Katia & Marielle Labèque

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Katia & Marielle Labèque Einführungstext von Antje Reineke Program Note by Harry Haskell


KATIA & MARIELLE LABÈQUE Samstag

2. April 2022 19.00 Uhr

Katia Labèque Marielle Labèque Klavier


Claude Debussy (1862–1918) Six épigraphes antiques (1914) Fassung für zwei Klaviere I. Pour invoquer Pan, dieu du vent d’été. Modéré, dans le style d’une pastorale II. Pour un tombeau sans nom. Triste et lent III. Pour que la nuit soit propice. Lent et expressif IV. Pour la danseuse aux crotales. Andantino V. Pour l’Égyptienne. Très modéré VI. Pour remercier la pluie au matin. Modérément animé

Franz Schubert (1797–1828) Fantasie für Klavier zu vier Händen f-moll D 940 (1828) Allegro molto moderato – Largo – Allegro vivace – Tempo I

Igor Strawinsky (1882–1971) Le Sacre du printemps (1910–13) Fassung für zwei Klaviere Première partie. L’adoration de la terre Introduction Les Augures printaniers. Danses des adolescentes Jeu du rapt Rondes printanières Jeux des cités rivales Cortège du sage L’adoration de la terre (Le Sage) Danse de la terre Seconde partie. Le Sacrifice Introduction Cercles mystérieux des adolescentes Glorification de l’élue Evocation des ancêtres Action rituelle des ancêtres Danse sacrale. L’élue

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„Auf dass die Nacht günstig sei“ Die Feier des Lebens im Bewusstsein seiner Vergänglichkeit

Antje Reineke

Im Juni 1912, fast ein Jahr vor der Uraufführung des Werks am 29. Mai 1913, spielten Igor Strawinsky und Claude Debussy in privatem Rahmen gemeinsam auf dem Klavier Le Sacre du printemps: eine faszinierende Vorstellung, nicht allein wegen der historischen Bedeutung der beiden Pianisten, sondern auch wegen ihrer gegensätzlichen Beziehung zum Klavier. Während Strawinsky es bekanntlich als Schlaginstrument bezeichnete und behandelte – wie über weite Strecken im Sacre –, bemühte sich Debussy, es so klingen zu lassen, als habe es keine Hämmer. „Mit aufgrund der Brille reglosem Blick, tief über die Tastatur gebeugt, von Zeit zu Zeit eine gestrichene Stimme vor sich hin ­singend, riss er [Strawinsky] in einer Flut von Klängen die geschmeidigen, weichen Hände seines Gefährten mit sich, der ihm ohne ­Probleme folgte und die Schwierigkeiten spielend meisterte. Als sie geendet hatten, konnte von Umarmungen keine Rede mehr sein, nicht einmal von Glückwünschen. Wir waren stumm, überwältigt wie von einem Orkan, der aus den Tiefen der Zeit gekommen war, um unser Leben auf den Kopf zu stellen.“ So berichtet Louis Laloy, der Gastgeber des denkwürdigen Abends. Debussy selbst schrieb an ­Strawinsky: „In meinem Gedächtnis haftet die Erinnerung daran, wie wir bei Laloy Ihren Sacre du printemps spielten. Dies verfolgt mich wie ein schöner Alptraum, und ich versuche vergeblich, mir den furchtbaren Eindruck wieder zu vergegenwärtigen. Darum erwarte ich die Aufführung wie ein kindliches Leckermaul, dem man Süßigkeiten versprochen hat.“ Strawinsky seinerseits erinnerte sich später besonders an „Debussys brillantes Klavierspiel. Als ich neulich

