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VERZÖGERUNG LEICHT GEMACHT

Speziell für die besonderen Anforderungen von Elektroautos entwickelte Bremssättel sind bei gleicher Verzögerungsleistung kompakter und leichter als solche für konventionelle Fahrzeuge, bieten ein reduziertes Restschleifmoment und tragen so auch zu einer grösseren Fahrzeugreichweite bei. Text: Stefan Gfeller | Bilder: Continental

Grundsätzlich funktionieren die mechanischen Bremsen für Elektrofahrzeuge natürlich nicht anders als jene in konventionellen Autos. Sie müssen jedoch sehr wohl unterschiedlichen Anforderungen genügen. So werden die Bremsen im Elektroauto etwa viel seltener aktiviert, da sie in über 80 % aller Verzögerungssituationen aufgrund der Rekuperation gar nicht benötigt werden. Trotzdem müssen sie im Fall der Fälle dann doch die gleiche Verzögerungsleistung bereitstellen – oder sogar eine höhere, da Elektroautos mit ihren relativ schweren Batterien mehr wiegen als von der Grösse her vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Kompakt und leichtgewichtig Continental hat mit dem sogenannten Green Caliper einen Bremssattel entwickelt, der das Resultat einer Systembetrachtung der Bremse im Fahrzeug ist. Die neue Faustsattelbremse soll die Anforderungen in einem Elektrofahrzeug exakt erfüllen: Im Bereich der Komfortbremsung – also bis circa 0.3 g Verzögerung – wird die Radbremse kaum benötigt. Erst darüber beginnt der sogenannte Blending­Bereich, der den vom elektronischen Bremssystem gesteuerten nahtlosen Übergang zwischen Rekuperation und Radbremsnutzung darstellt. Die Radbremse ist ausschliesslich bei Vollbremsungen überwiegend allein aktiv.

Aus diesem veränderten Anforderungsprofil haben die Entwickler bei Continental konstruktive Änderungen abgeleitet. So ist der gusseiserne Faustsattel der Green Caliper deutlich kompakter, und die Bremsbeläge sind kleiner und weniger dick, da sie langsamer verschleissen. Dadurch sinkt die Masse des Sattels – im Einzelfall um bis zu 2 kg. Der kleinere Bremssattel mit seiner geringeren Brückenhöhe erlaubt zudem den Einbau einer grösseren Graugussbremsscheibe. Diese kann aufgrund der geringeren thermischen Belastung deutlich dünner ausgeführt werden, was weitere Masse (bis zu 3 kg pro Bremsscheibe) einspart. Da die Bremse weiter aussen an der grösseren Scheibe greift und damit bei gleicher Klemmkraft durch den längeren Hebelarm eine hohe Verzögerungsleistung erzielt, ist die Bremsleistung gleichzeitig optimal.

Verringertes Restschleifmoment, grösserer Luftspalt

Die Green Caliper verfügen zusätzlich über eine aktive Rückführung der Bremsbeläge nach jeder Bremsaktion, wodurch das Restschleifmoment zwischen den Belägen und der Scheibe auf unter 0.2 Nm sinkt, was einen nahezu verlustfreien Betrieb bedeutet. Eine weitere konstruktive Neuerung sorgt dafür, dass der Luftspalt zwischen Belag und Scheibe grösser sowie auf beiden Seiten der Bremse gleichmässig verteilt ist. In Kombination mit dem Brake­by­Wire­Bremssystem MK C2 (siehe «AUTO&Technik» 1­2/2022) und einem elektronischen Pedal lässt sich der längere Weg der Beläge (im Interesse des geringen Restschleifmoments) ohne spürbare Auswirkung am Bremspedal darstellen. Der sonst bei jeder Bremse erforderliche Kompromiss zwischen Pedalgefühl und Restschleifen entfällt dabei.

Serienreife Technologie «Effizienzsteigerung ist ein vorrangiges Ziel in der Optimierung von Elektrofahrzeugen. Je verlustärmer die elektrische Energie eingesetzt wird, desto grösser die Reichweite des Fahrzeugs», sagt Dominik Hiss, Leiter des Product Centers Friction Brakes, hydraulische Bremssysteme bei Continental. «Die Bremsen können dazu einen Beitrag leisten, der bisher nicht ausgeschöpft ist. Mit dem neuen Green Caliper stellen wir eine serienreife Technologie bereit, die zusätzliches Potenzial für die Reichweite eines Elektroautos erschliesst.» Die Green­Caliper­Bremssättel seien so weit entwickelt, dass sie mit dem üblichen Vorlauf für die Applikationsentwicklung von zwei bis drei Jahren in Fahrzeugen integriert werden könnten.

Im neuen koaxialen Reduziergetriebe erzeugen zwei ineinander integrierte Planetengetriebe die gewünschte Achsübersetzung.

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