Neies Lautre

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Neies Lautre

Zeitung für eine solidarische und basisdemokratische Gesellschaft Nummer 8

Juni 2017

kostenlos, aber nicht umsonst

Inhalt Das Eselsohr - Eine persönliche Vorstellung ­ Seite 2

Rassistische Zwangsarbeit: Flüchtlingsintegrationsmaßnahm en (FIM) zwingen Menschen in prekäre Jobs.

Angekommen in Kaiserslautern? Interview mit zwei Geflüchteten aus Syrien ­ Seite 3

OFF LIMITS: Die Initiative " Die offene Gesellschaft" ­ Seite 13

Teachers on the road Ein Interview mit einer Aktiven ­ Seite 7

Buchvorstellung Braune Jahre in der Pfalz ­ Seite 15

­ Seite 12

Editorial

Es ist geschafft, eine achte Ausgabe von "Neies Lautre" ist nach längerer Zeit erschienen. Dafür hat sich seit dem Erscheinen der letzten Ausgabe vor fast einem Jahr einiges getan: Am Musikerplatz ist seit November 2016 ein libertärer Infoladen & Kulturtreff namens Eselsohr zuhause. Was dort so geht, ist dem Bericht von Louise, die im Eselsohr mitmacht zu entnehmen. Ein Schwerpunkt der Ausgabe bilden zwei Interviews: wir haben eine Aktive der" Teachers on the Road" unter anderem gefragt wie es bei ihrer Spendenkampagne läuft. Weiterhin haben wir ein Interview mit zwei Geflüchteten aus Syrien geführt, um ihre Sicht auf so manches zu erfahren. Bis auf den Artikel mit dem Titel "Rassistische Zwangsarbeit", der der Online Zeitung "Direkte Aktion" entnommen ist, sind alle Artikel selbst geschrieben, bzw. wurden uns zur Verfügung gestellt. So auch der Artikel zu der Initiative "Die offene Gesellschaft", welcher uns von dem Betreiber eines Lautrer Blogs zugesandt wurde. Zum Kopfschütteln lädt das "Bonmot" am Ende dieses Artikels ein. Das wars an dieser Stelle. Wenn ihr selbst mal was zu Neies Lautre beitragen wollt, schreibt an "aikl@riseup.net". Viel Spaß beim Lesen. Einen schönen Sommer wünscht die Neies Lautre Redaktion!


Das Eselsohr

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Eine persönliche Vorstellung des neuen libertären Infoladen & Kulturtreff am Musikerplatz in Kaiserslautern Von Louise Seit Oktober 2016 gibt es in Kaiserslautern in der Pirmasenser Str. 48 das Eselsohr. Libertärer Infoladen und Kulturtreff. Ich geh ganz gern ins Eselsohr, warum? Weil ich dort gute Bücher lesen und zuweilen interessante Gespräche führen kann. An einigen Wochenenden gehe ich dorthin um in ausgelassener Atmosphäre zu feiern. An stillen Tagen bin ich im Eselsohr um zu Arbeiten. Es gibt so einige Lebenslagen, in denen ich froh bin, dass es das Eselsohr gibt. Damit das auch so bleibt engagiere ich mich dort, indem ich bei der Organisation helfe und Thekenschichten übernehme. Was ich daran mag ist, dass alle Entscheidungen gemeinsam getroffen werden und, wenn irgend möglich, auf einem Konsens beruhen. Es gibt kein_e Chef_in und die Vorstände des Vereins, die es aufgrund der Rechtsform geben muss, machen das, was das Kollektiv entscheidet. Außerdem sind die Plena für alle zugänglich. Das heißt, alle die sich beteiligen möchten, haben jederzeit die Möglichkeit dazu. Ich sehe das Eselsohr als Ort, an dem Alternativen zur scheinbaren Alternativlosigkeit ausprobiert werden können. Ideen um Gesellschaft und soziales Miteinander solidarischer zu gestalten konkret werden lassen und zeigen was geht. Ein Ort um andere Zustände zu ermöglichen. Ein Freiraum für kreatives und aktives gestalten von gesellschaftlicher Realität. Mir ist dabei wichtig keine Utopie weit weg von der Zivilisation, völlig isoliert zu leben. Sondern mitten drin im, im Austausch zu bleiben und zu schauen was Menschen ganz konkret brauchen und was wir alle tun können, um das zu erreichen. Deshalb verstehe ich das Eselsohr auch explizit als Lernraum in dem nicht jeder diskriminierende Spruch sofort mit Rauswurf geahndet wird, sondern in dem es auch die Möglichkeit geben soll, Zusammenhänge von Unterdrückung zu verstehen und nicht diskriminierendes Verhalten zu üben. Dennoch freue ich mich, dass das Eselsohr von so vielen rücksichtsvollen und achtsamen Personen besucht wird, so dass ich mich dort vergleichsweise sicher fühle. Aufgrund der Tatsache, dass das Eselsohr ein rauchfreier Ort ist und einiges an Spielmaterial und Kin-

derbüchern vorhanden ist, kommt auch mein Kind gerne mit, wenn ich dort Zeit verbringe. Für mich ist das Eselsohr ein Ort der Bildung. Die Bibliothek, die Tageszeitungen und die regelmäßigen Vorträge bieten ein breites Spektrum an Information, das mir kostenlos zur Verfügung steht. Ferner gibt es alle zwei Wochen einen Handarbeitsworkshop bei dem ich viel über praktische Selbsthilfe lerne, wenn es darum geht, Kleidung zu flicken, zu verschönern oder Dinge die ich benötige selbst herzustellen. Ein paar regelmäßige Veranstaltungen möchte ich hervorheben. Dazu gehört der Antifaschistische Freitag der regelmäßig von der Anarchistischen Initiative veranstaltet wird. Dieser Abend dient der Vernetzung von Personen die sich für antifaschistische Themen interessieren. Zum Diskutieren lädt außerdem regelmäßig die Anarchist academy alle diejenigen ein, die schon immer mal die Grundsätze des Anarchismus verstehen und auseinandernehmen wollten. Für gesellige Anlässe gibt es einen regelmäßigen Spieleabend und den Eselsohr-Stammtisch. Insgesamt gibt es ca. 13 Veranstaltungen pro Monat und zusätzlich ist der Laden nachmittags geöffnet. Weil Tiere sich nicht selbst wehren können sind alle im Eselsohr angebotenen Speisen und Getränke vegan. Alles wird gegen Spende abgegeben, so das auch Personen zu ihrem Kaffee kommen, die gerade wenig flüssig sind. Auch Bücherspenden, die das Eselsohr erhält werden kostenlos weitergegeben.


Angekommen in Kaiserslautern?

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Ein Gespräch mit zwei Geflüchteten aus Syrien. Über den Alltag in Kaiserslautern, das Jobcenter und mehr. Von: Gregsen & Toni als NL ( Neies Lautre) mand anderes da der es versteht und erklärt. Es ist eine Neies Lautre: Sellt euch bitte vor. soziale Hilfe ohne Geld, die machen auch Termine, und R.: Ich heiße R. , komme aus Syrien und bin 28 Jahre alt. begleiteten die Leute… Wie eine Familie. Seit 2 einhalb Jahren bin ich in Deutschland. Ich komme aus Nordsyrien, meine Muttersprache ist kurdisch, ich A.: Für mich ist es praktisch wegen dem Deutsch lernen. kann sehr gut arabisch und auch ein bisschen Deutsch. Ich rede mit anderen Leuten, oder kann z.B. Studenten oder andere Lehrer Sachen über deutsche Schulen fragen. (lacht) Es geht dann zum Beispiel um die Zukunft meiner Kinder, A.: Ich heiße A.J. , bin 45 Jahre alt ,bin verheiratet und ha-welche Schule sie besuchen sollen und andere Dinge. Hier be 5 Kinder. Ich bin französisch Lehrer, ich kann besser finde ich viele Antworten auf meine Fragen. Aber die Gefranzösisch sprechen, mittlerweile kann ich auch ein biss- spräche machen auch einfach Spaß. Die Leute hier nehmen sich Zeit, ich kann problemlos mit ihnen reden. Auch chen deutsch sprechen. Dass muss ich aber noch viel üben. Viel Grammatik ähnelt sich, das ist dann auch kein die Zeit im Kurs macht Spaß. Problem für mich. Nur die Worte fallen mir schwerer aus- Ohne Plan für die Zukunft ist es schwierig, deshalb finde ich es gut, dass Leute, die hier her kommen uns „Hauszusprechen. aufgaben“ aufgeben mit Übungen. NL: Hast du als Französisch Lehrer gearbeitet?

NL: Im Zusammenhang mit dem Thema Migration A.: Jaja, ich habe zehn Jahre gearbeitet, ich hatte in mei- geht es in Diskussionen in Deutschland auch oft um das Thema Integration. Wie ist eure Meinung dazu? ner Stadt auch ein Privatinstitut. Ist Sprache die einzige Schwierigkeit? Fühlt ihr euch NL: Kannst du hier als Französisch Lehrer arbeiten? angekommen in Kaiserslautern / Deutschland? Oder gibt es Ungewissheit bzw. Schwierigkeiten?

