STADTSICHT.ch

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was das urbane zentrum der zentralschweiz bewegt

N o 2 | 2016

«Heute startet die

STADT SICHT APP. Runterladen lohnt sich!»

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Handwerk lebt

Regeln sind gut, doch wir sollten mehr Freiräume wagen

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Die digitale Stadt – unsere App bringt alle zusammen


GO BLACK! Erhaltlich bis 24.12.2016:

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Das ist der Zuwachs in der Agglomeration, inklusive Stadt.

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07.10.16 11:56


editorial

Bruno Affentranger Chefredaktor BA Media Luzern

liebe Leserinnen und Leser Raum Luzern anschieben wollen. Die vielen Reaktionen – auch die politischen, auch die kritischen Stimmen zur Finanzierung unseres Vorhabens – haben uns Gewissheit gegeben, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es braucht die unverstellte Sicht auf die Stadt. Deshalb halten Sie bereits die zweite Ausgabe in Ihren Händen – nächstes Jahr werden vier weitere Magazine folgen. Allesamt mit Schwergewichtsthemen, die Sie hoffentlich ansprechen. Doch auch hier sind wir offen. Ihre Inputs sind jederzeit gefragt. Ideen nehmen wir ebenso entgegen wie Ihre Kritiken. Am liebsten per E-Mail an: affentranger@bamedia.ch

Einst machte Stadtluft frei. Inzwischen steht die städtische Ordnung für einen anderen Begriff: für ein Disziplinierungsnetz im Sozialen. Dieser Befund stammt nicht von mir, sondern von einem Sozialhistoriker, der sich mit der Stadt und dem städtischen Zusammenleben an sich beschäftigt. Ich gehe mit ihm nicht einig. So arg steht es nicht um unser Luzern. Es dominieren nicht Überwachungskameras. Das Streben nach Sicherheit und Sauberkeit prägt unser Denken nicht vollkommen. Wir kennen wenige «Gate Communitys», baulich geschlossene Stadtteile, die für die Allgemeinheit nicht offenstehen, sondern nur für wenige Begüterte zugänglich sind. Noch nicht. Aber die Richtungsangabe ist leider korrekt. Es ist vieles vorgespurt. Reglemente lassen fluide Formen des Zusammenlebens erstarren. Auch bei uns. Wir sind jedoch überzeugt, dass Leben anders funktioniert. Das Unvorhersehbare braucht Raum innerhalb eines gesetzten Rahmens. Aus dem scheinbar Ungeordneten oder Chaotischen wachsen stets neue Strukturen und Pläne – und spannende, neue Häuser, Geschäfts- oder Kulturvorhaben. In dieser Ausgabe haben wir uns auf die Spur des öffentlichen Raumes gemacht und unseren Umgang mit ihm untersucht. Wir wollen herausfinden, was die offizielle Stadt Luzern plant. Wir würden gerne wissen, was wir in den kommenden Jahren zu erwarten haben. Wir möchten Auskunft darüber, wie zum Beispiel die Plätze, Quais und Sportanlagen in Zukunft bespielt werden. Kurz und gut: Wir möchten den grossen Plan für die freien Räume unserer Stadt kennenlernen, damit Sie und wir alle darüber diskutieren können.

Während der Arbeiten zur ersten STADTSICHT haben wir gelernt, dass die Geschäftslokale dieser Stadt vor allem eines brauchen. Alle, mit denen wir gesprochen haben, baten uns, mehr über ihre Angebote zu berichten. Sie möchten mehr Öffentlichkeit, mehr Kunden, mehr Leben in der Bude. Das gilt auch für jene, bei denen das Geschäft blendend läuft. Weil wir überzeugt sind, dass die Zukunft nicht nur im Geschäftsbereich digital sein wird, haben wir unsere lang gehegten Pläne sofort realisiert. Zusammen mit dem Luzerner Unternehmen Axon Active und dem Krienser Unternehmen myKompass haben wir eine glückliche Zusammenarbeit gefunden und eine App gebaut, welche der Stadt Luzern einen grossen Auftritt garantiert. Unsere STADTSICHT APP zeigt Luzern als ein natürlich gewachsenes, einmaliges Einkaufsgeschäft, als einen beeindruckenden Erlebnisraum für Einheimische und Touristen und als einen inspirierenden Kulturplatz. Die STADTSICHT APP ist die Ausweitung des Magazins STADTSICHT, das die Luzerner Innenstadt attraktiver machen wird. Die App funktioniert ganz einfach: Jeder und jede hat ihren Auftritt, kann Nachrichten versenden, darf Angebote machen. Die STADTSICHT APP will die «Mall of Lucerne» real werden lassen. Das Gute daran: Alle dürfen mitmachen. Aber schauen Sie selber rein.

Wir sind im vergangenen Sommer mit der ersten Ausgabe von STADTSICHT gestartet. Das Magazin hat Wellen geschlagen. Das hat uns als Herausgeber gefreut und uns in der Einschätzung bestätigt, dass STADTSICHT ein willkommener, politisch neutraler und ideologisch unabhängiger Moderator für allerlei Stadtgespräche sein wird. Wir haben mit STADTSICHT die unvoreingenommene und keinen Interessen verpflichtete Diskussion über den urbanen

Wir wünschen viel Vergnügen und ebenso viel Denkspass.

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No 02/2016

inhalt

Coverbild: Marco Sieber©

03 Start in Zahlen 05 Editorial 06 Inhalt, Impressum 07 Autoren, Partner

starter 09 09 09 11 11 11

Die guten, alten Zeiten: 70er Crowdfunding-Plattform Funders Luzerns Wimmelbuch Tobi Gmürs neueste Musik Staunen im Bellpark Hässig und Hässig

impressum

KREATIV 12 Wenn Hände arbeiten – Besuch in der Handwerkerszene

COVERSTORY 16 Öffentlicher Raum – Raum für uns alle 19 Wo bleibt die Freiheit? 20 Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen, im Interview 22 Hier eröffne ich mal meinen Imbissstand 25 Mit Sicherheit die Zukunft verpassen 26 Die Stadt in Zahlen: Illustratorin Suki Bamboo erklärt das urbane Zentrum 28 Fabienne Hoelzel verbessert Slums – was die Stadtplanerin über Luzern denkt 37 Die Stadt arbeitet an einer exakten Nutzungskarte 39 Freiräume ohne Stil sind nichts – Plädoyer für die Rückkehr der Höflichkeit

Neu 41 Die STADTSICHT APP für Luzern startet 42 Informationen, Angebote, Gelegenheiten – diese App bringts

think tank

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48 Wenn die Cars verschwinden, gibts mehr Platz 49 Ideen für neue Freiräume – Sie sind gefragt

stadtgeflüster 50 Harte Fragen für die Zukunft

STADTSICHT wird von verschiedenen Organisationen unterstützt, ist jedoch politisch unabhängig und inhaltlich keinem Verband und keiner Ideologie verpflichtet. Herausgeber und Redaktion behalten sich alle journa­ listischen Freiheiten vor. Herausgeber Bruno Affentranger, Angel Gonzalo, BA Media GmbH, Luzern Chefredaktion Bruno Affentranger, BA Media GmbH Redaktion Elena Benitz, Angel Gonzalo, Lukas Hadorn («LucerneMagazine»), Bianca Litscher, sukibamboo.com

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44 Die Digitalisierung unserer Stadt, Teil 1 47 «Digital-City», «Smart-City»: Wir klären auf

mitmachen

Stadtsicht ist ein Produkt der BA Media GmbH mit Sitz in der Stadt Luzern. Die Zeitschrift erscheint 2017 viermal (März, Juni, September, November) und wird in alle Briefkästen der Stadt Luzern verteilt.

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Fotograf Marco Sieber, marcosieber.ch Korrektorat No limits Schmid, nolimits-schmid.com Layout/Produktion aformat Luzern, aformat.ch Verlag BA Media GmbH Obergrundstrasse 26, 6003 Luzern affentranger@bamedia.ch gonzalo@bamedia.ch Inserateverkauf BA Media GmbH Manuela Willimann willimann@bamedia.ch Druck Vogt-Schild Druck AG, Gutenbergstr. 1, 4552 Derendingen Anschrift STADTSICHT, BA Media GmbH, Obergrundstrasse 26, 6003 Luzern stadtsicht@bamedia.ch bamedia.ch Facebook: stadtsicht.ch Unterstützungspartner Wirtschaftsverband der Stadt Luzern, City Vereinigung Luzern, Musegg Parkhaus AG, weitere Auflage 54 000 Exemplare Erscheinungsdaten 2017 9. März / 1. Juni / 15. September / 30. November 2017 Redaktionsschluss jeweils drei Wochen vor Erscheinen

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STADTSICHT APP

STADTSICHT wird unterstützt durch folgende Partner

Pünktlich zur Vorweihnachtszeit kommt das Magazin STADTSICHT zu Ihnen nach Hause. Es ist mehr als ein gedrucktes Magazin. Seit heute ist STADTSICHT eine «Mall of Lucerne» – nichts anderes als das moderne ­M edium für ein virtuelles Kaufhaus und gleichzeitig einen einmalig schönen Erlebnisraum und ein kulturell pulsierendes Labor. STADTSICHT finden Sie neu online im Netz als App, die viele nützliche Funktionen bereithält. Einheimische genauso wie Touristen werden sich über diese Informationsquelle freuen. Das Produkt STADTSICHT APP ist eng mit unserem Magazin verknüpft. Hergestellt und betrieben wird es durch ein Team der Luzerner Axon-Gruppe um Stefan Muff und CEO Peter Delfosse und der ­Luzerner Verleger und ­Kommunikationsprofis von BA Media. Sind Sie gespannt? Dann klicken Sie rein. Mehr unter www.bamedia.ch oder im App-Store unter STADTSICHT.

Der Wirtschaftsverband Stadt Luzern (WVL) ist mit fast 500 Mitgliedern das Sprachrohr für das Luzerner Gewerbe. Als Wirtschaftsverband leistet er verschiedene Beiträge: – Er vertritt die Interessen des Gewerbes. – Er stärkt Luzerns Wirtschaft. – Er bezieht in wirtschaftspolitischen Fragen Stellung. – Er pflegt Kontakte mit seinen Mitgliedern. Luzern als starkes Wirtschaftszentrum der Zentralschweiz: Dafür setzt sich der Verband ein. Er fordert wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen und macht sich für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort und damit auch für langfristig gesicherte Arbeitsplätze stark. wvl.ch

BA MEDIA Ein Magazin über die eigene Stadt, über Luzern, zu machen – das war schon lange ein Traum von Bruno Affentranger und Angel Gonzalo, die das Luzerner ­Kommunikations- und Medienunternehmen BA Media GmbH führen. Die beiden sind auf dem Feld der gedruckten und elektronischen Medien Spezialisten, die zweierlei gemeinsam haben: Ihre ungebrochene Freude am Umgang mit Bildern und Sprache sowie ihr Gespür für Geschichten mit gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Relevanz. Zusammen mit dem Luzerner Grafikunternehmen aformat (Pascal Zgraggen und Jos Ettlin) mischen sie sich publizistisch und konstruktiv in die politische Debatte in ihrer Heimat- und Wohnstadt ein. Sie wollen mithelfen, Diskussionen zu eröffnen und die Region Luzern weiterzuentwickeln. Die STADTSICHT APP ist ein weiterer Schritt auf dieser Reise.

Die City Vereinigung Luzern (CVL) fördert mit ihren mehr als 240 Mitgliedern die Attraktivität von Luzern als Einkaufsstadt sowie als Handels-, Wirtschafts-, Tourismus- und Begegnungszentrum der Zentralschweiz. Die CVL will mit einem ganzheitlichen Marketingmix für eine Belebung der Innenstadt sorgen. Dazu gehören Interessensvertretung, politische Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit, klassische Werbung sowie Events oder Verkaufsförderungsaktionen. Bestseller der CVL ist die CityCard – die gemeinsame Geschenkkarte für das Shopping-Center Stadt Luzern. Einheimische und Gäste sollen Luzern freundlicher, zuvorkommender und sympathischer erleben als alle anderen Städte. die sie kennen. city-luzern.ch

MARCO SIEBER – BIANCA LITSCHER Ein Magazin lebt von seiner grafischen Handschrift, der selbstständigen Bildsprache, illustratorischen Highlights und inhaltlich provozierenden Texten. Für Letzteres ist die BA Media zuständig, für Ersteres aformat. Die Fotografie liegt in dieser Ausgabe jedoch vollständig bei Marco ­S ieber: Der Fotograf, der eine grosse Sensibilität im Umgang mit porträtierten Menschen an den Tag legt, wirkt bereits zum zweiten Mal mit. Allein sein Coverbild mit der Städteplanerin Fabienne Hoelzel ist ein Bijou und in einem kurzen, sonnigen Moment an einem Spätherbsttag entstanden (siehe Bild links). Für die Illustration ist diesmal Bianca Litscher zuständig, die in Luzern unter dem Künstlernamen Suki Bamboo zeichnet. Litscher ist der Einladung von BA Media gefolgt und hat das Hauptthema, das Gezerre um die Nutzung des öffentlichen Raumes in Luzern, spektakulär umgesetzt (Seiten 26 und 27).

