Arabic Music Days Einführungstexte von / Program Notes by Raed Wahesh Gemälde von / Paintings by Nasser Hussein
Freitag
21. September 2018
18.30 Uhr Mozart Auditorium
Nasser Hussein Eröffnung der Ausstellung mit neuen Werken des Künstlers Die Ausstellung ist am Samstag und Sonntag ab 11.00 Uhr geöffnet.
20.00 Uhr Pierre Boulez Saal
Moneim Adwan & Quartett Moneim Adwan Gesang und Oud Zied Zouari Violine Yassir Bousselam Violoncello Leïla Soldevila Kontrabass Yousef Zayed Percussion Das Programm wird von den Künstlern angesagt.
Samstag
22. September 2018
11.00 Uhr Foyer
Film und Gespräch 3 Minutes 3 Days Zehn Beiträge aus dem Kurzfilmfestival (Bagdad 2018) Publikumsgespräch mit Festivalleiter Hikmat al-Beedhan Careers (Ramy Ghanim Hameed) Pan Flute (Abbas Abdil-Wahid) Marionette (Ali Talib) First Lesson (Hasanin Shubber) Light (Murtadha Ali Alzaydi) String (Hussen Hafed Laibee) Baghdad Photographer (Mejd Hameed) Melody Night (Kayhan Anwar) Harmony (Maitham Khalaf) 3 Minutes (Abbas Hashem)
15.30 Uhr Foyer
Film und Gespräch London Tomorrow (Großbritannien 2017) Regie: Nimer Rashed Publikumsgespräch mit dem Regisseur, Hauptdarsteller Omar Tibi und Amel Ouaissa (Barenboim-Said Akademie)
Alle Filme sind am Samstag und Sonntag ab 11.00 Uhr in Raum 118 zu sehen.
Samstag
22. September 2018
19.00 Uhr Pierre Boulez Saal
Bassam Abdelsattar & Kanun-Ensemble Bassam Abdelsattar Kanun Miriam Abdulbaki Layla Abdulbaki Hana Boukhris Ahmad Al Shikh Yasmina Mansour StudentInnen und AbsolventInnen des House of Oud Abu Dhabi
Das Programm wird von den KĂźnstlern angesagt.
Sonntag
23. September 2018
15.30 Uhr Pierre Boulez Saal
Dichterlesung Yaser Elzayat Adel Khozam Rasha Omran Ghassan Zaqtan Rezitation In arabischer Sprache ohne Übersetzung
19.00 Uhr Pierre Boulez Saal
Naseer Shamma & Quartett Naseer Shamma Oud Ashraf Sharif Khan Sitar Carlos Piñana Gitarre Shahbaz Hussain Tabla Miguel Ángel Orengo Percussion Das Programm wird von den Künstlern angesagt.
Die arabische Geschichte erzählen Naseer Shamma kuratiert die Arabic Music Days 2018
R a e d Wa h e s h
Im zweiten Jahr erweitern die Arabic Music Days im Pierre Boulez Saal ihr Spektrum um neue Kunstformen. Das dreitägige Festival präsentiert einen konzentrierten Ausschnitt aus zeitgenössischen kulturellen Bewegungen in der arabischen Welt – mit Instrumentalmusik, Gesang, bildender Kunst, Film und Dichtung. All diese Beiträge zeigen ein anderes Bild von einem Teil der Welt, der sonst oft durch den Blick auf politische Ereignisse und Konflikte geprägt ist: Die Kunst ist der Bereich des Lebens. Die Arabic Music Days entstanden im Jahr 2017 als Kooperation zwischen dem Pierre Boulez Saal und zwei Musikern: dem irakischen Oud-Virtuosen Naseer Shamma und dem syrischen Klarinettisten Kinan Azmeh. Die Idee des Projekts war es, eine lebendige Erfahrung von Ideen und Werken zu schaffen, in ihrer ganz eigenen Ästhetik. Shamma, der in diesem Jahr als alleiniger Kurator fungiert, erklärt das Ziel des Festivals so: „Ich reise viel um die Welt und habe dabei viele künstlerische Erfahrungen gemacht. Es ist mir wichtig, von Zeit zu Zeit besonders außergewöhnliche Erfahrungen hervorzuheben. Für die Arabic Music Days möchten wir deshalb Künstler aus der arabischen Welt vorstellen und sie in einen Austausch mit dem deutschen Publikum bringen.“ Naseer Shammas Präsenz auf der Bühne beschränkt sich nicht allein auf die Musik, denn er verfolgt eine Vielzahl von Interessen und Aktivitäten. In diesem Zusammenhang ist es interessant, an seinen Text „Die sieben Flügel der Musik“ zu erinnern, der im Dezember 2001 in der bekannten ägyptischen Zeitschrift Al-Hilal erschien. Der Text, eine Art kurzer Autobiographie, spricht von zwei Grundelementen aus der Geschichte seiner Kindheit: Klang und Wasser. Obgleich er sie beiläufig und scheinbar absichtslos erwähnt, 9
weist er damit auch auf die Bedeutung dieser beiden Elemente etwa in Gilgamesh und anderen mesopotamischen Epen hin. Klang begleitete Shamma seine ganze Kindheit hindurch in Form eines Radios, das seine Mutter oft einschaltete, um ihn abzulenken, wenn er weinte. Es existiert ein Foto von ihm mit dem Radio, das Al-Hilal zusammen mit dem Text veröffentlichte. Und auch Wasser besitzt einen Klang: Eine wichtige Entdeckung des Kindes Naseer war es, dass, wann immer er seine Finger unter dem tropfenden Wasserhahn bewegte, sich der Klang der Tropfen veränderte. So fand er sein erstes Spielzeug. All dies geschah in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, in der Stadt Kut im Südosten des Irak. Kut, was im Arabischen „Festung“ bedeutet, liegt zwischen Kufa und Basra, den ersten beiden Städten, die von Muslimen außerhalb der Arabischen Halbinsel errichtet wurden. In der Schule war Shamma von der Oud seines Musiklehrers fasziniert, doch dieser wollte ihn nicht unterrichten, da das Instrument größer war als das Kind. „Deshalb setze ich mich dafür ein, dass Ouds gebaut werden, die zu einem Kinderköper passen“, sagt Shamma und fährt fort: „Von Jahr zu Jahr beharrte ich darauf, Unterricht zu bekommen. Als ich elf war, bestand mein Lehrer aus demselben Grund noch immer darauf, ihn mir zu verweigern – aber meine Tränen erweichten ihn am Ende doch.“ Dies war der Beginn einer Reise, die jedoch ohne einen weiteren Aspekt kaum Sinn gehabt hätte: Bücher. Shamma verlebte seine Kindheit in einem Haus mit einer großen Bibliothek, die seine älteren Geschwister zusammengetragen hatten. Anfang der 1970er Jahre begann das irakische Regime, Razzien gegen Kommunisten zu unternehmen. Junge Menschen, in deren Elternhäusern kommunistische Bücher zu finden waren, wurden verhaftet. Shammas Mutter verbrannte einen Großteil der Bücher im Brotbackofen, doch der junge Naseer spürte, dass sie gerettet werden müssten. Die Bücher, deren Umschläge ihm gefielen, packte er in einen Sack, den er nachts im Garten des Gouverneurs der Stadt vergrub – weil dieser nicht von Sicherheitsleuten bewacht wurde. Jahre später grub er den Sack aus und versenkte sich in die Lektüre all jener Bücher, die noch brauchbar waren. Seine Beziehung zum Lesen entwickelte sich weiter und wurde schließlich zur Quelle seiner musikalischen Ideen: „Bücher haben mehr zu meiner Entwicklung beigetragen als alle Oud-Professoren.“
