Pfarrbrief St. Martin Wegberg Mai/Juni 2020

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pfarrbrief 6-2020.qxp 18.05.20 10:09 Seite 6

Aus unserer Pfarrei

Pfarr

Brief

Mai/Juni 2020 · Seite 6

Die Kapelle Kipshoven. Ein Kleinod am Niederrhein. Teil 4 Ein kurzes Nachwort Von Hedwig Klein

In drei Artikeln habe ich Sie durch die Heiligkreuzkapelle Kipshoven geführt, sie mit Ihrer Geschichte vertraut gemacht und Ihnen einige besonders eindrucksvolle Kunstwerke nahe gebracht. Was mir dabei so durch den Kopf gegangen ist, waren Bilder aus meiner Kindheit und Jugendzeit. Ich bin in Kipshoven aufgewachsen und habe – bis auf wenige Semester während meines Studiums – immer in dem Dorf gewohnt, gelebt und mich wohl gefühlt. Die Kapelle war der Mittelpunkt für die Familien im Dorf, die fast alle katholisch waren. Jeden Sonntag wurde dort eine Hl. Messe gefeiert. Die Kapelle war bis Kipshoven, Kapelle um 1990. Fotograf: Paul Heinen, Mönchengladbach. Stadtarchiv Wegberg, Fotosammlung zum letzten Platz besetzt. In der Woche wurde der Rosenkranz gebetet. Trotz regelmäßig. Wir Kinder gingen alle Heinz Adrian, kam jeden Freitag zur dienstbesuchern; Messdiener/-Innen der vielen Hausarbeit, die die Frauen 14 Tage – also die meisten regelmäßig Probe nach Kipshoven. Der Chor sang haben ihre „Einsätze“ deutlich redamals bewältigen mussten, gingen – zur Beichte in die Pfarrkirche Beeck. an Festtagen während der Hl. Messe duziert. sie regelmäßig zu diesem Rosenkranz- Es war für fast alle Familien selbstver- und trat auch bei besonderen Anlässen, Mittwochs nachmittags betet eine gebet. ständlich, dass die Jungen Messdiener z.B. am Volkstrauertag, auf. wurden. Wir Mädchen hätten diesen Die Kapelle hatte einen Kapellenvor- kleine Gruppe älterer DorfbewohneVorne vor der Kommunionbank standen Dienst auch gerne übernommen, aber stand, der dem Kirchenvorstand in rinnen den Rosenkranz. kleine Kinderbänke. damals durften Mädchen nicht am Beeck unterstellt war, Die Männer – Wenn jemand im Dorf verstorben ist, Der Platz reichte irgendwann nicht Altar dienen; sie durften „vorbeten“, mein Vater war auch dabei – kollek- wird – wie früher – noch zum Rosenaus für die vielen Kinder, die zur Hl. d.h. z.B. die Lesung in deutscher Spra- tierten nicht nur während der Hl. Mes- kranzgebet für den Verstorbenen am Messe kamen, sodass der Kapellen- che vortragen, weil ja die Messsfeier sen, sondern sie waren mit ihren Kin- Abend vor der Beerdigung eingeladen. vorstand entschied, dass Kinder auch bis zum 2. Vatikanum in lateinischer dern auch zuständig, das Umfeld der Einen Männerchor haben wir schon noch in den ersten Bänken, die für Sprache gefeiert wurde. Kapelle sauber zu halten. Wenn be- lange nicht mehr im Dorf. Den Orgadie Erwachsenen gedacht waren, sitzen sondere Anschaffungen für die Kapelle nisten haben wir auch nicht mehr durften. Im Dorf gab es einen starken, guten gemacht werden mussten, führten sie „aus eigenen Reihen“, sondern den Vor jeder Hl. Messe konnten die Er- Männerchor. auch Haussammlungen durch – damals holen wir uns aus anderen Dörfern wachsenen beichten. Viele taten es Der Leiter des Beecker Kirchenchores, mit erstaunlich guten Ergebnissen. der Stadt.

Kipshoven, Kapelle von 1492, Umbau 1879, um 1914. Postkarte, aus der Postkartenreihe „Schöne alte Bauwerke im Kreis Erkelenz, herausgegeben von der Kreis-Bauberatungsstelle“

Und heute ? Die Kapelle ist ein „künstlerisches Kleinod“, das von vielen Interessierten vom Niederrhein und anderen Regionen besucht wird. Jeden Sonntag bieten wir eine Wortgottesfeier an. Einmal im Monat kommen Pfr. Tran oder Pfarrvikar Wolber und feiern mit einer „kleinen Schar“ von Besucher/innen eine Hl. Messe. Kinder sind nur noch selten unter den Gottes-

Für Brautämter – besonders von auswärtigen Besuchern – wird unsere Kapelle gerne in Anspruch genommen; auch hin und wieder für Taufen. Das, was früher der Küster oder die Küsterin für die Kapelle getan hat, ist heute auf mehrere Schultern verteilt. Fast alle sind schon im Rentenalter. Und die Arbeiten um die Kapelle herum werden heute „ in Auftrag gegeben“; der Bauhof der Stadt Wegberg kümmert sich um den Rasenschnitt und den fachgerechten Rückschnitt der Alleebäume. Es bleibt zu hoffen, dass die Kapelle nicht nur „historisches Kleinod“, sondern wieder „Quelle eines lebendigen Glaubens“ wird, der die Dorfgemeinschaft trägt.


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