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Die Musegg Parking AG ist die Projektierungs­ gesellschaft für einen unterirdischen Busterminal mit einer Parkinganlage für Privatwagen unter dem Musegghügel in der Stadt Luzern. Mit dem Projekt soll der Schwanenplatz carfrei und die Stadt vom Parksuchverkehr entlastet werden, was zur Attraktivierung der Innenstadt beiträgt. Ziel der Musegg Parking AG ist, das Projekt so weit zu entwickeln, dass die Luzerner Bevölkerung über eine Zonenplanänderung für das Baugrundstück abstimmen kann. Das Projekt soll mit privaten Geldern erstellt werden. Die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand ist seit Sommer 2015 etabliert und bei den Rahmenbedingungen gefragt. Sie muss die Umzonung ermöglichen und ein Baurecht gewähren. Im Komitee Musegg Parking AG machen 295 Personen mit, davon stammen 184 aus der Stadt Luzern. museggparking.ch


Es gibt nicht die Sommersprosse. Es gibt nicht den Kunden.

Deshalb sind wir keine Krankenversicherung für Kunden. Sondern für Menschen. Mit myFlex bieten wir eine Produktelinie, die sich Ihren Bedürfnissen und Ihrem Budget anpasst. Ganz persönlich. Agentur Luzern, Seidenhofstrasse 6, 6002 Luzern, 058 277 30 65, info.luzern@css.ch, www.css.ch


«Meine Frau bat mich, ­anständige Kleider anzuziehen, damit sie ein Foto von mir machen könne. Ian und die Aussicht. Ian und eine Aussicht, die zum Sterben schön ist. Ian und eine Sicht in die Berge, die man in eine ­Flasche abfüllen und ­mitnehmen können ­müsste, um sie an langweiligen Tagen im Stau oder im Pendelverkehr zu entkorken.»

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GEHEIMTIPPS Möchten Sie ein «Luzern Wimmelbuch» gewinnen? Dann liken Sie uns auf Facebook (facebook.com/stadtsicht.ch). Wir verlosen fünf Gratisexemplare unter allen neuen Fans! Alle weiteren Infos zum Buch unter luzernwimmelbuch.ch

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W er spricht hier?

Gute alte Zeiten Seit den Siebzigerjahren dokumentiert der Luzerner Fotograf Emanuel Ammon das Zeitgeschehen in der Leuchtenstadt. Heute ist er ein etablierter Künstler mit eigenem Fotobuch­verlag, in seinen Anfängen zog er noch als Pressefotograf, etwa für das «Luzerner Tagblatt», durch die Stadt. Die besten Bilder aus dieser Zeit hat er in einem Bildband ­zusammengefasst: «70er» heisst er schlicht und zeigt ein Luzern, an das man sich mit Verwunderung und oft auch etwas Wehmut erinnert. Das Lieblingsbild Ammons? «Ein Eisbär, der 1976 an der Leine mitten durch Rothenburg ­geführt wurde.» Leserinnen und Leser von «Stadtsicht» können «70er» von Emanuel Ammon zum Spezialpreis von 60 statt 86 Franken beziehen, per Telefon an +41 41 420 65 65 oder via info@aura.ch. Stichwort: «Stadtsicht»

Die Luzernerinnen und Luzerner beklagen sich gerne ­darüber, dass es in ihrer Stadt nur so wimmelt – von Touristen, von Autos und Bussen, von Schwänen und Möwen, von ­Fasnächtlern und Festival-Besucherinnen. Tatsächlich: Manchmal ist kaum ein Durchkommen. Aber so kennen und lieben wir sie, unsere Stadt! Neuerdings kann man sich das Gewimmel auch bequem zu Hause auf dem Sofa an­schauen, mit ausreichend Beinfreiheit und maximaler Privatsphäre. Möglich machts das «Luzern Wimmelbuch» mit ­sieben tollen Sujets für Entdeckungshungrige. Gezeichnet vom Luzerner Amadeus Waltenspühl, der unlängst zum «Schweizer Grafiker des Jahres» gewählt wurde. Ein perfektes Geschenk für Gross und Klein, für Einheimische und Besucher!

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Der britische Journalist Ian McMillan zeigte sich bei einem Besuch 2007 sehr angetan von Luzern. In der «Mail on Sunday» schrieb er, Luzern fühle sich an wie eine Filmkulisse. Wie ein James-Bond-Film. Er sei der Agent mit der Lizenz zum GipfeliMampfen im Frühstücksraum des Hotels Montana.

70er

Such im Buch!

CinédÎner

Kinogenuss trifft Gaumenfreude

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Sozialp rojekte mit Cro finanzi wdfund eren. N ing eu bei funders. ch

Funders Kreative Köpfe aus der Vierwaldstättersee­ region haben seit Juni 2016 eine neue ­M öglichkeit, Geldgeber für ihre kulturellen, sozialen oder sportlichen Projekte zu finden: die Crowdfunding-Plattform «Funders». Sie ist ein Finanzierungsmodell, bei dem zahlreiche Personen (die Crowd) einen frei wähl­b aren Betrag beisteuern können, um ­gemeinsam ein Finanzierungsziel zu erreichen. Lanciert wurde «Funders» von der ­Luzerner Kantonalbank, welche in einer zweiten Phase auch die gezielte Weiterentwicklung der Plattform für Projektinitianten aus der Wirtschaft plant. Von Crowdfunding zu Crowd­ investing, quasi. Aktuell sind rund ein Dutzend Projekte zur Finanzierung ausgeschrieben, von Musikalben über ­F ilm­p rojekte bis hin zur Sport-Talent­förderung. funders.ch

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«Amélie» sehen und dazu in der Brasserie sitzen? «Matrix» und Techno-Food? Kein Problem. Bereits zum siebten Mal findet das Luzerner Cinédîner im Restaurant «1871» statt. 12 000 Personen haben bisher geschaut, getrunken und gegessen. Vom 10. März bis 15. April 2017 lockt das «1871» im Grand Hotel National mit seinen Kino- und Genussabenden. Eine frühzeitige Reservation empfiehlt sich. Damit nicht genug: «1871» macht am 26. Mai einen Ausflug. Ein exklusives Spezial-Cinédîner findet im Maihof in Luzern statt: «Ben Hur», die Neuverfilmung des Sech­ zigerjahre-Werkes, steht auf dem Programm. «1871» hat übrigens einen Ableger auf dem Land: Vom 21. April bis 13. Mai läuft das Cinédîner in Ettiswil, ebenfalls in einem äusserst attraktiven Ambiente, nämlich im Wasserschloss Wyher. Preis: 89 Franken pro Person, exklusive Getränke. cinediner.ch


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starter

GEHEIMTIPPS luzern trinkt

Hässig und Hässig Wer Kaffee liebt, sucht ein Leben lang nach ihm: dem perfekten Espresso. Den Brüdern Marc und Kurt Hässig ging es nicht ­anders. Im Gegensatz zu uns allen beschlossen sie aber, diesen gleich selbst herzustellen. Entstanden ist die erste Mikro-Kaffeerösterei der Stadt Luzern. Hier werden Arabica-Bohnen aus Papua-Neuguinea und Robusta-Bohnen aus Indien trommelgeröstet. Das Ergebnis? Der perfekte ­E spresso, natürlich.

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Luzern inspiriert Technology, Entertainment, Design – kurz: TED. Was als Abkürzung für eine Innovationskonferenz in Kalifornien stand, hat sich in den letzten Jahren zu einem Synonym für die kollektive, ­k reative Kraft des Internets entwickelt. ­Videos der TED-Vorträge erfreuen sich auf Plattformen wie Youtube grosser Beliebtheit und werden millionenfach angeklickt. Inzwischen werden ­ähnliche Konferenzen, sogenannte TEDx Events, in mehr als 130 Ländern organisiert, und im Mai 2016 war endlich auch Luzern an der Reihe. An der «TEDx Hochschule Luzern» referierten unter anderen ein Shaolinmeister, ein Wurmzüchter und ein Solarenergie-Pionier zum Thema «Winning ­Solutions for the 21st ­Century». Inspirierend!

Die Mikro-Rösterei Hässig & Hässig ist am Donnerstag und Freitag nachmittags und am Samstag ganztags geöffnet. haessig-haessig.ch

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Auf Youtube kann man den Livestream des Events «TEDx Hochschule Luzern» anschauen. Die einzelnen Vorträge sind ebenfalls als Video verfügbar. Alle Infos unter tedxhochschuleluzern.com Tobi Gmür (43) ist einer der bekanntesten Musiker Luzerns. Im November veröffentlichte er sein neues Album «Winterthur». Zu kaufen im Old Town Store an der Hertensteinstrasse 64.

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ChäsChäller MuSEUM KRIENS

Staunen im Bellpark Wer den Pilatus erklimmen will und deshalb mit dem Bus Linie 1 nach Kriens fährt, sollte einmal etwas früher als geplant aussteigen. An der Haltestelle «Hofmatt-Bellpark» liegt ein Park und darin ein kleines Museum. Das Haus bietet nicht nur ein ortsgeschichtliches Archiv, welches die Entwicklung von Kriens vom Dorf zur Vorstadt dokumentiert, sondern auch eine Sammlung an Schweizer Zeichnungen. Mit Wechselausstellungen und Veranstaltungen. Info: Das Museum im Bellpark ist von Mittwoch bis Sonntag geöffnet, Führungen möglich. www.bellpark.ch

Im Jahr 1897 wurde mitten in Luzern, am Fusse des Stadtberges Gütsch, ein dreis­­sig Meter langer Stollen ausgehöhlt. Dort wurde Eis eingelagert, um es im Sommer zum Kühlen der Milch zu verwenden. Später, vor Beginn des ­Ersten Weltkriegs, wurden kurzzeitig Champignons gezüchtet. Seit 2014 ist der denkmalgeschützte Keller ein Lager für besten RohmilchAlpkäse aus der Region. Das Klima ist perfekt: zehn Grad kühl, neunzig Prozent Luftfeuchtigkeit – ideal, um den Käse reifen zu lassen. Das Beste daran: Man kann ihm dabei zusehen und sogar davon kosten! Der «Chäs-Chäller» liegt an der Gibraltar­ strasse 25a. Gruppen ab 8 Personen können den Stollen besuchen und Käse, Früchtebrot und Wein degustieren. Zu kaufen gibt es den Alpkäse im Spar an der Dorfstrasse 31 sowie jeden Samstag auf dem Markt im Helvetiagärtli. chaes-chaeller.ch

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Der Winter kommt. Was tun? Und Schnaps? Lieblingscafé in Luzern? Wo gehst du an die Sonne, wenn der Nebel drückt?

Kaffee trinken. Mit Creme, ohne Zucker. Nur bei akuter mentaler Unterkühlung. ;-) Das «Meyer» am Bundesplatz und die «Jazzkantine» am Graben.

Auf die Rigi, die Königin! Und wo stehst du am liebsten auf der Bühne? Wer macht ausser dir gute Musik in Luzern?

Im Sedel, the Club. Oder im Sommer am «Funk am See» auf der Lidowiese. Pink Spider.


Kreativ

Kreatives Schaffen in Luzern Handwerk im städtischen Raum treffen wir leider nicht häufig an. Es gibt sie aber noch, die innovativen, eigenwilligen und originellen Betriebe, fern des Mainstreams. Wir stellen drei von uns ausgewählte Betriebe vor.

Text und Bild Angel Gonzalo

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ie fortschreitende Digitalisierung kann durchaus eine Chance für das traditionelle Handwerk sein. Nicht zuletzt, weil gerade solche Betriebe möglicherweise unsere Sehnsucht nach gutem, solidem Handwerk stillen. Nach realen Werten in einer zunehmend virtuellen Welt. Die drei nachfolgend porträtierten Betriebe weisen alle eine Gemeinsamkeit auf – sie verstehen ihr Handwerk als Berufung und Leidenschaft. Das sei – so der Grundtenor – die Voraussetzung für gute Handwerkskunst. Sei es im Umgang mit Stahl, Holz oder Textilien.

