Zweigstelle Westschweiz/Wallis
Machbarkeitsstudie Innovationspark Raron – Turtmann Juni 2009
Verantwortlich: Team A
Machbarkeitsstudie Innovationspark Raron – Turtmann Juni 2009
Verantwortlich: Team A
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Inhalt
Teil 1: Einleitung
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Teil 2: Swiss Innovation Park – Zweigstelle Westschweiz / Wallis 2.1 Stiftung Forschung Schweiz 2.2 Herausforderungen des Vereines „Machbarkeit Stiftung Forschung Schweiz“ 2.3 Das geplante Business-Modell für die Stiftung Forschung Schweiz 2.4 Swiss Innovation Park Westschweiz
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Teil 3: Die spezifischen Standortgegebenheiten im Wallis im Allgemeinen und im Raum Raron – Turtmann im Speziellen 3.1 Überblick über die Erfolgsfaktoren 3.2 Die Standortfaktoren des Wallis 3.3 Übergeordnete Standortfaktoren 3.4 Strategische Erfolgsfaktoren 3.5 Das Konzept Raron – Turtmann 3.6 „Pilotprojekt“ für Dübendorf
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Teil 4: Das Cluster – Konzept 4.1 Warum ein Cluster von innovativ tätigen Firmen und Institutionen? 4.2 Innovationspark für Energie (in Turtmann) 4.3 Innovationspark für Alpines Riskmanagement (in Raron) 4.4 „Swiss Alpine Hut“ als Modell für hochalpines Bauen
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Teil 5: Voraussetzungen zur Umsetzung / Realisierung 5.1 Politischer Wille 5.2 Notwendige raumplanerischen Voraussetzungen 5.3 Trägerschaft
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Teil 6: Vorschläge zum weiteren Vorgehen
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Teil 7: Gesamtbeurteilung
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Teil 8: Anhang
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Turtmann
6 Raron
Einleitung
In Raron und in Turtmann bestehen ehemalige Militärflugplätze, welche seit einiger Zeit nicht mehr für den militärischen Flugbetrieb genutzt werden. Die Böden, auf denen sich die Flug- und Rollpisten sowie verschiedene Nebenanlagen befinden, hat das VBS zu einem grossen Teil an die beiden Standortgemeinden sowie an den Kanton abgetreten. In der Suche nach einer sinnvollen Nachnutzung dieser Böden sowie nach neuen wirtschaftlichen Impulsen für die Weiterentwicklung prüfen die Gemeinden die Machbarkeit eines Innovationsparks. Sie lehnen sich dabei an die ähnlichen Bemühungen in Dübendorf an. Dort ist die Gründung einer „Stiftung Forschung Schweiz“ geplant, um über diese auf einem Teil des Areals des Militärflugplatzes ab 2017 den ersten Schweizer Innovationspark aufzubauen. Das Ziel besteht darin: „...grosse internationale Unternehmen anzusiedeln, um gemeinsam mit den Schweizer Universitäten und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen zu forschen und die Erkenntnisse in Innovationen umzusetzen. Durch die räumliche Konzentration der gesamten Wertschöpfungskette von der Forschung über die industrielle Fertigung bis hin zur Anwendung wird Wissen effizient transferiert und ein grosses Kreativitätspotential freigesetzt.“ Der Swiss Innovation Park ist eine Vision, die den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz über viele Jahrzehnte stärken wird. Der Bundesrat, die Standortgemeinden des Flugplatzes und die Universitäten haben sich bereits für einen Innovationspark in Dübendorf ausgesprochen...“ 1 Die zur Realisierung der Vision geplante Stiftung Forschung Schweiz soll nicht nur den Standort Dübendorf sondern auch gleiche oder ähnliche Bemühungen in der Westschweiz unterstützen.
grossen Teil durch die Gemeinden vom VBS zurückgekauft worden sind oder zum Dispositionsbestand des VBS gehören. Motiviert durch Medienberichte und die Machbarkeitsstudie für einen nationalen Innovationspark vom September 2007 sowie im Bestreben, neue Arbeitsplätze anzuziehen, ist im Wallis die Idee entstanden, die Möglichkeiten zur Nutzung der stillgelegten Militärflugplätze von Raron und Turtmann in einer ähnlichen Art zu prüfen, dies quasi als komplementäre Zweigstelle von Dübendorf. Initiant und Förderer dieser Idee ist Dr. Kurt Grünwald. Die Gemeinden Raron und Turtmann haben deshalb im März 2008 ein Team, genannt „Team A“, mit der Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie für einen Innovationspark auf den Arealen ihrer ehemaligen Militärflugplätze beauftragt. Dieses Team setzt sich wie folgt zusammen: Stany Andenmatten, Volkswirtschafter und Raumplaner, Grächen Dr. Carlo Imboden, Betriebwirtschafter und Unternehmer, Bern Anton Ruppen, Architekt und Siedlungsplaner, Brig Hans Ruppen, Grafiker, Turtmann Patrick Z'Brun, Unternehmer und Betriebswirtschafter, Siders
1 Verein Machbarkeit Stiftung Forschung Schweiz: Swiss Innovation Park: Quantensprung für den Wirtschaftsstandort Schweiz im 21. Jahrhundert; Information für Gönner und Partner, August 2008, S. 5.
In einer ähnlichen Situation wie die Standortgemeinden des Militärflugplatzes Dübendorf befinden sich auch die Gemeinden Raron und Turtmann, mit dem Unterschied, dass die dort bestehenden Militärflugplätze, wie oben erwähnt, bereits seit einigen Jahren nicht mehr genutzt werden und dass die entsprechenden Böden zu einem
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Dem Team zur Seite stand eine Arbeitsgruppe, bestehend aus folgenden Mitgliedern: Dr. Kurt Grünwald, Direktor der Fernfachhochschule Schweiz, Brig als Präsident der Arbeitsgruppe, Daniel Troger, Gemeindepräsident, Raron Markus Ruffener, Burgerrat, Raron Martin Leiggener, Gemeindepräsident, Turtmann Simon Graber, Gemeindevizepräsident, Turtmann Francois Seppey, Chef der kantonalen Dienststelle für Wirtschaftsentwicklung, Sitten Stefan Bumann, Chef der kantonalen Dienststelle für tertiäre Bildung, Sitten
In der Bearbeitungszeit von Anfangs April 2008 bis Ende September 2008 haben die Beauftragten und die Arbeitsgruppe an regelmässigen Informations- und Beratungssitzungen die Möglichkeiten und Grenzen der Machbarkeit erörtert. Dabei sind auch die Entwicklungen einerseits zur Gründung der „Stiftung Forschung Schweiz“ und zum Vorhaben „Swiss Innovation Park“ und anderseits gleich oder ähnlich gelagerte Bemühungen und Projekte sowohl in der Schweiz wie auch international besprochen worden. Eingehende Analysen der konkreten Gegebenheiten und Möglichkeiten auf den Gebieten der Gemeinden Raron und Turtmann haben zur Erkenntnis geführt, dass Forschungsbereiche zu suchen sind, welche die konkret vorhandenen naturräumlichen Bedingungen des Wallis experimentell nutzen können. Es werden deshalb Vorschläge unterbreitet für die Bildung von Innovations Cluster in den Bereichen Energie sowie Alpines-Riskmanagement. Der vorliegende Bericht hält die Ergebnisse der durchgeführten Machbarkeitsabklärungen fest und soll den Gemeinden und den weiteren interessierten Kreisen als Grundlage für die Entscheide zum weiteren Vorgehen dienen. Er geht über die reine Beurteilung der Machbarkeit hinaus und liefert bereits konkrete Vorschläge zur Umsetzung.
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Teil 2: Swiss Innovation Park – Zweigstelle Westschweiz/Wallis
2.1 Stiftung Forschung Schweiz Unter dem Namen „Machbarkeit Stiftung Forschung Schweiz“ besteht ein Verein mit Sitz in Bern. Dieser steht unter der Leitung des Präsidenten NR Ruedi Noser. Dieser Verein hat sich zum Ziel gesetzt, die Machbarkeit eines internationalen Forschungs- und Innovationsparkes am heutigen Standort des Militärflugplatzes Dübendorf zu prüfen. Basisidee der Vision ist es, Liegenschaften im Dispositionsbestand des VBS in einen internationalen Forschungsplatz umzunutzen – zwecks nachhaltiger Stärkung des Wissens- und Forschungsplatzes Schweiz. Der Bundesrat hat sich am 14. März 2008 grundsätzlich positiv zur Gründung einer „Stiftung Forschung Schweiz“ geäussert – dies in Beantwortung eines gleichlautenden Postulates der FDP-Fraktion vom 15. März 2006 2 . Am 15. Oktober 2008 schliesslich hat der Bundesrat explizit beschlossen, den Innovationspark zu unterstützen, und dem Parlament empfohlen, die Motion anzunehmen. 3 Neben dem Bundesrat haben sich auch die Standortgemeinden des Flugplatzes und die Universitäten mit ihren Annexanstalten positiv zur Gründung eines Innovationsparkes in Dübendorf ausgesprochen. Offen ist die Haltung des Kantons Zürich. Diese ist insofern von grosser Bedeutung, als auf kantonaler Ebene in der Raum- resp. Richtplanung über eine allfällige Umnutzung des Flugplatzareals mit entschieden werden muss. Zurzeit sind die Vorbereitungsarbeiten für die Gründung der Stiftung unter Bundesaufsicht im Gange. Vollzogen werden soll die Gründung, sobald der Regierungsrat des Kantons Zürich sich verbindlich und positiv zur Umnutzung des Areales in Dübendorf in einen Innovationspark geäussert hat. Dies dürfte frühestens Ende 2009 der Fall sein.
2.2 Herausforderungen des Vereines „Machbarkeit Stiftung Forschung Schweiz“ Zurzeit kämpft der Verein mit Schwierigkeiten, welche die rasche Umsetzung der Vision behindern. Zu diesen Schwierigkeiten gehören unter anderem die folgenden: » Von Seiten des VBS liegen keine verbindlichen Beschlüsse vor, ab wann und welche Teile des Areales Militärflugplatzes in Dübendorf in den Dispositionsbestand überführt werden. » Nach heutiger Einschätzung wird das VBS frühestens 2014 Boden in Dübendorf aus dem genutzten Bestand ausscheiden. Da das Projekt auf kantonaler Ebene politisch umstritten ist, könnte die Schaffung der raumplanerischen Voraussetzungen zur Umnutzung der Areale weitere ein bis zwei Jahre beanspruchen. Damit könnte mit der eigentlichen Umnutzung der ersten Arealteile erst etwa im Jahre 2016/17 begonnen werden. Somit entsteht zeitlich eine lange Durststrecke zwischen der Gründung der Stiftung und der Umsetzung der geplanten Massnahmen. » Umstritten ist ebenfalls die Frage, ob es mit dem föderalistischen Gedanken unserer Demokratie verträglich ist, wenn die Umnutzung von Militärarealen für Forschungszwecke allein auf den Flugplatz Dübendorf beschränkt bleibt. 2 Zur Gründung einer „Stiftung Forschung Schweiz“, Bericht des Bundesrates in Beantwortung des gleichlautenden von der FDP-Fraktion eingereichten Postulates 06.3050 vom 15. März 2006, Bern 14. März 2008. 3 Bundesrat unterstützt Innovationspark, im Tages-Anzeiger vom 16.10.2008
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2.3 Das geplante Business-Modell für die Stiftung Forschung Schweiz Es ist geplant, dass der Bund – nach Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Subventionsgrundlage – die nicht mehr benutzten Areale im Baurecht an die Stiftung abtritt, ohne dafür Baurechtszinsen zu verlangen. Die Stiftung selbst funktioniert als Vermarktungsgesellschaft der Liegenschaften und gibt die Grundstücke im Baurecht an die interessierten Investoren ab – unter Einforderung eines marktüblichen Baurechtszinses. Allfällige Gewinne der Stiftung sollten wiederum an den Bund zurück fliessen zwecks Förderung der nationalen Forschungstätigkeit (z.B. via KTI und Nationalfonds).
