H.P. Lovecraft - Vom Jenseits und andere Erzählungen

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ich weiss nicht, wo ich geboren wurde. ich weiss nur, dass das schloss ungeheuer alt war, voller finsterer flure, schatten und spinnweben; es stank fürchterlich …

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nie war es hell. die sonne stieg nicht über die hohen bäume …

ein schwarzer turm ragte bis in den himmel …

der oberste wehrgang war nur durch eine waghalsige kletterpartie zu erreichen.


ich muss jahre in diesem schloss gelebt haben, und jemand muss für mich gesorgt haben … ich kann mich an niemanden ausser mich selbst erinnern …

mein bild von einem lebenden war jemand, der mir sehr ähnlich war, jedoch verschrumpelt und ebenso alt wie das schloss.

für mich hatten die skelette, die überall herumlagen, nichts gruseliges.

ich fand sie normaler als die bilder von lebenden menschen, die ich fand …

12 oft lag ich draussen unter den dunklen bäumen und träumte stundenlang von den dingen, die ich in den büchern gesehen hatte.

in dieser finsteren einsamkeit wurde meine sehnsucht nach licht so gross, dass ich nicht länger stillsitzen konnte …

ich sah mich selbst dann in einer heiteren menge in der sonne tanzen …

einmal habe ich versucht, aus dem wald zu fliehen, doch je weiter ich ging, desto schwärzer wurden die schatten, sodass ich ängstlich zurückkehrte … nach langem zögern beschloss ich, den verfallenen turm zu ersteigen. ich wollte tageslicht sehen …


… im feuchten zwielicht erklomm ich die alte ausgetretene steintreppe, bis sie plötzlich endete …

plötzlich, nach langem klettern über dem abgrund, stiess mein kopf gegen etwas hartes, und mir war klar, dass ich das dach oder zumindest eine decke erreicht hatte …

die fläche über mir gab nach, ich wusste, dass ich erst einmal nicht weiterklettern musste …

… unter lebensgefahr musste ich mich im dunkeln an kleinen vorsprüngen hochziehen.

... denn es schien eine falltür zu sein ...

... ich kroch durch die luke …

13 und lag erschöpft auf dem steinboden.

ich erhob mich und fing an, nach einem fenster zu suchen. ich meinte nämlich, mich in riesiger höhe zu befinden. doch stiess ich nur auf marmorplatten, auf denen längliche kisten standen …

mit einem heftigen ruck gelang es mir, die tür aufzuziehen … ich entdeckte auch einen steinernen türrahmen, mit seltsamen ornamenten verziert …

euphorie erfasste mich: ich sah den leuchtenden mond, den ich allein aus meinen träumen kannte …


ich meinte, den höchsten punkt des schlosses erreicht zu haben und rannte zum gitter. doch da eine vorbeiziehende wolke das mondlicht verschluckte, musste ich mich vorwärtstasten. das gitter war nicht verschlossen. ich fürchtete schon, in die tiefe zu stürzen … da kam der mond wieder zum vorschein …

ich war entsetzt … statt eines schwindelerregenden panoramas lag gleich hinter dem zaun nichts anderes als fester boden, bedeckt mit allerlei marmorplatten und säulen, im schatten einer alten, halb verfallenen kirche, die im mondlicht gespenstisch leuchtete …

... ich öffnete das tor und betrat den weissen kiesweg. ich war fest entschlossen, glanz zu sehen, und fröhlichkeit …

14

durch ein steinernes tor verliess ich das gelände mit den platten und säulen und streifte durch die offene landschaft …

... erst folgte ich dem sichtbaren weg, dann verliess ich ihn und stampfte querfeldein über die wiesen.

zwei stunden verstrichen, bis ich zu einem von bäumen umstandenen, mit efeu bewachsenen schloss gelangte. es kam mir wahnsinnig bekannt vor … ich schaute zu den offenen, hellerleuchteten fenstern … die geräusche eines festes drangen ins freie ...


durch eines der fenster schaute ich hinein und sah eine merkwürdig gekleidete, fröhliche gesellschaft …

… manche hatten gesichtszüge, die mich an eine ferne vergangenheit erinnerten …

ich stieg über die niedrige fensterbank in den herrlich erleuchteten saal, und meine hoffnung verwandelte sich in bitternis … als ich den saal betrat, vollzog sich das fürchterlichste, das ich je erlebt habe …

mir wurde klar, dass ich nie zuvor menschen hatte sprechen hören …

15 … die gesamte gesellschaft wurde von einer plötzlichen panik ergriffen. alle gesichter waren schreckverzerrt, und aus den kehlen drangen die grauenhaftesten schreie …

verblüfft stand ich allein in dem hell erleuchteten raum. der saal schien verlassen, doch ich meinte, etwas in einer der nischen zu sehen …

eine massenflucht folgte. möbel wurden umgerannt, und die leute stiessen gegen die wände, bevor es ihnen gelang, eine der türen zu erreichen …


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