Martin Helmchen Einführungstext von Anne do Paço Program Note by Harry Haskell
MARTIN HELMCHEN Freitag
31. Mai 2019 19.30 Uhr
Martin Helmchen Klavier
Johann Sebastian Bach (1685–1750) Orgelchoralvorspiele auf das Pianoforte im Kammerstil übertragen von Ferruccio Busoni (1866–1924) Nr. 3 „Nun komm’ der Heiden Heiland“ BWV 659 Nr. 2 „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ BWV 645 Nr. 4 „Nun freut euch, liebe Christen g’mein“ BWV 734 Orgelchoralvorspiele in Bearbeitungen für Klavier von Max Reger (1873–1916) „Herzlich tut mich verlangen“ BWV 727 „Nun danket alle Gott“ BWV 657
Franz Liszt (1811–1886) Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen Präludium nach Johann Sebastian Bach S 179 (1859) Lento Vexilla regis prodeunt S 185 (1864) Maestoso, marziale – Più lento Légende „St. François d’Assise: La prédication aux oiseaux“ S 175 Nr. 1 (1862/63) Allegretto – Recitativo. Un poco ritenuto il tempo – Solenne, maestoso assai – Tempo I – Recitativo – Tempo I
César Franck (1822–1890) Prélude, chorale et fugue FWV 21 (1884) I. Prélude. Moderato – II. Chorale. Poco più lento – Poco allegro – III. Fugue
Pause
Olivier Messiaen (1908–1992) aus Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus (1944) Nr. 2 Regard de l’Étoile Nr. 14 Regard des Anges Nr. 11 Première Communion de la Vierge Nr. 7 Regard de la Croix Nr. 8 Regard des Hauteurs Nr. 16 Regard des Prophètes, des Bergers et des Mages Nr. 17 Regard du Silence Nr. 15 Le Baiser de l’Enfant-Jésus Nr. 10 Regard de l’Esprit de Joie
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„Teilhabe an der Unendlichkeit“ Geistliche Klaviermusik aus Deutschland und Frankreich
Anne do Paço
Nur wenige Komponisten des 20. Jahrhunderts zeigen in ihrem Werk eine solch sinnenfrohe Lust an der Klang farbe und an eigenwilliger Rhythmik wie Olivier Messiaen. Kaum eine Musik dieser Zeit ist zugleich rational so klar komponiert und emotional von einer derart ekstatischen Aura umgeben. In der Gregorianik, der altgriechischen Metrik, den Rhythmen der indischen und den Strukturen der balinesischen Musik, in den Gesängen der Vögel und den Farben, die er beim Hören eines Klangs sah und die ihm – wie die Kirchenfenster der französischen Kathedralen – den Einfall des Heiligen symbolisierten, fand der tief gläubige Katholik seine Inspirationsquellen für ein Komponieren, das ihm immer eines war: demütiger Gottesdienst und Lobpreis des Allmächtigen. Aus den Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus – Messiaens einziges explizit religiöses Werk für Soloklavier – hat Martin Helmchen für sein heutiges Konzert neun Stücke ausgewählt und lässt diese „Blicke auf das Jesuskind“ auf spirituell inspirierte und fundierte Gedankenwelten der Komponisten Liszt, Franck, Busoni und Reger treffen, deren Zentrum bzw. Reibungsfläche die Musik Johann Sebastian Bachs ist. „Es mag sein, dass nicht alle Musiker an Gott glauben; an Bach jedoch alle.“ Diese Aussage Mauricio Kagels würden sicher viele unterschreiben. Max Reger etwa bezeichnete Bach als „Anfang und Ende aller Musik“, für Franz Liszt war er der „Thomas von Aquin der Musik“. Der Weg, den Bach vorgezeichnet hat, ist kein glatter und bequemer, sondern ein steiler und schwieriger. Hat man ihn einmal beschritten, scheint man nicht umkehren zu wollen oder zu können. Im Gegenteil: viele Komponisten wurden mit zunehmendem Alter immer „bachischer“ – möglicherweise Mozart, gewiss 5