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Shammas Jugend fiel mit dem Ersten Golfkrieg und der späteren Besetzung Kuwaits durch irakische Truppen zusammen; er erlebte auch den Zweiten Golfkrieg, der eine lange Periode von Sanktionen gegen den Irak zur Folge hatte. Die schlimmste Erfahrung aber war seine Verhaftung und Verurteilung wegen Beleidigung des Regimes. Shamma erklärt: „Ich war 170 Tage lang inhaftiert zusammen mit 400 Menschen; nur zwei überlebten, ich und ein anderer.“ Seine Rettung verdankt er einem Zufall: Ein hoher Beamter, der seine künstlerische Arbeit schätzte, hatte von seiner Inhaftierung erfahren und für seine Freilassung gesorgt. Trotzdem wirken die Folgen der Haft bis heute nach. Naseer Shamma verließ den Irak 1993 in Richtung Tunis und später Ägypten. Seitdem hat er sich in der arabischen Öffentlichkeit einen bis heute stetig wachsenden Ruf erworben. Wichtigste Station außerhalb des Irak war 1999 die Gründung des „House of Oud“ in Kairo, das inzwischen auch Niederlassungen in Abu Dhabi, Alexandria und Khartum hat und demnächst eine weitere in Berlin erhalten soll. Diese Oud-Häuser machten das Instrument so bekannt, dass bald Rentner und Kinder Seite an Seite unterrichtet wurden. Mit dem Beginn des Projekts wurde auch eine alte Tradition wiederbelebt, nach der jeder, der das Instrument beherrscht, sein Wissen an zehn andere Menschen weitergibt. Die Idee der Oud-Häuser begann als eine Art Gegenreaktion auf Musiker der Generation vor Shamma, die ihre Spieltechniken geheim hielten und sich weigerten, ihr Wissen mit anderen zu teilen oder an nachfolgende Generationen weiterzugeben. In den Oud-Häusern werden außer Oud auch die arabische Zither Kanun, die Langhalslaute Saz und das Blasinstrument Ney gelehrt; außerdem gibt es Unterricht für Sänger, Muezzins und Koran-Rezitatoren. Ziel ist es dabei, geeignete Lehrpläne für das Unterrichten von arabischer Musik zu entwickeln, die Kunst des Instrumentenbaus zu verfeinern und musikhistorische Forschung zu betreiben. Wie Shamma gern betont: „Es beruhigt mich, diese Instrumente für die Zukunft in den Händen von Absolventen der Oud-Häuser zu wissen.“ Seine eigene Musik erzählt Geschichten in musikalischen Bildern. In It Happened in Ameriyah etwa, einem in der arabischsprachigen Welt bekannten Stück, das das amerikanische Bombardement von Al-Ameriyah, einem Stadtteil von Bagdad, während des Zweiten Golfkriegs zum Thema hat, hören und sehen wir Flugzeuge, die Klagen der Toten und die Sirenen der Krankenwagen. In Horse Dance spüren wir gleichsam, dass es statt eines Plektrons die Hufe eines Pferdes sind, die sich über die Saiten der Oud bewegen. 11
Shamma verwendet eine schlichte und schnörkellose Oud, während viele andere Künstler ihre Instrumente extravagant schmücken, um sie zu Kunstobjekten zu machen. Er tut dies aus der Überzeugung heraus, dass „jede Zugabe den Klang des Instruments negativ beeinflusst“ und, noch wichtiger, „damit die Oud mit dem Atem des Spielers beseelt wird, denn sie ist der Spiegel der Seele des Musikers.“ Neben seiner Arbeit in Musik und Lehre ist er im humanitären und sozialen Bereich tätig, von der Behandlung irakischer Kinder mit Herzkrankheiten über die Unterstützung von Flüchtlingen bis hin zur Sanierung öffentlicher Plätze in Bagdad. All diese Aktivitäten sind Ausdruck von Shammas Glauben an die Rolle der Kultur, das Bewusstsein zu erweitern, Menschen zusammenzuführen und moralischen Werten und Prinzipien Ausdruck zu verleihen. Vor diesem Hintergrund entstand auch die Idee der Arabic Music Days, als kleiner Beitrag, die arabische Kultur in lebendiger Form zu präsentieren, jenseits von Unterdrückung und Verzerrung, wie sie von Militärdiktaturen und Fundamentalisten ausgeht. Musik, die Teil des Titels der Veranstaltung ist, wird hier zu einem „Überbegriff für die Künste“, sagt Shamma. „Weil Musik vielseitig ist, 12
kann sie bestmöglich vermitteln. Musik gelangt gleichzeitig und direkt ins Ohr, in den Geist und den Verstand. Bei der Zusammenstellung des Programms für dieses Wochenende ging es uns darum, sorgfältig ausgewählte Werke herausragender Künstler zu präsentieren, ohne dabei bestimmte Länder hervorzuheben.“
Die Arabic Music Days beginnen mit einer Einzelausstellung des syrischen Künstlers Nasser Hussein, der, so Shamma, „ebenso große technische Fähigkeiten besitzt wie künstlerische Sensibilität“. Wenn er über Husseins Bilder spricht, ist dabei gleichzeitig die Stimme des Malers Naseer Shamma zu hören, der sich bis heute weigert, seine Bilder in einer Ausstellung zu zeigen, obgleich er professionell etabliert ist. Das Malen hält ihn oft vom Spielen und Üben ab – doch es hat für ihn therapeutische Wirkung: „Ich beschäftige mich mit Farbe als einer Möglichkeit der Reinigung, wenn die Musik mir nicht hilft. Sobald ich die Anspannung losgeworden bin, kehre ich zum Spielen zurück.“ Es ist offensichtlich, dass der Musiker, dessen Beziehung zu Malern stärker ist als jene zu anderen Musikern, Hussein nicht nur aufgrund seiner Erfahrung, sondern auch der enormen musikalischen Kraft seiner Bilder wegen als Partner für dieses Projekt gewählt hat. Aus einer anderen Richtung kommt der palästinensische Künstler Moneim Adwan, der den ersten Abend der Arabic Music Days gestaltet. Seit er Adwans Musik das erste Mal hörte, schätzt Shamma ihn sehr. Mit seiner ausdrucksstarken und dabei kräftigen Stimme besitzt Adwan die Fähigkeit, sich unterschiedlichen Formen sowohl des sufistischen als auch des weltlichen Gesangs zu widmen. Dabei bewahrt er stets das Erbe der arabischen Dichtung, die für ihn den Inbegriff der Ästhetik der arabischen Sprache darstellt. Außerdem beschäftigt er sich mit Folklore und begibt sich so auf die Suche nach den Stimmen der einfachen Menschen in der Geschichte, um sie musikalisch zu erforschen. Dies führte in jüngster Zeit zu seiner Beschäftigung mit der Oper. Er erklärt: „Es begann als Herausforderung, mit einer Frage, die ich mir selbst gestellt habe: Kann Arabisch eine Opernsprache sein? Ja, ist die Antwort, die ich darauf gebe, wegen ihres reichen Wortschatzes.“ Dieser Drang, nach Antworten und neuen Formen zu suchen, erklärt sich aus schwierigen biographischen Erfahrungen. Während er in Gaza lebte, sah sich Adwan gezwungen, auf seinen Wegen durch die Stadt seine Oud in einem Müllsack zu verstecken, weil er 13
