Chiaroscuro Quartet

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Chiaroscuro Quartet Einführungstext von Wolfgang Stähr Program Note by Harry Haskell


CHIAROSCURO QUARTET Donnerstag

24. Oktober 2019 19.30 Uhr

Alina Ibragimova Violine Pablo Hernán Benedí Violine Emilie Hörnlund Viola Claire Thirion Violoncello


Joseph Haydn (1732–1809) Streichquartett Es-Dur Hob. III:38 op. 33 Nr. 2 „Der Scherz“ (1781) I. Allegro moderato, cantabile II. Scherzo. Allegro – Trio III. Largo sostenuto IV. Finale. Presto

Fanny Hensel (1805–1847) Streichquartett Es-Dur (1829/34) I. Adagio ma non troppo II. Allegretto III. Romanze IV. Allegro molto vivace

Pause

Franz Schubert (1797–1828) Streichquartett d-moll D 810 „Der Tod und das Mädchen“ (1824) I. Allegro II. Andante con moto III. Scherzo. Allegro molto – Trio IV. Presto



Schon vor dem Ende Streichquartette von Haydn, Hensel und Schubert

Wo l f g a n g S t ä h r

Der Scherz und die Klassik Auf der Suche nach den klassischen Quartetten schlechthin, dem Ideal, dem Maßstab, dem Muster, führt kein Weg an Joseph Haydns Opus 33 vorbei. Diese sechs Kompositionen aus dem Jahr 1781 erweisen sich als klassisch bereits in Hinblick auf die durchgängige Viersätzigkeit mit einem Scherzo an zweiter oder dritter Stelle der Satzfolge: daher einer der beliebten Beinamen des Zyklus, „Gli scherzi“. Charles Rosen, der amerikanische Musikhistoriker und Pianist, wies mit der gebührenden Begeisterung darauf hin, dass in diesem Quartettzyklus der „klassische Kontrapunkt“ erfunden wurde. Haydns Opus biete „die erste umfassende und konsequente Anwendung dieses Prinzips, dass nämlich die Begleitung gleichzeitig thematisch und untergeordnet entworfen wird. Auf diese Weise wird das Gewebe des Streichquartetts unvergleichlich reicher, ohne dass die für das spätere 18. Jahrhundert typische Hierarchie von ­Melodie und Begleitung beeinträchtigt würde.“ Als Joseph Haydn, noch ehe der Erstdruck des Zyklus bei Artaria in Wien herauskommen sollte, Abschriften der Werkreihe einem ausgewählten Kreis vornehmer Musikliebhaber zum Kauf anbot, kündigte er seine Quartette mit den vielzitierten Worten an: „sie sind auf eine gantz neu Besondere Art, denn zeit 10 Jahren [seit den Quartetten op. 20] habe keine geschrieben.“ Wesen und Grad des