Beethoven, Brahms und Schönberg. Der alte Rossini subskribierte die erste Werkausgabe des Thomaskantors und jeder Tag, an dem ein neuer Band in Paris eintraf, war für ihn ein Fest. Für Ferruccio Busoni war Bach „das Fundament des Klavierspiels“. Er veröffentlichte seine eigene, acht bändige Bach-Edition inklusive zahlreicher Transkriptionen – eine eigene Gattung, die sich im ausgehenden 19. Jahrhundert größter Beliebtheit erfreute und für deren Entwicklung Franz Liszt eine entscheidende Rolle gespielt hatte. Dieser wiederum fand in Bachs Strenge ein Gegengewicht zu der ungezügelten, freischweifenden Romantik seiner eigenen frühen Werke. Und César Franck, der zunächst vor allem Orgelmusik und von geistlichen Texten inspirierte Werke geschrieben hatte, fand in Bach schließlich die Bestätigung, dass abstrakte Formen auch profaner Musik eine transzendente Dimension zu verleihen vermögen. Originale in anderem Klanggewand: Ferruccio Busoni und Max Reger Der 1866 in der Nähe von Florenz geborene und in Graz, Wien, Leipzig und Berlin ausgebildete Busoni zählte als Komponist und Theoretiker zu den Vordenkern der Moderne, als Pianist spielte er – zu einer Zeit, als das Pub likum vor allem das spätromantische Virtuosentum liebte – mit Vorliebe Mozart, Beethoven und immer wieder Bach. Er setzte sich für Werktreue ein und war gleichzeitig ein genialer Bearbeiter, wie seine Bach-Transkriptionen zeigen. Insgesamt zehn Choralvorspiele, deren ursprüngliche Funktion es war, die in der Kirche versammelte Gemeinde auf ein Kirchenlied vorzubereiten, übertrug Busoni von der Orgel auf den modernen Konzertflügel, um „ein größeres Publikum für diese an Kunst, Empfindung und Phantasie so reichen Kompositionen des Meisters zu interessieren“. Von Bach, der selbst einer „der fruchtbarsten Bearbeiter eigener und fremder Stücke“ war, habe er die „Wahrheit erkennen“ gelernt, „dass eine gute, große, eine universelle Musik dieselbe Musik bleibt, durch welche Mittel sie auch ertönen mag. Aber auch die andere Wahrheit: dass ver schiedene Mittel eine verschiedene – ihnen eigene Sprache haben, in der sie den nämlichen Gehalt in immer neuer Deutung verkünden.“ Max Reger wusste die Orgel ebenso versiert zu spielen wie das Klavier. 1873 im oberpfälzischen Weiden zur Welt 6
gekommen und von einem seiner Lehrer, dem großen Musiktheoretiker Hugo Riemann in den Kosmos der Musik Bachs eingeführt, begeisterte er sich schon früh für die geistliche Musik und bekannte 1898: „Die Protestanten wissen nicht, was sie an ihrem Chorale haben.“ Wenig später eröffnete er mit seiner eigenen Fantasie über Ein feste Burg ist unser Gott ein neues Kapitel in der Orgelmusik, begann bald aber auch Bachsche Orgelchoralvorspiele für das Klavier zu übertragen. Busoni und Reger zeigen sich in den Bach-Transkrip tionen, die Martin Helmchen ausgewählt hat, gleicher maßen als behutsame Bearbeiter. Lediglich die Pedalstimmen der Orgel haben sie in die beiden Hände des Klavierparts integriert, ohne aber Bachs Linienführungen und harmo nischen Satz zu verändern. Entstanden sind gewissermaßen Originale im Klanggewand eines anderen Instruments: Jenseits der überwältigenden Klangmacht und sakralen