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Der Stahlästhet

Carmelo De Giorgio C

armelo De Giorgio ist ein Autodidakt durch und durch – und getrieben von einem Hang zur Perfektion. Im jugendlichen Alter von 16 Jahren kam er in die Schweiz und arbeitete vorerst auf dem Bau. Danach folgten Lehrjahre als Schlosser in der Möbelherstellung, bis er endlich seine Berufung fand und 1997 eine eigene Werkstatt eröffnete. Fortan widmete er sich ausschliesslich der Herstellung von Wohnaccessoires nach eigenem Design. Stahl und Edelmetall sind seine Materialien, Akribie und Präzi­ sion in der Vollendung seiner Werke seine Arbeitsphilosophie. Der 50-jährige Kalabrese wirkt mit Kopf, Herz, Bauch und Muskeln – die Arbeit ist physisch anspruchsvoll. In seiner

geräumigen Werkstatt in der Littauer Grossmatte arbeitet er oft von fünf Uhr morgens bis acht Uhr abends und das an mindestens sechs Tagen die Woche. Er fände – wie er sagt – eine grosse Erfüllung dabei. Das «Dolce far niente» liege ihm fern. Carmelo entwirft und produziert in Eigenregie hochwertige Wohnaccessoires. Das ist leicht gesagt – der Prozess von der Idee bis zur Ablieferung sei oft ein langer Weg. Er möchte «die Schönheit mit dem Praktischen retten», seine Prototypen entstehen in seinem Kopf, werden nach und nach zum fertigen Objekt, immer im Sinne der Funktion. Seine Kandelaber, Vasen und Flaschenhalter bestechen durch Schlichtheit und Funktionalität. Das sei ihm ebenso wichtig wie die kleinen

Details, die den Unterschied ausmachten. Er spüre förmlich mit den eigenen Fingern und bei geschlossenen ­Augen, ob sein Werk reif für die Lieferung an den Kunden sei – Design käme von innen, sei Ausdruck von Perfektion. In ­seiner Werkstatt produziert er Unikate und Kleinstserien, die er dann in seinem Laden am Blumenrain in Luzern ausstellt und verkauft. Fachgeschäfte im gehobenen Segment, Privatpersonen, Hotels und Gastronomiebetriebe gehören zu seinen Kunden. Es sind Klienten, die das Schöne, Praktische und Dauerhafte suchen und finden. Aus seiner Manufaktur stammt auch ein Dekantiergerät, welches weltweit vertrieben wird. Dieses dient zum Kredenzen grosser

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Formate: Weinflaschen mit einem Fassungsvermögen von drei bis zu dreissig Litern lassen sich damit präzise und elegant ausschenken. Das ist nicht nur Design, sondern vor allem ausgeklügelte und patentierte Kurbelmechanik. De Giorgio liebt Herausforderungen, das liegt in seinem Naturell – Leidenschaft allein genüge ihm nicht, es brauche dazu viel Energie und Beharrlichkeit. So finden Präzision und Perfektion zusammen. Erst dann findet er Erfüllung in seiner Arbeit. Blumenrain 10 6005 Luzern mail@degiorgio.ch degiorgio.ch


M

schneidert im Auftrag Kleinserien, Fasnachtskostüme oder exklusive Prototypen für bekannte Marken. In den letzten drei Jahren wurden zwei komplette ­Eigenkollektionen mit je rund siebzig Outfits präsentiert. Das sei insofern bemerkenswert, so Fischer, da die jungen Nachwuchstalente einen praktischen Einblick in die Prozesse handwerklicher Produktion erhielten und unternehmerische Fähigkeiten mit auf den Weg bekämen. Doch nicht alle sind blutjung – die Auszubildenden sind zwischen 15 und 34 Jahre alt. Nicht selten entscheiden sich erwachsene Frauen für diesen kreativen Beruf. Dazu brauche es ein gutes Vorstellungsvermögen und handwerkliches Feingefühl. Konzentriert und still messen die Lernenden die exakte Länge ab, stecken sorgfältig Säume um, zeichnen neue Schnittmuster auf, nähen feine Perlen mit viel Fingerspitzengefühl von

LU Couture Die Bildungsstätte

für Mode

arisa Fischer liebt ihre Arbeit. Vor allem, weil sie inspirierend ist und sie dabei jungen Nachwuchstalenten auf die Sprünge hilft. Die Atelierleiterin in Luzern ist seit der Gründung der Bildungsstätte LU Couture im Jahr 2013 mit dabei und mitverantwortlich für die Ausbildung. In den Ausbildungs-Modeateliers in Luzern und Willisau fertigt LU Couture keine Kleider für die Stange, sondern einzigartige Massanfertigungen und Accessoires. Hier werden zurzeit 25 junge Frauen und ein junger Mann in die Geheimnisse der handwerklichen Schneiderkunst eingeführt und zu Bekleidungsgestalter/innen – so der offizielle Titel – ausgebildet. Das Ausbildungsmodell ist in der Schweiz einzigartig, geboren aus einer «Public Private Partnership» in Zusammenarbeit mit dem Kanton Luzern. Das Atelier bildet nicht nur Nachwuchs aus. Es entwirft und

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Hand an oder wählen die perfekte Stoffkombination für das bestellte Deux-Pièces aus. Gearbeitet wird im Atelier an der Luzerner Alpenstrasse akribisch, mit ruhiger Hand und mit viel Liebe zum Detail. Marisa Fischer: «Kreativität, gestalterisches Flair sowie das Auge für das gewisse Etwas sind für den Beruf Bekleidungsgestalterin unerlässlich.» Begonnen hat alles im Mai 2013, spartanisch mit einem Pult, zwei Stühlen und zwei Köpfen voller Ideen. Marisa Fischer und die Geschäftsführerin Rufina Hümmer starteten mutig und entschlossen. Wenige Monate später waren bereits zwölf Lernende unter ihren Fittichen. Mittlerweile hat sich das Ausbildungsatelier etabliert und einen landesweiten Ruf erlangt. Die nächste Eigenkollektion kommt bestimmt. Alpenstrasse 4 6004 Luzern info@lu-couture.ch lu-couture.ch


Matteo Aepli

Der Holzdreher

Kreativ

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m 350-jährigen Haus am Steghofweg scheint die Zeit stillzustehen. Matteo Aepli hat hier seine Werkstatt eingerichtet – ein Relikt aus Zeiten, in denen Holz vorwiegend von Handwerkern bearbeitet wurde. Bisweilen klingt es laut und schrill, wenn Hölzer zurechtgeschnitten, gefräst und gedrechselt werden. Es sind vertraute Geräusche für den 28-jährigen gelernten Agronomen Matteo Aepli, der die Drechslerarbeit mehr als Berufung denn als Beruf interpretiert. Gelernt hat er das Handwerk vom Luzerner Altmeister Sigi Angerer († 2015) – ein strenger Lehrmeister, aber wohl einer der besten seines Fachs. Fünf Jahre habe die Ausbildung gedauert, absolviert hat er sie neben seiner Tätigkeit als Agronom. Matteo Aepli verwendet aus Prinzip ausschliesslich Schweizer Hölzer. Er wählt diese selber aus und bewirtschaftet in Luzern

und Emmen eigene Lager. Das sei wichtig, denn die Qualität der Hölzer sei für gute Drechslerarbeit entscheidend. Daher behalte er gerne alles selber unter Kontrolle, von A bis Z. Gutes Holz brauche Zeit – Aepli verwendet 100- bis 150-jähriges Holz aus dem Goldregenstrauch. Auch Eibenholz sei aufgrund seiner originellen Maserung besonders geeignet und beliebt. Seine Kunden sind so verschieden wie die Hölzer, Formen und Werkzeuge, die er täglich in seiner Arbeit verwendet: Privat­ leute mit alten Möbelstücken, Architekten, Denkmalpfleger, Innendekorateure. Im Prinzip alle, die Wert auf solide und ­bisweilen kunstvolle Drechslerarbeit legen. Aeplis Holzwerke sind oft Einzelstücke, selten Kleinserien, die Aufträge eher klein, aber immer handwerklich komplex. Herausfordernd seien Einbau-

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bibliotheken, massgefertigte Holzelemente in Nasszellen oder kongeniale Einpassungen an bestehenden Objekten. In Leipzig gab es im 19. Jahrhundert eine Professur für Drechslerei. Bis zu dreissig verschiedene Techniken wurden dort gelehrt, Aepli beherrscht deren sechs bis sieben. Einige Techniken seien im Zuge der Industrialisierung verloren oder vergessen gegangen. Besonders begeistert ist er vom Trommeldrechseln. Dazu verwendet er ein kastenförmiges Artefakt, wodurch die Geome­trie beim Drehen «überlistet» und eine regelmässige Wölbung im Holz produziert wird. Das ist anspruchsvolle Drechslerarbeit, wie Aepli sie liebt. Darin ist er dann vollends versunken. Steghofweg 1 6005 Luzern info@aepli-drechslerei.ch


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Coverstory

Öffentlicher Raum Raum für uns alle?

Zwei Quadratkilometer gross ist der öffentliche Raum in der Stadt Luzern. Das sind zwei Millionen Quadratmeter. Oder umgerechnet 280 Fussballfelder. Dazu zählen Plätze, Uferpromenaden, Parks, zum Beispiel auch nur zeitlich befristet zugängliche Schul- und Sportanlagen. Das städtische Reglement über die Nutzung des öffentlichen Grundes regelt, was, wann und wie oft stattfinden darf. Fast 900 Anfragen werden pro Jahr bewilligt. Das klingt grosszügig. Ist es das auch? Oder erdrosselt das Reglement unsere Freiräume? Die Diskussion ist eröffnet.

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Coverstory

Regeln brauchts. Aber wo bleibt die Freiheit? Text Bruno Affentranger Bild Marco Sieber

Luzern ist ein einziger Raum, den wir mit Leben füllen. Über das Was und Wie herrscht Uneinigkeit. Lärmempfinden trifft auf Freiheitsgefühle, Geschäftsideen prallen auf Ruhebedürfnisse. Was wird obsiegen? Eine Entscheidung steht bevor.

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und 1300 Anfragen für Veranstaltungen, Verkaufsevents, Stände, Boxen, Auftritte und anderes mehr gehen jedes Jahr bei der Stadt Luzern ein. An einem einzigen Morgen können zehn Gesuche auf den Tisch der Mitarbeiter in der Abteilung Stadtraum und Verwaltung flattern. Kornmarkt, Schwanen-, Theaterund Bahnhofplatz sind stark nachgefragt, den St. Karliquai jedoch will zum Beispiel niemand bespielen. Die offizielle Stadt spricht von einer Übernutzung der neuralgischen Zonen. «Nutzungsdruck» heisst das Unwort. Die zuständige Abteilung, die zögerlich Bewilligungen ausspricht, ist nicht beliebt. Gesuchstellern für Eisfelder, Verkaufsstände, Kunstinstallationen, Demonstrationen, Konzerte, Strassencafés und vieles andere mehr tritt sie mit Reglement und Schlagworten entgegen. Es gelte die schleichende «Mediterranisierung» zu verlangsamen, diesen unbändigen Drang, das Leben nach dem Vorbild der milden Klimazonen nach draussen zu tragen. Man müsse der «Kommerzialisierung» Einhalt gebieten. Ein neues Reglement wurde eingeführt und eben angepasst, das nächste ist bereits in Vorbereitung. Sie sind gemacht für Zehnjahreszyklen. Mindestens. Auf der einen Seite stehen die Gesuchsteller; darunter sind die Gewerbetreibenden, die auf Kunden- und Margenrückgänge mit

manchmal mehr, manchmal weniger gelungenen, realen Aktionen ausserhalb der Geschäfte reagieren wollen. Auf der anderen Seite die offizielle Stadt, angeführt von einer Exekutive, die selbst in ihrem Mehrjahresplan eine zurückhaltende Politik vorgeschrieben hat. Dazwischen steht die Abteilung Stadtraum und Verwaltungen, die «punching ball» spielen muss und sich deshalb noch so gerne auf das sichere Terrain von Vorgaben zurückzieht. Kurz und gut: Die Fronten sind verhärtet, trotz Mitspracherechten von Bürgern und Diskussionsgruppen. Freiräume brauchen wir

In dieser Gemengelage geht gerne vergessen, dass urbane Zen­ tren auch Ideen- und Traumräume, gedankliche Frei- und Begegnungsflächen sein sollten. Hier entstehen die Gedanken, die sich möglicherweise später zu Kunst- oder Geschäftsprojekten verdichten. Dieser Freiraum jedoch ist auf Vorgaben angewiesen. Nur vor dem Hintergrund der Regeln und der städtischen Ordnung kann er kontrastieren. Alleine wäre er spannungsarme Leere. Umgekehrt gilt, dass ohne Streben nach Freiraum die Stadt nur Starre wäre. Der Befund ist klar: Regeln haben wir. Es werden definitiv mehr. Freiräume brauchen wir. Das Rennen ist eröffnet.

