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31 Auf den Spuren des Ordens im zaristischen Russland

Auf den Spuren des Malteser-Ordens im kaiserlichen Russland unter Zar und Großmeister Paul I.

Es ist doch schön und auch mit einer gewissen Aufregung verbunden, wenn man nach all den Jahren „auf den Spuren des Ordens in der Philatelie“ noch etwas neues „altes“ entdeckt, wie es mir jetzt während einer Sammlungsauflösung erging, an der ich beteiligt war. Es war die Hinterlassenschaft eines ganzen Sammlerlebens, unzählige Alben mit Marken und Belegen aus aller Herren Länder; ein ganzes Zimmer voll ! Erfahrungsgemäß schaue ich mir schon immer die Marken der Länder genauer an, in denen Malteserorden - Spuren vermutet werden können oder sogar bekannt sind, so auch die im Russland - Album. Meine Überraschung war also groß, als ich die unten abgebildete Marke entdeckte, die praktischerweise rückseitig mit der richtigen Michel Nummer versehen war und mir später langes suchen ersparte. Links unten: UdSSR 1972, Michel Nummer 4015, Portrait des Gawriil Romanowitsch Derschawin, nach einem Gemälde von Vladimir Borowikowskij (1811). Deutlich war auf dem Portrait die Halsdekoration eines Malteser - Ritters zu sehen und als ich mir später im Michel Online Katalog mit seiner

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Gawriil Romanowitsch Derschawin (1743-1816), oben: UdSSR 1972,MiNr.4015; links: das Gemälde von Borowikowskij (1811).

praktischen Vergrößerungsfunktion die Marke genauer anschaute, entdeckte ich auf der linken Brustseite noch ein Steckkreuz des Ordens. Gawriil Romanowitsch Derschawin, geb. 1743 in Kasan, war der bekannteste russische Poet vor Puschkin. Er stieg vom einfachen Soldaten zum höchsten Offizier des Staates unter Katharina II. der Großen auf. Er war Gouverneur von Olenz (1784) und Tambow (1785), persönlicher Sekretär der Kaiserin (1791), Präsident der Wirtschaftsuniversität (1794) und Justizminister (1802). Er trat jedoch bereits 1803 von allen Ämtern zurück und verbrachte den Rest seines Lebens auf seinem Landsitz . Hier schrieb er seine Gedichte und Verse. Er starb 1816 und wurde im Kloster Chutynski Monastyr nahe Zwanka begraben. Während der Sowjetära wurde er in den Nowgoroder Kreml umgebettet, um dann nach der Auflösung der Sowjetunion wieder in seine alte Grabstätte verbracht zu werden.

Aber was hatte Derschawin mit dem Orden zu tun ? War er etwa bereits während seiner Amtszeit unter Katharina in Kontakt mit dem Orden gekommen, oder erst unter de facto Großmeister Paul I. und dessen russisch orthodoxen Großpriorat, das Paul speziell für seine orthodoxen Landsleute gegründet hatte ? Die verblüffend einfache Antwort fand ich im Buch „Die Orden von Russland“ von V.A. Durov, aus dem mir das den Malteserorden betreffende Kapitel als Kopie vorliegt: „Die Annahme des hohen Amtes (des Groß-

Abb. verkleinert. Links: Russland Ganzsache (Postkarte) Michel PSo 14, 01. Juni 1993, 1 Rubel 250. Geburtstag von Gawriil R. Derschawin.

meisters) wurde mit viel Pomp am 29. November 1798 gefeiert. Am selben Tag wurde ein Dekret veröffentlicht, das die Gründung des „Ordens des Hl. Johannes von Jerusalem“ in Russland verkündete. Dazu komponierte der Poet Derzhavin (unser Derschawin) eine begeisterte Jubel - Ode und wurde umgehend mit einem mit Diamanten verzierten Malteserkreuz belohnt.“ Dieses mit Diamanten verzierte Malteserkreuz ist auf dem Gemälde von Borowikowskij und natürlich auf der vergrößerten Briefmarke auch deutlich zu sehen.

