GESUNDHEITSVERSORGUNG INLAND
EINE ATMOSPHÄRE DER UNSICHERHEIT Mit der Coronapandemie grassierten auch die häusliche und geschlechtsbezogene Gewalt. Migrant*innen und Geflüchtete gehören zu den besonders gefährdeten Gruppen. Ein neues Projekt von Ärzte der Welt will sie dabei unterstützen, ihre Rechte wahrzunehmen und den Zugang zu Hilfsangeboten erleichtern. Beschimpfungen, Belästigungen oder gar körperliche Gewalt erleben Frauen und Menschen, die nicht als heterosexuell oder eindeutig männlich oder weiblich gelesen werden, in Flüchtlingsunterkünften häufig. Häufig tragen Enge und ein Mangel an sicheren Rückzugsorten dazu bei. Hinzu kommt das Machtgefälle zwischen Personal und Bewohner*innen. Sprachbarrieren und fehlender Zugang zu Informations- und Beratungsangeboten verhindern, dass Betroffene Hilfe erhalten. Jasmin Hassan (Name geändert) musste in einem der sogenannten Ankerzentren in Bayern regelmäßig Beleidigungen, unerwünschte Annäherungsversuche und auch körperliche Übergriffe von anderen Bewohner*innen und Mitarbeitenden der Einrichtung ertragen. „Ein Sicherheitsmitarbeiter hat mich ge40 / Ärzte der Welt
schubst und als Schlampe beschimpft.“ Aus Angst vor möglichen negativen Konsequenzen für ihr Asylverfahren meldete sie den Vorfall nicht. Die junge Frau beschrieb im Gespräch mit Ärzte der Welt-Mitarbeiterinnen eine Atmosphäre der Unsicherheit – weder Zimmer noch Duschräume ließen sich abschließen. Das Personal der Einrichtung könne zu jeder Tages- und Nachtzeit hereinkommen. Besonders für Menschen, die bereits Gewalt sowie sexuellen und/oder psychischen Missbrauch erlebt haben, sind diese Lebensbedingungen unerträglich. Das Ärzte der Welt-Projekt Reach Out will Geflüchtete und Migrant*innen besser vor geschlechtsbezogener Gewalt schützen beziehungsweise sie dabei unterstützen, nach einem Vorfall Hilfe zu finden. Dazu organisieren wir zum Beispiel Vernetzungstreffen für Ak-
I m Rahmen des EU-Projekts Reach Out werden Multiplikatorinnen ausgebildet © Ärzte der Welt