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„Neuen“ dieser Kompositionen sind und bleiben in der Haydn-­ Forschung ein Thema endloser Kontroversen. Neben dem Dialog der Instrumente kultivierte Haydn das kompositorische Verfahren der „durchbrochenen Arbeit“: Ein Motiv bleibt nicht exklusiv ­einem Instrument vorbehalten, sondern wandert von Stimme zu Stimme, wird aufgeteilt oder „weitergereicht“. Doch neu, besonders und klassisch dürfen die sechs Quartette nicht zuletzt deshalb ­genannt werden, weil in diesem Zyklus höchste Kunst – oder, um es mit einem Begriff Haydns zu sagen, „größte Compositionswissenschaft“ – mit menschenfreundlicher Mitteilsamkeit im Einklang steht. Haydns Kollege Johann Friedrich Reichardt urteilte 1782 in einer Besprechung der Quartette op. 33: „Es hat wohl nie ein Komponist so viel Eigenheit und Mannigfaltigkeit mit so viel ­Annehmlichkeit und Popularität verbunden als Haydn, und wenig angenehme und populäre Komponisten haben auch zugleich einen so guten Satz wie Haydn ihn die meiste Zeit hat.“ Als untrügliches Zeichen für die Popularität eines Werkes kann die Erfindung einprägsamer Beinamen gelten. Das Es-Dur-Streichquartett Hob. III:38, das zweite aus Opus 33, ist als „Der Scherz“ bekannt, ein inoffizieller Titel, der von dem überaus originellen ­Finalrondo inspiriert wurde, von einem Schluss, der „vorgibt, schon vor dem Ende zu Ende zu sein“ (Charles Rosen). Der Zyklus im Ganzen wurde – in Anspielung auf die Titelzeichnung der 1782 im Verlag von Johann Julius Hummel erschienenen Ausgabe – auch „Jungfernquartette“ genannt. Der vertrauteste jener seit Generationen kursierenden Beinamen aber lautet „die Russischen“. Im Winter 1781 weilte der russische Großfürst Pawel Petrowitsch, der spätere Zar Paul I., zu einem Besuch in Wien. Seine Frau, die Großfürstin Maria Feodorowna, eine Tochter des Herzogs von Württemberg, lud am Weihnachtstag zu einem Privatkonzert, in dessen Rahmen wahrscheinlich eines der Quartette aus Opus 33 zur Aufführung kam. In der frühesten Wiener Edition sämtlicher Streichquartette Joseph Haydns findet sich überdies der Hinweis: „Dédiés au gran Duc de Russie“. Die Welt und das Nichts Joseph Haydn komponierte an die 70 Streichquartette, Fanny Hensel nur ein einziges, oder jedenfalls ist eines nur erhalten geblieben, ein denkbar unklassisches Werk. Aber was sagen diese Zahlen aus?

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Dass auch die größte Begabung verkümmern muss, wenn die Zeit, die Kultur, die Eltern, die Gesellschaft ihr jeden Spielraum versagen. Fanny Hensel, Jahrgang 1805, wuchs in derselben Berliner Familie auf, unter denselben Vorzeichen einer frühen Förderung, mit ­denselben Privilegien wie ihr jüngerer Bruder Felix Mendelssohn. Sie spielte das Wohltemperierte Klavier mit „Bachschen Fugenfingern“, erhielt Kompositionsunterricht bei Carl Friedrich Zelter, trat in die Singakademie ein und stand überhaupt dem Bruder in nichts nach, schon gar nicht in der musikalischen Berufung. Doch allzu bald trennten sich ihre Wege. 1820 schrieb der Vater, der Bankier ­Abraham Mendelssohn, in einem Brief an seine Tochter: „Die Musik wird für ihn [Felix] vielleicht Beruf, während sie für Dich stets nur Zierde, niemals Grundbaß Deines Seins und Tuns werden kann und soll.“ Wenige Jahre später ermahnte er sie sogar: „Du mußt Dich mehr zusammennehmen, mehr sammeln. Du mußt Dich ernster und emsiger zu Deinem eigentlichen Beruf, zum einzigen Beruf ­eines Mädchens, zur Hausfrau, bilden.“ 1829 heiratete Fanny den Königlichen Hofmaler Wilhelm Hensel, im folgenden Sommer brachte sie ihren einzigen Sohn Sebastian zur Welt. Als sie in dieser Zeit über einen Mangel an musikalischen Ideen, ein schöpferisches Zwischentief, klagte, reagierte ihr Bruder, ebenso wohlmeinend wie belehrend, mit den Worten: „Wenn Du Lust hättest, würdest Du schon componieren was das Zeug hält. Das Kind ist noch kein halbes Jahr alt, und Du willst schon andere Ideen haben, als Sebastian? (nicht Bach).“ Felix Mendelssohn hatte einige wenige Lieder seiner Schwester in Sammelalben veröffentlicht – unter seinem Namen. Selbständigen Publikationen, bei nicht ­länger verheimlichter Urheberschaft, stand er skeptisch bis ablehnend gegenüber: „Zu einer Autorschaft hat Fanny, wie ich sie kenne, weder Lust noch Beruf“, behauptete er, „dazu ist sie zu sehr eine Frau, wie es recht ist, erzieht den Sebastian und sorgt für ihr Haus, und denkt weder ans Publicum, noch an die musikalische Welt.“ Wie lebt es sich so in der Welt, wenn die Welt nichts von einem weiß oder wissen soll? Auf Fanny Hensel übte die Nichtachtung eine demoralisierende Wirkung aus, was denn sonst, sie untergrub ihr Selbstbewusstsein. „Daß sich jemand hier etwas abschriebe oder nur eine Sache zu hören verlangte, das kommt kaum einmal im Jahr vor“, gestand sie einem Freund, „und man verliert am Ende selbst mit der Lust an solchen Sachen das Urteil darüber, wenn sich nie ein fremdes Urteil, ein fremdes Wohlwollen entgegenstellt.“ Einen neuen Flügel wollte sie sich gar nicht mehr zulegen, „da ich mir

