz. Anja Niedringhaus fotografiert außerdem sportliche und politische Ereignisse. 2005 erhielt sie gemeinsam mit weiteren Fotografen den Pulitzerpreis.
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Foto: DigitalGlobe / Amnesty
Aufklärung aus dem Orbit Wer ist für ein Massaker verantwortlich? Wie viele Menschen wurden vertrieben? Auf Fragen wie diese können Satellitenbilder eine Antwort liefern. Manchmal sind sie die einzige Möglichkeit, um Menschenrechtsverletzungen auf die Spur zu kommen. Von Christoph Köttl
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in Berg aus Schutt und Steinen – mehr ist von ihrem Zuhause nicht geblieben. Zehntausende Menschen wurden zwischen 2008 und 2009 in der tschadischen Hauptstadt N’Djamena Opfer einer groß angelegten Zwangsräumung. Bis heute haben viele von ihnen keine Entschädigung erhalten. Die örtlichen Behörden genehmigten die Zerstörung der Gebäude, weil sie offenbar »illegal« errichtet worden waren. Offiziellen Angaben zufolge wurden 1.798 Häuser abgerissen. Tatsächlich war das Ausmaß der Zerstörung jedoch weit größer: Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen stellten fest, dass 3.700 Häuser dem Erdboden gleichgemacht wurden, also mehr als doppelt so viele wie offiziell angegeben.
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Doch weshalb konnten sich die Organisationen so sicher sein? Die Antwort kam von oben: Kommerzielle Satelliten lieferten Bilder, mit denen die betroffenen Gebiete von N’Djamena systematisch erfasst werden konnten. Sie lieferten einen Überblick über die immense Zerstörung und die menschliche Tragödie, die durch das Vorgehen der Behörden verursacht wurde. Mithilfe traditioneller Recherche und Interviews vor Ort wäre die Untersuchung eines so großen Stadtgebietes nicht zu realisieren gewesen. Die Ergebnisse wurden zusammen mit Informationen, die Amnesty-Mitarbeiter vor Ort im gleichen Zeitraum gesammelt hatten, Mitte 2009 veröffentlicht. Das Beispiel zeigt, wie Menschenrechtsorganisationen Satellitenbilder zu Dokumentationszwecken nutzen können. Amnes-
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Foto: Amnesty
Vorher und nachher. Satellitenaufnahmen verdeutlichen das Ausmaß der zerstörten Wohngebiete in der tschadischen Hauptstadt N’Djamena (links). Zehntausende Menschen verloren durch die Zwangsräumungen ihr Zuhause (rechts).
ty International verwendet solche Aufnahmen seit 2004 regelmäßig. Die Organisation greift unter anderem darauf zurück, wenn Regierungen Amnesty-Mitarbeitern den Zugang zum Land verweigern. So dokumentierten Satellitenbilder 2011 die Dimensionen des nordkoreanischen Straflagers »Yodok«, wo schätzungsweise 200.000 Menschen unter unwürdigen Bedingungen Zwangsarbeit verrichten müssen. Vergleiche mit früheren Bildern zeigten, dass die riesige Gefängnisanlage seit 2001 noch einmal deutlich vergrößert wurde. Satellitenbilder helfen auch, wenn die Gefahr zu groß ist, vor Ort zu recherchieren. Im August 2012 dokumentierte Amnesty International Angriffe gegen Zivilisten in den syrischen Städten Homs und Aleppo. Die Bilder zeigten Hunderte Einschläge in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern – vermutlich verursacht durch Granaten. Die Syrien-Kommission der Vereinten Nationen verwendete ebenfalls Satellitenbilder, um das Massaker in der syrischen Stadt Houla zu rekonstruieren. Die Kommission stellte fest, dass Regierungstruppen die Gegend um den Tatort während des Vorfalls unter ihrer Kontrolle hatten. Somit erschien es unwahrscheinlich, dass Rebellen für das Massaker verantwortlich waren, wie die syrische Regierung stets behauptete. Ob Massengräber oder Vertreibung, Flüchtlingsströme oder die Zerstörung von Häusern und Städten: Zahlreiche Menschenrechtsverletzungen können mit Satellitenbildern beobachtet werden. Im Herbst 2011 dokumentierte Amnesty International zum ersten Mal die Ölverschmutzung im Niger-Delta. Die Bilder zeigen deutlich, wie Öl aus einer defekten Pipeline des Ölriesen Shell die Umwelt und damit die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung zerstört hat. Zuvor waren bereits Satellitenbilder verwendet worden, um die schädliche Gasverbrennung, ein
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Nebenprodukt der Ölforderung, zu lokalisieren und ihre geringe Entfernung zu bevölkerten Siedlungen aufzuzeigen. Die Bilder werden von privaten Anbietern gekauft. Die hohe Auflösung macht ihre Nutzung auch für humanitäre Zwecke interessant. Bei der Auswahl spielt die Qualität und auch das Wetter eine Rolle – ein bewölkter Himmel kann die Beweiskraft deutlich schwächen. Um die Bilder auswerten zu können, arbeitet Amnesty International mit Wissenschaftlern zusammen, zum Beispiel von der »American Association for the Advancement of Science« (AAAS). Je nach Fragestellungen suchen deren Analysten nach relevanten Veränderungen. Üblicherweise wird dann ein Vorher- und ein Nachher-Bild erstellt. Satellitenbilder geben Menschenrechtsaktivisten ein zusätzliches Hilfsmittel in die Hand, um Verbrechen, die im Verborgenen passieren, ans Licht zu bringen. Der dadurch erzeugte öffentliche Druck zwingt Regierungen dazu, Stellung zu nehmen. Deshalb finden sich diese Bilder auch in den Amnesty-Berichten wieder und werden bei Kampagnen und in der Pressearbeit verwendet. In Sri Lanka waren sie äußerst nützlich, um der Forderung nach einer internationalen Untersuchung des Bürgerkriegs Nachdruck zu verleihen. Die Regierung in Sri Lanka verweigerte nicht nur Amnesty International sondern auch anderen internationalen Beobachtern den Zugang zum Kriegsgebiet. Jegliches Fehlverhalten seitens des Militärs wurde geleugnet. Satellitenbilder zeigten jedoch Massengräber im Nordosten des Landes und lieferten damit weitere Argumente für eine unabhängige Untersuchung der gewalttätigen Auseinandersetzungen. Der Autor arbeitet als Krisenbeauftrager bei Amnesty International in den USA. Er koordiniert unter anderem die Verwendung und Auswertung von Satellitenbildern.