2.4 Swiss Innovation Park Westschweiz Politisch wird vorgebracht, dass der Swiss Innovation Park nicht auf Dübendorf beschränkt bleibt, sondern mindestens auch in der Westschweiz in Form einer Zweigstelle etabliert wird. 4
Turtmann
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Diese Funktion könnte ein Innovationspark im Raume Turtmann – Raron einnehmen. Diese beiden Gemeinden im Kanton Wallis sind deshalb dafür geeignet, weil auf deren Territorien weite Teile der ehemaligen Militärflugplätze militärisch nicht mehr genutzt werden und bereits heute zur Umnutzung zur Verfügung stehen. Das Anbinden an diese nationale Initiative bedeutet eine einmalige Chance für die wirtschaftliche Entwicklung der beiden Gemeinden und des Kantons Wallis. Um gegenüber dem Bund, den Forschungsinstitutionen, den anzusiedelnden Firmen und weiteren Verhandlungspartnern handlungsfähig zu werden, empfiehlt es sich, die Interessen der beiden Standortgemeinden Raron und Turtmann in einer eigenen Rechtsperson zu bündeln. 4
Tagesanzeiger vom 6. 10. 2007; Walliser Bote vom 12. 10. 2007
D端bendorf
Raron
Turtmann-Raron
SwissImage (c) 2005 Swisstopo (DV023268)
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Teil 3: Die spezifischen Standortgegebenheiten im Wallis im Allgemeinen und im Raum Raron – Turtmann im Speziellen
3.1 Überblick über die Erfolgsfaktoren
3.2 Die Standortfaktoren des Wallis
Das Institut für Technologie und Innovationsmanagement der ETH Zürich hat in einer Benchmark-Analyse ermittelt, welche Faktoren den Erfolg von internationalen Innovationsparks ausmachen:
Zu den Standortgegebenheiten im Wallis ist im Einzelnen folgendes auszuführen:
» Nähe zu renommierten Universitäten und Unternehmen, » Unterstützung und Kooperationswille von Hochschulen, Forschungsinstitutionen und Wirtschaftsexponenten, » Inhaltliche Schwerpunktsetzung mit einer überregional bedeutsamen Konzentration technologisch führender Unternehmen, » Optimale Erreichbarkeit, insbesondere lokale und internationale Anbindung an Autobahnen, Eisenbahnen und Flughäfen, » Integrierter Standort, d. h. durchmischtes Stadt-Landschaften mit Arbeiten, Wohnen, Freizeit und Kultur, Nähe zu Erholungsgebieten, » Professionelles und aktives Standort-Management mit intensiven internationalen Akquisitionsaktivitäten,
3.2.1 Naturräumliche Gegebenheiten Das Wallis, und insbesondere der Raum Raron - Turtmann, weisen spezifische naturräumliche Gegebenheiten auf und zwar: » ein eher trockenes, mediterran beeinflusstes Klima, » eine weit überdurchschnittliche Sonnenscheindauer, » grosse Unterschiede zwischen den Tages- und den Nachttemperaturen, » im Vergleich mit vielen anderen Regionen der Schweiz sehr wenig Nebel, » fast tägliche und regelmäsig wechselnde Winde, vor allem in Ost-West- und West-Ostrichtung, » grosse Höhenunterschiede auf verhältnismässig engem Raum.
» Kritische Grösse von mindestens 60 bis ca. 100 Hektaren, » breite politische Unterstützung. 5 Diesen Erfolgsfaktoren wird das Wallis allein nicht vollumfänglich gerecht. Insbesondere fehlt die unmittelbare Nähe zu den renommiertesten Forschungs-Institutionen der Schweiz.6 Deshalb sieht es seine Möglichkeiten in einem kleinerem Rahmen als Westschweizer Zweigstelle des Forschungs- und Innovationsstandortes Dübendorf. Als Zweigstelle muss sie sich auf ergänzende und durch ihre natürlichen Gegebenheiten begünstigte Bereiche konzentrieren. 5
Stiftung Forschung Schweiz, Medienmitteilung vom 14. Sept. 2007
Institute of Technology Management, University of St. Gallen, Survey on the Awareness for R & D Organizations, St. Gallen, 2008 6
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Die Standorte Raron und Turtmann sind zudem eingebettet in eine vielgestaltige und hoch attraktive Landschaft, die in nächster Nähe fast alles bietet, was der Mensch vor allem in seiner Freizeit zur aktiven und passiven Erholung nutzen möchte: hohe Berge, tiefe Täler, Pisten, Loipen, Winterund Sommerwanderwege, Seen, Bäder, Naturparks usw. In kurzer Zeit sind mehere Tourismusstationen von internationalem Ruf erreichbar, wie Montana-Crans, Leukerbad, Saas-Fee und Zermatt, aber auch Weltstädte wie Genf und Mailand. Forscher und Entwickler können dort arbeiten, wo andere Menschen ihre Ferien verbringen.
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Im ganzen Raum bestehen zudem attraktive Wohnmöglichkeiten, die in Verbindung mit den übrigen Standortfaktoren (Bildungswesen, Kultur- und Freizeit- sowie Unterhaltungsangebot, Sportanlagen und -einrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten usw.), dem zeitgemässen Standard der Infrastruktur sowie den kurzen Distanzen eine hohe Lebensqualität garantieren.»
3.2.2 Verkehrserschliessung
3.2.3 Nutzen von Synergiepotentialen
Die Verkehrserschliessung ist gut und wird sich in den nächsten Jahren noch verbessern: durch den BLS-Basistunnel mit dem Vollknoten-Bahnhof Visp und die Nationalstrasse A 9, welche in Leuk-Susten, in Gampel und in Raron je einen Anschluss aufweisen wird (die A 9 ist zur Zeit auf den letzten Abschnitten im Bau).
Im Wallis sind grosse internationale Firmen/Unternehmen angesiedelt wie Lonza, Alcan, Novelis, Novartis, Synthes, Bosch-Scintilla und weitere. Zudem gibt es mehrere national und regional tätige Firmen, welche im Bereiche der beiden – später dargestellten – Innovations-Cluster tätig sind.
Ebenfalls vorteilhaft ist die relative Nähe zu den Flugplätzen Genf, Mailand und Turin, aber auch zu Bern, Basel und Zürich (alle sind ab Visp mit regelmässigen Zugsverbindungen in zwei Stunden erreichbar); zudem besteht in Sitten ein Flugplatz mit internationaler Anbindung.
Zudem bestehen bereits international anerkannte Forschungs- und Entwicklungsanstalten und Institute7 , wie CERM, IDEAP, ICARE, TEWI, HES-SO Wallis, Mediplant, Crealp, Universitäre Fernstudien Schweiz: Studienzentrum Brig, Fernfachhochschule Schweiz sowie die vom Kanton gefördereten Ark-Konzepte.
3.2.4 Verfügbarkeit der Böden Die ehemaligen Militärflugplätze von Raron und Turtmann werden seit einigen Jahren nicht mehr genutzt. Das VBS hat Teile dieser Böden vor Jahren an die Gemeinden und die Burgergemeinden verkauft. In Raron haben sowohl die Gemeinde wie auch die Burgerschaft vom VBS Böden zurückerworben. Die Gemeinde hat 12 ha gekauft und die Burgergemeinde 78 ha. Insgesamt stehen somit in Raron, wie der Plan im Anhang zeigt, grundsätzlich 90 ha zur Verfügung. In Turtmann hat die Gemeinde im Jahre 2003 insgesamt 21,5 ha zurückgekauft. Bei 18 ha handelt es sich um Flächen unmittelbar nördlich des Dorfes bis zum sog. „Rohrmattenkanal“. Weitere ausgedehnte Flächen weiter östlich gehören noch dem VBS, sind aber von diesem dem sog. Dispositionsbestand zugeteilt (d. h. über die Nutzung dieser Flächen kann verhandelt werden). Die Zwischenflächen zwischen den militärischen Anlagen gehören der Burgergemeinde. Einen Überblick über die verfügbaren Flächen in Turtmann gibt der entsprechende Plan im Anhang. 7 Akademische Gesellschaft Wallis: Creare... Bestandesaufnahme der Forschung im Wallis, Sitten 2007
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Auf Territorium der beiden Gemeinden sind zur Ansiedlung von Innovations- und Entwicklungsstätten rund 110 ha Böden verfügbar. Es muss nicht zuerst das Aufgeben der militärischen Nutzung abgewartet werden, sondern die Gemeinden können diese Böden eigentlich sofort zur Verfügung stellen. Dies ist als bedeutender Standortvorteil zu betrachten, wenn es gelingt, die raumplanerischen Voraussetzungen für die Umnutzung möglichst schnell zu schaffen.
3.3 Übergeordnete Standortfaktoren Zu den sog. übergeordneten Standortfaktoren, die nicht nur für das Wallis sondern für die Schweiz insgesamt gelten, ist folgendes festzuhalten: » Durch seine geographische Lage ist das Wallis international ausgerichtet: es liegt in der Nähe zu Frankreich und zu Italien (EU-Raum; Mehrsprachigkeit). Nicolas Hayek sagte dazu: Das Wallis sei wohl eine Randregion der Schweiz aber eine Zentralregion Europas. » Die in der Schweiz gewährleistete hohe Sicherheit und die politische und wirtschaftliche Stabilität sind vor allem für international ausgerichtete Unternehmen immer mehr ein gewichtiges Argument für die Standortwahl und Ansiedlung von Forschungs- und Entwicklungsanstalten und -anlagen. » Im Vergleich zum benachbarten Ausland herrschen günstige Steuerbedingungen, die bei Ansiedlungen über die kantonale Wirtschaftsförderung fallbezogen optimierbar sind. » Ferner weist die Schweiz, und auch das Wallis, ein hohes Dienstleistungs-Niveau auf.
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3.4 Strategische Erfolgsfaktoren
3.6 „Pilotprojekt“ für Dübendorf
Aufgrund der oben dargelegten Standortbedingungen ergeben sich für die Schaffung einer Zweigstelle Westschweiz/Wallis des Swiss Innovation Park auf Territorium der beiden Gemeinden von Raron und Turtmann die folgenden strategischen Erfolgsfaktoren (USP’s):
Der Innovations- und Forschungspark Westschweiz / Wallis in Raron und Turtmann kann, weil ein solcher grundsätzlich relativ rasch realisierbar ist, als „Testfall“ für Dübendorf dienen.
» Nutzung der naturräumlichen Gegebenheiten als natürliches Labor für (angewandte) Forschung und Entwicklung in Bereichen, für die andernorts nicht gleich oder ähnlich geeignete Bedingungen vorherrschen; » manifester politische Wille zur Realisierung / Umsetzung des Vorhabens (siehe dazu Kapitel 5.1); » mögliche juristische Anbindung an die „Stiftung Forschung Schweiz“; » günstige Voraussetzungen zu einer raschen Umsetzung, weil die Böden bereits verfügbar sind;
Die Umsetzung des Konzeptes Swiss Innovation Park in Zürich /Dübendorf wird, weil die zukünftige Nutzung des Militärflugplatzes sowohl sachlich wie auch zeitlich noch geklärt und verschiedene Voraussetzungen zur Umsetzung des Konzeptes noch geschaffen werden müssen, nicht vor 2016/2017 möglich sein (siehe Kapitel 2.2). In der Zwischenzeit könnten deshalb das Stiftungskonzept und das Business-Modell in kleinerem Massstab im Wallis aufgebaut und getestet werden, um die entsprechenden Erfahrungen später bei Aufbau und Entwicklung des Parks in Dübendorf nutzen zu können.
» Möglichkeit, sehr bald konkrete Projekte ansiedeln / anziehen zu können.
Zürich / Dübendorf
3.5 Das Konzept Raron – Turtmann Die erwähnten naturräumlichen Standortgegebenheiten und die vorhandenen Infrastrukturen empfehlen die Ansiedlung von Innovations- und Entwicklungsanstalten auf den verfügbaren Arealen der beiden ehemaligen Militärflugplätze. Diese befinden sich nahe beieinander und ergänzen die festgelegten Cluster-Konzepte ergänzen. Zudem könnten auch die in die südlichen Gebirgshänge hinein gebauten Felskavernen genutzt werden, soweit sich diese im Dispositionsbestand des VBS befinden. Es sind – im Gegensatz zur geplanten Überbauung in Dübendorf – keine integrierten Campus-Konzepte vorgesehen, erstens weil als Wohn-, Lebens- und Freizeitraum in kurzen Distanzen das ganze Wallis zur Verfügung steht, und zweitens weil der verfügbare Boden knapp ist.
Bern Französisch Lausanne
Genf
Sion
Deutsch
Raron Turtmann
Italienisch
Visp
Mailand
Turin
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Teil 4: Das Cluster-Konzept
4.1 Warum ein Cluster von innovativ tätigen Firmen und Institutionen?
weniger eng zusammenarbeiten (Lieferant – Hersteller – Weiterverarbeiter – Kunde).
4.1.1 Zu den Begriffen Forschung und Innovation
Eingebunden in ein derartiges Cluster von Firmen sind häufig auch Bildungs- und Forschungsanstalten. Diese „produzieren“ Arbeitskräfte für diese Branche und helfen bei der Innovation von Produkten und Prozessen mit.
In der Literatur wird unter Forschung „die methodische und systematische Suche nach neuen Erkenntnissen und ihre systematische, nachvollziehbare Dokumentation nach wissenschaftlichen Normen verstanden“. 8 Dabei wird unterschieden zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung. Die Grundlagenforschung ist „zweckfrei“, dient einzig der Erweiterung des Wissens und wird vorwiegend an Universitäten praktiziert. Ein Beispiel für Grundlagenforschung ist die von Einstein entwickelte Formel E = mc2.