A.: Ich hoffe. Aber mir hat jemand gesagt, dass das

schwierig ist für mich. Im Moment mache ich Deutsch- R.: Vor ein paar Jahren war das noch anders als heute. kurs B2 Niveau. Ich hoffe ich kann hier auch als Lehrer Heute gibt es mehr Druck. Das Jobcenter kommt und du arbeiten. Das Jobcenter konnte mir nichts genaues sagen. musst eine Maßnahme machen und obwohl du noch keiZuerst muss ich mich um Zertifikate kümmern. Wenn ich nen Deutschkurs gemacht hast, musst du arbeiten. Es gibt mit dem Deutschkurs fertig bin, kann ich hoffentlich auch viel Druck, alles muss sehr schnell gehen, auch das unterrichten. Das Unterrichten bereitet mir keine Schwie- Deutsch lernen. Doch es ist zu viel Druck, es geht zu schnell, denn das Lernen braucht Zeit. Die Lehrer sagen es rigkeiten, das ist meine Arbeit (lacht). ist nicht ihre Schuld, es liege am Jobcenter. NL: Wir sind ja jetzt gerade beim World Café von Tea­ chers on the Road. Was sagt ihr zu dem Café und zu der Arbeit der Teachers, wie ist eure Meinung?

Das Jobcenter und der Staat sagen einfach zu Leuten: Komm, du musst jetzt arbeiten, egal was. Das ist auch schlimm. Dann muss ich zum Beispiel Tischler Arbeiten R.: Ich finde, wenn es die Teachers nicht gäbe, wären viele machen , obwohl ich doch eigentlich Schneider bin. Das hier nicht so gut angekommen. Ich glaube, das hat den Fa-ist im Moment so, früher war das nicht so. Ich glaube, das milien, den Leuten, mir und anderen sehr geholfen. Als ist erst so seit mehr Flüchtlinge gekommen sind. ich Teachers und das World Café noch nicht kannte, war Und wegen Kultur: Die Kultur muss man erst kennen lerich wie verloren. Ich wusste nicht wohin ich gehen sollte, nen, z.B. was ok ist und was nicht ok ist. Ich finde das ist oder wer mir helfen konnte. Das World Café ist für mich nicht so schwer. Doch das geht schnell, wenn man Leute ein bisschen wie Familie. Die Leute lesen meine Post und kennen lernt. Bei uns gibt es auch Gesetze, das ist andere erklären mir was es bedeutet. Ich habe zum Beispiel eine Kultur. Wenn man nach Deutschland kommt, muss man deutsche Nachbarin, die verstand auch nicht was das Job- schauen, was die Kultur ist und versuchen sie zu verstecenter wollten. Die Teachers konnten mir da immer gut hen. weiterhelfen. Wenn jemand was nicht weiß, dann ist je-


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A.: Im Deutschkurs bekommen wir viele Informationen. ders. Sie sagen auch dass die Ausländer Probleme machen Manchmal kann ich Sachen trotzdem nicht verstehen. Bei Überweisungen zum Beispiel mit dem Konto kann ich nicht alles ausfüllen. Oder wenn ich nach Saarbrücken, Mannheim oder Frankreich fahren will kann ich nicht alles verstehen, wir haben nicht alles gelernt. Ich möchte immer alles verstehen. Viele Infos kann ich durch die Lehrer und Lehrerinnen verstehen, sie erklären Gesetze und Regeln in Deutschland. Zum Beispiel keine Musik nach 22 Uhr. Letztens war es abends noch sehr laut und dann konnte mir der Lehrer sagen, dass es nach 22 Uhr ruhig sein muss. Es ist manchmal aber auch schwierig. Zum Beispiel wegen der Stromrechnung: Ich habe dem Jobcenter gesagt, meine Heizung ist eine elektrische und die kostet viel Geld, so ca. 140 Euro im Monat. Sie haben gesagt ja, kein Problem. Jetzt ist es auf einmal doch ein Problem und ich muss die Wohnung wechseln. Das erste Mal haben sie gesagt, sie können helfen, jetzt helfen sie mir aber nicht mehr. Das Jobcenter bezahlt nur 660 Euro Kaltmiete für sieben Personen. Der Vermieter sagt aber, es sind zu viele Personen und ich muss eine neue Wohnung suchen, das ist großes Problem. Ich möchte auch nicht 15 Km weit weg ziehen, ich muss in der Stadt wohnen, weil die Kinder ja auch in die Schule müssen und das mit dem Bus schwierig ist.

und deswegen werden wir öfters kontrolliert oder kommen wo nicht rein. Ich finde Kaiserslautern braucht Zeit in dieser Hinsicht. Das ist meine Meinung.

A.: Ich finde manche Gesetze und Regeln hier zu büro-

kratisch. Zum Beispiel: Ich bin letzten Sommer nach Deutschland gekommen und bis jetzt habe ich keinen Ausweis. Warum bekomme ich nur so ein Stück Papier? Und warum hat die Tochter meines Freundes schon einen bekommen? Das hat mit der Politik zu tun. Ein anderes Beispiel: letzte Woche habe ich die Führerscheinprüfung bestanden. Das vorherige Mal hatte ich nicht bestanden. Ich kann es mir nicht erklären. Ich glaube beim vorigen Mal war der Prüfer rassistisch. Aber andererseits, hat mir ein Freund erzählt, gibt es ja auch Deutsche, die beim ersten Mal die Prüfung nicht bestehen. Dann muss die Prüfung wiederholt werden, und das kostet auch wieder alles viel Geld. Das sind die Regeln und die gelten auch für Deutsche. Naja, ich versuche immer positiv denken, weil auch die Beamten sind vielleicht müde, haben selbst Probleme und müssen Geld an die Vermieter oder die Versicherung bezahlen. Ich muss ruhig bleiben und darf nicht immer wütend sein. Ein weiteres Beispiel: Meine Schwester und mein Schwager haben eine Wohnung auf dem Kotten. In dem Haus dort wohnen ein altes Paar aus Russland. Die sind immer böse, manchmal ist zum BeiNL: Ihr habt ja gesagt, dass Teachers on the Road/ Worldcafe wichtig und hilfreich für euch und andere spiel die Post meiner Schwester oder meines Schwagers Geflüchtete in Kaiserslautern sind. Wie sind eure Er­ verschwunden und andere Sachen. Das macht meiner fahrungen außerhalb der Teachers? Wurdet ihr we­ Schwester auch Angst. Wir fragen uns immer warum das so ist? Aber es ist immer so, das andere Leute auch Progen eurer Herkunft diskriminiert? bleme haben, mit ihrer Umwelt nicht zurecht kommen R: Manchmal wenn ich auf der Arbeit die Menschen be- oder Angst haben und vielleicht deswegen böse sind. Es grüße grüßen sie mich nicht zurück. Das irritiert mich und ist nicht leicht heute. Am 1.1. bleibe ich zum Beispiel auch zuhause, das ist besser und sicherer für mich, denn da ich fühle mich so nicht in Deutschland angekommen. Wenn ich meine Schwester in Köln besuche finde ich, dass trinken viele Leute Alkohol und dass macht Leute aggreses große Unterschiede gibt im Vergleich zu Kaiserslautern. siv. Ich hoffe immer, dass ich alle Regeln in Deutschland Ich war drei Monate in Deutschland, in Trier, und dort verstehe. auch auf der Straße haben die Menschen mich freundlich gegrüßt. Danach kam ich nach Kaiserslautern und es war R.: Was mich stört, ist ,dass wenn ein Flüchtling Probleme als ob ich nicht mehr in Deutschland wäre. Auch andere macht, dass viele dann sagen alle Flüchtlinge sind Geflüchtete sagen, dass es in Bulgarien oder Griechenland schlecht. Das ist auch bei uns so. Wir sagen dann, „ was ist das für ein Penner“ aber wir sagen nicht „die sind alle so“. in dieser Hinsicht besser ist als in Kaiserslautern. Auch in die Disco bin ich manchmal nicht reingekommen. Als das in Köln passiert war: Ich schämte mich da auf der Zuerst wollen sie meinen Passport (Reisepass) sehen und Straße herumzulaufen, denn viele sprechen dich darauf wenn ich ihn zeige sagen sie, dass sie meinen Ausweis an, und wenn du sagst, dass du auch Flüchtling bist wirst wollen und dann sagen sie, dass ich nicht rein darf. Das du in einen Topf mit denen geworfen. Das ist beleidigend! verstehe ich nicht. Ich kann nach Amerika fahren aber Ich war ja aber gar nicht in Köln und habe Probleme genicht in eine Disco gehen. Das mit dem Reisepass/Ausweis macht! Ich bin nicht der Präsident der Flüchtlinge. Wenn ist eine Ausrede. Sie sagen nicht du bist Ausländer und ich Präsident wäre, würde ich sagen, dass sie das lassen deshalb darfst du hier nicht rein sondern sie sagen es an- sollen, denn sie sind Gast. Was mich einfach stört, ist, dass


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wenn ein Flüchtling macht, direkt alle verurteilt werden. Das ist…, Das ist...

NL: Und jetzt im Moment?

NL.: Das ist Rassismus…

Sprachniveau B1 abschließen.