befürchtete, dass sie von der Obrigkeit, die das Gebiet kontrolliert, zerstört werden würde. Dieses erzwungene Verstecken des Instruments bewirkte im Gegenzug, dass er sich zu einer Art der Kompensation durch Zurschaustellung veranlasst sah, da die Oud als Instrument sowohl Geschichten wie auch Gedanken verkörpert. Deshalb ist Adwan in seiner ästhetischen Grundhaltung unbeugsam: „Einer dekadenten Kunst zu dienen, ist nicht besser, als Bomben auf Menschen zu werfen.“ In seinem Konzert präsentiert er eine Auswahl arabischer Lieder, ergänzt durch Vertonungen verschiedener Gedichte von Dschalal ad-Din Rumi und Mahmud Darwisch: „Beide malen Bilder, die Menschen berühren und direkt die Herzen erreichen – Rumi in der Philosophie und Darwisch in der Musik.“
Während der Arabic Music Days werden der Oud und dem Kanun viel Platz eingeräumt, denn, so Shamma, „es sind die beiden Instrumente, die die arabische Musik am besten repräsentieren“. Er fügt hinzu: „Die Oud existiert seit 2350 vor unserer Zeitrechnung und war das erste Instrument, das zum Begleiter von Gelehrten wie Avicenna und Al-Farabi wurde, wie auch von Sängern, Komponisten und Geistlichen. Das Kanun wurde von Al-Farabi erfunden, dem Philosophen und Gelehrten, den man auch den ‚Imam der Wissenschaften‘ nennt, weil er sieben Zweige der Wissenschaft beherrschte. Der Lauf der Geschichte und ihre Entwicklung haben diese beiden Instrumente zu ‚Sprechern‘ der arabischen Kunst im allgemeinen gemacht, von der Dichtung bis hin zur Kalligraphie, Malerei und Architektur.“ Die „Nacht des Kanun“, am zweiten Abend des Festivals, besteht aus einem Dialog zwischen Lehrer und Schülern – geführt wird er von Bassam Abdelsattar und fünf seiner Studenten aus der KanunAbteilung des Oud-Hauses in Abu Dhabi. Abdelsattar hat das Institut auf Einladung von Shamma gegründet, dort unterrichtet und zur Entwicklung des ersten Lehrbuchs für die Ausbildung von KanunSpielern beigetragen. „Bassam Abdelsattar wird eine neue Dimension von Kraft und Schönheit vorstellen“, sagt Shamma, „und zum ersten Mal werden Menschen in Europa das Instrument Kanun in so großer Zahl und mit solcher Virtuosität hören. Ich glaube, es wird einzigartig.“ Der Lehrer und seine Schüler im Alter von 11 bis 16 Jahren spielen klassische Stücke auf dem Kanun mit zehn Fingern – ähnlich wie 14
auf dem Klavier und auch ähnlich notiert. Abdelsattar betrachtet das Kanun als Vorläufer des Klaviers: „Wenn man ein Klavier aufklappt, findet man ein Kanun.“ Die Musiker stellen auch neue Spieltechniken vor, bei denen die rechte Hand eine Melodie spielt und die linke eine andere – als wären es zwei Instrumente. Einen weiteren Schwerpunkt der Arabic Music Days bilden arabische Kurzfilme. Gezeigt werden Beiträge des Festival für junge Filmemacher „3 Minutes 3 Days“ in Bagdad sowie der Film London Tomorrow von Nimer Rashed, der sich mit dem Leid und den Erfahrungen von Arabern im Ausland auseinandersetzt. Am letzten Tag des Festivals ist Shamma selbst zu erleben, gemeinsam mit einem Quartett, das ihn seit einigen Jahren bei vielen Konzerten begleitet. „Während meiner Zeit in Tunesien“, erinnert er sich, „lernte ich den pakistanischen Musiker Ashraf Sharif Khan kennen, einen der bedeutendsten Sitar-Spieler der Welt. Wir haben gemeinsam improvisiert, was mir lange in Erinnerung geblieben ist. Ich habe ihn dann zu Konzerten in verschiedenen Ländern eingeladen, und von 2000 bis heute sind wir gemeinsam mehr als 20 mal aufgetreten. Den spanischen Gitarristen Carlos Piñana kenne ich seit 2001, er war wie ich Gast am Cervantes Institut in Kairo. Unser gemeinsames Konzert war ein großer Erfolg, wir harmonierten musikalisch und verstanden uns sehr gut. Später hat der Austausch von Ideen zwischen uns dazu geführt, dieses Quartett zu gründen, und wir haben seitdem viele Konzerte in den USA, Kanada, Großbritannien und den arabischen Ländern gegeben. Ich hoffe, dieser Auftritt im Pierre Boulez Saal wird meine Beziehung zum Berliner Publikum noch intensivieren.“ Schließlich steht bei den Arabic Music Days auch eine Lesung arabischer Lyrik auf dem Programm – ein Versuch, uns die Sinne zu öffnen, ist die arabische Sprache doch der wichtigste Träger dieser Kultur. Die Werke von Rasha Omran (Syrien), Ghassan Zaqtan (Palästina),Yaser Elzayat (Ägypten) und Adel Khozam (Vereinigte Arabische Emirate) lassen uns etwas über die Entwicklung dieser Sprache als Ausdruck menschlicher Themen und Fragen erfahren. Sie geben uns auch Gelegenheit dazu, ihrem ganz eigenen Rhythmus zu lauschen. Historisch gesehen hat Dichtung für Araber immer eine zentrale Rolle gespielt, und sie stellt seit vielen Jahrhunderten eine Art kollektives kulturelles Gedächtnis dar. Obgleich sich der Stellenwert dieser Kunstform heute verändert hat, wie es auch in anderen Kulturen der Fall ist, verwandeln Dichter Sprache noch immer in eine Heimat, die sie in sich tragen, wie Ghassan Zaqtan sagt. Rasha Omran wiederum sieht Dichtung als einen Weg, sich eine endgültige 15