Beispiele von schweizerischen Clustern mit internationaler Bedeutung sind die Pharmaindustrie, der Bankenplatz und die Medizinaltechnik.
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aus Wikipeida, Stichwort, „Forschug“.
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aus Wikipeida, Stichwort, „Innovation“.
Die angewandte Forschung hingegen ist zweckorientiert und dient einer wirtschaftlichen Anwendung zur Lösung eines praktischen Problemes. Sie findet sowohl an Universitäten wie auch in Unternehmen statt. Ein Beispiel von angewandter Forschung ist die Entwicklung von hitzebeständigen und verschleissfreien Oberflächen für Kochpfannen. Das Ergebnis der angewandten Forschung ist häufig eine Innovation. Wörtlich heisst Innovation „Neuerung“ oder „Erneuerung“.9 Gemeint ist die marktbezogene Umsetzung von neuen Produkt- oder Dienstleistungsideen. Wenn im Folgenden von innovativ tätigen Firmen und Institutionen die Rede ist, sind solche gemeint, welche angewandte Forschung betreiben und damit neue Ideen entwickeln, Prototypen herstellen und schliesslich serienfertige Produkte im Markt einführen. Derartige Firmen und Institutionen sollen im Innovationspark angesiedelt werden.
4.1.2 Zum Begriff „Cluster“ Unter einem „Cluster“ (Traube) versteht man in Praxis und Literatur zur staatlichen Wirtschaftsentwicklung eine Gruppe von Unternehmen, welche untereinander vernetzt ist. In der Regel handelt es sich um eine Branche von Firmen, welche entlang der Wertschöpfungskette mehr oder
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4.1.3 Warum überhaupt ein „Cluster“? Wenn es um die Ansiedlung von Firmen geht, versucht die staatliche Wirtschaftsförderung seit einigen Jahren konsequent, die Entwicklung von Cluster zu unterstützen; dies aus der Überlegung heraus, dass staatliche Förderbeiträge in Cluster einen nachhaltigeren Effekt erzielen als wenn dieselben Mittel nach dem Giesskannenprinzip auf anzusiedelnde Firmen verschiedenster Branchen verteilt werden. Die wissenschaftliche Untersuchung von Cluster hat nämlich gezeigt, dass solche, wenn sie einmal Fuss gefasst haben, eine starke Autodynamik entwickeln. Einmal etablierte Firmen ziehen rasch Zulieferanten wie auch Weiterverarbeiter an, so dass ein Netz von Firmen mit überregionaler, häufig internationaler Ausstrahlung entsteht. Gleichzeitig gehen Impulse an die ortsansässigen Bildungs- und Forschungsinstitutionen aus, um die entsprechenden Bildungs- und Forschungsgüter bereitzustellen. Je mehr dies gelingt, desto mehr zieht der Standort wiederum weitere Firmen derselben Branche an. Dies wiederum verstärkt die Nachfrage nach Arbeitskräften, welche über die Bildungsinstitutionen bereitgestellt werden usw. Mit anderen Worten: wenn es dem Staat gelingt, den Samen für ein Cluster zu säen, dann wird dieses wachsen, ohne dass der Staat ständig weitere Samen säen muss. Seine Aufgabe wird sich darauf beschränken können, die im Standortwettbewerb günstigen Rahmenbedingungen für die autodynamische Weiterentwicklung des Clusters zu schaffen und zu erhalten.
4.1.4 Warum ein Innovations-Cluster im Oberwallis? Dieselben Überlegungen, wie sie im Standortwettbewerb für die Eidgenossenschaft und die Kantone gelten, sind auch für die beiden Standortgemeinden Raron und Turtmann gültig. Wenn es um die Ansiedlung eines Innovationsparkes geht, muss sich dieser thematisch auf bestimmte Bereiche fokussieren – in der Erwartung, dass innerhalb dieser Bereiche eine gegenseitige Befruchtung und damit eine autodynamische Entwicklung entsteht.
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Die Konzentration auf bestimmte Innovationsbereiche ist umso mehr angebracht, als die beiden Gemeinden nicht beliebige Finanzmittel zur Entwicklung des Innovationsparkes einbringen können. Im Gegenteil: es gilt, dafür zu sorgen, dass die Bundesmittel, welche durch die Abgabe der Areale im Baurecht zur Verfügung gestellt werden, fokussiert im Sinne des Cluster-Gedankens eingesetzt werden. Die Chancen für die Ansiedlung eines Clusters von innovativ tätigen Firmen im Wallis stehen insofern gut, als nach Aussagen von Roman Boutellier (Leiter des Institutes für Technologie- und Innovationsmanagements an der ETH Zürich) die unmittelbare Nähe zu den Universitäten offenbar für die Standortwahl der Firmen nicht ausschlaggebend ist.10 In mittelbarer Reichweite des Clusters Oberwallis sind die Universitätsstädte Zürich, Lausanne/Genf, Bern, Mailand und Turin. 10
Thomas Langholz: Ein Innovationspark bietet interessante Einstiegs-
möglichkeiten, in: www.ethlife.ethz.ch/archive_aricles/080703_Flughafen_Duebendorf/index
4.1.5 Basis-Überlegungen zur Cluster-Entwicklung in Raron und Turtmann
4.1.7 Screening der kantonalen Anstrengungen zur Standortentwicklung
Die Suche nach möglichen Innovations-Clustern war von folgenden Überlegungen geleitet:
Der Kanton Wallis hat in den letzten Jahren seine Wirtschaftsförderungs-Politik neu definiert und organisiert. Er hat dazu die Stiftung (Fondation) The Ark mit Sitz in Sitten gegründet.
» Gibt es im Wallis bereits Cluster-Ansätze, welche als Nukleus für die Begründung eines Innovationsparkes von internationaler Bedeutung verwendet werden könnten? » Der Cluster-Ansatz darf nicht im Widerspruch zu den kantonalen Anstrengungen der Wirtschaftsförderung stehen. Ansonsten besteht die grosse Gefahr, dass die bescheidenen Mittel, die dem Wallis im innerschweizerischen und internationalen Standortwettbewerb zur Verfügung stehen, verpuffen. » Der Cluster-Ansatz sollte komplementär zu den Anstrengungen in Dübendorf und den dortigen Forschungsanstalten sein. Ein Anhängen an die „Lokomotive“ Dübendorf ist nur möglich, wenn der Standort Oberwallis diese nicht konkurrenziert. Im Gegenteil – der Standort Oberwallis sollte komplementär die Forschungsaktivitäten des Raumes Dübendorf ergänzen.
4.1.6 Screeniing von vorhandenen Cluster-Ansätzen im Oberwallis Beim Screening von angesiedelten Firmen und Bildungsinstitutionen ist festzustellen, dass die bestehenden Ansätze alleine zu schwach sind, um die Innovationstätigkeit von national und international tätigen Firmen anzuziehen. Anderseits können bestehende Firmen und Bildungsinstitutionen in der Region durchaus dazu beitragen, ein eigentliches Innovations-Cluster mit zu begründen und zu fördern.
In den Publikationen der Stiftung wird The Ark wie folgt beschrieben: The Ark: die Stiftung für Innovation im Wallis Als pragmatisches Tool für eine verstärkte Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und eine grössere Vielfalt der lokalen Wirtschaft steht The Ark für eine Strategie, die vom Kanton Wallis eigens dazu entwickelt wurde, den Technologiestandort Wallis von morgen zu bilden. The Ark fördert die Innovation in den Unternehmen und sorgt für entsprechende Rahmenbedingungen, um die Wirtschaftsakteure des Kantones zu Kreativität und Innovation anzuspornen. The Ark ist eine Plattform mit verschiedenen Walliser Kompetenznetzwerken mit dem Zweck, einen weltweit einzigartigen Technologiepark zu entwickeln, dessen Besonderheit in der Vielseitigkeit der Standorte und Bereiche auf dem gesamten Kantonsgebiet besteht. The Ark organisiert und koordiniert die verschiedenen Aktivitäten zur Gründung, Entfaltung, zum Wachstum und zur Vergrösserung der Unternehmen im Wallis.“ 11 11
(www.theark.ch: Home)
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Verteilt auf den ganzen Kanton Wallis bestehen heute die folgenden Arks:
» BioArk, Postfach, Route de l'Ile-au-Bois, 1870 Monthey; info@bioark.ch BioArk in Monthey konzentriert sich auf die Feinchemie und die Biotechnologien (Life sciences).
» IdeArk SA, Case Postale 592, Rue du Simplon 4, 1920 Martigny; info@ideark.ch IdeArk ist beim Forschungszentrum IDIAP in Martigny ("Institut Dalle Molle d'Intelligence Artificielle Perceptive") angesiedelt und befasst sich mit künstlicher Intelligenz (Interaktion zwischen Mensch und Maschine, wie automatisches Lernen, Sprachverarbeitung, Bilderkennung, Verwaltung multimedialer Dokumente, Biometrik und multimodale Interaktion).
» PhytoArk, Postfach, Route de Bramois, 1950 Sion; info@phytoark.ch PhytoArk in Sion ist vordringlich mit der Produktentwicklung auf der Basis intakter Pflanzenzellen oder pflanzlicher Moleküle beschäftigt.
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» TechnoArk, TECHNO-pôle Sierre 5, 3960 Sierre; info@technoark.ch Der im Techno-Pôle in Siders angesiedelte TechnoArk befasst sich mit der Forschung und Entwicklung in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologien.
» BlueArk, Postfach 224, 3930 Visp; info@blueark.ch Der Standort BlueArk in Visp ist hauptsächlich in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz tätig.
» TeleArk, 3930 Brig In Brig soll der Bereich Teleservices angesiedelt werden. Das Konzept befindet sich zur Zeit erst im Aufbau.
Die in Raron und Turtmann möglichen Innovatioansund Entwicklungscluster sind in keiner Weise als Konkurrenz zu den vorangehend aufgeführten Arks gedacht. Sie sollen mit diesen zusammenarbeiten, wo dies möglich und sinnvoll ist. Eine direkte Zusammenarbeit wird insbesondere mit dem BlueArk in Visp anzustreben sein.
4.1.8 Welche Innovations-Ansätze sind komplementär zum Standort Dübendorf? Bei der Beantwortung dieser Frage ist zu berücksichtigen, dass zum heutigen Zeitpunkt die Innovationsfelder in Dübendorf noch nicht festgelegt sind. Diese werden zweifellos durch die bestehenden Universitäten und Forschungsanstalten sowie die Entwicklungsabteilungen bereits ansässiger Firmen stark geprägt sein. Da heute aber nicht abschliessend beurteilt werden kann, wie diese Struktur in den Jahren nach 2017 aussehen wird, gilt es, Innovationsfelder zu finden, die mit grosser Wahrscheinlichkeit komplementär zu den Innovationsfeldern in Dübendorf sein werden. Bei der Suche nach derartigen Innovationsfeldern findet man Ansätze dazu in den natürlichen Ressourcen des Kantons Wallis. Es stellt sich die Frage: Was kann das Wallis bieten, was im Raume Dübendorf auch in Zukunft nur beschränkt möglich sein wird? Die Antwort liegt - generell gesprochen – in den natürlichen Gegebenheiten des Kantons Wallis in Verbindung mit angewandter, experimenteller Forschung und Entwicklung. Mit anderen Worten: Es geht um Innovationsfelder, bei denen die praktische Feldforschung auf bestimmte natürliche Umgebungs- und Laborbedingungen angewiesen ist. Es geht also nicht um Grundlagenforschung. Diese soll und muss schwergewichtig bei den etablierten Universitäten und Forschungsanstalten bleiben. Es geht vielmehr um die letzte Phase des Innovationsprozesses, in welcher mittels Feldexperimenten, Pilot- und Demonstrationsanlagen bereits entwickelte Produkt- und Prozessideen auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden sollen, bevor die industrielle Fertigung der Innovation in Angriff genommen wird.
Angesichts dieser Überlegungen drängen sich zwei experimentelle Innovationsbereiche als Cluster auf, für welche das Wallis aufgrund seiner klimatischen und topografischen Bedingungen - national gesehen - einzigartige Standortvorteile aufweist:
Es sind dies folgende Innovationsbereiche: » Die experimentelle Entwicklung von Produkten und Prozessen im Bereich der Energieforschung: Das Wallis verfügt über ein einzigartiges Reservoir von erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind, Wasser, Biomasse usw. Dieses Reservoir macht es möglich, mittels praktischer Feldforschung die Produktion von neuen Produkten in Kleinserien als Grundlage für die industrielle Grossproduktion im Bereiche der effizienten Energiegewinnung und -nutzung vorzubereiten. » Die experimentelle Forschung im Bereich des Alpinen Riskmanagements. Auch hier bietet das Wallis mit seinen hochalpinen Zonen einzigartige natürliche Laborbedingungen für das experimentelle Austesten von Schutzmassnahmen im Bereich von Permafrost, Erdrutschen, Murgängen, Lawinen und Schneedruck usw.
