Die Mythen – Im Herzen der Schweiz

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E B O

RI E D M Y T H E N P E S

Emil Zopfi

LE

IM HERZEN DER SCHWEIZ


«Seit Jahrzehnten zufriedene Kunden mit dem Mythen-Bergseil.» So pries die 1865 gegründete Seilerei Louis Wirz in Ibach 1952 ihre Hanfseile an. Neben dem Vorwort: Die Mythen hoch über dem Vierwaldstättersee. Mit etwas Fantasie erkennt man eine Herzform. Über dem Vorwort: Phantasievolle Ansicht der Mythen mit Fünf-Franzenkapelle in Ibach. Johann Ulrich Bury (1802–1870). L’Avenue de Schwyz vers le Mythen. Aquatinta koloriert. 28,6 x 22,3 cm. Mitte 19. Jahrhundert. Neben dem Inhaltsverzeichnis: Nordaufstieg am Grossen Mythen, Blick zum Kleinen Mythen und zum Haggenspitz (rechts).

www.as-verlag.ch © AS Verlag & Buchkonzept AG, Zürich 2012 Gestaltung: Urs Bolz, Zürich Korrektorat: Pablo Egger, Speicher Druck: B & K Offsetdruck GmbH, Ottersweier Einband: Josef Spinner Großbuchbinderei GmbH, Ottersweier ISBN 978-3-909111-96-1


DIE MYTHEN IM HERZEN DER SCHWEIZ Herausgegeben von Emil Zopfi Texte: Daniel Annen, Willy auf der Maur, Xaver Büeler, Christine Doerfel, Georg Hoffmann, Fritz Ineichen, Franz Schenker, Hans Steinegger, Theo Weber, Viktor Weibel, Christa Zopfi, Emil Zopfi Fotos: Robert Bösch weitere von Josef Bettschart, Marcel Dettling, Christine Doerfel, Simone Gloor, Ernst Immoos, Urs Lötscher, Marco Volken und Vereinzelte

BERGMONOGRAFIE

18



Im Herzen der Schweiz Die Mythen sind nicht zu übersehen, sie bilden

Felswände erschlossen, die durchwegs alpinen

eine der bekanntesten Gebirgsformationen der

Charakter aufweisen.

Schweiz. Maiestätisch überragen die Spitzen

Mit etwas Fantasie erkennt man in der bei

des Kleinen und des Grossen Mythen* die um-

Künstlern beliebten Ansicht von Westen eine

liegenden Voralpenhöhen – in Sagen erscheinen

Herzform. Auch in der Geschichte des Landes

sie als versteinertes Königspaar, flankiert von

kann man die Mythen als «Herz der Schweiz»

zwei Mönchen mit spitzen Kapuzen.

bezeichnen, gehören sie doch zum Grundbesitz

Gegen dreissigtausend Menschen nehmen jedes

der Genossame Schwyz. Die Genossame der

Jahr den gut gesicherten Mythenweg mit den

Innerschweiz stehen am Ursprung der Eid-

47 Kehren unter die Füsse – Bergwanderer und

genossenschaft – dass die Mythen im Zentrum

Bergläufer, Familien mit Kindern, Schulklassen,

des Wandgemäldes im Nationalratssaal erschei-

Senioren und Feriengäste. Der Aufstieg durch

nen, zeigt ihre hohe Symbolkraft. Die Mythen

hellen Kalkfels und vorbei an dem rötlichen

gehören zum Mythos der Schweiz.

Gestein des Rotnollens ist eindrücklich, auf dem

Blättert man durchs Gästebuch des Gipfel-

Gipfel empfängt einen der Duft von Kaffee und

hauses, so wird klar, dass nicht nur Schweizerin-

frischen Nussgipfeln aus dem Gipfelhaus. Der

nen und Schweizer die Mythen in ihr Herz

Tiefblick nach Schwyz und auf den Vierwald-

geschlossen haben. In den Einträgen schwär-

städtersee, die Sicht in die Glarner und Inner-

men Menschen in allen Sprachen der Welt vom

schweizer Berge und hinaus ins Tiefland ist

Gipfelerlebnis, das sie mit eigener Muskelkraft

überwältigend. Man nennt den Grossen Mythen

und auch etwas Mut erreicht haben. Man

auch das «Matterhorn der Wanderer». Wer

spürt, wie beglückt sie sind von der einzig-

einmal oben war, kehrt immer wieder dorthin.

artigen Aura des Ortes hoch über dem Land.

Einige schaffen es über hundert Mal – im Jahr!

Die Mythen sind Teil der Geschichte der

Andere ziehen die einsamen, aber anspruchs-

Schweiz, sie haben aber auch ihre eigene fas-

vollen Wege vor, den Schafweg mit dem legen-

zinierende Geschichte. Geschrieben haben sie

dären Nollenbrünneli oder den klassischen

unter anderem die Mythenfreunde mit ihrem

Nordgrat auf den Haggenspitz und den Kleinen

unermüdlichen, anstrengenden und freiwilligen

Mythen. Kletterer haben Routen in allen

Einsatz für den Unterhalt des Weges und des

Schwierigkeitsgraden durch die hellgrauen

Gipfelhauses – und das seit 150 Jahren.

