Scientia #35

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Inhalt

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Editorial News GRAFIK: NASA

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TITEL Mystischer Vogel auf eisiger Mission

TITEL Die Eroberung des Mars LOCAL SCIENCE Schüler vermessen den Mond WISSEN Essen im All WISSENSCHAFTSJAHR 2009 Rundumblick auf Rostock SUPER-SPAR-AUTO 600 Kilometer mit einem Liter Sprit SCIENTIA ERKLÄRT DIE WELT Kohlensäure-Killer UNO-SIMULATION „Baltic Model United Nations“ geht in die zweite Runde

Impressum DAS JuNgE WISSENSMAgAZIN

Ausgabe 35

Verlag Bannert Media GbR | Voßstraße 9, 18059 Rostock | www.bannert-media.eu Herausgeber

Grafik und Layout Michael Schultz

Kontakt

Matthias Bannert

News Christine Ruppert

info@scientia-magazin.de

Geschäftsführer

Redaktion Matthias Bannert, Kim Engster,

www.scientia-magazin.de

Matthias Bannert, Erik Muttersbach

Laura Freitag, Christine Ruppert

Anzeigenleitung

Chefredakteur (V.i.S.d.P.)

Druck ODR GmbH Rostock

Matthias Bannert

Michael Schultz

Titelfoto NASA

bannert-media@live.com

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FOTO: DANA BETHKENHAGEN

Inhalt

Matthias Bannert, herausgeber

Editorial Pausen dienen vor allem dazu, zur Ruhe zu kommen. Den nächsten Schritt zu überdenken und mit neuen Kräften wieder zu starten. Das merkt spätestens jeder nach dem großen Jahresurlaub oder nach dem Feiertagsmarathon zu Weihnachten. Gut erholt und mit neuen Kräften startet man in die nächste Phase. Genauso ist es auch bei uns in der „Scientia“-Redaktion. Nachdem das letzte Heft im September 2007 erschienen ist, habe ich mich ein halbes Jahr später mit Michael Schultz – dem neuen Chefredakteur – zusammengesetzt. Der junge Mann, selbst noch Student, hat sich als wahrer Glücksgriff entpuppt. Der „Neue“ im Team blühte nur so vor Ideen und gab vor allem mir viel Motivation, weiterzuführen, was einst 2002 begonnen hat. Gemeinsam haben wir überlegt, was die Stärken des Magazins sind, was wir verbessern und verändern können. Wir haben uns Zeit genommen. Knapp ein Jahr nach unserem ersten Gespräch erscheint „Scientia“ wieder mit einem veränderten Konzept, mit vielen neuen Ideen und einem grafischen „Facelifting“. In jedem Heft widmen wir uns künftig einem Hauptthema, zu dem wir mehrere Berichte, Reportagen und andere journalistische Inhalte zusammentragen. Ergänzt durch unseren, ebenfalls in der Kreativpause überdachten, Internetauftritt. Am Ende steht ein in sich schlüssiges, aber dennoch nicht monothematisches Heft. Wir hoffen, es gefällt.

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News

PSyChologIE

Wo unser Vertrauen herkommt Schweizer Forscher untersuchten kürzlich die Wirkung des Hormons Oxytocin auf das soziale Verhalten des Menschen. In einer Untersuchung verabreichte man 22 Probanden Nasenspray, da dieses Oxytocin enthält. 22 weitere Testpersonen erhielten ein wirkungsloses Placebo. Die Testreihe bewies, dass das Hormon das Vertrauen in Menschen stärkt, sowie zu besserer Unterscheidung zwischen bekannten und fremden Gesichtern führt. Auf die Erinnerung an Gegenstände hat es jedoch keinen Einfluss. Bereits seit Jahren war bekannt, dass Oxytocin das Sozialverhalten bei Tieren steuert. FOTO: BRENDA LAMOTHE COULOMME

ASTroNoMIE

PAlÄoNTologIE

gleichauf mit dem Andromedanebel

Die giraffen der urzeit?

Astromen vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn fanden heraus, dass die Milchstraße sich wesentlich schneller dreht, als bisher bekannt war. Auch die Masse ist wesentlich anders – sie soll insgesamt 50 % größer sein als bislang vermutet. Aus diesen neuen Erkenntnissen ergeben sich wichtige Informationen für die Galaxien: Auf Grund der wesentlich größeren Masse verstärkt sich die Gravitation und macht Kollisionen innerhalb der Galaxien wahrscheinlicher. Die Milchstraße ist damit gleich auf mit dem Andromedanebel, welcher einen Halo-Durchmesser von Rund einer Millionen Lichtjahre hat. Konkrete Beobachtungen der Milchstraße sind jedoch kompliziert, da vor allem Gaswolken die Sicht erschweren.

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Mit bis zu 12 Metern Flügelspanne waren Riesen, wie der Pterosaurier Caulkicephalus trimicrodon, die größten Flugsaurier vor über 65 Millionen Jahren. Doch dass sich genau diese Flugsaurier wirklich auf zwei Beinen bewegten, zweifelt jüngst der bekannte US-Anatomieprofessor Michael Habib von der Johns Hopkins University in Baltimore an. Mit Hilfe einer Computersimulation will er fossile Funde, die bisherige Annahmen über das Leben der Saurier hergaben, widerlegen. Die Riesen seien viel zu schwer gewesen und ihre Knochen hätten von enormer Stärke sein müssen, um sie auf zwei Beinen zu tragen. Laut Habib kann daher nur die Fortbewegung auf vier Beinen möglich gewesen sein. Die Flugsaurier sind daher wohl eher mit Giraffen vergleichbar als mit Vögeln.


News

PSyChologIE

BIologIE

liebe geht auf die Nase

Jeden Tag Winterschlaf

Liebe macht so manchen nicht nur blind, Liebe schlägt auch auf die Nase. Je stärker die Gefühle einer Frau für einen Mann sind, desto schwerer kann sie männliche Körpergerüche auseinanderhalten. Johan Lundström und Marilyn Jones-Gotman untersuchten 20 in einer Partnerschaft lebenden Frauen. Nach Einschätzung ihrer Gefühle und Leidenschaft mit Hilfe eines Fragebogens sollten sie aus drei getragenen Shirts das des Partners herausfinden. Dieser hatte zuvor sieben Nächte in demselben Kleidungsstück geschlafen. Die Studie bewies, dass die Erkennungsschwierigkeiten steigen, je mehr romantische Gefühle die Frau hat. Besondere Probleme der Unterscheidung entstehen bei potentiellen Partnern.

Zwischen der australischen Hitze tagsüber und der starken Kälte nachts, hat die Australische Beutelmaus ihre eigene Strategie zum Überleben gefunden: Jeden Tag eine Portion Winterschlaf. Ein Team um die Zoologen Fritz Geiser und Gerhard Körtner fand Beeindruckendes heraus: Nahezu den halben Tag verbringen die Tiere in einer Kältestarre, in der Körpertemperatur und Stoffwechsel stark verringert werden. Die Mäuse senken damit ihren Energiebedarf um 90%. Täglich wachen die zehn Zentimeter langen und 20 Gramm schweren Beutelmäuse wieder auf, nehmen ein ausgiebiges Sonnenbad und gehen auf Nahrungssuche. Bisherige Forschungen gingen von einer anderen Lebensweise aus.