Beide Innovations-Cluster » erfüllen die Bedingungen der Komplementarität zu Dübendorf, » setzen auf einzigartigen Standortvorteilen des Kantons Wallis auf, » und profitieren zudem von ortsansässigen Firmen und Institutionen.
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4.2 Innovationspark für Energie (in Turtmann) In Turtmann wird raumplanerisch eine „Innovationszone“ ausgeschieden. In dieser Zone sollen Investoren – mit Unterstützung von Bundesgeldern – angesiedelt werden, welche im Bereiche der Energieforschung und -innovation tätig sind.
4.2.1 Innovationscluster „Energie“ In der Innovationszone sollen, wie bereits erwähnt, Firmen und Institutionen angesiedelt werden, welche im Bereiche der Energieforschung und -innovation tätig sind. Insbesondere geht es um die Ansiedelung von Investoren, welche bestimmte Teile ihrer Forschung und Entwicklung ins Energie-Cluster im Wallis ausgliedern wollen. Prädestiniert für die Ansiedlung im Energie-Cluster sind jene Teile des Innovationsprozesses, bei denen es um die experimentelle Erforschung von Neuentwicklung im Praxis-Umfeld geht. Hierzu bietet das Wallis mit seinen topografischen und klimatischen Bedingungen, im Vergleich zur übrigen Schweiz, einzigartige Bedingungen auf engstem Raum.
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Das „Energie-Grid“ als Ansatzpunkt für die Suche nach experimentellen Forschungs- und Innovationsfeldern Ausgehend von den erneuerbaren Energieträgern (Wasser, Sonne, Erdwärme usw.) und dem Wertschöpfungsprozess der Energie (von der Gewinnung der Primärenergieträgern über die Produktion von Energie bis zum Verbrauch) lässt sich folgendes „Energie-Grid“ (Energie-Gitter) definieren:
Wasser
Sonne
Wind
Erdwärme
Biogas
Holzmasse
Abfälle
Gewinnung Primär- Energieträger Umformung g der d Energie Energie-Produktion P d Energie-Speicherung Sp i Energie-Transport T Energie-Verteilung V Energie-Nutzung und -Verbrauch
In diesem „Grid“ bedeutet jeder Knoten ein Forschungs- und Innovationsfeld mit mehr oder minder ausgeprägten Möglichkeiten zur experimentellen Laborforschung im natürlichen Umfeld.
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4.2.2 Beispiele von Innovationsfeldern mit experimenteller Forschung Praktische Beispiele von Forschungs- und Innovationsaktivitäten, wozu der Standort Wallis hervorragende experimentelle Laborbedingungen bietet, sind beispielsweise folgende:
Wasser
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Sonne
Umweltfreundliche Nutzung von Wasser mit intelligenten Schaufelrädern
Wind
Erdwärme
Biogas
Gewinnung Primär- Energieträger Umformung g der d Energie
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Effiziente Nutzung von Windenergie mit intelligenten Rotorblättern
Holzmasse
Abfälle
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Umformung von holzartiger Biomasse in Methan
Energie-Produktion P d EEnergie-Speicherung Sp i Energie-Transport T Energie-Verteilung V
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- Hocheffiziente Wärme (Holz, Vakuum) - Verglasung (advanced glazing technology) - effiziente Haustechnik - Nutzung Solarenegie - intelligente Gebäude – Konzepte (2000 Watt Gesellschaft)
Energie-Nutzung und -Verbrauch auch
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Erläuterungen: Zu 1: Umweltfreundliche Nutzung von Wasser mit intelligenten Schaufelrädern:
Zu 4: Umwandlung von holzartiger Biomasse in Methan als Treibstoff:
Hier geht es um die klassische Stromproduktion mit Wasser. Ziel der Forschung und Entwicklung ist es, Restwasser auf eine umweltverträgliche Art und Weise für die Stromproduktion zu nutzen. Dies wird nur dann möglich sein, wenn es gelingt, kleine Turbinen mit intelligenten Schaufelrädern zu entwickeln. Intelligente Schaufelräder sind solche, welche die wechselnden Strömungsverhältnisse in einem Fliessgewässer durch laufende Anpassung der Schaufeln nutzen und damit eine effiziente Stromproduktion ermöglichen. Um diese Art von intelligenten Schaufelrädern zu entwickeln, braucht es praktische Experimente im Restwasser. Geradezu prädestiniert dazu ist der Kanton Wallis mit den vielen Staudämmen und Gewässern.
Das Paul Scherrer Institut in Villigen beschäftigt sich in Zusammenarbeit mit europäischen Forschungspartnern mit der Herstellung von biogenem Methan aus holzartiger Biomasse. Eine erste Versuchsanlage ist in Österreich aufgebaut worden. Nunmehr werden zwei Standorte in der Schweiz zur weiteren Erforschung und Produktion von Methan gesucht.
Zu 2: Effiziente Nutzung von Windenergie mit intelligenten Rotorblättern: Ziel dieser Innovation ist es, die Windenergie in topografisch ungünstigen Verhältnissen mit stark wechselnden Strömungsverhältnissen effizienter für die Stromproduktion zu nutzen. Basisidee ist die Konstruktion von intelligenten Windrädern, welche ihre Form autodynamisch den wechselnden Turbulenzen anpassen und damit eine effizientere Umsetzung von Windkraft in Strom ermöglichen. Auch hierzu wäre das Labor „Wallis“ mit dem starken Wind und den häufigen Richtungswechseln und seiner anspruchsvollen Topografie bestens geeignet. Zu 3: Energienutzung und -verbrauch in Gebäuden: Um die 2000-Watt-Gesellschaft zu realisieren, braucht es noch Innovation in der Energienutzung in Gebäude und Haustechnik. Hierzu sucht die experimentelle Forschung immer wieder Pilot- und Entwicklungsanlagen in der Praxis. Das Wallis mit seinem besonderen Klima (Sonne, Wind, starkes Temperaturgefälle Tag/Nacht) bietet hierzu beste Experimentierbedingungen. Das Forschungsfeld geht von der hocheffizienten Wärmedämmung über die Solarenergienutzung bis zur Haustechnik.
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Ausgehend von diesen Beispielen lässt sich eine Reihe weiterer Forschungsfelder im Energie-Grid lokalisieren, wozu das Wallis mit seinen klimatischen und topografischen Bedingungen beste Voraussetzungen für die experimentelle Entwicklung von Innovationen im Energiebereich bietet. Ziel wird es sein, Firmen und Institutionen anzusiedeln, welche in diesen Forschungsknoten tätig sind und ein Interesse haben, den experimentellen Teil ihres Innovationsprozesses im Wallis anzusiedeln.
4.2.3 Warum überhaupt ein Innovationscluster „Energie“? Viele Gründe sprechen dafür, im Wallis einen Innovationspark „Energie“ anzusiedeln. Energie als Megathema weltweit Das Energiethema ist weltweit eine der grössten Herausforderungen an die Menschheit. Die Gründe dafür sind allgemein bekannt: » Das Bevölkerungswachstum weltweit und das ausgeprägte Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern wie China, Indien, Brasilien usw. führen zu einer stark wachsenden Nachfrage nach Energie. » Das Angebot an fossilen Energieträgern ist endlich. » Der Verbrauch von fossilen Energieträgern führt durch CO2- und anderen Schadstoffemissionen zu unerwünschten Umweltbelastungen und Klimaveränderungen. Andere Energieformen wie die Nuklearenergie sind aus Sicherheits- und Umweltgründen ebenfalls politisch sehr umstritten. » Folge der stark wachsenden Nachfrage und des beschränkten Angebotes sind weltweite VerknappungsErscheinungen. » Als Folge davon wird weltweit von der Politik gefordert, die Energiegewinnung durch Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern und den Verbrauch durch effiziente Nutzung zu minimieren. Hierzu sind die Politiker weltweit bereit, namhafte Summen für die Entwicklung effizienterer Energietechniken zu sprechen.
4.2.4.1 Die Energiepolitik in der Schweiz Die eidgenössische Energiepolitik hat u. a. die Energieforschung zum Ziel. Diese verfolgt gemäss der Eidgenössischen Energieforschungskommission CORE die folgenden Ziele: » Reduktion des Energiebedarfes pro Person auf 2000 Watt (2000-Watt-Gesellschaft), » Reduktion des CO2-Ausstosses auf 1 Tonne pro Person und Jahr, » Wärme-Energie in Gebäude: keine fossile Brennstoffe (Öl, Gas, Kohle), » Energie in Gebäuden: Halbierung des heutigen Verbrauches, » Energie aus Biomasse: Nutzung verdreifachen, » Treibstoff-Verbrauch pro PW: 3 Liter pro 100 Kilometer 12 Ausgerichtet an diesen Zielen stellt die Eidgenossenschaft jährlich über 160 Mio CHF als Fördermittel für die Energieforschung zur Verfügung.
4.2.4.2 Das Innovations- und Entwicklungspotential im Energiebereich Einerseits ist die Menschheit gezwungen, die Effizienz der Energieproduktion und des Energieverbrauchs zu verbessern, will sie in Zukunft die Versorgungssicherheit gewährleisten. Anderseits bietet der Energiebereich ein noch riesiges Forschungspotential, um die Gewinnung von (erneuerbaren) Energien zu fördern und den Verbrauch um Dimensionen zu reduzieren. Angesichts dieses enormen Forschungs- und Innovationspotentials ist es nicht erstaunlich, dass bereits heute jährlich in der Schweiz rund 800 Mio CHF für Forschungs- und Innovationszwecke im Energiebereich ausgegeben werden. 12
Bundesamt für Energie: Konzept der Energieforschung des Bundes
2008 bis 2011, Bern 2007, S. 8
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4.2.5.1 Der Energiesektor als bedeutender Wirtschaftszweig der Schweiz Der Energiesektor ist einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige der Schweiz. Rund 10% der Wertschöpfung fallen auf den Energiebereich. Neben der Energieproduktion sind auch viele Institute und Firmen in der Energieforschung tätig (ETH, PSI, EPFL, EMPA, ABB und viele andere).
4.2.5.2 Der Kanton Wallis als traditioneller EnergieKanton Der Kanton Wallis ist seit jeher ein Energie-Kanton. Rund 15% der schweizerischen Stromproduktion erfolgt im Wallis. Neben dem Wasser verfügt das Wallis über ein schweizweit einzigartiges Reservoir von weiteren Primärenergieträgern wie Sonne, Wind, Umgebungswärme, Holz und Biomasse. Das Wallis bietet damit hervorragende natürliche Bedingungen für die angewandte, experimentelle Energieforschung – dank Energievorkommen, Topografie und Klima.
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4.2.6 Haupteigenschaften der Gebäude im Innovationspark
und Warmwasser, rund 15% für Elektrizität und rund 8% für Herstellung und Unterhalt der Gebäude.12
Die Gebäude des Innovationsparkes „Energie“ sollen äusserlich das verkörpern, was im Innern geschieht – effiziente Energieproduktion und -nutzung. Im Wesentlichen genügen die Gebäude den folgenden Kriterien:
Entsprechend sieht das Konzept der Energieforschung des Bundes 2008 bis 2011 u. a. vor, dass zukünftig bei der Bereitstellung von Wärme für Gebäude auf fossile Brennstoffe verzichtet und dass der Energieverbrauch in Gebäuden (Neu- und Altbauten) halbiert wird.
» Energie-Plus-Haus: Die Gebäude produzieren mehr Energie als sie konsumieren. Damit wird es möglich, überschüssige Energie ins Netz einzuspeisen. Diese Überschuss-Energie soll zu Vorzugsbedingungen an weitere Investoren im Innovationspark wie auch an weitere Bewohner in der Gemeinde abgegeben werden, um Anreize für energieeffizientes Bauen und Sanieren zu schaffen. » Laborhaus: Die Gebäude im Innovationspark bieten die Möglichkeit zur experimentellen Energieforschung im Bereiche der Energieproduktion und -nutzung in Gebäuden und Haustechnik. Die Gebäude sind modular auf der Basis von leicht auswechselbaren Elementen aufgebaut, um beispielsweise die Dämmwerte von Fenstern, Hausverkleidungen, Fassadenelementen usw. im praktischen Einsatz zu messen und zu optimieren.
