8 minute read
Aktuelles Thema
from FLOTTE 09/2022
Von Stromdieben und Widerständen
Im zweiten Teil unserer Serie rund um die neue Realität der Mobilität widmen wir uns der immer wichtigeren Peripherie für den Betrieb einer Elektroflotte. Vor allem steuerlich kann es heikel werden, wenn man unbedarft an das Thema herangeht.
text: Roland Scharf, Fotos: Shutterstock, ÖAMtC, Shell, Verbund,
Was den Umstieg einmal sehr attraktiv macht: Ein E-Auto kommt grundsätzlich in den Genuss der Sachbezugsbefreiung. Dazu gibt es massive Förderungen und generell steht der Vorsteuerabzug bei Anschaffungskosten bis 40.000 Euro in vollem Ausmaß zu. Wer jetzt aber die Kasse klingeln hört, weil man fast schon gratis unterwegs sein kann – die wirklich kritischen Punkte folgen erst nach dem Fahrzeugkauf – bei der Schaffung der Ladeinfrastruktur. Denn: Wie günstig man mit einem Elektromobil unterwegs ist, liegt vor allem an der Art und Weise, wie man es auflädt.
Versteckte Kosten
„Das ist der große Vorteil von E-Mobilität: Es gibt immer drei Möglichkeiten, zu laden“, sagt Marcella Kral, E-Mobilitätsexpertin des ÖAMTC. „Das geht entweder daheim, das ist zwar langsam, aber dafür günstig, oder beschleunigt an öffentlichen Ladestationen mittels AC-Laden oder DCLaden, sprich schnell laden, das ist aber teurer.“ Daraus lässt sich schon ableiten, was der Schlüssel zu möglichst geringen Kosten ist: Wann und wo die Mitarbeiter mit ihren Stromern an die Steckdosen gehen. Vor allem der reizvolle Ansatz, den Mitarbeitern eine Wallbox für die heimische Garage zur Verfügung zu stellen, kann zu einer bösen Überraschung führen. Kral: „Das Auto selbst ist sachbezugsbefreit, ersetzt der Arbeitgeber zusätzlich die Kosten für das Laden daheim, dann ist das jedoch lohnsteuerpflichtig. Wenn wir es mit E-Mobilität wirklich ernst meinen, dann muss das anders werden.“ Aus Sicht des Autofahrerclubs ebenso nicht ganz nachvollziehbar. Man bekommt als Firma nur auf fix integrierte Wallboxen eine Förderung, aber nicht auf mobile Lösungen wie etwa NRGKick; da kommen nur Private in den Genuss einer teilweisen Kostenübernahme von maximal 600 Euro. Warum das genau so ist, daran scheiden sich die Geister. Der ÖAMTC setzt sich jedenfalls für einheitliche Fördermaßnahmen ein. „Schließlich kommt so eine Lösung dem Arbeitgeber zugute: Es handelt sich schließlich um eine Betriebsausgabe“, argumentiert Kral, „denn es profitiert jeder davon, wenn der Angestellte seine Arbeitszeit nicht damit vergeudet, stundenlang an öffentlichen Ladepunkten zu verbringen, sondern unmittelbar bei Arbeitsbeginn die dienstliche Fahrt antreten kann.“ Wie man die Situation verbessern könnte, zum Beispiel, um Missbrauch vorzubeugen? Kral: „Man stellt dem Mitarbeiter einfach eine Ladekarte zur Verfügung und die Ladekosten werden mit einer CSV-Datei vom Betreiber des Stromnetzes an den Arbeitgeber übermittelt und direkt mit diesem verrechnet.“ Wichtig in dem Zusammenhang: Auch wenn die rechtliche Lage grundsätzlich geklärt ist (siehe Kasten), hat sich dank der Buschtrommeln der Branche das Gerücht verbreitet, auf vom Arbeitgeber installierte Wallboxen beim Arbeitnehmer daheim wäre ein Sachbezug fällig, da es sich ja um einen geldwerten Vorteil handelt. Fakt ist: Es gibt zwar einen ausgearbeiteten Plan, der quasi in der Schublade bereit liegt. Die Bemessungsgrundlage
würde unterscheiden, ob die Wallbox in den Besitz des Arbeitnehmers übergeht oder im Besitz der Firma bleibt. Dann würde man als Berechnungsbasis einen Betrag wählen, der fällig wäre, eine entsprechende Wallbox zu mieten. Doch das ist nicht nur reine Theorie. Dank einer Änderung der Sachbezugswerteverordnung Mitte September konnte mit Stand Redaktionsschluss vorerst klargestellt werden, dass sowohl ein Kostenersatz des Arbeitgebers für Ladestrom als auch besagte Wallbox beim Arbeitnehmer daheim defintiv nicht von einem Sachbezug betroffen sein werden.