Aura der „Königin der Instrumente“ rücken auf dem Klavier die subtilen Nuancen und klaren Strukturen von Bachs Choralvorspielen stärker in den Vordergrund. Vergegenwärtigung und Eigenes: Franz Liszt und César Franck Bei der Wiederentdeckung Bachs im 19. Jahrhundert spielte neben Mendelssohn und Schumann auch Franz Liszt eine führende Rolle: Schon ab 1833 trug er etwa die „Goldberg-Variationen“, Stücke aus dem Wohltemperierten Klavier oder Orgelfugen im Konzertsaal vor. 1850 zählte er zu den Gründungsmitgliedern der Bach-Gesellschaft und ließ sich durch Bach auch zu bedeutenden eigenen Kompositionen anregen. Für eine Aufführung in der Weimarer Schlosskapelle am 22. April 1714 hatte Bach seine Kantate Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen BWV 12 komponiert – eine eindrucksvolle Gegenüberstellung der Sorgen des Gläubigen und des Leids Christi mit der Aussicht auf ein Ende aller Mühsal. Den Anfang des titelgebenden Chorsatzes arbeitete Bach später selbst zum Crucifixus seiner h-moll-Messe um. Für Liszt wurde diese Nummer über 150 Jahre später schließlich Basis eines seiner persönlichsten Werke, des 1859 in Reaktion auf den Tod seines jüngsten Sohnes Daniel komponierten Präludiums. Als der Komponist drei Jahre später in Rom auch noch die Nachricht vom Tod seiner Tochter Blandine 7
entgegen nehmen musste, entschied er sich zu einer noch größer angelegten Verarbeitung des Bach-Themas in seinen Variationen über Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen. Im Präludium entwickelt Liszt aus der Ostinato-Basslinie mit ihrer in Sekundschritten fallenden Abwärtsbewegung – ein „Passus duriusculus“, der in der musikalischen Symbolik für Trauer und Schmerz steht – und den Seufzerfiguren aus Bachs Vokalstimmen 25 Variationen, deren in sich gekehrte, stille Trauer nur einmal voller Fassungslosigkeit und Wut in eine klangmächtige Klage ausbricht. Ab Mitte der 1850er Jahre wandte sich Liszt immer stärker dem katholischen Glauben zu: 1858 trat er in den Orden der Franziskaner ein, 1861 zog er sich in der Nähe von Rom in das Kloster Madonna del Rosario zurück und empfing schließlich 1865 die niederen Weihen. In seinem Schaffen zeigt sich in dieser Zeit die vermehrte Beschäftigung mit geistlichen bzw. durch religiöse Themen inspirierten Werken. Zu diesen zählen die majestätische Klavierkomposition Vexilla regis prodeunt, die auf dem gleichnamigen, 569 n. Chr. von Venantius Fortunatus, dem Bischof von Poitier, ver fassten Kreuzes-Hymnus basiert, sowie die beiden Legenden über Franz von Assisi und Franz von Paola, denen sich Liszt nicht zuletzt durch die Vornamen-Verwandtschaft zeit seines Lebens eng verbunden fühlte. In St. Françoise d’Assise: La prédication aux oiseaux begegnet uns der Komponist als virtuoser Klangmagier: angeregt durch die Vogelpredigt Franz von Assisis erhebt sich mit schillernden Arpeggien und klangmalerischen Trillern und Tremoli ein jubilierendes Vogelkonzert über der sanft-besonnenen Stimme des ehrwürdigen Heiligen. Wie in Liszts Präludium sind auch in César Francks Prélude, chorale et fugue die Grenzen zwischen einer Vergegenwärtigung Bachs und eigenem Komponieren fließend. Das motivische Material der 1884 entstandenen Komposition lässt sich auf zwei Kernideen reduzieren: Das sich durch alle drei Teile der Partitur