Chaconne anders EinfĂźhrungstext von / Program Note by Detlef Giese
Zeichnungen von / Drawings by Tamina Amadyar
CHACONNE ANDERS Samstag
10. März 2018 18.00 Uhr
Guy Braunstein Violine Avi Avital Mandoline Naseer Shamma Oud Denis Kozhukhin Klavier Dominic Oelze Schlagzeug Radek Baborák, Merav Goldman, Jonas Finke Horn Gábor Tarkövi, Christian Batzdorf, Mathias Müller Trompete Filipe Alves, Jürgen Oswald, Rúben Tomé Posaune Nimrod Ron Tuba Detlef Giese Moderation
Johann Sebastian Bach (1685 –1750) Ciaccona aus der Partita Nr. 2 d-moll für Violine solo BWV 1004
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 –1847) Bearbeitung für Violine mit Klavierbegleitung Miloš Bok (*1968) Bearbeitung für Blechbläserensemble Pause
Johannes Brahms (1833 –1897) Bearbeitung für Klavier linke Hand Avi Avital (*1978) Bearbeitung für Mandoline Steffen Schleiermacher (*1960) Schattenspiel mit Bachs Chaconne für Schlagzeug Pause
Robert Schumann (1810 –1856) Bearbeitung für Violine mit Klavierbegleitung
Naseer Shamma (*1962) Chaconne in Baghdad für Oud
Ferruccio Busoni (1866 –1924) Bearbeitung für Klavier
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„… ein Triumph des Geistes über die Materie“ Bachs Chaconne
D e t le f Giese
Jenes eindrucksvolle, kalligraphisch meisterhafte anuskript aus dem Jahr 1720, das die sechs unbegleiteten M Werke für Violine in Johann Sebastian Bachs eigener Handschrift überliefert, gehört zu den bedeutsamen Schätzen der europäischen Musik. Staunenswert dokumentiert es die Kunst eines Komponisten, der mit seinen Vokal-, Orchester-, Cembalo- und Orgelwerken neue Maßstäbe gesetzt hat, sich aber auch imstande zeigte, mit nur einem Melodie instrument, das des akkordischen Spiels von Natur aus nicht fähig ist, eine Musik von immens großer Formen- und Ausdrucksvielfalt und einer quasi räumlichen Wirkung zu realisieren. Diese „Sei Solo à V iolino senza Basso accompagnato“, die ihr Pendant in den sechs Suiten für Violoncello solo haben, bestehen aus einer Sammlung von je drei Sonaten und Partiten. Sie sind Teil einer ganzen Reihe von „Demonstrationswerken“, die der Hofkapellmeister Bach während seiner Amtszeit am kleinen, aber musikliebenden Hof in Köthen verfertigte, mit dem ersten Band des Wohltemperierten Klaviers als dem Paradigma. Waren es hier die paarig geordneten Präludien und Fugen durch alle Tonarten, die mit einer enormen Mannigfaltigkeit ins Werk gesetzt wurden, so sind die „Sei Solo“ für die Violine bezüglich der Genres weniger streng gehaltens, aber ebenso vielfältig im Blick auf ihre Verlaufsformen und ihre expressiven Momente. Sie bilden gleichsam Musterbeispiele für das solistische Geigenspiel, indem sie Tanz- und Variationssätze ebenso enthalten wie fugierte und frei gestaltete, ganz auf die Entfaltung des Spielerischen gestellte Teile.
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Keineswegs war Bach der „Erfinder“ derartiger Solostücke für Geige: Namhafte Komponisten wie Heinrich Ignaz Franz Biber, Johann Jakob Walther oder Johann Paul von Westhoff – den Bach sogar gekannt haben könnte – hatten sich bereits im späten 17. Jahrhundert auf diesem Feld hervorgetan. Bachs Verdienst besteht freilich darin, das kompositionswie spieltechnische Niveau auf eine neue Ebene gehoben zu haben. Der „gelehrte“ Komponist, dem nicht nur die Tasten-, sondern auch die Streichinstrumente bestens vertraut waren, demonstriert hier souverän, wie es möglich ist, auf lediglich vier Saiten vielgestaltige Klänge und musikalische Formverläufe zu initiieren, mit tiefsinnigem Ernst und elementarer Spielfreude, mit Gedankenreichtum und virtuosem Überschwang: Mit einem Minimum an äußerem, instrumententechnischem Aufwand erzielt Bach ein Maximum an Substanz und Wirkung.