* Die Mythen werden im heutigen Sprachgebrauch meist in männlicher Form bezeichnet, also Grosser Mythen und Kleiner Mythen, so auch in den Landeskarten des Bundesamts für Landestopografie. Früher war die weibliche Form häufiger, also die Grosse Mythen. Albert Heim schreibt Panorama von der Grosse Mythe, auch Hugo Müller verwendet diese weibliche Form im ersten Mythenführer. Auch Gross Mythen und Chli Mythen kommt vor, zum Beispiel im Schwyzer Namenbuch. Je nach Vorliebe der Autorinnen und Autoren verwenden wir im vorliegenen Buch unterschiedliche Formen.



Inhalt

13 Mythen – Mythos und Marke 14 Die Mythen am Ursprung der Schweiz: «Hier ist der Anfang der Eidgenossenschaft» 20 Die Namenwelt um die Mythen: Über Mitun, Haggen, Nollen, Gspaa und Bann (Viktor Weibel) 25 Die Mythen im Reich der Sagen: Drachen, Frevler, Geister und Venediger (Hans Steinegger) 32 Mit den Mythen werben: Eine starke Marke 35 Mythen – Spuren der Geschichte 36 Das goldene Zeitalter der Mythen: «Unter Anstrengung Angst und Gefahr die Spitze erreicht» 40 Die Familie Escher von der Linth und die Mythen: «Die beynahe ganz kahlen Felsenpyramiden» 43 Georg Hoffmann: «Über Nacht in Berggeister und Kobolde verwandelt» 46 Das Kloster Einsiedeln und die Mythen: «Pater Mytherich», «Dr. Buck» und andere bergbegeisterte Benediktiner

104 Franz Anderrüthi, Pionier des Extremkletterns: «Ich habe damals nur fürs Bergsteigen gelebt» 105 Willy Auf der Maur (1928–2005): «Harmonie ist das A und O der Bergsteigerei» 106 Xaver Büeler: Im Licht der Abendsonne 109 Xaver Büeler, Sportkletterpionier an den Mythen und Direktor der Hochschule Luzern – Wirtschaft: «Klettern ist ein ideales Feld, um Kompetenzen zu entwickeln» 110 Emil Zopfi: Über alle vier Gipfel 114 Frauen am Männerberg: «Sie fürchteten, Frauen könnten besser klettern» 117 Schweizer Alpen-Club, Sektionen Mythen und Einsiedeln: «Symbol des Beständigen und Unvergänglichen» 121 Mythen – verehrt von Künstlern und Dichtern 122 Die Mythen in der Literatur: «Ungeheure Naturpyramiden» (Daniel Annen)

52 Kriegerisches rund um die Mythen: «Zwischen den Mythen von den Franzosen erschossen»

134 Albert Heim: «Das beste Panorama, das jemals gezeichnet und gedruckt wurde»

58 Alte Wege und Übergänge im Mythengebiet: Auf den Spuren von Pilgernden, Kriegstruppen, Gelehrten und Hirtinnen (Christine Doerfel)

139 Mythen – Lebensraum für Mensch und Tier 140 Grund und Boden: Wem gehören die Mythen?

65 Mythen – 150 Jahre Gipfelglück für Wanderer

143 Fritz Ineichen: Klingende, singende Wand am Grossen Mythen

66 Die Geschichte von Mythenweg und Gipfelhaus. Hunderfünfzig Jahre auf und ab

144 Robert Suter, Senn auf Zwüschet Mythen: Eine Oase der Ruhe

70 Dominik Thaddey (1830–1908), Baumeister des Mythenwegs: Vom wandernden Orgelmann zum Bauunternehmer

148 Geologische Exkursion zu den Mythen: «Zwei Felsklötze auf einem Kissen aus Flysch» (Franz Schenker)

71 Ingenieur Josef Bettschart (1843–1900), engagierter Förderer der Mythengesellschaft: Der erste Mythenfotograf 78 Jürg Lacher, Wegchef am Grossen Mythen: «Ich bin der Mann mit dem Rechen» 88 Burkhard Eggenberger, Pächter des Mythenhauses: Der schwindelfreie Gipfelwirt 89 Der Hunderterclub: «Hier oben ist man nie allein»

155 Der Staatswald ob Schwyz: Hundert Jahre Schutz und Pflege (Theo Weber) 160 Willy auf der Maur: Von Füchsen, Mythengämsen und kletternden Geissböcken 162 Schwester Maria Baptista, Einsiedlerin am Fuss der Mythen: «In der Stille der Natur Gott nahe sein» (Christa Zopfi) Anhang 164 Mythen Chronologie

91 Mythen – Die Dolo-Mythen der Kletterer 92 Klettergeschichte der Schwyzer Hausberge: Mythen, Fakten und Legenden (Xaver Büeler) 103 Hugo Müller (1883–1961), Autor des ersten Mythenführers: «Die prächtige Berggestalt der grossen Mythe lieb gewinnen»