BIologIE

Menschlicher Dünger Dass Dünger verbessertes Wachstum und Erträge bei Pflanzen verspricht, ist keine besondere Erkenntnis. Ganz neu ist jedoch die Düngung mit menschlichen Haarabfällen. US-amerikanische Untersuchungen ergaben, dass die Wirkung ähnlich wie bei herkömmlichem Dünger ist, oder sogar höher. Auf den Hornmohn wirkte das menschliche Abfallprodukt wesentlich effektiver als herkömmlicher Dünger. Der langwierige Zersetzungsprozess der Haare schränkt die Nutzbarkeit aber insgesamt ein. Näharstoffe werden erst spät freigesetzt und die Düngung sollte daher nur auf Langzeiterfolg ausgelegt werden. Für schnell wachsende Pflanzen können kaum Erfolge erzielt werden. Die Auswirkungen auf essbare Pflanzen wurde zudem noch nicht erforscht. FOTO: MOLLY LITTLE

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Titel

So blitzblank wie in dieser Computersimulation d체rfte die Phoenix-Sonde trotz butterweicher Landung auf der Marsoberfl채che nicht lange ausgesehen haben.

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GRAFIK: NASA

Inhalt

Mystischer Vogel auf eisiger mission Einige Forscher nennen Phoenix ihre „Schönheit“ oder, ganz liebevoll natürlich, „kleiner Gebrauchtwagen“. Diese zärtlichen Anwandlungen sind keine schrulligen Eigenheiten exzentrischer Wissenschaftler, sondern erklären sich aufgrund des Seltenheitswertes einer reibungslosen Marslandung.

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Inhalt

Von Kim Engster und Christine Ruppert

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n den vergangenen Jahrzehnten zertrümmerten die meisten Sonden an der rauen Oberfläche des roten Planeten. Ein Funkkontakt zum Kontrollzentrum in Kalifornien kam nicht zustande. Auch der „Mars Polar Lander“ enttäuschte die NASA 1999, weshalb sein Bruder, der „Mars Surveyor 2001 Lander“, nicht ins All geschickt wurde. Stattdessen lagerte man die Teile ein. Im Jahr 2003 entschied man dann, die Sonde aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken und zu modernisieren. So konnte die Sonde, unter dem neuen Namen „Phoenix“, vier Jahre später aus der Asche steigen und am 4. August 2007 doch noch zum Mars fliegen. Dort setzte die Sonde Monate später, am 25. Mai

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2008, bilderbuchmäßig auf. Durch diese eher unerwartete Glanzleistung sicherte sich Phoenix nicht nur das Entzücken der Weltraumexperten, sondern auch die Zuneigung des Publikums. Und das, obwohl sie stationär ist und nicht, wie die bisherigen Lieblinge „Spirit“ und „Opportunity“, hin- und herfahren kann. Bereits knapp zwei Stunden nach der geglückten Ankunft auf dem Mars erhielt die Forschungsstation in Pasadena erste, von Phoenix selbst geschossene, Bilder. Jene wurden mit Hilfe einer Spezialkamera erstellt, die aus dem Max-Planck-Institut des niedersächsischen Katlenburg-Lindau stammt. Das Gerät ist in der Lage, Makroaufnahmen von Bodenproben mit einer Auflösung von 50 Mikrometern zu machen. Das entspricht etwa dem Viertel der Dicke eines menschlichen Haares. Doch Phoenix muss nicht nur sein photographisches Talent unter Beweis stellen. Als erster Roboter, der


GRAFIK: NASA

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Im Landeanflug auf den Mars war die Phoenix-Sonde in der Lage, auf 10 km genau im Zielgebiet aufzusetzen. Rund 570 Meter über dem Boden zündeten zum Abbremsen die Schubdüsen.

in der eisigen Polarregion unseres Nachbarplaneten abgesetzt wurde, hat er die Aufgabe nach gefrorenem Wasser zu suchen. Dafür gräbt die Sonde mit ihrem 2,35 Meter langen Arm den Marsboden um. Die entnommenen Proben sollen gleich selbst in einem eigenen Minilabor untersucht werden. Phönix‘ Roboterarm (Robotic Arm) ist so gebaut, dass er sich nicht nur in alle Richtung bewegen, sondern auch um die eigene Achse drehen kann. Dies ermöglicht höchste Präzision beim Bohren und anschließendem Fotografieren, denn der Arm ist auch mit einer Kamera ausgestattet. Mit seinen 2,35 Metern Länge kann er mindestens 50 Zentimeter tief bohren. Sowohl Kamera als auch Arm waren ursprünglich bereits für den „Mars Surveyor 2001“ gebaut geworden. Mit Hilfe von diesem Arm grub Phönix sich durch den Marssand. Die Konstrukteure rechneten allerdings nicht mit des-

PHOENIX - Maße und Masse Größe Durchmesser (während des Fluges): 2, 64 m Höhe (während des Fluges): 1, 74 m Höhe (am Boden): 2, 2 m Spannweite (mit Solarpanels): 3, 6 m Durchmesser vom Deck: 1, 5 m maximaler Durchmesser am Boden: 5, 32 m Greifer: 2, 35 m Gewicht Cruise Stage 82 kg Backshell 110 kg Hitzeschutzschild 62 kg Lander 410 kg Gesamt 664 kg Viele weitere Daten unter www.bernd-leitenberger.de/phoenix.shtml

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FOTO: NASA

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Der Stereo Surface Imager der Phoenix-Sonde schoss kurz nach der Landung dieses Foto der Marsoberfläche. Zwei Farbfilter erzeugten die charakteristische Färbung.

„Als Phoenix erneut mit der NASA sprach, übermittelte er eine erfreuliche Nachricht nach der anderen.“ sen grobkörnigen Struktur. Phoenix verschluckte sich, ein Teil des Analyseofens wurde durch Verstopfung unbrauchbar. Dennoch war Phoenix nicht zur Untätigkeit verdammt. Sieben weitere Kammern des Ofens ließen sich weiterhin nutzen. Zu Beginn der Mission bereitete auch Phoenix‘ Ungehorsam immer wieder Probleme. Die um den Mars kreisende Steuersonde „Odyssee“ hatte augenscheinlich genug davon, lediglich als Befehlsvermittler für die Marssonde zu dienen. Sie versetzte sich selbst in einen Schlummerbetrieb und weigerte sich beharrlich, Befehle an Phoenix weiterzuleiten. So kam es, dass Phoenix nicht antwortete, was für irdische Unruhe und Verwunderung sorgte. Schnell war „Odyssees“ guter Ruf wieder hergestellt. Hochenergetische Partikel aus dem Weltraum hatten den Speicher des Bordcomputers beeinträchtigt. Als Phoenix erneut mit der NASA sprach, übermittelte er eine erfreuliche Nachricht nach der anderen. Der Roboter hob einen Graben namens „Goldilocks“ aus und vergrößerte diesen am 15. Juni. Phoenix stieß dabei auf helle Klumpen, die er umgehend ablichtete. Später waren diese verschwunden. Peter Smith, wissenschaftlicher Leiter der Mission, gab bekannt, dass es sich vermut-

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lich um Eis gehandelt habe, welches verdampft sei. Ein weiteres Erdloch, „Snow White“,sorgte ebenfalls für Furore, da Wissenschaftler von dessen harter Oberfläche annehmen, dass sie aus gefrorenem Wasser bestehe. Diese Neuigkeiten gaben begründeten Anlass zur Hoffnung. Schließlich war es Phoenix‘ Aufgabe, die Wasser- und Eissituation des Mars zu erkunden und nach eventuellem Leben zu suchen. Bereits zuvor hatte „Mars Odyssey“ Ergebnisse geliefert, nach denen der Mars ab kurz unter der Oberfläche (etwa zwei bis fünf Zentimeter) aus 80 Prozent Wassereis besteht. Erklärt werden sollte auch der Wechsel vom warm-feuchten zum kalten und eingefroren Mars. Im Mittelpunkt der Forschungen rund um den roten Planeten blieb auch bei Phoenix eine zenrale Frage, ob es in der Eisschicht Leben geben könnte. Ein angenehmer Ort zum Leben wäre der Planet jedoch bestimmt nicht. Nachts wird es bis zu minus 85 Grad kalt und starke Sandstürme fegen über die Oberfläche. Bisher konnte die Vermutung, dass sich auf dem Mars mal Leben befunden hat, oder sogar immer noch befindet, nicht bestätigt werden. Spekulationen, dass es sich bei Abdrücken in Marsmeteoriten um Fossilien handele, erwiesen sich als unhaltbar.