R.: Ja, das ist eine wahre Katastrophe. Ich trau mich

A.: Im Moment lerne ich nur deutsch. Ich muss das NL: Und dann möchtest du als Lehrer arbeiten bzw. kannst du das dann?

manchmal gar nicht in der Stadt herumzulaufen. Viele sind so ignorant. Auch die Medien , das Radio, das Fernsehen sind daran schuld und beteiligen sich an der A.: Ich möchte das. Also ich hoffe das, weil ich kann Hetze gegen Flüchtlinge. Es gibt auch schlechte Flücht- nichts anderes machen. Das ist schwierig. Ich bin 45 linge, die keinen Respekt für andere Kultur zeigen. Da- Jahre alt und jetzt noch eine Ausbildung machen, das ist bei hat gerade Deutschland als einziges Land die Grenze schwierig. Ich kann jetzt kein Automechaniker mehr geöffnet und eine Million sind nach Deutschland ge- lernen. kommen. Das ist ja auch nicht leicht für ein Land wegen der Schulen, Wohnungen und so.. NL: Und du, R., was hast du in Syrien gearbeitet? Es muss in jedem Fall mehr miteinander kommuniziert werden und nicht nur in Kategorien gedacht werden. Es R.: In Syrien habe ich als Schneider gearbeitet. Am Anmuss differenziert werden. fang wollte ich auch in Kaiserslautern als Schneider arbeiten, aber ich habe nichts gefunden. Die vom NL: Es ist auch wichtig, dass du auch sagen kannst, Jobcenter haben gesagt, der Beruf sei hier ausgestorben. wenn dir was nicht gefällt oder wenn du etwas Es gibt schon Arbeit, die ich machen könnte, aber die ist nicht gut findest! schwer. Zum Beispiel in einer Fabrik oder einer Firma, gibt es Sachen zum tragen und so. Aber für mich ist das R.: Es gibt hier auch noch Angst vor der Diktatur vor schwer, weil mein Körper nicht so stark ist. Wenn ich Assad. Manche Flüchtlinge haben deswegen Angst, vie- das einen Monat machen würde, wäre ich danach krank le reden deswegen nicht über Politik. In Syrien gibt es und hätte zum Beispiel Probleme mit den Bandscheiben. einen starken Geheimdienst. Viele haben noch Familien Ich versuche weiterhin etwas in meinem Beruf zu finin Syrien und deswegen haben sie Angst hier über Poli- den. tik zu reden, weil sie denken Anhänger oder der Geheimdienst von Assad könnten das mitbekommen. Und A.: Ich habe eine Frage: Warum können Leute aus Syridann würden vielleicht ihre Familien in Syrien Proble- en, wenn sie in die Türkei gehen einfach Arbeit in einer me kriegen. Ich sage immer du brauchst keine Angst zu Firma finden? Ohne Sprachkurse. Wenn sie dort arbeihaben, du kannst hier in Deutschland reden. ten können sie schnell türkisch sprechen, weil sie das auf und mit der Arbeit schnell lernen. Wenn ich, wie A.: Ich hab auch noch Familie in Syrien. Ich kann auf meinen Freund hier, als Schneider in einer Firma arbeiFacebook nicht viel sagen, weil Facebook kontrolliert tet, lernt er das dann viel schneller… wird. Wenn ich bestimmte Sachen „like“ oder anderes, kommt vielleicht mein Bruder ins Gefängnis. R.: Aber das türkische ist ja auch eine ähnlichere SpraIch glaube jetzt müssen wir deutsches Recht verstehen che, wie jetzt zum Beispiel deutsch.. lernen. Wir können alles sagen. Zum Beispiel: Ich hasse Assad. Weil er ist ein Problem für meine Familie dort. A.: Ok. Aber ein anderes Beispiel: In meinem Sprachkurs habe ich einen Mann, der aus Indien kommt. Er NL: Als was hast du in Syrien gearbeitet, was kann deutsch sprechen, ohne die Grammatikkentnisse machst du hier, kannst du in deinem Beruf arbei­ zu haben. Er arbeitet als Koch in einem Restaurant. Er ten? kann deutsch gut und flüssig sprechen. Kein Regel, keine Grammatik, kein „der“ , „die“, „das“. Warum kann er A.: Ich habe Französisch Lehrer gelernt, wie weiter arbeiten? Ich habe einen Freund aus Syrien. Wenn der oben schon beantwortet. Ich kann Praktika´s machen Arbeit in einem Restaurant findet, sagt das Jobcenter er und mit anderen Lehrern in der Klasse arbeiten, z.B. im muss erst den Sprachkurs machen und er darf erst daFranzösisch Unterricht. nach arbeiten.


06 NL: Also er muss erst einen Sprachkurs bestehen um arbeiten zu können?

R.: Einen Integrationskurs. Und danach kann er arbei-

siert. Die hören dann etwas au der Straße oder auf der Arbeit, aber die interessiert das dann nicht so.

ten.

NL: R., du hast ja Schneider gelernt. Arbeitest du im Moment als Schneider?

deutsch im Umgang mit Kunden lernen.

R: Ich mache im Moment ein Praktikum in meinem

A.: Oder Friseur. Manche sind Friseur. Die könnten

Beruf, das ist sehr gut. Ich habe das geschafft, weil ich R.: Wenn ich zum Beispiel zur Arbeit gehe und der das in Syrien richtig gelernt habe. Mein Chef hat mir Meister kommt und mir eine Stunde die Sachen erklärt, auch gesagt, ich kann dort zum Lernen bleiben. dann muss ich das danach können. Die Firma muss ja Ich möchte noch was sagen: Das mit den Teachers hier dann weitergehen und ich muss das verstehen, was er finde ich sehr gut, Wie eine Familie. Nicht so wie das erklärt. Ich habe ein Kollegen auf der Arbeit. Und die Jobcenter ( lacht) , da gibt es kein Wasser oder Tee ( haben gesagt, wenn du die Sprache nicht kannst, dann lacht). musst du gehen. Wenn du keine zehn Worte deutsch NL: Könnt ihr in Deutschland bleiben? kannst, dann kannst du nicht arbeiten.. NL: Also was du, A., meinst ist, dass man in Berufe reingeht und dort dann auch die Sprache lernt.

A.: Ich glaube ja. Auch meine Kinder werden sich

denke ich dazu entscheiden hier zu bleiben. Die verstehen sich auch mit ihren Lehrern gut und in den A.: Ja genau, das ist meine Meinung. So lernt man viel Klassen sind nicht so viele Schüler und es macht ihnen Spaß. Ich habe ein Beispiel: In Syrien, hatte ich in meischneller deutsch! ner Klasse 100 Schüler. Ich konnte nicht sprechen und NL: Und du, R., du meinst es gibt Berufe in denen auch kein Unterricht machen. Das war sehr anstrendas schwierig ist. Da sollte man gut Deutsch kön­ gend. nen vorher. Und generell gibt es Berufe, in denen das gut geht und in manchen eher schlecht. Aber generell sollte das geöffnet werden?

R. : Ein Freund von mir wurde in den Nordirak abge-

schoben. Die haben gesagt, das ist sicher dort und er wurde abgeschoben. Er hatte viel Geld bezahlt, hierher R.: Wenn man viele Kontakt mit Kunden oder Kollegen zu kommen… hast, braucht es vielleicht ein, zwei Monate um sehr gut deutsch zu können. Aber wenn du wenig redest auf Danke für das Gespräch! der Arbeit, dann lernst du dort auch wenig. In der Türkei zum Beispiel habe ich gelernt „Jabock“, das heißt schnell. Ich muss schnell so machen und dann so machen. Und dann wurde nicht viel mit mir geredet. Die Zigaretten wurden verboten, weil ich immer an der Maschine stehen musste. Aber ja klar, wenn du Kontakt mit Kunden hast, dann ist das was anderes. Es kommt auf die Arbeit an..

A.: Wenn die Arbeit speziell ist, muss man gut deutsch können. Aber nicht jede Arbeit benötigt viel Sprache. Das Handwerk zum Beispiel, Bau oder Automechaniker.

R.: Manche Flüchtlinge sind auch motivierter. Hier, S.,

zum Beispiel: Wenn er ein Wort hört schreibt er es sich auf und übersetzt es in arabisch. So lernt er schnell, das ist ein gutes Beispiel. Aber andere sind nicht interes-


Konkrete Hilfe in Kaiserslautern

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Ein Interview mit einer Aktiven von "Teachers on the Road Kaiserslautern". Das Interview spiegelt nicht zwangsläufig die Gruppenmeinung der "Teachers on the Road", sondern nur die Meinung der von uns Interviewten.

Von: Gregsen und Toni. Den Text bearbeitet hat Lisa.

Eigentlich schon, doch. Also es ist schon so, dass wir über die Zeit Kontakte zur Stadt und ihrer Verwaltung aufgebaut haben und dass wir da auf jeden Fall wahrgenommen werden. Ich bin bei den Teachers seit der Gründung im November 2015 dabei. Eigentlich wollten wir erst mal Auch die ganzen größeren Organisationen, die Caritas Sprachkurse geben, vor allem für die Leute die sonst und das ASZ , die kennen uns mittlerweile auch und wir nicht die Möglichkeit haben einen zu bekommen. Wir haben da schon soweit einen Namen, dass man auch auf haben mit dem Café angefangen und haben dann so uns zugeht und tatsächlich so ein bisschen auf unsere langsam Sprachkurse, erst mal an einem Tag und dann, Meinung hört. aufgrund der Nachfrage einen zweiten Tag ins Leben Aber trotzdem brauchen wir dringend mehr Vernetzungsarbeit. Wir haben das Gefühl, dass in der gerufen. Stadt und der Organisation ziemlich viel drunter und Ganz zu Anfang waren noch mehr Teacher da,als drüber läuft. Und dass man da unheimlich viel machen Schüler aber das hat sich dann ziemlich schnell umgekehrt. Vor allem weil wir direkt in die Unterkünfte könnte und generell ehrenamtliche Arbeit da noch gegangen sind und die Leute dort direkt angesprochen besser eingebunden werden müsste. haben. Ich glaube das war total wichtig, dieses direkte Zugehen auf die Leute. Seitdem ist es nur noch größer Hast du schon mal direkte Ablehnung erlebt, weil du bei den Teachers arbeitest? Oder ist das zum geworden. Stell doch dich und deine Arbeit bei den Teachers mal vor.