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Foto: Paula Allen / Amnesty
Mit Einsatz und Würde. Die südkoreanische Aktivistin Gil Won Ok bei einer Demonstration vor der japanischen Botschaft in Seoul, März 2005.
»Menschen sehen gerne Gesichter« Ein Gespräch mit Wayne Minter. Er ist im Internationalen Sekretariat von Amnesty in London für den Bereich der audiovisuellen Medien verantwortlich. Gibt es ein Foto, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Da gibt es viele, aber wenn ich eines auswählen müsste, könnte es Paula Allens Aufnahme der südkoreanischen »Trostfrauen« sein: Die Kamera ist auf die 78-jährige Gil Won Ok gerichtet, die vor der japanischen Botschaft in Seoul ein riesiges Mikrofon in der Hand hält. Sie fordert Gerechtigkeit und Entschädigung für die Verbrechen, die an den Frauen begangen wurden, die den japanischen Truppen im Zweiten Weltkrieg als Sexsklavinnen dienen mussten. Das Foto vereinigt viele Elemente einer klassischen Menschenrechtsdemonstration. Vor allem aber stellt es die stereotypen Bilder über Frauenaktionen in Frage: Manche der Frauen auf dem Foto sind über 90 Jahre alt, viele von ihnen
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wurden in ihren Gemeinschaften und Familien geächtet. Sie führten ihren Kampf mit großem Einsatz und Würde, gegen eine Tradition, die Frauen immer noch als unsichtbar und ohne Stimme wahrnimmt, gegen eine mächtige und distanzierte Regierung, die entschlossen war, sie zu ignorieren. Die Aufnahme brachte ihren Kampf dem westlichen Publikum wirkungsvoll näher, und führte dazu, dass ihr Anliegen mehr Unterstützung erfuhr. Warum sind Bilder so wichtig für die Arbeit von Amnesty International? Bilder sind ungemein wichtig für jeden, der Aufmerksamkeit erreichen möchte – egal, ob er nun ein Getränk verkaufen oder die
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»Manche glauben, dass unser Fotoarchiv voller entsetzlicher Aufnahmen ist. Dies ist nicht der Fall.«
Amnesty arbeitet häufig mit Fotografen zusammen. In welcher Form geschieht das? Wir beginnen damit, einen Fotoauftrag zu entwickeln, aus dem hervorgeht, warum wir die Fotos benötigen und was wir mit ihnen zu erreichen hoffen. Wenn wir z.B. Aussagen von Mädchen in Nicaragua über sexuelle Gewalt dokumentieren wollen, dann suchen wir eine dafür geeignete Person, also eine spanischsprachige Frau, die sich in der Region auskennt, die Wissen über Menschenrechte und Sicherheitsfragen mitbringt, die über Sensibilität verfügt und Erfahrung hat in der Zusammenarbeit mit einer Researcherin. Es sollte eine Frau sein, die Geduld mitbringt, um ein Vertrauensverhältnis zu den Interviewten aufzubauen, die qualitativ hochwertige Fotos von Menschen machen kann, ohne ihre Identität preiszugeben usw. Das engt den Kreis in gewisser Weise ein, noch bevor wir überhaupt einen Blick auf die Arbeit einer Fotografin geworfen haben oder gefragt haben, ob sie zur Verfügung steht. Wie viele Fotos erhält Amnesty? Im vergangenen Jahr haben wir 18.327 Fotos in unsere Datenbank für audiovisuelle Medien aufgenommen. Das sind mehr als 50 täglich. Hinzu kommen noch viele Bilder, die die einzelnen Ländersektionen von Amnesty beisteuern. Wie geht Amnesty mit Fotos um, die extrem verstörend sind? Manche glauben, dass das Fotoarchiv von Amnesty voller entsetzlicher und verstörender Aufnahmen ist. Dies ist nicht der Fall. Es gibt in unserem Archiv vor allem Porträtaufnahmen. In der Regel sind es nicht die Fotos, die entsetzen, sondern die Geschichten dahinter, also das, was diesen Menschen widerfahren ist. Menschen sehen sehr gerne Gesichter an. Gesichter von Menschen zu zeigen, ist die häufigste und wirkungsvollste Form des Werbens mit Bildern. Das Foto eines Gesichts gibt den »Menschenrechten« den »Menschen«. Das ließ sich bereits feststellen, als wir begannen, die ersten »Urgent Actions« mit Porträts zu veröffentlichen. Und daran hat sich bis heute nichts geändert, wie unsere aktuelle Bildsprache beweist, z.B. die »1000 Gesichter« für die Kampagne »Waffen unter Kontrolle«, die Fotos für den Briefmarathon oder der Einsatz von Mitarbeiterporträts in der Kampagnenarbeit.