Identität zu schaffen, nachdem sie ihre Identität als syrische Staatsbürgerin verloren hat: „Ich habe nur die Dichtung, die ich anderen als Selbstdarstellung anbieten kann.“ Zaqtan sieht eine große Chance darin, in Berlin einem neuen Publikum zu begegnen: „Vermittelt man dem Publikum Eindrücke von einem fremden Ort, seinen Gerüchen, seinen Tageszeiten, den Gestalten seiner Bewohner und Pflanzen, stellen sie Vergleiche mit ihrer eigenen Heimat und ihren Erinnerungen an und erweitern so ihre Erwartungen.“ Alle Kunst trägt dazu bei, dem Leben jedes Einzelnen eine tiefere Bedeutung zu verleihen. Doch sie gibt auch den Ausgegrenzten eine Stimme und schafft eine Form der Gerechtigkeit, indem sie die Menschen auf eine Stufe stellt, entgegen allen Bestrebungen nach Überlegenheit, Ausbeutung und Unterordnung, entgegen der Logik der Gewalt. Für Shamma spiegeln Initiativen wie die Arabic Music Days die ideale Rolle des Künstlers im öffentlichen Raum wider. Solche Projekte werfen ein neues Licht auf das Bild einer Kultur, durch die Stimmen ihrer eigenen Angehörigen, die sich stereotypen und rassistischen Ideen entgegenstellen und sich Engstirnigkeit und Ethnozentrismus widersetzen. Shamma fasst es so zusammen: „Künstler versuchen, Freude auszulösen und können dazu beitragen, der Gesellschaft eine Seele zu geben. Politiker dagegen können den Zauber und die Schönheit des Universums zerstören.“
Übersetzung aus dem Arabischen: Dagmar Wollmann
Raed Wahesh, geboren 1981 in Damaskus, ist ein palästinensisch-syrischer Autor und Journalist. Er lebt zur Zeit in Hamburg.
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Nasser Hussein: Leben ist möglich
Im Jahr 1982 besuchte Nasser Hussein, damals elf Jahre alt, zum ersten Mal eine Kunstaustellung. Es war in Aleppo, wo sein Bruder eine Galerie eröffnete. Die Ausstellung sollte das Leben des Kindes auf den Kopf stellen. Er hörte auf, zu malen, wie Kinder es tun, und begann, erste Formen seiner eigenen künstlerischen Welt zu entwicklen, einer Welt, die von gebrochenen Geschöpfen bevölkert ist, einsam wie das Kind, dessen Einsamkeit mit seiner Entdeckung der Kunst einherging. Seine jüngsten Arbeiten in Acryl auf Leinwand – zu sehen im Pierre Boulez Saal und als Illustrationen in diesem Programmheft – bleiben diesem ständigen Thema treu: traurige, zerbrochene Figuren schweben in Leere und Isolation. Die Bilder reflektieren die Grausamkeit dieser Leere, der Abwesenheit in unserem Leben, verweisen aber auch auf das, was abwesend ist. Worum es sich dabei handelt, bleibt uns verborgen – es könnten Freunde sein, die uns fehlen, ein geliebter Mensch oder ein Ort.Wir spüren das Warten, die Erwartung, als Inspiration hinter diesen Bildern. Alle warten. Es wird etwas geschehen, jemand wird kommen. Eine Figur steht an eine Wand gelehnt, wartet auf etwas, doch wenn wir genauer hinsehen, stellen wir fest, dass dort keine Wand ist, sondern nur ein statischer Hintergrund, als wäre das die einzige Realität dieser Welt. Das Leben, dem etwas fehlt, begegnet uns etwa im Bild einer Frau, die auf einem Bett liegt, Panik in ihren Gesichtszügen. Sie mag Angst haben vor ihrer Einsamkeit, vor dem Gefühl der Verlassenheit, vor dem Verlust eines nahestehenden Menschen im Krieg. Doch zunächst einmal sind wir gar nicht sicher, ob es sich überhaupt um eine Frau handelt. Husseins Figuren geben sich dem Betrachter nicht als männlich oder weiblich zu erkennen. Zwar gibt ihre Kleidung gelegentlich einen Hinweis, ihre Gesichter aber bestehen auf Geschlechtsneutralität, als wollten sie von der verletzten menschlichen Seele im Allgemeinen sprechen. Die Leere, der Raum bestimmt den Ausdruck der Gemälde, ist aber gleichzeitig nie eine tote Fläche. Farben und Licht treten daraus hervor, „wie die Hoffnung auf ein mögliches Leben“, erklärt Hussein. Die Beziehung des Künstlers zu diesem Raum ist von seiner Beschäftigung mit dem Sufismus geprägt, deshalb hörte er 18
irgendwann auf, seine Werke zu signieren. Dies geschah allerdings nicht plötzlich – vielmehr hatte Hussein das Gefühl, dass die Signatur mit jedem Werk allmählich immer kleiner wurde, bis sie verschwinden musste. „Trotz der Leere finde ich keinen Platz zum Signieren“, erklärt er. In Berlin, wo er heute lebt, erinnert er sich an Aleppo, vor allem an den östlichen Teil der Stadt, den ärmsten und am stärksten vom Krieg betroffenen. Trotzdem trägt er von der zerstörten Stadt auf seinem künstlerischen Weg nur ein Bild der Freude in sich: „Das Leben dort ist ein ständiges Fest“, so beschreibt er es, in Anspielung an den Ruf, den die Stadt für ihre musikalische und kulinarische Kultur genießt. Die Freude, die zur Erinnerung geworden ist, ist alles, was von seiner Heimatstadt in ihm weiterlebt. Er weiß, dass er nicht dorthin zurückkehren wird. (RW)
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Kurzfilme: Reflektionen der arabischen Perspektive
Die beiden Filmscreenings, die im Rahmen der Arabic Music Days stattfinden, laden das Publikum ein, menschliche Erfahrungen und Situationen auf ganz unterschiedliche Art und Weise zu erleben und aus unerwarteten Blickwinkeln zu betrachten. Neben einer Auswahl von zehn Werken aus dem Programm des irakischen Festivals „3 Minutes 3 Days“ ist auch der Kurzfilm London Tomorrow des britischen Regisseurs Nimer Rashed zu sehen. Die Zahl drei ist der gemeinsame Nenner, der die Beiträge von „3 Minutes 3 Days“ miteinander verbindet: Jeder Film erzählt in nur drei Minuten eine ganze Geschichte. Das Festival findet seit 2013 in Bagdad statt und beginnt jeweils am dritten Tag des dritten Monats des Jahres. Die Filme bieten verschiedene visuelle Annäherungen an das heutige Leben im Irak und stellen dabei individuelle und soziale Aspekte einander gegenüber. Sie versuchen aber auch, dieses Leben mit intellektueller Intensität und einem klaren Blick zu reflektieren. Wie es Festivalleiter Hikmat al-Beedhan formuliert: sie entfalten „eine Menge Bedeutung in kurzer Zeit“. So erzählt Baghdad Photographer von Regisseur Mejd Hameed die Geschichte dreier Generationen einer irakischen Familie anhand eines Blicks in ihre Fotoalben; auf jedem Bild ist ein Familienmitglied abwesend. In Hasanin Shubbers Animationsfilm First Lesson geht es um das verstörende Thema der Kinderarbeit und ihrer Folgen, insbesondere in bezug darauf, wie Kinder so um die Chance auf eine Ausbildung gebracht werden. String von Hussen Hafed Laibee folgt einem alten Musiker, der sein Instrument vor den Mitgliedern des IS verstecken will. Jeder auf seine Weise erzählen diese Filme aus dem Irak von Krieg, Terrorismus und schwierigen Lebensbedingungen und gewähren dabei tiefe Einblicke in Schicksale, die von Trauer und Armut, aber auch von Träumen bestimmt sind. Und während al-Beedhan die wichtige Rolle der Kunst bei der Darstellung von Realität hervorhebt, betont er auch, dass die Erfahrung der Teilnahme an diesem Festival jungen Filmemachern im Irak viel Unterstützung bietet und eine Möglichkeit, ihre Talente zu entwickeln.
