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Anna Amacher Hoppler, geboren 1980, schloss 2007 mit dem Lizentiat in Geschichte an der Universität Bern ab. Sie arbeitete von 2006 bis 2010 als wissenschaftliche Mitarbeiterin für den Verband öffentlicher Verkehr und Seilbahnen Schweiz sowie von 2010 bis 2011 bei ViaStoria – Zentrum für Verkehrsgeschichte. Seit 2009 schreibt sie eine Dissertation zur Schweizer Tourismusgeschichte und assistiert dabei an der Università della Svizzera Italiana in Lugano. Anna Amacher Hoppler ist Autorin verschiedener Artikel zur Geschichte der Eisenbahn, insbesondere der BLS, zur Geschichte der Elektrizität und des Tourismus. Stephan Appenzeller, geboren 1960, schloss sein Studium in Geschichte, Geografie und Soziologie an der Universität Basel 1989 mit einer Lizentiatsarbeit über die Anfänge des innerstädtischen öffentlichen Verkehrs in Basel ab. Später bildete er sich zum eidgenössisch diplomierten PR-Berater weiter und wirkte seither in verschiedenen Funktionen in den Bereichen Kommunikation, Public Affairs u.a. für die ETH Zürich, SBB Cargo und SBB Infrastruktur. Seit 2009 ist er Leiter Unternehmenskommunikation der BLS AG. Olivier Bayard, geboren 1975, ist Leiter Public Affairs der BLS AG. Nach dem Studium der Geschichte, Politikwissenschaften und Ökonomie an der Universität Bern war er zunächst in diversen historiographischen Projekten tätig. Am Europainstitut der Universität Basel schloss er 2001 ein Nachdiplomstudium mit dem «Master of Advanced Studies in European Integration» ab. In der Folge arbeitete er als Stabsmitarbeiter, Pressesprecher und Kommunikationsverantwortlicher verschiedener kantonaler Direktionen in Bern und Zürich, ehe er 2006 zur BLS stiess. Kilian T. Elsasser, geboren 1956, schloss 1991 mit einem M.A. in Public History an der Northeastern University, Boston / USA, ab. Er arbeitete von 1992 bis 2004 als Leiter Ausstellungen, Mitglied der Geschäftsleitung und Konservator Schienenverkehr im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. 2004 gründete er die Museumsfabrik (www.museumsfabrik.ch). Er ist Autor und Herausgeber verschiedener Publikationen zur Geschichte der Eisenbahn. Seit 2012 ist er unter anderem Geschäftsführer der BLS Stiftung. Thomas Frey, geboren 1962, promovierte 1994 in allgemeiner Geschichte an der Universität Zürich. Seit 1995 ist er als freischaffender Historiker und Publizist mit den Schwerpunktthemen Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung tätig, unter anderem auch im Rahmen diverser Nationalfondsprojekte (z.B. www.bahndaten.ch).
1913 eröffnete der Kanton Bern mit der Unterstützung Frankreichs die elektrifizierte Lötschberglinie. Zahlreiche Weltrekord-Elektrolokomotiven, eine innovative Werbung, aber auch grosse finanzielle Schwierigkeiten gehören zur BLS-Geschichte. Heute ist die BLS als Regionalverkehrsund S-Bahn-Betreiberin sowie als Gütertransportunternehmen für die Zukunft gut gerüstet.
Urban Tscharland, geboren 1969, ist Partner des Beratungsunternehmens Inneco AG. 2003 schloss er das Studium der Geschichte und Philosophie mit einer Lizentiatsarbeit über die Bahngewerkschaften im Zweiten Weltkrieg ab. Von 2008 bis 2012 leitete er die Unternehmensentwicklung der BLS AG.
Elsasser · Appenzeller ISBN: 978-3-906055-06-0
www.as-verlag.ch
S E L
R P E
E B O
Mit der Eröffnung der zweiten schweizerischen Alpentransversale 1913, die in weiter Voraussicht elektrisch betrieben werden sollte, erfüllte sich der Kanton Bern den Wunsch, direkt mit Italien verbunden zu sein. Für die Finanzierung und den Bau der Lötschberglinie hatte er sich die Unterstützung Frankreichs gesichert, das ein grosses Interesse an einer Verbindung hatte, mit der das vom Deutschen Kaiserreich 1871 eroberte Elsass umfahren werden konnte. 1918, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, brachen harte Zeiten an. Frankreich hatte wieder eine direkte Verbindung
Pionierbahn am Lötschberg
nach Basel über den Gotthard nach Italien. Die BLS versuchte mit weitsichtigen technischen Lösungen, wie zum Beispiel mit der Elektrolokomotive Ae 6/8 oder dem Blauen Pfeil, die Effizienz zu steigern und mit innovativer Werbung Passagiere zu generieren. Mit Plakaten, Broschüren, mit Diavorträgen die gebucht werden konnten und sogar einem Spielfilm, wies die BLS auf die Schönheit der Landschaft hin, die mit ihr zu erreichen war. Trotzdem musste die BLS auch wegen der Wirtschaftskrise mehrere Male finanziell saniert werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich der Autoverlad von Kandersteg nach Goppenstein zu einem wichtigen Standbein. Mit dem geschickten Lobbying der Berner und Walliser in den 1990er-Jahren wurde auch der Lötschbergbasistunnel gebaut und bereits 2007 eröffnet. Die BLS musste zwar den Fernverkehr an die SBB abgeben, betreibt aber heute die S-Bahn in Bern. Die BLS Netz AG ist verantwortlich für den Betrieb des Lötschbergbasistunnels. Zum neuen wichtigen Standbein entwickelte sich mit der Bahnliberalisierung die
Kurzbeiträge von Ueli Rüegsegger, Leiter Hochbau, BLS Netz AG; Theo Weiss, ehemaliger Direktor Zugförderung und Werkstättendienst der SBB; Andreas Willich, Präsident BLS Stiftung und Leiter Personenverkehr BLS AG.