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Wie stellt Amnesty sicher, dass die auf den Bildern dargestellten Personen nicht gefährdet werden? Wir müssen ehrlicherweise zugeben, dass wir das nicht vollkommen ausschließen können, aber wir bemühen uns in jeder Weise, mögliche Risiken zu identifizieren und sie so gering wie möglich zu halten. Amnesty-Mitarbeiter und Fotografen, die wir beauftragen, sind dazu angehalten, die abgebildeten Menschen genau zu informieren und ihre Zustimmung einzuholen – sie sollen ihnen auch erklären, wie die Fotografien verwendet und wo sie veröffentlicht werden. Alle Fotoaufträge enthalten Richtlinien, die die Sicherheit und die Einwilligung der Porträtierten betreffen. Wenn ernsthafte Zweifel hinsichtlich der Sicherheit der dargestellten Person bestehen, wird ein Foto nicht veröffentlicht. Nutzt Amnesty auch Bilder und Videos von Laien? Ja, wir setzen sie ein, insbesondere aus Ländern, zu denen wir keinen Zugang erhalten. Manchmal scheint dieses Material authentischer, wirkungsvoller und aufschlussreicher zu sein. Andererseits ist es in vielen Fällen schwierig oder unmöglich, die Authentizität des Materials, die Urheberrechte, Sicherheitsaspekte und die Einwilligung der dargestellten Personen zu überprüfen. Oft ist der Aufwand an Zeit und Mitteln, um dies zu klären, auch einfach schlicht zu hoch. Hat sich die Bedeutung von Fotos und Videos in den vergangenen Jahren verändert? Die digitale Revolution hat einen dramatischen Paradigmenwechsel bei den Inhalten, der Kontrolle und der Bearbeitung von audiovisuellen Medien ausgelöst – so wie im vergangenen Jahrhundert die Erfindung der 35mm-Filmkamera, die Gründung von Zeitungsimperien und der Beginn der internationalen Luftfahrt die Rolle von Fotojournalisten, Zeitschriften und Agenturen sowie die Verarbeitung von Nachrichten entscheidend beeinflusst hat. Die jüngsten Entwicklungen verändern den Umgang mit audiovisuellen Medien erneut fundamental. Und ein Ende dieses Umbruchs ist nicht in Sicht. Fragen: Anton Landgraf und Ralf Rebmann Übersetzung: Mascha Rohner
INTERVIEW WAYNE MINTER Foto: Amnesty
Welt verändern will. Amnesty setzt Bilder für Menschenrechte und gegen Menschenrechtsverletzungen ein. Nun könnte man erwarten, dass wir einen »negativen« Typus von Bildern einsetzen, um anzuklagen, und einen »positiven« Typus, der den Widerstand und den Mut der Betroffenen thematisiert. Doch die Praxis ist viel komplexer. Die Beziehung zwischen der Verwendung eines bestimmten Bildes und der menschenrechtlichen Wirkung ist nicht immer so klar und eindeutig. Wir setzen Fotos zum Beispiel auch bei Spendenaufrufen oder bei der Mitgliederwerbung für Amnesty ein. In diesem Fall dient das Foto nicht unmittelbar dem Schutz der Menschenrechte der abgebildeten Personen.
Wayne Minter arbeitet seit 1995 im Internationalen Sekretariat von Amnesty International in London. Als Leiter des Bereichs für audiovisuelle Medien koordiniert er die Verwendung von Audiound Videomaterial für die Organisation. Er lebt in London.
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FREIHEIT IST DER WERT, DER BLEIBT
Foto: Kimimasa Mayama / Reuters
IHR TESTAMENT FÜR DIE MENSCHENRECHTE
GESTALTEN SIE DIE ZUKUNFT Gründe, warum Amnesty International bei Erbschaften bedacht wird, gibt es viele: Manchmal sind es die eigenen Erfahrungen, die man mit Unrechtsregimen gemacht hat. Oder es sind Beobachtungen auf Reisen, die eigene Überzeugung, etwas zurückgeben zu wollen. Wichtig ist der Wunsch, über das eigene Leben hinaus die Zukunft gestalten zu wollen. Eine Idee zu unterstützen, die einem am Herzen liegt: die Einhaltung der Menschenrechte. Seit 1961 setzt sich Amnesty International weltweit für Opfer von Menschenrechtsverletzungen ein. Und da Amnesty International aus Gründen der Unabhängigkeit jegliche staatlichen Mittel ablehnt, können besonders Erbschaften helfen, diese Arbeit auch in Zukunft sicher und langfristig planbar zu machen. Bedenken Sie Amnesty International in Ihrem Testament. Gestalten Sie eine Zukunft, in der jeder Mensch in Würde leben kann!
Bei weiteren Fragen steht Ihnen Dr. Manuela Schulz unter der Telefonnummer 030 - 42 02 48 354 gerne zur Verfügung. E-Mail: Manuela.Schulz@amnesty.de 첸 Bitte schicken Sie mir die Erbschaftsbroschüre »Freiheit ist der Wert, der bleibt« kostenlos zu. 첸 Bitte schicken Sie mir weitere Informationen über die Arbeit von Amnesty International kostenlos zu. Vorname, Name
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Bitte einsenden an Amnesty International, Zinnowitzer Str. 8, 10115 Berlin oder faxen Sie: 030 - 42 02 48 - 488 Weitere Informationen auf www.amnesty.de/spenden
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LESERUMFRAGE
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Weil ich Zeit und Lust zum Lesen habe Weil ich durch Bekannte auf eine spezielle Ausgabe aufmerksam gemacht wurde Weil ich etwas über die Lage der Menschenrechte erfahren möchte Weil ich mich gegen Menschenrechtsverletzungen engagieren möchte Sonstiges: _______________________________________
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Bitte vergeben Sie jeweils eine Schulnote zwischen 1 (sehr gut) und 5 (mangelhaft) Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus: 1 2 3 4 5 Titelseite 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 Berichte über Erfolge 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 Nachrichten 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 Titelthema 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 Berichte und Reportagen 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 Kulturteil 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 Briefe gegen das Vergessen 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔
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AMNESTY JOURNAL LESERUMFRAGE 05
WIE BEWERTEN SIE DAS ERSCHEINUNGSBILD DES AMNESTY JOURNALS?