166 Tipps und Trips 170 Literatur und Quellen 171 Bildnachweis 173 Dank


Die Mythen am Ursprung der Schweiz

«Hier ist der Anfang der Eidgenossenschaft»

Zur Linken des Zuschauers zeigen sich die Spitzen des Haken, mit Wolken umgeben; zur Rechten im fernen Hintergrund sieht man die Eisgebirge. So lautet die Regieanweisung Friedrich Schillers für den ersten Akt seines Dramas «Wilhelm Tell», das er 1804 veröffentlicht hat. Mit dem Tell hat er den Gründungsmythos der Eidgenossenschaft festgeschrieben. Mit den «Spitzen des Haken» sind die Mythen gemeint, die man damals so nannte. Es ist dieser Blick aus der Gegend des Rütli über den Urnersee zu den markanten Felszacken über Schwyz, wie er in vielen Gemälden dargestellt ist, unter anderem im grossen Wandbild im Nationalratssaal oder in der Halle des Bahnhofs Basel. Man kann die Mythen also durchaus als «Herz der Schweiz» bezeichnen, sie dominieren die Landschaft, in der sich die Gründung der Urschweiz Der Festzug auf dem Marktplatz in Schwyz 1891. Holzstich. 17,5 x 18,5 cm.

Wenn unser Parlament in Bern

vollzogen haben soll.

tagt, haben die Nationalräte und

Moderne Historiker haben den Rütlischwur

-rätinnen stets die Mythen im Blick.

zwar längst ins Reich der Mythen verbannt

Urschweiz. Blick über den Vierwaldstättersee in die Schwyzer- und Glarnerberge (rechte Seite oben).

Nicht von ungefähr. Im Gründungs-

– gewiss ist jedoch, dass die Idee der Ge-

Der Schwyzer Pannerherr auf der Brunnensäule am Hauptplatz. Figur von Johann Baptist Babel, 1768 (rechte Seite unten).

Hohes Felsenufer des Vierwaldstättersees,

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mythos der Schweiz haben sie ihren

nossenschaft in dieser voralpinen Gegend

festen Platz.

schon lange vor 1291 Fuss gefasst hatte. Eine Urkunde erwähnt die Oberallmeindkorporation von Schwyz bereits im Jahr

Schwyz gegenüber. Der See macht eine

1114. Die direkte Demokratie der Schweiz

Bucht ins Land, eine Hütte ist unweit dem

hat also hier ihre Wurzeln; die gemeinsame

Ufer, Fischerknabe fährt sich in einem

Nutzung der Wälder, der Alpweiden, der

Kahn. Über den See hinweg sieht man die

Allmenden war ein Sinn des Zusammen-

grünen Matten, Dörfer und Höfe von

schlusses, aber auch die Abwehr äusserer

Schwyz im hellen Sonnenschein liegen.

Feinde. Morgarten ist nicht weit.





«Die schönen Schweizer Haken»: Hans Conrad Escher von der Linth. Ansicht vom Etzel gegen Einsidlen, 27. August 1795. Feder, Aquarell. 9,8 x 18,8 cm (oben). «4000 Fuss hohe Obelisken»: Hans Conrad Escher von der Linth, Ansicht der kleinen Mythen vom Wirtshaus des Passes über den Schwytzerhaken, 9. Juni 1805. Feder, Aquarell. 22,7 x 50,1 cm (unten).

Anstrengung, Angst und Gefahr die Spitze

auf der Spitze stehenden Kreuze hinauf-

erreicht. Eine herrliche Aussicht, die in

tragen sollten, zurückblieb, mit der Er-

einigen Beziehungen noch diejenige des

klärung, es schaudere ihm, an diesen Ab-

Rigikulm übertrifft, war die Belohnung,

gründen hin weiter zu gehen; worauf der

die jedoch, ich gestehe es aufrichtig, aus

andere, beherztere, nachdem er den einen

Furcht vor dem schauerlichen Hinunterstei-

Balken glücklich auf die Höhe gebracht

gen nicht so von mir beachtet und genos-

hatte, wieder zurückkam, und den andern

sen werden konnte, wie sie es verdient.»

auch noch dazu abholte.»

Er nahm sich vor, «niemals mehr aus blos-

Während der «politischen Zerwürfnisse

ser Liebhaberey zum Bergsteigen in solche

im Kanton Schwyz» führte Schuler 1833

Gefahr mich zu begeben», kehrte jedoch

zwei Berner Offiziere auf den Gipfel. Durch

einige Jahre später zurück, ausgerüstet mit

ihr Fernrohr habe er die Zeit auf dem

«Bergschuhen, Alpenstock, Barometer und

Zifferblatt des Zürcher Fraumünsters ab-

Hammer», doch dieses Mal fehlte ihm die

lesen können, behauptete er.

Zeit und auch ein guter Führer, sodass er wohl nicht ohne Erleichterung verzichtete.