Verkehrsgeschichte im AS Verlag:
Pionierbahn am Lötschberg
BLS_Umschlag:AS Verlag
BLS Cargo AG, die in Zusammenarbeit mit der DB die Güterverkehrsangebote im alpenquerenden Verkehr stark forcierte. Von 2002 bis 2011 steigerte die BLS Cargo AG die beförderten Nettotonnenkilometer von 870 Mio. auf 3,8 Mia.!
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Pionierbahn am Lรถtschberg Die Geschichte der Lรถtschbergbahn
Herausgeber Kilian T. Elsasser Stephan Appenzeller Texte Anna Amacher Hoppler Thomas Frey Urban Tscharland Olivier Bayard Bildredaktion Heinz von Arx Fotos Christof Sonderegger BLS Archiv Staatsarchiv Bern u.a.
AS Verlag
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Inhalt
Christof Sonderegger
13 Der schönere Weg ins Wallis Anna Amacher Hoppler
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Entstehung der Lötschbergbahn 1902–1913 Eigensinn und Prestige Die Gründung der BLS 1902–1906 Wieso jetzt? Die Vorgeschichte Lötschberg oder Wildstrubel? Gottlieb Bühler und die Lötschbergbahn Wer, wie, wo? Die Bauzeit Glück und Risiko Wer zahlt? Die Finanzierung Dampf oder Strom – und welcher Strom? Wer investiert? Die MFO und ihre Motoren Wer profitiert? Die Zusammenarbeit mit der VKHW/BKW Die Eröffnung und erste Erfahrungen Ueli Rüegsegger, Theo Weiss
80 Der Bietschtalviadukt 90 Mit Anlaufschwierigkeiten zum Weltrekord: Die erste Lokomotivserie Thomas Frey
101 102 104 110 111 120 124 125 140 156 157 162 162 163
«Nur das Beste ist gut genug» 1913–1970 Böses Erwachen: Der Erste Weltkrieg Netzausbau und Partnerbahnen Hartes Brot und «frivole» Streiks Eine schwierige Periode: Die Zwischenkriegszeit Zwei weitere Sanierungen Der Publizitäts- und Filmdienst Reisen mit der BLS Glück im Unglück: Der Zweite Weltkrieg Hochkonjunktur: Das Auto kommt Ein Wunschtraum: Die «koordinierte» Verkehrspolitik Unterwegs mit «Charly X» Die Löhne steigen Weg vom Fenster? Die frühen NEAT-Planungen Ueli Rüegsegger, Theo Weiss
103 Eine neue Wagenflotte für den Einstieg in den internationalen Bahnverkehr 115 Die BLS an der Schweizerischen Landesausstellung 1939: Die Lokomotive Ae 6/8, das Schwergewicht 130 Die BLS an der Schweizerischen Landesausstellung 1939: Der «Blaue Pfeil» BCFZe 4/6, das Leichtgewicht 143 Wie die Station von Blausee-Mitholz in die Luft flog 147 Ein Wendepunkt im europäischen Lokomotivbau: Die Ae 4/4
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Urban Tscharland
167 168 172 176 178 180 182 183 184 186 187 190 191
Das neue Selbstbewusstsein 1970–2012 Der Weg zum modernsten Tunnel Europas Der Lötschberg kommt ins Spiel Politischer Streit um den Bau der NEAT Die BLS wird ein moderner S-Bahn-Betreiber Die fragmentierte Berner Eisenbahnlandschaft Die BLS unter grossem Fusionsdruck Die Basisvereinbarung als Weg in die Zukunft Die Fusion von BLS Lötschbergbahn und Regionalverkehr Mittelland Das Wachstum des Gütergeschäfts der BLS Die Liberalisierung des Schienengüterverkehrs Die Entstehung der BLS Cargo AG Die erstarkte BLS im ausgehenden 20. Jahrhundert Ueli Rüegsegger, Theo Weiss
171 Der Kanderviadukt 175 Die letzte Schweizer Vollbahnlokomotive: Die Re 465 Olivier Bayard
195 Aufbruch in ein neues Bahnzeitalter: Die BLS heute und morgen 196 Aufbruch in ein neues Bahnzeitalter 200 Der schnellere und der schönere Weg ins Wallis 202 Zunehmende Konkurrenz um knappe Trassen 204 Perspektiven: Weiterer Ausbau unerlässlich 206 Die innere Erneuerung der BLS 208 Die S-Bahn Bern: Wachstum in Zeiten angespannter Finanzen 210 Verlagerungspolitik am Scheideweg: Zur Zukunft von BLS Cargo 212 Schweizer Bahnlandschaft im Umbruch 214 Die BLS morgen – Emanzipation vom Lötschberg?
