RUM – RHUM – RON
ALAM BIC
B O O KS 1
UMSCHLAGFOTO: Jamaika um 1880. (Bridgeman Images) Jahrhundertelang wurden fĂźr die harte Zuckerproduktion Menschen aus Afrika in die Karibik verschleppt und versklavt. Dieses Buch widmen wir ihnen. 2
RUM – RHUM – RON PASCAL KÄHLIN MIT SINA BÜHLER
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INHALT
11 15 29 41 49 60 63 71 72 74 76 77 79 82 83 87 100 109 115 122 124 126 4
Zucker Rum Barbados Trinidad und Tobago Jamaika St. Lucia Grenada Antigua British Virgin Islands (Tortola) U. S. Virgin Islands (St. Croix) Anguilla Bermuda Kuba Dominikanische Republik Haiti Martinique Guadeloupe Marie-Galante Guyana Franzรถsisch-Guyana Brasilien Peru
128 129 132 134 135 138 141 146 147 151 158 162 164 165 166 169 170 171 174 177 182
Kolumbien Venezuela Panama Costa Rica Nicaragua Guatemala Mexiko Madagaskar La RĂŠunion Mauritius Philippinen Japan Nepal Indien Indonesien Australien Fidschi USA Spanien Portugal Schweiz 5
Pressen von Zuckerrohr in Mexiko (Foto: Carlos R. Cervantes) 6
EINLEITUNG
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«Bagasse» – ausgepresstes Zuckerrohr, Grenada 8
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Das Zuckerrohr wird angeliefert, Marie-Galante 10
ZUCKER 325 Jahre vor Christus stiess ein General der Armee Alexanders des Grossen in Indien auf eine Pflanze, die «Honig ohne die Hilfe von Bienen» herstelle, wie er mit Verwunderung beschrieb. Es war Zuckerrohr. Vermutlich war die Pflanze aus Neuguinea gekommen, wo das Riesengras schon länger angebaut worden war. Im sechsten Jahrhundert kam es bis nach Europa: Die arabisch-maurische Expansion brachte es auf die Iberische Halbinsel – es heisst: «Der Zucker folgte dem Koran.» Damals war Zucker ein neues, völlig anderes Gewürz. Man nutzte ihn nicht nur, um Gebäck zu süssen, sondern auch, um Suppen und Fleisch zu würzen. Und er war teuer: 1319 kostete er in England «two shilling a pound» – heute wären das umgerechnet 130 Franken pro Kilo. Das Mittelmeerklima eignete sich allerdings nur bedingt für den Anbau – die afrikanische Nordküste war zu heiss und zu trocken, die Winter in Europa zu frostig. Für die Arbeit, die auf Kreta, Sizilien und Zypern in den Anbau gesteckt werden musste, war die Ernte zu gering. Also reiste die Pflanze weiter. 1425 gab Heinrich der Seefahrer, der Schirmherr der portugiesischen Entdeckungsreisen, seiner Besatzung sizilianische Zuckerpflanzen mit, um diese auf dem kurz zuvor besiedelten Madeira anzupflanzen. Dort war die Ernte bald riesig, sodass auch die Spanier auf den Geschmack kamen und dasselbe auf der Kanarischen Insel Gomera versuchten. Raffiniert wurde damals ausschliesslich auf dem Festland. Schliesslich sollte so viel Gewinn wie möglich in die Taschen der Städte fliessen. Beispielsweise nach Venedig, das schon im 13. Jahrhundert zusammen mit Anvers und Brügge ein Monopol auf den Zuckerhandel hatte. Oder nach Genua, wo auch der bekannteste Sohn der Stadt damit in Kontakt kam: Die Familie von Christoph Kolumbus’ erster Frau war damit reich geworden. Als er im 11
Auftrag von Spanien in die Neue Welt aufbrach, hatte er bereits Erfahrung im Zuckerhandel zwischen Madeira und Genua. Kolumbus packte also auf den Kanaren einige Schösslinge ein und brachte sie auf seiner zweiten Reise in die Karibik. Hispaniola – die Insel auf der heute die Dominikanische Republik und Haiti liegen – sei dafür ideal, befand Kolumbus, der Zuckerexperte. Tatsächlich brauchte das Rohr nicht mehr als sieben Tage, um im Boden zu wurzeln und in die Höhe zu schiessen. Die tropische Pflanze gedieh so prächtig, dass bald eine richtige Industrie darum entstand. Schnell gab es allein in Hispaniola hundert Fabriken. Allerdings dauerte das nicht lang: Schon 1600 waren es nur noch elf. Statt auf Plantagen zu schwitzen, stürzten sich die spanischen Abenteurer lieber auf die wertvollen Metalle, die sie auf dem amerikanischen Festland in Fülle fanden. Die Handelsmonopole, staatlichen Eingriffe und hohen Zölle in Spanien taten den Rest, um das Wachstum der Zuckerindustrie zu behindern. So sollte Zucker das Erfolgserlebnis der anderen grossen Seefahrernation werden: Die Portugiesen hatten inzwischen nicht nur Madeira, sondern auch die Inseln Sao Tomé und Príncipe mit Zucker bepflanzt. Schnell stieg Portugal damit zum grössten Produzenten der Welt auf. Als 1500 die neue Kolonie Brasilien dazukam, brauchten die Portugiesen knapp 20 Jahre, um ihr Zuckerimperium auf kaum vorstellbare Dimensionen auszubauen. Brasilien war bald die reichste Kolonie der Welt. Das brachte die Niederlande auf den Plan, inzwischen die grösste Handels- und Bankenmacht in Europa. Mehrere Jahre lang schafften die Holländer es, kurzzeitig ein paar Küstenorte in Bahia unter Kontrolle zu bringen, 1630 eroberten sie etwas weiter nördlich die ganze Provinz um die heutige Stadt Recife. Weil der Gouverneur von Niederländisch-Brasilien die Religionsfreiheit in der Kolonie eingeführt hatte, liess sich dort bald eine grosse Zahl holländischer Juden nieder. Der Konflikt hatte die Zuckerindustrie nur kurze Zeit zum Erlahmen gebracht. Rasch 12
brachten die Holländer die Produktion wieder auf Kurs, die Exportmenge stieg dank ihrer Handelsschiffe stark. Die Kooperation zwischen calvinistischen Holländern und den ansässigen portugiesischen Plantagenbesitzern klappte allerdings nur halb. Einige schlechte Ernten, die vermutlich den inzwischen ausgelaugten Böden geschuldet waren, brachten die Holländer dazu, Mitte des 17. Jahrhunderts in die Karibik zu expandieren. Als die niederländischen Truppen 1654 die Schlacht von Guararapes verloren, wurden viele vertrieben. Die Zuckerproduktion zog den Dreieckshandel mit sich: Schiffe aus Europa fuhren mit Stoffen, Waffen, Metall- und Glaswaren nach Afrika, wo man diese Waren gegen Sklaven eintauschte. Die Europäer segelten weiter über den Atlantik, verkauften die Sklaven an Plantagenbesitzer und machten sich mit den Produkten und Rohstoffen – unter anderem eben mit Zucker – zurück auf den Weg nach Europa. In Europa wurde gleichzeitig ein Zuckerersatz gesucht, eine Pflanze, die auch in den kühleren Regionen wachsen würde. Zwar hatte Olivier de Serres den süssen Geschmack einer bis anhin kaum beachteten Rübe – der Zuckerrübe – bereits 1590 entdeckt. Bis allerdings daraus Zucker gewonnen werden konnte, sollten noch einmal fast zwei Jahrhunderte vergehen. 1747 schaffte dies Andreas Sigismund Marggraf als Erster. Heute wird Zucker in 130 Ländern produziert – mit einem Anteil von zwanzig Prozent aus der Rübe, die primär im Norden angebaut wird. Den Grossteil macht aber weiterhin Zuckerrohr aus dem Süden aus, die grössten Produzenten sind Brasilien (fast 40 Prozent der weltweiten Exporte), Thailand und Indien. Was sich ebenfalls nicht geändert hat: Der Handel läuft auch heute über Europa, 50 Prozent des Transithandels gehen über Schweizer Firmen. 13
RUM Frisch gebrannter Rum, Martinique 14
So wie Zucker dem Koran gefolgt sein soll, folgte Rum dem Zucker. Bald schon bildete die Zuckerindustrie der Karibik die Grundlage für die Rumproduktion, deren Ausgangsprodukt immer Zuckerrohr sein muss. Eine entscheidende Rolle in seiner Entstehungsgeschichte spielt ein heute fast in Vergessenheit geratener Schnaps – Arrack (s. Seite 156) Er gilt als eine der ältesten Spirituosen der Welt und genoss einst hohes Ansehen. Marco Polo erzählt in seinem Reisebericht «Il Milione», der Anfang des 14. Jahrhunderts erschien, zum ersten Mal davon. Vermutlich waren es dann Genueser Kaufleute, die ihn nach Europa brachten. Bald versuchten sie dort, den importierten und enorm beliebten asiatische Arrack mit lokalen Rohstoffen zu imitieren. Besonders gut und ergiebig gelang dies mit Zuckerrohr, das erst einige Jahre zuvor auf den neuen Besitztümern Portugals angepflanzt worden war. Die frühesten Spirituosen in Europa, die aus Zuckerrohr gebrannt wurden – und aus heutiger Sicht «Rum» waren, sind vermutlich auf den Kanarischen Inseln oder Madeira entstanden. Es ist gut möglich, dass die Portugiesen die Technologie der Rumherstellung nach Brasilien mitnahmen, das ihnen 1494 (Seite 120) zugesprochen wurde. Sie nannten das Getränk, so wie es heute noch heisst – Cachaça. Es gibt aber auch die These, dass die Ehre den Holländern gebührt, die sich 1629 in der Nähe des heutigen Recife niedergelassen hatten. Jedenfalls soll die früheste nachgewiesene Rumproduktion im grösseren Stil um 1640 in Niederländisch-Brasilien entstanden sein, vermutlich aus Zuckerrohrsaft. Gross wurde das Getränk aber erst in Barbados (s. Seite 29). Rum wurde dort nämlich aus Melasse produziert, einem dicken, klebrigen, schwarzbraunen Sirup, der bei der Zuckerherstellung zurückbleibt. Sie wird mit Wasser verdünnt, mit Hefe angereichert und dann vergärt. Die Plantagenbesitzer hatten gemerkt, dass sie mit dem Abfall des ohnehin schon ungeheuer einträglichen Zuckergeschäfts noch mehr verdienen konnten, indem sie daraus billigsten Alkohol für die Ärmsten und die Sklaven herstellten. Rum war definitiv in der Welt angekommen. In den Anfangszeiten der Rumherstellung war von fassgelagerten Edelspirituosen natürlich noch keine Rede. Rum wurde nur ge15
lagert, wenn er nicht sofort verscherbelt werden konnte. Sehr lange galt er als Sklaven-, Piraten- und Arme-Leute-Getränk. Seine alten Namen wie «Rumbullion» (Aufruhr, Tumult) oder «Kill Devil» (weil er so stark war) lassen seinen damaligen Stellenwert erkennen. Auch bei der britischen Royal Navy, wo er auf Druck der westindischen Plantagenbesitzer das bisher gereichte Bier ersetzte, war das Getränk vorerst den einfachen Matrosen vorbehalten. Die höheren Ränge tranken weiterhin spanischen Brandy. Die Navy half mit ihrem immensen Konsum bei der Verbreitung dieser Spirituose tatkräftig mit. Pro Tag erhielt jeder Matrose «half a pint» (ca. 2,84 dl). Ab 1740 wurde dieser gute Viertelliter auf Anregung von Admiral Vernon in zwei Rationen aufgeteilt, mit Wasser verdünnt und mit Zitronensaft angereichert. Er galt deshalb als Erfinder des Grog (s. Seite 194), neben dem Punsch und dem Julep einer der ältesten Cocktails der Welt. Bei der Destillation gibt es unzählige technische Möglichkeiten, die unterschiedliche Rum-Stile ergeben können. Den gewichtigsten Anteil daran trägt das Destillationsgerät, von dem es grundsätzlich zwei verschiedene Arten gibt. Die ursprüngliche Form ist der Alambic, wie er seit dem Mittelalter besteht. Es handelt sich um eine diskontinuierliche Brennanlage, die heute meist «pot still» genannt wird. Dafür wird in einen grossen Kessel das Brenngut (Maische) eingefüllt, erhitzt und destilliert. Ist der Brennvorgang zu Ende ,muss der Kessel geleert werden, um ihn danach wieder zu befüllen und neu zu erhitzen. Diese aufwendige Technik ergibt sehr gehaltvolle Destillate. Die zweite Form ist die nach Aeneas Coffey benannte kontinuierliche Kolonnenanlage – der «Coffey still» oder heute öfters «column still». Es gibt davon unzählige Formen und Abwandlungen. Das Grundprinzip besteht darin, dass in einer grossen Kolonne, die über verschiedene sogenannte Glockenböden verfügt, oben die Maische eingelassen wird und unten der Dampf. Auf den einzelnen Böden kondensiert Alkohol verschiedener Volumenstärke. Er wird dort abgezogen, wo die gewünschte Stärke vorhanden ist. Bei diesem System kann ohne Unterbruch gebrannt werden, was Personal und Kosten spart. Mit 16
Eine stillgelegte Kolonne, Martinique 17
Ein Pot Still in Jamaica (Foto: Worthy Park) 18
einer Kolonne wird Alkohol sehr volumenstark gebrannt, ist sauberer und meist weniger aromatisch. Den fertigen weissen Rum belassen die Produzenten hochprozentig («overproof») oder verdünnen ihn mit Wasser auf Trinkstärke. Zum Teil wird er über Jahre in Chromstahltanks gelagert, zum Teil durch Aktivkohle filtriert. Damit ein dunkler, gereifter Rum entsteht, wird der weisse Rum in Fässern gelagert. Die Lagerung kann in kühlen Kellern oder in heissen Blechschuppen stattfinden, in der Karibik oder in Europa, in kleinen oder grossen Fässern. Verwendet werden meist ausgediente amerikanische Bourbonfässer, der Experimentierlust sind hier aber keine Grenzen gesetzt. Es können ebenso Port-, Sherry-, Cognac-, Wein- oder neu angefertigte Fässer zum Einsatz kommen. Der «Blender» wählt dann aus den unterschiedlichsten Fässern die besten Kombinationen aus und kreiert so einen dunklen, gereiften Rum. Wird ein besonders gutes Fass separat in Flaschen gefüllt, spricht man von der Einzelfass- oder Single-Cask-Abfüllung. Heute gibt es relativ viele unabhängige Abfüller, die einzelne Fässer kaufen und den Rum mit einem eigenen Etikett auf den Markt bringen. Immer mehr kommt bei der Lagerung aber das wirtschaftlichere Solera-System zum Einsatz, das aus der Sherry-Produktion stammt. Dabei baut man eine Fässerpyramide und zieht jeweils aus der untersten Reihe einen Teil des Inhalts für den Verkauf ab. Daraufhin füllt man von der oberen Reihe nach unten wieder mit jüngerem Rum auf. Das heisst: Steht auf einer Flasche «Solera 23», bedeutet dies eigentlich nur, dass der kleinste darin enthaltene Anteil mindestens 23 Jahre alt ist, der grösste Teil ist jedoch bedeutend jünger. Traditionell kommen auf den spanischsprachigen Inseln der Karibik eher leichte («light body») Rums vor. Allen voran in Kuba, wo dieser Stil von Facundo Bacardí erfunden wurde. Mild und fruchtig wird der Rum unter anderem wegen einer Aktivkohle-Filtration, die er nach der Destillation durchläuft. Hier wird hauptsächlich mit kontinuierlichen Brennanlagen, sprich «column still», gearbeitet. Barbados, die zweite grosse Zuckerinsel nach Kuba, steht hingegen für den englischen «medium body»-Stil. Meist wird dafür Rum aus 19
Pot Stills und solcher aus Column Stills gemischt. Die schwersten Rums der Welt produzieren noch immer Jamaika, die dritte grosse Zuckerinsel, und Guyana. Hier gab es einst über 150 Zuckerrohrplantagen und ebenso viele Brennereien. Es sind oft reine Pot-Still-Brände, die einen «heavy body»-Rum ergeben, der vor allem für den britischen Navy-Stil von grosser Bedeutung ist. Die spanischsprachigen Länder in Lateinamerika belassen den Rum etwas schwerer und meist sehr süss. Für die Lagerung bevorzugen sie das Solera-System. Sie haben die kürzeste Tradition bei der Rumherstellung und dadurch einen modernen Stil geprägt, der in den letzten Jahren sehr erfolgreich geworden ist. Hier wird dem fertig gebrannten Rum oft noch eine bedeutende Menge Zucker beigegeben, was ihn runder und leichter trinkbar macht. Zugefügter Zucker verdeckt aber leider auch immer etwas vom echten Aroma. Auf den französischsprachigen Inseln sowie in Brasilien und einigen wenigen anderen Brennereien wird der Rum hingegen nicht aus Melasse, sondern direkt aus dem Zuckerrohrsaft destilliert. Dies nennt sich dann Rhum agricole oder in Brasilien Cachaça. Im Geschmack ist der weisse Rhum agricole meist etwas schärfer und vegetabiler als der süssere Melasse-Rum. Gereift ergibt er wunderbare, sehr charaktervolle Getränke; der weisse Rum eignet sich perfekt für einen «Ti Punch» (Seite 176). Immer öfter wird heute aber weder aus Melasse noch aus Zuckerrohrsaft gebrannt, sondern aus Zuckersirup. In der Regel ist dies nichts anderes als aufgekochter Zuckerrohrsaft. Dadurch wird er haltbar gemacht und die Brennerei ist nicht mehr an Saisons gebunden. Frischer Zuckerrohrsaft vergärt nämlich sehr schnell und muss in kurzer Zeit verarbeitet werden. Wird Sirup als Zuckerrohrsaft bezeichnet, ist das allerdings beschönigt. Es handelt sich eher um eine leichte Melasse oder die sogenannte «first molasses». Die verschiedenen Rum-Stile zu ordnen, ist nicht ganz einfach. In älteren Büchern ist meist von «light body», «medium body» und «heavy body» die Rede, an anderer Stelle von spanischem, französischem oder britischem Stil. Bei der länderspezifischen Klassifizierung kann sehr vereinfacht gesagt werden, dass 20
sich der spanische Ron am Brandy orientiert (eher leicht, süsslich, geradlinige Aromatik), der französische Rhum am Cognac (eher schwer, komplexe Aromatik) und der britische Rum am Whisky (schwer, kräftig, fassbetont). Wie überall gibt es natürlich bei jeder Form der Klassifizierung Ausnahmen – oder Rum, der sich nirgends so richtig einordnen lässt. Zum Verständnis: Alkohol wird durch mehrfache Destillation «sauberer» und erhält damit eine Textur, die sich leichter anfühlt. So ist beispielsweise Wodka ein sehr sauberer Alkohol. Meistens werden leichtere Rumsorten in kontinuierlich arbeitenden Kolonnenapparaten (Column Still) hergestellt – je sauberer der Alkohol, desto weniger aromatisch ist der Rum. Schwere Rumsorten werden typischerweise in diskontinuierlichen Brennblasen (Pot Still) hergestellt. Sie enthalten noch gewisse Anteile an Fuselölen, Aromen und neben Ethanol weitere Alkohole und haben zum Teil eine beinahe ölige Textur. Schottische Single-Malt-Whiskys werden ausschliesslich auf Pot Still-Geräten gebrannt. Die mittelschweren Rums sind oft Mischungen aus Pot Still- und Column Still-Bränden. Die Rums werden mithilfe der Schwere, der Süsse, des Ausgangsmaterials und der Art des Destillationsgerätes sortiert. Schwere und Süsse in einer Skala von 1 bis 5: = Leicht; = Sehr schwer = Nicht süss; = Sehr süss Ausgangsmaterial: = Melasse, = Zuckerrohrsaft, = Zuckerrohrsirup Destillationsgerät: = Pot Still, = Column Still yo: Jahre im Fass
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West Indies Rum Distillery, Barbados (Foto: Stefan Kerner) 28
BARBADOS Diese flache Koralleninsel – eine der wenigen in der Karibik, die nicht vulkanischen Ursprungs ist – betitelt sich selbst als Geburtsort des Rums. Die Portugiesen landeten 1536 auf der menschenleeren Insel, als sie auf dem Weg nach Brasilien waren. Sie nannten sie «Los Barbudos», nach den dort verbreiteten Banyan-Feigenbäumen, deren gigantische Luftwurzeln wie Bärte aussehen. Zuvor waren die Ureinwohner, die Siboneys von den Arawak vertrieben worden, diese waren wiederum den kriegerischen Kariben gewichen, welche die Insel später aber wieder verliessen. Nachdem auch die Portugiesen weitergezogen waren, erschien 1627 der Engländer Sir William Curteen mit einer Handvoll Siedler, um die Insel wieder zu beleben. Zuerst bauten sie nach dem Vorbild der englischen Kolonie Virginia Tabak an. Allerdings passte dies der Konkurrenz, den nordamerikanischen Kolonien, überhaupt nicht. Sie setzten London unter Druck, woraufhin Barbados-Tabak mit massiven Steuern belegt wurde. In der Not stiegen die Siedler auf Zuckerrohr um. Sie sollten damit so viel Erfolg haben, dass Barbados bald «Little England» genannt wurde. Die wenigen Familien, die sich in Barbados das Zuckergeschäft aufteilten, die sogenannten «sugar barons», kamen in kurzer Zeit zu enormem Reichtum. Schon bald einmal verdünnten sie die Abfallmelasse mit Wasser, fermentierten sie und destillierten sie zu Rum. Der nun «Kill Devil» genannte Alkohol wurde vor allem von Sklaven und armen Weissen getrunken. Die vermögenden Engländer tranken damals noch Brandy und Madeira-Wein. Die einzige Form, in der diese höheren Stände das raue Sklavengetränk zu sich nahmen, war der Punsch. Dazu schrieb der Schweizer Arzt Felix Christian Spöri im Jahr 1661: «One takes a basin of water and sweetens it with sugar, then lemon juice, and finally the above-mentioned Kill-Devil or Brandy» – man nehme eine Schale Wasser und süsse es mit Zucker, Zitronensaft und schliesslich dem erwähnten Kill-Devil oder Brandy. Den Sklaven und Arbeitern wurde Rum auch als Medizin gegen «Schwäche und Zerfall in Geist oder Körper» verabreicht, so der Autor und Zeitzeuge Richard Ligon. 29
Auch der Name Rum könnte in Barbados entstanden sein. Das Connecticut House of Assembly nennt die Brände 1657 in einem Gesetz zu deren Konfiszierung «whatsoever Barbados liquors, commonly called Rum, Killdevil, or the like». Im 1639 erschienenen Buch «The Distiller of London» findet man das Rezept für «Barbados Water», ein Gemisch aus verschiedenen Gewürzen, Alkohol und Zucker. Mit viel Fantasie kann man diese Spirituose als Vorfahre des Rums sehen, obwohl vermutlich zu dieser Zeit in Brasilien bereits eine Spirituose gebrannt wurde, die dem Rum einiges näher war. Heute produziert Barbados mit modernen Kolonnenanlagen und traditionellen Pot Stills den klassischen englischen «medium body»-Stil, der sehr ausgewogen und elegant ist. R. L. Seale & Co. Ltd. Dies ist einer der letzten Rumbetriebe, die sich ganz in den Händen eines Barbadiers befinden – und zwar in vierter Generation. Gebrannt wird in der Foursquare Distillery auf Kolonnenapparaten und Pot Stills – wie es für Barbados typisch ist. Die Destillerie wurde im 17. Jahrhundert gegründet und ging später in den Besitz von R. L. Seale & Co. über. 1996 wurde sie komplett renoviert und damit eine der modernsten Brennereien der Karibik. Heute leiten Sir David Seale und sein Sohn Richard die Brennerei. Richard Seale ist gleichzeitig der Master Distiller, und geniesst in der Rum-Community grössten Respekt. Er gilt als einer der führenden Köpfe einer Bewegung, die sich dafür einsetzt, Rum ehrlich und ohne jeden Zusatzstoff oder Zuckerzusatz zu produzieren. Doorly’s XO / / / & Der Name dieses Rums geht zurück auf die Familie Doorly. Die Kaufleute aus Bridgetown kauften verschiedene Rums, verschnitten sie und setzten ihr eigenes 30