FOTO: NASA

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Phoenix nahm 43 Tage nach der Landung auf dem Mars dieses Bild von „Snow White“ auf – ein selbstgegrabenes Erdloch, aus dem Proben entnommen wurden.

Trotzdem gaben die Forscher die Suche nach Mikroben im Boden nicht auf und so sollte Phoenix noch eine Weile fleißig weitergraben. Doch am 2. November 2008 wurden letztmalig Funksignale der Sonde empfangen. Wenige Tage später, am 10. November, wurde die Mission offiziell für beendet erklärt. Der Herbst hätte Phoenix schwer zugesetzt. Weniger Sonnenstrahlen und somit fallende Temperaturen sorgten dafür, dass die Sonde immer mehr Strom aus dem Energieversorger brauchte. Zwar versuchte man, die Energieversorgung zu verlängern, indem man den Roboterarm und die Schmelzöfen (Thermal Evolved Gas Analyzer) stilllegte. Dessen Bedeutung war jedoch immens, da in den insgesamt acht Schmelzöfen zuvor aufgenommene Bodenproben erhitzt wurden, wobei Temperaturen bis 1000 Grad entstanden. Man wies Phasenübergän-

ge der Aggregatzustände nach, indem man die nötige Heizleistung maß. Daraus konnte man Erkenntnisse über die chemische Zusammensetzung der Proben ziehen. Man suchte nach Mineralien und auch organischen Stoffen. Dennoch war das Ende der Mission hiermit gekommen, Phoenix war buchstäblich erfroren. Insgesamt kostet die Mission nicht einmal eine halbe Milliarde Dollar. Damit gehört sie zum Sparprogramm der NASA. Das ermöglicht auch in Zukuft weitere Einsätze rund um den roten Planeten. Einer steht schon in Aussicht. Für September 2009 ist der Start des Rovers „Mars Science Labotory“ geplant. Dabei ist es unnötig, nach dem Ziel zu fragen. Die Wissenschaftler geben erst Ruhe, sobald eine künftige „Schönheit“ etwas Lebendiges in ihren Roboterarmen hält. <<

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Titel

DIE EROBERUNG DES MARS

FOTO: NASA| 14 SCIENTIA


Der Roboter-Arm der Marssonde „Rover Spirit“ bei einer Aufnahme der Marsoberfläche. Zuvor hatte die NASA 20 Tage Stillstand zu beklagen.

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chon zu den Zeiten der Römer war Mars etwas Besonderes. Der rote Planet. Die Verkörperung des Kriegsgottes, der bei den Griechen Ares hieß.Noch heute zieht er all seine Aufmerksamkeit auf uns. Nicht, weil wir ihn als den Kriegsgott verehren. Viel mehr, weil er der Erde am ähnlichsten ist. Und wenn man so will, auch am bewohnbarsten. Falsch ist es sicherlich nicht, sich einmal über eine Besiedlung „einer zweiten Erde“ Gedanken zu machen. Schauen wir uns zunächst einmal in unserer Umgebung im Sonnensystem um. In Richtung Sonne wäre da Venus. Sie ist ungefähr so groß wie die Erde, verfügt über eine feste Oberfläche und eine Atmosphäre. Doch diese ist so dicht, dass es auf Venus wie in einem Gewächshaus bei voller Sonneneinstrahlung ist. Sogar noch viel heißer. Ungemütliche 464 Grad Celsius herrschen auf der Oberfläche. Ein Planet weiter in Richtung Sonne zieht Merkur seine Bahnen. Der ist noch dichter an der Sonne dran und hat im Gegensatz zu Venus keine Atmosphäre. Daher schwanken die Oberflächentemperaturen zwischen ebenso ungemütlichen 467 Grad Celsius auf der Tag-Seite und fröstelnde minus 183 Grad Celsius bei Nacht. Fällt für eine Besiedlung also ebenso aus. Jenseits von Mars haben wir nur noch Gasplaneten: Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Zumindest die Planeten selber bieten keinen Lebensraum auf ihrer Oberfläche. Ihre Monde unter Umständen schon, aber das ist ein anderes Thema. Bleibt noch Mars. Mars ist in etwa halb so groß wie die Erde, hat eine dünne Atmosphäre und die Temperaturen auf seiner Oberfläche sind astronomisch gesehen gar nicht mal so ausladend. Nachts ist es zwar mit minus 133 Grad Celsius ziemlich kalt, dafür kann es am Tag doch schon mal bei 27 Grad im Plusbereich angenehm warm werden. Auf seiner Oberfläche bietet Mars so allerlei interessante Dinge: Berge, Vulkane, Schluchten, Täler,

Hügel. Vieles, was einem von der Erde bekannt vor kommt. Spekuliert wird immer wieder über einstige Ozeane auf Mars‘ Oberfläche. Das alles sind Gründe, unseren Nachbarn doch mal genauer in Augenschein zu nehmen. Deswegen steht Mars auch schon seit vielen Jahren im Blickpunkt wissenschaftlicher Missionen. 1877 fertigte der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli eine Karte vom Mars an, die Aufsehen erregte: Er zeichnete auf seiner Oberflächenkarte so genannte „canali“ ein. Diese Kanäle waren offensichtlich von den Mars-Bewohnern gebaut, um das spärliche Wasser auf dem Globus zu verteilen. Schon bald stellte sich das als Quatsch und der Begriff „Kanal“ als Übersetzungsfehler heraus. In den 1960-er Jahren startete die damalige Sowjetunion eine Reihe von Mars-Missionen – sie alle mussten jedoch scheitern und erreichten nie eine Umlaufbahn um den Mars. Ebenso versuchten es die Amerikaner und waren mit schoss Mariner 4 die ersten Aufnahmen von der Marsoberfläche. Die Bilder von 1965 zeigten mondähnliche Krater. Weitere Nachfolger, die alle Mariner hießen, waren auch in den 1970-er Jahren sehr erfolgreich. Eine nächste Epoche der Marsforschung wurde 1971 eingeleitet. Die sowjetische Sonde Mars 3 landete weich auf der Oberfläche unseres roten Nachbarn. 20 Sekunden später brach jedoch der Funkkontakt ab – Mars 3 schien nicht besonders viel Glück mit dem Wetter zu haben. Schließlich gibt es dort, wo eine Atmosphäre ist, auch Stürme und andere Wetterereignisse. Die USA Probierten es mit den NASA-Sonden Viking 1 und Viking 2 ebenso. 1976 schaffte Viking 1 eine weiche Landung auf der Mars-Oberfläche und lieferte die ersten Farbbilder. In den 1980-er Jahren schickten die Russen zwei Fobos-Sonden auf den Weg. Nur Fobos 2 erreichte die Marsumlaufbahn und hielt den Kontakt zu Mutter Erde ungefähr ein Monat – bis ein Ingenieur einen falschen Befehl gab. >>

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FOTO: NASA

Inhalt

Ende 2007 nahm die Marssonde „Rover Spirit“ diesen Blick von einem Plateau auf. Die Farben wurden von der NASA leicht verändert, um die feinen Abstufungen besser sichtbar zu machen.