216 218 220 220 221
Anhang Anmerkungen Literaturverzeichnis Dank Bildnachweis Die BLS Stiftung
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Christof Sonderegger
Der schönere Weg ins Wallis
Auch nach Eröffnung des Lötschberg-Basistunnels 2007 ist die klassische LötschbergBergstrecke zwischen dem Berner Oberland und dem Wallis von grosser Bedeutung. Schon die Zufahrt von Thun über Spiez nach Frutigen bietet einzigartige Ausblicke auf den Thunersee und Niesen. Sie ist mit dem Autoverlad von Goppenstein nach Kandersteg eine wichtige Strassenverbindung. Ein nicht unbedeutender Teil der Güterzüge wird weiterhin über die historische Strecke geführt. Bahn- und Naturfreunde benutzen weiterhin die Bergstrecke und geniessen die Ausblicke ins Kanderund Rhonetal. Es lohnt sich auch, die Fahrt unterwegs zu unterbrechen. Die 1913 eröffnete Strecke ist mit ihrer spektakulären Linienführung mit langen Tunnels und kühnen Brücken selber ein Denkmal, das zu sehen sich lohnt. Die Strecke erschliesst wichtige Tourismusziele, wie z. B. Kandersteg und das Lötschental. Die LötschbergBergstrecke ist Ausgangspunkt für viele attraktive Wanderungen, wie zum Blausee oder der Südrampe entlang.
Mit dem Plakat von Gusset, Vogelsanger und Portmann von Anfang der 1960er-Jahre wies die BLS auf die direkte Reise ohne Umsteigen ins Wallis und vor allem nach Italien hin. Konkurrent war das Auto.
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Bei Reichenbach wechselt die Lötschberglinie auf die linke Talseite. Im Hintergrund sind links das Sigriswiler Rothorn und rechts das Niederhorn zu sehen (oben). Güterzug von BLS Cargo bei Einigen. Die markante Bergspitze rechts ist das Stockhorn (unten). Der auf Doppelspur ausgebaute Kanderviadukt bei Frutigen (rechte Seite). Der Kanderviadukt zeigt auf exemplarische Weise die Entwicklung der Brückenbautechnik: vorne die erste Brücke aus Stein, hinten die neue Brücke aus Beton (folgende Doppelseite). Nordportal des Basistunnels bei Frutigen (nachfolgende Doppelseite).
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Anna Amacher Hoppler
Entstehung der Lötschbergbahn 1902–1913 Mit dem Bau der Lötschbergstrecke erreichte der Kanton Bern zwei Ziele. Er verwirklichte seinen lange gehegten Wunsch nach einem eigenen Alpendurchstich und schuf mit dem Anschluss an den Simplon eine zweite schweizerische Alpentransversale, welche die Schweiz als internationales Transitland stärkte. Der Kanton Bern konnte auf die Unterstützung Frankreichs zählen, das nach dem Verlust des Elsass eine zweite Alpentransversale unterstützte, die Basel und den Gotthard umfuhr. Da auch in der (Nord-)Ostschweiz Pläne für eine zweite Alpentransversale bestanden und der Bund mit der Gründung der SBB beschäftigt war, galt es für den Kanton Bern, schnell, selbstständig und kostengünstig zu handeln. Der staatstragende Freisinn setzte auf den elektrischen Betrieb, der dank kantonseigener Kraftwerke wirtschaftlich günstig war. In Zusammenarbeit mit der schweizerischen Maschinenindustrie konnte der Betrieb im Sommer 1913 mit der weltweit stärksten Lokomotive aufgenommen werden. Die technische Pioniertat war Ausdruck des Optimismus der Hochkonjunkturphase vor dem Ersten Weltkrieg.
Der BLS-Gigant von 1912: Die Erstellung der BLS war ein Kraftakt in jeglicher Hinsicht. Politische Ränkespiele, wirtschaftliche Unwägbarkeiten und technische Unsicherheiten stellten grosse Herausforderungen dar. Der Gigant steht dabei für die BLS, die mit ihrer kühnen Technik und ihrer Linienführung neue Gebiete erschloss und der Schweiz zusammen mit dem Simplon zur zweiten Alpentransversale verhalf (Gestalter unbekannt).
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Arnold Gottlieb Bühler (1855– 1937) setzte seine ganze Macht ein, um einen Berner Alpendurchstich im Kandertal – und nicht im benachbarten Simmental – beginnen zu lassen.
