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greift zu seiner eigenen Sicherheit also ein paar Prozente seiner Kapazität nicht an, pumpt ihn also nie ganz voll und behält immer ein paar Ampereschweinchen in den Zellen. Was nach dem Abzug dieser übrig bleibt, also die dann effektiv nutzbare Menge an Kilowattstunden, ist der sogenannte Netto-Wert. Diesen nennt man auch nutzbaren SoC, sprich: Egal wie groß ein Akku auch ist, er ist nie zu 100 Prozent nutzbar, sondern eher nur zu 80 bis 90 Prozent. Hier aber fangen die Unterschiede der Hersteller erst an.

Individuelle Puffer Es ist nämlich nicht näher festgelegt, wie groß diese Sicherheitsbereiche ausgelegt sein müssen. Manche Firma geht auf Nummer sicher und sperrt mehr Zellen elektronisch weg. Andere hingegen bewegen sich im absoluten Mindestbereich. Oft sind die Werte nur schwer zu bekommen und neben der puren Notwendigkeit, einen Teilbereich der Zellen zu deaktivieren, kann man diese Technik auch dazu benutzen, die Haltbarkeit virtuell ein wenig zu dehnen. Man hält bewusst ein paar Prozent zurück, die erst im Laufe der Zeit freigeschaltet werden, damit man die gesetzlich vorgeschriebene Haltbarkeit über den Garantiezeitraum auch wirklich gewährleisten kann. Sprich: Im Prospekt können beispielsweise 50 kWh Fassungsvermögen stehen. Der Akku hat in Wahrheit aber 60. Fünf werden jetzt aus Sicherheitsgründen abgezogen und die restlichen fünf kWh spart man sich deswegen auf, damit auch noch nach acht Jahren genügend Potenzial im Stromspeicher vorhanden ist. Diese Taktik ist zwar nicht weit verbreitet, aber dennoch Praxis. Hier mit erhobenem Zeigefinger auf einzelne Modelle zu deuten, ist bei der Verschwiegenheit manch Konzerns aber praktisch unmöglich. Aber es muss nicht einmal so weit kommen, um über das wahre Potenzial einer Batterie Bescheid zu wissen.

Variable Größen Ob und wie starr die notwendigen Sicherheitszonen in der Elektronik nämlich hinterlegt sind, ist auch wieder nicht einheitlich geregelt. Bits und Bytes sind schließ-

Nur wer weit fahren will, sollte 100 Prozent laden, diesen Status aber nicht lange Zeit halten.“

Dipl.-Ing. Nikolaus Mayerhofer

Das sagt der Profi

Dipl.-Ing. Nikolaus Mayerhofer ist CTO bei Aviloo, eine Firma, die sich mit dem Gesundheitszustand von Akkus beschäftigt und diesen dank eines selbst entwickelten Batterie-Diagnosesystems auch exakt bestimmen kann. Wie viel der ursprünglichen Kapazität steckt noch in den Zellen? Eine Frage, die Mayerhofer in seiner Karriere schon oft beantworten musste und dies dank eigens entwickelter Technik auch kann. „Bei fast allen Autos gibt es einen Puffer. Das ist eine klare Strategie und hat nichts mit Betrug zu tun. Es geht nur darum, die Lebensdauer der Batterie zu erhöhen.” Sind genügend Sicherheitsreserven vorhanden, verlängert sich die zyklische Lebensdauer einer Batterie um ein Vielfaches. Nebenbei verlangsamen die Sicherheitsreserven auch die kalendarische Alterung. Was Mayerhofer im Laufe der Praxis aufgefallen ist: „Jeder Hersteller verfolgt hier sein eigenes Konzept. Die Puffer variieren teils deutlich. Der eine Hersteller hat im Bereich der Vollladung fünf Prozent und am unteren Ende des Ladezustands acht Prozent, andere haben nur ein Prozent. Tesla zum Beispiel hat oben gar keinen Puffer, voll ist in diesem Fall also auch wirklich voll, also 4,2 Volt Zellspannung.” Am unteren Ende der Spannung riskiert jedoch kein Hersteller, ans Limit zu gehen. Mayerhofer: „Leer gelten Akkus meist mit 2,7 Volt. Ist hier kein Puffer vorgesehen, geht es dann ganz schnell bergab. Schließlich fließt in einem Auto immer ein bisschen Strom, auch wenn man es stehen lässt.”Mayerhofers Tipp, um den Akku möglichst lang gesund zu halten: „Regelmäßiges Vollladen, so gut es geht, vermeiden. Der beste State of Charge für längere Standzeiten ist zwischen 30 und 60 Prozent. Nur wer wirklich weit fahren will, sollte 100 Prozent laden, diesen Status aber nicht lang halten. Am besten also, man lädt mit einem Ladetimer, sodass man das Maximum erst kurz vor dem Losfahren erreicht hat.”

