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«BLACKBOX»

Unfälle sind hässlich und führen häufig zu grossen (Schuld-)Diskussionen. Wenn alle fahrdynamischen Daten in den beteiligten Fahrzeugen aufgenommen würden, wäre doch bereits am Unfallort alles klar. Ist das so einfach, oder braucht es trotzdem noch fachkompetente Unfallanalysten? Text: Andreas Lerch | Bilder: Baloise Versicherung AG, Bosch, Continental Automotive, Lerch die Insassen froh über ausreichend passive Sicherheit.

Gesetzliche Grundlagen bzw. 2029 geplant. Dabei werden Daten fünf Sekunden vor dem Unfall bis zum Unfallende respektive im Maximum fünf Sekunden nach dem Zusammenprall aufgezeichnet und gespeichert. Bei Multikollisionen kann es zwar noch länger dauern, bis ein Unfallfahrzeug zur Ruhe kommt, aber mehr als fünf Sekunden nach dem Ereignis müssen nicht aufgezeichnet werden. kaum noch Reifenspuren ausgemessen, analysiert und interpretiert werden. Aus diesem Grund müssen neben den physikalischen Unfallspuren zur Rekonstruktion des Geschehens vermehrt digitale Spuren herangezogen werden. In den USA wurden entsprechende Gesetze vor mehr als zehn Jahren eingeführt, und wer in Amerika Fahrzeuge verkaufen wollte, musste Ereignisdatenspeicher einbauen. Dabei wurde ein minimaler Datensatz vorgegeben und für die Daten Vorschriften erlassen, in welcher Genauigkeit, Auflösung und Zeit diese mit welcher Abtastrate gespeichert werden müssen.

In der Regel werden die entsprechenden Speicher in den AirbagSteuergeräten verbaut. Da es in der Autoproduktion logistisch aufwendig ist, zwischen verschiedenen (Airbag-) Steuergeräten zu unterscheiden, und da der Speicherchip zur Datenspeicherung nicht allzu teuer ist, wurden die mit Ereignisdatenspeichern ausgerüsteten Steuergeräte seit dieser Zeit auch in Europa mehr oder weniger flächendeckend eingebaut. Ob die Daten aber softwaremässig abrufbar oder gesperrt sind, ist eine andere Frage. Nun hat sich aber auch Europa durchgerungen und macht die Datenspeicherung im Unfallmoment zur Pflicht.

Nicht alle Unfälle verlaufen so eindeutig wie der in Bild 1 dargestellte. Die eingebauten Fahrerassistenzsysteme hatten keine Zeit, auch nur zu reagieren. Fährt ein Auto gerade aus der Kurve, hilft die aktive Sicherheit nicht mehr, da sind

Das von der Schweiz übernommene EU-Gesetz gab emotional viel zu reden und zu schreiben. Seit dem 7. Juli letzten Jahres müssen alle Fahrzeuge mit einer neuen Typenprüfung über Ereignisdatenspeicher – Event Data Recorder (EDR), Unfalldatenspeicher (UDS) oder Blackbox – verfügen. Ab dem 7. Juli 2024 müssen diese Datenspeicher in allen Neufahrzeugen der Klassen M1 und N1 (Delegierte Verordnung EU 2022/545) eingebaut werden. Für die Klassen M2, M3, N2, N3 ist die Einführung für 2026

Geschichte GM hat bereits in den 1990er Jahren mit dem Speichern von Unfalldaten begonnen. Der Hintergrund dafür mochte sein, dass die Daten zur Verbesserung der passiven Sicherheit in die Entwicklungsabteilungen der Fahrzeuge flossen. Es wird auch spekuliert, dass sich die Firma juristisch absichern wollte. Die Datenaufzeichnungen konnten beweisen, ob ein Airbag beim Unfall im richtigen Moment ausgelöst wurde.

Dahinter steckt ein wesentliches Problem der Unfallanalytik: Durch die Fahrerassistenzsysteme ABS und ESR konnten bei Unfallereignissen

Durch die Fahrerassistenzsysteme, welche in Europa verbreitet geordert werden, sind sehr viele der erforderlichen Sensoren bereits in den Autos verbaut und liefern die geforderten Parameterwerte. Sie werden durch die verschiedenen schnellen Bussysteme (CAN oder Flexray) quasi in Echtzeit zu den unterschiedlichen Steuergeräten geleitet; so auch zum Airbag-Steuergerät, wo sie auf ein Unfallereignis hin untersucht und gegebenenfalls gespeichert werden.