Bitte vergeben Sie jeweils eine Schulnote zwischen 1 (sehr gut) und 5 (mangelhaft) Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus: 1 2 3 4 5 Übersichtlichkeit 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 Bildauswahl 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 (Informations-)Grafiken 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 Titelbild 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔
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WAS ERWARTEN SIE VOM AMNESTY JOURNAL?
Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus: weniger gut so mehr Artikel über Kampagnen 쏔 쏔 쏔 Nachrichten 쏔 쏔 쏔 Reportagen 쏔 쏔 쏔 (Informations-)Grafiken 쏔 쏔 쏔 Längere/ausführliche Texte 쏔 쏔 쏔 Seitenanzahl/Umfang 쏔 쏔 쏔 Bilder/Fotos 쏔 쏔 쏔
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WAS SOLLTE AM AMNESTY JOURNAL VERBESSERT WERDEN?
Bitte tragen Sie Ihre Antwort hier ein:
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WENN NEIN, WARUM NICHT?
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HABEN SIE SCHON MAL EINE ONLINE-PETITION AUF AMNESTY.DE UNTERSCHRIEBEN?
Beantworten Sie diese Frage nur, wenn Sie Frage 9 mit »nein« beantwortet haben. Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus: (Skala von 1 = trifft überhaupt nicht zu bis 5 = trifft absolut zu) 1 2 3 4 5 kein Interesse 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 zu kompliziert 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 keine Zeit 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 bringt nichts 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus: 쏔 regelmäßig 쏔 ja 쏔 nein 쏔 kenne ich nicht
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WENN NEIN, WARUM NICHT?
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WIE OFT NUTZEN SIE DEN INTERNETAUFTRITT AMNESTY.DE?
Geben Sie bitte jeweils an, inwieweit die folgenden Gründe für Sie zutreffen. Beantworten Sie diese Frage nur, wenn Sie Frage 11 mit »nein« beantwortet haben. Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus: (Skala von 1 = trifft überhaupt nicht zu bis 5 = trifft absolut zu) 1 2 3 4 5 kein Interesse 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 zu kompliziert 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 keine Zeit 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔 bringt nichts 쏔 쏔 쏔 쏔 쏔
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ICH LESE DAS AMNESTY JOURNAL HAUPTSÄCHLICH …
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HABEN SIE SCHON MAL BRIEFE GEGEN DAS VERGESSEN GESCHRIEBEN?
Bitte wählen Sie alle zutreffenden Antworten aus: 쏔 um mich für die Menschenrechte zu engagieren 쏔 aus Interesse an internationaler Politik 쏔 weil es journalistisch interessant ist 쏔 Sonstiges: _______________________________________
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus: 쏔 regelmäßig 쏔 ja 쏔 nein 쏔 kenne ich nicht
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Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus: 쏔 regelmäßig 쏔 gelegentlich 쏔 selten 쏔 nie
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BESUCHEN SIE DIE INTERNETSEITE VON AMNESTY INTERNATIONAL AUCH ÜBER IPAD, ANDERE TABLETCOMPUTER ODER EIN SMARTPHONE?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus: 쏔 Ja 쏔 Nein
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AMNESTY JOURNAL LESERUMFRAGE 15
WIE OFT NUTZEN SIE DEN INTERNETAUFTRITT DES AMNESTY JOURNALS AUF AMNESTY.DE?
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WIE WÜRDEN SIE DAS AMNESTY JOURNAL AM LIEBSTEN LESEN?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus: 쏔 gedruckt 쏔 als PDF 쏔 online 쏔 als App für iPad oder Tablet-Rechner 쏔 als E-Book
ANGABEN ZUR PERSON 21
WIE ALT SIND SIE?
Bitte tragen Sie Ihre Antwort hier ein: _______ Jahre
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ANGABE ZUM GESCHLECHT
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WIE OFT NUTZEN SIE DAS INTERNET?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus: 쏔 weiblich 쏔 männlich 쏔 anderes
Bitte tragen Sie Ihre Antwort hier ein: _______ Stunden am Tag
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WÜRDEN SIE EINE KOSTENLOSE APP DES AMNESTY JOURNALS NUTZEN?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus: 쏔 Ja 쏔 Nein
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WAS WÜRDEN SIE VON EINER APP DES AMNESTY JOURNALS ERWARTEN?
Bitte wählen Sie alle zutreffenden Antworten aus: 쏔 Das Amnesty Journal mobil lesen zu können 쏔 Dass ich bequemer spenden kann 쏔 Dass ich Inhalte kommentieren kann 쏔 Dass die Teilnahme an Online-Aktionen erleichtert wird 쏔 Dass ich zusätzlich audiovisuelle Inhalte nutzen kann 쏔 Sonstiges: _______________________________________
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NUTZEN SIE APPS ANDERER ZEITUNGEN ODER MAGAZINE?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus: 쏔 Ja 쏔 Nein
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DIE APPS WELCHER ZEITUNGEN ODER MAGAZINE NUTZEN SIE?