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Gottlieb Bühler und die
(BKW), an, 1907 wurde er als Ersatz-
Elektrizitätswesen verschaffte sich
Lötschbergbahn
mann des Verwaltungsausschusses
die radikale Elite, die im politisch-
Auch Gottlieb Bühler aus Frutigen,
gewählt. Anderseits hatte er bei der
administrativen System die zentralen
der die Konzession der Spiez–Fruti-
BLS verschiedene Funktionen inne:
Positionen besetzte, «eine Vielzahl
gen-Bahn erworben hatte, kämpfte
Zuerst war er Mitglied des leitenden
zusätzlicher Positionen in den Ver-
aus lokalpolitischen Gründen weiter
Ausschusses im Initiativkomitee, ab
waltungsräten und Direktorien der
für den Lötschberg. Er setzte seine
1906 Verwaltungsrat und ab 1912
staatlichen oder staatsnahen Unter-
ganze Macht dafür ein, dass von einer
Delegierter des Verwaltungsrates für
nehmen», was teils zu einer regel-
neuen Berner Alpenbahn «sein» Kan-
Schutzbauten und Aufforstungen der
rechten Ämterkumulation führte.18
der- und nicht das benachbarte Sim-
BLS. Daneben betätigte sich Gottlieb
Dies traf nicht nur auf Gottlieb Bühler
mental profitierte. Macht hatte der
Bühler vor allem als umtriebiger Initia-
zu – er sass in den meisten von ihm
gebürtige Brienzer im Kandertal in
tor verschiedenster Projekte im Infra-
initiierten und mitinitiierten Bahnen
der Tat:15
strukturbereich: 1894 gründete er ein
und Kraftwerken im Verwaltungsrat
Zwischen 1878 bis zu seinem Tod
Elektrizitätswerk in Frutigen, zwei Jah-
oder in der Direktion –, sondern auch
am 26. April 1937 amtete er als Ver-
re darauf initiierte er die Aktiengesell-
auf seine Söhne, die bis 1926 gleiche
walter der Ersparniskasse Aeschi und
schaft für die elektrische Beleuchtung
oder ähnliche Positionen erreicht hat-
zwischen 1890 und 1937 als Bankrat
in Frutigen, 1890 die Thunerseebahn,
ten. Trotz seiner juristischen Aus-
der Kantonalbank. 1881 wurde er so-
1898 die Spiez–Frutigen-Bahn, 1904
bildung übernahm er auch techni-
wohl zum Gemeindepräsidenten als
die Niesenbahn und 1906 die Lötsch-
sche Arbeiten. Im Namen der Spiez–
auch in den Grossen Rat gewählt,
bergbahn. Zudem war er Mitbegrün-
Frutigen-Bahn leitete er die Kander-
wo er seinen Wahlkreis Frutigen als
der der BKW und der Kraftwerke
korrektion von 1900–1904 und sass
Radikaler, ab 1919 als Vertreter der
Oberhasli (KWO), einer Tochtergesell-
im technischen Ausschuss des Initia-
Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei
schaft der BKW. Dieses wirtschaftliche
tivkomitees. Als Delegierter des Ver-
(BGB) vertrat. Von 1899 bis 1922
und politische Engagement machte
waltungsrates der BLS für Schutz-
sass er im Nationalrat in der radikal-
ihn nicht nur zum «Dominator der
bauten und Aufforstungen leitete er
demokratischen Gruppe. Im Militär
Lokalpolitik im östlichen Oberland»16,
die Verbauung diverser Wildbäche,
wurde er im Jahre 1903 Oberst. Wei-
sondern bescherte ihm eine ansehn-
welche die BLS überquert, sowie
tere Ämter besetzte er einerseits in
liche Anzahl Ämter in Verwaltungs-
die Aufforstung im Rahmen der
der Elektrizitätswirtschaft: Zwischen
räten und Direktorien, wie es für die
Schutzbauten entlang der Lötschberg-
1903 und 1909 gehörte er dem Ver-
kantonalbernische radikale Elite um
linie. Für diese Aktivitäten zeichnete
waltungsrat der Vereinigten Kander-
die Jahrhundertwende üblich war.17
ihn die Eidgenössische Polytechni-
und Hagneckwerke AG (VKHW), der
Durch die Staatsinterventionen des
sche Hochschule 1935 mit dem Eh-
späteren Bernischen Kraftwerke AG
Kantons im Bank-, Eisenbahn- und
rendoktortitel aus.
Sie bekundeten kein Interesse an dem
sich ab 1906 Entreprise Générale du
handen des Initiativkomitees ein Gut-
nächsten grossen Kanal, dem Panama-
chemin de fer des Alpes Bernoises
achten, worin er den Lötschberg mit
kanal, dessen Bau im gleichen Jahr
Berne-Loetschberg-Simplon (EGL) 20
steilen Anfahrtsrampen von 30 Pro-
begann, und entschieden sich für den
nannte. Es legte 1905 drei Projekte
mille und sofortigem elektrischem
Lötschberg als Investitionsobjekt.19
vor: Lötschberg I mit 33 Promille,
Betrieb empfahl.21 Diesem Gutachten
Mit dem Vertrauensmann der Unter-
Lötschberg II mit 15,1 Promille und
folgte das Initiativkomitee am 4. Ju-
nehmensgruppe, dem Bankier Loste
Wildstrubel (Kehrsatz–Brig) mit 15
ni,22 der Grosse Rat genehmigte es
aus Paris, schloss das Initiativkomitee
Promille Maximalsteigung.
am 27. Juni 1906 in einer Sondersession.23 Zwei erstarkende Oppositions-
im August 1904 einen ersten Vertrag
Der von der Regierung als tech-
ab. Das französische Bankhaus Loste
nischer Berater des Initiativkomitees
parteien,
& Cie. war Mitglied des französisch-
gewählte
Zollinger
Partei und die Berner Volkspartei,
schweizerischen Konsortiums, das
verfasste aus diesen Vorarbeiten zu-
übten aber harsche Kritik am eigen-
Oberingenieur
die
Sozialdemokratische
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mächtigen Vorgehen der Regierung:
ten sich auf ein weiteres Gutachten,
Sozialdemokraten dieser Variante den
Weil die Staatswirtschaftskommis-
das ihr Wortführer Gustav Müller ein-
Vorzug.30 Die Routenwahl für das
sion die Unterlagen nur eine Woche
gebracht hatte.26 Weil die Stadt Bern
Berner Alpenbahnprojekt war auch
vor der Sondersession und die Finan-
Aktionärin der BLS werden sollte,
zu einer parteipolitischen Frage ge-
zierungskonvention sogar erst eine
hatte Müller als städtischer Finanz-
worden. Die Sozialdemokraten fa-
Stunde nach Sessionsbeginn erhalten
direktor27 bei Oberingenieur Moser
vorisierten
hatten,24 verlangten die Sozialdemo-
ein eigenes Gutachten in Auftrag ge-
dominierende und letztendlich sieg-
kraten und die Konservativen verge-
geben.28 Mosers Gutachten beurteilte
reiche Freisinn gab dem Lötschberg
25
blich die Verschiebung der Session.
die Rentabilität des Wildstrubelpro-
den Vorzug.