Lösungsansätze sieht man in verbesserten Wärmedämm-, Fenster- und Lüftungstechniken sowie in der besseren Energieeffizienz elektrischer Anwendungen im Haus. Erheblichen Forschungsbedarf wird zudem bei der Kühlung von Gebäuden und beim Einbezug von neuen Baumaterialien zur Senkung der grauen Energie geortet. Die Schwerpunkte der mit Bundesmitteln geförderten Forschungs- und Innovationsmassnahmen liegen für die Jahre 2008 bis 2011 auf folgenden Gebieten: » Entwicklung von energie-optimierten Gebäudekonzepten bei passiver Nutzung von Sonnenenergie und Tageslicht, » Entwicklung von hocheffizienten Wärmedämmungen unter Einbezug von Vakuumisolationen und Holzkonstruktionen, » Entwicklung von Verglasungen mit optimierter Energieund Lichttransmission:
4.2.7 Warum ein Energie-Plus- und Laborhaus Die Hälfte des schweizerischen Primärenergieverbrauchs entfällt auf Gebäude: rund 27% für Heizung, Raumklima
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Bundesamt für Energie: Konzept der Energieforschung des Bundes
2008 bis 2011, Bern 2007, Seite 13
Laborhaus – Das Haus für den Wandel!
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» Die Gebäude produzieren mehr Energie als sie konsumieren » Entwicklung von alternativen Kühlkonzepten mittels sanfter Kühlung, erdgekoppelten Wärmepumpen usw., » Entwicklung von Stromverbrauchern in Gebäuden (Haustechnik, Gebäudeautomation) mit geringerem Stromverbrauch, » Entwicklung von Systemen zur Wärme- und FeuchteRückgewinnung in Gebäuden, » Entwicklung von Konzepten zur effizienteren Nutzung von Solarenergie für die Wassererwärmung, Heizung und Kühlung, » Entwicklung von Konzepten, Technologien und Planungswerkzeugen für die energietechnische Gebäudesanierung.13 Vor diesem Hintergrund erscheint es geboten, die Gebäude des Innovationsparkes Energie selbst den zukünftigen Anforderungen an ein energieeffizientes Haus zu unterwerfen. Gleichzeitig sollen die Gebäude dazu dienen, die experimentelle Forschung und Prüfung von Innovationen im Bereiche energiefreundlicher Gebäudeteilen und -systeme zu unterstützen. 13
Bundesamt für Energie: Konzept der Energieforschung des Bundes
2008 bis 2011, Bern 2007, Seite 13
Energie-Plus-Haus Ein Plus-Energie-Haus produziert über das Jahr gesehen mehr Energie, als für Heizung, Warmwasser und elektrischen Haushaltsstrom gebraucht wird. Dabei ist ein Plusenergiehaus nicht als ein autarkes Gebäude zu betrachten, sondern nutzt das öffentliche Elektrizitätsnetz als „Speicher“. Die im Sommer überproduzierte Energie kann in der Nacht oder im Winter wieder vom Elektrizitätsnetz bezogen werden. Die überschüssige Energie wird dabei durch eine Photovoltaikanlage gewonnen. Ihre Energieproduktion überschreitet dabei den tatsächlichen Energieverbrauch. Ein Plus-Energie-Haus ist ein kleines geothermisches und solares Kraftwerk. Im Vordergrund stehen dabei eine energieeffiziente Bauweise und die Nutzung erneuerbarer Energien wie Geothermie und Sonnenenergie. Die energieeffiziente Bauweise ist durch den Minergie-PStandard geregelt. Dieser betrifft die Dämmwerte der Böden, Decken und Wände, sowie der Fenster und Verglasungen. Weiter sollte der Bau einer luftdichten Gebäudehülle entsprechen, eine Wärmerückgewinnung bei der Lufterneuerung stattfinden und eine möglichst wärmebrückenarme Konstruktion sein. Zudem werden energieeffiziente Haushaltsgeräte und Haustechnik verwendet. Bei der Energiegewinnung unterscheidet man grundsätzlich zwischen thermischer Energie und elektrischem Strom. Die thermische Energie dient der Regulierung der Innentemperatur. Gewonnen wird diese aus der aktiven und passiven Nutzung der Sonnenenergie und durch Einsatz von Wärmepumpen, anstelle von z. B. Öl- oder Gasheizungen. Bei der passiven Nutzung der Sonnenenergie wird die durch die Verglasung einfallende Sonnenstrahlung dazu gebraucht, um Innenluft und Bauelemente (Boden, Wände) im Gebäude zu erwärmen. Bei der aktiven Nutzung erwärmen thermische Solarkollektoren das Brauchwasser. Elektrischer Strom wird aus Photovoltaikanlagen gewonnen. Durch die Kombination eines hochwertig isolierten Bauwerks, einem energieschonenden Bewusstsein bei den verwendeten Haushaltsgeräten und -technik und einer
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leistungsfähigen Photovoltaikanlage ist es somit möglich, eine positive Gesamtenergie-Bilanz zu erreichen. Die Europäische Solarcharta, verfasst von dreissig der weltweit einflussreichsten Architekten wie Thomas Herzog, Norman Foster, Renzo Piano und anderen, bringt es auf den Punkt: „Ein verantwortlicher Umgang mit der Natur und die Nutzung des unerschöpflichen Energiepotentials der Sonne müssen Grundvoraussetzung für die künftige Gestalt der gebauten Umwelt sein.“14 Das Niedrigenergiehaus verbraucht zu viel Energie, und selbst das Passivhaus emittiert noch CO2 in die Atmosphäre. Passiv genügt nicht, wir können unsere Häuser solar aktivieren! Deswegen wird für das Plusenergiehaus ein dreifaches Ziel gesetzt: 100 Prozent regenerative Energieversorgung, emissionsfreier Betrieb und positive Energiebilanz. Dazu kommen die Auswahl wohngesunder Baustoffe und die Umsetzbarkeit zu einem marktfähigen Preis. Für den Bereich des Neubaus ist das der entscheidende Durchbruch. Für die Stadt resp. die Gemeinde als energetische Gesamtorganismus kann das Plusenergiehaus ein Symbol sein, ein Anstoß für weitere Maßnahmen, ein Baustein für ein ganzheitliches Nachhaltigkeitskonzept, das Sanierung, Verkehr und andere Infrastrukturen, Grünflächen und Wassersysteme umfasst. 14
www.rolfdisch.com
Energie-Laborhaus Die Idee für ein Energie-Laborhaus beruht auf den folgenden Erkenntnissen: » Im Bereiche der energiearmen Gebäudeerstellung und -nutzung liegt ein erhebliches Forschungs- und Innovationspotential. » Sämtliche Innovationen im Bereiche der Energiegewinnung und -nutzung rund um das Gebäude werden vor der industriellen Fertigung in Gross-Serien praktischen Feldtests unterworfen. » Diese Feldtests können wesentlich erleichtert werden, wenn es gelingt, Gebäude so modular aufzubauen, dass energierelevante Teile und Systeme für Feldtests ohne grosse Umbauten ausgewechselt werden können. » Ein Energie-Laborhaus ist attraktiv für Investoren aus Bauindustrie, Gebäudetechnik und Energieanlagen. Die Gebäude im Innovationspark sollen also die Möglichkeit zur experimentellen Energieforschung im Bereiche energieoptimierter Gebäudekonzepte und -systeme bieten. Die Gebäude sind modular auf der Basis von leicht auswechselbaren Elementen und Systemen aufgebaut, um beispielsweise die Dämmwerte von Fenstern, Hausverkleidungen, Fassadenelementen usw. im praktischen Einsatz zu messen und zu optimieren. Das Innovative an den Gebäuden ist die leichte Auswechselbarkeit aller energierelevanten Bauteile sowie die Verfügbarkeit über eine hausinterne Messinfrastruktur.
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4.3 Innovationspark für Alpines Riskmanagement (in Raron) 4.3.1 Der globale Klimawandel und dessen Folgen für den Alpenraum Seit etwa 1970 wird eine Erwärmung der Atmosphäre beobachtet, die mit natürlichen Klimaschwankungen nicht mehr erklärbar ist. Im weltweiten Mittel gehörten die letzten sieben Jahre (2001-2007) zu den wärmsten seit Beginn der Temperaturmessungen. Die globale Durchschnittstemperatur hat in den letzten 100 Jahren (1906 2005) um 0.74°C zugenommen. Aufgrund sich verändernder Strömungen in der Atmosphäre und in den Ozeanen wird die Wärmeenergie ungleich über die Erde verteilt, Landoberflächen erwärmen sich schneller als die Ozeane, und es gibt regionale Verstärkungsprozesse (z. B. durch den Rückgang von eis- oder schneebedeckten Flächen). Aus all diesen Gründen fallen auch die Änderungen regional unterschiedlich aus.
Wo der gefrorene Untergrund im Alpenraum – der Permafrost – auftaut, wo sich die Gletscher zurückziehen, da bleiben riesige Schutthalden zurück. Als Folge der Klimaerwärmung fehlt dem Boden der „Kitt“, der ihn zusammenhält. Steine, Schutt und Geröll werden nicht mehr gebunden. Ausgelöst durch lang anhaltenden Regen oder Starkniederschläge rutschen Erd- und Felsmassen ab. Eine schlammige Masse aus Gesteinsbrocken und Wasser rast ins Tal. Tausende Kubikmeter Material können so den Berg hinabdonnern und Siedlungen, Bauten und Strassen zerstören. Auch Bäche und Flüsse werden durch die Gesteinsmassen gestaut. Bricht ein solcher Stau, kommt es zu Flutwellen und Überschwemmungen. Ob es sich bei einem Ereignis um Murgang, Steinschlag, Fels- oder Bergsturz handelt, wird aufgrund der abgebrochenen Masse definiert.
In der Schweiz lag der Temperaturanstieg im gleichen Zeitraum mit 1.5°C deutlich über dem globalen Durchschnitt. Klimamodelle lassen zudem erwarten, dass sich der Klimawandel im Alpenraum auch in Zukunft stärker auswirken wird als im globalen Mittel. Die Alpen sind fester Bestandteil der mitteleuropäischen Identität. Sie sind massgeblich am Wasserkreislauf beteiligt und überlebenswichtig für den Tourismus. Das ewige Eis symbolisiert nicht nur die Schönheit des alpinen Ökosystems. Die gefrorenen Böden – der Permafrost – halten ausserdem die Hochgebirgshänge zusammen und gelten als Schlüsselindikatoren für Klimaveränderungen sowie als Fiebermesser für Temperaturschwankungen. Seit dem Gletscherhochstand von 1850 sind etwa 100 Gletscher in den Schweizer Alpen verschwunden. Die Alpengletscher verloren in den letzten 150 Jahren rund einen Drittel ihrer Fläche und die Hälfte ihres Volumens.
In Zukunft muss jedenfalls in den alpinen Gebieten wegen der kontinuierlichen Klimaerwärmung mit einer höheren Intensität und Häufigkeit von solchen Rutschungen gerechnet werden. Ebenfalls prognostiziert die Wissenschaft aufgrund der Klimaerwärmung häufigere und ausgiebigere Starkniederschläge.
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Katastrophen kosten viel Geld Das Risiko für solche Katastrophen steigt mit der Klimaerwärmung. Die volkswirtschaftlichen Schäden sind enorm (Quelle: BAFU, 2007): 17 » Das Hochwasser von Brig (1993) hat die Versicherungen 600 Millionen Franken gekostet. Zwei Menschen kamen ums Leben. » Die Schlammlawine von Sachseln (1997) hinterliess in der viertgrössten Gemeinde des Kantons Obwalden Schäden in der Höhe von 120 Millionen Franken. Sachseln ist wie viele Siedlungen in der Schweiz auf alten Schuttkegeln gebaut. Der Bach hat schon mehrmals gewütet, und er wird wieder kommen. » Der Hitzesommer 2003 verursachte bei den Schweizer Bauern Ernteeinbussen von bis zu 500 Millionen Franken. Gesamteuropäisch werden die Schäden der Trockenperiode während des Sommers 2003 auf 12,3 Milliarden Dollar geschätzt. » Die schweizerische Schadenssumme des August-Hochwasser 2005 liegt bei 2,5 Milliarden Franken. 6 Personen verloren dabei ihr Leben, 17 Kantone waren vom Unwetter betroffen. Damit ist es das schwerste bisher registrierte Einzelereignis in der Schweiz. Der Klimawandel wird damit zu einer Herausforderung, die eine rechtzeitige Anpassung und neue Denkansätze erforderlich macht. 17
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK): Klimabericht, 16. August 2007
4.3.2 Warum überhaupt ein Forschungs- und Innovationscluster „Alpines Riskmanagement“? Im Alpenraum sind alle sozioökonomischen Faktoren vereint, welche die Biodiversität einer Region beeinflussen: Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Siedlungen, Transporte, Tourismus, Wasserkraft, Schutz gegen Überschwemmungen usw. Gebirgslandschaften wie die Schweiz sind überdurchschnittlich von der globalen Klimaveränderung betroffen. Diese müssen sich darauf einstellen, dass die Risiken von Naturgefahren zunehmen. Zudem steigen durch die immer dichtere Besiedlung, den zunehmenden Verkehr sowie die wachsenden Ansprüche in Beruf und Freizeit die Schutzbedürfnisse immer weiter. Als Gebirgsland mit beträchtlichen Höhenunterschieden auf engstem Raum ist das Wallis den verschiedenen Naturgefahren besonders stark ausgesetzt und eignet sich dadurch auch besonders, um sich diesen Themen führend anzunehmen und hier einen Innovationspark „Alpines Riskmanagement“ anzusiedeln. Ziel ist es, Risiken in Gebirgslandschaften für Menschen und Sachwerte mit einem umfassenden Risikomanagement auf ein tragbares Mass zu senken. Gefragt sind nicht nur neue Denkansätze, sondern auch neue Forschungs-, Entwicklungs- und Anwendungsmethoden.