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gegen all die modernen Sprühteufel und Tausendsassas in meinem Spiel unbeschreiblich veraltet vorkomme, und mich immer mehr in meinen Käse und mein Nichts zurückziehe“. Schließlich bezweifelte sie sogar, auch nur ein einzelnes Lied noch komponieren zu können: „Ob das wohl noch wieder kommt, oder ob Abraham alt war? Was ist übrigens daran gelegen? Kräht ja doch kein Hahn danach und tanzt niemand nach meiner Pfeife.“ Als sie endlich einmal mit der Familie nach Italien reisen durfte – eine Unternehmung, die Felix Mendelssohn bereits in jungen Jahren vergönnt war –, blühte sie auf in der Begegnung mit anderen Musikern in Rom: „Ich schreibe auch jetzt viel; nichts spornt mich so an als Anerkennung, wogegen mich der Tadel mutlos macht und niederdrückt.“ Der Franzose Charles Gounod erinnerte sich später in seinen Memoiren an Fannys Bekanntschaft: „Madame Hensel war eine außergewöhnliche ­Musikerin, eine große Pianistin, eine sehr intelligente Frau, klein, schmächtig, aber mit einer Energie, die man aus ihrem tiefsinnigen und lebhaften Blick herauslesen konnte. Als Komponistin war sie äußerst begabt.“ Fanny Hensels Streichquartett Es-Dur begann seine Existenz 1829 zunächst als Klaviersonate, deren erste beide Sätze sie fünf Jahre später für Quartett umschrieb, ohne dass je der Eindruck eines ­Arrangements oder einer gegen die Instrumente entworfenen Komposition entstünde – im Gegenteil: Die Vorgeschichte ist nicht einmal zu erahnen. Das Scherzo, der zweite Satz, geht auf ein „Souvenir à Paganini“ zurück, eine Reminiszenz an das Campanella-­ Rondo aus dem Violinkonzert op. 7 des „Teufelsgeigers“, den Hensel in Berlin erlebt hatte („als wolle er sich seine ganze Seele ausspielen, u. zugleich der armen Violine das Herz ausreißen“). In der Quartettfassung von 1834 rückte sie aber noch ein ungestümes Fugato als Trio ein, das typologisch auch als furioses Fugenfinale durchgehen könnte und nicht nur die Balance dieses einen, sondern gleich die Architektur und Dramaturgie des gesamten Quartetts umwirft – dieses unklassischen Streichquartetts. Mit einer Adagio-­ Introduktion fängt es an, auf die jedoch nie ein Allegro-Hauptteil folgt: Die Musik klingt vielmehr wie eine offene Frage ohne ­Antwort, sie findet ihr Ziel nicht, kennt kaum den Weg, bricht ­jählings mit einer Generalpause ab – ein radikal romantisches Stück. Die Romanze tendiert ihrem Namen zum Trotz keineswegs zur sentimentalen Pièce oder zum melodieseligen Intermezzo: Dieser dritte Satz berührt eine unerwartet düstere, ja depressive Sphäre, im verzweifelten Festhalten an den immer gleichen Motiven. Deshalb