Die Sozialdemokraten lehnten das
jekts ebenfalls als günstiger als jene
Lötschbergprojekt ganz ab. Sie stütz-
des Lötschbergs.29 Deshalb gaben die
den
Wildstrubel,
der
Die BLS machte bereits fünf Jahre vor Betriebseröffnung Reklame. Das Plakat von 1908 zeigte, wie die BLS einmal die sonnig beschienenen Hänge über dem Rhonetal durchqueren würde. Ob diese Darstellung der Südrampe Touristen anlocken oder die Walliser Bevölkerung für die BLS begeistern sollte, ist dem Betrachter überlassen.
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Wie ein Tunnel entsteht: Zuerst erfolgt der Vortrieb (oben), dann der Vollausbruch (Mitte), und anschliessend wird er mithilfe eines tempor채ren St체tzger체stes aus Holz gemauert (unten). Die grosse Mehrheit der Arbeiter stammte aus Italien.
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Was für ein Ereignis! Am 31. März 1911 wurde der Lötschbergtunnel um 3.50 Uhr durchschlagen (oben links). Der Handschlag (unten) ist inszeniert und zeigt nicht die wahren Pioniere, nämlich die Mineure. Vielmehr präsentieren
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sich hier die Chefs! Von links nach rechts sind zu sehen: die beiden Unternehmer Viriot und Prud’homme; Moreau, Oberingenieur an der Südseite; Rothpletz, sein nördliches Pendant und Zürcher, Generaldirektor der EGL.
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Auch die Setzung des Schlusssteins am 22. April 1912 war dem Sektionsingenieur Zollinger ein Telegramm wert (oben rechts).
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Der Bau der Strecke barg verschiedenste Hindernisse: Bei der Tellenburg oberhalb von Frutigen musste ein Einschnitt gebaut werden (oben). Die Sarengrabenbrücke (Mitte und unten) war eine Stahlfachwerkbrücke. Der unten angebrachte Fischbauch erhöhte die Tragkraft. Beim Bau der Brücke mussten die mit Kreide angezeichneten defekten Nieten ersetzt werden. Was heute zugewachsen ist und sich harmonisch in die Landschaft einfügt, war bei der Entstehung eine offene Wunde in der Landschaft: Ausbrucharbeiten im Kehrtunnel bei Kandergrund 1910 (rechte Seite, oben) und die fertiggestellten Viadukte Fürten und Ronenwald (undatierte Aufnahme, rechte Seite, unten).
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Die Eröffnungsfeier für die Lötschbergbahn dauerte mehrere Tage. Zuerst durfte das schweizerische Parlament die Strecke besichtigen, am 27. Juni Regierung, Parlament, Gerichte und Kommissionen des Kantons Bern, und am 28. Juni fand das offizielle Eröffnungsfest statt. Zwei Festzüge (linke Seite, oben) fuhren von Bern nach Spiez, wurden dort in vier Züge aufgeteilt und von Blumenmädchen in Kandersteg (linke Seite, unten), von Lötschentaler Herrgottsgrenadieren in Goppenstein (oben) und von einer Musikkapelle im Stockalperpalast in Brig begrüsst (Mitte). Die Gruppe Mineure in ihren Arbeitskleidern in Kandersteg erinnerten an ihre verstorbenen Kollegen (unten). Die Bevölkerung sah sich die neue Bahn erst in den darauf folgenden Wochen und Monaten an. Um an den Feierlichkeiten teilnehmen zu können, musste man nämlich eine Einladung besitzen.
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des Ersten Weltkrieges im Juli 1914 bewirkte einen drastischen Rückgang des Verkehrs. Innerhalb eines Monates, zwischen dem Juli und dem August 1914, halbierten sich die Einnahmen aus dem Personenverkehr. Aber eigentlich war die BLS ja hauptsächlich für den Transport von Gütern geplant worden. Die Einnahmen aus diesem Bereich entwickelten sich relativ konstant. Auch hier übertrafen die ersten Betriebstage die Erwartungen: Eine Woche nach der Eröffnung warteten bis zu 80 Güterwagen mit Lebensmitteln in Brig Das erste Billett! Die letzte Postkutsche verliess Kandersteg am 14. Juli 1913, also noch vor der offiziellen Eröffnung. Die Fuhrhalter betrachteten die Bahnen anfänglich als Konkurrenz. Die Bahnen brachten aber mehr Gäste und mehr Waren, die die Fuhrhalter und Postkutschen weitertransportieren konnten. Auf dem Bahnhof Brig wurden Waren vom Zug auf einen Handwagen umgeladen (rechte Seite, oben). So schön dieser Personenzug auf der Bietschtalbrücke auch dahinsaust: Es ist eine Fotomontage! Er zeigt einen klassischen Personenzug der BLS, der zwischen 1913 und 1930 verkehrte (rechte Seite, unten).