Etikett auf die Flasche. In Whisky- und abschliessend Oloroso-Sherry-Fässern gelagert. Ausgewogener, süsslicher «medium body»-Rum mit Charakter. Real McCoy 12 years / / / & Dieser Rum hat in vielerlei Hinsicht eine spannende Geschichte. Der Name bezieht sich auf Bill McCoy. Im Januar 1920, kurz nach Inkrafttreten der Prohibition, war er einer der Ersten, die mit einem «rum runner» genannten Schiff in die Karibik fuhren. Er befüllte dieses komplett mit Alkohol und fuhr damit zurück nach New York, um drei Seemeilen vor der Küste zu ankern. Dort befand er sich in internationalen Gewässern und konnte eine Art schwimmendes Spirituosengeschäft betreiben. Viele machten es ihm nach – doch die meisten verschnitten ihren Alkohol mit allem Möglichen. McCoy war dafür bekannt, sehr guten, unverschnittenen Stoff zu haben, weshalb sich bald der Begriff «the real McCoy» für besonders gute Spirituosen durchsetzte. Beinahe hundert Jahre später macht sich Bailey Pryor daran, einen Dokumentarfilm über Bill McCoy für das US-amerikanische Fernsehen zu produzieren. Bei seinen Recherchen auf Barbados stieg seine Faszination für Rum. Er fand in Richard Seale den perfekten Partner, um einen Rum herzustellen, wie er in der Prohibitionszeit gewesen sein soll. Der Dokumentarfilm gewann fünf Emmy Awards, der Rum zahlreiche Auszeichnungen. Und Bailey Pryor ist heute mehr im Rum, denn im Filmbusiness zu Hause. Der 12-jährige Rum ist wunderschön ausgewogen mit einer sehr angenehmen Süsse. Ein perfektes Beispiel für einen sehr gut gemachten «medium body»-Rum. R. L. Seale’s 10 yo / / / & Dieser Rum kommt in einer etwas speziellen Flasche daher. Sie soll an die Lederflaschen erinnern, welche die Matrosen früher bei sich trugen. In erster Linie ist es aber ein sehr gelungener, ausgewogener Rum, der aufzeigt, was gutes «blenden» bedeutet. Die Mischung machts – und darin ist Richard Seale ein Meister. 31
Kolonne- und Pot Still Rum verschiedenen Alters, in Ex-Bourbon- Madeira- und Cognac-Fässern gelagert, kommt hier zur Anwendung. W. I. R. D. In der West Indies Rum Distillery wird unter anderem der weltberühmte Malibu hergestellt. Trotzdem ist W. I. R. D. auch imstande, extrem anspruchsvolle, schwere Rums zu produzieren. Die im Volksmund Black Rock Distillery genannte Brennerei besitzt neben zwei Vierer-Kolonnen auch noch zwei alte Pot Stills. Von diesen stammen die schweren, charaktervollen Destillate. Sie war im Jahr 1893 die erste Destillerie in Barbados, die sich eine Kolonnenanlage anschaffte. W.I.R.D. wurde im Frühling 2017 vom französischen Cognac-Produzenten Maison Ferrand aufgekauft. Dieser betreibt neben seinem Cognac-Geschäft auch die Rumlinie Plantation. Mit dem Kauf ging auch W.I.R.D.s Drittel der National Rums of Jamaica (NRJ) an Maison Ferrand. (mehr dazu s. Seite 50). Cockspur V. S. O. R. / / / & Dieser Rum wurde 1984 lanciert und trägt noch immer denselben Namen. Das Kürzel steht für «very special old reserve» und ist ein vollkommen klassischer Barbados-Rum. Das bedeutet: Er ist ein «blend» von Melasse-Rum aus den Kolonnen- und den Pot-Still-Anlagen. Der grössere Anteil davon lag länger als zwölf Jahre in ehemaligen Bourbon-Fässern. Barbados 2000 17 yo / Cave Guildive / / / Vom Schweizer «bottler» Cave Guildive stammt diese Einzelfassabfüllung eines schweren, reinen Pot-Still-Rums. Die letzten zwei Jahre seiner Reifung fanden in Zürich statt. Hier wird die komplette Bandbreite aufgezeigt, zu der ein guter 32
Pot-Still-Rum fähig ist: die ganze Süsse, die Melasse hergeben kann, gepaart mit einer unglaublichen Wucht an Frucht-, Tee- und Nussaromen. Mount Gay Rum Distillery Im Jahr 1663 sollen Abel und William Gay das St. Lucy Estate im Norden von Barbados erworben haben, wo auch eine kleine Brennblase stand. Das ist unbelegt. Der erste wirkliche Beweis hingegen, dass auf dieser Plantage Rum gebrannt wurde, ist eine Verkaufsurkunde aus dem Jahr 1703. Doch selbst dann ist die Rumbrennerei noch berechtigt, sich die «älteste der Welt» zu nennen, die durchgehend produziert hat. Zu Beginn brannten hier verschiedene Produzenten, bis Anfang des 18. Jahrhunderts William Sandiford mehrere Plantagen kaufte und sie zur Plantage Mount Gilboa zusammenfasste. 1747 verkaufte er die Ländereien und die Anlagen an John Sober, dessen Freund und Vertrauter Sir John Gay Alleyne die Verwaltung der Plantage übernahm. Zu seinen Ehren soll sie, nach seinem Tod 1801, in Mount Gay umbenannt worden sein, da Mount Alleyne schon vergeben war. Ob es Zufall ist, dass die ersten Besitzer ebenfalls Gay hiessen, oder eher die wechselnden Marketingabteilungen der Besitzer, welche die Historie zum Teil gern etwas umschreiben, sei dahingestellt. Anfang des 20.Jahrhunderts erwarb Aubrey Ward, der über 90 Kinder gehabt haben soll, die Destillerie. Mit ihm kam sie zu ihrem grossen Renommee, das sie bis heute geniesst. Sein Sohn, Darnley DaCosta Ward, führte das Unternehmen bis zu seinem Tod im Jahr 1989 erfolgreich weiter. Noch im selben Jahr verkaufte die Familie Ward die Firma und damit die Markenrechte an den Rémy-Cointreau-Konzern. Und plötzlich trank sogar James Bond Mount-GayRum. 2014 gab es einige Verwirrung um Mount Gay: Die Destillerie befand sich in finanzieller Schieflage und soll geschlossen worden sein, 33
was Rémy Cointreau in Verlegenheit brachte. Schliesslich basierte das ganze Image der Marke auf der Legende, die «älteste Brennerei der Welt» zu sein. Wobei sie ohnehin nicht Rémy Cointreau gehörte: Der Konzern hatte nämlich nur die Firma und die Markenrechte gekauft, nicht aber die Brennerei selber. Rémy Cointreau vermeldete nun, es sei die Mount Gay Rum Refinery geschlossen worden. Eine Schwesterbrennerei, die zwar Rum für Mount Gay herstellte, aber auch den damals neuen Mount Gilboa. Rémy Cointreau kaufte darauf auch diese Teile der Firma und kontrolliert nun die Produktion selber. In der Zwischenzeit kamen sogar noch Plantagen in der Gegend dazu. Mount Gay Eclipse / / / & Das Zugpferd des Betriebs. Verschnitt von zirka zwei Jahre altem Rum aus beiden Anlagen. Gut ausbalancierter «medium body»-Rum. Eine Referenz für diesen Stil. Mount Gay XO / / / & Die etwas schwerere und süssere Variante. Verschnitt von sieben- bis zehnjährigen Rums, die zum grösseren Teil von der Pot-Still-Anlage stammen. Mount Gilboa / / / Frank Ward, ein Nachkomme des oben genannten Aubrey Ward, versuchte, mit diesem Rum einen etwas gehaltvolleren Mount-Gay-Rum herzustellen und damit an alte Zeiten anzuknüpfen. Als die Rum Refinery ebenfalls an Rémy Cointreau ging, fand das Projekt allerdings bald wieder ein Ende. Der Mount Gilboa ist, im Gegensatz zum Mount Gay, ein reiner, dreifach destillierter «pot still»-Rum. Er wurde für vier Jahre in gebrauchten amerikanischen Eichenfässern gelagert. 34
West Indies Rum Distillery, Barbados (Foto: Stefan Kerner) 35
St. Nicholas Abbey, Barbados (Foto: Stefan Kerner) 36
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St. Nicholas Abbey’s Dieses wunderschöne Herrenhaus im Stil eines Jakobinerklosters wurde zwischen 1650 und 1660 am Fusse des Cherry Tree Hills in St.Peter erbaut. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde mit der Rumproduktion begonnen. Zu dieser Zeit wurde das Anwesen an einen gewissen Joseph Dottin verkauft, der es wiederum seiner Tochter und deren Ehemann zur Hochzeit schenkte. Der Beschenkte war kein Geringerer als Sir John Gay Alleyne. Er führte viel später auch die zu seinen Ehren benannte Mount Gay-Destillerie. Im 20.Jahrhundert machte der Plantage der Preiszerfall des Zuckers und die grosse Konkurrenz zu schaffen – 1947 schloss sie komplett, die meisten Geräte wurden verkauft. Im Jahr 1983 wurde das Haus zu einem Museum umgewandelt – inklusive eines perfekten Nachbaus der alten Dampfmühle. 2006 erwarb dann die Familie Warren das Anwesen der St.Nicholas Abbey und begann die alte Brennerei wieder zu restaurieren. Bei der Firma Arnold Holstein am Bodensee wurde eine Anlage hergestellt, die eine Kombination aus Pot Still und Kolonne ist und spezifisch für die Ansprüche von St. Nicholas Abbey geplant wurde. So wird nach vielen Jahren Stillstand endlich wieder Rum produziert, wenn auch nur in kleinen Mengen. Auch hier hatte der umtriebige Master Distiller von Foursquare, Richard Seale, als Berater seine Hände im Spiel. Die älteren Rums mit dem Namen St. Nicholas Abbey stammen denn auch noch aus Beständen der Foursquare Distillery. St. Nicholas Abbey 5 yo Barbados Rum / / / & Dies ist der erste gealterte Rum der komplett in der neuen Destillerie gebrannt wurde. Er wurde aus Zuckerrohrsirup destilliert, also eingekochtem Zuckerrohr38
saft. Danach reift er für fünf Jahre in gebrauchten Bourbonfässern. Durch das für Barbados untypische Brenngerät entsteht ein eher leichter Rum mit schönem Bukett.
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Buccoo Bay, Tobago 40
TRINIDAD UND TOBAGO Vor Venezuela liegen die beiden Inseln Trinidad und Tobago. Sie sind die Heimat des Calypso, der Steelbands, des berühmten Karnevals. Und des schweren Rum. Auch sie sind – wie Barbados – nicht vulkanischen Ursprungs, sondern waren einst Teil des südamerikanischen Festlands. Entsprechend entstanden hier endemische Arten, beispielsweise eine leuchtende Eidechse. 1498 kam Kolumbus auf die Insel und gab ihr, von drei Berggipfeln inspiriert, den Namen Trinidad – Dreieinigkeit. Nach 250 Jahren im Besitz der spanischen Krone wurde die Insel 1797 von den Briten übernommen. Im darauffolgenden Jahrhundert wuchs Trinidad mit Guyana und Jamaika zur grössten Rumproduzentin der Welt. Seit 1889 wird die Insel gemeinsam mit Tobago verwaltet, 1962 sind sie als Staat innerhalb des Commonwealth in die Unabhängigkeit entlassen worden. In der Rum-Welt ist Trinidad für die britischen Navy-Rum-Verschnitte bekannt. Rum aus Trinidad, Jamaika und Guyana bildet seit jeher deren Grundlage, denn Produzenten in diesen Ländern beherrschen die Kunst der Herstellung extrem schwerer «heavy body»-Rums wie sonst niemand. Leider sind mit den Jahren viele Brennereien verschwunden, und heute ist nur eine einzige übrig: die Produzentin des weltberühmten Angostura Bitter, das auf Rumbasis hergestellt wird. Aus Trinidad stammt auch eines der berühmtesten Lieder über Rum. Der legendäre Calypso-Sänger Lord Invader sah 1942 die US-amerikanischen G.I. ihr Coca-Cola mit Trinidad-Rum vermischen und schrieb den späteren Millionen-Hit «Rum and Coca-Cola» (s. Seite 46). Berühmt wurde der Song jedoch erst später durch die Andrew Sisters. Morey Amsterdam, der den Song in die USA und zu den Andrew Sisters brachte, hatte sich jedoch nicht um Urheberrechte gekümmert. Es folgten zwei Plagiatsprozesse, die den Song nur noch berühmter machten. Der Drink, um den es im Lied geht, ist eigentlich nichts anderes als eine Trinidad-Version des Cuba Libre. 41
Angostura Ltd. Für die Bars dieser Welt ist das Wichtigste, was uns diese Brennerei bietet, das weltberühmte Angostura Bitter. Der deutsche Arzt Dr. Johann Siegert entwickelte es 1820, als er 24 Jahre alt war, in Venezuela. Siegert stand damals im Dienst des Unabhängigkeitskämpfers Simón Bolívar und nutzte das Bitter als Medizin gegen die fiebrigen Infektionen, unter denen die Widerstandskämpfer litten. Seine Söhne verlagerten das Geschäft 1875 nach Trinidad. Da Angostura Bitter auf Rumbasis hergestellt wird, begann Robert W. Siegert 1936, auch eigenen Rum zu brennen. Heute vertreibt Angostura Ltd. eine ganze Reihe von Rums verschiedenster Qualitätsstufen und ist ein grosser Produzent von offenem Rum («bulk rum»), der in die ganze Welt verkauft wird. Angostura 1787 / / / 1787 soll in Trinidad die erste Zuckerrohrplantage entstanden sein – die Jahreszahl im Namen weist darauf hin. Er ist der sogenannte «super premium Rum» des Herstellers und ein «blend» aus mindestens 15 Jahre lang gelagerten Rums. Ein gutes Produkt, gemacht, um vielen Leuten zu gefallen, aber trotzdem noch mit eigenem Charakter. Trinidad Distillers Ltd. Die Brennerei Trinidad Distillers ist eine Abteilung von Angostura – und die eigentliche Brennerei. Hier werden alle Rumsorten gebrannt, die unter dem Dach von Angostura Ltd. vertrieben werden. Diese Kolonnenbrennerei ist hochmodern und fähig, die verschiedensten Rum-Stile zu produzieren. Neben den Rums für Angostura werden nochmals 18 bis 20 Millionen Liter Alkohol gebrannt, die an Produzenten und Abfüller gehen, die nicht selber brennen. 42
Cadenhead’s TMAH 24 yo / / / Cadenhead’s kauft von ausgewählten Brennereien einzelne Fässer oder Tanks und lässt sie in Schottland zu Ende reifen. Dieser wurde 24 Jahre im kalten Schottland gelagert. Hier wird sofort klar, was «heavy body» bedeutet: extrem aromatischer Rum in Fassstärke. Zaya Gran Reserva Rum 12 yo / / / Dieser Rum wurde ursprünglich in Guatemala gebrannt. Als der Grosskonzern Diageo aber das Marketing und den Vertrieb des, heute international bekannten Zacapa-Ruma übernahm, gab dieser die Marke Zaya aus wirtschaftlichen Gründen wieder auf. Die Produktion ging zu Trinidad Distillers und man sieht hier schön, wie eine moderne Destillerie verschiedene Stile produzieren kann. Der Zaya schmeckt, als würde er noch immer aus Lateinamerika kommen: süsslich-mild. Kraken Black Spiced Rum / / / Dieser Rum kommt ursprünglich aus Trinidad und soll zwei Jahre in Fässern gereift sein. Davon ist bei diesem «spiced Rum» neben dem vielen Zucker und den Gewürzen nicht mehr viel zu spüren. Hier geht es in erster Linie um das Packaging und Corporate Design, welches sich eine Firma aus den USA ausgedacht hat. Caroni Distillers Ltd. Caroni Distillers Ltd. war die Rum-Abteilung des staatlichen Agrarunternehmens Caroni Ltd., dessen Schwerpunkt beim Zucker lag. Das 1937 vom britischen Agrarriesen Tate & Lyle gegründete Unternehmen wurde 1975 vom Staat Trinidad komplett übernommen. In staatlicher Hand blieb die Firma wegen ungeschickt ausgehandelter Handelsverträge und wahrscheinlich auch politischer Querelen 43
immer defizitär und musste 2003 schliessen. 9000 Angestellte wurden arbeitslos, und Trinidad hat seither Mühe, genug eigene Melasse für die Rumproduktion zu finden. Der bei Caroni produzierte Rum war ein wichtiger Bestandteil der britischen Navy-Rums. Hier entstanden in einer Kolonnenanlage extrem schwere «heavy body»-Rums. Nachdem die Brennerei geschlossen wurde, kam die vom Staat geplante Auktion der Lagerbestände nie zustande. Zum Glück: So konnten unabhängige Abfüller und Fasshändler die Fässer kaufen und sie – zum Teil bis heute – in Europa lagern. Die Abfüllungen aus den Caroni-Beständen gehören zu den begehrtesten und teuersten Flaschen auf dem Markt. Caroni 1998 Bristol Spirits / / / John Barrett von Bristol Spirits ist einer der Abfüller, die uns mit grossem Sachverstand das Erbe der geschlossenen Destillerie zugänglich machen. Dieser Rum ist komplex, schwer und noch etwas ungestüm. Caroni 1974 Bristol Spirits / / / Von diesem Jahrgang sind weltweit nur noch wenige Flaschen zu haben. Hier findet sich die ganze Komplexität von Caroni in einer Flasche. Ein sensationeller Rum, der es schafft, gleichzeitig nach süssen Sultaninen und nach brennenden Autoreifen zu duften. Caroni 1984–2006 Full Proof Velier / / / Luca Gargano vom italienischen Abfüller Velier hat viele verschiedene Caronis auf den Markt gebracht. Fast jeder einzelne davon ist unübertroffen und Velier ist in diesem Bereich das Mass aller Dinge. Unübertroffen inzwischen leider auch, was die Preise angeht, sofern überhaupt noch Flaschen zu finden sind. Sein 44
1984er war einer der faszinierendsten, aber auch untypischsten Caronis, die ich je degustieren durfte. Caroni 1997–2015 Liquid Art / / / Diese Abfüllung kommt vom kleinen belgischen Abfüller Liquid Art. Ein typischer Vertreter, allerdings ein wenig leichter und fruchtiger als andere Caronis. Caroni 1997–2011 Silver Seal / / / Der Abfüller Silver Seal kommt aus dem Rumliebhaberland Nummer eins – Italien. Gelagert werden die Fässer jedoch in Glasgow. Schwerer, komplexer Rum mit viel Wucht. Caroni 1997–2015 A. D. Rattray / / / Ein weiterer 1997er-Caroni, – dieser Rum ist vom schottischen «whisky bottler» A. D. Rattray. Sehr direkt und ein wenig bissig, aber mit der vollen Ladung «Gummigeschmack».
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Rum & Coca Cola If you ever go down Trinidad They make you feel so very glad Calypso sing and make up rhyme Guarantee you one real good fine time Drinkin‘ rum and Coca-Cola Go down Point Koomahnah Both mother and daughter Workin‘ for the Yankee dollar Oh, beat it man, beat it Since the Yankee come to Trinidad They got the young girls all goin‘ mad Young girls say they treat ‚em nice Make Trinidad like paradise Drinkin‘ rum and Coca-Cola Go down Point Koomahnah Both mother and daughter Workin‘ for the Yankee dollar Oh, you vex me, you vex me From Chicachicaree to Mona‘s Isle Native girls all dance and smile Help soldier celebrate his leave Make every day like New Year‘s Eve Drinkin‘ rum and Coca-Cola Go down Point Koomahnah Both mother and daughter Workin‘ for the Yankee dollar 46
It‘s a fact, man, it‘s a fact In old Trinidad, I also fear The situation is mighty queer Like the Yankee girl, the native swoon When she hear der Bingo croon Drinkin‘ rum and Coca-Cola Go down Point Koomahnah Both mother and daughter Workin‘ for the Yankee dollar Out on Manzanella Beach G. I. romance with native peach All night long, make tropic love Next day, sit in hot sun and cool off Drinkin‘ rum and Coca-Cola Go down Point Koomahnah Both mother and daughter Workin‘ for the Yankee dollar It‘s a fact, man, it‘s a fact Rum and Coca-Cola Rum and Coca-Cola Workin‘ for the Yankee dollar
Lord Invader, 1942
Vermutlich im Renaissance Ballroom, Harlem 1947. 47 Zweiter von rechts: Lord Invader (Foto: William P. Gottlieb)
Worthy Park Estate, Jamaika (Foto: Worthy Park) 48
JAMAIKA Jamaika ist nach einer Statistik das Land mit der grössten Bar-Dichte der Welt – und dabei sind die illegalen Kneipen nicht einmal mitgezählt. Hier wird also viel getrunken, und nicht wenig davon ist Rum. Neben Reggae und der Rastafari-Ideologie ist das Land für Jamaika-Rum bekannt, besonders in Deutschland. Dort wurden im 18. Jahrhundert sehr hohe Einfuhrzölle auf ausländische Spirituosen erhoben, weshalb Rum mit deutschem Neutralalkohol und Wasser verschnitten wurde. Bis heute müssen diese Mischungen nur fünf Prozent Jamaika-Rum enthalten, was die Einfuhrzölle niedrig hält und den Namen «Jamaika-Rum-Verschnitt» geschaffen hat. Die Jamaikaner verstehen es besser als alle anderen, sogenannten Hoch-Ester-Rum zu destillieren: extrem konzentrierten, hocharomatischen Rum. In reiner Form soll er ziemlich ungeniessbar sein, zum Verschneiden eignet er sich aber perfekt. Ein sehr wichtiger Schritt bei der Herstellung dieser Art Rum ist die Fermentation. Hier wird in Jamaika traditionell «dunder» und «skimming» beigegeben. Dunder ist die Flüssigkeit, die nach einem Brennvorgang im Pot Still übrig bleibt (Schlempe). Sie wird in tiefen und relativ unappetitlichen Dunder-Gruben im Freien gesammelt. Durch die offene Lagerung an der Sonne sinkt der pH-Wert der Schlempe. Durch die Zugabe zur Melasse wird er noch mal gesenkt und damit eine Umgebung geschafft, in der der Hefepilz am besten arbeitet. Dieses System wurde ursprünglich eingeführt um die Qualität zu stabilisieren. Die amerikanischen Bourbon-Produzenten machen dasselbe – hier heisst der Vorgang «sour mash». Skimming ist der Schaum der sich in der Zuckerherstellung beim Sieden des Zuckerrohrsafts an der Oberfläche absetzt. Er hilft dabei, die Fermentation zu starten, und hat, wie auch der Dunder, einen starken Einfluss auf die typische Aromatik des Jamaika-Rums. Dieser Stil nennt sich in Jamaika «Continental Flavored Rum» oder «German Style». Danach kommen die etwas weniger intensiven Stile «Wedder49
burn», «Plummer» und «Common Clean» – abgestuft nach dem Gehalt der Ester-Anteile (Aldehyde) im Rum. Das tönt (und ist) alles ein bisschen kompliziert, eröffnet jedoch eine grosse Bandbreite an Stil-Kombinationen. Jamaika-Rum ist aber in jeder Variante aromatisch und sehr charakteristisch. Mit zehn Millionen Litern im Jahr war die britische Kolonie Jamaika Ende des 18. Jahrhunderts die grösste Rumproduzentin der Welt. Damals kamen auf 18 300 britische Einwohner 226 000 Sklaven. Mit dem Slavery Abolition Act, mit dem das britische Parlament ab 1834 die Sklaverei im ganzen Empire abschaffte, begann der Niedergang der jamaikanischen Zucker- und Rumindustrie, was sich allerdings nicht auf die Qualität des Getränks auswirkte. National Rums of Jamaica Limited (NRJ) In diesem speziellen Fall ist hier nicht von einer Brennerei die Rede, sondern von einer Firma die aktuell drei Brennereien besitzt. Sie wurde 2006 gegründet, auch um das Erbe der jamaikanischen Rumproduktion zu erhalten. Von einstmals vielen hundert Brennereien sind heute nur noch sechs aktiv. Die NRJ gehört zu gleichen Teilen dem Staat Jamaika, den Demerara Distillers aus Guyana und der West Indian Rum Distiller» aus Barbados. Diese wiederum gehört seit 2017 dem französischen Cognac-Hersteller Maison Ferrand – und damit auch deren Anteile an NRJ. Die drei Destillerien der NRJ sind Clarendon, Inswood und Long Pond – wobei Clarendon momentan die einzige ist, die auch wirklich Rum brennt. Um das Ganze noch etwas komplizierter zu machen, gehören der NRJ nur 73 Prozent an Clarendon, der Rest dem Spirituosen-Grosskonzern Diageo. Bei Clarendon wird produziert, bei Inswood findet die Alterung und die Abfüllung statt. Bei Long Pond gibt es hingegen grosse Mengen an gelagertem Rum, was die Destillerie sehr wertvoll macht.