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muss er nicht zum tönenden Tagebuch oder Psychogramm der Komponistin umgedeutet werden, aber der Satz hat sich unverkennbar vom guten Ton des Salons und dem überkommenen ­Konversationsideal der Quartettkunst weit und unumkehrbar ­entfernt. Wie ein Walzerdelirium, wie ein irrwitziges Perpetuum mobile rast das Finale auf und davon, der atemberaubende Schluss einer furchtlos eigensinnigen und experimentellen Komposition. Bruder Felix mochte sich nicht recht anfreunden mit dem Schwesterwerk: Ihm gefiel das Scherzo am besten, ansonsten störte ihn die „neue oder ungewöhnliche Wendung der Form und ­Modulation“. Fanny zog aus der Kritik bittere Schlussfolgerungen: „Ich habe nachgedacht, wie ich eigentlich gar nicht excentrische oder hypersentimentale Person zu der weichlichen Schreibart komme? ich glaube, es kommt daher, daß wir gerade mit Beethovens letzter Zeit jung waren, u. dessen Art und Weise, wie billig, sehr in uns aufgenommen haben, u. die ist doch gar zu rührend u. eindringlich. Du hast das durchgelebt u. durchgeschrieben, u. ich bin drin ­stecken geblieben, aber ohne die Kraft, durch die Weichheit allein bestehn kann u. soll. Daher glaube ich auch, hast Du nicht den rechten Punct über mich getroffen oder ausgesprochen. Es ist nicht sowohl die Schreibart, an der es fehlt, als ein gewisses Lebensprinzip, u. diesem Mangel zufolge sterben meine längeren Sachen in ihrer Jugend an Altersschwäche.“ Fanny Hensel starb mit nur 41 Jahren in Berlin, wenige Monate vor ihrem Bruder. Wie hätte ihr Leben aussehen können, wenn es jemand gewusst und verstanden und vor allem ausgesprochen hätte, dass die Musik dieser Komponistin nicht bloß neue Formen und ungewöhnliche Modulationen, sondern ganz andere Gedanken, Geschichten, Räume, Zeitbegriffe und Gefühle erschließt? Der Tod und das Mädchen Als Franz Schubert im März 1824 sein Streichquartett d-moll D 810 komponierte, wusste er bereits seit Monaten, dass er an einer venerischen Krankheit litt. Er sah sich zu einer stationären Behandlung im Wiener Allgemeinen Krankenhaus gezwungen, zu einer widerwärtigen und qualvollen Therapie. Im Spital musste sich Schubert Dampfbädern aus giftigen Quecksilberdünsten aussetzen, die zu Fieberschüben, Speichelfluss und Haarausfall führten, weshalb sich seine Erkrankung auch keineswegs geheim halten ließ: Einige

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Daß man übrigens seine elende Weibsnatur jeden Tag, auf jedem Schritt seines Lebens von den Herren der Schöpfung vorgerückt bekömmt, ist ein Punkt, der einen in Wuth, u. somit um die Weiblichkeit bringen könnte, wenn nicht dadurch das Uebel ärger würde. Fanny Hensel an Karl Klingemann, 22. März 1829


der sogenannten Freunde, die davon erfuhren, zogen es vor, den Kontakt zu ihm abzubrechen. Es ist gewiss kein Zufall, dass Franz Schubert damals von der Erinnerung an ein Lied ergriffen wurde, das er sieben Jahre zuvor geschrieben hatte: Der Tod und das Mädchen, die Vertonung eines Gedichts von Matthias Claudius. Das Mädchen Vorüber! Ach, vorüber! Geh, wilder Knochenmann! Ich bin noch jung, geh Lieber! Und rühre mich nicht an. Der Tod Gib deine Hand, Du schön und zart Gebild! Bin Freund, und komme nicht, zu strafen. Sei gutes Muts! Ich bin nicht wild, Sollst sanft in meinen Armen schlafen! Dieses Lied wurde für Schubert jetzt, da er sein d-moll-Quartett schuf, zum inspirierenden Dreh- und Angelpunkt. Als Thema im kompositionstechnischen Sinne des Wortes liegt es dem Andante con moto zugrunde. Die erste Variation erscheint darin mit ihren Seufzerfiguren wie die ängstliche, um Schonung bittende Klage des Mädchens. Zu dem peitschenden, unerbittlich vorantreibenden Rhythmus der dritten Variation bildet die zerbrechliche Musik der vierten einen tief bewegenden Kontrast. In der fünften verdichtet Schubert das musikalische Geschehen zu unerhörter, schmerzerfüllter Ausdrucksgewalt – ehe der Satz, wie das Lied, mit einem friedvollen und verklärten Dur-Schluss ausklingt. Doch die Ausstrahlung des Liedes auf das Quartett reicht über den Variationensatz hinaus. Der markante Triolenrhythmus, der zu Beginn des einleitenden Allegro mit äußerster Wucht herausgeschleudert wird und der den Kopfsatz auch im weiteren Verlauf als ein dramatischer Faktor durchwirkt, lässt sich unschwer auf die ­nervös pochenden Begleitfiguren zurückführen, die im Lied die Todesangst des Mädchens vergegenwärtigen. Die sich unmittelbar anschließenden Pianissimo-Takte dagegen beschwören mit ihren ruhigen Melodieschritten die Sphäre der Todesverkündigung herauf. Sperrige Synkopen, schroffe und schneidende Klänge beherrschen die Musik des dritten Satzes, der seine Bezeichnung als Scherzo in jeder Hinsicht Lügen straft. Ein befreundeter Künstler aus dem