auf den Weitertransport nach Norden. Die BLS transportierte von Süden nach Norden hauptsächlich Lebensmittel und in der umgekehrten Richtung Kohle. Anders als erwartet nahm die Bahn im ersten Betriebsjahr aus dem Personenverkehr mehr ein als mit dem Güterverkehr. Das relativ bescheidene Güterverkehrsaufkommen hatte wohl auch damit zu tun, dass die Gotthardroute für italienische Transporte billiger war als die SimplonLötschberg-Strecke, wie dem BLSGeschäftsbericht von 1914 zu entnehDie Bevölkerung amüsierte sich
im August 1913 statt. Auch im Dezem-
men ist.61 Zusätzlich verbilligte Italien
unterdessen an lokalen Festen in Fru-
ber jenes Jahres nahmen die Ein-
ab April 1914 die Taxen für Wein,
tigen oder Brig. Sie nahm die Bahn
nahmen aus dem Personenverkehr
Schwefel, Lebensmittel und Marmor
erst nach den Eröffnungsfeierlich-
merklich zu, als viele Wintertouristen
im italienisch-deutschen Verkehr,62
keiten in Beschlag. Gegen Ende Juli
die neue elektrische Eisenbahn nutz-
was die Betriebseinnahmen des Gü-
berichteten die Zeitungen wiederholt
ten, um nach Kandersteg und Adel-
terverkehrs ab Mai 1914 wieder sinken
von erfolgreichen Ausflügen von Ver-
boden zu fahren. Die BLS verzeich-
liessen. Jedenfalls nahmen die Erträ-
einen, Hochschulen, Institutionen und
nete aber von Anfang an auch Tran-
ge aus dem Güterverkehr im Verlauf
Sonntagsausflüglern.
und
sitpassagiere, die die neue Nord-Süd-
des ersten Betriebsjahrs ab. Langfri-
Arbeitervereinigungen interessierten
Verbindung zu schätzen wussten.
stig gesehen machten die Einnahmen
sich ebenso für die neue Linie wie die
Der Bund berichtete, dass bereits am
aus dem Warenverkehr aber immer-
Angestellten der Universität.
zweiten Tag nach Betriebsaufnahme
hin rund 50–60 Prozent des Totals aus.
viele Transitpassagiere mit Gepäck
In den Spitzenjahren 1920 und 1921
Bauern-
Die zahlreichen Ausflügler und
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Diese erfreu-
Ausflüglerinnen liessen die Einnah-
die BLS benutzten.
men in die Höhe schnellen. Viele
lichen Erfahrungen dauerten aller-
der Betriebsbesichtigungen fanden
dings nicht lange an. Der Ausbruch
erreichten sie 72 Prozent, 1940 und 1941 sogar über 75 Prozent.
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Der auf Holl채ndisch verfasste Reisef체hrer zeigt auf dem Titelbild, wie sich die BLS im Gebiet der Ruine der Felsenburg mittels Kehren nach Kandersteg hinaufschl채ngelt. Daneben eine auf die BLS-Linie zugeschnittene Landkarte aus dem Jahr 1945. Darunter ein zweisprachiger Prospekt von 1939 mit einem Beschrieb der Strecke. Raus aus dem Nebel, hinauf an die Sonne, 1940 (Gestalter: Armin Bieber, rechte Seite).
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Im Zuge der Inbetriebnahme der Lötschberg-Basisstrecke erneuerte die BLS ihren Fahrzeugpark für die Intervention und den Streckenunterhalt. Unter anderem beschaffte sie drei Diesellokomotiven des Typs Am 843 (oben), 10 neue Störungsinterventionsfahrzeuge des Typs Tm 235 (unten) und 13 selbstfahrende Erhaltungsfahrzeuge des Typs XTmas mit modularen Aufbauten (rechte Seite, oben). Rettungsübung im LötschbergBasistunnel. Die Interventionsorganisation für die Basisstrecke umfasst über 250 speziell für den Einsatz im Basistunnel ausgebildete Fachkräfte, welche eine permanente Einsatzbereitschaft sicherstellen. Dazu gehören neben den Betriebswehren der Bahn auch lokale Feuerwehrleute, Chauffeure und Angehörige von Sanität und Polizei (rechte Seite, unten).
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Transitachse von Gümligen bis nach Domodossola.2 Weiter entstanden in Frutigen markante neue Bauten für die Intervention, die Rettung sowie den Unterhalt der Lötschbergachse. Gleichzeitig konnte die BLS einen grossen Teil ihres Rollmaterialparks für die Instandhaltung und die Intervention erneuern und damit punkto Effizienz, Sicherheit und Arbeitsqualität bedeutende Verbesserungen realisieren.3 Die Inbetriebnahme dieser hochmodernen Anlagen und Maschinen katapultierte die BLS an die Spitze der weltweiten bahntechnischen Entwicklung. Das damit verbundene Prestige stärkte die BLS auch als Akteurin in internationalen Bahngremien, wo sie sich heute mit grossem Engagement für die Weiterentwicklung der Lötschberg–Simplon-Achse einsetzt – des zentralen Teils des grössten europäischen Transitkorridors Rotterdam– Genua.
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Werbesujet des BLS Autoverlads nach der Inbetriebnahme des Lötschberg-Basistunnels (Gestaltung: erdmannpeisker, Biel).