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Wir richten uns am politischen Willen aus Der öffentliche Raum in Luzern macht zwei Millionen Quadratmeter aus. Was darauf geschehen soll, ist ein ewiger Kampf. Für die einen ist es zu viel, für die anderen zu wenig. Mario Lütolf, der Leiter Stadtraum und Veranstaltungen Stadtverwaltung Luzern, nimmt Stellung. Interview Bruno Affentranger

STADTSICHTt: Mario Lütolf, Sie sind eigentlich der höchste Luzerner. Mario Lütolf: Oh, danke! Aber da überschätzen Sie meine Position wohl massiv. Weil Sie verantwortlich für die Vergabe von Bewilligungen sind. Wem Sie «ja» sagen, der darf Stände bauen, Markt halten. Die Politik definiert die geltenden Rechtsgrundlagen, unter anderem in Form des Reglements über die Nutzung des öffentlichen Raumes, der Stadtrat präzisiert diese in entsprechenden Verordnungen. Daran richten wir uns in der Bewilligungspraxis aus. Die Entscheide basieren auf dem konsultativen Einbezug interner und externer Anspruchsgruppen. Wir verpflichten uns rechtsstaatlichen Prinzipien, der rechtsgleichen, nie willkürlichen Behandlung der un ­ terschiedlichsten Anfragen. Was ist Ihr Ziel dabei? Wir folgen dem Leitbild Eventpolitik der Stadt Luzern, vom Grossen Stadtrat verabschiedet im Jahr 2008. Wir bewegen uns in einem heiklen Spannungsfeld. Einerseits sind Veranstaltungen für das Image der Stadt wichtig, und die Bevölkerung steht diesen mehrheitlich positiv gegenüber. Andererseits gibt es zunehmend Widerstand gegen Nutzungen im öffentlichen Raum und den damit verbundenen Emissionen und Auswirkungen. Vor diesem Hintergrund bekennt sich die Stadt Luzern zu Events mit besonderer Ausstrahlung als Bestandteil ihres Images sowie des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Wir stellen uns der nicht einfachen Aufgabe, mit angemessenen Massnahmen sicherzustellen, dass ein Gleichgewicht zwi-

schen den Interessen von Veranstaltern, Bevölkerung sowie Handel und Gewerbe gewahrt bleibt. Sie sagen, die Anfragen für Bewilligungen seien gestiegen. Leiten Sie daraus ab, dass Luzern unter einem Nutzungsdruck steht? Der Nutzungsdruck nimmt tatsächlich permanent zu. In den letzten 20 Jahren stieg die Gesuchsanzahl von knapp 400 auf über 1300 Anfragen pro Jahr. Wir lehnten rund 100 davon ab, etwa 300 wurden zurückgezogen oder weitergeleitet.

Mario Lütolf Seit Sommer 2013 ist Mario Lütolf Leiter Stadtraum und Veranstaltungen der Stadt Luzern. Der 55-Jährige ist Mitglied der Geschäftsleitung der Direktion Umwelt, Verkehr und Sicherheit, die von Stadtrat Adrian Borgula geführt ist. Lütolf war von 2000 bis 2004 Luzerns Tourismusdirektor, danach bei der Zentralbahn und als Direktor im Schweizer Tourismus-Verband. Er hat 2011 den Master of Advanced Studies ZFH in Communication Management and Leadership an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften abgeschlossen. Er wohnt mit Familie in Udligenswil.

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Vielleicht täuschen Sie sich: Seit 2011 ist das harte Regime via Reglement in Kraft. Vieles ist seither bewilligungspflichtig, was vorher gar nicht geregelt war. Ist es möglich, dass die Zunahme der Anfragen daher rührt, dass es dieses Reglement überhaupt gibt und man daher Anträge stellen muss? Ich meine nicht, dass da Hardliner am Werk waren. Vielmehr ist es die Erkenntnis, dass die zunehmende Kommerzialisierung oder Nutzung des knapp bleibenden, öffentlichen Raumes klarerer, durchsetzbarer Regelungen und qualitätssichernder Standards bedurfte. Die rechtlichen Grundzüge dazu wurden im vollständig überarbeiteten Reglement über die vorübergehende und die dauernde Benützung des öffentlichen Grundes verankert und aufgrund der gemachten Erfahrungen erst vor einigen Wochen in Teilen revidiert. Bereits wurde auch der Ruf laut, eine weitergehende Revision anzugehen. Dennoch, die Anfragen sind auf hohem Niveau seit Existieren des Reglements. Wieso sagt der Stadtrat dennoch, wir hätten einen Nutzungsdruck? Die sichtbar zunehmende Einvernahme und Beanspruchung öffentlichen Raumes spricht für sich. Luzern sieht sich mit denselben Problemen konfrontiert wie alle anderen grösseren Städte. Dazu tragen auch gesellschaftspolitische Entwicklungen bei, das breite Erlebnisangebot und ein durchaus ausgehfreudiges Publikum. Das bedrängte Gewerbe will auf sich aufmerksam machen, politische Anliegen wollen gehört werden, für innovative Ideen soll > Seite 25


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Coverstory

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Platz sein, Anwohner verteidigen Frei- und Ruheräume, Mobilitätsansprüche, Sicherheit und Sauberkeit müssen gewährleistet sein. Das alles verlangt verständlicherweise nach einer gewissen ordnenden Hand.

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In welchem Bereich ist der Druck am grössten? Der Anspruch an die Kommerzialisierung hat zugenommen. Es gibt zahlreiche Anfragen, die in Richtung Promotion, Verkauf und Verkaufsförderung gehen. Grundsätzlich gilt es dabei jedoch, die Interessen lokaler Gastronomie-Unternehmen und Gewerbetreibender zu schützen. Ist Ihr Ansatz der, dass Eventveranstalter oder kommerzielle Anbieter den Raum mit­entwickeln sollen? Mit der strategisch ausgerichteten Raumentwicklung und -gestaltung und der Mitsprache aller zu involvierenden Kreise be-

schäftigen sich Fachspezialisten, zum Beispiel im Bereich Stadtentwicklung oder Städtebau. Ein aktuell besonders spannendes, internes Projekt «Stadtraum Luzern» nimmt sich der Definition von Nutzungsarten und -intensitäten in Form von Bespielungsplänen im ganzen Stadtgebiet an. Daran arbeiten wir mit unseren Ansprüchen zielgerichtet mit. Gibt es dazu ein Vorbild? Für den wichtigen Erfahrungsaustausch für die Verantwortung zur Nutzung öffentlichen Raumes stehen wir im Kontakt mit Partnern in Städten wie Chur, St. Gallen, Winterthur, Zürich, Basel und Bern. Ein eigentliches Vorbild für uns gibt es aber nicht. Dazu sind die individuellen Rahmenbedingungen zu unterschiedlich. Wer beurteilt, was sinnvoll oder im Inte­ resse der Öffentlichkeit ist und was nicht?

Mit Bezug auf die Veranstaltungstätigkeiten ist grundsätzlich der Stadtrat dafür zuständig. Er kann die Bewilligungskompetenz an eine von ihm bezeichnete Stelle delegieren. Dies tut er auf Basis einer entsprechenden Verordnung und beauftragt unsere Dienstabteilung Stadtraum und Veranstaltungen damit, die – vor Kantonsgericht beschwerdefähigen – Bewilligungen in enger Absprache mit allen zu involvierende Stellen zu erteilen und zu koordinieren. Vorbehalten bleiben vom Stadtrat zu genehmigende Rahmenbewilligungen für Grossveranstaltungen. Im Kleinen ist die Auslegefreiheit durchaus vorhanden. Ein Beispiel: Es ist ein Anliegen, eine hindernisfreie, optisch vorteilhafte Gestaltung in der Stadt Luzern zu haben. Was heisst das konkret? Geht es um zwei oder drei Blumentöpfe? Wie genau muss das definiert sein?

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«Fingerspitzengefühl, Augenmass und gesunder

Kommentar

Menschenverstand sind uns durchaus nicht fremd.»

Wir sehen uns diesbezüglich insbesondere mit konkreten Vorgaben zur BoulevardGastronomie und den Geschäftsauslagen konfrontiert. Während zum Beispiel in Fussgängerbereichen Mindestabstände eingehalten werden müssen, bestehen auch Vorgaben zur Ausstattung der bewilligten Zonen. Eben wurden unter anderem die Bestimmungen zu den Geschäftsauslagen für Kioske, Lebensmittel- und Blumengeschäfte gelockert und damit individuellen Bedürfnissen angepasst. Zudem dürfen anstelle einer anderen Geschäftsauslage künftig zwei Pflanzentöpfe oder saisonale Dekorationsgegenstände pro Geschäft platziert werden, sofern noch ein genügend breiter Durchgang offen bleibt. Die bisherige Beschränkung auf ein Stück pro Geschäft wird damit fallen gelassen. Damit werden die an die Stadtverwaltung herangetragenen Anliegen von Gewerbetreibenden umgesetzt. Existieren Freiräume für Sie in der Bewilligungspraxis? Reglemente und Verordnungen schränken Freiräume ein. Wir verstehen uns als Dienstleister und stützen die Beurteilungen breit ab. Ist in der Auslegung der reglementarischen Vorgaben eine gewisse Bandbreite vorhanden, nutzen wir diese mit dem Anspruch, die Beurteilungen nachvollziehbar, transparent, rechtsgleich und gut begründet vorzunehmen. Dazu werden individuelle Auflagen und Bedingungen erfasst, die auf die spezifischen Erfordernisse zugeschnitten sind. Auch wenn wir öffentlich immer mal wieder arg kritisiert werden, sind uns Fingerspitzengefühl, Augenmass und gesunder Menschenverstand durchaus nicht fremd ... Machen wir den Test: Der Kurplatz wird ,historisch belegt, mit verschiedenen Ver­

anstaltungen bespielt, trotzdem wurde ein Weihnachts-Eisfeld darauf nicht bewilligt. Allen Entscheiden liegt die Beurteilung von Raum, Zeit und Ressourcen zugrunde. Der bestehende Standort auf dem Europaplatz überzeugt. Der Stadtrat steht der Verschiebung von «Live on Ice» auf den Kurplatz auch deshalb ablehnend gegenüber. Das besonders schutzwürdige Kurplatz-Areal ist zudem von erheblichem künstlerischem, historischem und heimatkundlichem Wert und soll im bestehenden Rahmen zurückhaltend bewirtschaftet und – nicht zuletzt mit Bezug auf die besonders exponierte Lage – nicht neuen, intensiven Nutzungen zugeführt werden. In diesem Sinne kommt die Einbettung eines Eisfeldes und dessen Aktivitäten vom letzten Donnerstag im November bis zum Sonntag nach dem Dreikönigstag in der Beurteilung des Stadtrates einer Übernutzung gleich, die zu vermeiden ist. Formal ist dieser Entscheid vielleicht verständlich, inhaltlich aber nicht. Der Entscheid scheint uns durchaus nachvollziehbar begründet. Der Stadtrat erachtet räumlich schon heute das Mass der Nutzungen auf öffentlichem Grund in diesem grundsätzlich auf ruhigere Erholungsnutzung ausgelegten Bereich als ausgeschöpft. Zudem wären auf Basis der intensiven Bewirtschaftungszeit und der notwendigen Infrastrukturbauten auch weitere Vorbehalte zu technischen, logistischen, lärm- und verkehrstechnischen Fragen bis hin zur Bodenbelastung am Quai überzeugend auszuräumen. Immerhin ist es ein Entscheid, aber wenn ich etwas nicht will, dann kann ich auch zwölf Gründe dagegen finden. Das Gesuch stand ja auch in Verbindung mit einem ergänzenden, neuen Element: Die durch das Gastfreundschafts-Festival bekannte Seerose sollte in Form eines Weihnachtssterns als schwimmende Weihnachtsplattform mit Kulturprogramm direkt vor dem Kurplatz Anker werfen. Es scheint nachvollziehbar, dass nicht alle freien Räume besetzt oder genutzt werden müssen. Es braucht auch Freiraum und Ruhezonen. (Das Interview wurde schriftlich geführt.)

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Ist eine Stadt die Menge ihrer von Menschen geschaffenen Bauwerke und Regeln, und sind die entstehenden Räume nichts mehr als Zwischenräume, die es ebenso zu regeln gilt? Oder ist die Stadt ein Raum für sich, den wir mit Häusern, Stras­ sen, Plätzen, Ideen und vorübergehenden Installationen intelligent und in komplizier­ ter Abhängigkeit voneinander kuratieren? Falls die Stadt Ersteres ist, so ist sie für die halbe Ewigkeit gebaut. Sie wäre für kurze Zeit eine Idee und einen Augenblick später schon ein schützenwertes Denkmal. Sie würde sich stets auf dieselben Grundideen des Zusammenlebens berufen und baulich das Skelett für unser Denken und alltägli­ ches Bewegen in den Zwischenräumen vorgeben. Ist die Stadt Letzteres, so wird sie sich fort­ während verändern. Unser Alltagsverhalten, das sich gerade eben so anfühlt, als würde es durch Internet und mobile Anwendungen pulverisiert, müsste Räume besetzen. Diese wiederum würden nach funktional passen­ den, ästhetischen Infrastrukturen verlangen. Man hätte vielleicht neu zu bauen, ganz neu. Im Sinne von: mobile Bauten, modulare Ein­ heiten, kleinere Flächen, höher, tiefer, unter den Boden. Diese Sicht ist die spannendere, weil nicht die herkömmliche und die sichere. Ich erachte sie als die passendere. Hier geht es um den öffentlichen Raum. Er scheint heute weniger aufregend zu sein als noch vor dreissig oder vierzig Jahren. Der Freiraum ist unter Druck durch Ord­ nungsstreben und Konsum. Steigende Mieten, höhere Kosten, Verkehrsstaus stressen. Das Internet wirkt zudem als bra­ chiale Auflösungsmaschine. Man braucht die Stadt nicht mehr, um sich in soziale Netzwerke ein­zuklinken. Früher war dies die einzigartig führende Marktstellung der Stadt. Sie geht eben online. Obwohl heute weltweit 3,7 Milliarden Menschen in Städten leben, scheinen wir in der posturbanen Zeit anzukommen. Was dies für die Organi­ sation des Zusammenlebens bedeutet, lässt sich nur erahnen. Wer sich in dieser unübersichtlichen Phase alleine auf Reglemente abstützt und wenig Freiraum zulässt, wer keine Projekte wagt, setzt auf die Sicherheit des Vergangenen, verpasst aber mit Sicherheit die Zukunft. Die Stadt würde leer, gedankenleer. Bruno Affentranger


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Die Nutzung des öffentlichen Raumes ist überall in der Welt ein schwieriges Thema: Wäre es besser, entgegen dem Luzerner Trend mehr Freiraum zu wagen und so wenig Vorschriften wie möglich zu machen? Fabienne Hoelzel hat darüber eine eigene Meinung. Die international bekannte Stadtplanerin und Expertin für Slum-Upgrading zu Besuch in Luzern.