Die im o. g. Artikel erwähnte Ordensgründung lässt sich philatelistisch schön belegen: rechts: Russland, MiNr. 707, 25. Februar 1999, Орден св. Иоанна Иерусалимского 1798

Auch der Maler W. Borowikowskij hat unseren Malteserspuren - Weg schon einmal gekreuzt, denn er ist auch der Künstler, der das uns bekannte Staatsportrait von Zar und Großmeister Paul I. schuf, dessen Kopie heute im Empfangssaal des exterritorialen Ordenssitzes Palazzo Magistrale, in der römischen Via Condotti hängt. Das Bild war 1908 ein Geschenk von Zar Nikolaus II. an den 75. Großmeister des Ordens Fra‘ Galeazzo von Thun - Hohenstein (1905-1931) !

Oben links: Russland 1207, 10. September 2004,

Paul I. als Zar und Großmeister (1798 - 1801).

Der Maler Borowikowskij selbst wurde bereits 1957 anlässlich seines 200. Geburtstages von der Post der

UdSSR geehrt (MiNr.2035), sowie 2007 anlässlich seines 250. Geburtstages von Russland:

Rechts: Russland MiNr.1411, 15. Mai 2007 Portrait des Wladimir Lukich Borowikowskij (1757 - 1825). Während meiner Recherchen zu Derschawin im Internet und im Michel Katalog (Online und Buch) bin ich auf weitere russische Marken gestoßen, von denen mindestens ein darauf Dargestellter deutlich das Ordenskreuz trägt.

Weitere Nachforschungen sind somit angesagt auch im Hinblick auf die Tatsache, dass der kaiserliche Hof-Almanach von 1813 alleine für das orthodoxe „Russische Großpriorat“ 853 und für das Katholische Großpriorat 152 Mitglieder auflistet. Dazu kommen 21 weitere Ordensangehörige die ihren Wohnsitz in Russland hatten.

Aber nun zum zweiten Fund in der Soviet - & russischen Philatelie - mit Auswirkungen bis nach Liechtenstein und Helvetien: Alexander Wassiljewitsch Suworow - Rymnikski (russisch: Александр Васильевич Суворов, wiss. Transliteration: Aleksandr Vasil'evič Suvorov) * 24.11.1729 in Moskau, † 18.05.1800 in Sankt Petersburg, war ein berühmter russischer Generalissimus und gilt bis heute als einer der größten Strategen der Neuzeit. Seine gesamte Karriere hier wiederzugeben, würde den Rahmen dieser A. V. Suvorov 1799

UdSSR 1980, MiNr. 5009, 4 Kop. auf dieser Marke ist das Ordenskreuz besonders gut zu erkennen.

Weitere UdSSR und Russland Ausgaben sind auf Seite 31 abgebildet.

philatelistisch-ordensgeschichtlichen Darstellung sprengen; nachfolgend ein mehr oder wenig kurzer Überblick: 3.November 1742 Beginn seiner militärischen Karriere, 12. Januar 1748 Korporal, 1749 Unterfähnerich, 19. Juni 1751 Sergeant, 6. Mai 1754 Leutnant 15. Dezember 1756 Premiermajor, 19. Dezember 1758 Oberstleutnant, 6. September 1762 Oberst, 3. Oktober 1768 Brigadegeneral, 12. Januar 1770 Generalmajor, 17. März 1774 Generalleutnant, 3. Oktober 1786 General, 30. November 1794 Feldmarschall, 8. November 1799 Generalissimus. Unter Zarin Katherina II. „die Große“ (* 2. Mai 1729 in Stettin als Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst-Dornburg, ab 9. Juli 1762 Kaiserin, + 17. November 1796 in St. Petersburg): Siebenjähriger Krieg 1756-1763,

Teilnahme an der Schlacht bei Kunersdorf und der Eroberung von Berlin. Feldzug gegen die polnische Konföderation von Bar 1768-1772. Russisch-Türkischer Krieg 1768-1774,