Hoffmanns Erzählungen

Dafür besuchte er auf dem Rückweg im

Nicht minder mutig war Schulers Sohn,

Kloster Einsiedeln das Mineralienkabinett

ebenfalls ein Johann oder Johannes. Er

des «Herrn Pater Meinrad, Professor

begleitete am 13. September 1839 Georg

der Physik», auch ein grosser Freund und

Rudolf Hoffmann (1784–1847), Kaufmann

Erforscher der Mythen.

aus Basel, auf den Gipfel, der darüber in seinem Buch «Wanderungen in der Glet-

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Während «politischer Zerwürfnisse»

scherwelt» berichtete. Den jungen Schuler

ein neues Kreuz

lobt er über alle Massen: «Mein Führer

Hirzel-Eschers Bericht beweist, dass der

war ein junger, aber untersetzter und breit-

Berg zu Beginn des 19. Jahrhunderts regel-

schultriger Mann, in dessen muskelkräf-

mässig von Einheimischen besucht wurde.

tigem Körper eine aufrichtige Herzensgüte

1822 (nach anderen Quellen 1828) errich-

wohnte. Am Fuss der Mythen aufgewach-

tete Johann Schuler wiederum ein Gipfel-

sen, kennt er alle Theile derselben so ge-

kreuz, zehn Fuss hoch, oder ersetzte das

nau, dass er auch dann nicht in Verlegen-

alte. Auch diesen Zeitpunkt könnte man

heit geräth, wenn ihn der dichteste Nebel

religiös-politisch deuten, erstarkte doch in

an den überall schroffen Abhängen jener

jenen Jahren die Regenerationsbewegung

Berge überfällt.» Im Jahr zuvor habe er das

in der Schweiz, die in mehreren Kantonen

Gipfelkreuz seines Vaters ersetzt.

zu liberalen Verfassungen führte. Schwyz

Hoffmanns ausführliche Schilderung ist,

und die Innerschweiz hielten jedoch an der

wie alle alpinen Besteigungsberichte jener

alten Ordnung fest, die erst im Sonder-

Zeit, sehr farbig und reich an Details.

bundskrieg von 1847 stürzte.

Er zitiert auch Hirzel-Escher und nahm die-

Johann Schuler muss ein mutiger Mann

selbe Route, die ungefähr dem heutigen

gewesen sein, blieb doch sein Begleiter

Weg folgt. Zur Verwunderung des Gastes

zurück bei jener Kluft, die man mit einem

riet der Führer, für das letzte Stück die

Sprung überwinden musste. «An dieser

Alpenstöcke zurückzulassen, er selber zog

Stelle war es auch, wo der eine von den

sogar seine Schuhe aus und kletterte durch

zwei Männern, welche die Balken zu dem

ziemlich grasiges Gelände voran, vorbei


an weidenden Ziegen. Die berüchtigte

Er sei «ausgeglitscht», als er ein Bündel

Kluft, offenbar am Ende des Rotnollens

überwintertes Wildheu zusammenraffen

gelegen, fand Hoffmann dann nicht so

und aufs Seil legen wollte.

schwierig, bloss eine schmale Felsrinne.

Dann nahte «der Augenblick der Erlösung»,

Wie er überhaupt Hirzel-Eschers Bericht

der Gipfel. Während er die herrliche Rund-

etwas übertrieben fand. Er bemerkte je-

sicht mit einem Fernrohr inspizierte, er-

doch, dass im Frühjahr an jener Stelle ein

zählte ihm Schuler einige Anekdoten. Etwa

Wildheuer tausend Fuss abgestürzt sei.

von einer Gruppe von jungen Leuten aus

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Das Kloster Einsiedeln und die Mythen

«Pater Mytherich», «Dr. Buck» und andere bergbegeisterte Benediktiner

von Zürich, wo er mit anderen Alpenforschern zusammentraf wie dem Botaniker, Arzt und späteren Zürcher Regierungsrat Johannes Hegetschweiler (1789–1839). Der Tödipionier Hegetschweiler war oft im Kloster zu Gast, wo er Patienten betreute. Neben Naturwissenschaften lehrte Pater Meinrad auch Philosophie, Theologie und Französisch, unternahm Reisen nach Rom und Florenz, schrieb wissenschaftliche Arbeiten, Reiseberichte und Gedichte – er war ein echter Universalgelehrter. Von seinen Exkursionen brachte er Fundstücke

Naturforscher und Mythenpionier Pater Meinrad Kälin, rechts des Globus sitzend, im Kreis von Professoren der Stiftsschule Einsiedeln. Auszug aus einer handkolorierten Fotografie des Einsiedler Fotografen Schönbächler aus dem Jahr 1856.

Vom Kloster Einsiedeln aus sind die

Vorangehende Doppelseite: Auf dem Vorgipfel des Kleinen Mythen. Nebelmeer über dem Vierwaldstättersee. Links Stoos und Fronalpstock, dahinter die Urner- und UnterwaldnerBerge, am Horizont die Berner Alpen. Rechts die Spitze von Rigi Hohfluh, der Rücken von Rigi Scheidegg, am Horizont der Pilatus.

