Studierende im Einsatz für die Menschenrechte

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Ob mit Demonstrationen, Streiksemestern, kritischen Flyern oder Blogs – in vielen Ländern weltweit sind Studierende politisch und gesellschaftlich aktiv. Sie fordern Reformen und unterstützen Opfer von Menschenrechtsverletzungen. Auch in Deutschland setzen sich Studierende für die Menschenrechte ein – mit Erfolg.

Jugendlicher gefoltert und zum Tode Verurteilt

Dann folgen mehrere Monate in Polizeihaft. Immer wieder, so berichtet er später, malträtieren ihn die Polizisten mit Schlagstöcken und Macheten. Mit einer Zange reißen sie ihm die Fußund Fingernägel heraus. „Die Schmerzen waren unerträglich. Ich glaubte nicht daran, dass ich das überleben würde.“ Als er die Folter nicht mehr aushält, unterschreibt Moses zwei vor­ formulierte „Geständnisse“. Acht Jahre hinter Gittern vergehen. Dann fällt ein Richter im November 2013 das Urteil: Moses soll gehängt werden.

In ganz Deutschland sammelt Amnesty im Rahmen der Kampagne „Stop Folter“ und beim Amnesty-Briefmarathon mehr als 140.000 Unterschriften und Briefe für Moses Akatugba. Insgesamt erhält der zuständige Gouverneur in Nigeria mehr als 800.000 Appellschreiben aus 118 Ländern. Der weltweite Druck zeigt Wirkung: Am 28. Mai 2015 wird Moses Akatugba begnadigt. Bereits während der Haft hatte er an Amnesty geschrieben: „Ich liebe euch alle. Wenn ich höre, wie viele Menschen sich für mich einsetzen und was Amnesty International für mich tut, macht mich das zum glücklichsten Mann der Welt.“

© HURSDEF

Moses Akatugba aus Nigeria hatte einen Traum: Er wollte Medizin studieren und Arzt werden – doch dann kam alles anders. Im November 2005 wird der damals 16-jährige Schüler in seiner Heimatstadt Ekpan auf offener Straße von Soldaten festgenommen. Sie beschuldigen ihn, drei Handys und eine geringe Menge Bargeld gestohlen zu haben. Moses beteuert seine Unschuld. Doch die Sicherheitskräfte schießen ihm in die Hand, schlagen ihm auf den Kopf und bringen ihn in eine nahe gelegene Armeekaserne, wo er weiter misshandelt wird.

Gemeinsam mit Amnesty-Aktivistinnen und -Aktivisten von acht bayerischen Hochschulen inszeniert Kerstin im Oktober 2014 einen symbolischen Gefangenenzug durch die Fußgängerzone von Erlangen: „Viele Menschen blieben stehen. Die Leute waren entsetzt über die lauten Beschimpfun­gen der Wärter, über die Stockschläge. Als wir ihnen aber erklärten, worum es uns eigentlich ging, haben viele sofort unseren Aufruf zur Freilassung von Moses unterzeichnet.“

War zum Tode verurteilt worden, weil er angeblich drei Handys gestohlen hatte: Moses Akatugba aus Nigeria.

© privat

© Amnesty International

Aktion bayerischer Amnesty-Hochschulgruppen für Moses Akatugba und weitere Folteropfer im Oktober 2014 in Erlangen.

„Als ich von Moses‘ Schicksal erfuhr, war ich erschüttert“, erinnert sich Kerstin Kesselgruber. Sie studiert Politikwissenschaft an der Universität Erlangen und engagiert sich dort in der Amnesty-Hochschulgruppe. „Ein junger Mann in meinem Alter, der so grausam gefoltert und dann auch noch zum Tode verurteilt wurde! Wir wollten etwas unternehmen, um ihn zu unterstützen.“

Kerstin Kesselgruber studiert Politikwissenschaft in Erlangen und setzte sich mit ihrer Amnesty-Hochschulgruppe für die Begnadigung und Freilassung von Moses Akatugba ein.

Kerstin erfährt noch am selben Tag, dass Moses freikommt: „Ich habe mich sehr darüber gefreut. Vor allem natürlich für Moses, der endlich wieder die Chance auf ein normales Leben hat.“ Aber eben auch für die Mitglieder der AmnestyHochschulgruppe in Erlangen: „Es ist immer wieder ein tolles und ermutigendes Gefühl, wenn unsere Aktionen dazu beitragen, dass Opfern von Menschenrechtsverletzungen konkret geholfen werden kann.“ Kerstin will Amnesty treu bleiben und sich weiterhin für die Menschenrechte engagieren – gemeinsam mit ihrer Hochschulgruppe und Millionen Menschen weltweit. Und zu diesen Menschen wird in Zukunft auch Moses Akatugba gehören: „In meinen Augen sind die Aktivistinnen und Aktivisten von Amnesty echte Heldinnen und Helden. Ich verspreche, dass ich mich ebenfalls für die Menschen­ rechte einsetzen und anderen helfen werde.“ Kerstin ist begeistert: „Wenn unser Einsatz im kleinen Erlangen mit dazu beigetragen hat, dass sich nun ein junger Mann in Nigeria – nach allem, was ihm widerfahren ist – dem Kampf für die Menschenrechte anschließt, dann macht mich das glücklich.“ Und Moses hat noch weitere Pläne für sein neues Leben in Freiheit: „Jetzt, wo ich frei bin, will ich mich weiterbilden und das erreichen, wovon ich schon immer geträumt habe: Ich möchte Arzt werden, um den Wunsch meines verstorbenen Vaters zu erfüllen.“


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