Airbag-Steuergerät

Dass der EDR-Speicherchip in den Airbag-Steuergeräten verbaut ist, hat verschiedene Gründe: Einerseits verarbeitet das Airbag-Steuergerät ebenfalls viele der Daten, welche für den EDR wichtig sind, und andererseits sind diese Steuergeräte meistens in der Nähe des Fahrzeugschwerpunktes montiert und enthalten häufig auch einen triaxialen Beschleunigungssensor für die drei Raumachsen (Bild 3). In der Regel werden die Beschleunigungen in Längs- und Querrichtung aufgezeichnet. Werden die Beschleunigungen zusätzlich mit den Rotationsraten um die jeweiligen Raumachsen verknüpft, ergeben sich Werte für die Drehbeschleunigungen Gieren, Nicken und Wanken. Wird die Längsbeschleunigung im Unfallmoment über einen winzigen Zeitabschnitt mathematisch integriert, so ergibt sich die Geschwindigkeitsänderung. Diese kann von den Radsensoren nicht in so kurzen Zeitabschnitten gemessen werden.

Beschleunigungssensor

Beschleunigungssensoren können nach verschiedenen physikalischen Prinzipien funktionieren. Häufig wird das Newton’scheTrägheitsgesetz eingesetzt. Das bedeutet beispielsweise, dass ein in Bewegungsrichtung beweglicher Sensorteil (seismische Masse) mit einem Schleifkontakt verbunden ist, welcher zu einem Potentiometer gehört. Wirkt eine Beschleunigungs- oder eine Ver- zögerungskraft auf die seismische Masse, bewegt sich diese entgegen einer exakt bestimmten Federkraft und verändert ihre Position auf dem Widerstand. Aus diesem Grund verändert sich der Spannungsabfall, und damit kann die mechanische Grösse der Beschleunigung in eine elektrische Grösse umgewandelt werden. Natürlich ist die Reibung des Schleifers bei dieser Sensorlösung ein Problem.

Deshalb kann ein ähnlicher Sensor als kapazitiver Sensor gebaut werden. Dabei werden die Einzelteile mikromechanisch hergestellt und berührungsfrei montiert. Somit resultiert ein kleiner und exakter Beschleunigungsgeber. Der im Bild 4 dargestellte Beschleunigungssensor wirkt nur in einer Achse, also entweder in Längs-, Quer- oder Hochrichtung. Die bewegliche seismische Masse (1) bildet die eine Elektrode der Kondensatoren und verändert bei Beschleunigungen die Lage entgegen der Federkraft (2) zwischen den Gegenelektroden der Kondensatoren 1 und 2 (3 und 6). Bei Krafteinwirkung durch Beschleunigung oder Verzögerung bewegt sich die seismische Masse und verändert dadurch die Kapazität der Kondensatoren. Mit der Veränderung der Kapazität ändert sich auch der kapazitive Widerstand.

Dieser kann entweder durch eine Widerstandsmessung eines Wechselstromes (mit konstanter Frequenz) gemessen werden oder über die Veränderung der Phasenverschiebung zwischen Wechselspannung und Wechselstrom.

Eine weitere Möglichkeit für Beschleunigungssensoren bietet die Piezoelektrizität. Dabei kann die seismische Masse auf einen Piezokontakt drücken und an diesem eine mess- und interpretierbare Spannungsänderung hervorrufen.

Weitere Parametergrössen

Um in einem Fahrzeug einen Fahrverlauf detektieren zu können, reichen jedoch Beschleunigungssensoren nicht aus. Bis zu 40 Grössen können dazu aufgezeichnet werden. In der Speicherung unterscheidet sich aber der Ereignisdatenspeicher, wie er im Gesetz verlangt wird, von der Blackbox, welche aus Flugzeugen bekannt ist. Wohl kommen auch die Blackboxes erst ins Gespräch, wenn ein Unfall passiert ist; aber im Unterschied zu Ereignisdatenspeichern zeichnen sie während des gesamten Flugs alle Daten auf und speichern diese. Der Ereignisdatenspeicher nimmt die Daten auch auf – er braucht die meisten ja für die Funktion der Fahrerassistenzsysteme. Im Airbag-Steuergerät werden sie aber in einem Durchlaufspeicher nur kurz abgespeichert. Ist dieser Speicher voll, werden die ältesten Daten einfach wieder überschrieben. Erst wenn die Sensoren ein speicherwürdiges Ereignis detektieren, werden die Daten im Speicher festgehalten.