Pater Meinrad Kälin (1789–1858) war

ans neue Kloster St. Stephan nach Augs-

zu Beginn des 19. Jahrhunderts einer der

burg berufen und wurde später dessen

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Spitzen der Mythen nicht zu sehen,

mit für die naturwissenschaftliche Samm-

doch besitzen sie seit Jahrhunderten

lung des Klosters. Als der radikale Politiker

eine grosse Anziehungskraft für

Hans Caspar Hirzel-Escher 1816 den

naturliebende und forschende Patres

grossen Mythen bestieg, besuchte er auf

und Klosterschüler. Einer von ihnen

dem Rückweg das Mineralienkabinett

bezahlte seine Bergbegeisterung mit

des «Herrn Pater Meinrad, Professor der

dem Leben.

Physik». 1835 wurde Pater Meinrad als Professor

Ersten, der den Grossen Mythen bestieg,

Prior. Im fortgeschrittenen Alter kehrte

lange bevor ein Weg hinaufführte. Der hoch-

er nach Einsiedeln zurück, lehrte weiter

gelehrte Naturforscher, Physiker, Chemiker,

naturwissenschaftliche Fächer, litt jedoch

Geologe und Anthropologe stammte aus

während der letzten Lebensjahre unter

einer Familie, die offenbar der Wissenschaft

Demenz.

und der Aufklärung nahestand, war doch sein Vater zur Zeit der Helvetik Bürger-

Benediktiner schreiben Alpingeschichte

präsident von Einsiedeln – «sonst ein

Benediktiner spielten bei der Erforschung

rechtschaffener Mann», heisst es im Pro-

der Alpen eine bedeutende Rolle. Allen vor-

fessbuch des Klosters.

an der legendäre Pater Placidus Spescha

Als Wissenschaftler war Pater Meinrad Mit-

(1752–1833) aus der Surselva, dem einige

glied der Naturforschenden Gesellschaft

Erstbesteigungen gelangen, unter anderem


die Erstbesteigung des Rheinwaldhorns im

deportiert. Auch die Benediktinerabtei von

Revolutionsjahr 1789. Die Erstbesteigung

Engelberg spielte in der Alpingeschichte

des Tödi von Süden her blieb Pater Spescha

eine Rolle, waren es doch ein Käser, ein

allerdings versagt, wie auch Hegetschwei-

Pförtner, ein Pferdeknecht und ein Schmied

ler, der den Aufstieg von Norden versuchte.

des Klosters, denen 1744 die Erstbestei-

Der aufgeklärte Geist Spescha galt als

gung des ersten Gletscherbergs der Alpen,

Franzosenfreund und wurde von den Öster-

des Titlis, gelang.

reichern eine Zeitlang nach Innsbruck

«Pater Mytherich» nannte man Pater Moritz Egger (1846–1931), der aus St. Fiden bei St. Gallen stammte. Gegen siebzig Mal habe der begeisterte Naturfreund den Grossen Mythen bestiegen, heisst es im Professbuch. Allerdings

Das Kloster Einsiedeln vor romantisch überhöhter Bergkulisse mit den Mythen. Gabriel Lory (1763–1840). Vue de l’Abbaye d’Einsiedlen et de ses Environs, dans le Canton de Schweitz. Umrissradierung, koloriert. 44,2 x 30,6 cm. Um 1790. «Pater Mytherich» Moritz Egger bestieg den Grossen Mythen gegen siebzig Mal (unten).

gab es zu seiner Zeit schon den Weg und die Gipfelhütte, wo sich Pater Moritz sicher gern einen Gipfelschoppen genehmigte. Als sogenannter Spätmesser war er mit dem Kopieren «der alten unleserlichen Tagebücher des Dekan Michael Schlageter» beschäftigt; die Wanderungen waren sicher ein Ausgleich zur sitzenden Tätigkeit in der Schreibstube. Pater Moritz betreute auch die meteorologische Station in Einsiedeln.

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Mythen – 150 Jahre Gipfelglück für Wanderer Man nennt den Grossen Mythen auch das «Matterhorn der Wanderer» – denn was für Bergsteiger der Walliser Viertausender ist, ist für Bergwanderer aus der ganzen Welt der 1898 Meter hohe Schwyzer Hausberg: ein begehrenswertes Gipfelziel, das aus eigener Kraft erreicht werden muss. Und das seit anderthalb Jahrhunderten, dank der Weitsicht der Gründer der Mythengesellschaft im Jahr 1863 und des unermüdlichen Einsatzes von Freiwilligen der Mythenfreunde bis auf den heutigen Tag. Vom Blutgericht des Alten Landes Schwyz

bezwingbar, wild und schreckhaft aus-

soll ein Landsmann wegen eines angeblich

schauenden Mythen zu machen. Kehre er

begangenen Verbrechens zum Tode ver-

heil vom Gipfel des Berges ins Tal zurück,

uteilt worden sein. Seine fortwährend

sei seine Unschuld durch göttliche Vor-

dargebrachten Unschuldsbeteuerungen

sehung bewiesen, verliere er dabei das

bewirkten die Ansetzung des sogenannten

Leben durch Absturz oder sonst wie,

Gottesgerichtes. Um durch höhere Macht,

so habe ihn Gott in gerechter Weise für

durch Gottesurteil, sich vom angedichteten

sein Vergehen bestraft. Der dem Schicksal

Vergehen zu reinigen, wurde dem Delin-

preisgegebene Landsgenosse soll den

quenten unter Erlass der Todesstrafe

Gipfel bezwungen und wohlbehalten

auferlegt, die Ersteigung des damals un-

zurückgekehrt sein. (Schwyzer Sagen)

Sicher zum Gipfel – und wieder ins Tal. Freiwillige vom Verein der Mythenfreunde sorgen mit grossem Einsatz für den Unterhalt und die Sicherung des einzigartigen Pionierwerks des Wandertourismus.