Glück ausgeblieben?

Wie ist das Feedback der geflüchteten Menschen mit denen ihr arbeitet?

Ich glaube es ist schon positiv soweit, weil es sich rumspricht unter den Leuten und weil immer sehr viele unterschiedliche neue Leute kommen, die aufmerksam darauf wurden was wir alles machen. Ich glaub die Leute sind sich manchmal nicht so ganz sicher, da es so viele unterschiedliche Gruppen, Behörden usw. gibt, wie genau das läuft, dass wir das alles ehrenamtlich machen. Da gibt es glaub ich Verständnisprobleme, da die Leute manchmal Erwartungen haben, die wir nicht erfüllen können. Das ist jetzt in den Sprachkursen weniger der Fall, aber momentan gibt es auch viele Probleme mit der Wohnungs- und Jobsuche und so zu lösen. Da versuchen wir auch den Leuten so gut wie möglich zu helfen aber die Kapazitäten sind begrenzt. Da sind wir uns manchmal nicht so ganz sicher, wir haben noch nie direkt etwas gehört, aber ob da manche nicht unzufrieden sind, das weiß ich nicht genau. Wie ist es mit der Resonanz für eure Arbeit in Kaiserslautern? Fühlt ihr euch in Kaiserslautern wahrgenommen?

Nee, eigentlich nicht, das ist glaub ich ausgeblieben. Wie stehst du generell zum Thema Integration und was ist für dich Integration?

Ich finde generell „Integration“ ist vielleicht ein schwieriges Wort, weil da viele Leute etwas unterschiedliches darunter verstehen. Also ich würde erst mal darunter verstehen, dass Integration nicht von einer Seite ausgeht, sondern immer von beiden Seiten. Also das heißt, Integration ist finde ich vor allem eine Aufgabe von den Leuten, die hier schon länger gelebt haben und das zugehen aufeinander ohne Vorurteile und auch ohne Erwartungen. Denn wenn ich eine Person kennen lerne, deren Hintergründe ich eigentlich gar nicht weiß und die ich vor allem auch sprachlich erst mal gar nicht fassen kann, können ja auch oft Missverständnisse entstehen und wenn ich dann mit Erwartungen da dran gehe, dann können die Erwartungen natürlich total schnell enttäuscht werden! Oft ist es auch so, dass wenn ein Missverständnis entsteht, es nur deshalb entsteht, weil man sich sprachlich nicht verständigen konnte oder tatsächlich kleine Gesten und Ausdrucksformen nicht bekannt sind,


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empfängt, dass man dadurch ein Bürger oder zum Beispiel wie man sich „Guten Tag“ sagt, was ja eine Bürgerin ist die nicht so mündig ist wie überall anders gemacht wird. Da kann ich als Person die hier aufgewachsen ist nicht andere. erwarten, dass Leute, die von irgendwoher kommen alles Ich finde es auch voll cool, dass ihr das jetzt macht. Dass ganz genau wissen was bei uns „ungeschriebene Gesetze“ ihr einfach mal den Leuten ein Ohr verleiht, bzw. eine Stimme gebt , dass sie sagen können, wie es ihnen geht sind. und ich finde es dann auch total krass, wie man merkt , Das finde ich total wichtig. Ich glaube ich hab bei Integration immer mehr Erwartungen an die Leute, die vor allem wenn man sich dann auch schon ein bisschen besser kennt, dass da natürlich politische Einstellungen schon sehr lange in Deutschland sind. Es ist eine riesige Aufgabe ,denn da gehört halt auch dazu sind, dass die Leute Forderungen haben und dass da dass man sich als Teil der Gesellschaft versucht, so weit natürlich Ansprüche an ihr Leben sind! zu öffnen und sich zu überlegen, dass es eben sehr viele Zum Thema Berufsperspektive: Man hört ja oft von unterschiedliche Menschen und auch sehr viele Ausbildungen/Abschlüssen, die hier in Deutschland unterschiedliche Lebensweisen gibt. Integration ist ja ein viel umfassender Begriff,der auch keine Anerkennung finden. Hat diese Nicht­ bedeutet ,dass man sich darüber freut, dass es so viele Anerkennung deiner Erfahrung nach eine unterschiedliche Lebensweisen gibt und dass diese auch Rechtfertigung? Oder ist das nur Papierkram? alle miteinander existieren können.Sie bedeutet aber eben nicht unbedingt, dass ich Samstagnachmittag meinen Ja, ich glaube das ist tatsächlich oft Papierkram, das muss Rasen mähen oder meinen Gehweg kehren muss um die behördlich ein bisschen einfacher werden. Ich glaube das wird teilweise auch gerade versucht,aber leider mehr „deutschen Werte“, die es eigentlich noch nicht mal schlecht als recht. wirklich gibt, zu erfüllen. Denn diese so genannten Werte, sind für mich eine Erwartungshaltung von einem Oft ist es dann so, dass Firmen da glaube ich ein bisschen unflexibel sind! sehr kleinen Teil der Gesellschaft, die aber schon ein Und da kommt dann natürlich auch der Rassismus noch großer Teil der bestehenden Gesellschaft sowieso nie dazu! erfüllt hat! Wie ist denn der Umgang von Geflüchteten die eine Das ist so eine eigene Beobachtung,dass ich glaube, dass viele Geflüchtete, versuchen sich schon ziemlich Ausbildung gemacht haben und die jetzt hier gesagt krass, z.B mit dem tragen von Deutschlandfahnen auf der bekommen:„Du kannst das gar nicht“ oder „Du Kleidung anzupassen. Das ist meiner Meinung nach so, kannst es vielleicht, aber du hast keine weil sie Angst haben keinen Anschluss zu finden und Anerkennung dafür, dass du das kannst“. Gibt's da Reaktionen? damit vielleicht so eine Art von Unmündigkeit einhergeht, welche verhindert das diese Menschen sich trauen auch Forderungen zu stellen und zu sagen: „Wir Das ist unterschiedlich, die ganzen Jungs aus Afghanistan z.B., von denen erhalten momentan ziemlich viele eine sind auch hier!“. Ablehnung und um diese zu verhindern sind sie Hast du solche Beobachtungen ebenfalls gemacht? gezwungen unbedingt irgend eine Ausbildung zu finden! Als Umgang bleibt einem dabei fast keine andere Möglichkeit als nicht aufzugeben und suchen , suchen Ja, das habe ich, aber weniger äußerlich. Es gibt oft Leute, die sich dafür entschuldigen was bei und weiter suchen, weil es ansonsten einfach an Anschlägen passiert ist, oder sich schlecht über den Islam Alternativen mangelt. geäußert haben,da bin ich mir nicht ganz sicher , ob sie sich vielleicht schlecht geäußert haben, weil sie denken Und wie sehen dann die Berufsperspektiven unter es ist besser wenn man das macht und sich halt ganz klar diesen Umständen aus? Bleib da quasi nur die abgrenzen kann von Leuten die Anschläge verübt haben. Tätigkeit im Niedriglohnsektor? Also das habe ich schon oft erlebt und ich glaube dass Leute oft das Gefühl haben, dass sie keine Forderungen Also bei den jungen Leute, gerade was die afghanischen stellen dürfen, sie müssen dankbar sein, dass sie hier sein betrifft um die es da gerade geht, läuft momentan viel über die Handwerkskammer, da es tatsächlich oft auch und Sozialleistungen erhalten dürfen. aus der Not heraus viel um Ausbildungsplätze Ich weiß nicht genau, wo dieser Gedanke geht,obwohl viele lieber studieren würden! Aber das geht herkommt,oder ob das die Angst ist ,man könnte das Gefühl von der Gesellschaft bekommen dass es schlecht jetzt halt nun mal nicht mehr. Dadurch dass sie ihre Ablehnung haben,ist die Angst zu groß, irgendwann trotz ist, wenn man nicht arbeitet und Sozialleistungen


des momentanen Abschiebestopps in Rheinland-Pfalz Arbeit. leichter gesagt zu bekommen :“Sorry wir schieben jetzt Also das ist so präsent , auch in kompletten doch nach Afghanistan ab!“ ,anders als wenn du mit einer Firmenkulturen, dass man da wirklich schauen Ausbildung, auf jeden Fall drei Jahre lang dein müsste ganz viel Geld in die Hand zu nehmen und Aufenthaltsrecht bekommst und danach eine wirklich Kampagnen zu machen um aufzuklären über aufenthaltsrechtliche Duldung , Rassismus und so auch versuchen die Leute einfach da ist man dann auf jeden Fall sicherer! Berufsausbildung aufmerksam zu machen um eine positivere Resonanz, ein ist die Möglichkeit,wie du eben nicht im positiveres Denken bei den Leuten hinzukriegen. Niedriglohnsektor landest, sondern ne gute Ausbildung Ich meine, wenn ich den Leuten einfach sage „Ihr seid und später dann Möglichkeiten hast Arbeit zu finden. Ich scheiß Rassisten“, dann werden die ihre Meinung glaube das ist deren Vorteil, weil die noch jung sind und wahrscheinlich nicht ändern. noch recht schnell Deutsch lernen können und generell Keine Ahnung, da bin ich vielleicht die falsche Person um recht schnell alles lernen. zu überlegen, wie man das macht, aber da muss dringend Bei vielen Familien ist es aber eher so, da sind die Eltern was passieren. Und ich glaub das muss auch im größeren jetzt so 40oder 50 Jahre alt da sitzt du dann halt z.B. als Rahmen passieren und nicht immer nur, von uns von also Lehrer und da weiß man dann ganz genau, der wird nie unten halt. im Leben als Französischlehrer hier arbeiten können.Ich Denn wir können vielleicht nen kleinen Kreis von Leuten glaub, wenn du dann in dem Alter vielleicht keine positiv beeinflussen, aber das wird halt den Arbeitsmarkt Berufsausbildung mehr machen kannst dann ist die nicht ändern. Die Firmenkulturen und die Politik müssen Wahrscheinlichkeit schon eher gegeben, dass du dann sich ändern. doch am Ende, Niedriglohn-Irgendwiewas machst.