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Nimer Rashed hat mehrere Kurzfilme gedreht. Seine Arbeiten erzählen Geschichten, die von der Welt inspiriert sind, in der er lebt. Doch aufgrund der Fragen, die er dabei stellt, und der heftigen Konflikte, in die seine Figuren geraten, handeln sie auch von menschlichen Kämpfen voll alltäglicher Tragik. Rashed wurde als Sohn eines palästinensischen Vaters und einer australischen Mutter in Großbritannien geboren. Er trägt einen arabischen Namen, spricht aber selbst diese Sprache nicht. Obwohl die arabische Kultur nicht seine eigene Kultur ist, bildet sie einen wichtigen Teil seines kulturellen Erbes. Aufgrund dieses persönlichen Hintergrundes betrachtet er Kultur als etwas, „das ständig in Bewegung ist“. So ist er stets auf der Suche nach Themen, die mit Gesellschaften zu tun haben, in denen sich verschiedene Kulturen vermischen, in denen die Grenzen zwischen Ideen verschwinden und menschliche Situationen universell werden. Seine Filme sind poetischer Natur. Touch thematisiert das Leben und den Zyklus der Zeit durch das Phänomen von Berührung. In Baghdad Express muss sich die Protagonistin Maya einer schicksalhaften Entscheidung stellen zwischen ihrer ursprünglichen Kultur und der Kultur, in der sie lebt. London Tomorrow, entstanden 2017 und nun im Pierre Boulez Saal zu sehen, erzählt die Geschichte eines zehnjährigen syrischen Jungen, der, ganz auf sich allein gestellt, im sogenannten Dschungel von Calais, einem Flüchtlingslager außerhalb der französischen Stadt Calais, ums Überleben kämpft mit dem Ziel, nach Großbritannien zu gelangen. Rashed begann mit der Arbeit an dem Film, bevor die „Flüchtlingskrise“ ihren Anfang nahm, und stellte ihn auf ihrem Höhepunkt fertig. Als London Tomorrow das erste Mal gezeigt wurde, hatte sich die öffentliche Diskussion bereits wieder weitgehend beruhigt. Angesichts der Tatsache, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufgenommen hat als die meisten anderen europäischen Länder, ist es von besonderer Bedeutung, dass der Film nun in Berlin zu sehen ist. Er konzentriert sich darauf, Flüchtlinge vor allem als Menschen zu zeigen. Die Fragen, die er dabei aufwirft, sollten eine allgemeine Debatte über die Menschenwürde auslösen. (RW)
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Telling the Arabic Story Naseer Shamma curates the 2018 Arabic Music Days
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Now in their second year, the Pierre Boulez Saal’s Arabic Music Days are expanding to include new art forms. The three-day festival showcases a series of exceptional contemporary cultural movements in the Arabic world—through instrumental music, song, the visual arts, cinema, and poetry—with works that exhibit images of a part of the world usually represented as wrecked by conflict. Art, on the other hand, has a different opinion: the Arabic world is a region full of life. The idea of the Arabic Music Days was launched in December 2017 as a collaboration between the Pierre Boulez Saal and two musicians: the Iraqi oud player Naseer Shamma and the Syrian clarinetist Kinan Azmeh. The vision was to create a rejuvenating experience, with ideas and works that display distinctive aesthetic values. Shamma, who acts as the sole curator this year, explains the aim of the festival: “As someone who travels constantly throughout the world, I get to know many musical and artistic works. Sometimes I consider it necessary for an artist to shed light on their exceptional creations. That’s why for the Arabic Music Days we have chosen to present artists from the Arabic world, in an endeavor to interact with audiences in Germany.” Alongside being a distinguished concert musician, Naseer Shamma pursues many cultural activities and interests. When discussing his contribution to Arabic music and culture, it is interesting to look back at his article “The Seven Wings of Music,” published in the well-known Egyptian magazine Al-Hilal, in September 2001. It’s worth revisiting because it can still be read today as a short autobiography. “Seven Wings” presents two constituent elements in the story of Shamma’s childhood: sound and water. These two elements appear spontaneously in Shamma’s description, stripped of intentionality, and yet evoke simultaneously the depictions of sound and water in Gilgamesh and in other Mesopotamian epics. 23