Beantworten Sie diese Frage nur, wenn Sie die Frage 19 mit »ja« beantwortet haben. Bitte tragen Sie Ihre Antwort hier ein: _______________________________________________________ _______________________________________________________
LESERUMFRAGE
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WIE VIEL PROZENT DIESER ZEIT SIND SIE BERUFLICH IM INTERNET?
Bitte tragen Sie Ihre Antwort hier ein: _______ Prozent
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WOFÜR NUTZEN SIE DAS INTERNET VORWIEGEND?
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MÖCHTEN SIE AN DER VERLOSUNG TEILNEHMEN?
Bitte wählen Sie alle zutreffenden Antworten aus: 쏔 Nachrichten/Information 쏔 E-Mails schreiben/lesen 쏔 Unterhaltung 쏔 Soziale Netzwerke 쏔 Shopping 쏔 Reisen buchen 쏔 Bloggen 쏔 Sonstiges: _______________________________________
쏔 쏔
Nein, danke Ja. Bitte benachrichtigen Sie mich unter folgender E-Mail-Adresse: _______________________________________
Vielen Dank für die Beantwortung des Fragebogens! Bitte senden Sie den ausgefüllten Fragebogen an: Amnesty International Amnesty Journal Zinnowitzer Straße 8 10115 Berlin oder beantworten Sie die Umfrage einfach online unter www.amnesty.de/umfrage
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Berichte
46 Deutschland: Der Fall Oury Jalloh 52 Arms Trade Treaty: Vertrag verschoben 54 Mexiko: Verfolgte Journalisten 56 Interview: Beatrice Mtetwa 58 Russland: Pussy Riot
Die Wache. In diesem Dessauer Polizeirevier starb am 7. Januar 2005 der Asylsuchende Oury Jalloh unter bis heute nicht aufgekl채rten Umst채nden. Foto: Ralf Rebmann
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Kultur
62 Liao Yiwu: Massaker 66 Interview: Priya Basil 68 Literatur: Menschenrechte auf der Buchmesse 72 Interview: Yassin Musharbash 74 Bücher: Von »Morgen des Zorns« bis »Tausendundeine Revolution« 76 Film, Kunst & Musik: Von »Parada« bis »Newtopia«
Ausgezeichnet. Liao Yiwu. Foto: Isolde Ohlbaum / laif
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Tag für Tag werden Menschen gefoltert, wegen ihrer Ansichten, Hautfarbe oder Herkunft inhaftiert, ermordet, verschleppt oder man lässt sie »verschwinden«. AMNESTY INTERNATIONAL veröffentlicht regelmäßig an dieser Stelle drei Einzelschicksale, um an das tägliche Unrecht zu erinnern. Internationale Appelle helfen, solche Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und zu beenden. Sie können mit Ihrem persönlichen Engagement dazu beitragen, dass Folter gestoppt, ein Todesurteil umgewandelt oder ein Mensch aus politischer Haft entlassen wird. Schreiben Sie bitte, im Interesse der Betroffenen, höflich formulierte Briefe an die jeweils angegebenen Behörden des Landes. Sollten Sie eine Antwort auf Ihr Appellschreiben erhalten, schicken Sie bitte eine digitale Kopie an AMNESTY INTERNATIONAL.
AMNESTY INTERNATIONAL Zinnowitzer Str. 8, 10115 Berlin Tel.: 030 - 42 02 48 - 0 Fax: 030 - 42 02 48 - 488 E-Mail: info@amnesty.de, www.amnesty.de Spendenkonto Bank für Sozialwirtschaft (BfS), Köln Konto: 80 90 100, BLZ: 370 205 00 oder Postbank Köln Konto: 22 40 46 - 502, BLZ: 370 100 50 BIC: BFSWDE33XXX IBAN: DE23370205000008090100
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Foto: Ana Aranha, A Publica
BRIEFE GEGEN DAS VERGESSEN
BRASILIEN NILCILENE MIGUEL DE LIMA Nilcilene Miguel de Lima ist die Vorsitzende eines Zusammenschlusses, der die Interessen von 800 Kleinbauernfamilien vertritt. Sie setzt sich außerdem gegen die illegale Abholzung der Wälder in der Region Lábrea im Bundesstaat Amazonas ein. In der Vergangenheit wurde sie deshalb mehrmals bedroht und geschlagen. Ihr Haus wurde niedergebrannt. Sie musste sich infolgedessen in Sicherheit bringen und hält sich im Moment versteckt. Vor ihrer Flucht lebte sie in einer einfachen Hütte ohne Strom, Telefon und fließendes Wasser. Zusammen mit ihrem Mann pflanzte sie auf einem kleinen Stück Land Maniok an. Die Drohungen gegen Nilcilene Miguel de Lima begannen 2009, als sie sich erstmals gegen illegale Holzfällerarbeiten aussprach. Die örtliche Gemeinschaft berichtete, dass die Holzfäller bewaffnete Gruppen anheuerten. Diese schikanierten und schüchterten die lokalen Kleinbauern ein. Seit 2007 sind in der Gegend mindestens sechs Kleinbauern getötet worden, weil sie sich gegen das Vorgehen der Holzfäller wehrten. Nach einem Angriff im Mai 2010 trug Nilcilene Miguel de Lima am ganzen Körper Prellungen davon. Im Juni 2010 wurde sie erneut geschlagen. Kurze Zeit später flüchtete sie. Als sie zurückkehrte, war ihr Haus niedergebrannt und ihre Ernte zerstört. Im Oktober 2011 stellte ihr die brasilianische Regierung bewaffnete Wachen zur Seite. Dennoch erhielten sowohl Nilcilene Miguel de Lima als auch ihre Angehörigen weiter Drohungen. Nilcilene Miguel de Lima musste ein weiteres Mal flüchten und lebt nun versteckt. Ihr Wunsch ist es, nach Hause zurückkehren zu können. Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den brasilianischen Justizminister und fordern Sie ihn auf, in Absprache mit Nilcilene Miguel de Lima ihre Sicherheit zu gewährleisten. Dringen Sie auch darauf, dass alle Drohungen gegen sie umfassend untersucht werden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Schreiben Sie in gutem Portugiesisch, Englisch oder auf Deutsch an: Exmo. Sr. José Eduardo Martins Cardozo Ministro da Justiça Esplanada dos Ministérios Bloco »T«, 4º andar 70.712-902 – Brasília/DF, BRASILIEN (Anrede: Exmo. Sr. Ministro / Sehr geehrter Herr Justizminister) (Standardbrief Luftpost bis 20 g: € 0,75) Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an: Botschaft der Föderativen Republik Brasilien S.E. Herrn Everton Vieira Vargas Wallstraße 57, 10179 Berlin Fax: 030 - 72 62 83 - 20 oder - 21 E-Mail: brasil@brasemberlim.de