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Die Schweiz und insbesondere das Wallis sollen diesbezüglich weltweit eine der ersten Adresse werden. Dank des ökoregionalen Ansatzes werden Kräfte und Einsätze gebündelt, und die langfristigen Auswirkungen eines wissenschaftlichen Projektes auf den Erhalt der Biodiversität hin vorgängig bewertet. Die Grundidee des Clusters ist es, einerseits möglichst viele Bereiche und Aktivitäten an einem Ort zu bündeln oder zumindest deren Ergebnisse zu sammeln, um ein grösstmögliches Potenzial an Synergien zu erreichen. Dies soll in einem Nationalen Haus für Alpines Riskmanagement erfolgen, welches im Innovationspark in Raron steht. Andererseits sollen Versuchsanlagen in den dafür vorgesehenen Innovationshallen aufgebaut werden. Ein aktuelles Beispiel wäre die jüngst an der ETHZ aufgebaute Simulationsanlage für Hochwasser.
4.3.3 Innovations- und Entwicklungsbereiche des Alpinen Riskmanagements Hochwasser, Murgänge, Erdrutsche, Felsstürze, Lawinen, Stürme und Erdbeben wird es in der Schweiz immer geben. Durch eine optimale Anpassung an diese Naturgefahren können wir die Schäden mit gezielten Massnahmen jedoch verhindern oder mindestens begrenzen.
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4.3.3.1 Integrales Risikomanagement Der Schutz vor Naturgefahren erfolgt heute nach den Grundsätzen des integralen Risikomanagements. Dabei werden die möglichen Massnahmen und Handlungen im Risikokreislauf aufeinander abgestimmt. Es sind dies: » Die Vorbeugung gegen ein Ereignis (Prävention und Vorsorge), » Die Bewältigung der Probleme während eines Ereignisses (Intervention und provisorische Instandstellung), » Die Regeneration nach einem Ereignis (definitive Instandstellung und Wiederaufbau).
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Das integrale Risikomanagement erkennt und beurteilt Risiken aus Naturgefahren und reduziert sie mit einer optimalen Kombination geeigneter Schutzmassnahmen. Dabei ist es wichtig, dass die verschiedenen Massnahmenarten gleichwertig betrachtet und allein oder in Kombination eingesetzt werden. Angepasst an den Innovationscluster Alpines Riskmanagement sehen wir primär in folgenden Bereichen Forschungs-, Entwicklungs- und Anwendungsmöglichkeiten:
4.3.3.2 Konkrete Innovations- und Entwicklungsbereiche Im Cluster Alpines-Riskmanagement bieten sich in folgenden, auf den natürlichen Standortbedingungen des Wallis begründeten, Bereichen konkrete Innovations- und Entwicklungsmöglichkeiten an:
Permafrost
Erdrutsch Felssturz
Murgang
Gletscher abbruch
Lawine
Sturm
Hochwasser
Messung, ng, Beobachtung tung des Risikofaktors kof (Früh-) üh- Warnung g bei b Risikoeintritt intr Prävention on (Verhinderung erung des Risikoeintritts) ikoe Schutzmassnahmen ma n (Schadensverhütung) (S h erh Intervention In n im Schadenfall nfal f lll (Schadensbegrenzung) ( nsb g) Provisorische Instandstellung Prov IIns ung Wiederaufbau derauf
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Erfassen der natürlichen Veränderungen
Gefahrenvermeidung /-warnung,
» Klimatische Veränderungen (Erwärmung)
Risikoverminderung – Prävention
» Geologische Veränderungen im Gebirge
» Beobachtungen
» Gletscher-Entwicklung (Rückgang oder ev. sogar Wachstum)
» Warnsysteme / Alarmwesen » Information, Kommunikation (Interessierte /Betroffene)
» Auftauen von Permafrost » Gelände-Instabilitäten
Interessierte Bereiche für Innovation und Entwicklung:
Interessierte Bereiche für Innovation und Entwicklung:
Kommunikation, Informatik, Mess- und Übermittlungstechnik
Klimatologie, Glaziologie, Geologie, Geotechnik, Geomatik, Messtechnik, Biologie, Ingenieurwesen Gefahrenbewältigung: Schutz- und Bewältigungsmassnahmen Erfassen von Naturgefahren
» Raumplanerische Massnahmen (Gefahrenzonen usw.)
» Gletscherabbrüche, Gletscherseen
» Bauliche Massnahmen (Schutzbauten, Verbauungswesen etc.)
» Lawinen, Schneerutsche, » Bergstürze, Block- und Steinschläge, » Rutschungen, Erosionen, » Hochwasser, Überflutungen, » Murgänge,
» organisatorische Massnahmen (Aufbau und Betrieb von Schutzorganisationen ) » Waldbau / Schutzwälder (Pflege und Bewirtschaftung) » künstliche Ereignisauslösungen (Lawinen- und Felssprengungen etc.)
» Erdbeben, » Waldbrände. Interessierte Bereiche für Innovation und Entwicklung: Gefahrenbeurteilung, Geologie, Geotechnik, Geomatik, Hydrologie, Wasserbau, Hydrogeologie, Forstingenieurwesen, Seismik, Ingenieurwesen, Felssicherungstechnik
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Interessierte Bereiche für Innovation und Entwicklung: Raumplanung, Ingenieurwesen, Architektur, Forstwesen, Bauwesen, Produktion von Schutzanlagen und -einrichtungen (Schutznetze, Verbauungselemente, Sprengvorrichtungen usw.)
Ereignisbewältigung » Suche nach Vermissten / Verunfallten usw. » Erste Hilfe » Bergungen / Rettungen » Transporte (Verletzte, Verunfallte, Materialien, Bauten etc...)
Interessierte Bereiche für Innovation und Entwicklung: Medizin, Sanität, Rettungswesen, Transportwesen
Eine weitere Besonderheit ergibt sich bautechnisch durch die Abgelegenheit (meistens nur über den Luftweg erreichbar) und eine klima- und wetterbedingte kurze Bauzeit. In einem ersten Schritt soll eine sich ständig weiterentwickelnde Modellhütte errichtet werden, in der z. B. auch das „Innovationszentrum für Alpine Riskmanagement“ untergebracht sein kann.
Ein solches Gebäude müsste den folgenden Anforderungen entsprechen: » Ein „Autarkes Haus“ funktioniert unabhängig von Stromlieferungen, Heizöl und Gas: ein Haus, das keinen Kanalisationsanschluss braucht und das mit dem auskommt, was die Natur vor Ort zur Verfügung stellt: Wasser, Wärme, Kälte, Luft und Boden. Ein Haus ohne Verzicht auf den Wohnkomfort wie Heisswasser, Kühlschrank, Backofen, Fernsehen und Computer.
4.4 „Swiss Alpine Hut“ als Modell für hochalpines Bauen In den Alpen gibt es viele Berghütten und Bergrestaurants, die abgelegen und getrennt von der zivilen Infrastruktur, zwischen 2'000 und 4'500m ü. M. stehen. Die meisten dieser Gebäude müssen auf Grund ihrer Lage vollständig autark sein.
M
Primär geht es hierbei um Themen wie: » Energieversorgung, » Abwasserbehandlung /-entsorgung, » Wasserversorgung (Trink- und Brauchwasser), » Abfallentsorgung, » Telekommunikation. Zudem stellen bei diesen Hütten die gebäudetechnischen Ansprüche eigentliche Herausforderungen dar. Themen wie Isolation (Kälte, Wind), Fundamentation (Fels, Permafrost), Statik (Schnee- und Luftdruck durch Lawinen).
Konzept der Energiegewinnung im Haus „Autarkes Wohnen“
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» In den industrialisierten Ländern wie der Schweiz wird ca. 50 % des gesamten Energieverbrauchs durch Gebäude verursacht. 75 % des gesamten Wassers, das von den Wasserfassungen gesammelt wird, wird für Gebäude verwendet und verschmutzt an die Abwasserreinigungsanlagen weitergeführt. » „Autarkes Wohnen“ ist ein von sämtlichen Anschlüssen für Wasser, Kanalisation, Elektrischer sowie Heizungsenergie unabhängiges Haus, das keine Betriebskosten verursacht. Die neu konzipierte Vernetzung in der Bauphase und die Verwendung von natürlichen Baustoffen senken den Anteil an grauer Energie um ein Vielfaches. Ein autarkes Haus wird mit den Ressourcen betrieben, die auf dem Grundstück von Natur her vorhanden sind: Sonne, Regen, Pflanzen. Sämtliche Überschüsse, die das Haus produziert, werden wieder verwendet. Das autarke Haus arbeitet mit der Natur und nicht gegen sie.
Raumplanerische Ausscheidung einer Innovationszone Auch in Raron soll raumplanerisch eine „ Innovationszone“ ausgeschieden werden. In dieser Zone sollen Investoren – mit Unterstützung von Bundesgeldern – angesiedelt werden, welche im Bereiche des Alpinen Riskmanagements Innovation und Entwicklungen betreiben.
Modell der Vernetzung von Energie- und Wasserhaushalt im Prototypenhaus „Autarkes Wohnen“ Quelle Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur.
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Teil 5: Voraussetzungen zur Umsetzung/Realisierung
5.1 Politischer Wille
5.2 Notwendige raumplanerischen Voraussetzungen
Der politische Wille zur Realisierung des Swiss Innovation Park, resp. der Zweigstelle Westschweiz / Wallis muss zunächst von den beiden Standortgemeinden Raron und Turtmann ausgehen. Dieser wird zum einen durch die Beteiligung der Gemeinden an der Stiftung Forschung Schweiz und zum andern durch ein rasches Handeln zur Umsetzung des erarbeiteten Konzeptes manifestiert. Es braucht dazu klare Entscheide der Gemeinden, ein koordiniertes Vorgehen und einen zielgerichteten Aktionsplan.
Die Raumplanungsgesetzgebung des Bundes (RPG und RPV) sowie des Kantons (kRPG) verlangen im Hinblick auf die Realisierung des Innovations- und Forschungsparks eine Abstimmung der raumwirksamen Aufgaben (Art. 2 RPG) sowie Baubewilligungen, welche an die Bedingungen geknüpft sind, dass die geplanten Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen und das Land erschlossen ist (Art. 22 RPG).
Von ebenso grosser Bedeutung ist die Unterstützung durch den Kanton, einerseits durch das Schaffen günstiger Rahmenbedingungen und anderseits durch das Mitwirken der Regierung (Staatsrat) in der Trägerschaft (z. B. Stiftungsrat). Weiter sind die Mitarbeit der interessierten Dienststellen (DWE, DTB etc.) in den Gremien sowie eine fachliche und finanzielle Unterstützung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Instrumente der kantonalen und regionalen Wirtschaftsförderung notwendig. Ferner sind auch die übrigen kantonalen Dienststellen gefordert, wenn es um die Umzonungen und die Erteilung der erforderlichen Bewilligungen gehen wird. Schliesslich muss auch von den politischen Mandatsträgern, insbesondere von den eidgenössischen Parlamentariern, dezidierte Unterstützung kommen. Im Falle Raron und Turtmann kann in Bezug auf den politischen Willen auf die Äusserungen von Bundesrat Couchepin und Staatsrat Roch an der Pressekonferenz vom 11. Oktober 2007 verwiesen werden.18 18
Tagesanzeiger vom 06.10.07; Walliser Bote vom 12.10.07
Die Ansiedlung von Anlagen und Einrichtungen für Forschung und Innovation auf den Arealen der ehemaligen Militärflugplätze von Raron und Turtmann sind zweifelsfrei raumwirksame Aufgaben. Diese sind zunächst auf der Stufe Richtplanung koordinatorisch anzugehen. Dazu ist ein möglichst flexibles und überkommunal koordiniertes Raumnutzungskonzept zu definieren (siehe unten). Schliesslich ist durch die Standortgemeinden die nutzungsplanerische Zonenkonformität zu schaffen, indem eine geeignete Zone im Sinne von Art. 18 RPG (Weitere Zonen) ausgeschieden und die entsprechenden reglementarischen Bestimmungen geschaffen werden.
Es ist deshalb ein dreistufiges Vorgehen vorzusehen: 1. Stufe kantonale Richtplanung Zunächst ist ein konkretes überkommunal koordiniertes Raumnutzungskonzept zu definieren und dieses mit der kantonalen Dienststelle für Raumplanung vorzuberaten (in einem Vorprüfungsverfahren, unter Miteinbezug der weiteren involvierten kantonalen Dienststellen). Der Kanton wird dann dazu Stellung nehmen (Entscheid des Kantons zur Richtplankonformität).