When he was a child, sound made itself manifest for Shamma through a radio. This one radio captivated the young boy. His mother would stop him crying by switching on songs on the radio. There’s a photo of him holding it, which was published alongside the text in Al-Hilal. Water also manifested itself in sonic forms: the child’s biggest revelation was realizing that when he moved his fingers under the water falling from the tap, the sound changed. This is how he invented his first game. These things occurred in the 1960s, in the previous century, in the city of Kut, in southeastern Iraq. Kut, which means “fortress” in Arabic, is located between Kufa and Basra, the first two cities founded by Muslims outside the Arabian Peninsula. At school, Shamma was drawn to the oud that his music teacher carried, but the latter refused to teach him because the instrument was bigger than the child’s body. “This is why I later supervised the building of ouds of a suitable size for children,” says Shamma. Then he adds, “My insistence on learning grew, year after year. When I was 11, the teacher still refused to teach me, but eventually his attitude was softened by my tears.” From there, the journey started. If it hadn’t been for the existence of books, however, that journey would not have been able to articulate its own, distinct meaning. Shamma grew up in a house with a big library, created by his elder brothers. At the start of the 1970s, when the Iraqi regime began raiding houses to arrest Communists, they would seize young men whose homes contained Communist literature. Shamma’s mother burned many books in their oven in an effort to protect her family, but young Shamma’s thoughts were on saving the books, rather than destroying them. He started to choose the books whose covers he liked, put them in a bag, and at night dragged the bag through the streets to bury them in the garden of the city’s governor—a place where government security agents wouldn’t possibly search.Years later, he unearthed the books and immersed himself in reading the unspoiled ones. His relationship with reading developed until it became a font for his musical ideas. That’s why he states that, “Books contributed more to shaping me than any oud teachers could do.”
Shamma’s youth coincided with the Iran-Iraq War, and then the Iraqi army’s invasion of Kuwait. He also lived through the horror of the Gulf War, which culminated in the long period of sanctions 24
against Iraq.Yet his worst experience was being arrested and sentenced to death, charged with slandering the regime. “I was in prison for 170 days,” Shamma recalls. “Four hundred other people were imprisoned at the same time as me. Only two of them survived, me and one other person.” His survival was quite a coincidence: a high-ranking official, who appreciated Shamma’s art, found out about his imprisonment and made efforts to release him. Despite his success, the time in prison left its mark on Shamma, and the back pain he suffers from today serves as a reminder of his treatment in jail. Naseer Shamma left Iraq for Tunisia in 1993, before moving on to Egypt. Since then, both Arabic audiences and audiences around the world have celebrated his music and his reputation has grown. A turning point in his biography after leaving Iraq was his founding of the Arabic House of Oud in Cairo in 1999. It now has campuses in Abu Dhabi, Alexandria, and Khartoum, and will soon open one in Berlin. These oud houses have caused a quantum leap in bringing the instrument to a much wider range of people, and now retirees and children learn it together. Shamma revived an old tradition in starting the project: he would ask whoever could play the instrument competently to teach it to ten people. The idea of a House of Oud started as a reaction against the musicians of the generation prior to Shamma’s, who used to surround their technique with secrecy, concealing important know-how and refusing to communicate it to the next generation. The oud houses teach the oud and the qanun, both string instruments, alongside the saz, a long-necked lute, and the ney, a type of flute. They also teach voice to broadcasters, singers, chanters, and Koran reciters. The purpose of the oud houses is to create, maintain, and deliver curricula for teaching Arabic music. Additionally, there is a wish to contribute to improvements in instrument making, and to research instrumental and musical history. Shamma likes to say that, “The alumni of the oud houses reassure me of a future enlivened by these instruments, in the hands of skilled musicians.” In his own music, stories are told by sketching musical images. It Happened in Ameriyah is a well-known piece of music in the Arabic world, depicting the U.S. air force’s bombing of the Al-Ameriyah shelter in Baghdad and the deaths it caused, during the Gulf War in 1991. In the piece, we see and hear the planes, the moaning of the dead, and the ambulance sirens. In Horse Dance, we feel that it’s a horse trotting on the strings of the oud, and not a plectrum. Shamma uses a simple, even ascetic-looking oud, without adornment or embellishment. Other musicians, by contrast, adorn their ouds luxuriously to make them look like artistic antiques. Shamma 25
doesn’t do this because “every addition affects the sound of the instrument negatively.” It’s important to him is that “the oud is perfumed by the breath of the player. It’s a mirror of the musician’s soul.” In addition to his work in music and teaching, he is involved in many humanitarian and social issues, ranging from securing treatment for Iraqi children suffering from heart defects to helping people displaced and made homeless by the Islamic State, to engaging in the restoration and rehabilitation of Baghdad’s public squares. All his activities are evidence of Shamma’s belief in the role of culture to elevate the mind, to bring people closer to each other, and to advocate moral values and principles. In this same vein, the Arabic Music Days were established as a small celebration of Arabic culture in its living forms, beyond its exposure to oppression and to deformation, as perpetuated by military dictatorships and extremist religious groups. Music, which is part of the festival’s title, here acts as an “umbrella to all the arts,” as Shamma explains. “Music is capable of wearing different masks and of bearing a myriad of interpretations. It is able to convey the best of all possible things, by having a direct impact on the hearing, on the soul, and on the mind, all at the same time. In the program we have conceived for this weekend we want to present high-quality work by truly striking and eminent artists. The aim is not to represent specific countries, but rather to appreciate individual artists, or small groups of artists, and their works.”
