GESUNDHEITSVERSORGUNG INLAND
„ICH HABE KEIN GELD, ALSO KANN ICH NICHT ZUM ARZT GEHEN“ Die Coronakrise hat auch in Deutschland viele Menschen hart getroffen. Einige Begegnungen in unseren Anlaufstellen.
Die Patientin
nche Angelova A verstarb im Alter von 66 Jahren © Ärzte der Welt
Anche Angelova litt unter einer quälenden Immunkrankheit, die ihren Körper mit Entzündungen und Wunden übersäte. Noch dazu war die Bulgarin Diabetikerin. Eine Infektion mit dem Coronavirus wäre für sie mit hoher Wahrscheinlichkeit tödlich gewesen. Gleichzeitig war für sie das Ansteckungsrisiko besonders hoch, denn die ältere Dame war wohnungslos und musste sich ihren Lebensunterhalt mit Flaschensammeln und Betteln verdienen. Unter diesen Umständen konnte sie sich nur schwer sozial distanzieren und die nötigen Hygieneregeln einhalten. Weil sie keine Krankenversicherung hatte, wandte sich Angelova an open.med München, die Anlaufstelle von Ärzte der Welt. Eigentlich hätte sie nach fünf Jahren in Deutschland ein Recht auf 38 / Ärzte der Welt
Grundsicherung und damit auf medizinische Versorgung. Doch Angelova hatte keine Meldebescheinigung, um nachzuweisen, dass München schon seit acht Jahren ihr Lebensmittelpunkt war. Ein dringender Krankenhausaufenthalt war nur möglich gewesen, weil die Klinik in Vorleistung gegangen war. Die ehrenamtlichen Ärzt*innen von open.med behandelten Anche Angelova. Auch die benötigten Medikamente bekam sie kostenfrei. Daneben versuchten die hauptamtlichen Mitarbeiter*innen alles, um sie in das reguläre Gesundheitssystem zu integrieren. Doch für Angelova kam die Hilfe zu spät. Anfang 2021 erreichte das Ärzte der Welt-Team die traurige Nachricht, dass sie im Alter von 66 Jahren verstorben war. Menschen, die wegen der Pandemie ihre Arbeit verloren oder Schwierigkeiten hatten, eine Stelle zu finden, wandten sich 2020 ebenfalls häufig an Ärzte der Welt. Einer von ihnen ist der Koch Luca Marino (Name geändert). Der 43-Jährige berichtete, er habe vor der Pandemie nie Schwierigkeiten gehabt, einen Job zu finden. Kurz bevor in Deutschland zum ersten Mal Geschäfte und Gastronomie schließen mussten, habe seine damali-