Während die drei Sonaten einem klaren und einheit lichen Aufbau folgen – dem Modell der viersätzigen „Sonata da chiesa“, wie es bereits im 17. Jahrhundert etabliert worden war – werden die Partiten formal merklich freier gehandhabt, mit einer variablen Zahl von Sätzen sehr unterschiedlicher Ausgestaltung. Ein gewisser experimenteller Zugriff ist unverkennbar: Nicht selten ist hier ein Tonsatz verwirklicht, der eher an ein Tasten- als an ein genuines Melodieinstrument denken lässt. Und doch scheinen diese sechs Solowerke ganz von der Violine her gedacht und idiomatisch für sie konzipiert zu sein. Die zweite Partita in d-moll BWV 1004 hat von jeher große Resonanz erfahren, und zwar in erster Linie aufgrund ihres monumentalen Finalsatzes, der berühmten Chaconne (im Bachschen Autograph als „Ciaccona“ bezeichnet). Diesem ungewöhnlich ausgedehnten Stück Musik gehen vier Sätze voran, die eine traditionell anmutende Abfolge verschiedener Tänze ergeben: Auf eine mäßig bewegte Allemanda folgt eine rasche Corrente, danach eine gravitätische Sarabanda, die wiederum mit einer rhythmisch akzentuierten Giga in schnellem Tempo kontrastiert wird. Als fünften und letzten Teil bringt Bach nun eine groß dimensionierte Chaconne, auf die alles hinzuzielen scheint: Sie bildet zweifelsohne den 6
Höhepunkt der in Gang gesetzten Entwicklung, mit einer Tendenz zur Verselbstständigung, da sie allein durch ihre Spieldauer von etwa einer Viertelstunde substantielles Gewicht bekommt – und sich auch durch ihre besondere kompositorische Qualität und ihre Ausdrucksfülle als ein „Werk im Werk“ erweist. Zu Bachs Zeiten war eine Chaconne oder Ciaccona keine neue musikalische Form. Ursprünglich ein aus der Sphäre der Volksmusik stammender spanischer Tanz, fand diese spezielle Art von „Thema und Variationen“ im frühen 17. Jahrhundert Eingang in die Kunstmusik, z unächst in Italien, später auch in Frankreich und im deutschen Sprachraum. Auffällig ist vor allem die Ähnlichkeit mit der Passacaglia: Hier wie dort bildet eine fest umrissene Akkordfolge das Fundament, ein häufig wiederkehrendes Ostinato, auf dessen Grundlage sich ein reichhaltiges musikalisches Geschehen entfalten kann, mit immer neuen Gestalten und Gedanken. Girolamo Frescobaldi, der berühmte römische Orgelmeister, hat die Form der C haconne bereits in der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert in nicht wenigen seiner Werke kultiviert. Auch bei den P rotagonisten der französischen B arockmusik wie Jean-Baptiste Lully, André Campra und Jean-Philippe Rameau ist die Chaconne prominent vertreten – vor allem wenn es galt, eine Suite oder ein Operndivertissement effektvoll abzuschließen. Im 17. und frühen 18. Jahrhundert wurde die Form der Chaconne dann insbesondere bei deutschen Komponisten populär, im katholischen Süden wie im protestantischen Norden: Johann Kaspar Kerll, Johann Philipp Krieger, Dieterich Buxtehude, Georg Muffat, Johann Pachelbel,Vincent Lübeck, Georg Böhm und Johann Kuhnau – Bachs Vorgänger im Amt des Leipziger Thomaskantors – komponierten Stücke dieser Art, vornehmlich für Orgel oder Cembalo. Und auch Georg Friedrich Händel und Bach selbst haben sich wiederholt der Chaconne zugewandt: Man gewinnt durchaus den Eindruck, als ob sie ihren Ehrgeiz darauf richteten, diesen älteren Tasteninstrument-Künstlern, deren Vorbildwirkung unbestritten ist, nachzueifern. Eine architektonisch gutgebaute und ideenreich ausgestaltete Chaconne bot in jedem Fall die Möglichkeit, eine besondere Befähigung in der Kunst der Variation unter Beweis zu stellen und darüber hinaus den Kollegen und der Zuhörerschaft zu demonstrieren, über welche spieltechnische Virtuosität man verfügte.