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Berg bleibt Berg. Auch die beste Sicherung schützt nicht bei fahrlässigem Verhalten (links). Keiner zu klein. Der Mythenweg bietet auch Kindern ein unvergessliches Bergerlebnis – vorausgesetzt, sie werden gut betreut (rechts). Ziel der Totalsanierung des Mythenwegs von 2005 war eine professionelle Sicherung mit einheitlichem, rostfreiem Material (rechte Seite oben).

Der Blitz fährt der Gasleitung entlang

Nicht nur Gewitter verursachen immer wie-

zum Haus und entzündet die Kellerdecke.

der Schäden, neben Mythenfreunden gibt

Wirt Albert Klein, der Ende Saison mit

es auch «Mythenfeinde», wie Chronik und

Aufräumen beschäftigt ist, kann die Keller-

Presse berichten. Schon 1891 haben

decke noch löschen, bevor er zur

böswillige Besucher ihrer Zerstörungswut

Holzegg hinabläuft und Alarm schlägt.

freien Lauf gelassen. 1995 schneiden Van-

Handys gibt es noch nicht. Ohne seine

dalen Absperr- und Sicherungsseile durch

Geistesgegenwart wäre das im Jahr zuvor

und reissen Orientierungstafeln weg. Im

renovierte Gipfelhaus auch abgebrannt.

Oktober 1996 verstopfen Unbekannte den

1984 schlägt der Blitz wieder zu und be-

WC-Spülkasten, sodass das gesammelte

schädigt die Toilette. 2006 beschädigt ein

Regenwasser abfliesst. Nachschub muss in

heftiger Blitzschlag die Solaranlage der

dem trockenen Monat der Heli hochfliegen.

neuen Hütte, verursacht einen Schaden

Am 4. November 2002 wird ins Gipfelhaus

Sind viele Menschen unterwegs, ist doppelte Vorsicht geboten – vor allem auch im Abstieg. Unachtsames Gehen, Stolpern, ein Rutscher, ein ausgelöster Stein können böse Folgen haben (rechte Seite unten).

von 14 000 Franken und reisst einen tiefen

eingebrochen. Die Berge sind Teil der

knapp einem Blitzschlag», heisst es in

Grossen Mythen, per Helikopter fachge-

80

der Chronik.

recht entsorgt.

Graben auf.

Gesellschaft, und was sich im Tal abspielt,

Mythenwirte leben gefährlich. Am 1. Au-

findet seinen Niederschlag auf den Gipfeln

gust 2010 zieht ein gewaltiges Gewitter

– im negativen wie auch im positiven Sinn.

über Schwyz hinweg, das Mythenkreuz

Einst liessen die Bergsteiger ihren Müll ein-

kann nicht entfacht werden, der Wirt

fach liegen, heute tragen ihn die meisten

Burkhard Eggenberger «entkommt ganz

im Rucksack zu Tal, oder er wird, wie vom





Besuch erhalten hat. Das Haggenspitzli wie auch der Hauptgipfel des Chli Mythen dürften ebenfalls schon lange vor der im Jahr 1907 in der Zeitschrift Alpina erwähnten Überschreitung bestiegen worden sein. Der Grosse Mythen hingegen scheint erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts erstiegen worden zu sein, denn erst für diese Periode finden sich Hinweise auf eine Besteigung. Bei den frühen Besteigungen wird aus den Berichten nicht immer klar, ob sie über den heute üblichen Weg von der Holzegg über das Chalberstöckli oder über die föhrenbewachsene Chrüzplangg (III) erfolgten, die im Volksmund «Affegartä» genannt wird. Die Pioniere erfüllte das Bewusstsein, die Grenzen des Menschenmöglichen erreicht, wenn nicht sogar überschritten zu haben. Ihre Berichte machen denn auch ausgiebig Gebrauch von einem Vokabular, das einem mittelalterlichen Heldenepos wohl angestanden wäre. Suche nach den einfachsten Linien Mit der ersten bekannten Winterbesteigung Mythen-Überschreitung. Cyrill Bösch im Kamin vor dem Gipfel des Kleinen Mythen, Blick zurück zum Haggenspitz. Der Fels am Nordgrat des Haggenspitz ist nicht immer fest. Die Kletterei verlangt Vorsicht und starke Nerven (rechte Seite oben). Gedenktafeln erinnern da und dort an verunglückte Bergsteiger (unten links). Kein Gelände für Hallenkletterer. Auch Wurzeln und Grasbüschel dienen gelegentlich als Griff (unten rechts).