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Die Wanderung entlang der Südrampe ist eine der Hauptattraktionen im Verkehrsgebiet des «Lötschbergers» (rechte
Doppelstock-Intercity der SBB beim Nordportal des Lötschberg-Basistunnels. Die Fahrzeitgewinne von über einer Stunde
Seite, oben).
zwischen Wallis und Mittelland lösten einen Nachfrageboom aus: Zwischen 2007 und 2011 stieg die Anzahl der Passagiere um 74% (rechte Seite, unten).
Norditalien rücken gegenüber 2007
nel als den «schöneren Weg ins
um über eine Stunde näher an das
Wallis». Hier liegt vielleicht die gröss-
Mittelland, was einen in seinem Aus-
te Innovation: Der Lötschberger ist
mass unerwarteten Nachfrageboom
nämlich nicht nur ein Zug, sondern
auslöste. Durchquerten vor Eröffnung
auch eine Vermarktungsplattform für
des
durchschnittlich
Ausflugsreisen in die ganze Region.
7600 Personen pro Tag den Lötsch-
Die BLS hat diese zusammen mit
berg, waren es 2011 deren 13 200 – ein
über 30 Tourismuspartnern aufge-
Wachstum von 74 Prozent!4
baut. Damit wird die «Lötschberg-
Basistunnels
Wesentliche Neuerungen brachte
bahn» 100 Jahre nach ihrer Inbetrieb-
die NEAT auch auf der Bergstrecke, wo
nahme zum neu belebten Rückgrat
nach der Verlagerung des Fernver-
und Integrationsmotor der regionalen
kehrs in den Basistunnel mit dem so-
Tourismusdestinationen.
genannten «Lötschberger» eine neue
Auf das dritte Personenverkehrs-
Regio-Express-Verbindung zwischen
angebot der Lötschbergachse, den
Bern und Brig eingeführt wurde. Für
Autoverlad, zeitigte die Basislinie nur
die BLS bedeutete dies nach der
indirekte Auswirkungen. Zwar gingen
Abtretung des Fernverkehrs an die
dessen Frequenzen infolge der neuen
SBB im Jahre 2004 die Rückkehr als
Intercityverbindung durch den neuen
Personenverkehrsanbieterin auf ihre
Tunnel leicht zurück, aber das nach-
ursprüngliche Stammstrecke. Dabei
frageorientierte Grundangebot be-
bewies das Unternehmen gleich in
steht weiterhin: Je nach Verkehrs-
mehrfacher Hinsicht Innovationskraft:
aufkommen verdichtet die BLS den
Die neu beschafften Triebzüge ver-
Halbstundentakt der Autozüge zwi-
fügen über automatische Kupplun-
schen Kandersteg und Goppenstein in
gen. Sie ermöglichen ein Flügelzug-
Spitzenzeiten auf bis zu 8 Züge pro
konzept, das auf Schweizer Normal-
Stunde und Richtung. Darüber hinaus
spuren in dieser Form neuartig ist:
verkehren von April bis Oktober direk-
Kompositionen ab Bern werden in
te Autoverladezüge zwischen Kander-
Spiez getrennt, wobei ein Zugteil in
steg und Iselle (I) an der Südrampe der
Richtung Kandersteg–Brig, der andere
Simplonlinie.
Der schnellere und der schönere
in Richtung Zweisimmen weiter ver-
Weg ins Wallis
kehrt. So können sowohl Trassen als
Für den Personenverkehr bedeutete
auch Traktionsressourcen eingespart
die Eröffnung des Lötschberg-Basi-
werden. Eine weitere Besonderheit
stunnels einen Quantensprung im An-
des Lötschbergers liegt darin, dass er
gebot. Auf der neuen Strecke beste-
sowohl ein Pendler- als auch ein Tou-
hen heute stündliche Intercityverbin-
rismuszug ist. Während er das Ober-
dungen der SBB zwischen Bern und
land wie eine beschleunigte S-Bahn
Brig sowie täglich sechs internationa-
an die Hauptstadt anbindet, wird er
le Verbindungen zwischen Basel und
auf der geschichtsträchtigen Berg-
Milano. Mit 200 Stundenkilometern
strecke zum Panoramazug, der die
erreichen diese Reisezüge im Lötsch-
Reise zum Erlebnis macht. Entspre-
berg-Basistunnel die höchste derzeit
chend bewirbt die BLS ihr neues An-
auf dem Schweizer Bahnnetz gefahre-
gebot in Anspielung auf die schnellere
ne Geschwindigkeit. Das Wallis und
neue Verbindung durch den Basistun-
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Anna Amacher Hoppler, geboren 1980, schloss 2007 mit dem Lizentiat in Geschichte an der Universität Bern ab. Sie arbeitete von 2006 bis 2010 als wissenschaftliche Mitarbeiterin für den Verband öffentlicher Verkehr und Seilbahnen Schweiz sowie von 2010 bis 2011 bei ViaStoria – Zentrum für Verkehrsgeschichte. Seit 2009 schreibt sie eine Dissertation zur Schweizer Tourismusgeschichte und assistiert dabei an der Università della Svizzera Italiana in Lugano. Anna Amacher Hoppler ist Autorin verschiedener Artikel zur Geschichte der Eisenbahn, insbesondere der BLS, zur Geschichte der Elektrizität und des Tourismus. Stephan Appenzeller, geboren 1960, schloss sein Studium in Geschichte, Geografie und Soziologie an der Universität Basel 1989 mit einer Lizentiatsarbeit über die Anfänge des innerstädtischen öffentlichen Verkehrs in Basel ab. Später bildete er sich zum