AMNESTY JOURNAL | 10-11/2012
Vor acht Jahren wurde der Menschenrechtsverteidiger Munir Said Thalib getötet. Bis heute haben die indonesischen Behörden die Verantwortlichen der Tat nicht zur Rechenschaft gezogen. Munir Said Thalib wurde am 7. September 2004 auf einem Flug von Jakarta in die Niederlande tot aufgefunden. Die Autopsie der niederländischen Behörden ergab, dass er mit Arsen vergiftet worden war. Munir Said Thalib war einer der bekanntesten Menschenrechtler Indonesiens und hatte zu zahlreichen Fällen »verschwundener« Aktivisten gearbeitet. Er war Mitbegründer von zwei Menschenrechtsorganisationen und an der Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen des Militärs in Aceh und TimorLeste (früher Osttimor) beteiligt. Außerdem empfahl er der Regierung die Strafverfolgung von namentlich genannten hochrangigen Beamten. Im September 1999 wurde er in den Untersuchungsausschuss zu Menschenrechtsverletzungen in Osttimor berufen (KPP-HAM). Wegen seiner Menschenrechtsarbeit war Munir Said Thalib ständig in Gefahr. Im August 2003 explodierte eine Bombe vor seinem Haus in Jakarta. 2002 und 2003 griffen aufgebrachte Menschenmengen das Büro an, in dem er arbeitete. Inzwischen sind drei Personen der Verstrickung in den Tod von Munir Said Thalib schuldig gesprochen worden, doch glaubwürdigen Angaben zufolge wurden die auf höchster Ebene Verantwortlichen für seinen Tod bislang nicht zur Rechenschaft gezogen. Indonesische Menschenrechtsverteidiger werden nach wie vor eingeschüchtert, bedroht und angegriffen. Sie gehen davon aus, dass sie besser geschützt wären, wenn alle an der Tötung von Munir Said Thalib Beteiligten zur Verantwortung gezogen würden. Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den Präsidenten von Indonesien und dringen Sie auf eine unabhängige Untersuchung der Tötung von Munir Said Thalib und darauf, alle Verantwortlichen, auch die hochrangigen, in fairen Prozessen vor Gericht zu stellen. Fordern Sie den Präsidenten höflich auf, die legitime Arbeit von Menschenrechtsverteidigern anzuerkennen und öffentlich zu unterstützen und jede Art von Schikane oder Angriffen gegen sie zu verurteilen. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch an: President Susilo Bambang Yudhoyono Istana Merdeka Jakarta 10110, INDONESIEN (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) (Standardbrief Luftpost bis 20 g: € 0,75) Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an: Botschaft der Republik Indonesien S.E. Herrn Eddy Pratomo Lehrter Straße 16–17, 10557 Berlin Fax: 030 - 44 73 71 42 E-Mail: über die Website Kontaktformular: www.botschaft-indonesien.de/de/kontak/kontakt.php
BRIEFE GEGEN DAS VERGESSEN
Foto: Documentation of CIMW
Foto: Kontras
INDONESIEN MUNIR SAID THALIB
SAUDI-ARABIEN SITI ZAINAB BINTI DUHRI RUPA Siti Zainab Binti Duhri Rupa ist in Gefahr, hingerichtet zu werden. Seit 1999 befindet sie sich im Gefängnis von Medina. Sie soll an einer psychischen Erkrankung leiden. Amnesty International hat die Behörden aufgefordert, das Todesurteil umzuwandeln. Indonesischen Quellen zufolge gestand Siti Zainab Binti Duhri Rupa, im November 1999 ihre Arbeitgeberin erstochen zu haben. Siti Zainab Binti Duhri Rupa ist indonesische Staatsangehörige und Mutter von zwei Kindern. In den Verhören sagte sie aus, dass sie von ihrer Arbeitgeberin misshandelt worden sei. Bei den Verhören hatte die Polizei den Eindruck, dass Siti Zainab Binti Duhri Rupa unter einer psychischen Krankheit litt. Zu keiner Zeit hatte sie Zugang zu einem Rechtsbeistand oder Konsulatsangehörigen. Vor ihrer Festnahme hatte Siti Zainab Binti Duhri Rupa zwei Briefe verschickt, in denen sie berichtete, dass ihre Arbeitgeberin und deren Sohn sich ihr gegenüber grausam verhalten hatten. Amnesty International fordert die saudi-arabischen Behörden schon seit 1999 auf, das Todesurteil umzuwandeln. Laut Resolution 2004/67 des UNO-Menschenrechtsausschusses darf die Todesstrafe nicht gegen Personen verhängt oder an ihnen vollstreckt werden, wenn diese an einer psychischen Erkrankung leiden. Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den saudi-arabischen König, in denen Sie Ihre Sorge um die Gesundheit von Siti Zainab Binti Duhri Rupa ausdrücken und auf die Umwandlung des Todesurteils dringen. Bitten Sie nachdrücklich darum, dass ihr ein Rechtsbeistand sowie eine Übersetzerin bzw. Dolmetscherin zur Verfügung gestellt werden. Siti Zainab Binti Duhri Rupa muss zudem medizinisch versorgt werden und mit Vertretern des indonesischen Konsulats in Kontakt treten können. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch an: His Majesty King Abdullah bin Abdul Aziz Al Saud The Custodian of the two Holy Mosques Office of His Majesty The King Royal Court Riyadh, SAUDI-ARABIEN (Anrede: Your Majesty / Majestät) Fax: 009 66 - 14 03 31 25 (über das Innenministerium) (Standardbrief Luftpost bis 20 g: € 0,75) Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an: Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien S.E. Herrn Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi Tiergartenstraße 33–34, 10785 Berlin Fax: 030 - 88 92 51 79 oder 030 - 88 92 51 76 E-Mail: deemb@mofa.gov.sa
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Foto: Susan Morgan / Amnesty
AKTIV FÜR AMNESTY
Gefragte Accessoires. Flashmob vor der russischen Botschaft in Dublin.