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Gehörte die Komposition einer Chaconne gewissermaßen zum „Alltagsgeschäft“, so steht doch außer Frage, dass Bach mit dem Finale seiner zweiten Partita für Solo- Violine einen neuen Gipfel erreichte. Die Basis des gesamten Baues besteht aus einer Akkordfolge, die von einer viertaktigen Bassfigur abgeleitet ist und dann einem fortlaufenden Prozess des Variierens unterworfen wird. Die insgesamt 32 Variationen gehen pausenlos ineinander über, so dass sich der Eindruck einer durchkomponierten Großform ergibt. Für gewöhnlich sind sie paarweise geordnet, wobei die jeweils zweite die Wirkung der vorangehenden markant zu verstärken weiß – die für Bach durchaus typische Ausbildung interner Beziehungen zwischen den einzelnen Teilen, die wiederum auf das Ganze ausstrahlen, ist auch hier zu beobachten. Bachs Chaconne folgt einer dreiteiligen Struktur. In der Grundtonart d-moll wird zunächst das Thema fest umrissen und in einer Folge von sich immer weiter entwickelnden Variationen (die nicht zuletzt in immer entferntere harmonische Räume ausgreifen) facettenreich charakterisiert. Typisch ist dabei die Auflösung in immer kleinere Notenwerte: Über Achtel- und Sechzehntelnoten wird schließlich die Ebene der Zweiunddreißigstel erreicht, verbunden mit einer spürbaren Zunahme an Bewegungsenergie. Den Höhepunkt dieser Entwicklung bilden virtuose Arpeggien, mit einer eindringlichen dynamischen Steigerung einhergehend. Umfasste dieser erste größere Abschnitt die Variationen 1 bis 16 – quantitativ die Hälfte der musikalischen Einheiten –, so wechselt Bach für die anschließenden zehn Variationen die Tonart: Das dunkle, ernste d-moll wandelt sich zum hellen, warmen D-Dur. Allein hierdurch ist bereits ein Gegensatz hergestellt, der noch unterstützt wird durch die Tendenz zu einer insgesamt aufgelockerten Textur des Tonsatzes. Dennoch versagt sich Bach auch hier nicht den Effekt, den eine gezielt eingesetzte Steigerungsdramaturgie mit sich bringt: Den D-Dur-Abschnitt lässt er wiederum mit Varia tionen enden, bei denen das akkordische Spiel dominiert. Der dritte und letzte Hauptteil, in der Ausgangstonart d-moll stehend und lediglich sechs Variationen umfassend, führt sowohl strukturell als auch expressiv zum ersten Abschnitt zurück. Durch die Wiederkehr des Themas am Schluss wird der weit ausschwingende Bogen wieder geschlossen: Die Chaconne endet mit einem einzelnen Ton, nachdem zuvor verschiedenste Kunstgriffe des mehrstimmigen (bzw. scheinpolyphonen) Spiels zur Anwendung gekommen 8
sind – besondere Herausforderungen für den zeitgenössischen wie für den heutigen Interpreten. Bach hat gezeigt, was innerhalb jener Begrenzungen, die ihm diese spezielle Form des Ostinato-Komponierens auferlegte, überhaupt denkbar und möglich ist, die gegebenen Optionen voll und ganz ausschöpfend.