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Coverstory

ICH BIN FÜR MEHR ANARCHIE Das Gespräch führten Bruno Affentranger und Angel Gonzalo Bild Marco sieber

STADTSICHT: Frau Hoelzel, Sie arbeiten in Slums von São Paulo, Brasilien, und Lagos, Nigeria, und wollen über Städteplanung die Lebensbe­dingungen verbessern. Was sind die grössten Herausforderungen? Fabienne Hoelzel: In Lagos ist die öffentliche Hand eher handlungsschwach. Neben grosser gesellschaftlicher Ungleichheit ist Lagos geprägt von einer Mischung aus überbordender Bürokratie und «Flexibilität», die von der «Zahlungsbereitschaft» des Gegenübers abhängt. Positiv formuliert: Mit Geld lässt sich in Nigeria alles lösen. Die Bürger sind notgedrungen gezwungen, sich der Dinge in Eigenregie anzunehmen. Die Beschaffung von Strom und Wasser, die Entsorgung von Abwasser und Abfall sind solche Dinge. Die Menschen in Lagos müssen Innovationskraft entwickeln. Können wir davon in der Schweiz lernen? Wir haben in der Schweiz Probleme mit Verdichtung und Zersiedelung. Wir schaffen es nicht, unsere selbst gesteckten Ziele zu er­ reichen. Obwohl wir ein ausgeklügeltes Planungsinstrumentarium besitzen, ganz im Unterschied zu Lagos oder São Paulo, wo viel improvisiert wird. Trotzdem lösen wir unsere Probleme nicht nachhaltig. Deshalb drängt sich die Frage auf: Wie würden wir mit weniger Regulierung und Planung unsere Ziele erreichen? Dies ist allerdings auch eine Frage des Massstabs. Was sind die Probleme, die wir haben? Unser Problem ist mehr eine gesellschaftspolitische Frage und es geht schlussendlich um Verantwortung. Es ist eine Bigotterie. Wir denken, dass wir nachhaltig leben, zum Beispiel mit Minergie-Standards, auf der anderen Seite

fliegen wir um die Welt und essen regelmässig Crevetten aus Asien. Das geht kaum zusammen. Diesen Widerspruch leben wir. Wir sind nicht bereit zu verzichten. Beispiele: Wenn wir ökologisch leben, dann soll es chic sein. Wir nutzen eine Wohnfläche pro Person von rund 45 Quadratmetern, was immens ist. Wohlstand und Nachhaltigkeit stehen sich gegenseitig im Weg. Wie dröseln wir das auf? Eine schwierige Fragestellung. Diese Frage dürfen wir uns nur stellen, weil wir ein hohes Niveau in Entwicklung und Planung erreicht haben. Es ist auch eine Folge unseres Wohlstands. Eine Behauptung: Der Preis für unsere gute Organisation ist ein Mangel an Freiheit. Es gibt weniger Freiräume als in Lagos und in São Paulo. Wir dachten, die Bürokratie sei ­ der Grund. Generell, dieser Trend ist global, der öffentliche Raum ist privater geworden. Denken Sie an die City-Malls, die zwar als öffentlicher Raum gesehen werden, aber privater Natur sind. Niemand könnte in Shoppingcentern unbehelligt ein Zelt aufstellen und es sich dort bequem machen. Das ist eher ein öffentlicher Raum mit Einschränkung. Auch hier im KKL, wo wir uns gerade befinden und reden, ist das so. Das KKL ist nicht leicht zugänglich am Tage, wenn nichts stattfindet. Wirklich öffentliche Räume gibt es wenige und sie werden weniger, was auch mit dem wachsendem Sicherheitsbedürfnis zu tun hat. In der Schweiz ist zudem der hohe Stellenwert des Eigentums von Bedeutung.

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Was macht öffentliche Räume denn aus? Ein öffentlicher Raum ist zugänglich, betretbar, ich kann mich dort aufhalten, ihn zumindest temporär verändern und prägen. Was öffentlicher Raum heisst, was dort zu geschehen hat und was es für die Gesellschaft bedeutet, ist eine enorm wichtige Fragestellung, aber hat nicht direkt mit der oft beklagten Regulierungswut der öffentlichen Hand zu tun, sondern vielmehr mit dem Privatisierungstrend. Das betrifft übrigens die Stadtentwicklungen in der ganzen Welt. Die öffentliche Hand ist leider auf dem Rückzug, das heisst konkret, dass vermehrt ganze Stadtteile von Privaten entwickelt und betrieben werden. Die entscheidenden Fragen aus einer Städtebauper­ spektive sind: Wem gehört das Land, gibt es einen ordnenden Staat, wie sieht er aus, was reguliert er, was sind die übergeordneten Regeln und wo lässt man Freiräume? Das Spiel zu begreifen und zu verstehen ist entscheidend. Gelingt uns das? Meine Wahrnehmung ist, dass in Fragen, die das Kollektiv betreffen, Partikularinteressen von Parteien, Politikern oder Interessensgruppen vorherrschen und so die übergeordneten Ziele in den Hintergrund geraten. Wenn bei uns der Freiraum schwindet, geht genau das zurück, was der urbane Raum bieten sollte. Gibt es einen Zusammenhang zwischen einem städtebaulichen und einem rein gedanklichen Freiraum? Das eine ist das Abbild des anderen. Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Ich wuchs in Aarau in der Altstadt auf. Als Kinder haben wir auf der Strasse gespielt. Wenn ein Auto kam, sind wir ausgewichen, beim Ballspiel mussten wir auf


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parkierte Autos Rücksicht nehmen. Heute ist die Altstadt autofrei, die Restaurants und Bars können draussen Tische und Stühle aufstellen, zudem gibt es keine Polizeistunde mehr. Nun beklagen sich die Anwohner über den Lärm, den das Nachtleben verursacht. Das ist auch der Fall im Langstrassenquartier in Zürich, wo ich wohne. Runde Tische wurden veranstaltet, aber ohne Ergebnis. Die Clubbetreiber sagen, dass der Lärm des Nachtlebens zum Quartier gehöre, wohingegen die Anwohner, die aufgrund der gestiegenen Attraktivität des Quartiers zahlreicher geworden sind, sich beschweren, sie könnten nachts nicht schlafen. Die Clubbetreiber kontern, sie hätten das Quartier attraktiv gemacht und seien schon hier gewesen, als das Quartier noch als rau und gefährlich galt. Im Grunde geht es hier um Fragen des Zusammenlebens und des Aushandelns. Die gedanklichen Freiräume werden aus sehr unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, beurteilt und besetzt, aber oft nicht miteinander geteilt. Man könnte auch jeder Gruppe einen Teil des Raumes zugestehen. Müssen Sie als Städteplanerin mit dem Unvollkommenen leben? Unvollkommenheit ist vielleicht die Defini­ tion der «guten» Stadt per se. Unvollkommenheit ist notwendig, sie lässt Räume zum Aneignen und Weiterentwickeln. Gelungene Stadtplanung oder guter Städtebau legt das Gerüst fest und definiert die wichtigen Elemente, während der Rest buchstäblich dem Leben überlassen wird. Schliesst eine Stadtplanung den Umgang mit dem öffentlichen Raum auch mit ein? Ja, natürlich. Die Planung und Gestaltung des öffentlichen Raumes ist überaus wichtig. Was dazwischen passiert, kann man möglichst frei lassen und mit ganz wenigen, aber starken Regeln fixieren. Private Initiativen könnten hier durchaus zugelassen werden. Die manchmal auch das Gegenteil wollen: Weniger Nutzung. In Barcelona zum Beispiel gibt es seit Jahren Opposition von Bürgern, die sich gegen die Touristen zur Wehr setzen. Das ist auch in Luzern zum Teil der Fall, hier kommen zu bestimmten Zeiten sehr viele Touristen, die für manche Einheimische störend wirken.

Das ist ein klassisches Beispiel dafür, dass attraktive Stadtteile sich selber zerstören. Tourismus ist einfach eine der Kehrseiten der Globalisierung, genauso wie überlastete Flugkorridore und verschmutzte Weltmeere. Die Frage wäre, ob die sich zur Wehr setzenden Bürger selber an anderen Orten keine nervigen Touristen sind ... Wie kann man aber diesem unguten Gefühl begegnen, rein planerisch? Den Tourismus anzuziehen ist eine gewollte Sache von Seiten des sogenannten Standortmarketings und der Wirtschaftsförderung, die oft personell und strategisch von Stadtplanungsämtern getrennt sind. Ausserdem müssten wir uns an die eigene Nase fassen: Wer von uns bewegt sich nicht auf Touristenpfaden, an Thailands schönen Stränden, Berlins Boulevards und in Zermatt zur Skisaison? Wäre es sinnvoll, die Touristenströme nicht nur auf wenige Plätze zu beschränken, sondern auch weiteren öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen? Für «gestresste» Einheimische ist es vielleicht ganz praktisch, wenn sich Touristen auf wenige Hotspots konzentrieren ... Wäre das ein Plädoyer für Nutzungskarten, Benützungskarten und Zuweisungen? Unter Umständen ja und das passiert auch schon. Das Fraumünster in Zürich hat in diesen Wochen die zuvor heftig diskutierte Regelung eingeführt, dass Touristen, insbesondere

Fabienne Hoelzel Die 40-jährige Architektin und Stadtplanerin leitet das Städtebau- und Planungsbüro Fabulous Urban und forscht am Institut für Städtebau der ETH Zürich. Ab März 2017 wird sie als ordentliche Professorin für Städtebau an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste lehren. Nach ihrem Studium arbeitete sie für Herzog & de Meuron in Basel, bevor sie drei Jahre lang in der Wohnbaubehörde von São Paulo tätig war. Hoelzel ist international engagiert, derzeit vor allem mit Slum-Upgrading-Projekten in Nigeria.

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in geführten Gruppen, also nicht zur Andacht einkehrende Gläubige, Eintritt bezahlen müssen und nur noch zu gewissen Zeiten die Kirche besuchen dürfen. Somit weiss ich als Stadtbewohnerin, dass ich dort zu einer bestimmten Tageszeit viele Menschen antreffen werde und ich kann ausweichen. Inwiefern kann man die Bevölkerung in die Stadtplanung einbinden? In der Schweiz haben wir eine direkte Demokratie. In der Schweiz kann ich mich sehr schnell und effektiv politisch engagieren. Jeder und jede kann sich zur Verfügung stellen. Ich kann lokal über einen Zebrastreifen mitreden. Das funktioniert bei uns sehr gut. Dennoch hat die Stadtplanung per se eine professionelle Komponente, zu Recht, wie ich denke. Es gibt gewisse übergeordnete Aspekte, die langfristig entschieden werden müssen, was auch mit den entsprechenden Budgetbewilligungen durch die Politik und das Stimmvolk zu tun hat. Wenn man Partizipation ernsthaft betreibt und diese auch Ergebnisse bringen soll, dann muss man schauen, wie diese Ergebnisse in die übergeordnete, professionelle Planung Eingang finden. Hier existiert ein klassischer Konflikt, der einhergeht mit einer langfristigen Planung. Das ist aber, wie bereits erwähnt, eine Frage des Massstabs sowie des Zeitpunkts. Die Stadtplanung muss nicht alles bis auf Quartierebene planen, dieser Massstab könnte durchaus Bürgerinitiativen und -komitees überlassen werden. Unser Problem mit der Partizipation liegt darin, dass man zwar an runden Tischen und Zukunftswerkstätten Vor­ schläge entgegennimmt, aber dann trotzdem macht, was ohnehin geplant und machbar ist. Wie müsste man es besser machen? Man müsste die Partizipation neu aufgleisen und vermehrt mit den Mitteln der Architektur verweben. Der Ansatz wäre ein Mittel für die Beteiligung. Das wiederum gefällt Architekten üblicherweise wenig, Kontrolle bis ins letzte Detail ist ein Merkmal unseres Berufsstandes. Wie organisiert man das Mitmachen der Bevölkerung gescheit? Gibt es Erfahrungen aus anderen Ländern? Partizipationsprozesse sind dann interessant, wenn sie nicht organisiert oder strukturiert sind. Es gibt Agenturen, die das professionell