ziehende, meist chromatische Vorschlagsmotiv ist mit der Basslinie aus Bachs Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen verwandt, die bereits Liszt verwendete. Das zweite zentrale Motiv – auf Quartkonstellationen basierend – ist dagegen aus den berühmten Glockenschlägen aus Wagners Parsifal abgeleitet. Dieses schafft im Herzstück der Komposition, einem qualvoll klagenden Choral, eine Aura der Erlösung und erscheint auch auf dem Höhepunkt der Fuge als Motiv der Linderung und Besänftigung. Mehr als 30 Jahre lang 8
hatte der Belgier Franck als Organist an der Pariser Kirche Sainte-Clotilde die Franzosen mit seinem Spiel auf der dortigen Cavaillé-Coll-Orgel in seinen Bann gezogen, bevor er sich mit dieser Komposition dem Klavier zuwandte. Von der Menschwerdung Gottes: Olivier Messiaen Ein bedeutender Organist war auch Olivier Messiaen. Geboren in Avignon im Jahr 1908, studierte er am Pariser Konservatorium bei Marcel Dupré und Paul Dukas. Im Alter von nur 22 Jahren wurde er zum jüngsten Organiste Titulaire Frankreichs ernannt und machte die Pariser Eglise de la Sainte-Trinité, deren Gemeindemitglieder zunächst verstört auf die ungewöhnlichen Orgelimprovisationen des jungen Künstlers reagierten, bald schon zu einem Zentrum für zeitgenössische Orgelmusik. Mit André Jolivet, Yves Baudrier und Jean-Yves Daniel-Lesur gründete Messiaen 1936 die Komponisten-Vereinigung Jeune France, die sich – als Gegenbewegung zum Neoklassizismus – für mehr Gefühl und Spiritualität in der französischen Musik einsetzte. In deutscher Kriegsgefangenschaft schrieb er 1941 in einem Lager in Görlitz mit dem Quatuor pour la fin du temps eines seiner ersten Schlüsselwerke – eine Komposition von berückender Schönheit und Intensität, die sich im Moment höchster persönlicher Not nicht den Schreckensvisionen der Apokalypse, sondern den Verheißungen von Frieden, Trost und Schönheit zuwendet. Mit seinen zwischen März und September 1944 komponierten Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus, die mit ihrer Gesamt spieldauer von nahezu zwei Stunden und ihren pianistischen Herausforderungen zu den anspruchsvollsten Kompositionen der gesamten Klavierliteratur zählen, gestaltete Messiaen in einem äußert komplexen Klangpanorama das Mysterium der Menschwerdung Gottes in seinem Sohn Jesus Christus: „Diese Stücke bringen unterschiedliche Blicke oder Betrachtungen über das Jesuskind in seiner Krippe zum Ausdruck: vom unbeschreiblichen Blick von Gott Vater bis zum vielfältigen Blick der liebenden Kirche, dazwischen der wundersame Blick des Geistes der Freude, der höchst zärt liche Blick der Jungfrau, dann jene der Engel, der Weisen und immateriellen oder symbolischen Geschöpfe (Zeit, die Höhen, das Schweigen, der Stern, das Kreuz)“, erläuterte Messiaen seine Konzeption. 9
Der inhaltlichen Annäherung an das große, letztlich in seiner Gänze nie zu erfassende Mysterium der Inkarnation Gottes entsprechen auf musikalischer Ebene das Ausloten der Extreme und das Herantasten ans klanglich und technisch kaum Realisierbare. „Das Werk bringt viele neue Verfahren zum Einsatz, die sich von Stück zu Stück unterscheiden“, so Messiaen. „Drei Hauptthemen durchziehen die Vingt Regards: das ‚Gottesthema‘ […], das ‚Thema des Sterns und des Kreuzes‘ und schließlich das ‚Akkordthema‘, das dazu gedacht ist, fragmentiert oder konzentriert in einem Regenbogen wiederzukehren.