Und auch die Angst vieler, bei geringem Akkulevel zu riskieren, liegenzubleiben, relativiert Mayerhofer: „Der angegebene Wert der verbliebenen Reichweite bezieht nicht den Puffer mit ein. So kann je nach Fahrzeugtyp und damit dem installierten „unteren“ Puffer teilweise noch einiges an Energie angezapft werden. Wir sehen das bei einem unserer Firmenwagen. Bei null Prozent schaffen wir immer noch 16 Kilometer an Reichweite.” Aber Achtung, bei manchen Fahrzeugen ist auch schon bei zwei Prozent SoC kein Fahren mehr möglich. Man muss sich also an die „Reserve“ = „unterer“ Puffer langsam und vorsichtig herantasten. Fährt man die Batterie des Elektroautos in seltenen Fällen wirklich leer, schadet das keineswegs, sofern die Batterie nach kurzer Zeit wieder geladen wird.

lich noch geduldiger als Papier, zudem aber variabler, und so gibt es Fälle, die im Alltagsbetrieb, dem tagtäglichen Pendeln von Stau zu Stau zu Ladestation, die Pufferbereiche besonders großzügig auslegen. Die Laufleistung ist gering, selten fällt einem hier diese digitale Beeinträchtigung auf. Der Akku aber bleibt immer im für ihn optimalen Ladebereich von circa 30 bis 80 Prozent. Man kennt das ja vom Smartphone, bei dem ja im Prinzip die gleiche Lithium-Ionen-Technik drinsteckt, und entsprechend darf man das nicht unbedingt negativ sehen. Wer sein E-Mobil nämlich lang nur in der Stadt bewegt, kann dank dieser Maßnahme die Lebensdauer des Akkus deutlich erhöhen. Benötigt man mehr Reichweite, switcht die Elektronik schnell auf ein anderes Kennfeld, gibt also mehr Reichweite frei, indem sie die nutzbare Kapazität der Batterie erhöht. Ob es hierbei aber nach Gaspedalstellung, GPS-Daten oder gewählter Geschwindigkeit geht, bleibt ein weiteres großes Geheimnis diverser Hersteller.

Je größer, desto stabiler Dann gibt es noch den Fall der Batteriegrößen, die es noch schwerer machen, einen exakten Netto-Wert bestimmen zu können. Deren Fassungsvermögen hat nämlich großen Einfluss darauf, wie groß die SoCBereiche ausgelegt sein müssen. Grundsätzlich geht es meist darum, die Speicherkapazität über den gesamten Garantiezeitraum im erlaubten Bereich zu halten. Das heißt also: Nach einer bestimmten Zeitdauer und/oder Laufleistung muss immer noch eine vertraglich zugesicherte Menge an Speicher in den Batterien vorhanden sein. Nachdem die Lithium-Ionen-Akkus vor allem während des Ladens altern (der so genannte zyklische Alterungsprozess), ist die Zahl der Ladezyklen also der kritische Wert. Hier sind kleine Batterien natürlich im Nachteil: Wer weniger fassen kann, muss häufiger nachtanken. Sprich: Bei gleicher Laufleistung können kleinere Batterien einen höheren Verschleiß aufweisen. Somit ist es meist so, dass große Traktionsbatterien einen kleineren Puffer einprogrammiert haben als ihre schlankeren Kollegen. Das ist besonders tricky, wenn es für ein und dasselbe Modell unterschiedliche Batteriegrößen gibt, da bedarf es also mehrerer Brutto-Netto-Angaben. Generell ist zu sagen: Je mehr kWh ein Akku fasst, desto höher ist sein Netto-Wert.

Unbekannte Größe Wo die gewieftesten Konzerne kaum Einfluss haben und was man wirklich nirgends nachlesen kann, ist der Bereich, den die Zellproduzenten freigeben. Dabei handelt es sich meist um eine ziemlich eng abgegrenzte Spannungsregion, die man auf keinen Fall verlassen sollte. Sinkt man zu weit ab (wird also zu stark entladen), bildet sich in den Zellen aus den Lithium-Ionen metallisiertes Lithium, was zu unschönen Kurzschlüssen führen kann. Überschreitet man die vorgeschriebene Volt-Zone, überlädt man den Akku also, könnte es zu Feuergefahr kommen. So gesehen gibt es also schon bei den Zellen an sich einen Brutto- und Netto-Wert. Das, was die Autohersteller also als technischen Brutto-Wert angeben, ist in Wahrheit das, was für die Zellhersteller eh schon nur der Netto-Wert ist.

Kapazität auf Knopfdruck Bleibt natürlich noch die Frage, warum einige Hersteller so gerne den Brutto-Wert in ihren Prospekten verkünden, wenn der doch so wenig aussagekräftig ist. Ganz einfach: Es klingt nach mehr! Reichweite ist schließlich Trumpf, da machen entsprechend beeindruckende Zahlen natürlich schwer Eindruck. Noch spannender wird es, wenn manch Firma dank dieser Brutto-Netto-Trickserei Modelle mit unterschiedlichen Reichweiten anbietet, die jedoch immer den gleichen Akku verbaut haben. Interessanterweise handelt es sich hier um den oder die gleichen, die dann auch wie von Zauberhand über Over-the-Air-Updates die Kapazität erhöht haben … •

Würden Traktionsbatterien so wie Handy-Akkus keinen kWh-Puffer haben, würden sie Gefahr laufen, 30 Mal schneller zu altern; bei den hohen Kosten ein unvorstellbares Vorgehen

Generell ist zu sagen: Je mehr kWh ein Akku fasst, desto höher ist sein Netto-Wert.“

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