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machen. Da werden die Partizipierenden in Gruppen und Interessen eingeteilt und somit für die Planenden «handhabbar». Das ist für mich genau das Gegenteil, was Partizipation sein sollte. Ich bin für etwas mehr Anarchie, für etwas Wildes, anstatt alles zu strukturieren und in Gruppen einzuteilen. Wie soll man es sonst machen? Ergebnisoffen! Die einzige Vorgabe ist vielleicht das Budget und selbstredend elementare Dinge wie die Grundgesetze, doch danach kann man darüber kreativ diskutieren. Und wenn die Meinungen zum Teil entgegengesetzt sind? Wenn man in Lagos in einem Slum lebt, gänzlich ohne Versorgung, und etwas Geld zusammengekratzt hat, um damit etwas zu realisieren, dann einigt man sich in der Regel rasch auf ein Mindest- oder Grundziel, damit die Gemeinschaft profitieren kann. Danach wird darüber diskutiert, wie die Ausgestaltung eines­Bohrlochs, einer Biogasanlage oder eines­zusätzlichen Raumes aussehen soll, üblicherweise in einem Ping-Pong zwischen den Anwohnern, deren Gremien und Organisationen sowie den professionellen Planern. In der Schweiz müsste es im übertragenen Sinn nicht anders sein, wobei Partizipation eben nicht bedeutet, seine Interessen auf Kosten anderer durchzuboxen, sondern jedem und jeder seinen oder ihren Raum zuzugestehen, also die eigenen Werte und Vorstellungen zu kennen und zu formulieren und jene des Gegenübers genauso ernst zu nehmen. Sie plädieren fürs Mitreden der Bevölkerung in der Städteplanung. Ist so etwas bei uns in der Schweiz überhaupt möglich oder wären wir überfordert? Ja, es passiert ständig. Die Frage ist nicht, ob wir partizipative Planungsansätze haben oder nicht, sondern wie, wann und wo wir sie ausgestalten. Generell scheint mir, dass die Leute viel Fantasie und Gestaltungswille bei der Ausgestaltung ihrer Welten haben. Wie kommen Sie darauf? Ich habe in São Paulo im Copan gewohnt, einem Wohnhaus mit über 1000 Wohnungen unterschiedlichster Grösse, die über sechs verschiedene Aufgänge zugänglich und über

5000 Bewohnern ein Zuhause sind. Entworfen hat es Oscar Niemeyer. Jene Fassadenteile, die ohne Brise-Soleils ausgestattet sind und einen ­d irekten Blick auf die Fenster erlauben, offenbaren ein faszinierendes Kaleidoskop an Farben und Strukturen, die ein Abbild der Innenwelten sind. Wenn man das Beispiel eines Grossraumbüros nimmt, dann sieht man, dass die Leute hier viel Fantasie entfalten. Sie gestalten ihre kleine Welt selber. Das beweist, dass es möglich ist, das Informelle mit dem Übergeordneten, Ideen mit dem vorgegebenen Büroraum zu vereinen. Es ist eine Frage des Massstabs. Müssen solche Prozesse moderiert werden? Partizipationsprozesse brauchen bestimmt eine Form der Gestaltung. Professionelle Moderation finde ich hingegen kontraproduktiv. Wie würden wir eine Schweizer Stadt wie Luzern weiterentwickeln? Vermutlich müssten wir etwas unzimperlicher werden, mehr Verdichtung und bezüglich der Nutzung mehr Freiräume zulassen.

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«Es braucht tolle öffentliche Räume, Wenn beispielsweise jemand in seiner Erdgeschosswohnung eine Verkaufsstelle für Gemüse und Früchte einrichten will, wird das in den meisten Fällen gegen die geltenden Gesetze verstossen. Ich fände es aber begrüssenswert, wenn die Menschen sich innerhalb bestimmter Regeln mehr selber organisieren könnten, das gilt ganz besonders in einer Gesellschaft mit mehr alten und alleinstehenden Menschen sowie Menschen mit Migrationshintergrund, die es gewohnt sind, dass Wohnen und Erwerbsarbeit, oft klassisches Kleinunternehmertum, in räumlicher Nähe zueinander sind. Was soll man als Stadt und öffentliche Hand beim öffentlichen Raum vorgeben? Städtebauer definieren den öffentlichen Raum: Wo er ist, wie gross er ist und bis wohin er reicht. Dieser Raum muss sorgfältig entworfen werden. Aber nicht bis zum letzten Detail. Man gibt bestimmte Masse, Grössen und Bauhöhen der angrenzenden Gebäude vor, der Rest bleibt offen. Öffentlicher Raum lebt davon, dass wir ihn miteinander teilen und jeder einen Teil nutzen kann. Geschieht es so heute in unseren Städten? Allgemeingültige Antworten kann es auf diese Frage nicht geben. Vermutlich ist es so, dass im Städtebau heute das Gewicht der Gestaltung eher auf den Gebäuden liegt und weniger auf dem öffentlichen Raum. In manchen Städten obliegt die Zuständigkeit für den öffentlichen Raumes interessanterweise dem Tiefbauamt. Die Stadt Zürich besitzt aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte wenige Plätze mit sogenannter Aufenthaltsqualität. In Genf wiederum gibt es eine ganze Reihe von Boulevards, Plätzen und Parks mit beinahe grossstädtischer Qualität. Ein anderes Thema ist die Bewirtschaftung dieser Plätze. Der neue und beliebte Sechseläutenplatz in Zürich ist während vieler Tage im Jahr mit allen möglichen Events und den entsprechenden räumlichen Elementen zugestellt. Ein dritter Aspekt betrifft die gerade zunehmende Detailfreudigkeit etwa der Stadtzürcher Planung. Die neue Bau- und Zonenordnung ist detaillierter als die vorhergehende. Das Pendel wird aber irgendwann auch wieder zurückschwingen, weil zu viele Vorschriften die Planung verunmöglichen.

die auch den Namen verdienen, weil sie mit Ambition gut gestaltet sind.»

Sie sprechen von einem Pendel, das zurückschwingt. Mal mehr Regulierung, mal weniger. Lässt sich das belegen? Ich habe in einem Forschungsprojekt an der ETH zu Planungsinstrumenten in den Grossräumen Amsterdam und Zürich zeigen können, dass an den beiden Standorten momentan genau entgegengesetzte Trends ablaufen. In Holland, das über eine reiche Städtebauund Planungskultur verfügt und wo der Staat in der Raumplanung traditionell eine starke und bestimmende Rolle hatte, zieht sich die öffentliche Hand seit einigen Jahren immer mehr zurück. In der Schweiz ist der Trend um­ gekehrt: Mehr Planungsinstrumente, mehr Planungsinstanzen und detailliertere Pläne auf allen Planungsebenen. Bei uns wird viel über Nutzung gesprochen, und daraus gibt es Nutzungsreglemente, auch weil – gerade hier in Luzern – viele Menschen von einer Übernutzung des öffentlichen Raumes reden. Die Wahrneh­ mung vieler Luzernerinnen und Luzerner geht in die Richtung, dass zu viel auf öffentlichen Räumen inszeniert wird. Diese Wahrnehmung ist richtig, auch hier handelt es sich um eine globale Tendenz, über die viel geforscht und geschrieben worden ist, etwa, dass der öffentliche Raum entpolitisiert und umgekehrt zunehmend kommerzialisiert wird. Typische Beispiele sind etwa die «Kaperung» des öffentlichen Raumes während der Fussballwelt- oder Europameisterschaften. Können Sie dieses Beispiel auf Luzern anwenden? Die Sache mit dem Eisfeld hier vor dem KKL finde ich persönlich und jetzt spontan unnötig. Wenn das KKL auch kein richtig öffentli-

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ches Gebäude ist, so hat Jean Nouvel mit seinem Entwurf jedoch einen wunderbaren öffentlichen Raum geschaffen, indem er diesen mit dem scheinbar filigranen Dach fasst. So ein Raum braucht keine zusätzliche Aktivierung. ... Das Eisfeld war dieses Jahr auf dem Kurplatz auf der anderen Seite des Sees vorgesehen. Der Stadtrat hat dies abgelehnt mit der Begründung, man müsse der Luzerner Bevölkerung einen besinnlichen, ruhigen Raum in der Weihnachtszeit offerieren. Dies gegen den Willen von vielen. Das klingt einleuchtend. Das Eisfeld hätte ich trotzdem weggelassen, aber vermutlich lockt es zusätzliche Besucher an, was aus einer wirtschaftlichen Perspektive Vorteile hat. Braucht es also doch eine Nutzungs- und Bedürfniskarte für den öffentlichen Raum? Zürich hat sie, Luzern wird sie voraussicht­ lich 2019 haben. Es kann schon wertvoll sein, von Zeit zu Zeit eine Kartographierung zu machen. Das machen wir Gestalter, um herauszufinden, wie die Leute den Raum nutzen, wie sie den Raum wahrnehmen. Es sind wertvolle Werkzeuge. Doch sie sprechen die konkrete Festlegung der Nutzungen an: Für bestimmte Orte in der Stadt kann dies sinnvoll sein. Grundsätzlich braucht es aber gute öffentliche Räume, die den Namen verdienen, weil sie mit den entsprechenden gestalterischen Ambitionen entwickelt worden sind. Dazu gehört nicht unbedingt eine Gestaltung bis ins letzte Detail, sondern eine gute Lage, gute Proportionen, eine­Fassung durch Gebäude oder Landschaftselemente sowie die Möglichkeit der (temporären) Aneigenbarkeit durch die Nutzer. Sie würden den Platz oder Raum vorgeben, aber die Nutzung nicht. Es würde aus dem Ruder laufen. Alle würden alles veranstalten. Nein, das ist einerseits eine Frage der Gestaltung. Man kann jeden Raum so gestalten, dass er sinnvoll genutzt wird. Ich meine damit bauliche Massnahmen. Gute öffentliche Räume sind klar als solche erkennbar. Es sind Räume, die vom Leben bespielt werden, und deren Inhalt nicht vom Planer vorhergedacht ist. Andererseits ist es eine Frage des Zusammenlebens, das in der Regel dann gelingt, wenn es nicht auf Kosten anderer geschieht.


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Luzern zeichnet seine Karte Das Reglement über die Nutzung des öffentlichen Grundes regelt vieles. Nun hat sich die Stadt Luzern daran gemacht, eine noch feiner gesponnene Strategie mitsamt Kartenmaterial zu erarbeiten. Ende 2018 soll diese vorliegen. Text Bruno Affentranger

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lanlos geht Luzern nicht in die Zukunft. Die Strategieaussagen des Luzerner Stadtrates für die Jahre 2015 bis 2019 sind eindeutig: Der Durchgangsverkehr soll aus der Innenstadt raus, der öffentliche Verkehr und Velo- und Fussverkehr sollen gefördert werden. Parkierungsanlagen für Autos und Reisebusse «schaffen freien Raum und machen Platz für Begegnung für Einheimische und Gäste». So steht es in der Gesamtplanung «Luzern – Aufbruch aus der Mitte» von 2015. Freier Raum soll entstehen. Freiraum. 2019 ist bald. Die Frage, was in den Räumen geschieht, treibt die Interessengruppen schon um. Heute konzentrieren sich die meisten Bewilligungsanfragen auf einige wenige Plätze. Man könnte vier Weihnachtsmärkte durchführen, Beachpartys à gogo, Standaktionen auf dem Schwanenplatz rund um die Uhr, Streetfood-Partys an fünf Terminen im Jahr, leider praktisch alle gleichzeitig und womöglich auf immer denselben Plätzen. Das ist aus dem Stadthaus zu vernehmen. Umgekehrt verschanzen sich Behörden hinter stadträtlichen Verordnungen und Reglementen. Sie treiben Antragsteller, rührige Unternehmer oder innovative Geschäftsführer in die Frustration. Das ist von Gewerbetreibenden zu hören. Erste Lähmungserscheinungen sind auszumachen. Da in der Stadt keine Übersicht besteht, welche Plätze und öffentlichen Räume sich für welche Art von Veranstaltungen eignen,

arbeitet Dominik Frei an «Stadtraum Luzern – Strategien für die Nutzung und Gestaltung des öffentlichen Raums». Ende 2017 soll der Plan intern vorliegen, der stark frequentierten öffentlichen Räumen jeweilige Hauptnutzungen zuweisen wird. Das Reglement zur Nutzung des öffentlichen Grundes macht alleine noch keine räumlichen Aussagen, der entstehende Plan wird diese Lücke füllen. Objektblätter werden Auskunft darüber geben, wo welche Art von Alltagsnutzungen und Events stattfinden können. Die solcherart kartographierte Stadt soll keine Missverständnisse aufkommen lassen. Bei Bedarf kann über einen Kornmarkt zum Beispiel festgelegt werden, wie viele Veranstaltungen mit Lautsprecherunterstützung pro Jahr stattfinden dürften. «Das Projekt Stadtraum Luzern wird neben der Nutzungskoordination aber auch Grundlage für die Weiterentwicklung des öffentlichen Raumes in der Stadt Luzern bieten», sagt Dominik Frei. Klingt simpel, ist es aber nicht. Bevor eine Nutzungskarte mit Objektblättern entstehen kann, sind viele Gespräche notwendig. Was meinen die Bewohner dazu? Was brauchen Touristen? Hat Besinnung im unverstellten Freiraum noch ihre Berechtigung oder wird der Platz in einem Ruck belegt? Lassen Logistik, Ökologie oder Verkehrstechnik die angedachten Nutzungen überhaupt zu? Wie sehen Geschäftsinhaber die Sache, vor allem, wenn sie Umsatzeinbussen riskieren?