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Hast du Verbesserungsvorschläge an der momentanen Politik?

Gibt es irgendwelche Sachen, auf lokaler oder regionaler Ebene ,gerade mit Blick auf die Stadt Kaiserslautern als Institution, die du positiv hervorheben möchtest oder sagst, das läuft gar nicht gut?

Also Verbesserungsvorschläge wären für mich tatsächlich ,ich weiß nicht wie das passieren kann, aber dass man noch mehr macht, dass Firmen wirklich Interesse daran Also positiv auf Landesebene finde ich, dass das Land kriegen die Leute, die jetzt hier sind einfach mit rein zu Rheinland-Pfalz nicht nach Afghanistan abschiebt.Das ist nehmen. glaube ich eine der besten Sachen. Ich mein es gibt ja eigentlich genug Arbeit. Und so viele Zur Stadt Kaiserslautern und unserem Kontakt zu Leuten Leute hier sind so motiviert, die wollen voll gerne und von der Stadt möchte ich sagen, man hört schon raus, dass stoßen aber ständig gegen ne Wand. die sich Mühe geben, man hört natürlich auch immer Es fehlt entweder ein Papier, oder ein anerkanntes wieder raus, dass die ultra viel zu tun haben, aber gerade Abschluss Studium.Also musst erst was vorlegen um dann das Problem mit den Wohnungen in der Stadt ist eben überhaupt arbeiten zu dürfen. riesig. Ich glaube das hat mit der deutschen Mentalität zu tun, Ich glaube da müssten man sich wirklich ein Konzept das ist ja in ganz vielen anderen Ländern gar nicht so, überlegen. Weil das geht gar nicht. Es gibt so viele Leute dass du so viel Auflagen erfüllen musst um überhaupt mal die keine Wohnung finden. auf den Arbeitsmarkt kommen zu können. Da müsste die Stadt eine stärkere Position beziehen und Und dadurch rutschst du tatsächlich doch recht schnell in da sowohl aktiver als auch öffentlicher diese „Scheißjobs“ ab, obwohl es gar nicht nötig wäre, bei den Unterstützung zusagen. Ansonsten passiert da glaube ich Leute ,da ist ja alles dabei, also das ganze Spektrum und nicht so viel. alle Berufe sind da ja vertreten.Da müsste es einfach mehr Gelder geben um Firmen aufmerksamer zu machen auf Wobei man dazu sagen muss, dass es natürlich auch die Leute. Ich weiß nicht, wie das sonst gehen könnte! logisch wäre, die Situation von Leuten, die schon hier geboren sind zu verbessern, denn das ist ja gerade das, was auch den Keil zwischen die Leute treibt.

Besonders wichtig wäre es auch, viel Geld aus der Politik zu bekommen um auf das Problem Rassismus in Deutschland aufmerksam zu machen. Ich habe das bei mir Ja, ganz klar darauf muss man achten, aber auch darauf auf der Arbeit gemerkt, als ich nachgefragt habe ob die das die Bürokratie nicht zum größten Hindernis wird wie nicht jemanden nehmen könnten. Und da war sofort z.B. das oben in der Post in der nur Leute wohnen dürfen, Ablehnung da, als sie gehört haben, das ist jemand aus die noch keine Anerkennung haben bzw. noch mitten im Syrien. Obwohl der mit Sicherheit qualifiziert wäre für die Asylverfahren drin sind.


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Die Leute dort leben oft in Einzimmerwohnungen, wenn Zum Thema „Bleibeperspektive“ und jetzt durch den Familiennachzug noch ein paar Leuten „Abschiebung“: Wie kann man sich dazu kommen könnte man ja sagen, in der Post ist jetzt integrieren, wenn man gar keine sichere wieder genug Platz, es wurde sogar angebaut. Aber die Bleibeperspektive hat? Post wird vom Sozialamt bezahlt und sobald ich mein Aufenthaltsrecht habe, bekomme ich nicht mehr vom Ich glaub das ist total persönlichkeitsabhängig . Wir Sozialamt mein Geld, sondern vom Jobcenter. Das beobachten das gerade ganz viel bei den afghanischen Jobcenter bezahlt aber nicht die Plätze in der Post, Leuten,die haben ja wirklich die schlechtesten sondern nur das Sozialamt. Deswegen dürfen da keine Aussichten momentan, und da sind ganz viele dabei, die Leute wohnen, die schon einen Aufenthaltstitel haben. super viel Energie entwickeln und daran glauben das es Und das ist echt totale Bürokratiescheiße an der sich irgendwie doch alles gut werden kann solange sie nur etwas ändern muss egal ob lokaler oder Landesebene. alles in ihrer Macht stehende tun und sich nicht beirren lassen einfach weiter zu machen! Es lässt sich ja momentan eine Stärkung Aber vielen raubt diese ewige Unsicherheit auch die rechtspopulistischer Parteien sowie auch Energie um Sprachkurse zu besuchen oder Bewerbungen Einstellungen feststellen. Wie erklärst du dir das? zu schreiben .So ist nun mal jeder Mensch Und spürst du Auswirkungen davon in der täglichen unterschiedlich,der Eine geht mit Gefahr so um, dass er Arbeit, die ihr als Teachers macht? noch mehr Energie bekommt und der andere Mensch geht so damit um, dass er sich zurückzieht , krank wird Ich merke, dass Rassismus plötzlich viel offener geäußert und sich vielleicht auch ein bisschen aufgibt. Und das ist wird. Und wir merken das natürlich, wenn wir den scheiße. Leider geht es einigen so. Leuten bei der Wohnungs- oder Jobsuche helfen,dass da ziemlich oft ganz offen abgelehnt wird mit: „Nee, so Ihr habt ja auch eine Spendenkampagne gegen Leute wollen wir nicht.“ Ich glaube dass sich die Abschiebungen ins Leben gerufen. Da wäre unsere Hemmschwelle, so was auch ganz offen zu sagen, stark Frage, warum die nötig ist und wie der Stand ist? gesenkt hat und sich da oft auch nix weiter bei gedacht wird. In der Arbeit sind wir damit alle täglich Nötig ist es vor allem daher ,da im Oktober letzten konfrontiert. Das kann ich mir nicht erklären. Das ist Jahres entschieden wurde , dass Asylanträge alle so irgendwie total krass!Ich glaub das ist so dieser schnell wie möglich abgearbeitet werden sollen und sich „Extremisten-Populismus“,die Dinge einfach zu erklären, gleichzeitig die Politik gegenüber Afghanistan so gedreht damit jemand anderes einen Vorteil draus schlagen kann. hat,dass plötzlich einfach gesagt wurde „Naja, Bestimmt sind darunter auch viele die wirklich Nachteile Afghanistan ist ja irgendwie gar nicht gefährlich so dass haben so wie es hier gerade läuft was aber wiederum mit 50% der Anträge auf Bleiberecht schon im Sommer dem Gesammtsystem zusammenhängt und keinesfalls letzten Jahres abgelehnt wurden!Also einfach so, obwohl mit den geflüchteten Menschen! Ich denke zu solchen sich ja gar nichts geändert hatte in Afghanistan, und es Fehlschlüssen kommt es daher dass die Leute auch schon dort eher noch schlechter wurde.Das war eine rein in der Schule nicht mehr dazu angehalten werden sich politische Entscheidung. mit Sachen wie diesen kritisch auseinanderzusetzen und Damals hörten wir das sich die Chancen für einen sich zu überlegen, wie Probleme zustande kommen! Hier positiven Asylbescheid durch juristischen Beistand fehlt es an Transfairarbeit. extrem verbessern würden.Doch auch das gestaltet sich Ich finde, das ist so krass, dass man sich die ganze Zeit bisher schwierig, vom Antisemitismus abgrenzt und sagt „Wenn ich kein Wir unterstützen ja momentan insgesamt so ungefähr 25 Antisemit bin, dann bin ich auch nicht rassistisch“und Menschen von denen viele alleinstehende junge Männer sich dabei nie überlegt wie leicht da eine Parallele zum 3. sind und für die ist es momentan echt sehr schwierig. Reich ziehen lässt in dem auch am Anfang nur ein wenig Man muss nach momentanem Stand leider davon gehetzt und mit vereinfachten Worten Meinung gemacht ausgehen das alle trotz juristischem Beistand eine wurde.Etwas ähnliches passiert heute mit Leuten, Ablehnung bekommen! welche noch nicht mal muslimisch sein müssen, die nur Trotzdem ist diese Hilfe unerlässlich da unsere Anwältin aus Ländern kommen, wo es viel Islam gibt. Wie es dazu den Antragstellern hilft die vielen Fangfragen im für das kommen kann das durch solch vereinfachte Bleiberecht relevanten Interview zu erkennen und ihre Argumentationsweisen, soviel Hass entsteht sollte schon eigen Geschichte chronologisch aufzuarbeiten um sich in der Schule aufgezeigt werden! nicht in selbigen zu verstricken! Einfach damit man in der Aufregung keinen Quatsch erzählt!