Großes Aufsehen erregte die Sonde Mars Pathfinder im Jahr 1997. Sie brachte einen kleinen Rover namens Sojouner mit, der ein wenig die nähere Umgebung erkundete. Mars Pathfinder landete am symbolträchtigen 4. Juli – dem Tag der Unabhängigkeitserklärung der USA. Im gleichen Jahr machte der Mars Global Surveyor hochauflösende Aufnahmen von der Marsoberfläche, bei der er kartografiert werden konnte. Erst 2006 brach der Kontakt zum Mars Global Surveyor ab. Nach dem Vorbild des Mars Global Surveyor umkreist seit 2001 auch „2001 Mars Odyssey“ den roten Planeten. Die Sonde hat Instrumente zur Wassererkundung aus der Umlaufbahn mit an Bord. Im Jahr 2003 kamen auch endlich die Europäer in den Mars-Rausch. 2003 schickten sie die Sonde Mars Express mit der Landeeinheit Beagle 2 zum roten Planeten. Trotz des Scheitern von Beagle 2 bei der Landung, arbeitete Mars Express zur vollsten Zufriedenheit der Europäischen Weltraumbehörde ESA. Nur wenige Tage später schickten die USA die Zwillinge Spirit und Opportunity auf die Marsoberfläche. Die Rover sollten ab Januar 2004 die nähere Umgebung erkunden, Bodenproben einsammeln, sie selbstständig analysieren und die Ergebnisse in die Heimat funken. Beide Sonden sind heute noch aktiv.

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Die US-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter ist 2005 gestartet und soll die Oberfläche des planetaren Nachbarn erkunden sowie nach einer geeigneten Landestelle für künftige Rover-Missionen suchen. Mars Reconnaissance Orbiter soll ebenfalls als Schnittstelle für eine schnellere Kommunikation zwischen Rover und Erde dienen. 2008 landete schließlich Phoenix im nördlichen Polargebiet des Planeten. Bis vor wenigen Monaten suchte Phoenix nach Wassereis und Lebensraum für primitive Organismen. Neu war ein spezieller Roboterarm, mit dem Untersuchungen durchgeführt werden konnten. In den Jahren 2011 und 2016 sollen wieder zwei neue Rover-Missionen zum Mars starten: Das Mars Science Laboratory der NASA und ExoMars der Europäischen Weltraumbehörde ESA. Die Rover sollen weitere Strecken zurücklegen können. Der NASARover soll für geologische Untersuchungen dienen, das ESA-Pendant sucht nach Leben auf dem Mars. Die Russen wollen sich möglicherweise schon in diesem Jahr in Sachen Mars-Forschung zurückmelden und die Sonde Fobos-Grunt zum Mars-Mond Phobos schicken. 2004 kündigte der damalige US-Präsident George W. Bush die Planung einer bemannten Mars-Mission an. Das dürfte aber erst nach dem Jahr 2020 realisierbar sein. MATTHIAS BANNERT


Local Science

„ZIEMlICh gENIAlE IDEE“ Der Mond zählt zu den Himmelskörpern, die schon mit bloßem Auge detailliert zu beobachten sind. Als Sprungbrett ins All sorgt er gegenwärtig für den Beginn einer neuen Epoche raumfahrttechnischer Monderkundung. Und das sogar in der Schule. FOTO: DUNCAN MILLER / GRAFIK: MICHAEL SCHULTZ

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asziniert vom Forschungsfeld Mond stürzten sich Jonathan Manske, Tony Nitschke, Georg Schlettwein und Michael Timm, alle Schüler der 13. Klasse der Werkstattschule in Rostock, in die Entwicklung einer Methode zur Vermessung des Mondkraters Archimedes. Unterstützt von der Rostocker Astronomie- und Physiklehrerin Frau Dr. Helga Knopf wurden die Vier getreu dem Jugend forscht Motto „Viva la Neugier“ zu Mondforschern. Sie nahmen Astrofotografien auf, werteten Daten aus und tüftelten unter Einsatz von selbst modifizierten Computerprogrammen eine neue Methode zur

Berechnung von Höhenunterschieden auf der Mondoberfläche aus. „Die Informatik macht es möglich, die Jungs haben auf alte Berechnungsmethoden noch ‚einen draufgesetzt’“, schwärmt Knopf. „Diese Arbeit geht weit über schulisches Wissen hinaus.“ Mit der „Kartierung des Mondkraters Archimedes“ nahmen die Wissbegierigen am Wettbewerb Jugend forscht teil. Als beste Jungforscher Mecklenburg-Vorpommerns und Drittplazierte im Bundesfinale in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften haben sich die Anstrengungen gelohnt. Der hohe Anspruch und der harte Weg bis dahin lassen sich erahnen. >>

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Er ist uns am Nächsten und so am Besten zu beobachten. Die Höhenunterschiede auf der Mondoberfläche stachen uns ins Auge. Jonathan: Die Frage lag nahe. Wie hoch sind die Mondberge?

GRAFIK: ARCHIMEDES-PROJEKT

Nach der Erstellung des Detailbildes musste dieses in die Übersichts-Abbildung des Mondes eingearbeitet werden.

„Das findet man in keinem Buch. Das ist neu.“

Über zwei Jahre musstet ihr für Eure Arbeit den Mond beobachten – hat sich seine Bedeutung für euch verändert? Tony: Für mich wurde er entmystifiziert – die Romantik ist dahin. Ich blicke zum Himmel und denke „Oh, eine schlechte Beobachtungszeit“ oder „Die Mondphase ist gut“. Georg: Stimmt, ich sehe Schule und Jugend forscht. Jonathan: Aber die Spannung wächst – besonders im mathematisch-physikalischen Sinne. Ernüchterung? Tony: In dieser Beziehung – ja. Wie seid Ihr auf den Mond gekommen? Georg: Am Anfang war noch alles offen. Tony: Bei Vorlesungen in der Sternwarte kamen wir auf das Sonnensystem im allgemeinen. Bald konzentrierten wir uns auf den Mond.

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Somit hattet Ihr Euer Thema gefunden? Michael: Ganz so einfach war es nicht. Jonathan: Die Messung von Höhenunterschieden auf dem Mond ist eigentlich Universitätsniveau. Die Daten zur Berechnung ergeben sich aus der Stellung von Sonne, Erde und Mond zueinander. Der Haken an der Sache ist, dass sich deren Position minütlich ändert. Diese Verschiebungen müssen in die Rechnung einfließen. Das bedeutet seitenlange, extrem komplizierte Berechnungen. Das überstieg zunächst unsere mathematischen Fähigkeiten. Tony: Aber wir dachten ganz optimistisch und naiv- ach, das wird schon! Michael: Obwohl die Fachleute sich einig waren - es gibt keine andere Methode. Eine aussichtslose Mission? Georg: Das Risiko bestand. Tony: Wir suchten nach der perfekten Formation. Idealerweise nahe der Morgen-Schattengrenze - das ist das Beste für gute Fotografien. Der Krater Archimedes hat gewonnen. Er liegt im Landegebiet der Apollo 15 im östlichen Bereich des Mare Imbrium - eindrucksvoll und mit glattem, weißen Kratergrund. Jonathan: Dann probten wir an einem Modell aus Vogelstreusand. Die „Schattenmethode“, das heißt