“ Diese „Leitthemen“ verbindet Messiaen mit zwei kontrastierenden Satztypen: einem modal-tonalen sowie einem chromatisch-atonalen Satz, der an vielfältige rhythmische Verfahren gekoppelt ist. Die Einbeziehung von Zahlensymbolik untermauert den geistigen Gehalt des Werkes. So sind die Nr. 1, 5, 10, 15 und 20 dem Personal der Heiligen Dreifaltigkeit gewidmet (dem Vater, dem Sohn, dem Heiligen Geist, dem Jesuskind und der Kirche als Vertreterin Gottes auf Erden). Die Zahlen 6 und 12 stehen für die sechs Tage der Schöpfung, die Zahl 7 für die Vollendung des Lebens Jesu am Kreuz. Die rhythmischen Ordnungsprinzipien basieren auf den deçî-tâlas, jenen 120 Rhythmen aus verschiedenen indischen Provinzen, die der hinduistische Theoretiker Sarngadeva im 13. Jahrhundert in seiner Sammlung Sangîta-ratnâkara („Ozean der Musik“) überliefert hatte. Die Gesänge, die Messiaen in seinen Feldforschungen den Vögeln ablauschte, vereint er u.a. in der Nr. 8 („Betrachtung der Höhen“) zu einem ekstatisch-frohlockenden „Vogelkonzert“. In klaren Umrissen versteht er aber auch einzelne Figuren zu zeichnen wie in der Nr. 16 die Propheten und drei Weisen aus dem Morgenland mit wuchtig-perkussiven Schlägen und einem geheimnisvoll-untergründigen Grummeln, das mit dem „näselnden“ Klang der Schalmei der Hirten kontrastiert. Zu den innigsten Momenten des Zyklus zählt die Nr. 11 („Erste Kommunion der Jungfrau“), in der wir Zeuge werden, wie die Mutter Gottes den durch tiefe Pulsationen sym bolisierten Herzschlägen des noch ungeborenen Jesuskindes lauscht. Als die Pianistin Yvonne Loriod, der Messiaen fast alle seine Klavierwerke widmete und die später seine Frau wurde, im März 1945 in der Pariser Salle Gaveau die Vingt Regards – durch Erläuterungen des Komponisten ergänzt – zur Uraufführung brachte, entzündete sich eine der größten 10
Feuilleton-Debatten der Zeit. Der unter dem Pseudonym Clarendon schreibende Kritiker Bernard Gavoty schimpfte Messiaen etwa einen „gelehrten Komponisten, der in seinem eigenen System gefangen“ sei und eine „im Büßerhemd daherkommende Musik“ schreibe: „Diese Schar von Akkorden, unbeweglich, bis einem davon übel wird, um sich dann in plötzlichen Zuckungen aufzubäumen – ist das der Himmel? Nein, das Fegefeuer!“ Heute steht längst nicht mehr zur Diskussion, dass Messiaen zu den bedeutendsten und eigenwilligsten Persönlichkeiten der Musik des 20. Jahrhunderts zählt. Seine Vingt Regards nehmen in ihrer emotionalen Wucht, aber auch ihrem gedanklichen Anspruch in der Klavierliteratur einen solitären Platz ein. Für den Pianisten Martin Helmchen e röffnen sie – wie er in der Einführung zu seiner Gesamteinspielung des Zyklus schreibt – „das Gefühl eines geweiteten Blickes“, das Gefühl „einer Teilhabe am Schauen in die Unendlichkeit, sowohl des Universums als auch des Unsichtbaren, Innerlichen“.
Anne do Paço studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Germanistik in Berlin und ist seit 2009 Dramaturgin an der Deutschen Oper am Rhein. Sie veröffentlichte Aufsätze zur Musik- und Tanzgeschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts und war als Autorin u.a. für die Kammerphilharmonie Bremen, das Wiener Konzerthaus und die Opéra National de Paris tätig.