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Clarendon Distillery (Monymusk Distillery) Das, was wir heute als Clarendon-Destillerie kennen, sind eigentlich zwei Brennereien. Die 1949 eröffnete Monymusk Distillery beherbergt heute zwei grosse Pot Stills und deren Fermentationstanks. Hier werden pro Jahr drei Millionen Liter (100 Vol.-%) schwerer Rum produziert. Die neue riesige Kolonnenanlage, die 75 Prozent des Ausstosses von Clarendon produziert, wurde 2009 in Betrieb genommen – mit einigen Millionen von der Europäischen Union unterstützt. Eingeweiht wurde sie vom jamaikanischen Premierminister persönlich. Hier wird für viele verschiedene Zwecke Alkohol gebrannt. Der Hauptabnehmer ist aber der Spirituosenkonzern Diageo. Wie oben schon erwähnt, halten sie eine Minderheit an Clarendon. Der Hauptgrund dafür sind die beiden Marken Captain Morgan und Myers‘s Rum. Gegen 90 Prozent der Produktion sollen in die beiden Marken fliessen! Monymusk Rum ist in Jamaica auch die Hauptmarke von NRJ. In Europa sind aber fast nur Flaschen von unabhängigen Abfüllern zu finden. Captain Morgan Spiced Rum Captain Morgan ist weltweit der Inbegriff für «spiced rum». Da sein Alkoholgehalt unter 37.5 Vol-% liegt, ist es offiziell in den meisten Ländern kein Rum, weshalb hier die Angaben fehlen. Bei Clarendon wird zwar ein grosser Teil des Alkohols für dieses Produkt gebrannt, doch nur für den europäischen Markt. Der grösste Teil wird in St. Croix (U.S. Virgin Islands) produziert. Dort nämlich profitiert der Konzern von Steuererleichterungen für den US-Markt. Diageo besitzt übrigens die Rechte am Namen Captain Morgan in einem Land nicht: in Jamaica. Hier gehört der Rum dieses Namens der Firma Wray &Nephews und damit einem der grössten Mitbewerber von Diageo: Campari. Selbstverständlich brennen sie ihren eigenen Captain-Morgan-Rum, der aber nur auf Jamaica erhältlich ist. 51
Monymusk 9 yo W. D. J. Marketing / / / W. D. J. Marketing war ein britischer Abfüller, den es schon länger nicht mehr gibt. Von den Abfüllungen ist zum Teil aber noch etwas zu finden. Dieser Moneymus ist ein sehr klassischer Vertreter des schweren jamaikanischen Stils. Ein komplexer, beeindruckender Rum. Long Pond Distillery Die Zuckerfabrik und die Destillerie können auf eine sehr lange Tradition zurückblicken. Bereits 1753 wurden sie eröffnet. Heute gehört die Zuckerfabrik Everglades Farms (Hampden Distillery). Die Long Pond Distillery hingegen ist im Besitz von NRJ und hatte über die Jahre mehrere Besitzerwechsel. Bis auch hier Captain Morgan ins Spiel kam: Diese Marke wurde 1944 von Seagram‘s lanciert. Der Konzern benützte dazu Rum aus verschiedenen Brennereien des Trelawny Parish, einer Gegend, in der Rum und Zuckerrohr tief verankert sind. 1953 konnte Seagrams Long Pond kaufen. Im Jahr 1977 gab es einen erneuten Besitzerwechsel – Long Pond gehörte jetzt dem Staat Jamaika, der die Destillerie 1993 wieder an ein Konsortium von Finanzunternehmen und Einzelpersonen weiterverkaufte. Als dann 2006 die NRJ gegründet wurde, kam Long Pond zusammen mit Clarendon und Inswood zu seinem heutigen Besitzer. Dieser schloss die Brennerei zwar 2012, nahm sie im Juli 2017 aber wieder in Betrieb. Wahrscheinlich hatte die neue Miteigentümerin Maison Ferrand ihren Einfluss geltend gemacht. Long Pond besitzt fünf Pot Stills von den Herstellern Vendome und John Dore, die mittelfristig alle wieder aktiviert werden sollen. Dazu kommen zwei Kolonnen, die hingegen nicht mehr laufen sollen.
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Vale Royal 2002 9 yo Bristol Spirits / / / Eine schöne Abfüllung von Bristol Spirits, die neun Jahre reifen durfte. Sie bezieht sich im Namen auf die Brennerei Vale Royal, die in unmittelbarer Nachbarschaft von Long Pond lag und 1955 ebenfalls von Seagram‘s gekauft wurde, um sie mit Long Pond zusammenzuführen. Die typischen Aromen von überreifen Früchten sind hier sehr gut eingebunden. Jamaica 1982 Flying no.11 30yo / / / Eine ganz krasse Aromabombe des dänischen Abfüllers Juuls Vin & Spiritus und eine sehr begehrte dazu. Leider gibt es nur 186 Flaschen davon. Die extremen Aromen sind hier sehr schön eingebunden, und der Abgang nimmt kein Ende. J. Wray & Nephew Ltd. John Wray besass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kingston eine Taverne und brannte dafür seinen eigenen Rum. Als sein Neffe Charles J. Ward zur Firma stiess, begannen sie im grösseren Stil Rum zu brennen und zu blenden. Bald gewannen sie die ersten drei Goldmedaillen an der Great London Exhibition. 1916 kauften die Wrays auch Appleton und wurden damit zum grössten Produzenten auf Jamaika. Heute ist Wray & Nephew in Jamaika eine Institution. Zur Firma gehört das Appleton Estate, das 1655 erstmals erwähnt wird. Die Brennerei hat 1749 zum ersten Mal nachweislich Rum produziert. Hier werden die Rums der Appleton Linie hergestellt, auf fünf riesigen Pot Stills und einer Kolonnenanlage. Die andere aktive Brennerei, die heute zur Gruppe gehört, ist das New Yarmouth Sugar Estate. Dazu kommt noch die Zuckerfabrik Holland Estate. Mit diesen Brennereien produzieren sie neben den Appleton- und 53
Wray-&-Nephew-Rums zum Beispiel auch für die Basler Firma Coruba oder den Blackwell Rum des gleichnamigen Musikproduzenten, welcher einst mithalf, die Reggae-Musik in die Welt zu tragen. Seit 2012 gehört J. Wray & Nephew Ltd. zur italienischen Gruppo Campari. Wray & Nephew Overproof / / / & In Jamaika wird dieser Rum an jeder Strassenecke getrunken – oft wie Wasser, manchmal mit Wasser. Empfohlen wird ein Verhältnis von 1:4, aber probieren Sie selbst. Auch pur oder auf Eis ist dieser sauber gebrannte Rum zu geniessen – zumindest für jene, die es gern kräftig haben. Aus welchen Brenngeräten welcher Destillerie die Anteile am Wray & Nephews genau kommen, bleibt offen. Das New Yarmouth Sugar Estate soll aber einen grossen Einfluss haben. Appleton 12 yo / / / & Mindestens zwölf Jahre in verschiedenen Fässern (Bourbon, Cognac, Sherry,Wein) geben diesem kräftigen Rum viel Finesse. Die Appleton-Rums beinhalten neben den für Jamaika typischen Pot still-Destillaten auch Rum aus dem Column Still. Dies macht sie etwas leichter und zugänglicher. Sie verbergen ihre Herkunft aber trotzdem nie. Appleton 21 yo / / / & Das Spitzenprodukt von Appleton. Liegt mindestens 21 Jahre in kleinen Eichenund Sherry-Fässern. Alles sehr ausgewogen, rund und voll. Ein grosser Rum. Appleton Joy / / / & Zu ihrem 20-Jahre Jubiläum als Master Blender bei Appleton Estate durfte Joy Spence diesen Rum kreieren. Die Fässer, die sie benutzt hat, haben zwischen 25 54
und 35 Jahren Reifezeit hinter sich. Die Pot-Still-Anteile kommen in der Nase sehr klar zur Geltung. Am Gaumen ist er dann aber zugänglicher als erwartet. Appleton 50 yo / / / & 2012, zum 50. Unabhängigkeitstag Jamaikas, lanciert und offiziell der am längsten fassgelagerte Rum der Welt. Ein Blend aus drei «überlebenden» Sherry-Fässern, die Flasche kostet um die 5000 Franken. Ich durfte den Rum bei seinem Markteintritt degustieren. Faszinierend ist, dass er nach 50 Jahren in Sherry-Fässern noch immer sehr zugänglich ist. Doch den Preis schuldet er mehr seiner Seltenheit und seinem Alter als seiner Komplexität. New Yarmouth 2005 12 yo / Cave Guildive / / / Das New Yarmouth Sugar Estate wird zum ersten Mal zu Beginn des 18. Jahrhunderts erwähnt. Die gleichnamige Rum-Destillerie arbeitet sowohl mit Kolonnenals auch Pot-Still-Geräten. Ihr Ausstoss soll grösser sein als jener von Appleton. Ein beträchtlicher Teil am unverwechselbaren Geschmack des Wray & Nephews Overproof ist vermutlich dieser Brennerei geschuldet. Ansonsten ist sehr wenig über sie zu erfahren, und seit sie dem Gruppo Campari gehört, werden auch keine Einzelfässer mehr verkauft. Dieses Einzelfass des Zürcher Abfüllers Cave Guildive ist reiner Pot-Still-Rum und damit sehr intensiv. Typisch Jamaika: Aromen von Lein und Rauch paaren sich mit dem überreifer Früchte und enden in einem sehr langen Abgang. Hampden Estate Früher säumten über hundert Brennereien die Nordküste Jamaikas. Überlebt hat allerdings neben der Long Pond Distillery nur Hampden Estate. 2003 wurde die Destillerie verstaatlicht und kurze Zeit später geschlossen. Die Familie Hussey, Besitzerin der Firma Everglades Farms, kaufte sie 2009, um sie wieder in Betrieb 55
zu setzen. Hampden ist bekannt dafür, extrem gehaltvollen Rum zu produzieren, der oft als Verschnitt-Rum nach Europa gelangt. Hier gibt es auch keine Kolonnenanlage, sondern nur vier Pot Stills dreier verschiedener Hersteller. Seit einiger Zeit hat man mit dem Rum Fire wieder ein eigenes weisses «overproof»-Produkt auf dem Markt, und mit Hampden Gold auch einen vierzigprozentigen goldenen Rum. Beide sind eher für den Einsatz in Cocktails gedacht. Daneben begann man unter der Leitung der Familie Hussey auch, Rum in Fässern zu lagern. Bis 2010 wurde die ganze Produktion als sogenannter «Bulk Rum» – sprich offen – nach Europa verkauft. Alle älteren Abfüllungen von Hampden sind also in Europa gelagert worden – und es sind nicht wenige. Bei Sammlern haben gewisse alte Single-Cask-Abfüllungen heute einen sehr hohen Stellenwert.
56 Mr. Buchanan, Christelle Harris und Mr. Mackenzie (Foto: Hampden Estate)
Hampden Estate Gold Rum / / / Die mehrjährige Lagerung und der niedrige Alkoholgehalt machen ihn verhältnismässig weich und auch pur trinkbar. Er bleibt aber ein sehr guter Rum für kräftige Cocktails und «punches». Hampden 8 yo Cadenhead’s / / / Der Abfüller Cadenhead’s hat immer wieder alte Hampden-Rums auf den Markt gebracht, die in Schottland in aller Ruhe reifen durften. Dieser Rum stammt aus der Zeit vor der Schliessung der Destillerie. Unverdünnt und in voller Fassstärke kommt hier die ganze, fast schon krasse, aromatische Vielfalt Jamaikas ins Glas. Extrem intensiv und sehr stark – diesen Rum darf man ohne schlechtes Gewissen mit etwas Wasser verdünnen. Hampden 1993–2016 Cave Guildive / / / Das ist sehr intensiver jamaikanischer Rum. Wer das nicht mag, der kann nur noch an Nagellackentferner denken. Wem es aber liegt, schwärmt nur noch von seinem endlosen, sich immer wieder verändernden Abgang. Worthy Park Estate Als die Brennöfen 1960 abgestellt wurden, konnte dieses «Sugar Estate» auf 220 Jahre Rumproduktion zurückblicken. Dann legte man den Fokus bis ins nächste Jahrhundert auf die Zuckerproduktion und baute eine der effizientesten Fabriken der Karibik auf. 2005 sah Gordon Clarke, dessen Familie seit vier Generationen das Estate besitzt, eine Chance, die Destillerie wieder neu aufzubauen. Zwei Jahre später kam der erste «neue» Worthy-Park-Rum in die Flasche – ein weisser kräftiger «overproof» Rum, wie er in Jamaica beliebt ist. 57
Worthy Park besitzt nur einen Pot Still von Forsyths aus Schottland. Dieser kann eine Menge von 12 000 Flaschen «overproof» Rum am Tag produzieren. Auf diesem Estate ist man sehr stolz darauf, dass vom Zuckerrohrsprössling bis zum fertig gelagerten Rum alles «in-house» gemacht wird. Früher selbstverständlich, ist das heute eher die Ausnahme. Rum-Bar Rum overproof / / / Dieser weisse 65 Vol.-% starke klassische Jamaika-Rum wird aus drei verschieden kräftigen Qualitäten geblendet. Da er aber ein reiner Pot Still ist, kommt er sehr kräftig daher. Obwohl die Brennerei erst seit 2007 wieder Rum herstellt, wirkt er, als wäre er schon immer da gewesen. Worthy Park Single Estate Reserve / / / Dieser sechs bis acht Jahre lang gelagerte Rum ist relativ neu auf dem Markt. Es ist der erste den die Brennerei unter ihrem Namen auf den Markt bringt. Neben seiner klaren Pot-Still- Aromatik, kommen auch die fruchtigen und etwas leichteren Noten nicht zu kurz. Sehr gelungen.
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Worthy Park Estate, Jamaika (Foto: Worthy Park) 59
ST. LUCIA Der Pirat François Le Clerc, genannt «Jambe de Bois» (Holzbein), war der erste Europäer, der auf St. Lucia sesshaft wurde. Dank der vulkanischen Gebirgslandschaft und dem undurchdringlichen Regenwald konnten die Kariben hier den konkurrierenden Kolonialmächten erfolgreich Widerstand leisten. Die Insel blieb deshalb lange ein Piratennest, Besiedlungen scheiterten immer wieder. Beispielsweise 1605, als 67 Engländer auf dem Weg nach Guyana in St. Lucia strandeten. Nach einem Monat auf der Insel gab es nur noch 19 Überlebende, die dann in einem Kanu flohen. Vierzehnmal wurde St. Lucia abwechselnd von Frankreich und Grossbritannien besetzt, bis es 1814 definitiv der britischen Krone zugeschlagen wurde. Königin Elizabeth II. ist heute noch das Staatsoberhaupt. Petit und Grand Piton, die beiden Vulkane, deren Flanken im Westen direkt ins Meer ragen, sind im Unesco-Welterbe eingetragen, und unzählige Kreuzfahrtschiffe halten deshalb hier. Trotzdem hat die Insel ihren Charme vergangener Zeiten bewahren können, mit wöchentlichen Tanzveranstaltungen auf der Strasse und kleinen Bretterbuden, in welchen ein mit Wurzelextrakten, Kräutern und Gewürzen versetzter Rum getrunken wird. Von einst drei Destillerien ist noch eine übrig, die Zuckerrohrplantagen wurden von Bananen verdrängt. Deshalb wird die Melasse heutzutage aus Guyana und der Dominikanischen Republik eingeführt, was aber nichts an der sehr guten Qualität der Rums ändert. St. Lucia Distillers Ltd. Die St. Lucia Distillers Ltd. wurde 1972 gegründet. Sie ist eine Fusion zwischen Geest Industries und der Familie Barnard, die Destillerien in Roseau und Dennery führte. Die technischen Geräte wurden zusammengelegt und in einer neuen Destillerie in Roseau installiert. Lorrie Barnard führte die Destillerie von 1972 bis zu seinem Tod 60
2012 auf sehr innovative Art und Weise; 25 verschiedene Produkte werden hier hergestellt. Seit dem Jahr 2016 gehört die Destillerie zum Groupe Bernard Hayot, der auf Martinique beheimatet ist. Um eine grosse Bandbreite an Rum-Stilen produzieren zu können, wird hier mit einer doppelten Kolonnenanlage und drei verschiedenen Pot Stills gearbeitet. Chairman’s Reserve / / / & Dieser Rum enthält Anteile aus allen Brennapparaten der Destillerie. Sie werden separat in Bourbon-Fässern von Jim Beam, Jack Daniel’s und Buffalo Trace ausgebaut und erst nach mindestens fünf Jahren vermählt. Ein sehr ausgewogener, perfekt gemachter «medium body»-Rum. Chairman’s Reserve The Forgotten Casks / / / & 2007 wurden grosse Teile der Destillerie in Roseau bei einem Feuer zerstört. Weil dabei auch Lagerhäuser niederbrannten, wurden die Fässer anderswo auf der Insel gelagert. Einige der vermählten Fässer gingen bis zu fünf Jahre lang vergessen. Aus diesem Missgeschick resultierte eine intensivere, etwas süssere Variante des Chairman’s Reserve. Secret Treasures Selection Privée Vendome 6 yo / / / Der Abfüller Secret Treasures gehörte einst der Schweizer Firma Fassbind und wurde 2005 vom deutschen Händler Haromex übernommen. Dieser sechsjährige Rum kommt aus dem «Vendome Still», der 2003 in Betrieb genommen wurde. Der Rum ist sehr schwer und aromatisch, aber mit schönen fruchtigen Anklängen.
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Secret Treasures Selection Privée John Dore 9yo / / / Dieser Rum kommt aus einem der zwei Pot Stills des Herstellers John Dore. Er ist etwas weniger fruchtig als der oben beschriebene, dafür fast schon ein wenig rauchig. Mit diesen beiden Single-Still-Abfüllungen wird klar, weshalb auch die offiziellen blended Rums von St. Lucia Distillers so gelungen sind. Diese drei Pot Stills ergeben einfach sehr schönen fruchtig-schweren Rum.
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GRENADA Grenada geniesst in der Karibik den Übernamen «Spice Island». Sie ist berühmt für ihre hervorragenden Kakaobohnen und Muskatnüsse. Auf der Insel gibt es denn auch mit Muskatnuss gewürzten Rum, der in der Schweiz aber nicht erhältlich ist. Grenada baut aber auch Zuckerrohr an und beherbergte früher einige spannende Destillerien, die heute aber leider fast alle ausser Betrieb sind. Bei La Sagesse kann man nur noch zerfallene Apparate besichtigen; Westerhall Estate brennt nicht mehr selber; und die über 200 Jahre alte Dunfermline Rum Distiller hat den Hurrikan Ivan im Jahr 2004 nicht überlebt. Meist wurde hier in klassischen Pot Stills direkt aus dem Zuckerrohrsaft destilliert. Ein sehr interessanter Stil, der sonst ziemlich ausgestorben ist. Wenigstens ist mit River Antoine noch eine der spannendsten Destillerien weltweit in Betrieb. Sie brennt genau so wie es in Grenada schon im 18. Jahrhundert üblich war. Westerhall Estate Seit 1800 wurde hier Rum hergestellt. Die Destillerie steht nun leider seit Längerem still. Der weisse Rum kommt aus Trinidad und wird auf der Estate geblendet, in Fässern gelagert und abgefüllt. Die Familie Williams, der das Gut gehört, pflanzt auch Kakao, Zitrusfrüchte, Bananen und Zuckerrohr an. Im Jahr 2017 verkaufte die Familie Teile der Firma. Es gibt, zusammen mit den neuen Miteignern, ernsthafte Pläne, die Brennerei wieder instand zu stellen und in Betrieb zu nehmen. Mit dabei bei diesem Projekt ist Mark Reynier, der in Schottland schon die Bruichladdich-Destillerie wiederbelebt hat.
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Strassenszene in Sauters, Grenada 64
Westerhall Rum No. 5 / / / Der No. 5 ist mit mindestens fünf Jahren im Fass ein sogenannter «sipping rum», das heisst: zum pur Trinken gedacht. In der Nase noch leicht alkoholisch, ist er im Mund sehr mild und geschmeidig – jedoch mit einem starken Charakter. Westerhall Rum No. 10 / / / Das Flaggschiff des Sortiment wurde zehn Jahre in Eichenfässern gelagert. Vollmundig, sehr mild und ausgewogen. River Antoine Distillery Die River-Antoine-Destillerie müsste eigentlich sofort zum Weltkulturerbe der Unesco erklärt werden. Sie wurde 1785 errichtet und seither kaum verändert. Strom gibt es nur im Büro, denn gearbeitet und angetrieben wird sonst noch immer mit Wasserkraft, Holz oder «bagasse», den getrockneten Resten des ausgepressten Zuckerrohrs. Das mächtige Wasserrad ist mit der oben erwähnten Jahreszahl gekennzeichnet und treibt die Zuckerrohrpresse und ein ebenso altes Förderband an. Dann läuft der Saft in den «concentration room», in dem er in fünf aufeinanderfolgenden Becken durch die brennende Bagasse immer weiter erhitzt wird. In einem sechsten Becken wird der Saft mit fünf bis zehn Prozent Melasse (zum Süssen) vermischt und danach acht Tage lang offen vergärt. Dies geschieht seit wenigen Jahren nicht mehr in Fässern, sondern in Betontanks – die einzige grössere Neuerung in 250 Jahren. Gebrannt wird in zwei Pot Stills, die mit Holz beheizt werden und denen zwei Verstärker angehängt sind. Der Rum erreicht so einen Mindestalkoholgehalt von 75 Prozent. Falls nicht, geht er zurück zur Destillation, um erneut gebrannt zu werden. Sind 75 Prozent erreicht, wird er abgefüllt und sofort lokal verkauft. Es gibt auch 65
Ruine einer ZuckermĂźhle, Grenada 66
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eine Variante mit 69Prozent für Touristen – Rum mit einem Alkoholgehalt von über siebzig Prozent darf nämlich nicht im Flugzeug transportiert werden. Rivers Royale Grenadian Rum / / & / Dieser Rum ist ein Unikum in der Rum-Welt: gebrannt aus dem reinen Saft von handgeschnittenem lokalem Zuckerrohr in uralten Pot Stills, plus einem Anteil von fünf bis zehn Prozent Melasse – und das alles völlig «overproof». Diese Kombination habe ich so noch nie kennengelernt, und sie lässt an höchst dubiose Hinterhofbrennereien denken. Sie war einst aber typisch für Grenada-Rum. Was hier rauskommt, ist für verwöhnte mitteleuropäische Rumtrinkerinnen und -trinker kaum geniessbar und erinnert im ersten Moment an Feuerzeugbenzin, Pinselreiniger oder Nagellackentferner. Es gibt wohl keinen anderen Rum, der so nah am sagenumwobenen Piratenschnaps von früher dran ist. Wer sich erst mal daran gewöhnt hat, findet allerdings schöne fruchtige Noten. Auch ist der extrem hohe Alkoholgehalt weniger präsent, als zu befürchten wäre. Dieser Rum ist dennoch unbedingt auf Eis zu empfehlen, das auch ruhig ein wenig schmelzen darf. Im Norden Grenadas ist ein Rivers für die lokale Bevölkerung absolut unverzichtbar und ein Synonym für Rum überhaupt. Auf den Punkt gebracht hat es dann auch ein «local», mit dem ich bei einem Besuch in Grenada «Rivers» trank: «It’s the best rum in the world but it stinks.» Leider in Europa fast nie erhältlich, doch ich arbeite daran.
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Grenada Distillers Ltd. Der ÂŤconcentration roomÂť bei River Antoine, Grenada 69
Die grösste Brennerei auf Grenada produziert seit 1937 Rum. Gebrannt wird hier auf einer Kolonnenanlage. Das Ungewöhnliche an Clarke’s Court Rum ist aber, dass sie sowohl Melasse, Zuckerrohrsaft und Zuckersirup brennen – je nachdem was gerade vorhanden ist. Hier gilt also, wie so oft in der Karibik: Wenn es etwas gibt, dann nimm es. Schon morgen gibt es vielleicht nichts mehr. Clarke’s Court Old Grog / / & / & Der Old Grog ist der Premium-Rum von Clarke’s Court. In diesem Fall weist Grog nicht auf den Cocktail gleichen Namens hin, sondern auf die alte Beschriftung auf Fässern. Der ehemalige britische König, Georg III. soll jeweils die besten Rums aus Grenada erhalten haben. Die Fässer wurde mit G.R.O.G. gekennzeichnet – Georgius Rex Old Grenada. Der heutige Grog Rum ist sehr süffig, mit starken Aromen von tropischen Früchten und einer guten Süsse.
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ANTIGUA 1632 besiedelten die Briten Antigua und blieben bis zur Unabhängigkeitserklärung 1981 die Kolonialmacht. Danach bildete Antigua mit den Inseln Barbuda und Redonda einen Staatenbund. Im Süden des Landes liegt der sogenannte English Harbour. Der ehemalige Kriegshafen der Royal Navy ist durch seine natürliche Lage einer der wenigen tropensturmsicheren Häfen und gab auch dem lokalen Rum seinen Namen. Eine eigene Rumbrennerei gibt es hier erst seit 1932. Zuvor wurde der Rum aus Barbados importiert, von den lokalen «Rumshops» abgefüllt und zum Teil auch mit Zucker oder Pflaumensaft versetzt. Die Besitzer dieser Rumshops waren oft Portugiesen aus Madeira, die von Rum einiges verstanden. Antigua Distillery Ltd. Sieben der acht Gründer dieser Destillerie waren Rumshop Besitzer mit portugiesischen Wurzeln. Die damals installierte französische «Savalle»-Viererkolonne wurde 1991 durch eine dreifache, kupferne von John Dore ersetzt. Zu Beginn verkaufte die Brennerei nur offenen Rum an die lokalen Händler. Den gelagerten Rum nannten sie Caballero, aus welchem später der Cavalier-Rum wurde, den es heute noch gibt. Mit der neuen Kolonne schafften sie auch ein Premiumsegment– diese Rums heissen nach dem berühmten Hafen «English Harbour». English Harbour 10 yo / / / Mindestens 10, zum Teil aber bis zu 25 Jahre in kleinen Eichenfässern gereift. Solider, süsslicher «medium body»-Rum.