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der Blick aus dem Talkessel von Schwyz

durch E. Huber im Jahr 1887 beginnt eine

ungetrübte Kletterfreuden in hellem Jura-

neue Periode: nicht mehr allein der Gipfel

kalk. Der Umstand, dass sich die Kletter-

ist das Ziel, sondern die Suche nach neuen

freuden etwas ungleich verteilen zwischen

alpinistischen Herausforderungen. Es dauert

der Nordost- und der Südwestseite des

aber nochmals dreissig Jahre, bis die starke

Berges, hat denn auch immer wieder zu

Luzerner Seilschaft Casimir Grüter, Karl

Neckereien zwischen Schwyzern und Ein-

Moor und Josef Schobinger sich in die

siedlern Anlass gegeben.

abweisende Westwand vorwagt und mit

Für die Pioniere des Bergsteigens an den

dem Wyss Wändli (III+) einen bis heute

Mythen stand aber nicht der Tanz in der

sehr beliebten Kletterpfad findet. 1910 ist

Senkrechten im Vordergrund, sondern die

es wiederum Casimir Grüter, diesmal in

schlichte Suche nach einem Weg auf die –

Begleitung von Hermann Schärli, dem mit

nach damaligem Verständnis – nahezu

dem Gelb Wändli (IV+) klettertechnisch

unbezwingbaren Gipfel. Es darf angenom-

eine deutliche Steigerung gelingt. Für diese

men werden, dass der Vorgipfel des Chli

Pionierphase ebenfalls erwähnenswert sind

Mythen über seine Westflanke, die Glätti,

die Erkletterung des markanten Adlerspitzli

schon seit Jahrhunderten von Jägern und

über den Südgrat (III+) durch Walter Hess

Sennen der umliegenden Alpen gelegentlich

und A. Pfister (1920) sowie der Nordgrat



ereilte dieses Schicksal bei einem Wächtenbruch am Fiescherhorn bereits in jungen Jahren, kurz nachdem er zusammen mit Hans Nievergelt in der Westwand durch Sebi’s Route (1977, VI-/A2) sein ausserordentliches Talent unter Beweis gestellt hatte. Thedy Ulrich machte sich auch verdient durch die Erschliessung von lohnenden einfacheren Routen, etwa der Wiss Nollen-Westwand (IV+/A0) und des «Couches Rouges»-Pfeilers (V-) zusammen mit Stefan Kessler im Jahr 1979, oder des Geissstock-Risspfeilers (V-, 1982) zusammen mit Röbi Kessler. Vom Hampeissiweg abgeKletterer im Hampeissiweg in der Westwand des Grossen Mythen. Eine Erstbegehung der später verunglückten Schwyzer Kletterer Thedy und Alois Ulrich. Kurz vor dem Gipfel des Adlerspitzli, der Felsnadel vor der Südwand des Geissstocks. Der Südgrat ist eine oft begangene, leichtere Kletterroute (unten). Selbst im Winter kann man am Geissstock im T-Shirt klettern. Bergführer Kurt Müller im Extremklassiker «Mauerläufer» (rechte Seite).

Freiklettern bis zum neunten Grad

sehen, finden auch diese Routen nur mehr

Mitte der 70er-Jahre erfolgte – wieder

wenige Wiederholer, weil sie dem Zeitgeist

einmal – ein Generationenwechsel an den

nicht entsprechen. Das ist bedauerlich,

Mythen. Zum aktivsten Erschliesser der

denn sie bieten schöne Klettereien in un-

folgenden Periode wird Thedy Ulrich, der

vergleichlicher Ambiance hoch über dem

sein Gesellenstück zusammen mit seinem

Talkessel von Schwyz. Zudem wurden viele

Bruder Alois am Grossen Mythen abliefert.

dieser Klassiker inzwischen saniert, sodass

Der Hampeissiweg (1974, VI-/A1) durch-

sie alpinen Genusskletterern guten Gewis-

zieht die Westwand im zentralen Bereich

sens empfohlen werden können.

und gilt bis heute als eine der lohnendsten

Genuss der etwas anspruchsvolleren Art

Klettereien mittlerer Schwierigkeit an den

versprechen auch einige Neutouren, die

Mythen. Beide Brüder ereilte allzu früh der

in den letzten zwanzig Jahren entstanden

Bergtod, Alois am Chli Mythen, Thedy an

sind. Die Schauplätze heissen – einmal

der Dent d’Hérens. Josef «Sebi» Gwerder

mehr – Geissstock-Südostwand, Westwand des Adlerspitzli sowie Zwüschet-MythenWand. Trotz ihrer teilweise ausserordentlichen Schwierigkeiten werden diese Routen – von zwei Ausnahmen abgesehen – kaum je wiederholt, was teilweise mit der Felsqualität oder der mangelhaften Absicherung zu erklären ist. Beide Einschränkungen treffen auf die hier abschliessend erwähnten Routen nicht zu, an deren Erschliessung ich persönlich beteiligt war. Anfang der 90er-Jahre widerhallen die Wände der Mythen erstmals vom Rattern einer Bohrmaschine. Der Mauerläufer (1991, VIII+), von Thomas Betschart und mir erstbegangen, darf als erste Freikletterroute