Erfolgreiche Abwehr des türkischen Angriffs vom 14. September 1773. April 1774 Sieger der Schlacht bei Koshudsha gegen 40 000 Türken. Einsatz in der Ukraine und auf der Krim. Russisch-Türkischer Krieg 1787-1791,

Sieger in der Schlacht bei Focsani. Von der Zarin zum Grafen Suworow-Rymnikski erhoben. Kaiser Franz Josef II. erhob ihn zum Grafen des heiligen Römischen Reiches. 1792 erfolgte seine Versetzung in die Ukraine. Er gründete Odessa und baute Sewastopol zur starken Festung aus. Kościuszko-Aufstand 1794 (Polen),

1794 siegte er bei Brest und zwang Warschau zur Kapitulation. Mit 64 Jahren wurde er zum Marschall der russischen Armee ernannt und erhielt die Herrschaft Kobryn. Unter Paul I., * 1754, Zar von Russland, 1796-1801, de facto Großmeister des Malteserordens 1798-1801: Zweiter Koalitionskrieg 1799-1801, Oberitalien, (mehr auf Seite 28)

Oberbefehl über die vereinten österreichisch-russischen Truppen. Sieger der Schlacht an der Adda gegen die Franzosen. Zog am 27. April in Mailand ein, siegte bei Turin und in der Schlacht an der Trebbia. Für seine militärischen Erfolge in Italien wurde er zum Fürst Italijski erhoben. 9. Februar 1799 Verleihung des Großkreuzes des Ordens des Hl. Johannes von Jerusalem. 20. März 1800 fiel Suworow beim Zaren erneut in Ungnade, wegen Nichteinhaltung von Dienstvorschriften. 18. Mai 1800 starb Suworow und wurde im Alexander-NewskiKloster beigesetzt. Die Presse und auch der russische Hof nahmen weder den Tod noch die Beisetzung offiziell zur Kenntnis.

Abbildung verkleinert

Oben: Postkarte UdSSR, Michel PSo 77, 10.01.1980, Luft (=АВИА) - ПОЧТА СССР, 1980, 4 Kopeken. Um die Zusammenhänge zur Geschichte von Liechtenstein und der Schweiz verständlich zu machen, die die Briefmarkenausgaben beider Länder rechtfertigen sollen, der nachfolgende Beitrag: Zweiter Koalitionskrieg 1799-1801 Oberitalien war 1799 wieder Schauplatz eines Koalitionskrieges. Österreichische und russische Truppen vertrieben die französischen Truppen und zerstörten die französischen Satellitenstaaten. Für das vereinte österreichischrussische Kontingent dieser zweiten Koalition wurde am 24. Februar 1799 Suworow als Oberbefehlshaber eingesetzt. Es folgten die Schlacht an der Adda am 27. April, der Einzug in Mailand am 30. April, der Fall von Turin am 22. Mai, und am 18. Juni die Schlacht an der Trebbia. Die russische Vorhut kämpfte gegen die polnische Legion unter Jan Henryk Dąbrowski. Alte Gegner aus den polnischen Feldzügen standen sich erneut und unerbittlich gegenüber. Die Schlacht bei Novi am 15. August 1799 beendete den Feldzug. Am 19. August wurde Suworow für seine Erfolge in Italien vom Zaren zum Fürst Italijski erhoben. Österreich und England wirkten auf den Zaren ein, die russischen Truppen aus Italien abzuziehen. Damit waren beide Staaten im politischen Vorteil bei den späteren Friedensverhandlungen mit Frankreich. Die Russen wurden in die Schweiz geschickt und marschierten am 7.