VERMUMMTER PROTEST
Text: Birke Resch
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Foto: Pierre Huault / Amnesty
Der Verkauf von gestrickten Wollmützen lief in den vergangenen Monaten vermutlich besser als gewöhnlich. Bei zahlreichen Solidaritätsaktionen für die Musikerinnen der russischen Punkband »Pussy Riot« waren sie ein gefragtes Accessoire. Gleich in mehreren europäischen Städten gingen Unterstützer mit neonpinken, gelben oder grünen Sturmmützen auf die Straße, um ihre Solidarität mit den inhaftierten Bandmitgliedern zu zeigen. Auch Amnesty International organisierte Kundgebungen in München, Paris, Dublin, London und der moldauischen Hauptstadt Chişinău. Dort demonstrierten Aktivisten mit kreativen Aktionen für die Freilassung von Nadezhda Tolokonnikova, Maria Alekhina und Ekaterina Samutsevich. So ließen sich zum Beispiel drei Unterstützerinnen der britischen Amnesty-Sektion in bunten Kleidern und Wollmützen über dem Kopf nahe der russischen Botschaft in London symbolisch in Ketten legen. Mehr als 11.500 Unterstützer haben sich bereits an einer OnlinePetition der deutschen Amnesty-Sektion beteiligt. Die drei Mitglieder der Band »Pussy Riot« hatten im Februar 2012 ein »Protestgebet« in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale aufgeführt, in dem sie die Jungfrau Maria aufforderten, Feministin zu werden und Präsident Putin zu verjagen. Die russischen Behörden reagierten mit drastischen Maßnahmen auf die etwa einminütige Protestaktion: Die drei Aktivistinnen wurden sechs Monate lang in Untersuchungshaft festgehalten, am 17. August verurteilte sie ein Gericht zu jeweils zwei Jahren Straflager. Zudem fahndet die Polizei nach zwei weiteren Bandmitgliedern, die ebenfalls an der Aktion beteiligt gewesen sein sollen. Weltweite Solidarität. Amnesty-Aktion in Paris.
AMNESTY JOURNAL | 10-11/2012
Foto: K. Artyom / Itar-Tass / Scanpix
Beim Europa-League-Spiel zwischen ZSKA Moskau und der schwedischen Mannschaft AIK erlebten die Zuschauer eine Überraschung. Die Schweden trugen auf ihrem Trikot das Logo von Amnesty International – anstelle des Logos ihres eigentlichen Sponsors, einem Bierhersteller. Grund dafür ist ein russisches Gesetz, das die Werbung für Alkohol in Stadien verbietet. Für diese Geste bedankte sich Amnesty beim schwedischen Team. Glück hat sie in jedem Fall gebracht. Die Mannschaft gewann mit 2:0.
WIR SIND UMGEZOGEN!
Seit dem 1. September 2012 ist die deutsche Sektion von Amnesty unter folgender Adresse zu erreichen: Amnesty International Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V. Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin T: +49 30 - 42 02 48 - 0 F: +49 30 - 42 02 48 - 488 E: info@amnesty.de
IMPRESSUM Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., Zinnowitzer Str. 8, 10115 Berlin, Tel.: 030 - 42 02 48 - 0, E-Mail: info@amnesty.de, Internet: www.amnesty.de Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion Amnesty Journal, Zinnowitzer Str. 8, 10115 Berlin, E-Mail: journal@amnesty.de (für Nachrichten an die Redaktion) Redaktion: Bernd Ackehurst, Markus N. Beeko, Anton Landgraf (V.i.S.d.P.), Larissa Probst, Ralf Rebmann Mitarbeit an dieser Ausgabe: Birgit Albrecht, Daniel Bax, Larissa Bender, Karin Betz, Detlev-R. Fliegner, Peter Franck, Wolfgang Grenz, Robin Hammond, Knut Henkel, Andrea Jeska, Georg Kasch, Jürgen Kiontke, Christoph Köttl, Ramin Nowzad, Birke Resch, Wera Reusch, Mascha Rohner, Uta von Schrenk, Maik Söhler, Katharina Spieß, Daniel Veit, Keno Verseck, Wolf-Dieter Vogel, Sarah Wildeisen, Ute Wrocklage, Liao Yiwu Layout und Bildredaktion: Heiko von Schrenk / schrenkwerk.de Druck: Hofmann Druck, Nürnberg Vertrieb: Carnivora Verlagsservice, Berlin Bankverbindung: Amnesty International, Kontonr. 80 90 100, Bank für Sozialwirtschaft (BfS), Köln, BLZ 370 205 00, BIC: BFSWDE33XXX, IBAN: DE23370205000008090100 Das Amnesty Journal ist die Zeitschrift der deutschen Sektion von Amnesty International und erscheint sechs Mal im Jahr. Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Nichtmitglieder können das Amnesty Journal für 30 Euro pro Jahr abonnieren. Für unverlangt eingesandte Artikel oder Fotos übernimmt die Redaktion keine Verantwortung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Amnesty International oder der Redaktion wieder. Die Urheberrechte für Artikel und Fotos liegen bei den Autoren, Fotografen oder beim Herausgeber. Der Nachdruck von Artikeln aus dem Amnesty Journal ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion erlaubt. Das gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken, Mailboxen, für die Verbreitung im Internet oder für Vervielfältigungen auf CD-Rom.