Die Chaconne d-moll stellt gewiss den Höhepunkt der Bachschen „Sei Solo“-Kompositionen dar. Bezeichnenderweise geriet sie nie in Vergessenheit, sondern erfuhr stets hohe Wertschätzung. So ließ die preußische Prinzessin Anna Amalie gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine Abschrift anfertigen, innerhalb einer geschichtlichen Phase, während der Bachs Musik vielfach als veraltet galt. Im 19. Jahrhundert waren es dann die erklärten Bach-Bewunderer der romantischen Generation, Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann, die mit eigenen Bearbeitungen für Violine mit hinzugefügter Klavierbegleitung dafür sorgten, Bachs Ausnahmewerk mit den Mitteln der Gegenwart neu zum Leben zu erwecken. Ein weiterer Bach-Enthusiast, Johannes Brahms, tat es ihnen gleich, in dem er den Tonsatz nahezu notengetreu auf das Klavier übertrug und ihn allein von der linken Hand des Pianisten ausgeführt wissen wollte. Die Motivation dazu wird ersichtlich, wenn man sich die Worte vergegenwärtigt, die er seiner Vertrauten Clara Schumann 1877 gegenüber äußert: „Die Chaconne ist mir eines der wunderbarsten, unbegreiflichsten Musikstücke. Auf ein System, für ein kleines Instrument schreibt der Mann eine ganze Welt von tiefsten Gedanken und gewaltigsten Empfindungen.“ Bachs Erfindungsreichtum erlaubt es, Horizonte zu öffnen: Losgelöst vom Materiellen, losgelöst auch von der Zuweisung an ein bestimmtes Instrument, ist die Freiheit gegeben, mit seiner Komposition produktiv umzugehen. Nicht allein, dass der in den Noten fixierte Tonsatz auf andere Klanggeber übertragen werden kann – die Musik bietet auch die Möglichkeit, die eigene Kreativität an ihr zu erproben, ob nun in einem mehr oder minder eng am Original orientierten Transkribieren oder einem wirklichen Weiterdenken und -schöpfen. Schon das romantische Zeitalter besaß ein spürbares Interesse daran – und auch in der Gegenwart scheint der 9
Wunsch ungebrochen zu sein, Bachs viel bewundertes und bewundernswürdiges Werk mit neuen Farben und Figuren zu versehen und in neue Klangwelten zu überführen. Es spricht jedenfalls für die Qualität dieser an Details so reichen und architektonisch so groß und meisterhaft entworfenen Musik, dass man, aus wechselnden Perspektiven und aus unterschiedlichsten Intentionen heraus, sich ihr immer wieder nähert und ihre Potentiale immer weiter auslotet. Philipp Spitta, der mit Brahms befreundete eminente Bachforscher und -biograph, hat die Faszination, die von diesem Werk ausgeht, mit unnachahmlicher Prägnanz auf den Punkt gebracht: Es sei nichts Geringeres als „ein Triumph des Geistes über die Materie, wie er sich glänzender noch nicht wiederholt hat.“
Detlef Giese, geboren 1972 in Dessau, aufgewachsen in Vorpommern, studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Geschichte und promovierte an der Humboldt- Universität Berlin mit einer Arbeit zur musikalischen Interpretation. Seit 2008 ist er Dramaturg für Musiktheater und Konzert an der Staatsoper Unter den Linden. Unter seinen Veröffentlichungen sind ein Opernführer zu Verdis Aida und eine Dokumentation zu Wagners Ring des Nibelungen an der Berliner Hof- und Staatsoper.