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BRITISH VIRGIN ISLANDS (TORTOLA) Auf den dreissig Inselchen der British Virgin Islands ist Rum ein Teil der Geschichte und der Tradition. Erinnerungen an die rumgetränkten Tage der Marine sind hier noch lebendig. Ab 1680 übernahm England, nach einem kurzen Intermezzo durch die Niederlande, endgültig wieder die Kontrolle über die Inseln. Die Engländer machten weiter, womit die Holländer begonnen hatten: Zucker anzubauen und Rum zu produzieren. Auf der Hauptinsel Tortola entstehen noch immer einige Destillate, die im Gegensatz zum benachbarten St.-Croix-Rum kräftig und wild sind. Leider ist davon so gut wie nie etwas in unseren Breitengraden erhältlich. Dafür stehen die Inseln bei uns Patin für den Pusser’s Rum. Pusser’s West Indies Ltd. Weil früher das Trinkwasser auf den Schiffen oft verunreinigt war, wurden die im Wasser befindlichen Bakterien mit Rum neutralisiert. Admiral Edward Vernon (Übername «Old Grog») befahl, den der Besatzung zugedachten Viertelliter pro Tag in zwei Rationen aufzuteilen, mit Wasser zu verdünnen und gegen die Vitaminmangelkrankheit Skorbut eine Zitronenscheibe beizugeben (s. Seite 194). Über 300 Jahre lang erhielt jeder Matrose der Royal Navy seine tägliche Ration Rum vom sogenannten «pusser», dem Zahl- und Proviantmeister (von «purse», dem Portemonnaie), gereicht. Diese Praxis wurde am 31. Juli 1970, dem noch heute wehmütig zelebrierten «Black Tot Day», abgeschafft. Als Ersatz wurde ein Fonds für Seeleute eingerichtet – der Royal Navy Sailors’ Fund, im Volksmund «Tot Fund». Im Jahr 1979 konnte dann Charles Tobias das Originalrezept kaufen und kommerzialisieren. Eine Auflage, die bis heute besteht, sind finanzielle Abgaben in den Tot Fund. Pusser’s Rum ist heute die grösste Einnahmequelle des Fonds, und Charles Tobias wurde in72
zwischen auch von der Queen für seine Verdienste geehrt. Mittlerweile ist das Headquarter von Pusser’s in den USA und abgefüllt wird in Guyana. Begonnen hat aber alles auf den Virgin Islands, hier wurde er auch lange Zeit geblendet und abgefüllt. Pusser’s Rum / / / & Der Rum wird immer noch nach dem geheimen Originalrezept hergestellt und ist ein Verschnitt fünf verschiedener Rums aus Guyana und Trinidad. Das Rückgrat bilden dabei seit jeher die Anteile aus den zwei letzten noch existierenden hölzernen Pot stills. Sie stehen heute in der Demerara Distillery in Guyana. Er ist sehr kräftig und würzig, aber doch süsser, als die Nase vermuten lässt. Die Eigenwerbung der Firma lautet: «Der Single Malt des Rums». Das trifft es ziemlich gut. Nelson’s Blood / / / & Ein Pusser’s Rum, der mindestens 15 Jahre in Fässern gelagert wurde und deswegen etwas süsser und geschmeidiger ist. Der Name kommt von einer etwas unappetitlichen Seemannsgeschichte. Als Admiral Nelson in der Schlacht von Trafalgar 1805 fiel, wurde seine Leiche nach London gebracht, um ihm ein Staatsbegräbnis zu ermöglichen. Damit die Leiche gut konserviert ankam, soll sie in ein Rumfass gelegt worden sein. Die Matrosen waren zu Recht empört, dass nun zu wenig Rum für sie übrig blieb ,und bohrten das Fass an. Der Rum, den sie nun heimlich tranken, soll eine rotgoldene Farbe gehabt haben. Heute ist bewiesen, dass Nelson nicht in einem Rum- sondern in einem Branntweinfass «konserviert» wurde. Der Rum darf trotzdem noch so heissen.
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U. S. VIRGIN ISLANDS (ST. CROIX) Die heutigen amerikanischen Jungferninseln gehören zur grösseren westlichen Gruppe. Sie haben eine wechselhafte Geschichte hinter sich, denn nicht weniger als sieben Nationen hissten hier nacheinander ihre Flaggen: Spanien, England, Holland, Frankreich, Malta, Dänemark und schliesslich die USA, die den Boden 1917 für 25 Millionen Dollar erwarben. Die Rumherstellung begann im frühen 17. Jahrhundert mit den Franzosen und gewann dann mit den ersten britischen Pflanzern auf der Insel St. Croix an Bedeutung. Der damalige Stil soll dem schweren jamaikanischen Rum sehr ähnlich gewesen sein und genoss hohes Ansehen. Heute haben die Cruzan-Rums (der Name verweist auf die Einwohner von St. Croix) einen eher leichten, eleganten Körper, der an den spanischen Stil erinnert. Seit 2011 produziert hier auch Diageo in einer eigens dafür errichteten Brennerei einen grossen Teil seiner jährlich ungefähr 90 Millionen Liter Captain-Morgan-Rum. Cruzan Rum Distillery Diese Destillerie ist eine der grössten in der Karibik und wird von der Familie Nelthropp geführt. Als Besitzer gaben sich schon diverse multinationale Getränkekonzerne die Klinke in die Hand. Seit 2008 gehört die Destillerie der US-amerikanischen Firma Beam Suntory. Rum gebrannt wird hier seit 1760. Nur einmal wurden die Maschinen angehalten – während der Prohibition in den USA. Da die letzte Zuckermühle auf St. Croix auch noch geschlossen wurde, kommt die Melasse heute aus anderen Ländern. Der damit hergestellte Rum ist sehr sauber und eher leicht.
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Cruzan Single Barrel / / / Der Single Barrel ist ein Verschnitt aus verschiedenen, bis zu zwölf Jahre gereiften Rum,s die in einem grossen neuen Eichenfass zusammengeführt werden. A. H. Riise XO Reserve / / / Im Jahr 1837 erhielt Albert Heinrich Riise eine Exklusivlizenz zur Eröffnung einer Art Apotheke auf der zu Dänemark gehörenden Insel St. Thomas. Sein Geschäft entwickelte sich blendend, und bald stellte er auch preisgekröntes Bay Rum her – ein Aftershave auf Rumbasis, versetzt mit karibischem Lorbeer («bay leaf»). Das Geschäft wechselte zwar mehrmals die Besitzer, existiert aber immer noch und ist heute ein riesige «duty-free mall» mit Tausenden von Artikeln. Der unter Riises Namen hergestellte Rum wird vermutlich in der Cruzan-Destillerie gebrannt und ist ein Beispiel für einen extrem stark nachgezuckerten Rum. Sehr süss und mit starken Orangenaromen.
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ANGUILLA In Anguilla vertritt der Gouverneur als Staatsoberhaupt die britische Monarchin, Königin Elisabeth II. Die Insel ist sogenanntes britisches Überseegebiet. Die Bewohnerinnen und Bewohner leben vor allem von Luxustourismus, Hummerfang und Offshore-Banking. Bis zur Gründung der Anguilla Rum Company waren Zucker und Rum auf dieser Insel kein grosses Thema. Anguilla Rum Company Die Anguilla Rum Company wurde erst 1995 gegründet mit dem Ziel, Rum im Premium-Sektor anzubieten. Eine Destillerie gibt es nicht, die Produzenten blenden Rums verschiedenster Provenienz. Pyrat XO Reserve Planters Gold / / / Ein likörartiger, sehr süsser Rum mit starken Orangenaromen, der stark nachgezuckert wurde.
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BERMUDA Auch Bermuda ist britisches Überseegebiet. Der erste Europäer, der auf die Insel traf, war 1503 der Spanier Juan de Bermúdez, der aber wegen der gefährlichen Riffe erst gar nicht an Land ging. Auf einem dieser Riffe liefen 1609 dann 150 englische Kolonialisten auf und wurden so unfreiwillig zu den ersten Siedlern. Heute lebt Bermuda vor allem vom Tourismus und dem Ruf als Steueroase. Viele internationale Firmen verlegten ihren Standort hierhin. Auch Bacardi hat hier seinen Hauptsitz in einem sehr schönen Mies-vander-Rohe-Haus. Es gibt hier weder Zuckerrohr noch eine Destillerie, und trotzdem ist das mengenmässig wichtigste Exportprodukt der Nationalrum Gosling’s Black Seal. Gosling Brothers Ltd. Im Jahr 1806 landete James Gosling auf Bermuda – sein Geld reichte nicht mehr für die Überfahrt nach Amerika. Zusammen mit seinem Bruder eröffnete er 1824 einen Laden in der Hauptstadt Hamilton. Als James zurück nach London ging, führte sein Bruder Ambrose den Laden weiter, doch erst dessen Söhne fingen ab 1857 an, Rum zu blenden und zu verkaufen. Bis zum Ersten Weltkrieg war Gosling nur offen ab Fass erhältlich. Weltberühmt wurde deren Black Seal dann mit dem Cocktail Dark & Stormy, an dem Gosling die Namensrechte besitzt. Gosling’s Black Seal / / / Ein Verschnitt aus drei separat gereiften Rums der Karibik. Der Rum wird auf Bermuda verschnitten und abgefüllt, aber nicht hergestellt. Der einzig zugelassene Rum für Bermudas offiziellen Nationalcocktail aus Rum, Ginger-Beer und einem Stück Limette – ohne Black Seal darf er nicht Dark & Stormy genannt werden. Zum pur Geniessen nur bedingt geeignet. 77
Havanna, Kuba 78
KUBA Einst deckte Kuba einen Drittel des Weltbedarfs an Rohrzucker. Da liegt es nahe, dass hier schon immer viel Rum gebrannt wurde. Facundo Bacardí gebührt die Ehre, dem Rum die Verruchtheit ausgetrieben zu haben, die ihm lange Zeit anhing. Mittels Filtration durch Aktivkohle wurde sein Rum mild und leicht und trat so seinen Siegeszug in Form von Cocktails an. Die Klassiker kommen denn auch fast alle aus Kuba. Da der hiesige Rum nicht sehr aromatisch ist, eignet er sich bestens für die fruchtig-frischen kubanischen Cocktails. Während der Zeit der Prohibition reisten viele US-Amerikaner nach Kuba, um den leichten Genüssen des Lebens zu frönen. Eine Bar nach der anderen wurde eröffnet – und während die Barkultur in den USA im Sterben lag, wurde sie in Kuba immer stärker. Ein Ausdruck davon war der «Club de Cantineros» – eine legendäre Vereinigung kubanischer Barkeeper. Sie sollte den Beruf stärken und ehren. Zum ersten Mal in der Geschichte der Barkultur wurden hier Cocktails hauptsächlich mit Rum gemischt. Später trank dann Hemingway in Bars wie dem Floridita oder der Bodeguita del Medio Unmengen von Daiquiris und Mojitos. Es gibt auf der Insel nach wie vor einige grosse Destillerien, doch sie zu besuchen und damit Genaueres zu erfahren, ist sehr schwierig. Da der Markt von Havana Club dominiert wird, gelangen viele Produkte nie bis nach Europa. Havana Club International Der erste Rum mit dem Namen Havana Club kam 1935 auf den Markt – gebrannt und als Marke lanciert, wurde er in der Brennerei von José Arechabala, die seit 1878 in Cárdenas stand. Nach der Revolution durch Fidel Castro und dessen Mitstreiter wurde die Firma enteignet, und die Familie setzte sich, wie auch die Bacardís, ins Exil ab. Die Namensrechte gingen 1973 an den kubanischen Staat. 79
1993 ging die Firma Pernod Ricard ein Joint Venture mit dem kubanischen Staat ein und lancierte den Rum weltweit (mit Ausnahme der USA). Sehr zum Missfallen des Marktleaders Bacardi, der nach jahrelangem Rechtsstreit heute in den USA einen Rum verkauft, der ebenfalls Havana Club heisst und, wie teilweise auch Bacardi selbst, auf Puerto Rico produziert wird. Havana Club vertritt sehr gut den typischen kubanischen Stil. Der ist leicht, weich und etwas süsslich. Havana Club Añejo 7 Años / / / Sehr guter, milder, dunkler Rum zum Mixen oder pur Trinken. Havana Club Máximo extra añejo / / / Der Superpremium-Rum der Marke. Ein Blend aus den besten Fässern. Die Flasche kostet um die 2000 Franken – dafür erhält man dann auch richtig viel Holzgeschmack. Destilería Paraíso (Sancti Spíritus) Diese Brennerei heisst eigentlich Paraíso, wird dennoch meist nur Sancti Spíritus genannt, wie die Stadt im Zentrum Kubas, in der sie liegt. Sie produziert unter anderem den Santero- und den Mulata-Rum und ist wahrscheinlich die einzige Destillerie, die auch ganze Fässer an Abfüller verkauft. Wie bei allen kubanischen Destillerien, gibt es nur sehr wenig Informationen über sie. Fine Cuban Rum 2003 / Bristol Spirits / / / Die Eichenfässer, in welchen der Rum sieben Jahre lagerte, gelangten nach Grossbritannien, wo sie von Bristol Spirits abgefüllt wurden. Ein sehr schöner Rum. Ziemlich trocken für einen kubanischen Rum. 80
Sancti Spíritus 17 yo 62,2% Cadenhead’s / / / Ein Einzelfass, abgefüllt in Fassstärke von Cadenhead’s, ist etwas vom Besten, was es aus Kuba gibt.
Zuckerrohrernte, Kuba 81
DOMINIKANISCHE REPUBLIK Die Insel Hispaniola gehört zu den grossen Antillen und ist seit der Kolonialzeit in zwei Staaten geteilt. Der grössere ist die Dominikanische Republik, der kleinere Haiti. Hispaniola war eine der ersten Inseln, die Zuckerrohr anbaute; die erste Zuckermühle arbeitete hier schon 1516. Wahrscheinlich wurde damals schon eine Art Rum hergestellt. Dennoch wird die Insel heute von den Rumtrinkern gern übersehen, denn vor allem Rums der Dominikanischen Republik haben keine klingenden Namen. Das rührt auch daher, dass Hispaniola, im Gegensatz zu den anderen grossen Zuckerinseln, nie einen eigenen prägnanten Stil hervorbrachte. Die drei grossen Rumproduzenten des Landes – Brugal, Barcelo und Bermúdez – waren spanische Einwanderer und pflegten somit den spanisch-kubanischen Stil: weiche, in Amerikanischer Eiche gereifte Spirituosen von sanfter Eleganz mit spürbarer Holznote. Neben den drei Destillerien hat auch die Firma Oliver & Oliver ihren Sitz in der Dominikanischen Republik. Sie blenden Rum aus verschiedensten Quellen und produzieren so eine grosse Bandbreite an einfachen, süsslichen Rums. Sie sind mit Marken wie Puntacana, Opthimus, Quorhum oder Cubaney sehr erfolgreich, und das sind nur die bekanntesten Beispiele ihres grossen Portfolios. J. Armando Bermúdez & Co. Im Gebirgsstädtchen Santiago produziert dieser Familienbetrieb seit 1852. Auf der Insel bestens bekannt, aber international nicht so präsent wie die beiden anderen Grossen. Bermúdez Aniversario / / / Ein sehr schöner, eleganter und sanfter Rum.
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HAITI Der Sklavenaufstand von 1791 auf Haiti führte zur «ersten Schwarzen-Republik» nach dem Vorbild der Französischen Revolution. Unter der Führung von Nationalheld Toussaint Louverture kämpften die Aufständischen gegen die Unterdrückung durch die Kolonialmacht und gegen britische, französische und spanische Truppen. Die Kolonialmächte hatten nicht zu Unrecht Grund zur Sorge, schliesslich waren sie dank der Sklaverei reich geworden. 1794 erklärte Frankreich das Ende der Sklaverei in Haiti, und am 1. Januar 1804 wurde der Staat unabhängig. Das kostete allerdings: nicht nur das Leben von Toussaint Louverture, der neun Monate zuvor in französischer Gefangenschaft in Pontarlier nahe der Schweizer Grenze gestorben war. Frankreich verlangte für die Anerkennung auch 150 Millionen Francs – heute entspricht das 21 Milliarden US-Dollar. So wurde aus einer der reichsten Kolonien einer der ärmsten Staaten: Achtzig Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Dass nirgendwo in der Karibik mehr Rum konsumiert wird, liegt aber eher daran, dass das Getränk, das hier «Clairin» genannt wird, ein wichtiger Bestandteil vieler Voodoo-Zeremonien ist. Es ist der Rum der Armen, der heute noch produziert wird wie vor 300 Jahren. Der Italiener Luca Gargano, der seit einigen Jahren mit Clairin experimentiert, zählte 532 rudimentäre Destillerien. Rhum Barbancourt Dupré Barbancourt aus der Charente (dem Cognacgebiet) brachte 1800 die Cognac-Technologie auf die Insel. Bis heute wird in der von ihm gegründeten Destillerie ein Rum aus Zuckerrohrsaft mit sehr viel Finesse gewonnen. Gebrannt wird zuerst in einer stählernen Column Still und danach auf kupfernen Pot Stills oder, wie sie in diesem Fall heissen: Alambic charentais. Die Rums werden danach in Fässern aus Limousin-Eiche in verschiedensten Grössen 83
(bis zu siebzig Hektoliter) ausgebaut. Gebrannt wird gemäss alter Tradition nur in den Monaten Dezember bis Mai, denn in dieser trockenen Jahreszeit weist das Zuckerrohr den höchsten Zuckergehalt auf. Rhum Barbancourt 8 ans (5 stars) / / / & Ein ganz grosser Rum mit perfekter Balance – wegen ihm zählt Barbancourt zu den ganz wichtigen Häusern. Rhum Barbancourt 15 ans (Réserve du Domaine) / / / & Der 15-jährige Barbancourt ist nur sehr limitiert erhältlich. Das ist grosse Eleganz mit schöner Süsse. Distillerie Arawaks Arawak heissen die ursprünglichen Bewohner der Karibik, die von den europäischen Siedlern vertrieben wurden. Ihnen zu Ehren benannte Danois Vaval, der Vater des heutigen Besitzers Fritz, seine Destillerie, die er nach dem Zweiten Weltkrieg gründete, Arawaks. 2005 wurde aufwendig renoviert, aber auch heute noch haben Chemie oder Zusätze keinen Platz in Vavals Rumproduktion. Vaval / / / & Auf einem kleinen Pot Still (alambic) und einer Kolonne mit acht Böden wird hier ein sehr frischer Rum mit sehr starkem Charakter erzeugt. Distillerie Douglas Casimir Baradères, das kleine Dorf, in dem Faubert Casimir seinen Clairin herstellt, ist dermassen isoliert, dass die Zeit dort stehen geblieben 84
scheint. Dasselbe gilt für die Destillerie, die vom Vater des Besitzers gegründet wurde. Der aromatische Geruch der alten Zuckerrohrsorte, die in der Umgebung wächst, wird durch die Zugabe von Anis, Sauerampfer oder weiteren Gewürzen noch verstärkt. Casimir / / / & Auf einem kleinen Pot Still und einer Kolonne mit sechs Böden wird hier ein Rum produziert der eigentlich ein «spiced rum» ist. Mit den klebrigen Getränken, die meist in dieser Kategorie angeboten werden, hat er aber rein gar nichts zu tun. Extrem viel Geschmack! Distillerie Chelo Die Brennerei Chelo liegt auf 450 Metern, auf einer Hochebene mitten in den Bergen, die nur auf dem Geländeweg erreichbar ist. Der Zucker stammt von den eigenen Plantagen und ist eine ursprüngliche Variante, die ansonsten aus der Karibik verschwunden ist. Geerntet wird von Hand, transportiert per Maulesel; chemische Unkrautvertilger kommen dem Besitzer Michel Sajous keine auf sein Land. Der Clairin Saujous gilt als eine der perfektesten Versionen dieses Rums aus einer vergangenen Zeit. Sajous / / / & Auch hier wird auf einem kleinen Pot Still und einer Kolonne mit sechs Böden produziert. Dieser ist der «reinste» der drei Clairins. Gehörte Haiti noch zu Frankreich, wäre es ein echter Rhum agricole. Nach Gesetz darf nämlich nur auf französischem Staatsgebiet produzierter Rum so heissen (was Haitianer nicht daran hindert, das trotzdem auf ihr Etikett zu schreiben).
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Distillerie Bethel Romelus Im Nordosten von Haiti liegt das Dorf Pignon. Brennereibesitzer Bethel Romelus arbeitet mit «jus cuit», was so viel heisst wie: gekochter Zuckerrohrsaft oder Zuckerrohrsirup. Dieser wird spontan vergärt – die Fermentation startet also ohne den Zusatz externer Hefen. Le Rocher / / / & Dieser extrem aromatische Rum wird auf einem Pot Still und danach einer kleinen Kolonne gebrannt. Er hat aber, im Gegensatz zu den drei anderen Clairins, eine sehr starke Pot-Still-Aromatik.Trotzdem behält er auch eine schöne Fruchtnote. Ein sehr eigener, wunderbarer Rum, den es in dieser Art nicht sehr oft gibt.
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MARTINIQUE In Martinique wird heute fast ausschliesslich Rum aus Zuckerrohrsaft, der sogenannte Rhum agricole, hergestellt. Das war nicht immer so, denn früher hätte niemand dieses kostbare Rohprodukt ausschliesslich für Alkohol verwendet. Damit begonnen wurde irgendwann zwischen 1800 und 1820. Als im Jahr 1841 endlich die Sklaverei abgeschafft wurde, war es für viele Plantagenbesitzer nicht mehr rentabel, eine Zuckerfabrik zu betreiben. Viele schlossen sich zusammen und produzierten in einer grossen Fabrik Zucker. Gleichzeitig wurde immer mehr Rum direkt aus dem fermentierten Saft des Zuckerrohrs gebrannt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde viel Rum ins Mutterland Frankreich verkauft. Dort wütete gerade die Reblaus, und der Wein wurde knapp. Die Nachfrage nach alkoholischen Getränken blieb aber gross, und der Rum aus den Überseedepartementen erlebte seine Blütezeit. Die Zeit verging, der Wein kam zurück, und gleichzeitig stellte Frankreich auch immer mehr Zucker aus der heimischen Zuckerrübe her, anstatt ihn aus den Tropen zu importieren. Den Ruin vor Augen, verlegten sich immer mehr Zuckerpflanzer darauf, den Rum direkt aus dem Saft des Zuckerrohrs zu brennen und die unrentable Zuckerproduktion ganz aufzugeben. Ein kluger Entscheid, denn heute ist Rhum agricole aus Martinique ein berühmtes französisches Spitzenprodukt, das strengen AOC-Vorschriften unterliegt. Diese regulieren sowohl die zugelassenen Zuckerrohrsorten, die Anbaugebiete, die Erntezeiten und noch sehr vieles mehr. Die besten Produzenten orientieren sich an den Wein-Chateaux. Sie beachten Jahrgänge, Terroir und die Auswahl der Fässer. Die weissen Rhums agricole sind erdig, vegetabil und etwas scharf. Ein guter weisser Rhum agricoles repräsentiert das verwendete Zuckerrohr perfekt. Wie ein europäischer Edelbrand seine Frucht. Sie eignen sich perfekt für einen Ti Punch, einen Verwandten des Caipirinhas und des Daiquiris und das Nationalgetränk auf den französischen Inseln. 87
Mit der Lagerung im Fass werden die Rhums agricoles sehr elegant und erreichen eine grosse Aromenvielfalt und Komplexität. Die besten Martinique-Rums brauchen den Vergleich mit dem berühmten Cognac in keiner Weise zu scheuen. Im Gegensatz zu vielen populären Rums aus aller Welt sind sie nie lieblich, leicht, sanft und süss. Ist man aber erst einmal auf den Geschmack gekommen, lassen sie einen nicht mehr los. Da im letzten Jahrhundert viele Brennereien geschlossen wurden, deren Marken aber weiterleben, hier eine kurze Zusammenstellung, wo die Rums heute gebrannt werden. Die Fasswahl und Lagerung haben einen sehr wichtigen Einfluss, und in einigen Brennereien stehen sogar noch die originalen Brennanlagen der alten Standorte. Distillerie des Plantation Saint James: Saint James / Bally Dillon / G. Hardy / Héritiers Madkaud Distillerie Depaz: Depaz Distillerie La Mauny: La Mauny / Trois Rivières / Duquesne Distillerie Neisson: Neisson Distillerie Simon: Saint-Étienne (HSE) / Clément Distillerie J.M: J. M Distillerie La Favorite: La Favorite Habitation du Simon: A1710 Usine du Galion: Grand Arôme / Grand Fond Galion Distillerie J. M J. M ist die kleinste und nördlichste Destillerie auf Martinique. Und die wohl wichtigste Adresse, wenn es um gereifte Rhums agricoles geht. Das Zuckerrohr stammt ausschliesslich aus Eigenanbau in unmittelbarer Nähe zur Brennerei, die Fässer werden alle auf dem Gelände gelagert. Hier wird sehr sauber und mit sehr gutem Roh88
material gearbeitet – die übrigen grossen Geheimnisse, die diesen Rum so einzigartig machen, bleiben allerdings auch solche. J. M vieux V. S. O. P / / / Mindestens vier Jahre im Eichenfass. Mit Eis, für Cocktails oder pur. J. M très vieux X. O / / / Mindestens sechs Jahre im Eichenfass. Pur als Digestif. J. M très vieux 10 ans / / / Mindestens zehn Jahre alter Rum, in Fassstärke abgefüllt («brut de fut»). Immer mit der Jahreszahl gekennzeichnet. Einer der ganz grossen Rums. J. M très vieux 15 ans / / / Mindestens fünfzehn Jahre alter Rum, in Fassstärke abgefüllt («brut de fût»). Immer mit der Jahreszahl gekennzeichnet. Über siebzig Prozent dessen, was einst im Fass landete, verdunstet! Der Fünfzehnjährige von J. M gehört zu den besten Rhums agricoles. Distillerie Depaz Im Städtchen St. Pierre, das ganz im Norden von Martinique liegt, gab es einst sehr viele Destillerien. Die blühende Stadt galt als «das Paris der Karibik». Sie liegt am Fusse des Vulkans Montagne Pelée, der 1902 ausbrach und alles unter seiner Lava begrub. Seine fruchtbaren Hänge sind heute die beste Lage für Zuckerrohr, und trotzdem zogen fast alle Brennereien nach der Katastrophe an sicherere Plätze auf der Insel. Depaz ist die einzige Brennerei, die alles wieder 89
Destillerie J.M, Martinique 90
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neu aufbaute – und damit der Stolz der Gegend. Hier wird ein sehr eleganter, fast schon filigraner Rhum agricole hergestellt, der gelagert neben J. M zum Besten zählt, was Martinique zu bieten hat. Depaz VSOP / / / Perfekter, trockener, sehr ausgewogener Rhum agricole mit feinen Zitrusnoten. Depaz XO / / / Zwölf Jahre im kleinen Eichenfass gelagert. Perfekt. Einer der grossen Martinique-Rums. Plantation Saint James An der anderen Hangseite der Montagne Pelée lag einst das Stammhaus von Saint James, das den Ausbruch von 1902 wie durch ein Wunder fast unbeschadet überstand. Seit 1974 wird trotzdem am neuen Standort in Sainte-Marie produziert. Saint James hatte die weltweit erste eckige Flasche, was für die Lagerung und Verpackung viele Vorteile mit sich brachte. Der englische Name wurde bewusst gewählt, um in den englischsprachigen Märkten bessere Chancen zu haben. Obwohl Saint James heute ein sehr grosser Produzent ist, beruht vieles auf den alten Traditionen, die bis 1765 zurückreichen. Seit 1885 werden hier Jahrgangsabfüllungen gemacht, und im Keller lagern von jedem dieser «Millésime» genannten Flaschen noch mindestens sechs Flaschen. Saint James 7 ans / / / Dieser Siebenjährige hat noch die ganze Frische eines jungen Rhum agricole, aber mit sehr schön eingebundenen Holzaromen vom Fass. Sehr gelungen. 92
J. Bally Auch bei J. Bally werden viereckige Flaschen verwendet, und auch hier ist man stolz auf seine Tradition der Millésime-Abfüllungen. Gebrannt wird heute nicht mehr am alten Standort bei Carbet, sondern in der oben beschriebenen Saint-James-Brennerei. Das Zuckerrohr stammt allerdings noch immer vom alten Standort. Die Rums sind meist etwas fruchtiger als diejenigen von Saint James. Bally Millésime 2000 / / / Sieben Jahre in kleinen Cognacfässern gereift. Distillerie Dillon Arthur Dillon war mit 16 Jahren bereits Oberst in einer der irischen Brigaden unter Louis XIV. Er kämpfte im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und landete 1779 auf Martinique. Dort heiratete er eine Cousine der zukünftigen Kaiserin und Ehefrau Napoleons Joséphine de Beauharnais. Der Zuckerplantage, welche ihrer Familie gehörte, wurde der Name Dillon gegeben und damit auch dem Rum. Da sich das Gelände in Fort-de-France, der Hauptstadt Martiniques, befindet, wurde es von der wachsenden Stadt immer mehr bedrängt. Die Produktion ist seit 2006 eingestellt. Die Marke besteht noch, doch der Rum kommt heute wohl zum grössten Teil von der Saint-James-Destillerie. Dillon VSOP / / / Ein einfacher, aber sehr gut gemachter, etwas süsslicher Rhum agricole.