Neben der Beschleunigung sind sicher die Fahrgeschwindigkeit (vor dem Unfall) und die Gaspedal- oder Drosselklappenstellung von grosser Bedeutung. Auch der Moment und die Stärke einer Bremsbetätigung sind für eine Unfallrekonstruktion wichtig. Daneben sagt der Lenkwinkel aus, ob der Fahrer in der Zeit unmittelbar vor dem Ereignis übermässige Lenkbewegungen ausführte oder ob diese mit dem Strassenverlauf korrespondieren. Motordrehzahl, Fahrzeugposition und -neigung sind weitere dynamische Grössen.

Wurden die Sicherheitsgurten getragen, in welchem Moment hat der Crash-Assistent den Fahrer gewarnt, wann sind die Gurtstraffer, wann (welche) Airbags losgegangen? War im Unfallmoment ein Blinker gesetzt und wie war der Zustand von ABS und ESR im Unfallmoment? Hatten die Reifen genügend Luftdruck usw.? Zu jedem der aufgezählten Parameter kann man sich Unfallsituationen vorstellen, bei welchen diese in einer Schulddiskussion von entscheidender Bedeutung sein könnten.

Ereignis

Damit der Durchlaufspeicher zu einem nicht löschbaren Speicher wird, braucht es ein Ereignis, welches als Unfall interpretiert werden kann. Dazu muss sich die Fahrzeuggeschwindigkeit innerhalb von 150 ms um mehr als 8 km/h verändern, was einer Verzögerung von >14.8 m/s2 entspricht. Da auch mit modernen Reifen kaum grössere Verzögerungen als ca. 12 m/s2 erreicht werden können, muss bei dem definierten Wert unbedingt etwas Externes mithelfen. Das Ereignis und damit der Speicherprozess kann aber auch durch die Auslösung von Gurtstraffern oder Airbags initiiert werden. Dabei ist der Fahrzeughersteller verantwortlich, welche Parametergrössen er als Auslöser des Ereignisses akzeptieren und programmieren will.

Speichertechnik

FRAM bedeutet Ferroelectric Random Access Memory und beschreibt einen löschbaren Datenspeicher, welcher durch die Polarisationsänderung einer ferroelektrischen Schicht beschrieben und gelöscht wird. Als ferroelektrische Materialien können die Legierungen Blei-Zirkonium-Titanat, Bariumtitanat oder Strontium-Wismut-Tantalat eingesetzt werden. Diese können durch

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elektrische Felder polarisiert werden. Dabei wird die Ausrichtung der molekularen elektrischen Dipole einer Speicherzelle verändert. Wird das elektrische Feld nach der Polarisation ausgeschaltet, bleibt diese in der Speicherzelle erhalten.

Das EDR-Modul überwacht die Sensordatenwerte und speichert sie in einem Ringpuffer (RAM), welcher im Controller untergebracht ist. Bild 5 zeigt das Blockschaltbild eines (stark vereinfachten) EDR. Wie beschrieben, werden dem Controller mehr Daten zugeführt als im Bild dargestellt. Dieser speichert sie im als Ringpuffer funktionierenden RAM. Dort verbleiben sie während 5 bis 10 s, bevor sie von neuen Daten überschrieben werden. Wird ein Ereignis detektiert, setzt die Aktualisierung des Puffers aus und unmittelbar darauf werden die gespeicherten Daten in den externen Speicher (FRAM) ausgelagert, wo sie zwar noch ausgelesen, aber nicht mehr verändert oder gelöscht werden können.

FRAM sind gegenüber EEPROM oder Flashspeichern schneller in der

Grösste Fahrzeugbörse der Schweiz mit Verkauf an professionelle CH-Händler

Datenspeicherung und energiesparend. Das bringt Vorteile in der Notstromversorgung des Steuergerätes. Damit die Unfalldaten auch bei Unterbruch der Stromversorgung während des Unfalls gespeichert werden können, benötigen die AirbagSteuergeräte autarke Energiespeicher. Werden FRAM-Speicherchips eingebaut, reichen kleinere Energiespeicher aus als bei den bekannten Speichersystemen.