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Ineffable Splendors of the Spiritual World Sacred Piano Music from Germany and France
Har r y Haskell
Music and religion share closely linked histories. Indeed, until fairly late in its development Western art music was almost exclusively religious, from the earliest plainchant to the Lutheran chorales of Bach’s day. As cantor of Leipzig’s St. Thomas Church in the early 1700s, Bach produced a prodigious quantity of cantatas, passions, motets, chorale preludes, and other sacred works. It was the spiritual profundity of the Thomaskantor’s music, no less than his formidable compositional technique, that inspired Franz Liszt, César Franck, Olivier Messiaen, and legions of other composers whose deeply held religious faith was inseparable from their identity as creative artists. Bach through Modern Eyes The visionary Italian composer-pianist Ferruccio usoni was weaned on a diet of Bach’s organ and harpsichord B music. In addition to editing and transcribing many of Bach’s works for publication, he emulated the Baroque master’s elaborate contrapuntal style in his own music, notably the monumental Fantasia contrappuntistica. As Busoni noted, Bach “was one of the most prolific arrangers of his own and other pieces, especially as organist. From him I learned to recognize the truth that Good and Great Universal Music remains the same through whatever medium it is sounded.” In Busoni’s view, the arranger’s “independent” art was validated by the fact that “notation is itself the transcription of an abstract idea. The moment that the pen takes possession of it the thought loses its original form.” In 1897, Busoni published piano transcriptions of ten of Bach’s chorale preludes for organ, which he described as “a 13
veritable jewelry box containing the most exquisite craftsmanship.” Nun komm’ der Heiden Heiland retains the original continuo-style texture, with the plaintive chorale melody silhouetted in the soprano against softly striding octaves in the bass. Busoni’s version of Wachet auf, ruft uns die Stimme is similarly direct and uncomplicated, as reflected in the performance marking “with devout simplicity.” The joyous Nun freut euch, liebe Christen g’mein is cast in the mold of a three-part invention, its scurrying 16th notes anchored by the inner voice’s slow-moving cantus firmus. Like his friend Busoni, Max Reger was strongly influenced by the 19th-century Bach Revival. Unlike the Italian, however, he was drawn to Bach’s chorale preludes less as autonomous works of art than as embryonic “symphonic poems” that mysteriously adumbrated Wagner’s music dramas. Reger was hardly alone in locating the sources of Wagner’s “grand style” in Bach’s music, but his arrangements of Herzlich tut mich verlangen and Nun danket alle Gott, with their densely woven contrapuntal textures, relate more fundamentally to his own compositional priorities in fashioning a polyphonic style of equal depth and rigor for the modern era. Looking Backward and Forward If Bach was “the Alpha of pianoforte composition” in Busoni’s eyes, Liszt was “the Omega.” Known for his “transcendental” keyboard technique, the Hungarian virtuoso took Europe by storm as a young man. As audiences in city after city succumbed to “Lisztomania,” his name became a byword for pianistic prowess. Yet in 1848, at the height of his fame, Liszt virtually retired from the concert stage and devoted the rest of his life to composing, conducting, and proselytizing (with his soon-to-be son in law, Wagner) for the “music of the future.” In his piano music, symphonic tone poems, and vocal works, he experimented with forms, harmonies, and sonorities that anticipated the musical language of impressionism and modernism. A lifelong student of Bach’s keyboard music, Liszt followed in the cantor’s footsteps as court kapellmeister in Weimar from 1848 to 1859. The prelude after a theme from Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen (“Weeping, Wailing, Mourning, Trembling”), based on the opening chorus from Bach’s Cantata No. 12, dates from the end of his tenure there. 14
In the spirit of Bach’s own chorale preludes, Liszt preserved the original F-minor tonality, beginning and ending his brief essay with a descending chromatic motif traditionally associated with lamentation. After the death of his beloved daughter Blandine in 1862, Liszt would again use Bach’s theme as the basis for a monumental set of memorial variations. A year later, the grieving composer took up residence in a monastery near Rome. “My life is simplifying itself,” he wrote, “and the Catholic piety of my childhood has become a regular and also a regulating feeling.” It was in this spiritual retreat that Liszt composed the next two pieces on tonight’s program. Based on a medieval Latin hymn by Venantius Fortunatus, Vexilla regis prodeunt (“The Banners of the King Issue Forth”) culminates in a radiant vision of the Cross, with fourfold “Amens” in