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Brennkolonne bei Depaz, Martinique 94
Stahltanks bei Depaz, Martinique 95
Habitation Clément Die Destillerie Habitation Clément und deren wunderschöner Park fungieren heute als Museum und Touristenattraktion. Ihren Namen kennt man auf ganz Martinique, und wer das Anwesen besucht, kann erahnen, welcher Reichtum einst mit Zucker und Rum zu erwirtschaften war. Gebrannt wird heutzutage in der Distillerie du Simon, wo auch die Kolonnenanlage der abgebrannten Brennerei Habitation Saint-Etienne steht. Clément hat auf seinem Gelände aber riesige Lager mit Tausenden von Fässern und bietet eine grosse Bandbreite an gelagerten Rums an. Clément canne bleue / / / Jedes Jahr kommt bei Clément ein neuer «canne bleue»-Jahrgangsrum auf den Markt. Dies ist ein weisser Rhum agricole, der ausschliesslich aus dem Saft der ebenso genannten Zuckerrohrvarietät gebrannt wird. Canne bleue gilt als eine der edelsten Zuckerrohrsorten. Clément 10 ans / / / Perfekt gereift, mit kräftigem Holzeinschlag. Habitation Saint-Etienne (HSE) Auch die Rums der Marke HSE werden in der Distillerie du Simon in Le François gebrannt. Dies allerdings auf den originalen Kolonnen der abgebrannten alten Brennerei in Gros Morne. Gelagert werden sie am alten Standort – und dies in den verschiedensten Fässern. HSE hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen damit geschaffen, dass sie ihren Rum in den unterschiedlichsten Fässern ausbaut. Von Single-Malt-Brennereien aus Schottland bis zu berühmten französischen Weinkellereien ist fast alles dabei. Manchmal sehr interessant, manchmal aber auch etwas beliebig. 96
HSE VSOP / / / Die klassischen Rhums agricoles von HSE sind sehr gelungen. Der VSOP reift in Ex-Bourbon-Fässern und in solchen aus französischer Eiche und ist guter, nicht sehr schwerer Rum mit Zuckerrohraromatik. Distillerie Neisson Neisson ist eine der wenigen Brennereien auf Martinique, die sich noch in Familienbesitz befinden. Die Brüder Jean und Arien Neisson haben sie zu Beginn der 1930er Jahre gegründet, heute leitet sie Claudine Neisson-Vernant. Neisson hat den Ruf, den besten weissen Rhum agricole herzustellen. Dadurch erzielen auch die gelagerten Qualitäten heutzutage zum Teil enorme Preise. Verwendet wird ausschliesslich eigenes Zuckerrohr. Dieses wird von Hand geerntet und ist zu 60 Prozent von der edlen Varietät Canne bleue. Neisson blanc / / / Der klassische weisse Rhum agricole ist tatsächlich sehr gut. Die Aromen von frisch gepresstem Zuckerrohrsaft sind perfekt eingefangen. Distillerie La Favorite Rum gebrannt wird hier schon seit 1851. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts übernahm Henri Dormoy die Brennerei und installierte einige moderne Geräte. Die Dampfmaschine läuft bis heute, während die Brennkolonnen oft wechselten. Bis sein Enkel Paul 2004 das letzte Mal neue Kolonnen aus Kupfer installierte, standen hier einige Brenngeräte. Während der ganzen Achtzigerjahre waren es zum Beispiel die Kolonnen der Distillerie Saint-Etienne die heute nun in der Distillerie du Simon stehen. Heute ist mit Frank Dormoy die vierte Generation an der Arbeit und produziert sauberen weis97
sen Rhum agricole. Die gelagerten Rums haben eine nicht so klare Linie und sind von unterschiedlicher Qualität. La Favorite Coeur de Canne / / / Guter, sauberer Rum mit schönen Fruchtaromen. Habitation du Simon A1710 Am 2. September 2016 ging in Martinique wieder einmal eine neue Brennerei auf, die Distillerie A1710. Gegründet von Yves Assier de Pompignan, dessen Familie im Jahr 1710 auf die Insel gezogen war. Die Brennerei liegt nur wenige hundert Meter neben der Distillerie du Simon welche für Clément und HSE den Rum brennt. Bei A1710 wird aber auf Alambic charentais gebrannt – also dem traditionellen kleinen Pot Still, der für Cognac-Produzenten vorgeschrieben ist. Somit ist der eigene Rum auch kein Rhum agricole nach den strengen AOC-Richtlinien, denn dafür muss auf einer Kolonne produziert werden. Trotzdem wird selbstverständlich aus dem Saft von lokalem Zuckerrohr gebrannt, der während einer untypisch langen Zeit von fünf Tagen fermentiert worden ist. Die gealterten Rums der Habitation du Simon werden momentan noch zugekauft, doch mit den Jahren werden auch eigene folgen. A1710 La Perle / / / Der erste eigene Rum kommt noch etwas sperrig daher. Die Hefearomen sind etwas prägnant, daneben kommt aber auch das Zuckerrohr zur Geltung. Eigenständig, aber sehr interessant.
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Alter Zuckerrohrzug auf der Plantation Saint James, Martinique 99
GUADELOUPE Wie Martinique gehört auch Guadeloupe als eigenständiges Département zu Frankreich. Auf der «Île Papillon» – ihre Umrisse erinnern an einen Schmetterling – wird statt Pastis einfach Ti Punch getrunken. Die Erfolgsgeschichte des Rums hier ist aber eng mit einem anderen Getränk im Mutterland verbunden: Der erste grosse Aufschwung kam nämlich auch hier mit der französischen Reblausplage. Die Umstellung auf Rhum agricole war aber weniger radikal, und so wird auch heute noch Melasse-Rum erzeugt. Dieser geniesst allerdings keine so hohe Achtung wie die Agricole-Produkte. Allgemein steht Guadeloupe etwas im Schatten von Martinique und deren AOC-System. Hier wird nach den Richtlinien eines IGP-Systems gearbeitet – dieses ist etwas weniger streng. Die Rums aus Guadeloupe haben meist ein bisschen weniger Raffinement, dafür einen etwas volleren Körper. Die meisten Destillerien befinden sich in Basse-Terre, dem linken Flügel des Schmetterlings, der bedeckt ist von tropischem Urwald. Der flachere rechte Teil, Grande-Terre, ist ein beliebtes Ziel von französischen Pauschaltouristen. Die wichtigsten Unternehmen in der französischen Karibik gehören auch heute noch den Békés, den weissen Nachfahren französischer Siedler. Bis heute profitieren sie vom Reichtum, den sie durch die Sklaverei erwirtschaftet haben. Distillerie Damoiseau/Bellevue Die einzig verbliebene Destillerie auf Grande-Terre ist Damoiseau – die grösste und bekannteste Marke auf Guadeloupe. 1914 als Distillerie Bellevue gegründet, ist sie seit 1942 in den Händen der Damoiseaus. In Flaschen abgefüllt wird Rum aber erst seit 1953. Neben dem bekannten Rum aus Zuckerrohrsaft wird hier auch Rum aus Melasse gebrannt. Leider machte Hervé Damoiseau, CEO der Destillerie, schon oft Schlagzeilen wegen rassistischen Äusserungen und provozierte da100
mit immer wieder Boykotte gegen Damoiseau. Er lässt sich davon nicht gross beeindrucken. Mit seinem Rum ist er in über 40 Ländern weltweit vertreten und damit einer der erfolgreichsten Rhum-agricole-Produzenten. Damoiseau 5 ans / / / Wie fast alle Rums von Damoiseau ist auch der fünfjährige eher leicht und einfach in der Aromatik. Dass diese Rums niemandem zu extrem sind, ist wohl auch ihr Erfolgsgeheimnis. Distillerie Carrère (Montebello) Bei Montebello in der Nähe von Petit-Bourg wird nicht im französischen Standardstil produziert. Neben der Verwendung einer untypischen Säulenanlage wird auch deutlich länger fermentiert, wodurch die Destillate etwas leichter werden als sonst in Guadeloupe üblich. Dazu werden die Rhums agricoles meist mit Melasse-Rum vermischt. Es entstehen dabei aber sehr interessante Destillate. Die Brennerei besteht seit 1930, war zwischenzeitlich (1960–1968) aber mal geschlossen. Montebello 6 ans / / & / Mindestens sechs Jahre in gebrauchten Bourbon-Fässern gelagert. Ein leicht zu trinkender, aber sehr guter Rum. Distillerie Reimonenq (Musée du Rhum) Die beiden Brüder, die 1916 die Distillerie Reimonenq gründeten, hatten ihre Wurzeln in Skandinavien. Um den Namen etwas französischer zu gestalten, hängten sie einst einfach ein q an. Seit 1959 führt Léopold ihr Werk in zweiter Generation weiter. Er übernahm den Betrieb im Alter von 26 Jahren und führt ihn bis heute mit im101
Distillerie Reimonenq, Guadeloupe 102
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LĂŠopold Reimonenq 104
mer wieder neuen Innovationen sehr erfolgreich. Mit seiner selbst entworfenen, in Frankreich hergestellten, einzigartigen Kolonnenbrennerei aus Stahl bringt er eine Vielfalt an Rum-Stilen zustande, die ihresgleichen sucht. Léopold Reimonenq ist ein Spinner, der an jeder einzelnen Anlage rumbastelt, bis sie in seinen Augen perfekt ist. Neben der Brennerei eröffnete er 1989 auch das Musée du Rhum und 1994 eine riesige Insektensammlung mit 5000 Exponaten. Dazu kommen eine Austellung über Guadeloupe und eine beeindruckende Schiffsmodellsammlung. Ob die nächste Generation, die so langsam am Übernehmen ist, dies alles auch so weiterführen wird, bleibt offen. J. R. on the rocks / / / Léopolds Antwort auf den Rat seines Arztes, weniger zu trinken. Ein leichterer, «gesünderer» Rum, den man «on the rocks» trinken sollte. Auch ohne Eis geht das natürlich hervorragend, denn leicht ist er bei Weitem nicht – aber perfekt gemacht. Die Initialen stehen für Joseph Reimonenq, seinen Onkel und Gründer der Destillerie, mit dessen Ölportrait er jeden Abend vor dem Schlafengehen ein paar Worte wechselt. Reimonenq 7 ans / / / Das Flaggschiff unter Reimonenqs «vieux rhums». Genau so schmeckt ein ausgewogener perfekter Rhum agricole aus Guadeloupe. Distillerie Longueteau Für den lokalen Markt wird der Rum auch unter dem Namen Mon Repos abgefüllt, für den internationalen verwendet die Destillerie den Besitzernamen Longueteau. 105
Gebrannt wird hier seit 1895 – als Henri Longueteau die Zuckerfabrik L’Espérance» kaufte und in die Brennerei Longueteau umwandelte. 1940 kaufte er auch die kleine Destillerie Mon Repos dazu, die er 1962 wieder stilllegte. Trotzdem lebt der Name bis heute weiter. Seit 2006 führt François Longueteau den Betrieb. Elektrisches Licht gibt es im Brennschuppen noch genauso wenig wie elektrische Pumpen für die Maische. Es ist alles noch wie in der «guten alten Zeit». Einer der wenigen kleinen Familienbetriebe, die für ihren Rhum agricole nur eigenes Zuckerrohr verwenden. Kultiviert werden die Sorten Canne bleue und Canne rouge, geerntet wird nur einmal pro Jahr. Hier steht das Grundprodukt wirklich noch im Mittelpunkt. Longueteau 6 ans / / / Leicht süsslicher, leicht zu trinkender Rhum agricole im alten Stil. Distillerie Bologne Der weisse Rhum agricole von Bologne ist auf Guadeloupe allgegenwärtig. Wer hier einen Ti Punch trinkt bekommt meist Rum von dieser Brennerei. Ihre Geschichte geht zurück bis 1654, als die Familie De Bologne in Guadeloupe ankam. Diese Familiengeschichte liefert ein schönes Beispiel der Kolonialzeit und der Rolle des Zuckers. Ursprünglich aus der Region Dauphiné in Frankreich stammend, wanderte sie im 16. Jahrhundert in die Niederlande aus. Einige Familienmitglieder emigrierten gegen Ende jenes Jahrhunderts weiter nach Brasilien, wo die Niederländer in der Gegend um Recife siedelten. Sie betrieben dort erfolgreich Zuckerplantagen, bis die niederländischen Truppen 1654 die Schlacht von Guararapes verloren und die Familie fliehen musste. Mit einer Flotte von Schiffen, 106
die 1200 Flüchtlinge an Bord hatten, erreichten sie im selben Jahr Martinique. Da es sich um Protestanten handelte, durften sie aber nicht anlegen, ein königlicher Beschluss hatte dies dem Gouverneur verboten. Sie fuhren weiter nach Guadeloupe. Der dortige Gouverneur, Charles Houël, kümmerte sich wenig um den Beschluss und hiess die Flüchtlinge willkommen. Da die Niederländer mit den Portugiesen einen Kapitulationsvertrag unterzeichnet hatten, hatte die Familie De Bologne ihre Reichtümer nicht verloren. Sie gründete damit die Zuckerplantage an dem Ort, an dem die Distillerie Bologne heute noch steht. In den folgenden Jahren erlebte die Zuckerfabrik verschiedenste Besitzer, ging mehrmals Konkurs und wurde 1887 versteigert. Das Gut kaufte Henri de Pombiray, baute eine Destillerie und fing an, Rum zu brennen. Nach seinem Tod vermachte er den Besitz seine Neffen und Nichten, welche es 1930 an Louis Sargenton-Callard verkauften. Dieser spezialisierte sich auf die Produktion von weissem Rhum agricole, womit die Familie Callard bis heute erfolgreich ist. Bologne blanc Black Cane / / / Die Zuckerrohrsorte «Black Cane» wird wegen ihrer geringen Ausbeute fast nicht mehr angepflanzt. Da sie aber herausragende geschmackliche Eigenschaften hat, wird sie bei Bologne weiterhin kultiviert. In jeweils limitierter Menge kommt sogar ein reinsortiger weisser Rhum agricole auf den Markt. Sehr schön fruchtig und angenehm. Damit gelingt der perfekte Ti Punch. Domaine de Séverin Ihren Namen erhielt die Domaine von einem Herrn Séverin, welcher die ehemalige Zuckerplantage Bellevue im 18. Jahrhundert kaufte und dann zu einer Ananas-Konservenfabrik umnutzte. In 107
den 1920er-Jahren dieses Jahrhunders übernahm Madame Beauvarlet die Domaine Séverin. Ihr Neffe Henri Marsolle wurde eingestellt, um mit der Produktion von Rhum agricole zu beginnen. Er kaufte das Gut seiner Tante ab und übergab es später seinen beiden Söhnen Joseph und Eduard. Eduard starb 1964, als er versuchte, bei einer Dampfkesselexplosion einen Arbeiter zu retten. Joseph und seine Frau May sind bis heute in der Destillerie tätig, die aber hauptsächlich von den Söhnen der beiden geleitet wird. Séverin blanc / / / Gut und sauber gebrannter Rhum agricole. Domaine de Courcelles Die Courcelles-Destillerie schloss im Jahr 1964 ihre Tore. Da, wo sie einst stand, befinden sich heute ein paar Häuser und eine Lagerhalle. Das Brenngerät wurde zur Brennerei von Sainte-Marthe gebracht, die noch acht weitere Jahre Rhum Courcelles produzierte, bis auch sie schloss. Der letzte Rum dieser Brennerei lagerte über 35 Jahre bei der Distillerie Poisson auf Marie-Galante im Fass. Der Besitzer der Distillerie Poisson, Jean Brot, nutzt den Markennamen heute wieder. Allerdings wird für die «neuen» Courcelles wohl Rum aus seiner anderen Destillerie verwendet. Rhumhouse Courcelles 1972 / / / Dieser Rum aus Melasse ist ein Zeuge aus einer vergangenen Zeit. Er entstand bei der allerletzten Destillation auf den alten Geräten. Über 38 Jahre im Fass gelagert. Absolut einmaliger süsser Melasse-Rum.
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MARIE-GALANTE 1493 kam Kolumbus zu dieser kleinen Nachbarinsel von Guadeloupe. Eines seiner Schiffe trug den Namen «Maria Galanda», und so kam das 15 Kilometer Durchmesser grosse Inselchen zu seinem Namen. Es war – und ist bis heute – mit Zuckerrohrfeldern übersät, und fast hundert Windmühlen trieben einst die Zuckermühlen an. Heute ist nicht mehr Zucker, sondern Rum das wichtigste Produkt der Insel. Auf lediglich 13 000 Einwohner kommen drei Produzenten. Sie sind bekannt für exzellente Qualität. Distillerie Bielle Zum ersten Mal Rum gebrannt wurde hier 1900. Die Brennerei erlebte danach verschiedene Besitzer, bis sie nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegeben wurde und zur Ruine verfiel. Erst 1975 nahm Dominique Thiery die Zügel in die Hand und gründete mit der Erbengemeinschaft die Société d’Exploitation de la Distillerie Bielle. Die Brennerei wurde unter seiner Leitung wiederaufgebaut und hat sich in den letzten vierzig Jahren zum Spitzenproduzenten auf Marie-Galante gemausert. Hier kann man heute wieder miterleben, wie Rum seit Ewigkeiten produziert wird. Unzählige Kleinbauern bringen zweimal wöchentlich ihr frisch und von Hand geerntetes Zuckerrohr mit kleinen Wagen zur Brennerei. Oftmals ist das ein Ochsenkarren. Frischer und sauberer als hier kann Rum fast nicht hergestellt werden, und vom Umgang mit Fässern verstehen die Betreiber Dominique Thiery und sein Neffe Jérôme mehr als viele andere. Der allergrösste Teil der Produktion ist zwar weisser 59-Prozent-Rum, der direkt auf der Insel konsumiert wird. Das herausragende Renommee aber, welches sich die Brennerei erarbeitet hat, stammt aber von ihren «rhums vieux», die meist in Fassstärke abgefüllt werden. Seit 2005 stehen hier, neben der Kolonne, auch noch zwei kleine deutsche 109
Maischetanks bei Bielle, Marie-Galante
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Obstbrandhäfen, die dem vielfach ausgezeichneten italienischen Fruchtbrand- und Grappabrenner Vittorio Capovilla gehören. Er produziert hier zusammen mit Bielle einen Rum nach «europäischer» Art, was sich in einer längeren, kühleren und geschlossen stattfindenden Fermentation äussert, sowie in einem «saubereren» Brennverfahren, das in diesen Pot stills mit zusätzlichen Destillierböden möglich ist. Bielle blanc / / / Intensiver, vollmundiger weisser Rum mit wunderschönem Zuckerrohraroma. Bielle brut de fût 2003 / / / Ein ganz grosser Rum, bei dem das Fass perfekt zur Geltung kommt. Sehr gehaltvoll. Einmalig gut gelungen und sehr limitiert. Bielle brut de fût 2010 / / / Auch dieser «Millésime» ist sehr gelungen. Eine Spur fruchtiger, aber ebenfalls extrem gehaltvoll und beeindruckend. Liberation 2015 / / / & Beim Rumprojekt, das Bielle zusammen mit dem Grappabrenner Vittorio Capovilla betreibt, ist einiges anders. Der Zuckerrohrsaft wird länger und kühler vergärt als üblich, und gebrannt wird in kleinen deutschen Obstbrandhäfen. Eigentlich wird der Liberation hergestellt, wie ein Grappa – allerdings in der Karibik und nicht aus Traubentrester. Die Lagerung findet während sechs Jahren in Fässern statt. Er ist noch immer ein typischer Bielle-Rum, vielleicht ein wenig leichter, etwas sauberer und etwas fruchtiger, aber jedenfalls sehr interessant. 112
Distillerie Poisson Der Rum dieser Destillerie ist nach dem Dominikanerpriester Père Labat aus Paris benannt. Dieser wurde Ende des 17. Jahrhunderts auf die Insel geschickt, um ein Hospital für Arme zu errichten, und brachte dafür modernste Gerätschaften zur Produktion von reinem Alkohol mit. Bald fanden sie auch in der Rumproduktion Verwendung – ein Wendepunkt für die französischen Inseln, da man nun über ein hohes technisches Wissen verfügte und so eine bessere Wirtschaftlichkeit in der Herstellung erreichen konnte. Noch heute lassen sich viele Traditionen in der Rumerzeugung auf «Vater» Labat zurückführen. Die Geschichte beginnt 1860 als Catherine Poisson die nach ihr benannte Zuckerfabrik gründete. Die Brennerei entstand erst 1916 unter dem neuen Besitzer Edouard Rameaux, der das Anwesen 1900 gekauft hatte. Er war es auch, der dem Rum später den Namen des berühmten Priesters gab. Zu Beginn wurde noch auf einem kleinen Pot still aus Barbados gebrannt – ab 1955 dann auf einer Kolonne, die bis heute in Betrieb ist. Ab 1976 führte sein Enkel Ernest Renault das Unternehmen. Er ist ein Onkel von Dominique Thiery der fast zur gleichen Zeit die Destillerie Bielle wiederbelebte. Während der 1990er-Jahre bauten die beiden Brennereien sogar zusammen einen Keller, um ihre Rumfässer zu lagern. Poisson rentierte aber immer schlechter und wurde schliesslich im Jahr 2000 verkauft. Unter den neuen Besitzern ist wenig Innovation zu spüren, sodass momentan nur noch ein weisser Rum auf dem Markt ist. Père Labat blanc / / / Der weisse Rhum agricole ist solid und eignet sich bestens für einen klassischen Ti Punch. 113
Metallene Column Still, Guyana (Foto: DDL) 114
GUYANA Guyana liegt an der Ostküste des nördlichen Südamerikas und erlebte in seiner Geschichte verschiedene Kolonialmächte. Das heutige Guyana bestand im 17. und 18. Jahrhundert aus den ursprünglich niederländischen Kolonien Essequibo, Demerara und Berbice. Diese drei Kolonien wurden am Wiener Kongress 1815 offiziell an das Vereinigte Königreich Grossbritannien und Irland übertragen, von welchen das Land erst 1966 unabhängig wurde. Rum aus Guyana wird denn auch bis heute als Demerara-Rum bezeichnet. Lange Zeit stammte der Löwenanteil britischer Rumsorten aus Guyana, doch von den ehemals 200 Destillerien gibt es heute nur noch eine einzige. Im 18. Jahrhundert exportierte jede Plantage ihren eigenen Rum und kennzeichnete diesen mit einem Kürzel («mark»). Das Spezielle daran war, dass die grossen Brennereien komplett verschiedene Brenntechniken anwandten und somit sehr unterschiedliche Rum-Stile entstanden. Es gab hier einfache und doppelte Kolonnen aus Metall oder aus Holz. Ebenso einfache und doppelte Pot und Vat Stills. Für die hölzernen Brennanlagen, die sehr heissen Temperaturen standhalten müssen, wurden extrem harte Tropenhölzer, sogenanntes Eisenholz, verwendet. Demerara Distillers Ltd. Im Jahr 1983 fusionierten die Destillerien Uitvlugt, Enmore und Diamond zum Unternehmen Demerara Distillers. Die verschiedenen Vat, Coffey und Column stills der Brennereien wurden daraufhin zu Demerara Distillers gebracht und stehen heute noch da. Damit ist die Destillerie eine Art lebendiges Rummuseum, in dem diese uralten Anlagen noch immer in Betrieb sind und grosse Mengen Rum produzieren. Die weltweit letzte hölzerne Coffey Still-Anlage (Kolonnenanlage) steht da, genauso wie eineeinfacher sowie eine doppelter Vat Still. Das sind eigentlich Pot Stills, deren unterer Teil, in welchem die Melasse aufgeheizt wird, wie ein Fass aus Holz ge115
baut ist. Dazu kommen eine vierfache Kolonnenanlage und eine metallener Coffey Still. Mit all diesen Geräten ist die Brennerei einer der mengenmässig grössten und auch vielfältigsten «bulk rum»-Hersteller. Dieser Rum wird offen verkauft und gelangt so in die verschiedensten «blends» dieser Welt. In unseren Breitengraden ist in erster Linie ihr Flaggschiff, der El-Dorado-Rum, zu finden. Durch unabhängige Abfüller, die Fässer der einzelnen Stills kaufen, sind die verschiedenen Stile aber immer wieder einmal erhältlich. Eine kleine Übersicht der Stills, die heute bei Demerara Distillers in Gebrauch sind, und die Namen und Marks dazu: Doppelter hölzerner Vat Still: Sugar Estate: Port Mourant Destillerie: Albion, dann Uitvlugt, dann Diamond Marks: PM, AW, MPM Einfacher hölzerner Vat Still: Sugar Estate: Versailles & Lusignan Destillerie: Versailles, dann Enmore, dann Uitvlugt, dann Diamond Marks: VSG, KFM, SXG Hölzerner Coffey Still: Original Sugar Estate: Enmore Destillerie: Enmore Marks: EHP, ELCR, MD Metallene vierfache Kolonne Savalle Still: Sugar Estate: Uitvlugt Destillerie: Uitvlugt Marks: ICBU, AN, LBI, B, SWR, GS Metallener Coffey Still: Sugar Estate: Diamond Destillerie: Diamond Marks: SVW, SV
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Der hรถlzerne Enmore-Still, Guyana (Foto: DDL) 117
Port-Mourant-Still, Guyana (Foto: DDL) 118
El Dorado 12 yo / / / & Dieser Rum ist süsslich und doch schwer, mit Anteilen aus zwei Brennanlagen: EHP und SVW (fettgedruckt = dominantere Anteile). El Dorado 15 yo / / / & Dies ist ein süsser und sehr reichhaltiger Rum mit Anteilen aus vier verschiedenen Brennanlagen: EHP, PM, VSG, SVW. Das ergibt einen perfekt ausbalancierten Rum, der oft als Referenz für gealterten schweren Rum gilt. El Dorado 21 yo / / / & Noch etwas süsser und voller, mit Anteilen aus drei Brennanlagen: EHP, VSG, AN. Uitvlugt Distillery Die Uitvlugt Distillery (ausgesprochen: «eyeflat») befand sich westlich von Georgetown und wurde im Jahr 2000 definitiv geschlossen. Ursprünglich wurde in dieser Brennerei, wie oben erwähnt, ein «French Savalle»-Still verwendet. Bei Uitvlugt stand aber auch ein doppelter Vat Still von Port Mourant und der einfache Vat Still von Versailles – bis dieser nach der Schliessung zur Diamond Distillery kam, dem Standort der Demerara Distillers Ldt. Uitvlugt 14 yo Cadenhead’s / / / Dieser Rum vom unabhängigen Abfüller Cadenhead’s ist mit dem Mark PM gekennzeichnet. Das heisst also, dass er vom Port Mourant-Still stammt, der zu dieser Zeit bei Uitvlugt stand. Er ist in Fassstärke abgefüllt, was in diesem Fall 70,7 Prozent bedeutet und für einen Rum mit vierzehnjähriger Lagerung ein ziemlich 119
stolzer Wert ist. Hier ist ein leichtes Verdünnen mit Wasser sicher angebracht, um die vielen Aromen perfekt zur Geltung kommen zu lassen. Extrem schwerer, vollaromatischer, «dreckiger» Rum im britischen Stil. Enmore Distillery Der ursprüngliche Stil von Enmore ist mittelschwer und kam von einem hölzernen Coffey Still (Column Still). Das Gerät ist mehr oder weniger identisch mit der ersten Kolonnenanlage, die der Ire Aeneas Coffey 1832 erfand. Als 1966, nach der Unabhängigkeit Guyanas, die Versailles Distillery geschlossen wurde, kam auch deren berühmter Single Vat Still zu Enmore. Diese beiden legendären Stills gingen 1995 an Demerara Distillers. Enmore Distillery 11 yo W. D. J. Marketing / / / W. D. J. Marketing war ein unabhängiger Abfüller, der nicht mehr existiert. Dies ist also ein Rum aus einer geschlossenen Brennerei von einem «geschlossenen» Abfüller. Die Etikette hat kein Mark, es bleibt deswegen alles ein wenig vage. Anstelle eines Mark steht da: Pot Still. Es müsste also ein Rum sein, der von einem Versailles Vat sSill kommt, und er könnte noch vor 1995 und somit am originalen Standort gebrannt worden sein. Dieser Rum hat extreme Holzaromen, die fast schon an den Korkgeruch eines Weins erinnern. Ansonsten schwer, komplex und in seiner Art ziemlich einmalig. Enmore 1990 25 yo Cave Guildive / / / Vom legendären Versailles Still, als er noch in der Enmore Distillery stand. Ein Rum mit grosser Eleganz, der alles beinhaltet, was diesen Vat Still so berühmt gemacht hat. Trotz 25 Jahren im Fass noch jugendlich frisch, und gleichzeitig spürt man die konzentrierte Komplexität, die eine so lange Lagerung mit sich bringt. Ein absolut grossartiger Rum. 120
Port Mourant Distillery Die Port Mourant Distillery wurde im frühen 19. Jahrhundert gegründet und zwischen 1954 und 1958 geschlossen – wahrscheinlich im Jahr 1955, doch ganz genau belegbar ist das nicht. Ihr Brenngerät war eine doppelter hölzerner Pot Still, also eigentlich ein Vat Still. Dieser hat ein sehr eigenes, unverkennbares Aromaprofil und produziert einige der schwersten und interessantesten Rums der Welt. Der Still wurde nach der Schliessung zur Albion-Destillerie gebracht und lief dort weiter bis zu deren Ende – irgendwann zwischen 1966 und 1969. Danach kam er zur Uitvlugt Distillery und schliesslich zu Demerara Distillers, wo er bis heute steht und produziert. Port Mourant 1974 Velier / / / Eine uralte Abfüllung von Velier. Von diesen Flaschen existieren weltweit nicht mehr sehr viele, sie sind also sehr gesucht. Einmalige, extrem konzentrierte Aromenvielfalt mit starkem Holzeinschlag. Port Mourant 2005 10 yo Cave Guildive / / / Eine relativ junge Abfüllung eines klassischen Port Mourant. Dadurch ist er noch richtig ungehobelt und wild. So ähnlich muss Rum vor 200 Jahren geschmeckt haben.