100

modernen Zuschnitts an den Mythen be-



Über alle vier Gipfel

wir für die paar Meter das Seil ausgepackt, es ist ja alles etwas abgespeckt und die Profilsohlen sind nass und dreckig. Bald schon der Gipfel des Haggenspitz, ein Hightech-Gipfelkreuz mit HightechGipfelbuchbüchse. Einschreiben bitte! Weit fällt das Auge ins Land, hätte man wohl früher geschrieben, aber das Auge fällt ja nicht und schon gar nicht weit. Einsiedeln, Rothenthurm, Schwyz. Schlachtfelder von einst, mal gegen die Franzosen, mal gegen das eigene Militär, welches das Hochmoor zum Waffenplatz ausbauen wollte. Und einmal, im Zweiten Weltkrieg, da marschierte ein ganzes Regiment auf, auch Eidgenossen, Also klettern wir, schön vorsichtig Schritt

gegen aufmüpfige Bauern und Schwarz-

an diesem Tag. Dabei meint man doch, die

um Schritt, den Nordgrat des Haggenspitz

händler von Steinen SZ. Der sogenannte

Mythen hätten nur zwei: den Grossen und

hoch. Mein Freund warnt vor losem Gestein,

Steiner Aufstand. Wir befinden uns also

den Kleinen. So ist das halt in den Bergen,

also noch vorsichtiger als vorsichtig, vorbei

im Herzen der Schweiz und der Schweizer-

die Wahrheit zeigt sich oft erst vor Ort. Auch

an neuen Stand- und Zwischenhaken. Wir

geschichte. Und noch eine schwarze Ge-

Vier Gipfel sind es, die wir überschreiten

bei den Churfirsten ist es so. Alle Welt

suchen das Müllerkamin, das möchten wir

schichte: Ich zeige Marco die kleine Kapelle

spricht von sieben, doch zählt man nach, so

fotografieren. Vielleicht sind wir ja schon

tief unten bei der Haggenegg, wo die

sind es wesentlich mehr. Aber lassen wir

vorbei? Haben es rechts liegenlassen, sind

Einsiedler Patres in der Franzosenzeit ihre

das, der Morgen ist kühl, die Sonne gefiltert

zu weit links geraten – etwa wegen der po-

Schwarze Madonna vergruben. Unter den

durch Nebelfetzen, der Wetterbericht ist

litischen Gespräche zuvor? Weiter also,

Benediktinern gab es auch tüchtige Klette-

ausnahmsweise gut, das Gras noch nass.

zurücksteigen macht keinen Sinn. Höher

rer; einer von ihnen stürzte zwischen Hag-

Das gibt zu denken. Einsteigen oder warten,

oben finden wir dann doch den Kamin, et-

genspitz und Kleinem Mythen in ein Couloir

bis die Sonne die Flanken trocknet? Mein

was rechts der Kante hinter einem Fels-

hinab zu Tode.

Freund, Begleiter und Fotograf Marco

zacken. Benannt ist er nach Hugo Müller,

Auf dem Gipfel des Kleinen sitzt ein einsa-

Volken geht weiter, während wir über Poli-

Arzt in Wohlen und Verfasser des ersten

mer Mann an der Sonne, grüsst, wünscht

tik reden. Und unversehens sind wir schon

Mythenführers, ein Bijou unter den Berg-

guten Abstieg. Weiter geht es über einen

im steilen Gelände, wo sich Gras und Fels-

und Kletterführern, wie man sie heute nicht

Zackengrat und dann auf einen Gipfel ohne

stufen mischen, heikel halt, aber ich trage

mehr findet. Müller hat viel Erschliessungs-

Kreuz, das gibt es tatsächlich noch, aber

meine neuen Bergschuhe, blau und extra für

arbeit geleistet an den Mythen und am Sal-

eine Tafel ist doch angeschraubt und weist

die Mythen gekauft.Vor zwei Jahren. Es gibt

bitschijen, wo es auch einen Müllerkamin

Projekte, die schiebt man so vor sich her.

gibt, am Salbitzahn. Jeder, der den Salbit-

Mal ist es zu heiss, mal zu kalt, mal zu nass,

Süd klettert, stemmt sich darin hoch. Hier

oder dann hat man anderes vor oder der

dagegen ist es eine eher zahme Sache, ein

Freund keine Zeit. Was immer. Zu nass ist es

Griff über einen Klemmblock, schon vorbei.

ohnehin in diesem Sommer, trocknen wird

Halt, Fototermin, ein bisschen posieren und

das die Sonne nicht mehr an diesem Tag.

Blick in die Tiefe; ich bin doch froh, haben

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Gipfel des Haggenspitz mit neuem Kreuz aus Aluminiumrohren und Steinmann (oben). Die letzten Felsstufen am Nordgrat vor dem Gipfel des Haggenspitz (rechte Seite).



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