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Schubert-Kreis, der Maler Moritz von Schwind, hatte 1823, also in dem Jahr, das der Komposition des d-moll-Quartetts unmittelbar vorausging, einen Zyklus von Zeichnungen unter dem Titel Gräber oder Todesgedanken geschaffen. Darin findet sich auch das Bildnis ­eines Skeletts, das in jagendem Galopp auf einem Pferd voranstürmt: In der Rechten hält es die Sense, in der Linken die Sanduhr. Eine solche Schreckensvision des Todes könnte durchaus mit dem Presto­-Schluss des Schubertschen Streichquartetts assoziiert werden, wie überhaupt galoppierende Rhythmen in allen Sätzen des Quartetts auffallen. Man muss das Werk nicht für die Programmmusik ­re­klamieren, um gleichwohl feststellen zu können, dass Der Tod und das Mädchen mehr als nur den Stoff für eine Variationenfolge lieferte: Schuberts Lied ist als musikalischer, poetischer und psychologischer Quellgrund in diesem Streichquartett von Anfang bis Ende präsent. Neben der – jedes kammermusikalische Normalmaß übersteigenden – Dimension der Sätze und ihrem zum Orchestralen tendierenden Klangcharakter war es gewiss auch diese geglückte zyklische ­Konzeption des Werkes, die Schubert den „Weg zur großen Sinfonie“ bahnte. Denn Franz Schubert verstand das Quartett als eine Station, ein Versprechen auf die Zukunft, um die ihn das vergiftete Leben betrügen sollte.

Wolfgang Stähr, geboren 1964 in Berlin, schreibt über Musik und Literatur für Tageszeitungen, Rundfunkanstalten, die Festspiele in Salzburg, Luzern und Dresden, Orchester wie die Berliner und die Münchner Philharmoniker, Schallplattengesellschaften und Opernhäuser. Er verfasste mehrere Buchbeiträge zur Bach- und Beethoven-Rezeption, über Haydn, Schubert, Bruckner und Mahler.

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From Court to Salon String Quartets by Haydn, Hensel, and Schubert

Har r y Haskell

Written over a span of some 50 years, the three works on t­onight’s program bridge the transition from the Classical to the Romantic eras, when the court-centered musical culture of the 18th century gradually gave way to the salons and public concerts associated with the growing middle class of the early 1800s. ­Significantly, all three composers had the luxury of not having to cater either to the demands of capricious patrons or to the fickle fancies of the paying public. Joseph Haydn’s sinecure as house composer to Hungary’s noble Esterházy clan left him free to pursue his interest in the emerging string quartet genre, so long as he fulfilled his other obligations to his employer. The bourgeois environment in which Franz Schubert and Fanny Hensel worked was quite different. A free-lance musician who lived largely hand to mouth, Schubert premiered many of his works at private house parties in Vienna known as “Schubertiades.” Hensel, born into a prominent German Jewish family and married to a painter on the royal payroll, had no such financial worries. Yet she too unveiled most of her music at soirées in the privacy of her own home in Berlin—after first seeking the approval of her younger brother, Felix Mendelssohn.