September 1799 ab. Am 24. September eroberten sie den St.-Gotthard-Pass von den Franzosen. Der Marsch führte weiter nach Norden, wobei die Suworow-Armee über den Kinzigpass (Chinzigpass) ins Muotatal abgedrängt wurde, und nur unter sehr hohen Verlusten am 1. Oktober über den Pragelpass und das Klöntal ein Ausbruch nach Glarus gelang. Suworow versuchte danach vergeblich, an den Walensee vorzustossen. Er musste über Elm und den bereits verschneiten Panixerpass aus dem Glarnerland ins Bündnerland ausbrechen, um nicht den nachrückenden Franzosen in die Hände zu fallen. Am 10. Oktober 1799 erreichte er Chur, von wo aus er über St. Luzisteig (die St. Luzisteig ist ein Pass und verbindet Maienfeld im Schweizer Kanton Graubünden mit Balzers in Liechtenstein) nach Österreich gelangte. Die Planungen für diese Alpenüberquerung wurden von seinem österreichischen Verbindungsoffizier, Franz von Weyrother, dem späteren Verlierer von Austerlitz, persönlich ausgearbeitet. Von den anfänglich 25.000 Mann waren nur 15.000 übrig geblieben. Insgesamt war der Feldzug in die Schweiz für die Russische Armee verlustreich, ohne militärische oder politische Bedeutung. Nach dem Feldzug war die russische Italien-Armee eigentlich nicht mehr vorhanden, und politisch war Russland in den folgenden Verhandlungen deklassiert. Am 5. Dezember erreichten die restlichen Soldaten Prag und bezogen das Winterquartier bei Dušniky. Suworows schwere Erkrankung ließ ihn den Oberbefehl abgeben. Am 20. März 1800 fiel er erneut in Ungnade, weil während des Feldzuges administrative Dienstvorschriften nicht eingehalten worden waren, die Existenz eines Stabes zur Kriegsführung war vom Zaren bei Regierungsantritt abgeschafft worden. Offiziere sollten ja nicht am Schreibtisch sitzen, sondern kämpfen. Obwohl der Zar Suworow vollständig freie Hand gewährt hatte und den Kriegsrat angewiesen hatte, dass Suworow keine Befehle, sondern nur noch Empfehlungen und Informationen bekommen solle, revanchierte der Zar sich auf diese Weise, nachdem Suworow nicht mehr benötigt wurde. Rechts, verkleinert: Maximimkarte zur Ausgabe

Liechtenstein 12. März 1984 „Berühmte Besucher Liechtensteins“:

Aleksandr Wassiljewitsch Suworow, 1730-1800

Oben: Russland - Schweiz, 24. September 1999, Gemeinschafts-Ausgabe 200. Jahrestag der Alpenüberquerung russischer Truppen unter Suworow. Rechts: 1899 wurde in der Schöllenenschlucht (Schweiz) das Suworow-Denkmal errichtet, welches an die Schlacht zwischen Russen und Franzosen in diesem unwegsamen Gelände erinnert. Das Gelände gehört im zivilrechtlichen Sinn Russland. Links die Schweiz-Ausgabe 70 & 110 Rappen, in Originalgröße. Rechts, verkleinert, die Russland- Ausgabe zu 2 x 2,50 Rubel

Weitere Soviet - & russische Suworow - Gedenkmarken 1941 - 2005 Links: UdSSR 1941, MiNr. 808, 30 Kopeken 150. Jahrestag der Erstürmung der türkischen Festung Ismail.

Rechts: UdSSR 1950, aus MiNr. 1465-69 Abb. links MiNr. 1465, 40 Kopeken, rechts MiNr. 1469, 2 Rubel zum 150. Todestag.

Links: UdSSR 1956, MiNr. 1898, 40 Kopeken zum 225. Geburtstag. Rechts: Russland 2005, MiNr. 1287 4 Rubel, zum 275. Geburtstag Suworow‘s. Leider ist bei der letzten Ausgabe nur noch ein Teil Krone des Ordenskreuzes zu sehen.

Alle Abbildungen auf dieser Seite aus dem MICHEL Online - Katalog. Suworow, als 1792 Begründer der heute nicht mehr existenten Festung Tiraspol, bekam 1979 in der drittgrößten Stadt der Moldauischen SSR ein Denkmal errichtet. Heute liegt Tiraspol auf dem Gebiet der nicht anerkannten Republik Transnistrien in Moldawien und ist dort gerne abgebildeter Hauptstadtgründer und Staatsheld, u.a. auf einigen (Rubel-) Banknoten. Quellen: Wikipedia, u.a.; E.K.H.

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