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Gleichzeitig, ist es bei den Interviews leider auch oft so, faul.“ Sind solche Einstellungen unter dass Sachen nicht gefragt werden, die wichtig wären Geflüchteten häufig oder gibt’s da auch so oder Dinge teilweise falsch ausgelegt werden, wenn dann eine Art Solidarität, dass gesagt wird; „Ja scheiß jemand dabei ist, kann man dem ein bisschen drauf jetzt woher du geflüchtet bist,“ oder ist das entgegenwirken und man hat jemanden, der da so ein mehr so dieser Kampf um „die Auswahl“ zu bisschen mithört und mithilft. gewinnen? Momentan, waren jetzt alle zumindest zum Erstgespräch bei der Anwältin und werden jetzt auch noch zu Ja, wir haben das schon ab und zu auch mitbekommen, weiteren Gesprächen fahren,wenn dann jetzt eben dass die Leute teilweise nicht so gut übereinander Ablehnungen kommen, dann werden wir darüber sprechen. Bei uns ist es auch schon ein bisschen so das sprechen, ob es evtl. Sinn macht eine Klage einzureichen. die einzelnen Nationalitäten etwas unter sich bleiben und Momentan haben wir schon so um die 10.000€ gesammelt es sich manchmal schwierig gestaltet das alle zusammen und bräuchten wohl noch je nachdem wie viele Klagen etwas machen.Aber auch das wird mit der Zeit besser! da noch im Anschluss kommen so 5.000-8.000 €. Die Wir haben ja z.B. ne Fußballmannschaft für Geflüchtete, werden wir irgendwie sammeln müssen. Und es wird da sind ja alle Nationalitäten zusammen und da merkt wahrscheinlich drauf hinauslaufen, dass es noch einige man dann auch, wenn man so gemeinsam Anerkennung Klagen geben wird. Teilweise kann man bekommtund gemeinsam was schafft, und diese Kraft Prozesskostenhilfe beantragen. Also ganz ist das noch auch von außen bekommt, das dann viel eher nicht absehbar, was da auf uns zukommt. Zusammenhalt entsteht! Ich denke genau mit solche Aktionen lässt sich dieses Wie kann man euch, abgesehen von Spenden, am Problem um ein vielfaches verbessern besten unter die Arme greifen? das ist eben wie überall, man muss sich kennen und vertrauen lernen und merken „Du bist auch ein ganz Dadurch das wir jetzt so viele unterschiedliche Sachen netter Mensch.“ Klar, ich meine, Vorurteile gibt’s ja unter machen und nicht mehr nur die Sprachkurse und das allen Leuten.Das ist da ja nicht anders und nur weil man Cafe, sondern gerade auch Rechtsbeistand, Jobsuche, Leid teilt, heißt das nicht, dass man zusammen steht und Wohnungssuche usw. gibt es immer was zu tun. überall, wo man irgendwie Druck und Angst hat, Das sind so viele Kleinigkeiten wo man Leute individuell konzentriert man sich schon eher mal nur auf sich selbst. unterstützen kann, wenn man sagt man kümmert sich um eine Familie oder eine Person und hilft dieser in allen Wir danken den Teachers on the road ganz herzlich Dingen. für dieses Interview und die offenen Worte! Momentan ganz wichtig wären einfach mal wieder Leute die etwas schönes machen also, dass man sagt, man macht einen Ausflug oder ein Grillfest. Irgendwas, das auch mal einfach nur Spaß macht.Da momentan so viel darum geht, diese ganzen Notwendigkeiten erst mal zu erledigen. Wobei es ja auch unser Ziel war, mit den Leuten dieses gemeinsame Leben zu fördern! Da brauchen wir immer Leute. Ich hätte noch eine Frage. Das ist ein bisschen aus dem Zusammenhang gerissen... das hat man in den Medien auch schon gehört, dass es Schlägereien zwischen verschiedenen Gruppen von Geflüchteten. Und ich selbst habe das auch schon mitgekriegt, das mir gegenüber gesagt wurde „Ja, wir versuchen uns eigentlich alle voll zu integrieren so, aber die Afghanen die sind irgendwie alle


Rassistische Zwangsarbeit

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Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) zwingen Menschen in prekäre Jobs. Ob sie wirklich zur Integration beitragen, ist fraglich. Von: Nepomuk Diener (www.direkteaktion.org)

Wenn die Aufforderung, sich bei der Einsatzstelle zu melden, kaum eine Woche vor Beginn der Maßnahme bei den Betroffenen ankommt, ist eine aufgebrachte Reaktion nur allzu verständlich. Der deutsche Staat, der sie über Monate von der gesellschaftlichen Teilhabe ausschloss, kaum Sprachkurse zur Verfügung stellte und die Erlaubnis zu arbeiten verwehrte, will nun über sie und ihre Arbeitskraft verfügen? Dass sie hier als Zwangsarbeiter ausgebeutet werden sollen, ist nur zu offensichtlich. Weigern sie sich, streicht ihnen das Sozialamt die Leistungen und der sozialen Absicherung wird der Boden weggerissen. Ohne diese Drohung wären wohl die Wenigsten bereit, sich für eine Arbeit herzugeben, bei der der Lohn gerade reicht, um die Anfahrtskosten zu decken. Ein Schreiben, das in Leipziger Asylunterkünften verteilt wurde und für die FIM werben soll, trieft geradezu vor Zynismus. Den Geflüchteten, die bisher zu einen isolierten Leben in Lagern genötigt wurden, soll die Zwangsarbeit nun mit Sätzen wie „Du kommst durch FIM aus deiner Einrichtung raus“ und „Dein Alltag bekommt einen Sinn“ schmackhaft gemacht werden. Integration heißt Verwertung

Die Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen sind ein Arbeitsmarktprogramm, das im Juli 2016 mit dem Integrationsgesetz verabschiedet wurde. 100.000 Stellen sollen jedes Jahr geschaffen werden. Es handelt sich meist um klassische 1€-Jobs wie Müllsammeln oder Unkraut jäten, nur eben noch billiger. Darüber freuen können sich Kommunen, aber auch private Betreiber von Flüchtlingsunterkünften. Während sie bisher auf dem Rücken der Bedürfnisse der Geflüchteten ihren Reibach machten, können sie jetzt auch noch am Personal sparen. Die Maßnahmen dauern sechs Monate, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von maximal 30 Stunden. Die „Aufwandsentschädigung“ liegt bei 80 Cent pro Stunde. Gerechtfertigt wird das Ganze damit, dass die Geflüchteten dabei die Deutsche Sprache lernen und an den Arbeitsmarkt herangeführt werden. Dass zweiteres eine Farce ist, zeigen die Erfahrungen mit den 1-€-Jobs aus der Agenda 2010: Statt besserer Jobs gab es für die Betroffenen nur eine verhärtete Prekarisierung und als Nebenprodukt wurden Jobs verdrängt, von denen man zumindest noch leben konnte. Auch das erste Argument erweist sich als wackelig, wenn man bedenkt, dass dem Träger der Maßnahmen überlassen bleibt, ob er begleitende Sprachkurse organisiert. Dass es bei dem Integrationsgesetz, besonders bei der Koppelung von Aufenthaltsstatus von Geduldeten an ein Arbeitsverhältnis, darum geht, verwertbare Geflüchtete in

prekäre Niedriglohnjobs zu zwingen und sie gleichzeitig durch drohende Abschiebung zu disziplinieren, zeigt die Analyse der Basisdemokratischen Linken Göttingen. Solidarität organisieren

Dieser gewaltsame Verfügungsanspruch über die Arbeitskraft der Geflüchteten, die rassistische Ungleichbehandlung und die gleichzeitige Erweiterung des Niedriglohnsektors stößt bei antirassistischen Gruppen auf Widerstand. Die Leipziger Kampagne Gegen.maßnahmen nimmt die FIM aufs Korn. Sie wollen Betroffene vernetzen und so Widerstandspotential ausloten. Gleichzeitig sollen Geflüchtete, die die Zwangsarbeit boykottieren, solidarisch unterstützt und mit anwaltlicher Hilfe vor den Sanktionen, die sie unter das Existenzminimum schlagen können, geschützt werden. Sie setzen auch auf die Hilfe von Gewerkschaften, um „in Zeiten des rechten Rollbacks soziale Kämpfe zu verbinden und den steigenden Konkurrenzdruck unter Arbeitenden und Lohndumping auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken.“ Ins selbe Horn stößt das Internationale Komitee (IK) der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiterunion (FAU). Um gegen Ausbeutung vorzugehen, die sich durch nationalistische und rassistische Denkmuster legitimiert, ruft das IK zu „Klassensolidarität mit MigrantInnen“ auf, die am 1.Mai betont werden soll. „In besonderem Maße von Ausbeutung und Entrechtung betroffene ArbeiterInnen sind in unserer Gesellschaft MigrantInnen, die in Folge der rassistischen Migrationspolitik, unter illegalisierten Arbeitsverhältnissen, Arbeitsverboten oder Arbeitszwang leiden. […] ohne gewerkschaftliche Organisierung, haben sie kaum Möglichkeiten, gegen die zunehmende Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse zu kämpfen.“


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OFF LIMITS: Die Initiative „Offene Gesellschaft“ „Was ich nicht ertrage, ist die Unschuld der Menschen“ (Heiner Müller) Am 17.06.2017 sollten bundesweit überall Menschen zusammenkommen um für eine „Offene Gesellschaft“ zu werben. Die meisten derer, die im Vorfeld dafür ihre Stimme erheben sind sogar der Meinung, dass wir in einer „Offenen Gesellschaft“ leben und diese gegen Rechtspopulisten und Neo­ Nationalisten verteidigt werden muss.