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Father of the String Quartet Haydn’s reputation as the father of the string quartet reflects not only his exceptional productivity—he wrote no fewer than 68 quartets, as well as a number of quartet arrangements—but also his pivotal place in music history. In 1732, the year Haydn was born, Bach and Vivaldi were still in their primes. By the time he died, 77 years later, Beethoven was industriously ushering in the Romantic era. Haydn’s lifetime thus neatly encapsulated the Classical era, and his music reflects the “classical” virtues of equilibrium, clarity, and seriousness of purpose, tempered with a playfulness and often earthy humor that have delighted listeners ever since. Haydn’s influence was felt throughout Europe, although he spent virtually his entire career either in Vienna or in the idyllic seclusion of Prince Nikolaus Esterházy’s country estate near Eisenstadt. His earliest quartets, dating from the 1750s, are closely related to the popular string sonatas, sinfonias, and divertimenti that beguiled midcentury audiences. In such works the cello was largely confined to continuo-style harmonic accompaniment, but in Haydn’s hands both the bass line and the two inner voices became increasingly ­independent. In the Quartet in E-flat major, written in 1781 and dedicated to Grand Duke Paul of Russia, the cello still plays a mostly supporting role. But Haydn turns convention on its head in the slow movement by allowing the two lower instruments to introduce the sweetly majestic theme. The first violin starts the ball rolling with an amiable melody in the home key whose signature motif—a brisk upbeat figure comprised of two rising sixteenth notes—underpins the entire Allegro moderato. With characteristic economy, Haydn ingeniously varies and extends this simple thematic idea, transferring it from one voice and register to another in a lighthearted game of hide and seek. The jovial Scherzo is equally sophisticated in its unassuming way: Haydn plays with the eight-bar phrase structure by repeatedly ­inserting “extra” bars that thwart the listener’s expectation of ­predictable regularity. The Largo sostenuto, in B flat, picks up the triple meter of the Scherzo, but this time in a radiantly lyrical vein, with sudden dynamic contrasts and sharply accentuated syncopations providing a hint of drama. Listen for the half-step oscillations in the accompanying voices, another subtle thematic link to the Scherzo. The high-spirited Finale is the first violinist’s show from start to

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In the chamber-musical style I have been fortunate enough to please ­almost all nations except the Berliners; this is shown by the public newspapers and letters addressed to me. I only wonder that the Berlin gentlemen, who are otherwise so ­reasonable, ­preserve no medium in their criticism of my music, for in one weekly paper they praise me to the skies, whilst in another they dash me sixty fathoms deep into the earth, and this without explaining why; I know very well why: because they are incapable of ­performing some of my works, and are too­­conceited to take the trouble to ­understand them properly. —Joseph Haydn (1776)


­ nish, right up to the whimsical false endings that gave the quartet fi its nickname, “The Joke.” The Other Mendelssohn Long overshadowed by her brother Felix, Fanny Hensel has belatedly come to be recognized as an estimable composer in her own right. Unlike Clara Schumann, who subordinated her composing career to that of her husband, Robert, Hensel produced a steady stream of works both before and after her marriage to the Prussian court painter Wilhelm Hensel in 1829. The fashionable musical salon that she established at their home in Berlin provided a venue for performances of her music, sheltered from the harsh glare of publicity. The fact that Fanny’s earliest songs appeared under ­Felix’s name—in the Mendelssohns’ social circle it was considered unseemly for a woman to pursue a professional career—fostered a lingering perception of her music as derivative. Indeed, the majority of her works remained unpublished long after her untimely death in 1847: the first edition of her 1834 String Quartet didn’t appear until 1988, by which time the Hensel revival was in full swing. The intimate emotional bond between sister and brother was fortified by mutual respect. As Fanny once put it, Felix “has no other musical adviser than me, and he never commits anything to paper without showing it to me first for my examination.” Equally solicitous of his good opinion, she showed Felix the manuscript of her freshly minted Quartet in E-flat major, which emulated the two quartets he had already written without slavishly imitating them. In a characteristically candid appraisal, Felix urged his sister “to pay greater heed to maintaining a certain form, particularly in the modulations—it’s perfectly all right to shatter such a form, but it is the contents themselves that must shatter it, through inner ­necessity. Otherwise, through such a new, unusual treatment of form and modulation the piece only becomes more vague and diffuse.” Fanny reacted to the criticism by adding a confession of her own, claiming—not without bitterness—that she lacked “the ability to sustain ideas properly and give them the needed consistency. Therefore lieder suit me best, in which, if need be, merely a pretty idea without much potential for development can suffice.” Not for the first time, Fanny did herself an injustice, for although the Quartet abounds in the kind of “pretty ideas” that served her