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Um letztere Gefahr und das ganze Dilemma im Detail anschaulich zu machen: Zwar ist ein Streetfood-Festival mit internationalem Touch vielleicht chic und offeriert Einheimischen wie Touristen neue Betriebsamkeit auf schlafenden Plätzen, doch würgt es möglicherweise auch das Business der angrenzenden stationären Bäckerei ab. Oder verhält es sich umgekehrt? Der Mehrbesuch führt im Gegenteil zu einem­Mehrumsatz? Man weiss es nicht. Noch nicht. Es gibt viel zu bereden und zu forschen. Dominik Frei, der Leiter Ressort Stadtgestaltung, will einerseits die Innenstadtkonferenz des Forums attraktive Innenstadt nutzen, andererseits den Arbeitskreis an Organisation noch grösser ziehen. Partizipatives Erarbeiten heisst das Zauberwort – doch auch dies ist nicht einfach, denn oft gebiert das organisierte Brainstorming nicht genug Unordnung innerhalb eines festgelegten gesetzlichen Rahmens. Spätestens Mitte 2018 wird die Politik sich einschalten. Stadtrat und Grosser Stadtrat werden über «Stadtraum Luzern – Strategien für die Nutzung und Gestaltung des öffentlichen Raumes» streiten und ­Ende 2018 das Programm verabschieden. Wenn alles gut läuft. Doch das Verhandlungstempo ist immer niedriger als die blosse Entscheidergeschwindigkeit. Zu viele zuwiderlaufende Einzelinteressen gilt es auszutarieren. Der grosse Plan Luzerns wird ein gewaltiger Kompromiss werden.


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Zum Schluss noch etwas Höflichkeit, bitte schön! Manchmal fragt man sich, wo der Stil bleibt im hektischen, urbanen Treiben. Ist Höflichkeit bloss eine Zierde? Ist sie heute nicht mehr angesagt? Sind wir Rüpel im öffentlichen Raum? Ein Plädoyer für mehr Anstand. Text Angel Gonzalo

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öflichkeit – einst selbstverständlich – scheint heute nicht mehr «en vogue» zu sein. Möglicherweise gibt es alters- und geschlechtsbedingt auseinanderlaufende Auffassungen dazu. Jugendliche mögen gegen scheinbar unsinnige Formalitäten rebellieren. Es lässt aber schon Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zu, ob jemand Termine rechtzeitig absagt, sich für etwas angemessen bedankt, dem Gegenüber beim Essen oder Trinken zuerst etwas aufträgt, einem Fremden auf der Strasse falls nötig Hilfe anbietet oder im Bus älteren Menschen den Sitzplatz überlässt. Auch «altmodische» Gesten wie in den Mantel helfen oder die Türe aufhalten, sind heute oft mehr Ausdruck ostentativer Inszenierung als bewusst gewählter Ausdruck von Höflichkeit. Der Alltag in der Stadt entpuppt sich immer mehr als Brutstätte für schlechte Manieren. Fast scheint es so, als fördere die Anonymität im öffentlichen Raum die Rücksichtslosigkeit der Menschen. Dazu kommt die für eine Stadt typische Reizüberflutung: Der permanente Zeitdruck, schlechte Luft, der Lärm, die Massen zu Stosszeiten und die Staus tragen sicher dazu bei, dass der Anstand verhindert wenn nicht gar gänzlich blockiert wird. Selbst unsere Stadt, oft liebevoll als provinziell

bezeichnet und noch weit davon entfernt eine Grossstadt zu sein, ist davor nicht gefeit. Die Anzeichen urbaner Rüpelhaftigkeit sind auszumachen. Früher war es gang und gäbe, im Bus ein Sandwich zu verzehren und übrigens danach die Verpackung nicht achtlos zurückzulassen. Heute sind Essen und Trinken in VBL-Bussen kategorisch untersagt, zu schlecht waren offenbar die Erfahrungen mit dem achtlosen Umgang. Der öffentliche Raum lädt vermehrt auch in der eigentlich ordnungsliebenden Schweiz ein, den Abfall, den man nicht korrekt entsorgen will, im wahrsten Sinne des Wortes liegenzulassen. Auch das ist ein Akt von Unhöflichkeit. Der trendige Anglizismus Littering kaschiert nur schlecht diesen Verstoss gegen eine grundlegende Benimmregel im Zusammenleben auf engem Raum. Bisweilen beschleicht einen eine allgemeine Verunsicherung: Der weit verbreitete Nihilismus aber auch die zunehmende Ellbogenmentalität geben wenig sinnvolle Anregungen für eine Erziehung, die auch soziale Kompetenz vermittelt. Heute gilt es als selbstverständlich, dass Lehrerinnen und Lehrer die Erziehungsdefizite ausgleichen sollen. Das gelingt

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oft nicht oder nur begrenzt. Höflichkeit und sozial erträgliches Benehmen werden idealerweise zu Hause erlernt, in der Schule ist es meistens zu spät. Dabei sind gute Umgangsformen im Grunde zeitlos. Sie veralten nie. Sie sind Ausdruck von Kultur. «Höflichkeit macht das Leben angenehmer, sie ist so etwas wie der Schmierstoff des Zusammenlebens.» Das sagt der Jurist, Arzt und Autor Rainer Erlinger. In seinem Buch «Höflichkeit. Vom Wert einer wert­ losen Tugend» sinniert er über das höfliche Miteinander. Gerade der Trend zur Verstädterung sowie die Notwendigkeit einer Verdichtung im Städtebau haben das Potenzial, die Lage an der Höflichkeitsfront zu verschärfen. Wenn sich immer mehr Leute in einem immer engeren Raum Strassen, Plätze und Räume untereinander aufteilen, werden umso mehr Berührungspunkte und schliesslich Reibungsflächen entstehen. Dichtestress heisst das Modewort – er hat in unseren urbanen Köpfen schon längst angefangen. Kluge Stadtkonzepte für Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft sind das Eine. Eine Rückbesinnung auf gute Manieren im Umgang untereinander das Andere, nicht minder Wichtige.


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think tank | serie | TEIL 1 Jetzt ändert sich alles, und zwar schnell. Auf den Spuren von «Digital City» und «Smart City» in Luzern. Der erste Teil unserer Zukunftsserie eröffnet mit drei Fallbeispielen.

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Text Angel Gonzalo und Bruno Affentranger

Mobilität

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eue Angebote gehen besser auf unsere Bedürfnisse ein als bisherige. Beispiele gefällig? Das kalifornische Unternehmen Uber macht in Städten dem traditionellen Taxigewerbe den Markt streitig – bald wohl auch in Luzern. Bahnunternehmen sehen sich von privaten Busanbietern bedrängt. Auch die hierzulande bewährten Car-Sharing-Organisationen sind mit neuen Plattformen konfrontiert, auf denen Privatpersonen ihre Autos stundenweise anbieten. Oder dies: Wer heute für drei Franken von Luzern nach Zürich, oder für neun Franken von Zürich nach Paris fahren will, organisiert sich dies dank der Mitfahr-Plattform Blablacar.com. Selbst mit privaten Parkplätzen lässt sich heute Geld verdienen, wenn man sie periodisch an Dritte vermietet (schauen Sie mal auf justpark.com nach). Das sind Vorboten einer voranschreitenden digitalen Transformation. Agilere Player drängen in den geordneten Mobilitätsmarkt. Diese orientieren sich gezielt an den Bedürfnissen der Menschen und sind in der Lage, schnell Angebote zu lancieren.

Non-Food Geschäfte

Willkommen, du schöne, digitale Stadt

Peter Delfosse, Luzerner Digitalisierungs­ experte und CEO von Axon Active (siehe Seite 47), beurteilt den Fall: «Das Beispiel Uber zeigt schön, wie sich Individual­ verkehr und öffentlicher Verkehr zu ver­ mischen beginnen: Ein Privatwagen kann für einige Stunden zum öffentlichen Ver­ kehrsmittel mutieren. Unsere Sicht auf den öffentlichen Verkehr wird heute vor allem durch die positiven Attribute wie «ökologisch», «effizient» und «preiswert» geprägt. Die Digitalisierung als Chance wird jedoch zurzeit durch die Automobil­ industrie aufgenommen. Der Wettbewerbs­ vorteil des öV wird deshalb wegen The­ men wie autonomes und automatisiertes Fahren oder Elektromobilität abnehmen. Wa­rum soll dann der öV weiter stark sub­ ventioniert werden? Oder wie könnten die Trassen und Flächen des öV künftig durch den (öffentlichen) Individualver­ kehr mitgenutzt werden? Entscheidend wird sein, ob die Politik als Gestalterin des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz die Agilität entwickelt, die Chancen der Digitalisierung im öV zu packen.»

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ie Luzerner Innenstadt kennt 340 Non-Food-Geschäfte, die 215 000 Quadratmeter Nutzfläche benötigen. Nicht wenige der Lokale sind im Bekleidungsbereich tätig. Sämtliche Spe­ zialisten gehen davon aus, dass Kleiderbou tiquen sich in den nächsten Jahren stark wandeln werden. Der steigende Einkaufstourismus, vor allem der wachsende Gebrauch des mobilen Internets bei Kunden wird die Branche durchschütteln. Bereits heute decken sich rund dreissig Prozent aller Kunden online ein. 48 Prozent informieren sich im Internet und kaufen danach im Geschäft. In der Kombination mit einem Umsatzrückgang und dem Margendruck führt dies ­d azu, dass ein Viertel aller Geschäfte die Verkaufsflächen wird reduzieren müssen. Ein Geschäft, das heute 140 Qua­ dratmeter Verkaufsfläche braucht, wird in Zukunft mit vierzig auskommen. Das ist keine Utopie, das ist wohldurchdachte Prognose. Was bedeutet das für die Geschäfte? Wie nutzen sie die vierzig Quadratmeter


Tourismus

nutzbringend? Und: Was geschieht mit den frei werdenden hundert Quadratmetern?

Peter Delfosse: «Auch wenn sich der Mensch die digitalen Möglichkeiten zu­ nutze macht, so bleibt er doch ein emoti­ onales Wesen. Soziale Kontakte, Ent­ deckergeist oder das gute Gefühl eines unterwartet guten Kaufes verschwinden nie. Der Wunsch nach einzigartigen Dienstleistungen und Produkten nimmt heute schon zu. Verschwinden werden diejenigen Geschäfte, welche das Sorti­ ment der digitalen Kanäle eins zu eins abbilden. Dies wird zu freien Flächen führen und damit zu tieferen Preisen von Geschäftsliegenschaften. Dies könnte zur Folge haben, dass unsere Innenstäd­ te wieder mit vielfältigerem Kleingewer­ be besiedelt werden. Der Wettbewerb zwischen digitalem Markt und physi­ schen Verkaufsstellen wird jedoch nicht verschwinden. Deshalb darf das Gewer­ be den Platz im Internet nicht den digita­ len Anbietern überlassen.»

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er am Luzerner Bahnhof ankommt und Richtung See und Reuss blickt, muss sich zunächst etwas verloren vorkommen. Wo sind die Wege, die zu den Sehenswürdigkeiten führen? Wohin gehts zur nächstgelegenen Luxusboutique? In welche Richtung liegen die kulturellen Angebote? Selbstverständlich bieten Luzern Tourismus und Private Touren und Stadtführungen an (zum Beispiel unter luzern. com). Printprodukte liegen in den Hotels auf (zum Beispiel der «Official CityGuide» oder das­«Lucerne­Magazine»). Das Tourismusbüro gibt Informationen ab. Dennoch wird sich der unmittelbar am Bahnhof eingetroffene Gast ein bisschen hilflos fühlen, denn zu schwierig ist die rein visuelle Orientierung. Dabei ist genau dieser Besucher Mitglied einer wirtschaftlich wichtigen Gruppe. Die Schweizer und die interna­ t ionalen Tagesbesucher sind mit den ­ Ü bernachtenden zusammen für rund 55 Prozent des Umsatzes in Luzerner Detailhandels- und Gastronomiebetrieben zuständig.