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FRANZÖSISCH-GUYANA Da Französisch-Guyana seit 1946 den Status eines französischen Überseedepartements hat, darf hier auch ganz offiziell Rhum agricole produziert werden. Zucker und Rum spielen wirtschaftlich aber keine grosse Rolle. Die grösste Bedeutung kommt heute dem europäischen Weltraumfahrtbahnhof zu, der hier stationiert ist. Entdeckt wurde die Gegend bereits 1498 von Kolumbus. Die ersten Europäer die sich niederliessen, waren Niederländer – auf sie folgten im 17.Jahrhundert Franzosen und Engländer. Grosse Bekanntheit erlangte das Land vor allem durch seine Strafkolonie auf den vorgelagerten Îles du Salut, welche von 1852 bis 1951 bestand. Einer der 70 000 Inhaftierten war Henri Charrière, dem 1944 die Flucht nach Britisch-Guyana gelang. Er verarbeitete seine Erlebnisse im Buch «Papillon», das 1970 erschien und ein Welterfolg wurde. Rhum Saint-Maurice In der Ortschaft mit dem wunderbaren Namen Saint-Laurent du Maroni steht die einzige «rhumerie» von Französisch-Guyana. Die Zuckerfabrik und die Destillerie wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegründet und 2012 gründlich erneuert. Hier entstehen auf einer grossen Kolonne mehrfach ausgezeichnete Rhums agricoles aus handgeschnittenem, lokalem Zuckerrohr. La Belle Cabrese / / / Klassischer weisser Rhum agricole, der lokal meisten als Ti Punch genossen wird. Dafür eignet er sich mit seiner schönen Zuckerrohraromatik auch sehr gut.
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Toucan Nr. 4 / / / Toucan ist eine professionell aufgezogene Marke, die mit Rum der Destillerie Saint-Maurice arbeitet. Neben dem Weissen experimentiert die Gründerin Catherine Arnold und ihr Mann auch immer wieder mit Holz. Toucan Nr. 4 wurde in einem Armagnac-Fass ausgebaut und mit Holzschnitzeln «infusioniert». Ein sehr gelungenes Experiment, wenn auch ein wenig zu sehr «holzig» für meinen Geschmack.
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BRASILIEN Für die Rumherstellung ist Brasilien heute sehr wichtig. Brasilien ist mit Abstand der grösste Zuckerrohrproduzent der Welt und nicht wenige karibische Produzenten beziehen Melasse aus diesem Land. Caipirinha kennt wohl jeder: Das Getränk hat vor einigen Jahren die Bars in Europa derart überrollt, dass es fast nicht mehr vorurteilslos bestellt werden kann. Eigentlich ist der Caipirinha die brasilianische Version des kubanischen Daiquiri oder des französischen Ti Punch: Zucker, Limetten, Rum. Der Rum wird, wie bereits erwähnt, in Brasilien Cachaça genannt und, wie Rhum agricole, aus Zuckerrohrsaft gebrannt. Cachaça jedoch nur auf diesen einen Cocktail zu reduzieren, wird seiner langen Vergangenheit nicht gerecht. Mit dem «Tratado de Tordesillas» von 1494 wurde Brasilien den Portugiesen zugesprochen. Diese übergaben im Gegenzug unter anderem die Kanarischen Inseln an Spanien. Möglicherweise lernten sie so die kanarische Version des Zuckerrohrschnapses kennen, die aus Indonesien über Genua eingeführt worden war, und nahmen die Idee mit über den Atlantik. Angeblich soll bereits um 1500 brasilianischer Cachaça gebrannt worden sein. Für den «Rum Historian», den Italiener Marco Pierini, kursieren darüber vor allem Gerüchte. Einen Beleg, dass die brasilianische Rum-Version die älteste Amerikas sei, habe er bisher nicht finden können. Beispielsweise sei unklar, ob das Wort «Cachaça» damals tatsächlich die Spirituose benannt, oder nicht viel eher den Schaum, der bei der Erhitzung des Zuckerrohrsaftes entsteht. Fest steht für Pierini nur, dass die früheste kommerzielle Rumproduktion 1640 in Niederländisch-Brasilien entstand. Auch damit wäre der brasilianische Rum älter als jener aus Barbados, wo die erste schriftliche Urkunde eines Rumverkaufs mit 1703 datiert ist. Agroecològica Marumbi Seit 1700 wird in Morrettes, am Fuss des Pico do Marumbi, Cachaça produziert. Es ist ein biologischer «artesanal Cachaça», der hier 124
entsteht. Das bedeutet, dass das Zuckerrohr von Hand geerntet und der Cachaça in kupfernen Pot Stills gebrannt wird. Cask Adventures Nr. 3 / / / Bei dieser Abfüllung wurde ein gebrauchtes Bourbon-Fass, in welchem fünf Jahre lang ein Rhum agricole von Reimonenq aus Guadeloupe lagerte, mit Cachaça befüllt. Er hat viel Süsse und Aromen vom Rhum agricole übernommen. Ein sehr interessanter Cachaça, der sehr gut pur getrunken werden kann und charaktervolle Cocktails ergibt.
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PERU Das alkoholische Nationalgetränk in Peru ist, wie im Nachbarland Chile, der Weinbrand Pisco. In den Andentälern wird aber auch Zuckerrohr angebaut, und somit fällt auch Melasse an. Trotzdem hat das Land keinen hohen Stellenwert in der Welt des Rums. Die Schweiz ist ein sehr wichtiger Wirtschaftspartner von Peru, denn elf Prozent aller peruanischen Exporte kommen in unser Land. Zum allergrössten Teil handelt es sich dabei um Gold. Sinnigerweise heisst denn auch der hierzulande bekannteste Rum aus Peru Millonario. Ron Millonario Distillery Die Millonario-Brennerei im Norden Perus gehört zur italienischen Firma Rossi & Rossi Srl, die mit der «Rum Nation»-Linie den Markt mitprägt. Die Brennerei besitzt drei alte schottische Kolonnenanlagen und baut ihre Rums in vier Solera-Reihen aus. Die Fässer sind aus Amerikanischer und Slawonischer Eiche, die Melasse kommt ausschliesslich aus Peru. Ron Millonario 15 años / / / Ein guter, sehr süsser und voller Rum, der typisch ist für den lateinamerikanischen Stil. Destilería Unidas S. A. C. Die grösste Destillerie des Landes wurde 1929 gegründet. Sie produziert verschiedenste Alkoholika, ist international jedoch vor allem für ihre gelagerten Rums bekannt. 2004, zum 75-Jahr-Jubiläum, wurde sie komplett renoviert und modernisiert.
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Cartavio 12 años Solera / / / Dieser Rum wurde zum 75-jährigen Bestehen der Destillerie lanciert. Produziert im spanischen Solera-System, ist er in Fässern aus Slawonischer Eiche mindestens zwölf Jahre gealtert.
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KOLUMBIEN Der Name dieses Landes im Norden Südamerikas wurde direkt vom Namen Christoph Kolumbus’ abgeleitet. Denken wir an Kolumbien, kommen uns zuerst der berühmte Kaffee und die berüchtigten Drogenkartelle in den Sinn. Jedoch sind auch Zuckerrohr und Zucker bedeutende Exportartikel, und von da ist es nicht weit zum Rum. Die grossen Weltmarken sind hier zwar nicht zu Hause, dafür beispielsweise eine Anis-Variation, die von der lokalen Bevölkerung grosszügig konsumiert wird. Industria Licorera de Caldas Der Betrieb wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet. Neben dem erfolgreichen Aguardiente Cristal wird hier auch der Ron Viejo de Caldas gebrannt. Im Herbst 2011 wurden die Hallen in welchen der dreijährige Rum gelagert wurde, durch ein Feuer zerstört. Aguardiente Cristal / / / Obwohl man davon nicht mehr viel schmeckt, ist das Ausgangsprodukt Rum. Er ist ein Grenzfall in diesem Buch: halb Rum, halb Likör – und riechen tut’s wie Sambuca. Eigentlich gar nicht so aussergewöhnlich, denn es ist schlicht ein aromatisierter Rum, wie es ihn auch von vielen namhaften Produzenten gibt (z. B. Malibu, Captain Morgan). In diesem Fall ist Anis der Aromageber. Wenig Rum, viel Anis. Gekühlt zu empfehlen. Viejo de Caldas 3 años / / / Der Klassiker aus Kolumbien, bei dem es wegen des Feuers 2011 immer wieder mal zu Engpässen kommen kann. Nichts Spezielles, aber typisch für sehr einfachen jungen lateinamerikanischen Rum. 128
VENEZUELA Venezuela spielt in der Rumherstellung eine grosse Rolle, denn viele karibische Brennereien greifen heute auf venezolanische Melasse zurück, weil ihre lokale Zuckerindustrie zu klein geworden ist. Doch auch einheimische Produkte können sich sehen lassen. Als eines der wenigen südamerikanischen Länder werden in Venezuela neben den üblichen Kolonnenanlagen auch Pot Stills verwendet. Destilerías Unidas S. A. Die Destilerías Unidas sind ein venezolanisches Konglomerat diverser Hersteller. Gegründet wurden sie 1959 von Seagram’s, und eine Zeit lang gehörte die Firma auch Diageo. Unter anderem werden hier auch der Cacique-Rum und diverse andere Spirituosen hergestellt. Diplomático Reserva Exclusiva / / / & Dieser Rum hat in den letzten Jahren eine unglaubliche Erfolgsgeschichte geschrieben. Diese basiert aber leider auch darauf, dass hier sehr stark nachgezuckert wird. Je mehr Zucker nachträglich dem Alkohol zugegeben wird, desto «einfacher» ist dieser zu Trinken. Wir kennen das alle von Likören. Das eigentliche gebrannte Produkt wird dabei ziemlich nebensächlich.
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Die Pot Stills bei Diplomรกtico, Venezuela (Foto: DU) 130
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PANAMA Obwohl Zuckerrohr aus Panama durchaus seine Bedeutung hat, gelangt dieses eher selten in Form von Rum in unsere Breitengrade. Das hat sicher auch damit zu tun, dass hier wirtschaftlich alles im Schatten des berühmten Kanals steht. Und: Es gibt nur eine einzige kommerzielle Rumbrennerei – Varela Hermanos S. A. Der panamaische Stil erinnert ein wenig an den kubanischen, ausser dass der Rum ein wenig mehr «Gewicht» hat. Der berühmteste Master Blender des Landes arbeitete denn früher auch bei Havana Club: Francisco «Don Pancho» Fernandez. Varela Hermanos S. A. Die Wurzeln dieser Brennerei reichen zurück bis ins Jahr 1908. Heute eine sehr grosse Produzentin, die verschiedenste Alkoholika herstellt, aber weiterhin in Familienhand ist. Verwendet wird nur eigenes Zuckerrohr, das noch immer von Hand geschnitten wird. Neben den Eigenmarken Ron Abuelo und Ron Cortez werden grosse Mengen von weissem und auch gelagertem Rum an die verschiedensten Abfüller und Weiterverarbeiter verkauft. Auch Bacardi hat hier lange gebrannt. Zafra, Malecon oder Ron de Jeremy kommen beispielsweise aus dieser Brennerei und ebenso der Rum Maja aus El Salvador. Die Abfüller sind unzählig, darunter alle wichtigen wie Nation, Cadenhead‘s, Duncan Taylor, A. D. Rattray, Berry Bros & Rudd, Plantation und Samaroli. Ron Abuelo 7 años / / / Der Abuelo 7 años ist der Klassiker diese rBrennerei. Ein süsser Rum in guter Balance. 132
Panama 11 yo 2006 Cave Guildive / / / Es gibt wenige Abfüllungen aus Panama in Fassstärke. Der Rum ist zwar eine 60-prozentige Einzelfassabfüllung, fühlt sich aber fast schon «sanft» an. Neben den klassischen nussigen Noten treten hier auch starke fruchtige Aromen auf. Ein sehr spannender und etwas untypischer Panama-Rum.
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COSTA RICA Dieses kleine Land zwischen Panama und Nicaragua wird oft die «Schweiz Zentralamerikas» genannt. Es hat 1983 seine Armee abgeschafft, sich selber als «dauerhaft und aktiv unbewaffnet neutral» erklärt und blieb in seiner Geschichte – untypisch für die Region – weitgehend von sozialen Unruhen und Bürgerkriegen verschont. Kolumbus landete hier bereits 1502, und ab 1560 wurde das Land systematisch kolonialisiert. Da es aber strategisch uninteressant liegt und arm an Bodenschätzen ist, blieb Costa Rica stets eine unterentwickelte Kolonie, die bereits 1821 unabhängig werden konnte. Zucker und damit auch Rum spielen hier keine so grosse Rolle wie in vielen anderen Ländern. Hauptexportgüter sind Bananen, danach folgen – noch vor dem Zucker – Ananas und Kaffee. Centenario Internacional S. A. 1969 gründete der Grosskonzern Seagram’s in Costa Rica einen Ableger, der sich seit 2002 Cisa nennt und seit 2003 zur Wisa-Gruppe in Panama gehört. Die Brennerei arbeitet mit Zuckerrohr aus Costa Rica auf grossen Kolonnenanlagen. Die Reifung erfolgt in Eichenfässern und im Solera-System. Centenario 20 años / / / Schön gelungen, süss und vollmundig. Eine typischer lateinamerikanischer Rum mit viel Zuckerzugabe.
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NICARAGUA In Nicaragua wird seit 1890 kommerziell Rum erzeugt. Es ist üblich, dass die hiesigen Rums lange Reifezeiten haben, sogar die weissen bleiben einige Jahre im Fass. Der bekannteste und mehrfach ausgezeichnete Rum des Landes ist der Flor de Caña. Untypisch für Lateinamerika ist die Lagerung: Während fast überall das Solera-System angewandt wird, lagert hier der Rum tatsächlich so lange in kleinen Eichenfässern, wie auf der Flasche angegeben ist. Compañia Licorera de Nicaragua Die Destillerie gehört zum Grupo Pellas. Zum Konglomerat aus rund fünfzig verschiedenen Firmen gehören Banken, Telekommunikations- und Nahrungsmittelfirmen. Kerngeschäft war aber immer der Zucker; in den Sechzigern war die Zuckerplantage in Chichigalpa die ergiebigste Produzentin Zentralamerikas. Dann verstaatlichte die sandinistische Regierung unter Daniel Ortega die Fabrik der Oligarchen, und die Besitzerfamilie Pellas pendelte während des Contra-Kriegs zwischen den USA und Nicaragua hin und her. Nach dem Friedensprozess von 1987 begann die Familie ihr Vermögen wiederaufzubauen – mit Erfolg, denn der heutige Besitzer des Konzerns, Carlos Pellas, wurde damit zum ersten und bisher einzigen Milliardär des Landes. Die Compañia bietet verschiedene Rums an, die sich vor allem durch ihre Reifezeit unterscheiden, die zwischen 4 und 25 Jahren liegt. Noch heute lagern die Fässer im Originalgebäude, das ohne Klimaanlage, Temperaturgeräte oder Luftbefeuchter auskommt. Dieses «slow-aged» genannte Verfahren gilt hier als essenziell, um den Rum ungestört reifen zu lassen. Überschattet wird der Ruf des traditionellen Unternehmens immer wieder von Boykottaufrufen. Sehr viele ehemalige Plantagenarbeiter leiden an chronischem Nierenversagen oder sind bereits daran gestorben. In Chichigalpa kommt diese Todesursache sechsmal häufiger vor, als 135
im Landesdurchschnitt von Nicaragua. Fast die Hälfte aller Männer im Dorf stirbt daran. Dies könnte nicht nur auf den höchst intensiven Einsatz von Pestiziden zurückzuführen sein, sondern auch auf die Tatsache, dass die Vertragsarbeiter nach geernteter Menge bezahlt werden. Deswegen machen sie kaum Pausen und trinken zu wenig, was die Nierenprobleme noch verstärkt. Die Firma streitet bisher alles ab. Flor de Caña 7 años / / / Bereits der Siebenjährige zeigt sehr gut, wie hier gearbeitet wird. Nicht so übersüsst wie viele andere lateinamerikanische Rums. Flor de Caña 12 años / / / Dasselbe gilt für den Zwölfjährigen. Ein guter, ausgewogener Rum, der trotz langer Lagerung nicht zu holzbetont ist. Nicaragua 2004 13 yo Cave Guildive / / / Eine Einzelfassabfüllung des Zürcher Abfüllers Guildive. So schmeckt Nicaragua-Rum ohne Zusatz von Karamell oder Zucker. Rund, vollmundig, ein wenig rauchig und mit einer leichten Süsse.
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Hier drin steht die Kolonne für Flor de Caña, Nicaragua 137
GUATEMALA Während der Kolonialzeit hat sich Guatemala vor allem als Kaffeeproduzent hervorgetan. Schon damals wurde Rum erzeugt, doch die erste kommerzielle Destillerie entstand erst 1914. Heute geniesst vor allem der Zacapa Weltruhm und gewinnt internationale Preise. Alle guatemaltekischen Rums kommen aus derselben Destillerie und werden aus «virgin sugar cane honey» gebrannt. Der Begriff wurde direkt aus dem spanischen übersetzt «miel de caña» und existierte zuvor im Englischen gar nicht. Diese leichte, noch helle Form der Melasse heisst schlicht «first molasses» oder «light molasses». Dabei wird der Saft von Zuckerrohr erhitzt, sodass sich der Wasseranteil verringert und der Zuckeranteil mindestens 72 Prozent beträgt. Für die Fermentation muss der Saft allerdings wieder mit Wasser verdünnt werden, da sonst die Hefe abstirbt. Durch die Erhitzung wird der Zuckerrohrsirup aber haltbar gemacht. Licorera Zacapaneca Der Produzent der Zacapa-Rums ist die Licorera Zacapaneca, die zur Industrias Licoreras de Guatemala gehört, die auch die Botran-Rums herstellt. Die Marke Zacapa gehört wiederum dem multinationalen Spirituosenkonzern Diageo. Hier wird weder Melasse noch Zuckerrohrsaft verwendet, sondern «virgin sugar cane honey», was ungefähr so viel bedeutet wie «pasteurisierter Zuckerrohrsaft». Die Reifung erfolgt dann auf 2332 Metern Höhe in einer sogenannten doppelten Solera, wie sie für Sherry vergewendet wird. Zacapa 23 Solera / / / Ein Verschnitt aus verschiedenen Fässern, in denen Rum zwischen 3 und 23 Jahren lang lagerte. Dieser Rum hatte einen erheblichen Anteil an der heutigen Be138
liebtheit dieser Spirituose. Da er stark nachgesßsst wird, eckt er nicht an und gefällt der breiten Masse. Der Stil von Zacapa wird heute von vielen anderen Produzenten kopiert. Leider wurde die Qualität mit dem grossen Erfolg aber nicht unbedingt besser.