Daten auslesen

Durch einen speziellen Algorithmus detektiert der Mikroprozessor den Beginn eines Unfalls und lässt die ermittelten Daten der vorhergehenden fünf Sekunden speichern. Die Parameter werden aber nur mit einer Frequenz von 2 Hz abgelegt. Das genügt, um im Nachhinein die wichtigsten Parameter vor dem Unfall (vorkollisionär) zu kennen. Ab dem Crash-Moment werden die Daten während 300 ms mit 100 Hz aufgezeichnet. Die Daten sind im Speicher des Airbag-Steuergerätes und können über die OBD2-Schnittstelle ausgelesen werden. Als Ausleseeinrichtung hat sich das CDR-Tool von Bosch (Bild 6) ziemlich durchgesetzt. CDR bedeutet Crash Data Retrieval (Abruf von Crash-Daten). Das Gerät ist so programmiert, dass es nur die Unfalldaten auslesen, diese aber weder verändern noch löschen kann. Das Bosch-CDR-Tool wird über ein Interfacekabel mit dem OBD2-Anschluss des Fahrzeuges verbunden (Bild 7 a und b) und kann so die als hexadezimale Codes zusammengefassten Daten des EDR auslesen. Ein windowsbasiertes Programm von Bosch verarbeitet die Daten schliesslich in einem Computer (c) und übersetzt sie in ein lesbares PDF-Dokument (d).

Falls die Verbindung vom OBD2Anschluss zum Airbag-Steuergerät jedoch unterbrochen ist, muss das Steuergerät ausgebaut und direkt ausgelesen werden. Weil die Schnittstellen zu diesen Steuergeräten nicht genormt sind, brauchen die Unfallexperten dazu verschiedenste Interface-Kabel. Da Unfälle kaum je genormt ablaufen, kann es natürlich auch passieren, dass die Unfalldaten gar nicht gespeichert werden konnten. Wenn das Auslesen aber gelungen ist, steht im PDF-Dokument immer noch nicht, wer am Unfall die Schuld trägt!

Interpretation der Daten

Auch wenn die Unfalldaten von Sensoren aufgenommen und digital abgespeichert werden, dürfen sich die Unfallanalysten nicht einfach so darauf verlassen. Es ist wichtig, dass alle konventionellen Daten eines Unfalls aufgenommen werden und der Unfallplatz ausgemessen wird. So können die digitalen Daten gewisse Punkte präzisieren oder bestätigen. Sie können in bestimmten Fällen aber auch verunsichern. Deshalb müssen die Experten genau wissen, wie die Daten in dem auszuwertenden Fahrzeug gemessen wurden.

Die vorkollisionäre Geschwindigkeit wird grundsätzlich vom Fahrzeug gemessen. Dieses errechnet sie aus den Raddrehzahlen, welche von den ABS-Sensoren erfasst werden. Wird jetzt aber nur ein ABS-Sensor zur Geschwindigkeitsberechnung hinzugezogen oder werden alle Sensordaten gemittelt? Das gibt bereits eine gewisse Wertetoleranz. Dazu kann eines der Räder blockieren oder durchdrehen. Das verändert den abgespeicherten Wert auch. Stimmte der Reifendruck bei einem oder mehreren Rädern vor dem Unfall nicht, war auch der Beschleunigungs- oder Bremsschlupf nicht in der Norm – und schon stimmt die Geschwindigkeitsangabe wieder nicht. Da ein Unfallgeschehen häufig auf einen Punkt, den Fahrzeugschwerpunkt bezogen wird, kommt es bei grossen Schwimmwinkeln auch wieder zu Abweichungen. Der Schwimmwinkel ist der Winkel zwischen der Fahrzeuglängsachse und der Linie, auf welcher sich das Fahrzeug bewegt. Beim Schleudern wird der Schwimmwinkel beispielsweise grösser, und dann unterscheidet sich die effektiv gefahrene Geschwindigkeit auch von der angezeigten oder der gespeicherten. Ist in den digitalen Daten die Drehbeschleunigung um die Hochachse gespeichert, kann der Schwimmwinkel eingegrenzt und die gespeicherte Geschwindigkeit korrigiert werden. Dazu müssen die Analysten aber die Datenaussagen einander zuordnen können und müssen entsprechend fachkompetent sein.

Zukunft

Im Moment sind die EDR-Daten immer im Auto gespeichert und es braucht spezielle Bewilligungen, um sie auszulesen. Es sind aber Bestrebungen im Gang, sie eventuell gerade in eine Cloud zu laden. Wer Zugang zu dieser Cloud hätte, könnte die Daten dann einsehen. Dies würde den Datenschutz wohl energisch auf den Plan rufen. Es gibt auch Dongle-Lösungen. Der Dongle könnte sich über Funk, Bluetooth oder mittels Steckverbindung mit dem EDR verbinden und die Daten anschliessend über eine sichere Leitung zum Speicher der Staatsanwaltschaft oder Ähnlichem leiten. Sicher wird in der Zukunft in dieser Richtung – auch dank den Bestrebungen um das automatisierte Fahren – noch weiter geforscht.