Heikle schummeleien
Eine Sache, die etwas problematisch ist, ist die Nachweisbarkeit der geladenen Ampere, die ausschließlich in den Firmenwagen gepumpt werden. Denn derzeit ist es nicht möglich, bei Ladevorgängen den Kilometerstand zu vermerken. Kral: „Die Situation haben wir in der Verbrennerwelt auch. Wenn jemand fünf Liter Sprit nebenbei in einen Kanister tankt, wird das kaum auffallen. Grundsätzlich wird aber immer der Kilometerstand auf der Rechnung in die Software übertragen, um Missbrauch vorzubeugen.” Ladestationen bieten diese Funktion nicht, weder daheim installierte noch solche in öffentlichen Ladeparks. Außer: mobile Wallboxen. Die bieten die Möglichkeit, sogar über Geo-Daten mitzuloggen, ob auch nur das dafür freigegebene Auto geladen wird. „Des Weiteren kann man noch den Stromtarif eingeben und wie viel Kilowatt geladen werden sollen”, so Kral weiter. So oder so: Die entscheidende Erkenntnis ist, dass Laden daheim abgabenpflichtig und definitiv kein Auslagenersatz ist. Kleine Schummeleien in diesem Bereich sind kein Kavaliersdelikt. Kral: „Das kann bei einer Betriebsprüfung in Zukunft sehr heikel werden.” So oder so gibt es für den Angestellten die Möglichkeit, im darauffolgenden Jahr die Ladekosten, die rein für berufliche Zwecke entfallen, im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung wieder zurückzuholen (siehe Kasten). Ganz klar ist die Angelegenheit auch dann, wenn der Mitarbeiter sein eigenes E-Auto für die Firma verwendet: Wird beim Arbeitgeber unentgeltlich geladen, liegt kein Sachbezug vor, sofern der Strombezug am Abgabeort gratis ist.
Das sagt das Finanzamt
Wenn das arbeitgebereigene elektroauto am Wohnsitz des arbeitnehmers geladen wird, dann gilt Folgendes:
· Überlässt der arbeitgeber dem arbeitnehmer einen Pauschalbetrag zur Deckung der Stromkosten für das arbeitgebereigene E-Auto, ohne auf die tatsächlich angefallenen beruflich veranlassten Kosten Bedacht zu nehmen, ist dieser steuerpflichtig. Pauschale Auslagenersätze können aber bei entsprechendem Nachweis zu Werbungskosten (lStR 2002 Randzahl 693) führen. Für
Zwecke des Nachweises ist die Führung eines Fahrtenbuchs empfehlenswert (sofern dies nicht ohnehin verpflichtend vorgeschrieben ist), aus dem auch die beruflich und privat gefahrenen
Kilometer ersichtlich sind.
· Vergütet der arbeitgeber die dem Arbeitnehmer tatsächlich angefallenen Stromkosten für ein arbeitgebereigenes Elektroauto, liegt mangels Auslagenersatz beim Arbeitnehmer steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Das gilt selbst dann, wenn die lademenge exakt aufgezeichnet und eine genaue Abrechnung basierend auf der Gesamtstromrechnung des Arbeitnehmers erstellt werden kann. Beim Arbeitnehmer können die Stromkosten, welche auf die beruflich gefahrenen Strecken entfallen, im Wege der Veranlagung als Werbungskosten Berücksichtigung finden.
Wenn der arbeitgeber eine elektroladestation am Wohnsitz des arbeitnehmer installiert, gilt Folgendes:
· laut VwGH-Rechtsprechung wäre der Einbau einer Elektroladestation am Wohnort nur dann nicht steuerbar (steuerfrei), wenn er im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers liegen würde und für den Arbeitnehmer aus dem Einbau kein Vorteil resultiert. Selbst bei einem arbeitgebereigenen Kraftfahrzeug wird eine derartige Ausschließlichkeit nicht gegeben sein, da die private Nutzung des Fahrzeuges natürlich auch im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Daher stellt die Übernahme der Kosten für den Einbau einer ladestation am Wohnort des Arbeitnehmers einen geldwerten Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar. Das gilt analog für den Einbau eines separaten Stromzählers für die Aufladung.