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Heizen mit ausgepresstem Zuckerrohr (Foto: Carlos R. Cervantes) 140
MEXIKO Natürlich steht Mexiko in erster Linie für seine Brände aus Agaven – Tequila, Mezcal und deren Verwandte sind allgegenwärtig. Mit seiner langen Ostküste hat Mexiko aber auch karibischen Einfluss – und es wird auch guter Rum gebrannt. Von den zahlreichen Destillerien, die in den letzten Jahren entstanden sind, schaffte allerdings noch keine den grossen Durchbruch. Licores Veracruz Dieser Familienbetrieb an der Küste des Golfs von Mexiko stellt diverse Spirituosen her. Seit über sechzig Jahren produziert die Familie Villanueva mit Kolonnen- und Pot Still-Anlagen Tequila, Mezcal, Liköre, Wodka, aber auch die Rums Mocambo und Los Valientes – lange Zeit jedoch nur für den mexikanischen Markt. Seit einigen Jahren werden einzelne Spirituosen exportiert. Los Valientes 10 años / / & / & Dieser Rum ist in seiner Beschaffenheit ziemlich einmalig. Er wird aus Melasse (30 Prozent) und Zuckerrohrsaft (70 Prozent) hergestellt, was ihm ein interessantes Aromenspektrum verleiht. Die grasigen, frischen Noten vom Saft sowie die süssen, schweren der Melasse kommen gut zur Geltung. Das Zuckerrohrsaftdestillat wird in Pot stills gebrannt, das Melassedestillat auf einer Kolonnenanlage. Trapiche José Luis In den Bergen des Bundesstaates Oaxaca, inmitten der Heimat des Mezcal, brennt José Luis Carrera in dritter Generation Rum – oder, wie er es nennen würde, «Aguardiente de Caña». Auf 14 Hektaren kultiviert er neben Kaffee und Früchten vier verschiedene Typen von Zuckerrohr. Gebrannt wird auf einem kupfernen Column Still mit sechs Böden. 141
Paranubes 54 % / / / Der Saft des frisch gepressten lokalen Zuckerrohrs wird wie beim Mezcal in grossen, offenen Fässern aus Kiefernholz fermentiert. José Luis entnimmt nach 48 Stunden nur die Hälfte der vergorenen Maische und füllt das Fass wieder mit frischem Zuckerrohrsaft auf. Dadurch hält er die Fermentation über vier Monate kontinuierlich am Laufen. Um die Fermentation erneut zu starten, gibt er anstatt Hefe die gekochte Rinde des Mesquite-Baums in das Fass. Die Vergärung erfolgt hier also komplett ohne Wasser und Hefe. Der Rum riecht nach frischem Zuckerrohr und erinnert an die Clairins aus Haiti. Am Gaumen ist er dann aber einiges rauer und etwas spritig. Ein sehr ehrlicher, ungeschönter Rum, der seine einfache Herstellung nicht verbirgt.
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JosĂŠ Luis Carrera am Maischbottich (Foto: Carlos R. Cervantes) 143
Oaxaca, Mexiko (Foto: Carlos R. Cervantes) 144
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MADAGASKAR Madagaskar ist die viertgrösste Insel der Welt und wird manchmal auch der «achte Kontinent» genannt. Flora und Fauna konnten sich durch die geografische Isolierung über Millionen von Jahren völlig eigenständig entwickeln. Die Insel liegt vor der Ostküste Mosambiks im Indischen Ozean. Neben Vanille, Nelken und anderen Gewürzen ist Zucker ein wichtiges landwirtschaftliches Produkt. Pro Jahr werden 40 000 Tonnen davon produziert. Compagnie Vidzar Die Destillerie wurde 1982 im Ort Dzamandzar gegründet. Dieser liegt auf der kleinen Insel Nosy Be, die der Nordwestküste Madagaskars nur wenige Kilometer vorgelagert ist. Im Jahr 1996 starb der Gründer der Compagnie, Lucien Fohine. Sein Sohn Franck übernahm die Geschäfte und führt sie bis heute sehr erfolgreich weiter. Als er an die Spitze der Firma kam, war er gerade mal 17 Jahre alt. Mit seiner Übernahme fing man bei Vidzar auch an, die Rums zu lagern. Die Ergebnisse sind sehr positiv. Die Rums sind relativ süss, doch man spürt förmlich die Gewürze, die in Madagaskar die Luft bereichern. Vieux Rhum Dzama 1998 10 ans / / / Bernsteinfarbener Rum, der für mindestens zehn Jahre in französischen Limousin-Eichenfässern gelagert wurde. Ein sehr eigenständiger, gut gemachter, angenehm süsser Rum.
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LA RÉUNION Die Île de la Réunion ist französisches Überseegebiet und somit bemächtigt, «echten» Rhum agricole herzustellen, der ja offiziell nur so genannt werden darf, wenn er in Frankreich hergestellt wurde. Auf dieser Insel im Indischen Ozean wird seit 1704 Rum produziert. Schon zuvor haben allerdings die Sklaven ein vergorenes Zuckerrohrsaftgetränk namens Fangourin getrunken. Der Rhum agricole wird zwar gepflegt, weil die grossen Rumerzeuger aber der Zuckerindustrie angeschlossen sind, wird auch viel «rhum traditionnel» aus Melasse hergestellt. Bei beiden Stilen werden eher Liebhaber von strengem, würzig-aromatischem Rum angesprochen. Rhumerie Rivière du Mât In dieser Brennerei, die eine der ältesten der Insel ist, wird die Melasse der zwei grossen Zuckerfabriken verarbeitet. Sie ist die grösste Produzentin von Rum und Alkohol auf der Insel und brennt auch Rhum agricole aus Zuckerrohrsaft. Rhum agricole vieux cuvée spéciale / / / Fünf bis acht Jahre Fasslagerung. Wild und würzig, aber doch elegant. Rhum traditionnel Grande Réserve / / / Ein kräftiger Melasse-Rum mit viel Würze und Charakter. Distillerie Isautier Die kleinste der Brennereien auf La Réunion wurde bereits 1845 von den Brüdern Charles und Louis Isautier gegründet. Sie ist ist bis heute in Familienbesitz und auch als einzige keiner Zuckerfabrik angeschlossen. Der Rum wird sowohl aus Melasse als auch aus 147
Zuckerrohrsaft produziert. Isautier bringt bei beiden Stilen herausragende Qualitäten hervor. Isautier Barrik / / / Der jüngste der gealterten Rums. Nur drei Monate verbringt er in neuen französischen Eichenfässern. Er erhält in dieser Zeit aber schon kräftige Holzaromen, die sich sehr schön mit dem jungen fruchtigen und wilden Stil paaren. Isautier 7 ans / / / Neben dem Barrik gibt es noch drei-, fünf- und zehnjährigen Melasse-Rum. Wie so oft ist die goldene Mitte am besten: Der siebenjährige Rum vereint die Fruchtund Holzaromen am perfektesten. Ein wunderbarer, eigenständiger Rum, der leider sehr oft ausverkauft ist. Distillerie Savanna 1950 nahm die Rhumerie Savanna ihren Betrieb auf. Sie war zu dieser Zeit der gleichnamigen Zuckerfabrik angeschlossen, die aber 1986 ihre Produktion einstellte. 1992 wurde dann die ganze Brennerei nach Saint-André verlegt, wo eine der zwei auf der Insel verbliebenen Zuckerfabriken steht – die Usine de Bois Rouge. Hier wird nun auf mehreren Kolonnen viel «offener» Rum für andere Verarbeiter gebrannt. Auch eine alte kupferne Kolonne des berühmten Pariser Herstellers Savalle ist hier noch in Betrieb. Dennoch wird hier auch qualitativ hochwertiger Rum hergestellt, der unter dem eigenen Namen auf den Markt gebracht wird. Sowohl Rhum traditionnel und Grand Arôme aus Melasse, als auch Rhum agricole aus Zuckerrohrsaft.
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Savanna 2003 Rhum agricole 11 ans Calvados / / / Savanna hat sich in den letzten Jahren einen Namen mit Single-Cask-Abfßllungen gemacht. Hier wird sehr viel ausprobiert – und nicht alles gelingt. Manchmal ist es aber auch sehr gut. Zum Beispiel dieser Rhum agricole der in einem Cognac-Fass gereift ist und zum Schluss fßr das Finish in ein Calvados-Fass kam. Sehr gut gelungen. Rund, ausgewogen und interessant.
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Trou d‘Eau Douce, Mauritius 150
MAURITIUS Mauritius liegt im Indischen Ozean, 900 Kilometer östlich von Madagaskar und in der Nähe der Insel La Réunion und des Inselstaats Seychellen. Seit 1968 ist die Inselgruppe unabhängig und Mitglied des Commonwealth. Vor den Engländern waren hier die Portugiesen, die Holländer und die Franzosen an der Macht. In der französischen Zeit (1715–1810) liess die Französische Ostindienkompanie, welche bis 1767 Besitzerin der Insel Mauritius war, von afrikanischen Sklaven Zuckerrohrplantagen anbauen und bewirtschaften. Heute sind über neunzig Prozent der Landesfläche mit Zuckerrohr bepflanzt. Trotzdem war bis 2008 auf Mauritius nur die Herstellung von sugar cane spirit erlaubt, mit weniger als 37,5 Prozent Alkohol. Als Rum durfte er nicht bezeichnet werden. Seither wird die Qualität mit jedem Jahr besser, und es entstanden auch einige neue Marken und Brennereien. Gleichzeitig wird hier auch sehr viel Rum produziert, der dann von verschiedensten Firmen aus aller Welt vermarktet wird. Es gibt diverse stark gesüsste oder gewürzte Rums aus Mauritius, die hauptsächlich von geschicktem Marketing leben. Rhumerie de Chamarel Die Rhumerie de Chamarel steht mitten in einem Nationalpark und existiert seit 2008. Sie stellt auf einer kleinen kupfernen Kolonnenanlage und einem Pot Still ausschliesslich Rhum agricole her. Es werden vier Varianten von Zuckerrohr verwendet, die alle auf dem eigenen Land wachsen. Die Besitzerfamilie kommt aus der Luxushotellerie und betreibt die Brennerei fast wie ein Resort. Die Führungen machen «Hostessen», im Restaurant kocht ein französischer Spitzenkoch, das Fleisch stammt von Wild, das auf dem eigenen Gelände lebt und in der eigenen Metzgerei verarbeitet wird. Somit lebt die Rhumerie zu 151
einem beträchtlichen Teil von Touristen und Restaurantbesuchern. Dennoch wird hier mit viel Sorgfalt sehr guter Rum hergestellt. Chamarel classic 52 / / / Ein sehr gelungener Rhum agricole mit starkem Zuckerrohrgeschmack. Eignet sich perfekt für Ti Punch. Chamarel XO / / / & Der XO kommt zu zwei Dritteln von der Kolonne und zu einem vom Pot Still. Er wird zwischen sechs und acht Jahren in drei verschiedenen Fasstypen gelagert. Labourdonnais Der Domaine de Labourdonnais entstand bereits im Jahr 1774 – die Brennerei wurde aber erst 2008 in Betrieb genommen. Zuerst trug sie den Namen Mascareignes und wurde in einer Partnerschaft mit der Destillerie Isautier von der benachbarten Insel La Réunion betrieben. Diese Partnerschaft zerfiel, und die Brennerei hat den Namen des herrschaftlichen Domaine angenommen. Hier wird nur eigenes Zuckerrohr verarbeitet. Das ergibt jährlich gegen 50 000 Liter Rum aus Zuckerrohrsaft, die in einer grossen, modernen Stahlkolonne aus Südafrika gebrannt werden. Labourdonnais blanc / / / Dieser weisse Rum aus Zuckerrohrsaft hat erstaunlich wenig Aromen des Zuckerrohrs selbst. Der Produzent sagt, dies sei so, weil das Zuckerrohr hier den starken Winden des Ozeans ausgesetzt und damit etwas herber sei. Das ist tatsächlich möglich, denn der Rum ist sauber und sehr interessant. Er hat nicht die übliche Süsse und Fruchtigkeit des Zuckerrohrs, sondern ist ziemlich trocken und etwas «salzig». 152
Kleine Kupferkolonne bei Chamarel, Mauritius 153
Grosse Stahlkolonne bei Grays, Mauritius 154
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Rhumerie Saint Aubin Bei Saint Aubin steht auf jeder Flasche die Jahreszahl 1819. Sie verweist auf die Gründung der Zuckerrohrplantage. Den Anfang der Rhumerie machte aber ein kleiner Pot Still des tschechischen Produzenten Hradecky Pacov, der im Jahr 2001 in Betrieb genommen wurde. Zehn Jahre später kam dann eine Kolonne mit 16 Böden dazu. Sie diente zuvor einem südafrikanischen Brandy-Hersteller und kann bedeutende Mengen Rum liefern. Es werden hier also zwei ziemlich unterschiedliche Rumstile gebrannt. Einiges davon geht auch in den Rhum Vanille, der mit eigener Vanille versetzt wird. Diese Spezialität ist in Mauritius sehr verbreitet, da hier vorzügliche Vanille wächst. Saint Aubin blanc agricole / / / Der weisse Rhum agricole aus dem Pot Still vereint eine kräftige Struktur mit schönen Fruchtnoten. Grays Distilling Ltd. Diese Destillerie ist ein typisches Beispiel für die etwas «unromantische» Grossproduktion von Rum und Alkohol – so, wie sie in diesem Geschäft oft vorkommt, aber selten gezeigt wird. Hier wird in sehr grossen, effizienten Kolonnen alles Mögliche hergestellt, was sich aus Melasse brennen lässt. Neben gutem Rum auch «spiced Rum», Likör, Wodka und viel Neutralalkohol. Viel davon geht gleich offen in grossen Containern auf den afrikanischen Kontinent, wo er weiterverarbeitet wird. Die alte Zuckerfabrik, die 1998 nach 177 Jahren Betrieb ihre Maschinen stilllegte, wurde zu einem sehr informativen und gut besuchten Museum zum Thema Zuckerherstellung umgestaltet. Heute kommt die Melasse für die Alkoholproduktion aus der Terra156
Zuckerfabrik. Diese gehört genauso wie die 1980 neu aufgebaute Destillerie zu einer grossen Investment-Gruppe. Die qualitativ hochwertige Melasse wird während 32 Stunden fermentiert und danach auf der riesigen Kolonnenanlage gebrannt. Bis 2001 wurde hier allerdings nur Neutralalkohol hergestellt. Für die eigenen Rummarke New Grove wurde die Anlage 2003 extra so umgebaut, dass die Produktion von neutralem Alkohol und die von Rum klar getrennt werden kann. Die Lagerung findet in Fässern aller Grössen statt, die Hälfte davon sind neue, ungebrauchte Fässer aus Limousin-Eiche, vermutlich eine der Stärken von Grays. Aus ziemlich durchschnittlichen weissen Rums werden nach der Lagerung sehr gute gealterte Rums von hoher Ausgewogenheit. New Grove 8 yo / / / Der Achtjährige von New Grove ist ein Beispiel von perfekter Arbeit im Keller. Das Holz ist perfekt eingebunden, und die starke, eigenwillige Fruchtigkeit, die nur Limousin-Eichenfässer hervorbringen können, ist unverkennbar. Ein Rum mit einem extrem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.
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PHILIPPINEN Christoph Kolumbus gebührt die Ehre, Zuckerrohr von den Kanarischen Inseln in den karibischen Raum gebracht zu haben. Die ursprüngliche Heimat der Pflanze ist jedoch Ostasien, und auf den Philippinen ist dieses Riesengras schon seit Urzeiten heimisch. In Ostasien wird aus Melasse meist Arrack (bekannt als «Rum der Asiaten») gebrannt, doch auf den Philippinen gibt es eine gute Auswahl an echtem Rum, wovon der Tanduay der bekannteste ist. Das Land ist einer der grössten Rumproduzenten und absatzmässig der drittgrösste Markt der Welt. Dass die Spanier auf den Philippinen 1565 koloniale Ansprüche geltend machten, hinterliess auch beim Rum-Stil Spuren. Die philippinischen Rums sind eher mild und süss und damit entfernt vergleichbar mit den Rums des spanischsprachigen Lateinamerika. Tanduay Distillers Inc. Die Ursprünge dieser Firma gehen ins Jahr 1854 zurück. Drei spanische Kaufleute gründeten ein Handelsunternehmen, welches die lokale Dampfschiffgesellschaft kaufte. Später kam eine Destillerie dazu, und heute ist Tanduay in Bezug auf die hergestellte Menge eine der grössten Rumbrennereien der Welt. Tanduay 12 yo / / / Einfacher, süsslicher Rum mit den Aromen von Nüssen und Karamell. Bleeding Heart Rum Company Auf der Insel Negros ist Zuckerrohr seit Jahrhunderten heimisch. Die Melasse, die für den Rum verwendet wird, soll ausschliesslich von der Insel stammen. Gebrannt wird in einer grossen Brennerei in Manila. Danach reift der Rum während sieben Jahren wieder auf 158
Negros, in Fässern aus Amerikanischer Eiche. Lanciert wurde dieser Rum von einem Briten: Stephen Carroll war zuvor im Marketingbereich von Diageo, Rémy Cointreau und LVMH tätig – drei der ganz grossen Spirituosenhersteller. Don Papa / / / Ein schönes Dessert – mit unglaublich viel Zucker. Aromen von Orangen, kandierten Früchten, Zimt und Vanille. Von echtem Rumgeschmack kann man hier allerdings nicht mehr reden.
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Nine-Leaves-Besitzer Yoshiharu Takeuchi, Japan (Foto: Nine Leaves) 160
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JAPAN Über die japanische Rumproduktion ist im Westen noch sehr wenig bekannt. In Europa sind zurzeit drei Sorten erhältlich, eine davon wird aus Zuckerrohrsaft gebrannt. Dass Japan gute Kenntnisse im Brennen hat, beweist die grosse Whiskytradition des Landes. Ebenfalls schon lange wird sogenannter Shōchū aus Melasse gebrannt. Es lohnt sich auf jeden Fall, die Rums zu probieren, denn sie haben schon jetzt ihren eigenen Stil. Nine Leaves Distillery Die 2013 eröffnete Destillerie liegt auf der Insel Honshu, der grössten Insel Japans. Gründer, Besitzer und Master Distiller Yoshiharu Takeuchi hatte genug von seinem Leben als Autoteile-Hersteller in der Firma seines Vaters und beschloss Rumbrenner zu werden. Nach drei Tagen Beratung mit Ichiro Akuto, dem Besitzer der 2008 in Betrieb genommenen Chichibu-Whiskydestillerie, entschied er sich ebenfalls bei Forsythe’s in Schottland kleine Pot Stills zu bestellen. Speziell ist in diesem Fall das Rohmaterial. Takeuchi benutzt losen und auch in Blöcke gepressten Zucker von der Insel Tarama. Diese ist bekannt für ihren Zuckerrohranbau. Den Zucker vermischt er mit Wasser, gibt Hefe dazu und fertig ist die Maische. Nine Leaves Clear / /–/ Dieser ungelagerte weisse Rum ist ziemlich eigen, aber sehr gelungen. Etwas hefig, aber doch mit schönen Fruchtnoten.
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Kikusui Shuzo Co Ltd. Auf der Insel Shikoku, genauer in Kuroshio, befindet sich die Kikusui-Destillerie. Sie gehört dem ältesten Zuckerrohrverarbeiter Japans und ist auch für ihren Sake bekannt. Ryoma 7 yo / / / Der sieben Jahre im Eichenfass gelagerte Ryoma-Rum ist im Geschmack komplex, mundfüllend, leicht fruchtig. Sehr eigen und interessant.
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NEPAL Aus diesem Land kennt man die Sherpas, den Mount Everest, das HimalajaGebirge. Den nepalesischen Rum eher nicht. Doch wo immer die Engländer mal waren, haben sie Spuren hinterlassen, und so wird in den Nepal Distilleries Rum gebrannt. Mit Wasser aus dem Himalaja verdünnen sie ihren Rum auf Trinkstärke. Im kalten Nepal wird der Rum oft mit heissem Wasser getrunken oder anderen warmen Getränken beigegeben. In einer geheizten, mitteleuropäischen Bar ist der Genuss aber pur zu empfehlen, denn der Khukri fällt nicht nur durch seine Flasche auf, sondern auch durch seinen Geschmack. Nepal Distilleries Pvt. Ltd. Die Firma Nepal Distilleries wurde 1959 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Kathmandu, am Fusse des Himalajas. Früher wurde hier im Pot-Still-Verfahren destilliert, heute kommt eine kontinuierliche Brennanlage zum Einsatz. Das Flaggschiff der Firma ist der Coronation Khukri. Coronation Khukri / / / Was zuerst auffällt, ist seine eigenwillige Flasche. Sie hat die Form einer traditionellen nepalesischen Waffe und wird in Handarbeit hergestellt. Auch der Rum selbst kommt ganz anders daher als seine karibischen Verwandten. Die speziellen Himalaja-Holzfässer mögen das ihrige beitragen – oder vielleicht ist es doch das Himalajawasser? Die spezielle Coronation-Flasche wurde 1974 eingeführt, um der Krönung des neuen Königs Shree Panch Birendra Bir Bikram Shah Dev zu gedenken.
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INDIEN Indien ist hinter China das bevölkerungsreichste Land der Erde. Der lokale Alkoholmarkt ist immens. Einige der grössten Whiskymarken der Welt sind hier beheimatet, Namen, die man hierzulande noch kaum je gehört hat. Da die Engländer sehr lange grossen Einfluss hatten, geniessen neben Whisky auch Gin und Rum einen gewissen Stellenwert; von der Hauptzutat ist jedenfalls mehr als genug vorhanden. Indien ist nach Brasilien das zweitgrösste Anbauland für Zuckerrohr. Mohan Meakin Ltd. Dieses Unternehmen ist im Bundesstaat Uttar Pradesh beheimatet und produziert noch viel mehr als nur den Old-Monk-Rum. Angefangen hatte alles mit Bier. Heute kommen, neben dem bereits erwähnten Rum, verschiedenste Whisky-, Brandy- und Ginmarken dazu. Old Monk Gold Reserve 12 yo / / / Einer der meistverkauften Rums der Welt. Der heimische Absatzmarkt ist riesig und die Menschen in Indien sind trinkfreudig. Ein einfacher, süsser Rum. Amrut Distilleries Dieser berühmte Whisky-Produzent destilliert seit 1948 in Bangalore, der Hauptstadt des südindischen Bundesstaates Karnataka. Über 450 Angestellte produzieren verschiedenste Alkoholika – unter anderem auch Rum. Old Port Deluxe / / / Ein Rum ohne Altersangabe und mit einer kräftigen Süsse aus indischer Melasse. Mit Cola oder Ginger-Beer macht er sich aber ziemlich gut. 165
INDONESIEN Indonesien ist der grösste Archipelstaat der Welt, 17 508 Inseln umfasst er. 1945 rief das Land die Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht, den Niederlanden, aus. Eine Erklärung, die erst nach einem vierjährigen Krieg und unter diplomatischem Druck der USA akzeptiert wurde. Im Gegenzug musste die junge Republik riesige Staatsschulden übernehmen. Zuckerrohr ist hier seit Jahrtausenden heimisch und auch heute noch eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Die Hauptstadt Jakarta liegt auf der Insel Java und hiess bis zur Unabhängigkeit Batavia. Hier entstand vor Jahrhunderten der wahrscheinlich direkteste Vorfahre des Rums – Arrack. Marco Polo brachte ihn im 14. Jahrhundert erstmals nach Europa, wo er sehr schnell grosse Beliebtheit erlangte. Genueser Händler, die den europäischen Arrack-Markt bis nach Russland bedienten, steckten nun ihr Geld in Zuckerplantagen auf den europäischen Mittelmeerund Atlanktikinseln. Dort produzierten sie eine lokale Zuckerrohrspirituose, die den aufwändig aus Asien importierten Arrack ersetzen sollte. Auf Java gibt es weiterhin Arrack. Er heisst noch immer Batavia Arrack und unterliegt klaren Vorschriften. Gebrannt wird er nur auf Java – in Pot Stills und aus Melasse. Der verdünnten Melasse werden hier aber noch kleine «Küchlein» aus rotem lokalem Reis beigegeben. Sie dienen dazu, mit ihren Hefesporen die Fermentation zu starten. Batavia Arrack ist nicht mit Ceylon Arrack oder den Hunderten anderen Abwandlungen zu verwechseln. Ceylon Arrack wird ausschliesslich aus vergorenem Palmblütenwein gebrannt und ist damit kein Rum. J. B. Labat Spirituosen Im Spirituosengeschäft J. B. Labat in Zürich hatten wir immer mal wieder Anfragen nach einem echten Batavia Arrack. Da fast nichts Gutes auf dem Markt ist, konnten wir unseren eigenen Blend bei einem Arrack-Händler machen lassen. 166
E. D. Dekker’s Batavia Arrack / / / Ein Blend aus drei verschiedenen Arracks aus derselben Destillerie, der ein Jahr in Fässern aus Teakholz lagerte. Dieser Arrack eignet sich hervorragend, um die alten Punch-Rezepte wiederaufleben zu lassen, in denen sehr oft Batavia Arrack verlangt wird. Er kann aber auch pur genossen werden – Voraussetzung ist die Freude an viel Geschmack!