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well in her art songs and small-scale piano pieces, her ability to ­sustain and develop them in interesting ways is never in doubt. Structurally, the four-movement work is divided into two symmetrical halves, each consisting of a plangent, harmonically wayward slow movement (hence Felix’s objection to “unusual” modulations) ­followed by a brisk allegro of more clear-cut tonality. If the breezy triplets and gossamer textures of the Allegretto call to mind one of Felix’s elfin scherzos, the long-breathed cantabile of the ensuing Romanze is charged with an emotional intensity that his music often holds at arm’s length. The energetic finale, characterized by racing chromatic passagework and a general spirit of derring-do, definitively gives the lie to the image of straitlaced domesticity that corseted many creative women of Fanny’s generation. Intimations of Mortality In the two great string quartets that he composed in early 1824, known as “Rosamunde” and “Death and the Maiden,” Schubert moved far beyond the precocious facility of his teenage years. (According to his own annotation on the manuscript of the B flat–major Quartet, written in 1814, he dashed off the first movement in a mere four and a half hours—a rate of roughly one bar ­ per minute.) When one considers that he also produced his masterful Octet for strings and winds in the first few weeks of 1824, it is ­apparent that Schubert’s capacity for work and concentrated ­inspiration remained undiminished in spite of the deteriorating health, bouts of depression, and financial worries that had plagued him since he contracted syphilis in late 1822. “Give me your hand,” whispers Death to the frightened Maiden. “I am not rough. You shall sleep gently in my arms.” Whether ­intimations of his own mortality inspired Schubert to base the slow movement of his next-to-last quartet on his song Der Tod und das Mädchen, written seven years earlier, is a matter for conjecture. Yet there is no mistaking the morbid sense of doom and impending loss that suffuses the score. And it is surely no accident that all four movements, unusually for Schubert and his contemporaries, are in the minor mode. The opening Allegro, with its explosive outbursts and typically Schubertian major-minor instability, sets the tone for the entire work. Driving, insistent rhythms convey an air of grim inexorability.

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The movement culminates in one of Schubert’s most vividly dramatic codas, which builds to a frenzied climax before fading into silence. The veiled, chorale-like opening of the Andante con moto is borrowed from the piano accompaniment of Schubert’s lied. Formally, the slow movement is a set of richly imaginative variations. But even absent the poetic association, it would be tempting to hear a dance of death in the first violin’s angular gestures and acrobatic leaps. By the same token, the tug-of-war between first violin and cello in the third variation suggests the Maiden’s frantic struggle with the Grim Reaper. And what does the movement’s epic journey from G minor to G major signify if not a passage from fear to ­submission? The savage intensity of the Scherzo, with its lacerating cross-­ accents, is tempered by the D-major radiance of the middle trio section. Listen for the dotted-rhythm motif that runs through the entire movement; it will reappear, in slightly elongated form, in the main theme of the Presto—one of many subliminal threads that bind this mighty musical canvas together. After its initial headlong gallop, the finale proceeds by fits and starts. Often the music seems to wander off on a tangent, only to pick itself up and plunge forward again. Then, just as one feels the four players have exhausted their energy, they make one last prestissimo sprint to the finish line.

A former music editor for Yale University Press, Harry Haskell is a program annotator for ­Carnegie Hall in New York, the Edinburgh Festival, and other venues, and the author of several books, including The Early Music Revival: A History, winner of the 2014 Prix des Muses awarded by the Fondation Singer-Polignac.

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