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Die Fragen liegen auf der Hand: Wie sollen Touristen und Besucher künftig noch vor ihrer Ankunft in Luzern über ihre Möglichkeiten informiert werden? Wie sollen die verhältnismässig kleinen digitalen und realen Luzerner Welten verschmelzen?

Peter Delfosse: «Unsere Smartphones zeichnen heute unzählige verschiedene Daten auf und werden sich deshalb in den nächsten Jahren zu unseren digita­ len Assistenten entwickeln. Die neue SBB-App geht zum Beispiel bereits in diese Richtung. Ein Anbieter von touris­ tischen Leistungen sollte deshalb in Zukunft nicht warten, bis der Gast am Bahnhof steht, sondern schon viel frü­ her versuchen, sein Angebot digital so zu personalisieren, dass er dem Gast zielgenau die Angebote und Informatio­ nen liefern kann, die zu ihm passen. Wenn er dann am Bahnhof ankommt, hat er sich bereits entschieden, was er wann in Luzern sehen bzw. welche Ge­ schäfte er besuchen will.»


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think tank | serie | TEIL 1

Über künftige, smarte Städte wird viel gesprochen. Doch was ist damit gemeint? Ein Blick auf die internationale Diskussion, die bei uns bald ankommen wird.

«Smart City»: Das diskutiert die Welt Text Angel Gonzalo

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achen wir uns nichts vor. Heute ist alles «intelligent» – vom TV-Gerät, über das Gebäude bis hin zu den Kommunikationstechnologien oder den Verkehrs- und Versorgungsnetzen. Städte stehen vor grossen Herausforderungen – das Zauberwort hierzu heisst «Smart City». Es soll so einiges lösen. Städte verbrauchen fast zwei Drittel aller Energien und produzieren nahezu achtzig Prozent der Treibhausgas-Emissionen. Kein Wunder, denn heute leben bereits acht von zehn Personen in einer urbanen Zone. Im Jahr 2050 werden es neunzig Prozent der Weltbevölkerung sein. Nicht nur hierzulande hat man Potenziale erkannt. Urbane Räume sollen in Bezug auf Effizienz, Ressourcenschonung, Raumplanung und Nachhaltigkeit verbessert werden. Die Schweiz misst bei der Umsetzung der Energiestrategie 2050 zum Beispiel Städten und Gemeinden eine grosse Bedeutung bei. Städte werden als smart bezeichnet, wenn sie ihre Aufgaben mit einem partizipativen Ansatz und mit der Nutzung von neuen Technologien zu lösen versuchen. Dazu ­gehören Massnahmen und Initiativen in Wirtschaft und Mobilität, Energie und Umwelt, Wohnen und Gesellschaft. Eine intelligente Stadt ist demnach jene, welche den Menschen ins Zentrum einer möglichst langfristigen Planung stellt und die Informations- und Kommunikationstechnologien geschickt in die Stadtplanung und -entwicklung einbezieht.

Wer bestimmt das Tempo?

Doch so einfach ist es nicht. Auch kritische Stimmen sind zu hören. Laut Dan Hill, ­einem international renommierten Urbanistik-Experten aus England, habe die Debatte um die Smart Citys eine entscheidende Frage noch nicht beantwortet: Welche konkrete Wirkung wird die Nutzung neuer Technologien in den Städten auf den Alltag der darin lebenden Menschen haben? Diese kritische Haltung wurde bereits im Jahr 2013 von Adam Greenfield, Autor der Streitschrift «Against the Smart City», erstmals skizziert. Für den Informationsarchitekten sind Smart Cities nur «ein abstraktes Terrain, ein Markt, auf dem Technologiekonzerne in erster Linie ihre Produkte und Dienste verkaufen». Die Ideen dahinter seien ausschliesslich von Technologieunternehmen, also von privaten Firmen, entwickelt worden. Dies entlarve nicht nur die wirtschaftlichen Interessen, die hinter den technologischen Innovationen steckten, sondern berge die Gefahr einer Entkopplung von den realen Bedürfnissen urbaner Bevölkerungen. In der Tat sind es meist private Unternehmen, welche diesen technologischen Wandel mit immer neuen Lösungen vorantreiben. Für manche tun sie dies zu schnell. Doch der Wandel ist nicht aufzuhalten. Umso mehr gilt es, den Faktor Mensch ins Zentrum zu rücken. Kurzum: Wir müssen den Einfluss auf das Individuum und die Gesellschaft im Auge behalten, smart hin oder her.

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Unsere Spezialisten geben Auskunft: AXON ACTIVE Die Axon Active Gruppe mit Hauptsitz in Luzern hat seit 2008 Firmen mit dem strategischen Fokus «digitale Transformation» aufgebaut. Heute sind über 650 Mitarbeitende in Luzern und in den Niederlassungen in München, Wien, Singapur und im Silicon Valley tätig. Eigene Entwicklungslabore existieren in der Schweiz, den USA, England und in Vietnam. Weltweit nutzen 350 Grosskonzerne und KMU aller Branchen die Dienste von Axon. Das Luzerner Unternehmen hilft Firmen, ihre Prozesse vereinfacht und effizient umzubauen. Axon, hinter dem unter anderen Uli Sigg und Stefan Muff als Investoren stehen, führt verschiedene Produkte, die verblüffen. Eines davon greift in bestehende Systeme ein, versteht und übersetzt diese und führt sie zu einer einzigen Sprache zusammen. Diese Affinität für die digitale Abbildung von Geschäftsprozessen hat Gartner auf den Plan gebracht. Der weltweit führende Anbieter von Marktforschungsergebnissen und Analysen über Entwicklungen in der IT hat Axon diesen Sommer in den Adelsstand erhoben. Die Luzerner Firma zieht mit «Axon IVY» als erstes Schweizer IT-Unternehmen in den «Magic Quadrant for Intelligent Business Process Management Suites» ein. Damit ist Axon mit seinen Lösungen unter den globalen Branchenführern angekommen. Das ist in einer Welt, in der man sich an grossen Namen und Marken orientiert, ein nicht zu unterschätzender Vorteil.


Coverstory

Freie Sicht auf den Schwanenplatz Wenn alle Car-Parkplätze vom Schwanenplatz verschwänden, gäbe es mehr Sicherheit und viel Platz. Was sollte man damit tun? Wir fragen Sie! Text Bruno Affentranger

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ES GEHT WEITER

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er Schwanenplatz könnte carfrei werden, wenn die Reisebusse dereinst unterirdisch ins nahe gelegene Musegg Parking fahren können. Uns interessiert, was sich für Nutzungen für neue freie Flächen wie dem Schwanenplatz vorstellen. Welche Vorschläge haben Sie? Wir freuen uns auf Ihre Ideen und eröffnen per sofort unsere Liste.

Einsenden an: BA Media, Obergrundstrasse 26, 6003 Luzern. Oder via Facebook unter: stadtsicht.ch, oder per Mail an: affentranger@bamedia.ch

Man kann einem Vorhaben eines Parkings im Musegghügel kritisch gegenüberste­ hen. Wie jedes Projekt hat auch dieses Vor- und Nachteile. Eine Auswirkung wird es jedoch bestimmt haben. Im Musegg Parking sind 7 Halte- und 36 Parkplätze für Cars geplant. Zudem rund 660 Parkplätze für Personenwagen. Dieses Angebot im Musegghügel würde in der Innenstadt für Verkehrsentlastung und für neue Freiräume sorgen. Wenn man davon ausgeht, dass im Rahmen der städtischen Mobilitäts- und Aufwertungs­ politik Parkplätze umgenutzt werden, dazu der Schwanenplatz frei würde, so ergäbe sich ein Zuwachs an freien Flächen von fast zwei Fussballfeldern. Was lösen diese Aussichten für Visionen und Ideen aus? (Siehe nebenstehende Liste – gewissermassen Ihr persönlicher Freiraum in dieser STADTSICHT). Unterdessen geht es mit dem Parking-Vor­ haben im Musegghügel im politischen Prozess weiter. Der Luzerner Stadtrat hat im November das Vorprojekt der privaten Initianten entgegengenommen und mit ihnen diskutiert. Bereits vor einem Jahr, im Dezember 2015, hatte der Stadtrat die Mitarbeit an der Projektentwicklung zugesagt. Inzwischen ist dieses Stadtent­ wicklungsprojekt auch Chefsache: Der neue Stadtpräsident, Beat Züsli, hat sich des Themas mit Manuela Jost, Baudirektorin, angenommen.

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Bis im Januar wird der Stadtrat auf der Basis des Vorprojekts die Auswirkungen des Parkhauses Musegg auf laufende strategische Projekte der Stadtentwick­ lung in den Bereichen Mobilität und Stadtraum ausloten (zum Beispiel) Carparkierungskonzept, Aufwertung Innenstadt). Vor diesem Hintergrund will der Stadtrat seinen Grundsatzentscheid zum Musegg Parking fällen und den weiteren politischen Weg definieren. Der Zeitplan sieht vor, dass das Vorprojekt im Februar an den Kanton Luzern zur Vorprüfung geht. Im ersten Halbjahr 2017 sind ein Bericht und Antrag an den Grossen Stadtrat zu erwarten. Wenn keine Verzögerungen eintreten, wird das Luzerner Stimmvolk noch vor Ende 2017 in einer Abstimmung über die Umzonung und den entsprechenden Bebauungsplan für das Projekt votieren können. (BA)

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Aussichten

vorschau Die nächste Ausgabe von STADTSICHT widmet sich im März 2017 unter anderem diesen Themen:

Nasty Questions Wer sich für die Zukunft vorbereiten will, stellt sich jenen heiklen Fragen, denen man lieber ausweichen möchte, als sie zu beantworten. Unsere nicht abgeschlossene Liste der Nasty Questions: Warum verlässt man sich nicht weiterhin ausdrücklich auf das jahrelange Erfolgsrezept PPP – das Konzept der privat-öffentlich gemischten Partnerschaft, die beim KKL, beim Stadionneubau und andernorts zum Erfolg geführt hat? Warum vermeidet es der Stadtrat, sich ausdrücklich dazu zu bekennen? Ist es der teure Zürcher Weg des staatlich verordneten Baus und der Entwicklung, den Luzern künftig ebenfalls gehen will?

Erwarte die Veränderung: Warum der Tourismus als Industriezweig für Luzern noch wichtiger wird ...

Sind private Initiativen schlechter als jene der öffentlichen Hand?

... und wie er in der Vergangenheit die Stadt baulich und entwicklungstechnisch geprägt hat.

Können Private überhaupt an anderes denken als an Gewinn und Effizienz im Kleinen?

Eine Chance mitten in der Stadt – wie sie vertan wurde und wie sie noch zu retten wäre.

Was geschähe mit den frei werdenden Flächen in der Innenstadt, wenn Grossunternehmen aufgrund von einschrän­ kenden Bauvorschriften in die Agglomeration zögen? Setzt sich die Stadt mit Planungsspielen auseinander, die mehr als den musealen Charakter der Innenstadt betonen?

Neues aus dem Think Tank: Welche Projekte der digitalen Transformation für unsere Region spannend und leicht einzubauen sind.

Warum schafft es der Stadtrat nicht, eines seiner wichtigen langfristigen Ziele zu verwirklichen und 2018 die geplante Bruttogeschossfläche von 15 000 bis 20 000 m2 in zentraler Lage bei der «Rösslimatt» bereitzustellen? Ist es die Furcht vor einer Idee – oder warum streitet man nicht mit Argumenten offen um Vorhaben, statt die Diskussion im Frühstadium mit einschränkenden Gesetzen zu verhindern? (Siehe Verbot der Unterminierung des Musegghügels.) Warum spricht man eigentlich immer von einem Parkhaus und nicht von einer Logistikzentrale, die möglicherweise noch viel mehr Nutzungspotenzial bietet, als in zwanzig Jahren Autos zu beherbergen? Wann verfrachten wir die oberirdischen Parkhäuser unter den Boden und machen die Flächen frei für Neues? Wann kriegt Luzern Kleinstelektroeinheiten, die andauernd und ohne altmodische Nummernbezeichnung in der Innenstadt zirkulieren? Dies, weil kleine Einheiten in grosser Zahl in Stosszeiten weniger blockieren und mehr Passagiere befördern als die Flagship-Busse der VBL? Lassen Sie uns über diese Themen streiten! STADTSICHT geht den Fragen nach und sucht nach Antworten. In den zukünftigen Ausgaben beleuchten wir unter anderem diese Themen. Diskutieren können Sie ab sofort: Auf Facebook (stadtsicht.ch) oder per Email direkt an uns: stadtsicht@bamedia.ch.

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Fantastische Filmmusik live im kkl luzern

20. – 22. Januar 2017

amadeus

3./4. Februar 2017

back to the Future 24. – 26. märz 2017

Jurassic Park 1. aPril 2017

indiana Jones - raiders oF the lost ark 29. aPril 2017

alFred hitchcock’s vertigo

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