die Beziehung: Kraterhöhe = Schattenlänge mal Tangens des Sonneneinfallswinkels, wurde zur Grundlage unserer Forschung. Die Formel ist komplett- was musste noch getan werden? Tony: Das Forschen fing erst an. Die Formel ist auf der Erde komplett, ja. Wir befinden uns auf dem Mond. Uns fehlt eine entscheidende Größe, die wir nicht direkt messen können: der Sonneneinfallswinkel. Georg: Während unserer Arbeit hatten wir mehrere Ansätze die Höhen zu bestimmen. Der Versuch eine Kraterrandfunktion mithilfe eines Koordinatensystems auf der Mondoberfläche zu modellieren scheiterte letztlich an der Ungenauigkeit des Ergebnisses, die durch die Mondkrümmung verursacht wird. Jonathan: Der nächste Plan war den Sonnenhöhenwinkel für die Formel (h=s*tan Alpha) direkt zu messendurch Unterschiede der Lichtintensität auf der Mondoberfläche. Über die Messung von der nahezu unbeeinflusst reflektierten IR-Strahlung hätte das Ganze auch geklappt... doch braucht man die notwendigen Geräte -und zwar in 40km Höhe! Tony: Die einzige Möglichkeit ist, einen Ballon hoch zu schicken. Doch der Spaß hätte an die 60.000 Euro gekostet. Dabei ging es gut los. Kam dann die die erste Enttäuschung? Tony: Das stimmt- zum Glück fanden wir bald einen Ansatz- die Gitternetzmethode. Das heißt... Tony: ...dass wir eine geniale Idee hatten. Zunächst begannen wir eigene Bilder vom Mond aufzunehmen.

Kann man sich euch also romantisch auf einem Feld sitzend, Wein trinkend und den Mond betrachtend vorstellen? Michael: Nein...wir haben meist unabhängig voneinander gemessen. Das Wetter hat uns oft einen Strich durch die Rechnung gemacht. Fast ein Jahr mussten wir auf ein brauchbares Bild warten. Mit welcher Technik habt ihr die Bilder aufgenommen? Michael: Die Astrofotografien nahmen wir mit dem Spiegelteleskop „NexStar GT 114“ und der Webcam „Philips SPC 900NC“ als Video auf. Dieser Videoclip musste auf ungefähr 700 Bilder geschnitten werden. Aus ihnen entsteht dann das ideale Bild vom Krater, ganz ohne das nervige Flimmern der Atmosphäre. Georg: Aus den Teilbereichaufnahmen bastelt man außerdem ein grobes Gesamtbild des Mondes – nur damit klappt unsere Rechenmethode. Jetzt lag der Mond „vor euch“ – wie kam die Gitternetzmethode zur Bestimmung des Sonneneinfallswinkels zum Einsatz? Tony: Mithilfe zweier Gitternetze lässt sich der Winkel visuell ablesen. Grundgedanke ist, dass der Mond nur an einem Punkt einen Einfallswinkel von 90° besitzt. Darum herum nimmt der Winkel gleichmäßig ringförmig ab. Das stellen wir mit einem Kugelgitter dar. Der „Polpunkt“ liegt auf 90°. Schon steht das Gitternetz A. Denkbar einfach? Tony: Ein Geistesblitz... das ist die Kreativität in der Wissenschaft.

GRAFIK: ARCHIMEDES-PROJEKT

Der Lohn der Mühen: Ein exaktes Modell des Archimedes-Kraters, hier in der Drahtgitter-Darstellung.

Jonathan: Das findet man in keinem Buch. Es ist neu. Ging es weiter mit den Geistesblitzen? Georg: Der Nächste hat auf sich warten lassen. Die Neigung des Mondes hatten wir bis jetzt außer Acht gelassen. Wie sah euer Forscherdasein während der Ideensuche aus? Michael: Verschieden. In solchen Durststrecken hat manchmal der rote Faden gefehlt. Jonathan: Alle sitzen da und starren auf den Laptop. Man probiert aus, spielt herum... Georg: Monatelang passiert nichts - kein richtiger Fortschritt. Dann kommt ganz plötzlich ein Gedanke, man schnappt sich Block und Stift, bis am Ende mehr Formeln und Skizzen, als Papier erkennbar sind. Tony: Ab und zu kommt die Lösung irgendwann nachts, kurz vor dem Einschlafen. Die Mondforschung geht bis zu Galileo Galilei zurück. Die „Schattenmethode“ ist altbekannt. Was genau ist das Novum eurer Idee? Georg: Die Methode ist eine Weiterentwicklung, da man sie unabhängig von Zeit und Standort der

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Beobachtung nutzen kann- auf der ganzen Mondoberfläche. Jonathan: Das Ganze basiert auf dem informationstechnologischen Fortschritt. Die Gitternetze werden mit Computerprogrammen auf das Bild angepasst. Scientia: Wie genau sind eure Ergebnisse? Michael: Die Differenz zu den Referenzdaten beläuft sich auf einen Unterschied von 173 Metern. Dazu ist wichtig zu wissen, dass bei einer Kraterausdehnung von circa 83 km. 1Pixel des aufgenommenen Bildes 2400 Meter ausmachen. Die Messinstrumente machen’s. Wie präsentiert ihr euer Projekt? Jonathan: Der Krater ist jetzt im 3D-Format im dafür entwickelten

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Programm „3Dchimedes“ zu bestaunen. Wir haben ein schon bestehendes Programm modifiziert. Ich habe mich dafür bei Seminaren an der Uni Rostock in die Programmiersprache eingefuchst. Michael: Außerdem habe ich ein Modell gebaut - Mithilfe von 15 kg Gips, einer großen Holzplatte, Holzrundstäben und einigen Berechnungen inklusive eines 10-fachen Höhenmultiplikators steht Archimedes nun auch „live“ vor uns. Welche Bedeutung hat die von euch entwickelte Methode? Tony: Für die NASA ist diese Technik nicht von Bedeutung. Bilder werden nur aus dem Orbit aufgenommen - die Fehlerquelle Atmosphäre entfällt. Lasertechnologien sind in Planung. Interessant ist unsere

Technik für Hobbyastronomen, die eigene Daten auswerten wollen. Welche Bedeutung hat Jugend forscht für euch? Tony: Ich denke wir haben unglaublich viel gelernt. Wir durften ja so zu sagen „reicher Adel“ spielen- wir waren weder auf Geld, noch auf Ergebnisse angewiesen, hatten Freiraum. Ein Luxus, den eher wenige Forschungsprojekte genießen. Georg: Wir sind an der Forschungsarbeit gewachsen und sie öffnet uns viele Türen. Ich denke wir sind unseren Zukunftsplänen, die von Wirtschaftsinformatik über Physik bis zu Luft- und Raumfahrttechnik reichen, ein Stück näher gerückt. INTERVIEW: LAURA FREITAG

Die gesamte Arbeit kann unter www.scientia-magazin.de/mond abgerufen werden.


Inhalt Wissen

BoN APPETIT IM All Als wirklicher Leckerbissen ist Astronauten-Nahrung wahrlich nicht bekannt. Das typische Bild der Tube mit undefinierbarem Inhalt aber gehört längst der Vergangenheit an.