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“… a Triumph of Spirit over Matter” Bach’s Chaconne
D e t le f Gie se
The impressive manuscript dated 1720, a masterwork of calligraphy containing the six unaccompanied works for violin in Johann Sebastian Bach’s own handwriting, is one of the greatest treasures of European music. It documents the astonishing art of a composer whose vocal, orchestral, harpsichord, and organ works set new standards, but who also proved himself capable of creating music of the greatest formal and expressive variety using only a melody instrument that by its very nature cannot play chords, yet imbuing it with an almost three-dimensional quality. These “Sei Solo à V iolino senza Basso accompagnato,” whose counterpart are the six suites for cello solo, consist of a collection of three sonatas and three partitas each. They are part of a whole series of “demonstration works” Bach wrote during his tenure as Hofkapellmeister at the small but music-loving court of Köthen, with the first volume of The Well-Tempered Clavier as a paradigm. While in the latter, pairs of preludes and fugues that traverse the entire spectrum of key signatures are presented in extraordinary variety, the “Sei Solo” for violin are less strict in terms of genres, but equally varied in their sequences and expressive elements. They seem to establish templates for soloistic violin playing, containing dances and sets of variations as well as sections adhering to fugal complexity and less formal sections dedicated entirely to playful freedom. Bach was by no means the “inventor” of such solo pieces for violin: renowned composers such as Heinrich Ignaz Franz Biber, Johann Jakob Walther, and Johann Paul von Westhoff—whom Bach may well have known personally—had already made a name for themselves in this field in the late 17th century. Bach deserves credit,
however, for increasing the standard, taking compositional and playing technique to a new level. This “educated” composer, deeply familiar not only with keyboard, but also with string instruments, here demonstrated masterfully how to use a mere four strings to initiate a multitude of sounds and formal musical sequences, exhibiting profound earnestness and elementary joy in playing, rich imagination and virtuosic vigor: with a minimum of discernible technical effort, Bach created a maximum of substance and effect.
While the three sonatas follow a clear and unified structure—adhering to the model of the four-movement Sonata da chiesa established during the 17th century—the partitas are treated with a notably greater degree of formal freedom, featuring a variable number of movements with very different designs. A certain experimental approach is unmistakable: we frequently find a kind of writing here that evokes a keyboard rather than a genuine melody instrument. And yet, these six solo works appear to be creations just for the violin, employing an idiom conceived for that instrument alone. Partita No. 2 in D minor BWV 1004 has always remained popular, mainly because of its monumental final movement, the famous Chaconne (or, as in Bach’s autograph, the “Ciaccona”). This unusually lengthy piece of music is preceded by four movements, a traditional sequence of various dances: a moderate Allemanda is followed by a quick Corrente, a stately Sarabanda, and, again in contrast, a rhythmically accentuated Giga in a fast tempo. The fifth and last part of the work, then, is a Chaconne of considerable dimensions, and in retrospect, everything seems to have been pointing forward to it: it is doubtless the high point of the musical development, with a tendency towards independence, for its duration alone of approximately 15 minutes gives it substantial weight—its compositional quality and wealth of expression, as well, make it a “work within a work”. In Bach’s time, the chaconne or ciaccona was not a new musical form. Originally a Spanish dance rooted in folk music, this special kind of “theme and variation” found its way into art music in the early 17th century, first in Italy, 13
then also in France and in German-speaking regions. Its resemblance to the passacaglia is striking: in both cases, a fixed sequence of chords forms the foundation of the piece, as a frequently repeated ostinato, on the basis of which a rich variety of musical activity unfolds, continuously introducing new figures and ideas. Girolamo Frescobaldi, the famous Roman organ master, explored the form of the chaconne in numerous compositions during the first half of the 17th century. Leading figures of French Baroque music such as Jean-Baptiste Lully, André Campra, and JeanPhilippe Rameau gave the chaconne a prominent place in their output—especially when it came to writing an effective finale for a suite or an operatic divertissement. In the 17th and 18th centuries, the chaconne became a popular form, particularly favored by German composers both in the Catholic South and the Protestant North: Johann Kaspar Kerll, Johann Philipp Krieger, Dieterich Buxtehude, Georg Muffat, Johann Pachelbel,Vincent Lübeck, Georg Böhm, and Johann Kuhnau—Bach’s predecessor in the office of Leipzig’s Thomaskantor—all composed pieces in this manner, mainly for organ or harpsichord. George Frideric Handel and Bach himself repeatedly turned to the chaconne: one could be forgiven for thinking that their ambition was to emulate these older keyboard artists, whose status as role models is undisputed. A well-constructed chaconne offering a wealth of ideas certainly provided an opportunity to prove a special talent for the art of variation, as well as to showcase the composer’s own technical virtuosity as a player to colleagues and listeners alike.