Weniger kann mehr
Und nicht nur bei einer Wallbox am Wohnort, auch bei Ladepunkten am Firmenstandort gibt es einen Punkt, der beträchtliche Kosten verursachen kann: die Netzbereitstellungsgebühr. Die grundsätzlichen Stromkosten setzen sich aus unterschiedlichen Unterpunkten zusammen, die nur zum Teil vom tatsächlichen Verbrauch abhängen. Entscheidend ist der Punkt Netzbereitstellungsentgelt. Hierbei handelt es sich laut E-Control um einen vom Stromkunden zu leistenden „Pauschalbetrag für den vom Netzbetreiber zur Ermöglichung des Anschlusses bereits durchgeführten und vorfinanzierten Ausbau der einzelnen Netzebenen, die für die Netznutzung im vereinbarten Ausmaß tatsächlich in Anspruch genommen werden.“ Was das heißt? Man zahlt einen Fixbetrag für die Möglichkeit, eine definierte Menge konsumieren zu
können – ganz egal, ob man die dann auch wirklich konsumiert oder nicht. „Nutzer neigen dazu, Wallboxen installieren zu lassen, die elf oder gar 22 Kilowatt Leistung haben”, so Kral zu diesem Thema. „Das ist aber eine Falle, denn nur wenige E-Autos können 22 Kilowatt laden, gleichzeitig wird aber die Netzbereitstellungsgebühr für eine Leistung von 22 Kilowatt verrechnet.” Das heißt also, man blecht grundsätzlich für etwas, das man eigentlich gar nicht konsumieren kann. Und wer hier nicht aufpasst, kann ganz böse aufwachen. „Es gibt Firmen, die am Jahresende eine fünfstellige Nachzahlung haben leisten müssen”, so Kral weiter und empfiehlt daher vor allem für Wallboxen bei Arbeitnehmern daheim die Leistung mit 2,7 Kilowatt bis maximal elf Kilowatt relativ konservativ zu halten. „Das wäre unser Tipp: Die Anschlussleistung möglichst niedrig anzusetzen. Und die 3,7 Kilowatt reichen auch völlig, um das E-Auto über Nacht zu laden.” •
3,7 kW reichen völlig, um das E-Auto über nacht voll aufzuladen.“
Marcella Kral
Stellungnahmen aus der Branche
Die Sachbezugsregelung auf Wallboxen an den Wohnorten von Arbeitnehmern ist derzeit zwar der Aufreger, aber noch lang nicht in Kraft. Wir haben uns in der Branche umgehört.
Generell interessant: Kaum einer war mit dem thema Sachbezug auf Wallboxen vertraut. „Auch aus diesem Grund will ich noch mit dem Umstieg warten, da für mich noch viele rechtliche Fragen offen sind und ich das Gefühl habe, dass im Moment jeder etwas anders macht“, kam zum Beispiel als Statement auf unsere Nachfrage. Die Unsicherheit ist groß, viele orten einen gewissen Nachholbedarf an Regelungen: „Das könnte zu Diskussionen und Unmut bei den E-Fahrern führen – vor allem dann, wenn stückweise die Infos und Kosten auf einen zukommen und nicht von vornherein alle Fakten klar sind.“ Ein anderer meinte zu der grundsätzlichen Problematik, dass das Detail des möglichen Sachbezugs erst der Beginn von dem sei, was auf Unternehmen noch alles zukommen würde.
Bei den Fuhrparks, die bereits mit E-Autos unterwegs sind, zeigte sich, dass einige ladekarten und/oder eine mobile lösung der fix installierten Wallbox beim Mitarbeiter daheim vorziehen. Das liegt allein schon daran, dass in vielen teilen des landes es ohnehin nur schwer möglich ist, fixe Wallboxen bei den Mitarbeitern zu Hause zu installieren. Ob die Wallbox-Steuerpflicht ein Grund wäre, nicht auf E-Mobile umzusteigen? „Aus Sicht der Unternehmens nein“, meinte ein Fuhrparkleiter dazu, „aber ich kann mir vorstellen, dass der ein oder andere meint, dass dies ein Grund ist, sich kein E-Auto zu nehmen.“
Manche Betriebe sind schon weiter. „Das ist sicher der Hauptgrund, warum üblicherweise in der Car Policy steht, dass alles daheim (Wallbox und Stromkosten) auch privat vom Fahrer zu zahlen ist“, erzählt ein Fuhrparkleiter. Mobile Wallboxlösungen sind kein thema, da bereits beim Fahrzeugkauf darauf geachtet wird, dass alle wichtigen ladekabel an Bord sind. Andere erwischte es dafür mehr oder weniger eiskalt: Hardware und Installationskosten wurden übernommen, wobei die Wallbox immer im Besitz des Arbeitgebers geblieben wäre: „Bei zwei oder drei Kollegen wurde dies bereits umgesetzt, dann kam genau dieses thema hoch und der Rollout wurde bis auf Weiteres gestoppt. Jetzt warten auch wir auf fundierte Abklärung seitens des Steuerberaters oder von wem auch immer.”
Generell zeigt sich, dass die, die schon ein wenig Praxis mit der neuen Antriebstechnik haben, die Dinge nüchterner sehen: „Ich bin überzeugt, dass eine zur Abwicklung einfache lösung keinen herben Verlust von Steuereinnahmen nach sich zieht“, wird argumentiert und ein anderer fügt hinzu: „Wer den Umstieg auf Elektromobilität nur vom Erhalt von Förderungen abhängig macht, wird scheitern.“