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GUT BROT WILL WEILE HABEN

Während seine Freunde in absolute Milleniumspanik ausgebrochen sind, hat sich Zachary Golper auf eine Farm in Oregon zurückgezogen und dort die Kunst des langsam gebackenen Brotes entdeckt.

Zachary Golper leitet in Brookly das Bien Cuit [frz. „durchgegart"], ein Schlaraffenland für Freunde des langsam gegärten Brotes. Das Besondere: Das Brot wird bei ungewöhnlich niedrigen Temperaturen ziemlich lange gebacken. Und das Ergebnis: Eine dunkle, mahagonifarbene Kruste mit einem unglaublich intensivem Geschmack. Das stellt jedes normale Baguette in den Schatten.

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Im letzten Herbst haben Zachary Golper und Peter Kaminsky Bien Cuit: The Art of Bread veröffentlicht. In dem Buch erzählt Zachary, wie er die „dunkle Seite des Brots" für sich entdeckt hat, und zeigt uns Rezepte, die auch jeder Normalsterbliche ohne Großofen in der Wohnung hinbekommt.

Um mehr darüber zu erfahren, habe ich mich mit Zachary über die wissenschaftliche Seite des Backens, Millenium-Panikschieberund das Leben als Bäcker in Las Vegas unterhalten.

Hi Zachary! Du hast mal erzählt, dass, bevor du Bäcker wurdest, deine meisten Freunde total besessen waren von einem möglichen Weltuntergang und dem Millenium-Bug.

Ja, bei solchen Themen wollte ich mich einfach nur klammheimlich verdrücken. Vielleicht hing ich wegen meines niedrigen Einkommens mit so komischen Typen rum. Die waren alle überzeugt, dass die Welt untergehen würde. Manche haben ihre komplette Einstellung geändert, das war teilweise schon erschreckend. Sie haben Menschen auf einmal ganz anders behandelt.

Das war alles überhaupt nicht mein Ding. Diese Einstellung konnte ich nicht gebrauchen. Nur weil die Welt sich irgendwie verändern könnte und Geld möglicherweise keine Rolle mehr spielt, sind einige richtig ekelerregend geworden. Damals hab ich mir selbst gesagt: „Das ist nicht meins. Die Welt wird sich höchstwahrscheinlich nicht verändern und ich muss auf jeden Fall von diesen Verrückten weg."

Und so bist du auf einer Farm in Oregon gelandet?

Ja, weil mich das Thema Ernährungssicherheit extrem interessiert hat. Außerdem waren die Leute dort echt gechillt und wollten niemandem etwas Böses tun. Ich hatte eine echt tolle Zeit, ich habe nichts gemacht, nur gekocht, bin Fahrrad gefahren und habe Musik gehört. Ich konnte mich einfach ausprobieren und irgendwie herausfinden, was ich mit meiner Zeit auf diesem Planeten anfangen will. So konnte ich mich endlich auf mich selbst konzentrieren und die Natur besser verstehen, die Jahreszeiten, Pflanzen und Bäume. Und vor allem lernen, wie der Bio-Anbau funktioniert.

Damals hast du auch deinen ersten „Brot-Mentor“ getroffen?

Ja, jeden Morgen um 2 Uhr zog dieser unglaubliche Geruch in mein Zimmer. Warst du schon mal in einer Bäckerei, wo gerade Brot gemacht wird? Der Geruch hier war noch tausend Mal besser. Der Ofen stand draußen, also hat sich alles mit dem Duft nach Wald vermischt, sodass ein einzigartiges Aroma entstand.

Ich hatte keine Chance. Ich bin davon aufgewacht und war mir schnell sicher, dass ich unbedingt wissen musste, wie man das Zeug macht. Als ich ihn fragte, ob ich beim Backen zugucken darf, war er nicht sonderlich erfreut. Er hat mich einfach nur angesehen und gemeint: „Nein.“ Mehr nicht.

Er war ein absoluter Technikfeind, so ein Mensch, der kein Geld hat und keine Schlüssel oder so. Als Bäcker war er begnadet und er konnte auch tischlern und machte Stühle und Schränke und so weiter.

Irgendwann fragte ich ihn dann, ob ich ihm helfen darf und er zeigte mir, wie man auf die alte Art Brot bäckt. Ich versuchte einfach, genau das zu machen, was er machte—ich hatte ja keine Ahnung, wann ein Brot durch ist oder so, denn ich fing ja gerade erst an, backen zu lernen. Er machte das Brot noch nach traditioneller Methode, wie man noch vor tausend Jahren Brot gebacken hat, so überhaupt nicht fortschrittlich. Wir haben nur auf Stein gemahlenes Mehl verwendet, das Getreide dafür bauten wir selbst an.Sein Brot war auf Sauerteigbasis, damit es auch schön aufging. Dann hat er nur noch Salz und Wasser hinzugefügt. Weil es so kalt war, mussten wir das Brot sehr langsam gehen lassen, so wie das oft auch in Nord- und Westeuropa gemacht wird. Dadurch konnte ich perfekt lernen, wie man Brot langsam gärt. Damals wusste ich noch nicht, wie wertvoll dieses Wissen sein würde.

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