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2. Stufe kommunale Nutzungsplanung
5.3 Trägerschaft
Für die Schaffung der Zonenkonformität sind die Gemeinden zuständig. Sie nehmen die Einzonungen der notwendigen Böden vor, dies gemäss den diesbezüglichen Vorgaben des kantonalen Raumplanungsgesetzes (Art. 33 ff). Vorzusehen wäre auf Territorium der beiden Gemeinden je eine „Zone für Innovation, Forschung und Entwicklung“. Dabei ist das folgende Verfahren durchzuführen:
Die Innovations- und Forschungsparks benötigen eine eigene Trägerschaft, selbständig und mit eigener Rechtsperson sowie überkommunal abgestützt.
» Erarbeitung der Pläne durch die Gemeinden und Information der Bevölkerung, » öffentliche Auflage mit Einsprachemöglichkeit (Art. 34); 10 oder 30 Tage, » Einigungsverhandlungen mit den Einsprechern und Bereinigungen (Art. 35), » Entscheide (Annahme) durch die Urversammlung (Art. 36), » Genehmigung (Homologation) durch den Staatsrat (Art. 38). Zum gegebenen Zeitpunkt ist die kantonale Dienststelle für Raumplanung in die konkreten Beratungen und Arbeiten mit einzubeziehen.
5.3.1 Rechtsform des Swiss Innovation Parks Westschweiz Als ideale Rechtsform empfiehlt sich die Gründung einer privatrechtlichen gemeinnützigen Stiftung. Damit werden ideale Voraussetzungen geschaffen, um: » einerseits von den gleichen Subventionsbestimmungen des Bundes wie Dübendorf sowie von der Steuerbefreiung profitieren zu können und » anderseits die Zusammenarbeit mit Dübendorf institutionell zu erleichtern. Dazu wird in Zusammenarbeit mit dem Verein „Machbarkeit Stiftung Forschung Schweiz“ die Frage geprüft, ob eine Art „Unterstiftung“ rechtlich und faktisch möglich ist.
3. Stufe: Baubewilligung Sobald die notwendigen Zonenkonformitäten geschaffen und erste konkrete Projekte für Bauten und Anlagen geplant sind, müssen bei den Standortgemeinden die Baubewilligungen eingeholt werden. Mit Blick auf den zeitintensiven Umsetzungsprozess in Dübendorf gilt es, in Raron und Turtmann das raumplanerische Verfahren möglichst schnell einzuleiten, um damit Modell-Charakter für die Stiftung Swiss Innovation Park zu erlangen.
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5.3.2 Organisation Es empfiehlt sich, die Stiftung wie folgt zu organisieren:
» Die Festlegung der Stiftungspolitik und -strategie, umfassend die Leitidee der Stiftung, die Grundsätze zur Organisation und Finanzierung, zu strategischen Partnerschaften und zur Förder- und Ansiedlungspolitik.
Stiftung Stiftungsrat Beirat beratendes Gremium Geschäftsstelle
Stiftung / Stiftungsrat Zu gründen ist eine Stiftung im Sinne von Art. 80 ff ZGB. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Gründern / Stiftern und den Mitstiftern. Die Stiftung müsste von den Standortgemeinden lanciert und zusammen mit dem Kanton und weiteren Interessierten (Institutionen, Unternehmen und natürlichen Personen) gegründet werden.
Mitglieder des Stiftungsrates sollten werden: » der Präsident/Vorsitzender der Arbeitsgruppe » Vertretung der Stiftung Forschung Schweiz » Vertretungen der Standortgemeinden » Vertreter der interessierten Hochschulen » Vertretungen der Industrie, von Institutionen etc. » und interessierte Private
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Der Stiftungsrat vertritt die Trägerschaft in strategischen Fragen. Ihm obliegt die Oberleitung der Stiftung:
Der Stiftungsrat regelt im Weiteren die Unterschrifts- und Vertretungsberechtigung für die Stiftung, wählt die Mitglieder des Stiftungsrates, der Revisionsstelle und der Mitglieder aller anderen Stiftungsorgane, setzt die Geschäftsstelle ein, beauftragt und kontrolliert diese, genehmigt das Budget, nimmt die Jahresrechnung ab und nimmt alle Aufgaben wahr, welche nicht explizit einem anderen Stiftungsorgan zugeordnet sind.
Geschäftsstelle Die Geschäftsstelle ist das ausführende Organ der Stiftung. Sie übernimmt die operative Leitung der Stiftung. Die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeit der Geschäftsstelle sowie die Honorierung der Geschäftsstelle werden durch den Stiftungsrat festgelegt. Der/die Geschäftsführer/-in nimmt mit beratender Stimme an den Sitzungen des Stiftungsrates teil. Es empfiehlt sich, die Geschäftsstelle – aus Neutralitätsgründen – nicht direkt bei einer der beiden Gemeinden anzusiedeln, sondern bei einer Dritt-Institution mit benutzbarer Infrastruktur. Damit lassen sich unnötige Aufbau- und Infrastrukturkosten sparen.
Beirat Der Beirat hat primär beratende Aufgaben, sowohl für den Stiftungsrat wie auch für die Geschäftsstelle. Letztere hat er fachlich zu begleiten und zu unterstützen.
In diesem Beirat vertreten sollten sein: » die Standortgemeinden » involvierte / interessierte Bundesämter (z. B. Forschung, Berufsbildung etc.) » involvierte / interessierte kantonalen Dienststellen (DWE, DTB etc.) » Experten / Fachpersonen » Vertreter der Industrie. Hinzu kommen als weitere Organe die Revisionsstelle sowie allenfalls ein Gönner-/Patronatskomitee, dessen Mitglieder die Stiftung primär als Gönner oder Botschafter unterstützen.
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5.3.4 Finanzierung
Mittelverwendung
Für die Umsetzung des Konzeptes Swiss Innovation Park Westschweiz / Wallis müssen die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen. Diese sollen grundsätzlich nicht die Finanzhaushalte der Standortgemeinden belasten, sondern anderweitig akquiriert werden.
Die Umsetzung des Konzeptes Swiss Innovation Park wird Kosten in den folgenden Bereichen verursachen: » Standortallokation / Standortentwicklung (Einzonung, Erschliessung etc.), » Öffentlichkeitsarbeit, Marketing usw., » Finanzierung der Geschäftsstelle und der weiteren Organe.
Mittelbeschaffung Es bieten sich die folgenden Finanzierungsquellen / -möglichkeiten an: » Stiftungskapital und -zinsen, » Boden des Bundes und der Gemeinden im Baurecht, » Beiträge der Stiftung Forschung Schweiz, » Gönnerbeiträge von der Industrie, vom Gewerbe etc., » Gelder der Gemeinden aus den Bodenrückverkäufen an den Bund, » Zinseinnahmen der verliehenen Baurechte, » Beiträge Dritter (z. B. Loterie Romande etc.). » sowie Fremdmittel über die Hypothezierung der Baurechtsparzellen.
In Anlehnung an das Konzept der Stiftung Forschung Schweiz und in Berücksichtigung der Antwort des Bundesrates auf das entsprechende Postulat sollten die Gemeinden die vom VBS zurückgekauften Böden wieder an den Bund zurückgegeben. Dieser überweist dann die seinerzeitigen Verkaufserlöse an die Gemeinden zurück. Der Bund wiederum stellt schliesslich die Böden der Stiftung gratis im Baurecht zur Verfügung. Die Gemeinden investieren das zurück erhaltene Geld in die Standortentwicklung.
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Für diese Aktivitäten sollen die der Trägerschaft zur Verfügung gestellten Mittel verwendet werden. Dieses Konzept ermöglicht eine Realisierung des Vorhabens ohne Belastung der Finanzhaushalte der Standortgemeinden. Finanzeinnahmen der Gemeinden sind direkt durch Steuern und Gebühren der sich ansiedelnden Institutionen und Betriebe sowie der dort Arbeitenden zu erwarten sowie indirekt durch die entsprechend ausgelösten wirtschaftlichen „Dritt-Impulse“.
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Teil 6: Vorschläge zum weiteren Vorgehen
Die Beauftragten sind von der grundsätzlichen Machbarkeit eines Innovationsparks Wallis auf den Arealen der ehemaligen Militärflugplätze von Raron und Turtmann überzeugt. Der Entwurf des Berichtes zur Machbarkeit ist am 10. Oktober 2008 der Arbeitsgruppe und den Gemeinden abgegeben worden. Am 20. November 2008 konnte dieser durchberaten und am 17. Dezember 2008 in Raron den Gemeinde- und Burgerräten von Raron und Turtmann vorgestellt werden. Nach der Genehmigung durch die Gemeinden werden die Ergebnisse der Studie der Öffentlichkeit vorgestellt (Medien, ev. Urversammlungen etc.). Am 16. März 2009 tagte der Vorstand des Vereins Machbarkeit Stiftung Forschung Schweiz. Anlässlich dieser Sitzung konnte die Initiative Wallis / Westschweiz dem Vorstand zur Genehmigung unterbreitet werden. Gemäss den Vorschlägen im Kapitel 5.3.2 sollte zur konkreten Umsetzung des Vorhabens eine Geschäftsstelle eingesetzt werden. Dies erfordert einige Vorbereitungsarbeiten sowie Zeit. Deshalb wird es notwendig sein, eine Übergangsregelung zu treffen; d. h. es ist festzulegen, wer die notwendigen Arbeiten bis zum Arbeitsbeginn der Geschäftsstelle zu leisten hat. Zum einen sollte die Arbeitsgruppe zur Weiterarbeit beauftragt werden, und zum andern wäre ein temporäres Arbeitsmandat zu erteilen, dies inkl. Regelung der Übergangsfinanzierung. Die Hauptaufgaben der „Übergangs-Beauftragten“ bestehen dann in der Vorbereitung der Trägerschafts- (Stiftungs-) -Gründung, der Ernennung/Einsetzung der Geschäftsstelle (inkl. Erarbeitung des entsprechenden Leistungsauftrages) sowie der Suche nach ersten Pilot-Projekten.
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Parallel dazu müssten die raumplanerischen Rahmenbedingungen/Voraussetzungen geschaffen werden, einerseits auf richtplanerischer Stufe (Raumnutzungskonzept) und anderseits auf der Stufe kommunale Nutzungsplanung (Zonenkonformität). Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Beauftragten, den Gemeinderäten und den Ortsplanern der beiden Gemeinden (siehe Kapitel 5.2). Schliesslich sind in der Übergangsphase mit den Bund die Boden- und Finanzierungsverhandlungen zu führen. Dies muss über die Gemeinde erfolgen, jedoch mit Begleitung und Unterstützung der Arbeitsgruppe und der Beauftragten.
Die vorangehend entwickelten Vorgehens Vorschläge können wie folgt zusammengefasst werden:
Vorgehensvorschläge
Aufgabe
Wer
Termin
Medien-Präsentation der Studienergebnisse
Arbeitsgruppe
im Juni 2009
Schaffung Trägerschaft / Rechtsperson:
Gemeinden +
Mitte 2009
Stiftungsgründung + Genehmigung Finanzierungskonzept
Arbeitsgruppe
Übergangslösung Geschäftsstelle
» Arbeitsgruppe
Suche nach Pilotprojekten und ersten Investoren
» Beauftragte
Vorbereitung der raumplanerischen Voraussetzungen
Gemeinden
ab Mitte 2009
Verhandlungen mit dem Bund bez. Boden u. Finanzierung
Gemeinden
ab Mitte 2009
Notwendige Einzonungen
Gemeinden
1. Hälfte 2010
Einsetzen der Geschäftsstelle
Stiftungsrat
Mitte 2010
Verhandlungen mit den Investoren
Geschäftsstelle
2. Hälfte 2010
Bau der „Musterhäuser“ und deren Bezug
Geschäftsstelle
2011
Frühling 2009
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Teil 7: Gesamtbeurteilung
In Verbindung mit der national ausgerichteten Stiftung Forschung Schweiz bietet sich dem Wallis die einzigartige Chance, einen Innovationspark im Raume Raron – Turtmann zu realisieren, der die natürlichen Standortvorteile des Kantons für die experimentelle Feldforschung und Innovation nutzt. Es geht dabei um die Umsetzung des föderalistischen Prinzips bei den Bemühungen der Stiftung Forschung Schweiz zur wertschöpfenden Nachnutzung des Militärflugplatzes in Dübendorf. In Raron und Turtmann bestehen ebenfalls Militärflugplatz-Areale, mit dem Unterschied zu Dübendorf, dass deren Nutzung durch das VBS bereits aufgegeben worden und die Böden grösstenteils an die Gemeinden abgetreten worden sind. Das Wallis bietet ein höchst attraktives Umfeld für angewandte Forschung und Entwicklung. Geschaffen werden soll ein komplementärer Innovationspark zu jenem, der in Dübendorf geplant ist. In föderalistischer Gleichbehandlung ist die Zweigstelle Westschweiz / Wallis auch bezüglich Finazierung durch den Bund gleich zu behandeln. Dabei stehen die beiden Innovations-Cluster „Energie“ und „Alpines Riskmanagement“ im Vordergrund. Bei beiden Clustern geht es um die Nutzung der natürlichen Rahmenbedingungen des Kantons Wallis als Grundlage für die experimentelle Feldforschung und Innovation.