FRAGEN

1. Wie häufig wird die vorkollisionäre Geschwindigkeit in den fünf Sekunden vor dem Unfall abgespeichert?

2. Welche Strecke legt ein Fahrzeug vor dem Unfall bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h in einer halben Sekunde zurück?

3. Was bedeutet die Abkürzung EDR?

1. Die AVL-hat den Motor auf 45 % entwickelt. Ein normales Fahrzeug weist auf dem WLTP-Zyklus einen Wirkungsgrad von 20 % bis 25 % auf. Damit ist der AVL-Motor etwa doppelt so effizient.

2. Ein permanenterregter Synchronmotor PSM.

3. Weil die Energieproduktion in der Windregion Patagonien viel günstiger ist als in Mitteleuropa, und weil in Mitteleuropa die nachhaltig produzierte Energie nicht für Treibstoff abgezweigt werden kann/darf.

Beispiele verschiedener Draht- und Windungsgeometrien in einer Zahnspule: Nur die flexible, lageangepasste Geometrie (links) nutzt den Bauraum weitgehend aus.

Elektromotoren

Passgenaue Wicklungen

Der Ausnutzungsgrad des verfügbaren Bauraums für die Kupferwicklungen im Stator ist ein wichtiger Faktor für die Effizienz einer E-Maschine. Das Fraunhofer IWU setzt nun auf umformtechnische Fertigungsverfahren, um den sogenannten Nutfüllfaktor durch lageangepasste Wicklungen zu erhöhen. Bilder: Fraunhofer IWU

Geringer Nutfüllfaktor

Als elektrische Fahrzeugantriebe werden überwiegend permanenterregte Synchronmotoren (aufgebaut als Innenläufer) eingesetzt, die aus den Hauptkomponenten Stator und Rotor bestehen: Der Rotor ist der rotierende innere Teil des Motors, der einen Satz von permanentmagnetischen Polen enthält. Der Stator ist der feststehende äussere Teil des Motors, der eine Reihe von Spulen enthält.

Für den einfachen Aufbau eines Stators bei gleichzeitig gezieltem Werkstoffeinsatz ist der Einsatz von konzentrierten Wicklungen, auch Zahnspulen genannt, besonders gut geeignet. Dabei umschlingen die Spulen aus Kupferdraht jeweils einen Zahn des Stators. Aufgrund der kreisförmigen Aussengeometrie des Stators ergeben sich zwischen den Zähnen trapezförmige Nuten. Nach heutigem Stand der Technik können durch automatisierte Wickelverfahren mit Runddraht diese Nuten jedoch in der Regel nur etwa zur Hälfte ausgefüllt werden. Zu mehr als 80 % gefüllte Nuten würden aufgrund des geringeren elektrischen Widerstands, des besseren Stromdurchflusses und der daraus resultierenden höheren Magnetfeldstärke den Wirkungsgrad und die Leistung des Motors weiter verbessern – oder alternativ könnte ein Motor bei gleicher Leistung kleiner dimensioniert werden, wodurch sich

Gewicht und Bauraum verringern würden.

Lageangepasste Windungsgeometrie

Am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik

IWU wird an umformtechnischen

Prozessketten zur Herstellung elek- tromagnetischer Zahnspulen geforscht, um den Nutfüllfaktor entsprechend zu erhöhen. Die Besonderheit dabei: Je nach Lage innerhalb der Nuten soll der Draht geometrisch so ausgeführt werden, dass der an der jeweiligen Position verfügbare Raum bestmöglich ausgefüllt wird (lageangepasste Windungsgeometrie).

So ist etwa auf Höhe der breiteren Grundseite in der trapezförmigen Nut eine flache und breite Ausführung der Windung sinnvoll, während auf der kurzen Grundseite eine schmale Drahtgeometrie für eine optimale Raumausnutzung steht. Dabei muss auch die Leitfähigkeit des Drahtes in der jeweiligen Geometrie berücksichtigt werden.

Für die Produktion einer solchen Wicklung, bei der Draht und Windungen lageabhängig unterschiedliche Geometrien erfordern, setzt das Fraunhofer IWU auf die Umformtechnik, die eine Reihe von Vorteilen aufweist. Bei der Herstellung wird der Werkstoff bestmöglich ausgenutzt, es entsteht kein Verschnitt, der recycelt werden müsste. Im Vergleich etwa zu additiven Fertigungsverfahren ist der Energiebedarf bei der Herstellung gering – und es genügen einfache Werkzeuge, die hohe Stückzahlen in kurzen Taktzeiten und damit eine wirtschaftliche Fertigung ermöglichen. (sag/pd)

Lichtkanal

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