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b es Juri Gagarin wirklich geschmeckt hat, als er 1961 die erste Weltraum-Mahlzeit zu sich nahm, ist ungewiss. Fleisch und Kaviar hielten sich in der Anfangszeit der bemannten Raumfahrt allerdings nicht lange. Noch im selben Jahr ernährte sich German Titov aus Tuben, die ersten amerikanischen Leckerbissen waren gefriergetrocknete Würfel, die mit Wasser vermengt eine Art Püree ergaben. Eine Superpille mit allen nötigen Nährstoffen und Vitaminen, wie sie die Russen planten, gab es allerdings nie. Das Nahrungsangebot für Astronauten im Einsatz hat sich seit den 1960er-Jahren deutlich verbessert. Als erstes mussten die Tuben anderen Behältnissen weichen, aus denen mit Messer, Gabel und Löffel gegessen werden konnte. Um 1980 konnten Astronauten rund 200 verschiedene Nahrungsmittel zu sich nehmen, zu denen auch warme Mahlzeiten gehörten. Heute bietet die NASA noch rund 70 Speisen und 20 Getränke an. Am Boden gestalten Ernährungswissenschaftler diese Mahlzeiten peinlich genau nach den Bedürfnissen der Frauen und Männer im Weltraum. Vitamine und Mineralien müssen auch im Astronautenfutter ausreichend enthalten sein. Der Kaloriengehalt muss ebenfalls bedacht werden: Laut NASA benötigt eine Astronautin rund 1900 Kalorien, ein Astronaut dagegen 3200. Im Schnitt verzehren die Raumfahrer gut ein Kilo Nahrung am Tag. Der Blick aus dem Weltraum kann es ohne Probleme mit der Aussicht aus dem Küchenfenster aufnehmen. Ansonsten ist im Space Shuttle und auf der inter-

Zur Sicherheit steht‘s nochmal drauf: Diese Tube soll ein Apfel-Kirsch-Gemisch enthalten. Üblich waren solche Verpackungen in den 60er-Jahren. FOTO: ESA

nationalen Raumstation ISS Essen etwas ganz Normales. Dreimal am Tag nehmen die Astronauten Nahrung zu sich. Flüssig, cremig, pulverförmig und fest kommen Früchte, Nüsse, Erdnussbutter, Hühnchen, Rindfleisch, Fisch und sogar Süßigkeiten daher - Früchtepunsch, Kaffee, Tee, Limonade und Orangensaft bilden das Getränkeangebot. Ob es das Space-Essen mit den heimischen Speisen aufnehmen kann, ist aber fraglich. Bestes Beispiel zum Testen: Instant-Kartoffelbrei. Den bekommen wir mit diversen Gewürzen vielleicht noch halbwegs schmackhaft, im All ist das jedoch nicht ganz so einfach. Nachgesalzen wird mit einer Salzlösung, Pfeffer gibt es nur als Suspension in Öl – die kleinen Körner im Rohzustand wären in der Schwerelosigkeit kein Vergnügen. Instrumente könnten verstopfen, Salz und Pfeffer in die Augen der Astronauten geraten. Weit weniger gefährlich sind Senf, Ketchup und Mayonaise. Produzenten der Nahrungsmittel für den Weltraum sind Russland und die USA. Ab diesem Jahr verspricht auch deutsche Küche besondere Genüsse, zumindest auf der ISS. Luxus-Astrofood aus dem Schwarzwald soll den Speiseplan der Astronauten aufpeppen und deren Motivation steigern, so die europäische Raumfahrtbehörde ESA. Ab März diesen Jahres sollen die Konserven aus Baiersbronn die Mägen des Astronauten füllen. Das edle Menü startet mit einer Kartoffelsuppe mit Blutwurst, als Hauptgang gibt es geschmorte Kalbsbäckchen mit Bohnenpüree, als Nachtisch Zwetschgenkompott mit Sternanis. Auf einen edlen Tropfen müssen die Astronauten aber verzichten. Das strenge Alkoholverbot erlaubt nur Säfte, die gelangen als Pulver an Bord. Kalt gegessen werden muss im Übrigen nicht. An Bord gibt es einen Ofen, der im Space Shuttle der NASA auch Brownies auf MICHAEL SCHULTZ Temperatur bringt.

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ruNDuMBlICK Auf roSToCK Mit welchem wissenschaftlichen Potenzial Rostock aufwarten kann, will die Stadt im Jahr 2009 vor allem den eigenen Bürgern zeigen. Im Vordergrund steht ebenso die Vernetzung mit der Wirtschaft.

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ostock denkt 365 Grad. „Das ist ein wenig mehr als ein Rundumblick“, sagt Michael Lüdtke, Geschäftsführer des Vereins. Und dessen Name ist Programm. Er und seine Mitstreiter haben sich auf die Fahnen geschrieben, die Wissenschaftsregion Rostock voranzubringen, zu vernetzen und vor allem den Bürgern zugänglich zu machen. „Laut einer Umfrage wissen die meisten Rostocker gar nicht, wer hier woran forscht“, sagt Lüdtke. Dabei sind rund 5000 Menschen beruflich im Wissenschaftsbereich beschäftigt. Rostock hat noch immer eine Voll-Uni mit allen wissenschaftlichen Disziplinen. „Wissenschaft ist die Zukunft Rostocks.“ Die Idee und mit ihr der Verein ist zur Bewerbung um den Titel „Stadt der Wissenschaften“ entstanden. Zwar hat Rostock diesen Wettbewerb nicht gewonnen, doch der Verein zieht sein Vorhaben trotzdem

durch. „Die Wurzeln für neue Unternehmen liegen in der Forschung und Entwicklung“, begründet Lüdtke die Bedeutung für die Wirtschaft. Der Verein sieht sich durchaus auch als Lobby für die wissenschaftlichen Einrichtungen der Region. „Die Vernetzung mit Wirtschaft und Politik ist eines unserer wichtigsten Ziele“, sagt Lüdtke. Deswegen hat der Verein viele Partner mit im Boot. „Wir bringen den unternehmerischen Akzent in das Wissenschaftsjahr 2009 ein“, sagt Beate Lawa von der Marketing-Initiative Region Rostock. „Dabei greifen wir auf unser Netzwerk von Unternehmen zurück.“ Im Verein sind neben Lüdtke als hauptamtlichen Mitarbeiter rund 20 Ehrenamtler tätig. Die arbeiten trotz des schon begonnenen Wissenschaftsjahr 2009 immer noch in Houchtouren an den Veranstaltungen. Viele sind noch gar nicht fertig geplant. In dem Veran-

DIE WISSENSChAfTSWoChEN Gesellschaft im Wandel vom 11. bis 15. Mai mit Fokus auf den demografischen Wandel, den Ursachen und Wirkungen dieser Entwicklung. Das MaxPlanck-Institut in Rostock hat sich diesen Bereich der Wissenschaft zur Hauptaufgabe gemacht. Es gehört mit zum großen Netzwerk zum „Wissenschaftsjahr 2009“. Leben und Gesundheit vom 17. bis 22. Mai Partner dieser Wissenschaftswoche ist vor allem die Medizinische Fakultät der Universität Rostock. Nach ihrer 600-jährigen Geschichte widmet sie sich heute vor allem der regenerativen Medizin.

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Licht und Energie vom 30. August bis 4. September Feine Laserstrahlen lassen sich vor allem im Nano-Bereich nutzen, in dem Physiker und Katalyse-Forscher arbeiten. Bei dieser Wissenschaftswoche Ende August dreht sich alles um Licht und Energie – eine der Profillinien der Universität Rostock. Das Meer vom 21. bis 25. September Rostock ist eine Stadt am Meer. Kaum ein anderer Bereich bestimmt die regionale Wissenschaftsszene so sehr. Viele Forscher beschäftigen sich mit den Gefahren und Chancen. In der Wissenschaftswoche zum Meer teilen sie ihre Erkenntnisse mit.