rolled chords at the end. St. Françoise d’Assise: La prédication aux oiseaux depicts the parable of St. Francis preaching to the birds. Liszt’s vividly pictorial “legend” is replete with warbling trills and fluttering tremolos that foreshadow Messiaen’s more literal simulations of birdsong. A Musical Triptych Groomed by his father for a career as a concert pianist, César Franck spent much of his early life in pursuit of a prize that eluded him, despite his brilliance as an improviser on the keyboard. Not until his 50th year did he achieve the equivalent of a tenured position as professor of organ at the Paris Conservatoire, where he counted Debussy and Bizet among his pupils. Virtually all of the music on which Franck’s reputation rests dates from the last dozen or so years of his life, including the Lisztian symphonic poem Le Chasseur maudit, the richly melodious Violin Sonata in A major, and the majestic Symphony in D minor. In the Prélude, chorale et fugue of 1884, Franck adopted Liszt’s technique of generating large-scale works from a few germinal motifs. The three panels of his triptych are organically joined, one movement melding into the next by virtue of the kinship of their themes and the artful way they’re woven into the work’s cyclical structure. The melody of the prelude is embedded in a skein of rippling 32nd notes, the diaphanous texture alternating with imitative interludes based on a plaintive, sinuous tune. This rising-and-falling 15
figure is transformed, in the chorale, by the addition of striding octaves in the bass, which in turn give way to rolled chords that trace a new, seven-note theme. And out of this emerges a chromatic descending line that serves as the subject of the final fugue. Franck dedicated his masterpiece to Marie Poitevin, a gifted young Conservatoire-trained pianist. After she premiered the Prélude, chorale et fugue at the Salle Pleyel in Paris, he boasted to a friend that “in spite of the austerity of the title it has gone over truly well with the public.” A notable naysayer was the archconservative Camille Saint-Saëns, who grumbled that Franck’s work was “anything but pleasant and convenient to play.” Messiaen’s “Language of Mystical Love” Olivier Messiaen was the vital link in French music between Debussy and Boulez—between the luminous, free-floating harmonies of the impressionists and the tightly organized serialist procedures favored by the post–World War II avant-garde. A devout Catholic, Messiaen served for more than six decades as organist of the Church of the Holy Trinity in Paris. The intensity of his spiritual life is reflected in such religious-themed works as the opera Saint François d’Assise and the Quatuor pour la fin du temps (“Quartet for the End of Time”), a paean to eternal peace that he wrote while imprisoned in a German prisoner-ofwar camp in 1941. At the same time, he devoted himself to meticulously notating the birdsongs that recur, filtered through his own stylistic processes, in works such as the massive Catalogue d’oiseaux for piano. Composed in 1944, the piano cycle Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus (“Twenty Contemplations on the Infant Jesus”) is couched in what Messiaen described as “a language of mystical love, at once varied, powerful, and tender.” As the composer-critic Roland-Manuel observed, “This musician’s entire output proclaims the supremacy of things spiritual. It is as far away as possible from the sentimental austerity of the Franckists, and closest to the sensual delights of sound, as if the most concentrated musical material, the richest, and the finest, is—in his eyes—the best way to translate the ineffable splendors of the spiritual world.” In case his music wasn’t explicit enough, Messiaen helpfully supplied programmatic commentaries to the 20 pieces in the cycle. 16
The first four selections heard tonight introduce the leitmotivic themes that bind Messiaen’s work together: a wispy, chromatic melody representing the Star of Bethlehem and the Cross (Nos. 2 and 7); an abstract four-chord sequence (No. 14); and the luminous “Theme of God” (No. 11). The chorus of birdsong in Regard des Hauteurs gives way to exotic timbral effects in R egard des Prophètes, des Bergers et des Mages and rhythmic and modal complexity in Regard du Silence. Le Baiser de l’Enfant-Jésus is a soothing lullaby inspired by an engraving of Jesus in Mary’s arms, bending toward the French saint known as “Little Sister Theresa.” Regard de l’Esprit de Joie, a vigorous, orientalflavored dance, brings the concert to a close in a blaze of ecstatic virtuosity.
Harry Haskell is a former music editor for Yale University Press and a program annotator for New York’s Carnegie Hall, the Edinburgh Festival, and other venues. His books include The Early Music Revival: A History and Maiden Flight, a novel about his grandfather’s marriage to Katharine Wright, sister of Wilbur and Orville.
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