Die für einen erfolgreichen Innovationspark geforderte Fläche von 60 bis 100 ha ist im Wallis / Oberwallis nur im Verbund der beiden Standortgemeinden Raron und Turtmann umsetzbar. Die Nutzung dieser Areale sollte unbedingt schrittweise erfolgen, um die gewonnenen Erfahrungen laufend in die Weiterentwicklung des Innovationsparkes einfliessen zu lassen. Bedingung für die erfolgreiche Initiierung des Innovationsparkes sind die rasche Entscheidfindung in den beiden Gemeinden sowie die sofortige Einsetzung einer Übergangs-Organisation bis zur Gründung der Stiftung. Diese Organisation hat parallel die Stiftungsgründung, die Schaffung der raumplanerischen Voraussetzungen, die Kontaktaufnahme mit Dübendorf, die Verhandlungen mit dem Subventionsgeber „Bund“ sowie mit potentiellen Investoren an die Hand zu nehmen.
Raron und Turtmann, Juni 2009
Team A » Stany Andenmatten » Carlo Imboden » Anton Ruppen » Hans Ruppen » Patrick Z'Brun
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Teil 8: Anhang
Gemeinde Raron Burgergemeinde Kanton
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Gemeinde Turtmann
Ehemaliger Milit채r-Flugplatz
Burgergemeinde VBS
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WALLIS
Einer dieser Forschungsparks soll auf dem bisherigen Militärflugplatz Dübendorf eingerichtet werden, ein weiterer in der Westschweiz, wobei dieser Standort noch nicht definiert ist. Dadurch hellhörig geworden, suchte der Direktor der Fernfachhochschule Schweiz, Prof. Dr. Kurt Grünwald den Kontakt zu Ambros Bumann, Präsident der FDP Oberwallis. Dieser wiederum organisierte ein Treffen zwischen ihm und dem Initianten der Motion, Nationalrat Ruedi Noser. Am 2. Oktober kam es zu Informationsgesprächen mit den beiden Walliser Staatsräten Claude Roch (Erziehungsdepartement) und JeanMichel Cina (Volkswirtschaft). Wenige Tage später wandten sich die Promotoren auch an die
Auslegeordnung mit Bundesrat Couchepin
Rückblende: FDP-Nationalrat Ruedi Noser hatte im September im Parlament eine Motion eingereicht, die dafür sorgen soll, dass der Bundesrat die Planung von einem oder zwei nationalen Forschungsparks (siehe Kasten) an die Hand nimmt. Diese sollen auf brachliegenden Grundstücken angesiedelt werden, für die das Militär keine weitere Verwendung mehr hat.
O b e r w a l l i s. – Auf den brachliegenden Militärflugplätzen von Raron und Turtmann sollen sich dereinst international tätige Firmen rund um einen Forschungspark ansiedeln und zusammen einen nationalen Innovations- oder Wissenspark bilden.
ständlich nicht allein durch die Politik. Auch die Wirtschaftsplayer müssen mitziehen. «Und hier haben wir mit Lonza, Synthes, Scintilla, Bosch und Alcan, um nur einige zu nennen, sicher genug Firmen, die alles Interesse an einem derartigen Wissenspark haben sollten», so der Professor.
Es liegt nun an den Räten der
Konkurrenzdenken muss abgelegt werden
Das Oberwallis erfüllt die
Was ist ein Wissenspark?
ren. Wenn man es nämlich nicht probiert, gibt es mit Sicherheit nichts», so Pascal Couchepin.
beiden Oberwalliser Gemeinden, ob sich die Saat dieser Vision auf fruchtbarem Boden entwickeln kann. Will man verhindern, dass sie verdorrt, braucht es ein grosses Engagement und eine intensive und effiziente Zusammenarbeit beider Kommunen. Denn wollen sie Erfolg haben, müssen sich die beiden Gemein-
Nach ihrer Gesprächsrunde posierten die Politiker, die altehrwürdige Burgkirche im Hintergrund (von links): Staatsrat Claude Roch, Daniel Troger (Gemeindepräsident Raron), Nationalrat Jean-René Germanier, Bundesrat Pascal Couchepin, Martin Leiggener (Gemeindepräsident Turtmann), Prof. Dr. Kurt Grünwald (Direktor Fernfachhochschule Schweiz) sowie Ambros Bumann (Präsident FDPO). Fotos wb
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Wie geht es nach der ersten Auslegeordnung nun weiter? «Nun folgen Gespräche mit dem Bund, dem Kanton, der Region, den Gemeinden und
Ein erster Schritt ist getan
wek) In Cambridge, England, wurde im Jahre 1970 der Cambridge Science Park aus der Taufe gehoben, der heute über 5000 Mitarbeitende aus 90 Firmen auf einer Gesamtfläche von 61,5 Hektaren und insgesamt 145 000 Quadratmeter Büro- und Laborfläche verfügt. Aus den 350 Hightechfirmen, die bis 1985 rund um Cambridge entstanden sind, sind heute einige Tausend geworden. Mit der Zeit entwickelte sich ein dynamischer Hightech Cluster, in dem sich weitere Technologiefirmen und deren Forschungseinrichtungen ansiedelten. Zu Softwarefirmen kamen Biotechfirmen hinzu, verbunden mit Universitätsteams entstanden Genom-Forschungsprojekte. In der Region um Cambridge arbeiten zudem Technologie-Beratungsfirmen und Patent-Anwaltskanzleien. Bereits 1998 beschäftigten rund 1300 Hightechfirmen mehr als 32 000 Mitarbeiter in der Region.
Das Beispiel Cambridge
Auf den Arealen der Militärflugplätze Raron und Turtmann soll einst ein nationaler Wissenspark entstehen
Eine Chance für das Oberwallis
Freitag, 12. Oktober 2007
Bundesrat Pascal Couchepin ist von der Idee sehr angetan: «Wenn ich noch Gemeindepräsident von Martinach wäre, würde ich das Dossier einige Abende studieren und mit grossem Interesse näher ansehen.» Vom Bund sind indessen keine weiteren Impulse zu erwarten. Erst müsse der gesetzliche Rahmen realisiert werden, damit brachliegende militärische Gebiete für derartige Verwendungszwecke zur Verfügung gestellt werden können. «Getragen werden muss das Projekt aber von unten. Die Gemeinderäte müssen nun entscheiden, ob sie da mitmachen wollen, oder nicht», betonte der Bundesrat. «Der Kanton wird gerne die Federführung übernehmen, was die Koordination des Projekts angeht», versprach Staatsrat Claude Roch. Sollte sich ein konkretes Projekt entwickeln, werde dieses anschliessend vom Bund geprüft. «Versprechen kann ich natürlich nichts. Aber man muss zuerst probie-
Wer nicht probiert, hat schon verloren wek) Während in der Schweiz überhaupt erst laut über die Einrichtung von nationalen Forschungs- und Innovationsparks nachgedacht wird, werden weltweit Dutzende solcher Wissens- und Forschungszentren errichtet. Allein in Asien sollen nicht weniger als 800 neue Wissenszentren in Planung oder Ausführung sein. Eine Studie hat gezeigt, dass es überall die gleichen Voraussetzungen braucht, um als Wissenspark erfolgreich zu sein. Neben der räumlichen Nähe zu ausgezeichneten Hochschulen müssen die Gebiete verkehrstechnisch hervorragend erschlossen und in sichere Wohnquartiere und ein attraktives Kultur- und Freizeitangebot eingebettet sein. Auch müssen Erholungsgebiete schnell und einfach erreichbar sein. Zudem suchen potenzielle Investoren nach Standorten, die über ausreichend strategische Planungsreserven verfügen und somit langfristig Entwick-
den bedingungslos an einen Tisch setzen und kräftig am selben Strick ziehen. Beide Präsidenten sind von der Idee sehr angetan und sicherten zu, eine Kommission auf die Beine zu stellen, um das Projekt voranzutreiben. Dazu müssen die Protagonisten aber auch ihr bisheriges Konkurrenzdenken schonungslos ablegen. Denn bisher traten Turtmann und Raron eher als Rivalen auf. Man denke nur an den Kampf um die Autobahnraststätte. Es bietet sich nun die Chance, einvernehmliche Lösungen zum Wohle beider Gemeinden zu finden, wobei auch die Raststätte in die Überlegungen einbezogen werden sollte. Nun sind die klügsten Köpfe beider Gemeinden gefragt. Denn eines ist sicher: Streit und Uneinigkeit sind der garantierte Tod dieser einmaligen Chance, die sich beiden Gemeinden nun bietet, endlich wirtschaftlich einen entscheidenden Schritt voranzukommen. Das sieht auch Bundesrat Pascal Couchepin so: «Entscheidend ist der Wille der beiden Gemeinden.»
der Industrie. Danach auch mit den verschiedenen Hochschulen», so Nationalrat Jean-René Germanier. Und sobald die Gründung der «Stiftung Forschung Schweiz», welche als Trägerin der Wissensparks fungieren soll, stattgefunden hat, muss das gemeinsame Projekt aus Raron und Turtmann in den Prozess einfliessen. Man will von der ersten Stunde an dabei sein. Erst nach diesem Schritt soll eine konkrete Standortanalyse und Machbarkeitsstudie im Raum Raron/Turtmann gemacht werden. Das ganze ist ein mittel- und langfristiger Prozess. Bis Forschungszentren, Spinoffs davon und Firmenansiedlungen über die Bühne gehen, fliesst noch viel Wasser die Rhone hinunter. Immerhin ist ein erster Schritt getan. Der Cambridge Science Park (siehe Kasten) ist auch nicht in einem Jahr aus dem Boden gestampft worden. Es liegt nun an den Protagonisten, am Ball zu bleiben. wek
Das Projekt eines Wissensparks im Oberwallis muss von den beiden Standortgemeinden getragen werden – darin sind sich alle einig (von links): Ambros Bumann (Präsident FDPO), Staatsrat Claude Roch sowie Nationalrat Jean-René Germanier.
lungsmöglichkeiten bieten. Der Raum Oberwallis erfüllt die gestellten Forderungen. Mit der NEAT und in einigen Jahren auch der Autobahn ist unsere Region optimal an die übrige Schweiz und Norditalien angebunden. Ruhige und sichere Wohnquartiere sind zuhauf vorhanden, zudem ist das Oberwallis mit all seinen touristischen Destinationen ein einziges riesiges Erholungsgebiet und auch das Kultur- und Freizeitangebot kann sich sehen lassen. Die Areale der beiden ehemaligen Militärflugplätze Raron und Turtmann verfügen über massenhaft Platz, die auch langfristig dem Entwicklungsdrang der ansässigen Firmen keine Schranken weisen. Last but not least sind die Hochschule Wallis, die Fernfachhochschule Schweiz, die verschiedenen höheren Fachschulen und auch die ETH Lausanne in genügender Nähe zum Forschungsplatz erreichbar.
Bedingungen für einen Wissenspark
Die beiden Präsidenten Daniel Troger (rechts) und Martin Leiggener (2. von rechts) empfingen Nationalrat Jean-René Germanier (links) und Bundesrat Pascal Couchepin vor dem Rarner Gemeindezentrum.
Prof. Dr. Grünwald stellte kurz seine Vision eines Oberwalliser Forschungsparks vor: «In der Wissenschaft denkt man zwar nicht direkt ans Wallis, doch dank der guten Verkehrsanbindungen mit der NEAT und der Autobahn haben wir gute Chancen, dass sich die Promotoren für das Wallis entscheiden. Bisher gibt es abgesehen von Dübendorf noch keine andere Region, die sich dafür interessiert. Um Erfolg zu haben, müssen sich die beiden Gemeinden vollkommen mit dieser Vision identifizieren.» Getragen wird ein Forschungspark selbstver-
Keine weiteren Interessenten
beiden Gemeindepräsidenten Daniel Troger und Martin Leiggener. Gestern trafen sich nun die beiden Gemeindepräsidenten mit Staatsrat Claude Roch, Nationalrat Jean-René Germanier und Bundesrat Pascal Couchepin sowie mit Prof. Dr. Kurt Grünwald und Ambros Bumann in Raron zu einer ersten Auslegeordnung.
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Tages-Anzeiger, 16. Oktober 2007
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Nouvelliste 17. Oktober 2007
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