FOTO: MATTHIAS BANNERT

Schmücken in der ganzen Stadt wissenschaftliche Einrichtungen: Die Rostock-denkt-365°-Bojen.

staltungskalender auf der Website des Vereins, kommen immer wieder neue Ereignisse dazu. Für die meist ehrenamtlichen Mitstreiter ist ein anderes Ziel ebenso wichtig: Den Bürgern zeigen, was Rostock wissenschaftlich zu bieten hat. „Wir sind eine Stadt, die sehr stark von Wissenschaft lebt“, sagt Viola von Oeyenhausen. „Deswegen haben wir uns zusammengetan, um zu zeigen, was die Stadt tut.“ Bei den Veranstaltungen, die über das ganze Jahr verteilt sind, soll vor allem auch der Spaß an Wissenschaft herüberkommen.

„Wir zeigen Wissenschaft an ganz ungewöhnlichen Orten zum Beispiel im Zirkuszelt oder in einem Einkaufscenter“, sagt Oeyenhausen. „Wir gehen auch raus aus der Innenstadt nach Toitenwinkel oder Schmarl.“ Klar, dass bei solch einem Großereignis auch wir als lokales Wissensmagazin am Start ist. Als offizieller Medienpartner werden wir über das ganze Jahr regelmäßig über die Aktionen im Wissenschaftsjahr 2009 in unserem Heft aber auch online unter www.scientiaMATTHIAS BANNERT magazin.de/365 berichten.

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Wachstum durch Wissenschaft Forschen und Studieren in Rostock.

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Wissensintensive Arbeitsplätze haben eine Schlüsselfunktion für Rostock. Im Verein [Rostock denkt 365°] engagieren sich daher Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur gemeinsam für einen dynamischen, kreativen und weltoffenen Forschungsstandort. Wissensbojen markieren die Leuchttürme der Rostocker Wissenschaft.

www.Rostock365.de UNIVERSITÄT ROSTOCK

Mit freundlicher Unterstützung von: OstseeSparkasse, Ostsee-Zeitung, Stadtwerke Rostock AG, WIRO Wohnen in Rostock.


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Inhalt

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600 KIloMETEr MIT EINEM lITEr SPrIT Studenten der Universität Rostock bauen einen echten Spritsparer. Damit wollen Sie unter die Top-30 beim diesjährigen Shell Eco Marathon.

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equem ist es in dem Auto der Studenten sicherlich nicht. Die Entwürfe von dem Auto, was derzeit schon gefertigt wird, zeigen: Der Fahrer muss liegend das leichtgewichtige Gefährt lenken. Die Spritersparnis 600 Kilometer sind bei einem Liter Verbrauch durchaus drin - machen alle Unbequemlichkeiten wieder wett. Doch die „Hanseatic Racing Organisation“, wie sich die Jung-Forscher nennen, geht es nicht um die Konstruktion eines neuen Gefährts für Autobahnen. Sie wollen an dem „Shell Eco-Marathon“ teilnehmen. Bei dem Wettbewerb geht es darum, mit einem Liter Sprit möglichst weit zu fahren. „Wir sind ein interdisziplinäres Studentenprojekt“, sagt Sebastian Döscher. Mit im Team sind Maschinenbau-Studenten und Wirtschaftswissenschaftler. Rekord: 3836 Kilometer mit einem Liter Sprit Der aktuelle Rekord liegt bei 3836 Kilometern. Hier kommt es natürlich auf jedes Gramm an, was eingespart werden kann. Die Uni Rostock ist Newcomer bei dem Rennen. Die 15 Studenten der „Hanseatic Racing Organisation“ errechnen ungefähr 600 Kilometer, die ihr Auto „Shark Byonx“ Fahrerin Anne Frehle oder Julia Osten tragen wird. „Damit gehören wir zu den Top 30“, sagt Erik Szymanski. Mehr als 3000 Studenten aus 20 Ländern wollen an dem Wettbewerb im Mai 2009 teilnehmen. Das Auto muss allerdings noch gebaut werden. Der Tank mit 100 Milliliter Volumen bringt Auto „Shark Byonx“ auf eine Geschwindigkeit von bis zu 35 Kilometern pro Stunde. Beim „Shell Eco-Marathon“ müssen

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sie 25 Kilometer in weniger als 50 Minuten zurücklegen. „Danach wird die Strecke bei einem Verbrauch von einem Liter Sprit hochgerechnet“, erklärt Student Sebastian Döscher. „Die Hülle ist in einer Diplomarbeit entstanden und einem Haifisch nachempfunden“, sagt Konstrukteur Mathias Schlepps. Daher habe das Auto auch seinen Namen. Um den Rollwiderstand möglichst gering zu halten, haben sich die Studenten für drei Räder am Gefährt entschieden. Diese und der Rest des Autos werden verkleidet, damit der Luftwiderstand möglichst gering


Die Haifischform senkt den Luftwiderstand: Die Hülle des Spritsparers entstand in einer Diplomarbeit. GRAFIKEN: HANSEATIC RACING ORGANISATION

ist. Die Fahrerin liegt auf einem Sandwich-Element. Von dort aus lenkt sie den „Shark Byonx“ ähnlich wie bei einem Fahrrad. Die Gesamtbreite des Fahrzeuges mit 1,25 Metern lässt nicht allzu viel Platz zu. Insgesamt ist das Spar-Auto 3,5 Meter lang und hat ein Gewicht von 30 Kilogramm. Die Leistung des nur 25 Kubikzentimeter großen Motors wurde gedrosselt. „Von Shell wird ein strenges Reglement vorgegeben“, sagt Erik Szymanski. Die Kettenzahnräder sind maßgeschneidert ebenso wie die Sitzschale. Hier und da gibt es bei der Konstruktion noch Hinweise von Professoren ihrer Fakultäten. Der „Hanseatic Racing Organisation“ fehlt es noch an der Finanzierung. Das innovative Auto schlägt mit

knapp 10 000 Euro zu Buche. Unterstützung erhalten sie beispielsweise von der Universität Rostock. Bei der Suche nach weiteren finanziellen und materiellen Sponsoren helfen auch ihre Professoren. „Es ist eine tolle Sache, dass sich Studenten so engagieren“, sagt Christoph Woernle von der Maschinenbau-Fakultät. „Das Ganze hat einen enormen Ausbildungseffekt.“ Kollege Horst Harndorf ergänzt: „Studenten setzen theoretische Kenntnisse praktisch um.“ Um das Projekt erfolgreich an die Startlinie zu bringen, werden noch immer Sponsoren benötigt. Interessenten, die den Haifisch unterstützen wollen, können sich unter eco-racer@uni-rostock.de melden. MATTHIAS BANNERT

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Serie

WIE BEKoMME ICh DIE KohlENSÄurE AuS MEINEM gETrÄNK?