The festival opens with a solo exhibition by the Syrian artist Nasser Hussein who, Shamma says, “has extraordinary technical skills at his disposal, as well as a deep-seated artistic sensibility.” In discussing Hussein’s paintings, we hear the voice of Shamma the painter, who still refuses to exhibit his work, even though he has established a professional studio for himself—a place where he steals time in which he could be performing or practicing music. Painting has become a way for Shamma to deal with troubling experiences, or, as he puts it, “I engage with color as a means of purification, when music fails to help. After I have rid myself of discomfort and stress, I go back to the notes.” The musician, who feels that he has stronger relationships with painters than he does with fellow musicians, has selected Hussein not only because of the artistic value of his 26
work but also because of the great musical energy that his paintings send out to audiences. Coming from a quite different perspective, Palestinian artist Moneim Adwan will perform on the first night of the festival. Shamma has admired Adwan ever since he first heard his music. He has a vibrant and yet robust voice, which enables him to perform different registers of both Sufi and secular singing. His engagement with, and references to, classical Arabic poetry are a long-term concern; he maintains that this poetry embodies the quintessence of the aesthetics of Arabic. He excavates layers of folklore, listening out to hear, through these layers, the voices of the ordinary people in history. This led him to his recent work writing opera. As he explains, “It started as a challenge from a question I asked myself: can Arabic be a language of opera? Yes! I arrived at this answer through the richness of its vocabulary.� This urge to look for answers and new forms was born out of a difficult biographical experience. As long as he lived in Gaza, Adwan had to hide his oud in a garbage bag when he moved around the city, to stop it being destroyed by the officials who still control the municipality to this day. He felt that the enforced concealment of the instrument then has required him to practice a symbolic compensatory display ever since, for the oud contains both stories 27
and ideas. That’s why he is adamant in terms of his aesthetic choices: “Contributing to a decadent art is no better than throwing bombs at people.” Adwan will present selections of Arabic songs, interspersed with his musical settings of poems by Jalal Ad-din Rumi and Mahmoud Darwish: “Rumi is immersed in philosophy, and Darwish writes in a musical language. Both of them paint images that touch everyone who encounters them and enter hearts without asking permission.”
The oud and the qanun are the instruments that form the backbone of the Arabic Music Days, because, as Shamma explains, “they are the two instruments that best represent Arabic music.” He adds, “The oud’s life spans from around 2350 BC until today. It’s the first musical instrument that accompanied the lives of scientists like Avicenna and Al-Farabi. It also accompanied singers, composers, and clerics. The qanun was invented by Al-Farabi, the philosopher and scientist, or the ‘imam of science’ as he is known, because he mastered seven branches of science. These cultural routes and histories have turned these two instruments into spokespeople for Arabic art in general, from poetry to calligraphy, to painting, to architecture.” The Night of the Qanun, on the festival’s second evening, will be a musical dialogue between a teacher and his students, whom he has taught since they were children. This dialogue was first presented by Bassam Abdelsattar with five of his students in the qanun department of the House of Oud in Abu Dhabi, which Abdelsattar founded on Shamma’s invitation. He went on to teach in the qanun department and contributed to preparing one of the first ever academically grounded books for teaching the instrument. “Bassam Abdelsattar will present this as a European premiere,” Shamma says. “This is the first time people will hear qanuns played in this number, and with this virtuosity. I believe it will be unique.” The teacher and his students, aged between 11 and 16, will perform classical pieces on the qanun using ten fingers, matching both how a piano is usually played and standard piano notation. Abdelsattar sees his instrument as the forerunner of the piano: “If you open up a piano you’ll find a qanun.” The ensemble will also present new techniques in playing the instrument. When the right hand plays one melody, the left hand will play a different melody, as if not just a single instrument were being played, but many. 28
Another aspect of the Arabic Music Days is new Arabic cinema. The program includes a screening of short films selected from the festival “3 Minutes 3 Days” for young filmmakers in Baghdad. This is complemented by Nimer Rashed’s short film London Tomorrow, which explores the suffering and challenges of Arabs abroad. On the final day of the festival, Shamma himself will take the stage together with a quartet of musicians he has performed with for many years. “During my stay in Tunisia,” he says, “I met and got to know the Pakistani musician Ashraf Sharif Khan. He’s considered one of the best and most significant sitar players in the world. Back then we improvised together, which remained in my mind for a long time. Then I started to invite him to different countries, where we have given more than 20 concerts since 2000. Carlos Piñana is a guitarist whom I met in 2001. The Cervantes Institute invited him to Cairo, where I was also invited to perform in a joint concert. It was a big success—a great understanding and harmony developed between us. Later, exchanging ideas with each other, we helped assemble the current quartet, which has performed in many concerts in the U.S., Canada, Britain, and in the Arabic-speaking world. I hope that this concert at the Pierre Boulez Saal will be an extension to my existing relationship with Berlin audiences.” Rounding out the program is a reading of contemporary Arabic poetry—an attempt to open up a space to host the Arabic language as the principal transmitter of Arabic culture. The poets who will be reading are Rasha Omran (Syria), Ghassan Zaqtan (Palestine),Yaser Elzayat (Egypt), and Adel Khozam (United Arab Emirates). Hearing their works is a chance to experience this changing language, in its expression of human affairs and human questions, and an opportunity to listen to its remarkable rhythms and meters. Historically, poetry has occupied a central place among Arabs. Over many centuries, it was regarded as the collective memory and archive of Arabic culture. Although its position has shifted today, as has the place of poetry in other cultures, poets still turn the language into a home that they carry inside them, as Ghassan Zaqtan explains. Rasha Omran, by contrast, sees poetry as a way of formulating a last identity for herself, after her experience of being a Syrian citizen caused her to lose all her former identities: “Nothing is left for me but poetry, to present to others as an identification of myself.” On the subject of encountering a new audience in Berlin, Zaqtan adds: “When you convey to audiences an impression of another place, of its scents, its times of light, of the shape and form of its residents and its plants, they will go forward to make comparisons with their 29
own places, or with their memories, and they’ll push their own expectations further.” Art contributes to giving deeper meaning to each individual’s life. It also represents the voices of the marginalized and creates a sort of justice by placing people on the same level, against all attempts at superiority, exploitation, and subordination—the things required by the logic of power. For Naseer Shamma, collaborative cultural projects such as the Arabic Music Days reflect the ideal role of the artist in the public sphere. These projects cast new light on the subject of culture, through the voices of that culture’s own children, who confront stereotypical and racist images and face up to narrow-mindedness and cultural centrism. As Shamma sums it up: “Artists try to bring joy and can help build the soul of society. Politicians, by contrast, can destroy the magic and beauty of the universe.”
Translated from Arabic by Hazem Shekho and Henry Holland
Raed Wahesh, born in 1981 in Damascus, is a Palestinian-Syrian writer and journalist who currently lives in Hamburg.