ISSN: 1433-4356
AKTIV FÜR AMNESTY
WOLFGANG GRENZ ÜBER
SAVE THEM
Zeichnung: Oliver Grajewski
MENSCHENRECHTE STATT BIERWERBUNG
»Resettlement ist wie eine Wiedergeburt« – das sagt Mawaheb Elnour, eine Medizinstudentin aus dem Sudan. Sie floh mit ihren Eltern aus Darfur nach Libyen, von dort aus 2011 wegen des Bürgerkriegs nach Tunesien. Dort saß sie unter erbärmlichen Bedingungen im Flüchtlingslager Choucha fest. Jetzt ist sie glücklich in Irland angekommen. Irland und viele andere Länder erlauben jedes Jahr einer bestimmten Anzahl besonders hilfsbedürftiger Flüchtlinge eine solche »Wiedergeburt«. Wieso erzähle ich Ihnen das? Weil Deutschland seit diesem Jahr endlich auch ein solches Aufnahmeprogramm hat – ein »Resettlement«-Programm, wie es international genannt wird. Es geht um Flüchtlinge, die nicht aus eigener Kraft hierherkommen können, um Asyl zu beantragen. Beim Resettlement geht es um Menschen, die schon vom Flüchtlingskommissariat der UNO betreut werden, aber zum Beispiel in Flüchtlingslagern wie dem in Choucha ohne Perspektive festsitzen. Im September sind die ersten Flüchtlinge in Deutschland angekommen. Seit 2008 fordern wir zusammen mit Pro Asyl, Kirchen und zahlreichen lokalen Initiativen eine dauerhafte Beteiligung Deutschlands an diesem Programm der UNO. In den vergangenen Jahren haben sich deutschlandweit mehr als 50 dieser Save-me-Initiativen gebildet. 46 Städte und Gemeinden haben in Ratsbeschlüssen erklärt, dass sie bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen. Eine dieser Städte ist Aachen. Dort trete ich immer wieder bei Amnesty-Veranstaltungen auf und freue mich, alte Bekannte zu treffen. Aber bei meinem letzten Besuch habe ich mich besonders gefreut über einige neue Gesichter: Junge Frauen und Männer aus dem Irak, die 2009 aus einer ausweglosen Lage in Syrien und Jordanien nach Deutschland kommen durften. Es war ein erster Erfolg der Saveme-Kampagne. Die Bundesregierung erklärte sich bereit, einmalig 2.500 irakische Flüchtlinge aufzunehmen. Jetzt engagieren auch sie sich dafür, dass Deutschland dauerhaft einer größeren Anzahl von Menschen die Chance bietet, hier ein neues Zuhause zu finden – und das unter besseren Bedingungen. Denn bisher hat Deutschland für die nächsten drei Jahre nur je 300 Aufnahmeplätze angeboten und macht es den Aufgenommenen beispielsweise unnötig schwer, Ausweisdokumente zu erhalten. Wolfgang Grenz ist Generalsekretär der deutschen Sektion von Amnesty International.
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TÖDLICHE JUSTIZ
NEIN ZUR TODESSTRAFE! Der weltweite Trend ist eindeutig: Die Todesstrafe ist auf dem Rückzug. Doch in vielen Ländern Asiens ticken die Uhren anders. Setzen Sie sich mit Amnesty für die Abschaffung der Todesstrafe in Asien ein! Helfen Sie uns, die Hinrichtung von drei Männern aus Indien, Japan und Singapur zu stoppen.
INDIEN: DEVENDER PAL SINGH Devender Pal Singh wurde im Januar 1995 wegen Reisens mit falschen Ausweispapieren festgenommen. Die Polizei beschuldigt ihn, an einem 1993 in Delhi verübten Bombenanschlag beteiligt gewesen zu sein.
JAPAN: HAKAMADA IWAO Hakamada Iwao wurde 1966 wegen Mordes verhaftet und im September 1968 zum Tode verurteilt. Seitdem sitzt er im Todestrakt. Er beteuert bis heute seine Unschuld.
SINGAPUR: YONG VUI KONG Der Malaysier Yong Vui Kong wurde 2007 in Singapur wegen des Besitzes von 47 Gramm Heroin verhaftet. Das Oberste Gericht befand ihn 2008 für schuldig und verurteilte ihn zum Tode.
IHRE STIMME RETTET LEBEN!
WWW.AMNESTY.DE / TODESSTRAFE
MENSCHENRECHTE BRAUCHEN AUSDAUER Sie möchten Ihre sportlichen Aktivitäten mit einem guten Zweck verbinden? Dann bitten Sie doch Verwandte und Bekannte bei Ihrem nächsten Wettkampf um eine Spende zugunsten von Amnesty International. www.amnesty-in-bewegung.de