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chütteln, umrühren, offen stehen lassen – diese drei Methoden zählen zu den beliebtesten Varianten, um den oft ungeliebten Sprudel aus Getränken auszutreiben. Aber, so viel sei schon mal verraten, es geht auch um einiges eleganter. Die wenigsten chemischen Reaktionen laufen nur in eine Richtung ab. In der Regel bestehen sie aus einem vor- und einem rückwärtsgerichteten Prozess. Dementsprechend sind sie umkehrbar, aus den Reaktionsprodukten können wieder Ausgangsstoffe gebildet werden. Voraussetzung für die Einstellung eines chemischen Gleichgewichts ist das geschlossene System, das heißt es findet zwar ein Energie-, aber kein Stoffaustausch mit der Umgebung statt. Wenn man nun Kohlenstoffdioxid unter hohem Druck in Wasser presst, wobei Kohlensäure entsteht, stellt sich so ein beschriebenes Gleichgewicht ein. Die Reaktion lautet folgendermaßen: CO2 + H2O => H2CO3 Ausgangsstoffe und Reaktionsprodukte liegen im Gleichgewicht mit identischer Konzentration vor. Die Lage des Gleichgewichts lässt sich aber durch gezieltes Einwirken verschieben. In unserem Fall bedeutet das, dass die Chancen, Kohlensäure aus Wasser zu entfernen, ziemlich gut stehen. CO2 und H2O sind Gase. H2CO3 ist ein Feststoff, das heißt, es wurde Kompressionsarbeit verrichtet. Durch Verringerung des Drucks, beispielsweise durch das Öffnen der Flasche, verlagert sich das Gleichgewicht auf Seiten der Ausgangs-

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SCIENTIA ErKlÄrT DIE WElT KOHLENSÄURE wird seit dem 18. Jahrhundert vielfältig verwendet. Johann Jacob Schweppe entwickelte damals ein Verfahren, mit dem sich Wasser mit Kohlensäure versetzen lässt. Schon bald war Kohlensäure ein fester Bestandteil von Mineralwasser, um es weniger verderblich zu machen. Heute findet die vielseitige Säure nicht nur in der Getränke- sondern z.B. auch in der Verpackungsindustrie zur Sterilmachung und in hunderten anderen Produktionsverfahren Verwendung.


H2COH3CO 2

H 2CO 3

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Ausgangstoffe ––> Reaktionsprodukte (Hinreaktion) Ausgangstoffe ––> Reaktionsprodukte (Rückreaktion) => Teilreaktionen des chemischen Gleichgewichts Ausgangstoffe <–> Reaktionsprodukte => Gesamtreaktion des chemischen Gleichgewichts. Weiterhin sind ist die Konzentration der Ausgangsstoffe mit der Konzentration der Endprodukte identisch. CGG(i) der AST = CGG(i) der RP

stoffe. Wasser und Kohlensäure liegen im Überschuss vor, Kohlensäure entweicht. Da dem Gleichgewicht nun CO2 entzogen wurde, findet eine Art Panikreaktion statt: das System wurde gestört, das Gleichgewicht verschiebt sich, um der Störung entgegen zu wirken, mehr CO2 wird nachgebildet, beim abermaligen Öffnen entweicht es… Das wird auch als Prinzip von Les Chatelier oder als Prinzip des kleinsten Zwangs bezeichnet. Beschleunigt werden kann die Abgabe von Kohlensäure dann bekanntermaßen durch eine mechanische Beschleunigung, dem Schütteln. In bergigen Regionen hilft mitunter auch der Abstieg ins Tal. Je niedriger der Luftdruck ist, desto langsamer entweicht der Sprudel. Die zweite Möglichkeit ist Wärme. Auch die Temperatur kann zu einer Verlagerung des Gleichgewichts führen. Die Rückbildung von H2CO3 zu CO2 und H2O ist endotherm, das System entzieht der Umgebung Energie. Wenn man nun eine Wasserflasche in der Sonne stehen lässt, wird dem System Energie zugeführt. Das System ist bestrebt diesem Zwang entgegen zu wirken und „nimmt sich“ die Energie aus der Umgebung, das heißt, die endotherme Reaktion, also die Bildung von Kohlenstoffdioxid, wird begünstigt. Damit verringert sich der Anteil an Kohlensäure. Dieses Prinzip nutzen Burgerbuden genau andersher-

um: Bleibt das Getränk schön kühl, hält sich trotz verringertem Druck und dem nicht mehr vorhandenem geschlossenen System im Pappbecher der Kohlensäuregehalt länger. Durch Kühlung des Wassers, wird das System gestört und versucht die Temperatur konstant zu halten. Die exotherme Reaktion wird begünstigt, da hierbei Energie frei wird, welche für eine Erwärmung des Wassers sorgt. Das Resultat: Dank der reichhaltigen Beigabe von Eiswürfeln müssen wir keine Angst haben, dass unser Wasser schon nach kurzer Zeit das Sprudeln aufgibt. Übrigens: Wem Schütteln und Aufwärmen zu lange dauert, der gibt einfach Salz in sein Getränk. Belohnt wird die Aktion mit viel Gesprudel und dem Entweichen eines guten Teils der Kohlensäure. Keine Angst – es muss nicht gleich der ganze Salzstreuer sein, denn schon vier bis sechs Salzkristalle reichen aus, um nach dem Prinzip des Löslichkeitsprodukts den Sprudelgehalt zu senken. Jede Flüssigkeit kann abhängig von der Temperatur nur eine bestimmte Menge an Ionen aufnehmen. Wird diese Menge überschritten, fallen die am schwersten löslichen Ionen aus – das C02 aus der Kohlensäure verdampft, weil die Ionen im Salz leichter löslich sind. Sie verdrängen die Ionen der Kohlensäure aus dem Wasser. MICHAEL SCHULTZ

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FOTO: MATTHIAS BANNERT

Das Auditorium der BALMUN-Veranstaltung 2008 zeigt in der Aula des Goethe-Gymnasiums rege Beteiligung.

WElTWEIT ErfolgrEIChES KoNZEPT Obwohl die Vereinigten Nationen (United Nations, UN) weltweit bekannt sind, ist deren Simulation durch junge Menschen weitgehend unbekannt. In Rostock startet die Veranstaltung im Juni.

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UN lädt ein zum diskutieren, debattieren und nachdenken. In den Schulen finden sich interessiere Schüler zu Delegationen zusammen. Sie entscheiden, welches Land, und damit auch welches Standpunkt sie vertreten. Dabei wird niemals das eigentliche Herkunftsland vertreten. Während der Verhandlungen geht dann jeder Schüler der Delegation in ein Komitee, die sich unter anderem mit der Thematik Menschenrechten, Abrüstungspolitik oder Umweltproblemen beschäftigen. Die Jugendlichen haben ganz unterschiedliche Motivationen, bei Model United Nations teilzunehmen. Zum einem zählen politisches, gesellschaftliches und soziales Engagement und Interesse dazu. Aber ebenso gleichwertig sind Persönlichkeitsentfaltung und auch sprachliche und kommunikative Entwicklung. Einige schätzen aber auch die Diplomatie, denn nicht nur „Dress code“ und Englisch sind Pflicht, sondern auch das Bitten um Redeerlaubnis. Doch wer glaubt, das Ganze sei staubtro-

cken, der irrt. Selbstverständlich kommt auch der Spaß nicht zu kurz. So gibt es zum Beispiel eine Party zu Ende der Verhandlungen. Kleines Extra: Wer zu spät kommt, darf für seine Mitstreiter singen. In Deutschland spielen vor allem BerMUN (Berlin), OlMUN (Oldenburg) und das diesjährig erfolgreich gestartete BalMUN (Rostock), sowie einige andere Konferenzen für Schüler, aber auch diverse Projekte für Studenten, eine Rolle. International besuchen jährlich 3000 junge Menschen die Konferenzen in Den Haag, die neben der New Yorker Version als einzige sogar von der UN anerkannt werden. Vom 11. bis 14. Juni ist Rostock wie schon 2008 Ausrichtungsort für die BalMUN. Im Goethe-Gymnasium tagen Jugendliche von 14-20 Jahren zu UN-typischen Themen. Neben dem Interesse an Politik verbindet sie vor allem die gemeinsame Arbeit. Alle Informationen zur Veranstaltung finden sich unter www.balmun.de CHRISTINE RUPPERT

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