eidgenössisch diplomierten PR-Berater weiter und wirkte seither in verschiedenen Funktionen in den Bereichen Kommunikation, Public Affairs u.a. für die ETH Zürich, SBB Cargo und SBB Infrastruktur. Seit 2009 ist er Leiter Unternehmenskommunikation der BLS AG. Olivier Bayard, geboren 1975, ist Leiter Public Affairs der BLS AG. Nach dem Studium der Geschichte, Politikwissenschaften und Ökonomie an der Universität Bern war er zunächst in diversen historiographischen Projekten tätig. Am Europainstitut der Universität Basel schloss er 2001 ein Nachdiplomstudium mit dem «Master of Advanced Studies in European Integration» ab. In der Folge arbeitete er als Stabsmitarbeiter, Pressesprecher und Kommunikationsverantwortlicher verschiedener kantonaler Direktionen in Bern und Zürich, ehe er 2006 zur BLS stiess. Kilian T. Elsasser, geboren 1956, schloss 1991 mit einem M.A. in Public History an der Northeastern University, Boston / USA, ab. Er arbeitete von 1992 bis 2004 als Leiter Ausstellungen, Mitglied der Geschäftsleitung und Konservator Schienenverkehr im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. 2004 gründete er die Museumsfabrik (www.museumsfabrik.ch). Er ist Autor und Herausgeber verschiedener Publikationen zur Geschichte der Eisenbahn. Seit 2012 ist er unter anderem Geschäftsführer der BLS Stiftung. Thomas Frey, geboren 1962, promovierte 1994 in allgemeiner Geschichte an der Universität Zürich. Seit 1995 ist er als freischaffender Historiker und Publizist mit den Schwerpunktthemen Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung tätig, unter anderem auch im Rahmen diverser Nationalfondsprojekte (z.B. www.bahndaten.ch).
1913 eröffnete der Kanton Bern mit der Unterstützung Frankreichs die elektrifizierte Lötschberglinie. Zahlreiche Weltrekord-Elektrolokomotiven, eine innovative Werbung, aber auch grosse finanzielle Schwierigkeiten gehören zur BLS-Geschichte. Heute ist die BLS als Regionalverkehrsund S-Bahn-Betreiberin sowie als Gütertransportunternehmen für die Zukunft gut gerüstet.
Urban Tscharland, geboren 1969, ist Partner des Beratungsunternehmens Inneco AG. 2003 schloss er das Studium der Geschichte und Philosophie mit einer Lizentiatsarbeit über die Bahngewerkschaften im Zweiten Weltkrieg ab. Von 2008 bis 2012 leitete er die Unternehmensentwicklung der BLS AG.
Elsasser · Appenzeller ISBN: 978-3-906055-06-0
www.as-verlag.ch
Mit der Eröffnung der zweiten schweizerischen Alpentransversale 1913, die in weiter Voraussicht elektrisch betrieben werden sollte, erfüllte sich der Kanton Bern den Wunsch, direkt mit Italien verbunden zu sein. Für die Finanzierung und den Bau der Lötschberglinie hatte er sich die Unterstützung Frankreichs gesichert, das ein grosses Interesse an einer Verbindung hatte, mit der das vom Deutschen Kaiserreich 1871 eroberte Elsass umfahren werden konnte. 1918, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, brachen harte Zeiten an. Frankreich hatte wieder eine direkte Verbindung
Pionierbahn am Lötschberg
nach Basel über den Gotthard nach Italien. Die BLS versuchte mit weitsichtigen technischen Lösungen, wie zum Beispiel mit der Elektrolokomotive Ae 6/8 oder dem Blauen Pfeil, die Effizienz zu steigern und mit innovativer Werbung Passagiere zu generieren. Mit Plakaten, Broschüren, mit Diavorträgen die gebucht werden konnten und sogar einem Spielfilm, wies die BLS auf die Schönheit der Landschaft hin, die mit ihr zu erreichen war. Trotzdem musste die BLS auch wegen der Wirtschaftskrise mehrere Male finanziell saniert werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich der Autoverlad von Kandersteg nach Goppenstein zu einem wichtigen Standbein. Mit dem geschickten Lobbying der Berner und Walliser in den 1990er-Jahren wurde auch der Lötschbergbasistunnel gebaut und bereits 2007 eröffnet. Die BLS musste zwar den Fernverkehr an die SBB abgeben, betreibt aber heute die S-Bahn in Bern. Die BLS Netz AG ist verantwortlich für den Betrieb des Lötschbergbasistunnels. Zum neuen wichtigen Standbein entwickelte sich mit der Bahnliberalisierung die
Kurzbeiträge von Ueli Rüegsegger, Leiter Hochbau, BLS Netz AG; Theo Weiss, ehemaliger Direktor Zugförderung und Werkstättendienst der SBB; Andreas Willich, Präsident BLS Stiftung und Leiter Personenverkehr BLS AG.
Verkehrsgeschichte im AS Verlag:
Pionierbahn am Lötschberg
BLS_Umschlag:AS Verlag
BLS Cargo AG, die in Zusammenarbeit mit der DB die Güterverkehrsangebote im alpenquerenden Verkehr stark forcierte. Von 2002 bis 2011 steigerte die BLS Cargo AG die beförderten Nettotonnenkilometer von 870 Mio. auf 3,8 Mia.!