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Nasser Hussein: A Possible Life
In 1982, Nasser Hussein saw his very first art exhibition, at the age of 11.This was in Aleppo, on the occasion of his brother launching a gallery. Seeing the exhibition turned the boy’s life upside down. It not only stopped him drawing like children normally do, but also prompted the first, uncommon features of his personal artistic world—a world inhabited by broken creatures, lonely like the child whose loneliness was exacerbated by discovering the world of art. His latest acrylic-on-canvas paintings—seen at the Pierre Boulez Saal and in this program book—remain faithful to his constant subject: mangled and sad characters, swimming in a space that reflects an involuntary and painful solitude. The paintings embody the cruelty of lack in our lives, yet they also allude to that which is lacking. We cannot be sure exactly what this is, but Hussein hints at missing friends, lovers, or places. We recognize this in the works’ suggestions of waiting and anticipation. Everyone is waiting. Something will happen or someone will come. A figure leans against a wall waiting for something to happen, but when we look a little closer, we find that there is no wall, merely a static background, as if that is the world’s only truth. We also encounter signs of a life that suffers from what it lacks— for example in a woman lying on her bed, her face filled with panic. Perhaps her panic is caused by loneliness, or by a sense of abandonment, or by losing someone in the war. But before that part of the narrative, we can’t even be certain if the person is a woman. Hussein’s figures don’t introduce themselves to us as viewers in rigid gender terms. Sometimes clothes provide clues, but it’s as if the figures’ faces insist on their absence of gender. They appear to us as bodies, wanting to talk to us about the wounded and genderless human soul. Space is utilized to produce the paintings as entities, but this space is never a dead surface. Colors and light often disclose themselves out of this space, “as a prospect of a possible life,” according to Hussein. Because the artist’s relationship with this space has reached a level experienced and comprehended through Sufic practice, the artist stopped signing his paintings—although this didn’t happen suddenly. 32
He felt that the signature was shrinking gradually after each work, until it became inevitable that he would dispense with it altogether. “Despite all this space”, he says, “I cannot find a single place to sign.” From Berlin, where he now lives, he remembers Aleppo, especially its eastern parts, home to the poorest areas of the city, and to those most damaged by the war. Despite this, it isn’t an image of a destroyed city he bears with him on his artistic journey, but images of joy: “Life there is one big non-stop party,” he says, referring to the widespread reputation of music and food in the city’s eastern districts. This experience of past joy has now changed into a memory. It is all he carries with him from his hometown, to which he is sure he will not return. —RW 33
Short Films: Reflections on the Arabic Experience
During the Arabic Music Days, two short film screenings will take viewers down extraordinary paths, offering a chance to look at human experiences and conditions from unexpected angles. Ten films selected from the Iraqi festival “3 Minutes 3 Days” are complemented by British director Nimer Rashed’s London Tomorrow. The number three is the building block linking the entries from “3 Minutes 3 Days”: each film narrates a complete story in three minutes. The festival has been held in Baghdad since 2013, always beginning on the third day of the third month of the year. The films offer visual approaches to contemporary Iraqi life by contrasting individual perspectives with group ones, or with dominant perspectives in society as a whole. But they also seek to represent Iraqi life through intellectual intensity and a depth of vision. As the festival’s director Hikmat al-Beedhan explains, they contain “a lot of meaning in a short space of time.” Baghdad Photographer by Mejd Hameed, for example, tells the story of three generations of an Iraqi family by browsing through their photo albums. In each new photo, one family member vanishes. Hasanin Shubber’s animated film First Lesson examines the disturbing practice of child labor and reflects on how it impacts children, particularly by depriving them of education. String, by Hussen Hafed Laibee, observes an old musician who wants to hide his instrument from being seen by members of the Islamic State. Reflective and brooding, the films come to us from Iraq to speak of war, terrorism, and everyday living conditions, to present deep-seated gazes on lives filled with sorrow and poverty, but also with dreams. While al-Beedhan emphasizes the important role of art in mirroring reality, he also stresses how the experience of participating in the festival has supported young Iraqi filmmakers and given them an opportunity to display their talents.
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Nimer Rashed has made several short films. His works narrate stories inspired by the world he lives in. But the nature of the questions his works pose, and the intense conflicts his characters get into, mean that his films also communicate human struggles filled with everyday tragedy. Rashed was born in the UK to a Palestinian father and an Australian mother. He has an Arabic name but does not speak the language. Arabic culture is not the biggest influence on his work, yet it is a significant part of his inheritance. This background helped him conceive of a way of seeing culture as something “in constant movement.” He always searches for subjects related to societies with a cultural mix, where borders and barriers disappear among ideas and where individuals can access a cosmic dimension in nature. His films are poetic. Touch looks at life and at the circle of time, seen through the act of touching. Maya, the main character in Baghdad Express, is confronted with a crucial choice between her original culture and the society she now lives in. Rashed’s most recent film, London Tomorrow, which was completed in 2017 and is seen at the Pierre Boulez Saal, explores the story of an unaccompanied, ten-year-old Syrian child stuck in what was known as the Calais Jungle, a migrant camp outside the French city of Calais. He decides to cross illegally into Britain and faces a hazardous struggle to survive. Rashed began work on this film before the “refugee crisis” and was filming and editing at the height of it. London Tomorrow was first screened after the public conversation about refugees had mostly died down. With Germany being the European country that has welcomed the largest number of refugees in recent years, this screening in Berlin takes on special importance. The film focuses on portraying refugees essentially, and above all else, as human beings. The questions it raises should ignite a general discussion about human dignity. —RW
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Impressum Herausgeber Pierre Boulez Saal Gründer Daniel Barenboim Intendant Ole Bækhøj Redaktion Philipp Brieler Gestaltung Annette Sonnewend Lektorat der arabischen Texte Raed Wahesh Satz der arabischen Texte Tammam Azzam Sprachliche Beratung Tyme Khleifi Marketing Stefan Wollmann Marketingassistenz Clara Stein Mitarbeit Christoph Schaller
Textnachweise Die Texte von Raed Wahesh sind Originalbeiträge für dieses Programmheft. Deutsche Übersetzungen: Dagmar Wollmann. Englische Übersetzungen: Hazem Shekho und Henry Holland Bildnachweis Abdruck der Gemälde von Nasser Hussein mit freundlicher Genehmigung des Künstlers. Fotos: Christian von Steffelin Im Fall bestehender und nicht berücksichtigter Urheberrechte bitten wir den oder die Rechteinhaber um Nachricht. Herstellung Ruksaldruck, Berlin Programmheft Nr. 4 der Saison 2018/19 Redaktionsschluss: 17. September 2018
Pierre Boulez Saal Barenboim-Said Akademie gGmbH Rektor Michael Naumann Geschäftsführer Carsten Siebert Französische Straße 33d 10117 Berlin