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Beenleigh Distillery, Australien (Foto: zvg) 168
AUSTRALIEN Australien produziert pro Jahr mehr als dreissig Millionen Tonnen Zuckerrohr. Ein guter Grund, auch einen Rum aus Ozeanien ins Sortiment aufzunehmen. Die Colonial Sugar Refining Company (CSR) wurde bereits 1855 gegründet und erstellte Zuckerraffinerien in Australien, Neuseeland und auf den Fidschi-Inseln. Zwischen 1890 und 1901 eröffnete die CSR auch Destillerien in verschiedenen Landesteilen Australiens. In der frühen Kolonialzeit diente Rum in Australien auch dazu, Sträflinge für ihre Arbeit zu entlöhnen. Marktleader ist der Bundaberg-Rum, der in Australie 95 Prozent des Konsums von dunklem Rum abdeckt. Es gibt jedoch auch noch weitere, sehr hochstehende Produkte. Beenleigh Distillery Die älteste Destillerie Australiens produziert unter ihrem eigenen Namen Rum, der bei uns so gut wie nie erhältlich ist. Besonders interessant ist der grossartige und leider selten erhältliche Inner Circle. Ursprünglich war dieser Rum von der CSR ausschliesslich für den eigenen Verwaltungsrat und einige wichtige Kunden hergestellt worden. Als der Zuckerkonzern seine Destillerien verkaufte, verschwand auch dieser Rum. Stuart Gilbert kaufte im Jahr 2000 die Marke Inner Circle und reaktivierte den legendären Rum zusammen mit dem ehemaligen Beenleigh-Master-Distiller Malcolm Campbell. Bald gewann er alle wichtigen Auszeichnungen. 2007 verkaufte Gilbert den Inner Circle wieder und gründete seine eigene Marke – Holey Dollar. Inner Circle Red / / / Reiner Pot-Still-Rum im alten Stil. Hier sind die Aromen von Jamaika und Demerara-Rum wunderbar vereint. Ein grossartiger Rum für wenig Geld. 169
FIDSCHI Selbst mitten im Südpazifik, nahe an der Datumsgrenze, wird Rum produziert. Die Bedingungen dazu sind sehr gut. Hier wächst, dank idealem Klima und vulkanischer Erde, qualitativ sehr gutes Zuckerrohr. Eine grosse Rum-Vergangenheit haben die Inseln trotzdem nicht. South Pacific Distilleries Ltd. In Lautoka, der drittgrössten Stadt der Hauptinsel Viti Levu, wurde 1980 diese Brennerei eröffnet. Die Gegend gilt als Zentrum der Zuckerproduktion, und so war es naheliegend, die anfallende, hervorragende Melasse in einer eigenen Brennerei zu Rum weiterzuverarbeiten. Hier wird mit alten Pot Stills und Kolonnenanlagen gearbeitet. Der Rum braucht keinen Vergleich zu scheuen. Holey Dollar Silver / / / Stuart Gilbert gründete die Firma 2008 mit dem Ziel, zum 200-jährigen Jubiläum der Rum-Rebellion (eines erfolgreichen Aufstands 1808 gegen die Regierung) einen Rum im «alten Stil» herzustellen. Dabei behielt er die Produktionsweise seines Erfolgsprojektes, dem australischen Inner-Circle-Rum, bei: Das Zuckerrohr kommt von den Fidschi-Inseln, gebrannt wird in Pot Stills, und der Ausbau erfolgt in kleinen Eichenfässern. Innert kürzester Zeit gewann Gilbert auch mit diesem Rum verschiedenste Auszeichnungen. Ein kräftiger Rum, der an Jamaika-Rum erinnert. Hocharomatisch, kräftig und nachhaltig. Cave Guildive Fiji 2001–2016 / / / Ein reiner Pot-Still-Rum. Hocharomatisch und sehr abwechslungsreich. Dieser Rum kann problemlos mit den grossen Jamaika- und Demerara-Rums mithalten. 170
USA Die Vereinigten Staaten von Amerika sind heute in erster Linie für ihre Whiskeys bekannt. Die frühen Siedler tranken allerdings sehr viel Rum. In jenen dreizehn östlichen Kolonien, die sich 1776 von der britischen Krone lossagten, war die Rumproduktion einer der wichtigsten Wirtschaftszweige. Die Hälfte des konsumierten Rums wurde lokal hergestellt. In nur sechs Monaten des Jahres 1688 wurden allein in Massachusetts beinahe 600 000 Liter Melasse importiert. Die Hälfte davon wurde zu Rum destilliert. Die Hauptstadt Boston und das nahegelegene Medford wurden zum Epizentrum dieses sogenannten Medford-Rums. Im Jahr 1770 brannten die dreizehn nordamerikanischen Kolonien knapp neunzehn Millionen Liter Rum. Die Melasse wurde aus den britischen Kolonien der Karibik importiert. Dort waren die mächtigen Plantagenbesitzer derart auf ihr extrem einträgliches Zuckergeschäft fixiert, dass sie fast nichts anderes mehr anbauten. Alles Notwendige musste importiert werden, meistens aus Nordamerika. Melasse hingegen war endlos vorhanden und als Tauschware beliebt – sie war sehr viel billiger als das eigene Getreide, das zu jener Zeit eher zu Nahrung denn zu Alkohol verarbeitet wurde. In den französischen Kolonien war Melasse allerdings noch billiger. Nachdem die Nordamerikaner deshalb vermehrt bei den Franzosen einkauften, beschwerten sich die düpierten englischen Pflanzer aus Barbados und Antigua in London. Das Mutterland Grossbritannien erliess 1733 sehr hohe Zölle auf ausländische Melasse (Molasses Act). Auf dieses erste Steuergesetz folgten weitere. Die zunehmende Unzufriedenheit der nördlichen Kolonien führte Jahrzehnte später zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verlor der amerikanische Rum dann immer mehr an Bedeutung. Der Whiskey war auf dem Vormarsch, und Rum galt je länger, je mehr als völlig unmodern. Im Jahr 1888 war die Zahl der Rumbren171
nereien in Boston auf drei geschrumpft. Die Prohibition von 1917 beseitigte schliesslich den letzten Rest der US-amerikanischen Rumtradition. Der starke US-Trend zu lokalen Produkten (und damit auch zu Brennereien) der letzten Jahre hat auch die Rumbrennereien erfasst. Einen eigenen amerikanischen Stil haben sie zwar noch nicht gefunden, die Szene ist aber quicklebendig. GrandTen Distilling Diese Brennerei nahm ihren Betrieb im Jahr 2012 auf und stellt neben Rum noch diverse andere Destillate her. Da sie in Boston beheimatet ist, musste natürlich auch ein Rum in ihr Portfolio. GrandTen Medford Rum / / / Dieser Rum soll den alten Medford-Stil wiederaufleben lassen. Wie gut das gelang, ist schwierig zu sagen, denn nur wenige lebende Menschen haben noch «echten» Medford-Rum getrunken. Er soll aber mittelschwer, rustikal und melassebetont dahergekommen sein. Dies kann man vom GrandTen durchaus auch sagen. Er wird in kleinen Pot Stills aus «blackstrap»-Melasse gebrannt, die als besonders aromatisch gilt. St. George Spirits In Kalifornien, dieser ehemals spanischen und später mexikanischen Kolonie, hat Rum keine grosse Tradition. Diese Brennerei ist denn in unseren Breitengraden auch eher für ihre Gins bekannt. Daneben stellt sie unterschiedliche Fruchtbrände her. Wenig erstaunlich, denn es war der Sohn eines deutschen Brenners aus dem Schwarzwald, der die Destillerie 1982 in Oakland gründete.
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California Agricole Rum / / / Dieser Rum wurde aus der Lust am Experimentieren geboren. Eigentlich braucht niemand einen teuren weissen Agricole-Rum aus Kalifornien. Das wissen auch die Leute von St. George. Doch weil in Südkalifornien wunderbares Zuckerrohr wächst, war das ihnen Grund genug. Der Rum macht sehr viel Spass – für Menschen, die starke Aromen lieben.
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SPANIEN Spanien ist nicht wirklich berühmt für Rum, obwohl hier fast alles begann: Schliesslich nahm Kolumbus das Zuckerrohr aus den Kanaren nach Westindien mit. Der spanische Einfluss auf die Rumgeschichte ist deshalb immens, wenn auch im Land nur wenige Zuckerrohrfelder an Costa Tropical im Süden übrig geblieben sind. Die Felder, die früher von Valencia bis Gibraltar reichten waren weniger einträglich als die Immobilienindustrie. Rum wird in Spanien aber heute noch gebrannt, auch Bacardi hat hier eine Fabrik für den europäischen Markt. Der spanische Stil ist mild und natürlich, die Reifung erfolgt in sogenannten Bodegas und im Solera-System. Ron Montero S. L. Die Bodega Montero besteht seit 1963. Francisco Montero Martin produzierte zuerst Wodka, dann Gin. Am Schluss entschied er sich doch für den Rum, das traditionelle Getränk aus der Gegend von Motril, wo Bodega und Brennerei stehen. Vor einigen Jahren sollte der Betrieb verkauft werden. Interessenten gab es genug, unter anderem auch Bacardi. Trotzdem blieb die Firma in Familienhand, und die nächste Generation übernahm. Der Alkohol wird auf einer kontinuierlichen Brennanlage gebrannt und kommt dann in die Bodega. Hier reift er in neuen 500-Liter-Fässern aus Amerikanischer Eiche – im traditionellen Solera-System, das auch beim Sherry angewandt wird. Während Jahren wandert er von Fass zu Fass, um dann abgefüllt zu werden. In der Gegend wird er oft als «Palito de Ron» getrunken – aufgefüllt mit Zitronenlimonade, im grossen Glas.
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Ron Montero Gran Reserva / / / Mindestens vier Jahre im Fass. Mild und rund, aber mit kräftigem Holzton. Destilerías Aldea S. L. Diese kanarische Brennerei wurde 1936 an der Westküste von Gran Canaria gebaut. Der Besitzer Don Manuel Quevedo Alemán hatte sein Handwerk auf Madeira gelernt, damals die europäische Hochburg der Rumproduktion. Auch Gran Canaria bot den idealen Boden für den Anbau von Zuckerrohr. Allerdings setzten die einheimischen Bauern Ende der Fünfzigerjahre auf die einträglichere Tomate, und die Brennerei musste 1959 schliessen. Zehn Jahre später nahmen zwei Alemánsöhne die Produktion auf der Nachbarinsel La Palma wieder auf. Ron Aldea Familia / / / Aldea brennt Rum aus Zuckerrohrsaft und nicht aus Melasse – im Februar während der Zuckerrohrernte läuft die Fabrik auf Hochtouren. Relativ mild, mit einer angenehmen Süsse und sehr harmonisch.
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Companhia des Engenhos do Norte, Madeira (Foto: Mario Thomas) 176
PORTUGAL Wie Spanien hat auch Portugal in der Geschichte des Rums eine grosse Bedeutung. Die Portugiesen waren an der weltweiten Verbreitung des Getränks massgeblich beteiligt. Nachdem der Arrack mit Marco Polo den Weg nach Europa gefunden hatte, gehörten die Portugiesen zu den Ersten, die versuchten, diesen selber herzustellen. Im Jahr 1490 waren sie sogar die grössten Zuckerproduzenten der Welt. Mit den Inseln São Tomé und Príncipe, die sie Ende des 14. Jahrhunderts kolonialisierten, und Madeira, das seit 1419 in portugiesischer Hand war, hatten sie die perfekten Voraussetzungen für erfolgreichen Zuckerrohranbau. Auf beiden Inselgruppen wird bis heute Rum produziert. Die Technik beherrschten sie in Madeira bereits im 15. Jahrhundert. Die ersten Zuckerrohrpflanzen liess Heinrich der Seefahrer 1425 aus Sizilien auf die Insel schicken und der Erfolg der Zuckerindustrie war riesig. Diverse Kirchen und Paläste wurden mit dem Gewinn errichtet, und da Madeira eine wichtige Station auf dem Weg in die Neue Welt war, wurden die Pflanzen und das Wissen in viele andere Länder weitergetragen. Nur führte dies bereits im 18. Jahrhundert zum langsamen Niedergang der lokalen Zuckerproduktion. Andere Atlantikinseln und die Kolonien der Neuen Welt waren noch erfolgreicher, worauf Madeira vermehrt auf den Weinanbau setzte. Zu einer Zeit, als Kolumbus gerade Richtung Amerika aufbrach, wurde hier also bereits ein Getränk konsumiert, das später der Karibik zugeordnet wurde. Der Weg dahin führte über Brasilien, das 1494 Portugal zugesprochen wurde und bis heute einer der grössten Zuckerproduzenten ist. Genau wie auf Madeira wird der Rum direkt aus dem vergorenen Zuckerrohrsaft gebrannt – in Brasilien als Cachaça und in Madeira als Aguardente de Caña.
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Companhia des Engenhos do Norte Lda In der Kleinstadt Porto da Cruz steht diese Fabrik, die an die glorreichen Zeiten der Zuckerherstellung auf Madeira erinnert. Erbaut wurde sie 1927, doch die Maschinen stammen zum Teil noch aus dem 18. Jahrhundert. Hier wird mit einer alten Dampfmaschine geheizt und auf kupfernen Kolonnen gebrannt. Auch ein kleiner Alambic charentais ist hier noch in Betrieb, wohl nur für kleine Produktionen. Branca / / / Dieser Rum ist irgendwo zwischen Rhum agricole und Cachaça einzuordnen. Schöner, kräftiger Zuckerrohrgeschmack. Aguardente de Cana 970 Reserva / / / Der Reserva wird während sechs Jahren in Fässern aus französischer Eiche gelagert. Er hat einen deutlichen Holzgeschmack und ist sehr trocken. Sehr eigen und spannend. Engenho Novo da Madeira Die Ursprünge dieses Betriebs gehen zurück zum Jahr 1845 als Harry Hinton die Fábrica do Torreão gründete und begann, Rum aus Zuckerrohrsaft zu brennen. Sein Vater William war ein englischer Geschäftsmann, der 1838 auf die Insel kam und unter anderem mit Bananen sein Geld verdiente. Hintons Rum erarbeitete sich bald einen guten Ruf, und die Brennerei produzierte bis 1986. Danach wurde sie abgerissen – das Gelände ist heute Teil des Park Santa Luzia. Der grosse Kamin ist in den Park integriert und soll an die legendären Zeiten der Zuckerindustrie erinnern. Als die Nachfrage Anfang dieses Jahrhunderts wieder stieg, begannen die Bauern vermehrt Zuckerrohr anzubauen. Und ein Erbe der 178
Die alte, reaktivierte Kolonne bei Engenho Novo, Madeira (Foto: zvg) 179
Hinton-Familie beschloss, wieder Rum zu brennen, und gründete 2006 die Engenho Novo. Gebrannt wird auf der originalen alten (restaurierten) Kupferkolonne der Fábrica do Torreão. William Hinton Ediçào Limitado / / / Ein limitierter weisser 69-prozentiger Rum aus Zuckerrohrsaft, der eine natürliche Fermentation durchlief. Ein sehr interessanter Rum, der wunderbar fruchtig, sehr trocken und etwas salzig ist. William Hinton Madeira Cask / / / William Hinton hat eine ganze Reihe gelagerter Rums, die in den verschiedensten Fässern ausgebaut wurden. Der Madeira Cask ist ziemlich spannend. Er verbindet sehr schön die Süsse des Madeira-Weins mit dem trockenen Stil, den gebrauchte Weinfässer mit sich bringen. Dazu kommt eine gewisse Salzigkeit. Sehr komplex!
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Engenho Novo (Foto: zvg) 181
SCHWEIZ Auch in der Schweiz wird Rum gebrannt, wenngleich noch eher selten. Weil das Ausgangsprodukt immer Zuckerrohr sein muss, wird die Melasse importiert – in der Schweiz wachsen schliesslich nur Zuckerrüben, die meist zu Ethanol verarbeitet werden. Auch diese werden in letzter Zeit jedoch immer öfter zu Rum-ähnlichen Spirituosen verarbeitet. Per Gesetz darf das aber nicht als Rum deklariert werden. Brennerei Humbel Zusammen mit dem Kirschbrenner Lorenz Humbel besuchte ich im Jahr 2010 die biologisch produzierende Zuckerfabrik Baliño in Kuba. Aus deren Bio-Melasse brennt die Brennerei Humbel im Aargau einen Rum im kubanischen Stil. Wie in Kuba üblich, wird er durch Aktivkohle filtriert. Guajira Blanco / / / Ein sauber gebrannter weisser Rum mit süsslichem Geschmack aus biologischer Melasse. Perfekt für klassische kubanische Cocktails. Cask Adventures No. 5 / / / Mit Marc Rohner, Blender der Brennerie Humbel, mache ich Versuche mit verschiedenen Fasslagerungeb von Guajira-Rum und weiteren Spirituosen. Dies sind jeweils sehr limitierte Abfüllungen. Bei den Cask Adventures No. 5 ruhte weisser, 2015 gebrannter Guajira-Rum für gut zwei Jahre in einem grossen Cognac-Fass und danach für einige Monate in einem gebrauchten Mezcal-Fass. Ein leichter, sauberer, aber doch komplexer Rum.
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Brennerei Erismann Hans Erismann gehört zur vierten Generation, die in Bülach Fruchtbrände und vieles anderes brennt. Neben seinem vielfach ausgezeichneten Himbeerbrand, dem heute obligaten Gin und einem Whisky gehört seit 2017 auch ein eigener Rum dazu. Ron Juan Züri Rum / / / Sauber gebrannter weisser Rum mit schöner Süsse. Für kurze Zeit zur Harmonisierung in Eichenfässern gelagert.
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Fasskeller bei Humbel, Schweiz 184
Brennerei Humbel, Schweiz 185
Zuckerrohrernte, Guyana (Foto: DDL) 186
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COCKTAILS Punch Das Rezept für den Rum Punch hatten die Engländer aus Indien in die neuen Kolonien der Karibik mitgebracht. Das Hindi-Wort für «fünf» heisst «panch» und beziffert die Anzahl der Zutaten, die für einen Punch verwendet werden. In Indien wurde der Drink wahrscheinlich noch mit Arrack gemixt, auf den Westindischen Inseln wurde natürlich lokaler Rum verwendet. One of sour Two of sweet Three of strong Four of weak Five drops of bitters and nutmeg spice Serve well-chilled with lots of ice Der saure Teil ist meist Limettensaft, «sweet» ist Zucker und «strong» ein lokaler Rum. Für den vierten «schwachen» Teil wurde traditionell Tee genommen, später ein Fruchtsaft, Ginger-Ale oder eine andere Limonade. Viele berühmte Tiki-Drinks wie zum Beispiel der Mai Tai halten sich an dieses Mengenverhältnis.
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COCKTAILS COCKTAILS Ti Punch
Der Ti Punch (von Petit Punch) ist die Punch-Variante der französischen KoTi Punch lonien. Durch das Weglassen des «schwachen» Teils bleibt der Geschmack der Der Ti Punch (von Petit Punch) ist die Punch-Variante der französischen KoSpirituose deutlicher im Vordergrund. Eng verwandt mit dem kubanischen lonien. Durch das Weglassen des «schwachen» Teils bleibt der Geschmack der Daiquiri dem brasilianischen Caipirinha, ist es wohl beste Art, einen Spirituoseund deutlicher im Vordergrund. Eng verwandt mitdie dem kubanischen weissen Rhum agricole zu trinken. Rezepte gibt es so viele wie Rumtrinker Daiquiri und dem brasilianischen Caipirinha, ist es wohl die beste Art, einen in den französischen Meistgibt werden ein paar weissen Rhum agricoleÜberseegebieten. zu trinken. Rezepte es so aber viele einfach wie Rumtrinker Limetten, eine FlascheÜberseegebieten. Rhum agricole und Zuckersirup auf den Tischein gestellt. in den französischen Meist werden aber einfach paar Das geflügelte Wort dazu: Limetten, eine Flasche Rhum agricole und Zuckersirup auf den Tisch gestellt. Das geflügelte Wort dazu: Chacun prépare sa propre mort. Chacun prépare sa propre mort. Als Anhaltspunkt ein Rezept: 1/4 sirop de ein canne Als Anhaltspunkt Rezept: 3/4 1/4 de rhum agricole blanc sirop de canne 1 pièce vertblanc 3/4 de rhumcitron agricole 1 pièce citron vert
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COCKTAILS Daiquiri In der kubanischen Siedlung Daiquiri sollen zwei US-amerikanische Minen-Ingenieure im Jahr 1900 zum ersten Mal einen ebensolchen gemixt haben. Weil sie nichts anderes mehr vorrätig hatten ausser Limetten, Zucker und Rum, nahmen sie eben das. So sagt es die Historie – auch wenn vermutlich bereits vorher jemand auf die Idee gekommen war, den lokalen Rum mit Zucker und Limettensaft zu mischen. In allen rumproduzierenden Ländern hat man relativ schnell erkannt, dass diese drei Zutaten so etwas wie die heilige Dreifaltigkeit des Rumcocktails sind. Eigentlich ist dieser Drink ein «Sour», seine nächsten Verwandten sind aber wohl der Caipirinha und der Ti Punch. So richtig berühmt wurde der Daiquiri dann aber einige Jahrzehnte später in der Bar El Floridita die in der Altstadt von Havanna liegt. Ihr berühmtester Stammgast, Ernest Hemingway, soll dort ganze Fässer davon getrunken haben, die ihm der fast ebenso bekannte Barkeeper Constante zubereitete. Da während der Prohibition sehr viele US-Amerikaner nach Kuba reisten, um sich zu vergnügen, fand der Cocktail schnell grosse Verbreitung und Beliebtheit. Ein klassisches Rezept, welches ich 2010 bei einem privaten Cocktailkurs in Havanna von einem höchst verdienten kubanischen Barmann gelernt habe, geht so: 2 Barlöffel weissen Rohrzucker und 2 cl Limettensaft vermischen 5 cl weissen kubanischen Rum dazu und auf Eis kalt shaken In einer Cocktailschale servieren. 193
COCKTAILS Grog Der Admiral der Royal Navy, Edward Vernon, trug oft einen warmen Umhang aus Grogram, ein starker Stoff aus Seide und Wolle. Dies brachte ihm den Spitznamen Old Grog ein. Da seine Matrosen durch die staatlich verordneten täglichen Rumportionen oft etwas zu lustig wurden, befahl er 1740, den Viertelliter pro Tag in zwei Rationen aufzuteilen, mit Wasser zu verdünnen und – gegen Skorbut – eine Zitronenscheibe beizugeben. Dies setzte sich in der ganzen britishen Navy durch und nebenbei war der Grog erfunden. Wer nun beim Landgang etwas zu viel davon getrunken hatte und nur noch durch den Hafen torkelte, wurde mit einem «He’s groggy» belächelt. So wird Admiral Vernon neben einem guten Getränk für kalte Tage auch noch ein Wort zugeschrieben, das vor allem im Boxsport bis heute sehr geläufig ist. Nach neueren Erkenntnissen hat der Grog wohl schon vor Edward Vernon so geheissen. Die Geschichte ist aber zu schön, um sie ganz zu vergessen. 2 parts water 1 part Navy rum lime juice to taste dark cane sugar to taste
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QUELLEN- UND LITERATURNACHWEISE BÜCHER: BROOM, DAVE: Rum. München: Christian Verlag, 2004. CAMPOAMO, FERNANDO G.: El hijo alegre de la caña de Azúcar. Biografía del ron. Havana: Cientifico Tecnica, 1993. COULOMBE, CHARLES A.: Rum. The Epic Story of the Drink That Conquered the World. New York: Citadel Press, 2005. CURTIS, WAYNE.: And a Bottle of Rum. History of the New World in Ten Cocktails. New York: Three Rivers Press, 2006. GARGANO, LUCA.: Atlas du rhum. Distilleries des Caraïbes et dégustation. Paris: Flammarion, 2014. HAMILTON, EDWARD.: Das Rum-Buch. München: Lichtenberg, 1998. LABAT, JEAN-BAPTISTE.: Pater Labats Sklavenbericht. Abenteuerliche Jahre in der Karibik 1690– 1705. Stuttgart: Thienemann, 1984. LIGON, RICHARD.: A True and Exact History of the Island of Barbados. Indianapolis: Hackett Publishing, 2011. PARKER, MATTHEW.: The Sugar Barons. Family, Corruption, Empire, and War in the West Indies. New York: Walker Publishing, 2011. PIERINI, MARCO.: American Rum. A Short History of Rum in Early America. Createspace Independent Publishing Platform, USA, 2017. TRADER, VIC.: Bartender’s Guide. New York: Garden City, 1948. INTERNET: www.barrel-aged-thoughts.blogspot.ch www.ministryofrum.com www.cocktailwonk.com www.diffordsguide.com www.rumportal.com www.jamaicasugar.org/FactoryHistory/FactoryHistory.html sowie die jeweiligen offiziellen Firmen-Websites. FOTOS: Siehe Bildlegenden. Wenn nicht anders vermerkt, stammen die Fotos von Pascal Kählin.
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DER AUTOR: Pascal Kählin, geboren 1973, arbeitet seit 25 Jahren mit Spirituosen. Er ist Mitbesitzer von zwei Bars und einem Spirituosengeschäft in Zürich und ist Rumattaché der Schweizer Brennerei Humbel. Unter dem Namen «Cave Guildive» ist er auch als Abfüller tätig.
DANK Werner Girsberger, Benoît Bail, Kristina Wolf, Lorenz Humbel, Oliver Schmuki
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IMPRESSUM TEXTE: Pascal Kählin, Sina Bühler SATZ: Jonas Schwarz PIKTOGRAMME: Michael Schoch KORREKTORAT: Brigitte Matern DRUCK UND BINDUNG:
VERLAG: Alambic Books GmbH Brauerstrasse 51 8004 Zürich Schweiz www.alambic-books.com info@alambic-books.com © 2019 Alambic Books GmbH, Zürich Alle Rechte vorbehalten; kein Teil dieses Werks darf in irgendeiner Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. ISBN 978-3-907203-00-2
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ALAM BIC
B O O KS 200