Von: www.notizenausderprovinz.blogsport.de Doch was heißt „Offene Gesellschaft“ eigentlich und für Worte wie reiner Hohn bzw. wie eine Ausgeburt wen ist sie offen? Für den afghanischen Geflüchteten, bürgerlicher Ignoranz. Wer sich ein bißchen genauer in der nach seinem Interview bei der zuständigen Behörde den Publikationen der Initiative umschaut, sieht wo diese herrührt. Immer wieder taucht der bürgerliche mitgeteilt wird, dass sein Antrag auf Asyl abgelehnt wurde? Für den arbeitslosen Jobcenter-Kunden, der weil Philosoph Karl Popper auf, der in seinem, von er sich gegen eine unsinnige Maßnahme wehrt, das ihm unterschiedlichster Seite hochgelobten Werk „Die offene zustehende Existenzminimum um 30% gekürzt bekommt Gesellschaft und ihre Feinde“ eine aufgeklärte Form bürgerlicher Herrschaft begründet in dem er die Feinde und noch weniger als vorher am gesellschaftlichen eindeutig auf totalitäre Regime wie Faschismus und Leben teilhaben kann? Die mittlerweile massenhaft Kommunismus reduziert. Abgesehen davon, dass diese prekär Beschäftigten, die um ihre grundlegendsten Bedürfnisse zu finanzieren zusätzlich Sozialleistungen Gleichsetzung, die in diesem Staat zur Doktrin erhoben beziehen und sich vor den Jobcentern nackisch machen wurde in die Irre weist, lenkt sie von den grundsätzlichen Problemen der Gesellschaft ab und müssen? Das sind nur wenige Beispiele und noch nicht mal die ignoriert die Tatsache, dass die Zahl der Menschen, die aus dieser sog. Offenen Gesellschaft ausgespieen werden verhehrensten Ungerechtigkeiten, die sich eine der reichsten Gesellschaften dieses Planeten leistet. Die Zahl immer weiter steigt. der Obdachlosen steigt weiterhin, hunderttausende sind auf der Suche nach bezahlbaren Wohnraum. Weiteres ist Ähnliche Steigerungsraten verzeichnen nur die Konten von den wenigen, die im Moment von dieser Situation im Armuts und Reichtumsbericht, den die hiesige Regierung vorzensiert vorgelegt hat nachzulesen. Für profitieren. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Doch dieser Fakt taucht, diese Menschen ist diese Gesellschaft nicht offen. wenn dann nur in dem oben genannten Zitat aus dem Thesenpapier jener Initiative auf. Aber das scheint ja Kein Problem? kein Problem zu sein. „Deutschland ist eines der reichsten, sichersten und attraktivsten Länder der Welt. Dass es auch hier eine Dieses Problem haben die Protagonist*innen der Menge zu kritisieren, verbessern, modernisieren gibt, ist Initiative auch nicht, denn sie setzen sich aus den Teilen der bürgerlichen Gesellschaft zusammen, die andere – keine Frage und auch kein Problem…“ (aus den 10 weniger existenzielle – Sorgen haben, wie jene Thesen der Initiative “ Die Offene Gesellschaft“) Menschen die Arbeit oder für sie bezahlbaren Wohnraum suchen. Schlimmer noch: Sie verstehen sich „…die Offene Gesellschaft hat in Europa eine Infrastruktur. Sie ist nicht perfekt, aber auch nicht nackt nicht einmal als Profiteure eines ausgrenzenden Systems, das sich bürgerliche Demokratie nennt und auf und wehrlos. Europa ist zusammengeflochten durch kapitalistischer Ausbeutung beruht. Sie machen sich zum Institutionen, Verträge, Meetings, Vereine, Verbände, Helfershelfer einer Spielart des Populismus, der Autobahnen, EasyJet, Handel, Banktransfers, die Champions League und Eurovision. Solch ein Geflecht geflissentlich ignoriert wird: hält eine Weile, auch bei schlechtem Wetter.“ (von Andre Liberaler Populismus Wilkens, Mitbegründer der Initiative „Die Offene Gesellschaft“) Im Gegensatz zum rechten Populismus, der sich auf den Für die oben beschriebenen Menschen klingen solche sog. Willen des Volkes und der Nation gründet ist der


liberale Populismus einer des Marktes, der sich u.a. in der Politik der Alternativlosigkeit einer Angela Merkel oder Wolfgang Schäuble beweist. Ob es nun die Bankenrettung, die EU und deren Austeritätspolitik war und ist. Oder das kritiklose Hochjubeln eines Macron in Frankreich. Alle diese Entscheidungen sind gegen die Interessen der Bevölkerung durchgesetzt bzw. beklatscht worden. Die bürgerlichen Medien, aber auch jene Parteien, die sich als Garanten einer offenen Gesellschaft sehen spielen dieses Theater mit, das für Millionen von Menschen, nicht nur in Deutschland jene prekären gesellschaftlichen Bedingungen hervorbringt, die den Ausschluss eines nicht geringen Teils der Bevölkerungen zur Folge haben.

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Menschen nicht mehr an Wahlen beteiligen, da sie sich selbst nicht mehr durch Politik und andere gesellschaftliche Gruppen vertreten fühlen. Dies alles moralisch aufzuwerten und die Verteidigung des Bestehenden gegen nationale Ideologen in den Fokus zu stellen erreicht eher das Gegenteil dessen, was Ziel der Veranstaltung sein soll.

Wer dies ignoriert, trägt zumindest indirekt dazu bei, das einige dieser Menschen ihr Heil im Nachbeten rechtspopulistischer Stimmungsmacher suchen. Ihr nach unten treten gegen Migrant*innen und Geflüchtete vollzieht oftmals nur ihre Erfahrungen in der bürgerlichen Gesellschaft, in den Jobcentern, bei der Suche nach Arbeit und/oder Wohnung, beim Die 2te Komponente des liberalen Populismus: „Die zweifelhaften Genuss unserer Medienangebote etc. nach. erste besteht darin, die Wahrheit des Kapitals zu Die wenig inklusiven Bildungsmöglichkeiten in diesem vertreten, die zweite darin, sich ständig auf die Moral zu Land tragen dazu bei, das sich daran nichts ändern kann. berufen. Alle ursprünglich humanistischen Werte wie Gleichberechtigung, Würde des Menschen usw. werden Was wir brauchen sind Initiativen für eine freie bzw. komplett vereinnahmt und zur Aura der politischen sich selbst befreiende Gesellschaft, die Missstände Aussage gemacht. Die Aussagen der liberalen Populisten benennt und Wege der Überwindung sucht, aufgreift erscheinen daher nicht nur als an und für sich wahr, und schlußendlich auch die Chuzpe hat für dieses sondern darüber hinaus auch noch als an und für sich Ziel zu kämpfen. gut. Das ist eine Doppelstrategie gegen die man nur noch ganz schwer ankommt. Denn jeder, der sie kritisiert, gerät Zum Schluss noch ein besonderes Bonmot zu dem in die Gefahr, sofort als Populist beschimpft zu werden. Aufruf in Kaiserslautern: Das Werbeblättchen Das heißt: Er wird bezichtigt, eine wahrheitswidrige Wochenblatt Kaiserslautern, dass durchaus noch über Position zu vertreten und außerdem noch unmoralisch zu einen meinungsstarken redaktionellen Teil verfügt und zu sein. Dabei wird vergessen, dass die in Anspruch den Kaiserslautrer Aktionen der Initiative „Die offene genommenen liberalen moralischen Werte in ihr Gesellschaft“ mitaufruft, schaffte es in jener Ausgabe vom Gegenteil verkehrt werden, wenn sie in einer durch und 18.05.2017 in der sie auf der ersten Seite ihre Mitwirkung durch neoliberal verfassten Gesellschaft gelebt werden benennt und das Ganze vorstellt, auf der zweiten Seite sollen. In diesem Zusammenhang ist die Einzigartigkeit eine bezahlte Veranstaltungsankündigung der AfDdes Subjekts nicht mehr die Voraussetzung für Fraktion des Landtags RLP abzudrucken. So sieht individuelles Lebensglück, sondern für eine gesteigerte Offenheit nach allen Seiten aus. Hauptsache die Kasse Form der Ausbeutung. Wenn jemand in der stimmt. Flüchtlingsdebatte sagt: Ich mache mir Sorgen, meinen Job zu verlieren (…), dann wird u.a. von der Seite der Grünen immer sofort attestiert, dass es sich um Hysterie, um eine übertriebene Form der Angst handele, die keinen Halt in der Realität habe und deren Gründe sich daher auf gar keinen Fall verallgemeinern ließen. Man unterstellt, dass es sich dabei um eine individuelle Form des Pathologischen handele. Anstatt diese Ängste als einen Hinweis darauf zu nehmen, dass die gegenwärtige Teilnehmer*innen einer Aktion der Initiative neoliberale Politik auch Verlierer hervorbringt, werden sie "Die offene Gesellschaft" nicht als berechtigte Ansprüche einer bestimmten Klasse verstanden, sondern individualisiert und pathologisiert.“ (Bernd Stegemann, jW vom 14.06.2017) Dies begründet bürgerliche Herrschaft und die Stabilisierung kapitalistischer Bedingungen mit all ihren Konsequenzen. Eine von vielen ist, das sich viele