While writing chaconnes was part of “business as usual,” there is no question that Bach reached a new high point in the genre with the finale of his Partita No. 2 for solo violin. The foundation of the entire piece is a sequence of chords derived from a four-measure bass figure that is then subjected to a continuous process of variation. The 32 variations follow one another seamlessly, so that the listener gets the impression of a single larger, through-composed form. Most of the variations are arranged in pairs, the second usually reinforcing the effect of the first—here once again we find the development of internal relationships between 14
individual variations, quite typical for Bach, that also influences the perception of the work as a whole. Bach’s Chaconne has a three-part structure. The theme is clearly stated in the basic key of D minor and then further characterized in its many facets in a series of ever-developing variations that reach distant harmonic ranges. One typical feature is the use of smaller and smaller note values: by way of eighth and 16th notes, we finally reach 32nd notes, combined with a notable increase in energy. The high point of this development are virtuoso arpeggios, accompanied by a steadily rising volume level. While this first larger section includes Variations 1 through 16—half of the musical units—Bach changes keys for the next ten variations: the dark, serious D minor gives way to the brighter, warmer D major. This alone creates a sense of contrast that is further developed by an overall tendency toward a looser texture in the musical writing. Still, Bach does not forego the effect of a purposefully deployed augmentation: as before, he ends the D-major section with variations dominated by chords. The third and last main section, once again in the original key of D minor and comprising only six variations, leads back to the first in terms of its structure and expressivity. The return of the theme at the end closes the expansive circle: the Chaconne ends on a single note, after having gone through many different devices of polyphonic (or rather pseudo- polyphonic) playing—a challenge for Bach’s contemporaries and today’s players alike. Bach demonstrated everything conceivable and possible within the limits posed by this special form of ostinato composition, making full use of all available options.
The Chaconne in D minor is undoubtedly the culmination of Bach’s “Sei Solo” pieces. Tellingly, it never fell into obscurity, but has always been highly esteemed. The Prussian Princess Anna Amalie had a copy made at the end of the 18th century, a period when Bach’s music was widely considered outmoded. In the 19th century, it fell to the Bach admirers of the Romantic generation, Felix Mendelssohn Bartholdy and Robert Schumann, who both wrote a piano 15
part to accompany the solo violin, to revive Bach’s exceptional work through contemporary means. Another Bach enthusiast, Johannes Brahms, joined their efforts by arranging the score for piano almost note-for-note, to be performed by the left hand alone. His motivation becomes apparent when con sidering his remarks to his confidante Clara Schumann in 1877: “To me, the Chaconne is one of the most wonderful, incomprehensible pieces of music. For one voice alone, for a small instrument, this man writes a whole world of the most profound thoughts and powerful feelings.” Bach’s inventiveness allows horizons to expand: divorced from material considerations and also from the prescription of a certain instrument, we are given the liberty to look at his composition in productive ways. Not only can the contents of the score be transformed to suit other instruments—the music also offers the possibility of testing one’s own creativity, whether by transcribing, be it closer or farther away from the original, or by extension of its thought patterns and the creation of truly new material. The Romantic age already took a palpable interest in this—and today the wish to endow Bach’s much-admired and admirable work with new colors and figures seems unbroken, taking it into new realms of sound. It certainly speaks to the quality of this music, so rich in details and so great and masterful in its conception, that it can be looked at again and again, from changing perspectives and with very different intentions, to explore its potential further and further. Philipp Spitta, the eminent Bach scholar and biographer and a friend of Brahms, summed up the fascination of the work with inimitable conciseness: he called it nothing less than “a triumph of spirit over matter, the brilliance of which has not been repeated since.”
Translation: Alexa Nieschlag
Detlef Giese, born in Dessau in 1972, studied musicology, philosophy, and history and earned his PhD with a dissertation on musical interpretation at the Humboldt University in Berlin. Since 2008 he has been dramaturg for opera and concert at the Staatsoper Unter den Linden. His publications include a guide to Verdi’s Aida and a documentation on Wagner’s Der Ring des Nibelungen at the Berlin Court and State Opera.
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