Buchvorstellung:

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"Braune Jahre in der Pfalz ­ Neue Beiträge zur Geschichte einer deutschen Region in der NS­Zeit"

In dem folgenden Artikel wird der Inhalt des Buches kurz vorgestellt. Einen Beitrag des Buches möchte ich genauer beschreiben. Von: Toni „Braune Jahre in der Pfalz“ ist beim „Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde“ erschienen und wurde von Gerhard Nestler, Roland Paul und Hannes Ziegler im Jahr 2016 in zweiter Auflage herausgegeben. In den Jahren zuvor sind schon diverse andere Bücher/Beiträge zur Pfalz während der NS-Zeit erschienen. Die Herausgeber wollen laut eigener Beschreibung mit diesem Buch bestimme Aspekte der NS-Zeit in der Pfalz näher beleuchten. Insgesamt sind 15 Beiträge mit unterschiedlicher Länge von verschiedenen Autor*innen in dem Buch, welches 446 Seiten zählt, vertreten. Themen sind unter anderem „Die braune Elite. Biografische Aspekte der pfälzischen NS-Funktionäre“ , „Pfälzisches Kulturleben im Dritten Reich“ , „Presse unterm Hakenkreuz. Die pfälz. Tageszeitungen 1933 bis 1945“, „Gedenkarbeit zum Schicksal der Juden in der Pfalz, insbesondere zur Deportation nach Gurs“, aber auch Beiträge zum Thema Kirche, Justiz oder Separatisten. Etwas ausführlicher möchte ich an dieser Stelle den Beitrag „Zwischen Widerstand und Anpassung. Das pfälzische Arbeitermilieu während der NS-Zeit“ von Klaus J. Becker eingehen. Zuerst wird etwas zur Herausbildung des pfälzischen Arbeitermilieus geschrieben. Neben den großen Arbeiterparteien (SPD und KPD) gab es eine „größere, gesamtgesellschaftlich agierende Arbeiterbewegung“. Darunter sind nicht nur die großen Parteien, oder die Gewerkschaften zu verstehen, sondern auch Arbeiterhilfsorganisationen, wie die Arbeiterwohlfahrt, der Arbeiter-Samariter-Bund, Naturfreundehäuser (z.b. das in Elmstein), Konsumvereine, eine Arbeiter-Sterbekasse, oder eine Vielzahl an Bildungs-, Freizeit-, Kultur- und Sportangeboten. Im Abschnitt „Widerstand und Anpassung im Arbeitermilieu ab 1933“ geht es darum, warum die Arbeiterbewegung in ihrer Gesamtheit zu keinerlei nennenswerten Widerstand gegen die Machtübergabe der nationalkonservativen Kreise (Reichspräsident Paul von Hindenburg) an die Nazis fähig war. Als Grund für diese „Kampfunfähigkeit“ wird die tiefe Spaltung der Arbeiterbewegung (KPD und SPD) genannt,

sowie das Festhalten der SPD an der Legalität und eine KPD, die in der SPD noch immer ihren Hauptfeind sah. Aktiver oder gewaltsamer Widerstand wurde nicht geleistet; laut dem Autor waren die organisatorischen Zusammenhänge der pfälz. Arbeiterbewegung im September 1935 zerschlagen. Natürlich gab es trotzdem Widerstand und so werden Beispiele des Widerstands aus Ludwigshafen, Kaiserslautern und anderen Orten der Pfalz angeführt. Über Aufkleber, Flugblätter, Wandparolen und Versuchen sich wieder zu organisieren ging der Widerstand nicht hinaus. Die Nazis waren nicht erst repressiv, wenn Widerstand angewandt wurde, sondern auch schon im Bezug aufTraditionspflege und Gedenken von Teilen der Arbeiter. So wird ein Beispiel angeführt, in dem beschrieben wird wie die Nazis eine Gedenkfahrt der Naturfreunde zu Kriegsgräbern bei Verdun stoppten. Auch das Naturfreundehaus Elmstein wurde zu einem anderen Zeitpunkt gestürmt, verwüstet und beschlagnahmt. Auch

das Dorf Mölschbach wurde am 15. September 1933 von 200 SA, Hilfspolizei und SS Leuten besetzt und 22 Bewohner in Schutzhaft genommen. Grund hierfür war, dass das Dorf bis 1933 einen kommunistischen Bürgermeister hatte. Gleichzeitig werden Passivität und Versuche sich „in den Dienst des neuen Staates zu stellen“ beschrieben. Ein erschreckendes Beispiel für einen solchen Versuch gab der ADGB (Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund, Vorläufer des DGB) ab: Der 1. Mai war auch in dieser Zeit schon der Kampftag der internationalen Arbeiterbewegung. Die Nazis versuchten diesen Tag zum „Feiertag der nationalen Arbeit“ umzudeuten. Statt diese Umdeutung zurückzuweisen und zu boykottieren rief der Bundesvorstand des ADGB (wohl im Jahr 1933) zur Teilnahme am „Feiertag der nationalen Arbeit auf“. Das Ergebnis war, dass viele Arbeiter sich daraufhin beteiligten, was in dem Buch mit einem Foto der BASF in Ludwigshafen belegt ist, auf dem eine große Demonstration der NSBO (Nationalsozialistische Betriebsorganisation) zu sehen ist, unterlegt mit dem Kommentar „Statt Widerstand Einreihung“. Der Versuch sich anzubiedern wurde von den Nazis nicht belohnt: am Tag darauf besetzten Gruppen von SA und SS die Gewerkschaftshäuser, verhafteten z.B. sechs


Ludwigshafener Gewerkschaftssekretäre etc. . Nachfolgend werden weitere Beispiele für Widerstand und Anpassung, sowie Repression und Verfolgung durch die Nazis nach 1935 beschrieben und Zusammenhänge verdeutlicht.

Impressum:

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Neies Lautre wird herausgegeben von Mitgliedern der Anarchistischen Initiative Kaiserslautern (AI KL). Die AI ist eine Gruppe, die seit mehreren

Interessant ist auch die Beschreibung von „AntifaKomitees“, wie zum Beispiel die „Anti-Nazi-Gruppe Grünstadt“ oder die „Anti-nationalsozialistische Gruppe Frankenthal“, die sich nach der Befreiung vom Nationalsozialismus gründeten und regen Zulauf hatten. Insgesamt ein interessanter Beitrag zur Geschichte der pfälzischen Arbeiterbewegung. Die Fußnoten mit Verweisen auf Quellen und andere Bücher geben Interessierten die Möglichkeit sich umfassender mit dem Thema zu beschäftigen. Das Buch als Ganzes hat wohl aufgrund der Unterschiedlichkeit der Beiträge (Frauen, Kirche, Arbeiterbewegung, Separatisten, Justiz, Kultur etc.) für alle Interessierten etwas parat. Als Ganzes ist es ein wichtiger Beitrag um die Etablierung des Nationalsozialismus und dessen „Alltag“ in der Pfalz zu betrachten.

Jahren Vorträge und Aktionen zu verschiedenen Themen organisiert. Dabei wird ein auf Solidarität und Selbstorganisation beruhender Ansatz vertreten. Wenn du dich für eine Mitarbeit interessierst, besuche unser monatliches öffentliches Treffen im Eselsohr (Pirmasenser Straße 48, 67655 Kaiserslautern) an jedem letzten Donnerstag im Monat oder wende dich an: aikl@riseup.net Weitere Infos: www.aikl.blogsport.eu Eine Menge Infomaterial, von Büchern bis zu Broschüren zum Thema Anarchismus, aber auch zu anderen Themen (Geschichte, Antifaschismus, Migration, Feminismus, Zeitgeschehen...) findet ihr im Eselsohr. Für Öffnungszeiten beachtet die Aushänge im Laden bzw. das Monatsprogramm oder schaut auf: www.eselsohr.blogsport.eu .

Über das Buch: Gerhard Nestler, Roland Paul und

V.i.s.d.P.: Rudolf Rocker, Langgasse 36, Mainz

Hannes Ziegler (Hrsg.): Braune Jahre in der Pfalz Neue Beiträge zur Geschichte einer deutschen Region in der NS-Zeit. , Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, ISBN: 978-3-927754-85-0

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