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seine Stücke En blanc et noir hörte […], war ich erstaunt über die Art, wie die außerordentliche Qualität von Debussys Klavierspiel auch die Gedanken des Komponisten gelenkt hat.“ Die Six épigraphes antiques für Klavier zu vier Händen, die Debussy im Juli 1914 fertigstellte, gehen auf die „Musique de scène pour les Chansons de Bilitis“ zurück (nicht zu verwechseln mit den Chansons de Bilitis selbst). Diese hatte am 7. Februar 1901 in Paris als Teil eines Abends mit Gedichten aus der seinerzeit populären Lyriksammlung Les Chansons de Bilitis des mit Debussy befreundeten Autors Pierre Louÿs eine einzige Aufführung erlebt. Komponiert für ein Ensemble aus zwei Flöten, zwei Harfen und Celesta, bestand die Musik aus Vor-, Zwischen- und Nachspielen zu den rezitierten Gedichten und diente außerdem als Begleitung zu den ergänzenden Tableaux vivants. Von den zwölf Nummern dieser Bühnenmusik arbeitete Debussy sechs als Klavierstücke um, deren Titel die ursprünglichen Gedicht­ überschriften variieren. Louÿs hatte seine erotisch getönten G ­ edichte als Übersetzungen antiker griechischer Texte einer gewissen Bilitis ausgegeben, der Tochter einer Phönizierin und eines Griechen und angeblichen Schülerin Sapphos, und behauptete, die Gedichte seien eingemeißelt in Amphibolit-Tafeln in Bilitis’ Grab gefunden worden – daher der Titel Épigraphes antiques, antike Inschriften. Tatsächlich war er zu den Gedichten von einem Aufenthalt in Algerien und der Begegnung mit zwei Frauen inspiriert worden, mit denen er sexuelle Beziehungen hatte, was die Texte in der historischen Betrachtung in ein zweifelhaftes Licht rückt. Eine von ihnen, Zohra ben Brahim, hatte Louÿs sogar mit nach Paris gebracht, wo auch Debussy sie ­kennengelernt hatte. Dessen Musik reflektiert den sinnlichen ­Charakter der den beiden Frauenfiguren gewidmeten Szenen, die zudem, ganz besonders in „Pour l’Égyptienne“ (Für die Ägypterin), musikalisch exotisiert werden. Ein Zeitungsbericht von 1901 lobt Debussys „graziöse, erfindungs­ reich archaische Musik“. Die vielfältigen Mittel, denen sich dieser Eindruck verdankt, sind jedoch fast alle feste Bestandteile seiner ­musikalischen Sprache, auch wenn sie zum Teil auf Alte oder außereuropäische Musik zurückgehen. Dazu zählt unter anderem der ­Beginn des Zyklus mit einer unbegleiteten Melodie in halbtonloser Pentatonik – ein sehr altes Tonsystem, das seinen Ursprung im ­Mittelmeerraum hat. Der Charakter pentatonischer Melodien wird als schwebend, statisch und naturhaft beschrieben. Schwebend und statisch wirken auch die sechstönigen Ganztonskalen, aus denen die Anfänge der folgenden Stücke gestaltet sind. Die Verwendung von

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Ganztonleitern wird ­gelegentlich auf die Rezeption fernöstlicher Musik zurückgeführt, doch haben diese auch in der europäischen Kunstmusik eine ­Tradition, die bis zu Mozart zurückreicht. Solche Skalen besitzen keinen Grundton und bilden zahlreiche Tritoni. Ihr Pendant ist die chromatische Skala aus zwölf Tönen im Halbton­ abstand, die im zweiten Stück, „Pour un tombeau sans nom“ (Für ein namenloses Grabmal), ebenfalls eine prominente Rolle spielt. Die abschließende chromatisch absteigende Arabeske mit zahlreichen Vorschlägen greift wiederum Orientalismusdarstellungen der ­französischen Vorgänger Debussys auf. Allgemein spielen Arabesken in seiner Tonsprache eine zentrale Rolle. Er verstand darunter die freie Entfaltung oder das Zusammenspiel melodischer Linien, wie er sie in Alter Musik vom gregorianischen Choral bis zu Palestrina und Orlando di Lasso bewunderte. Auf seine Rezeption des javanesischen Gamelan gehen komplexe mehrschichtige Ostinati wie in „Pour que la nuit soit ­propice“ (Auf dass die Nacht günstig sei) zurück. Die Abfolge der sechs Épigraphes antiques ist klar gegliedert. Den Rahmen bilden Naturstücke, die Wind und Regen beschwören. „Pour invoquer Pan, dieu du vent d’été“ (Um Pan, den Gott des Sommerwinds zu beschwören) und „Pour remercier la pluie au ­matin“ (Um dem Morgenregen zu danken) stehen auch in der ­Bühnenmusik am Anfang und Ende – und ganz zuletzt kehrt hier die pentatonische Arabeske aus dem Eröffnungsstück wieder. In Louÿs’ La Pluie au matin prophezeit die ältere Bilitis, dass ihre Lieder sie überdauern werden. Die musikalische Rückkehr zum Beginn scheint insofern naheliegend, was ohne den Gedichttext aber nicht mehr direkt erkennbar ist. „Pour un tombeau sans nom“ erinnert an die Vergänglichkeit, der die folgenden Stücke Leben und Liebe gegenüberstellen. „Pour que la nuit soit propice“ wirkt wie eine Einleitung zu den Huldigungen der beiden Frauengestalten, deren Stücke tänzerischen Charakter haben. In dieser Verbindung einer imaginären fernen Vergangenheit mit der Anrufung eines Gottes, dem tänzerischen Element und der Feier des Lebens im Bewusstsein der Vergänglichkeit erscheint Debussys Zyklus im Kontext des ­heutigen Abends wie ein sanftes, heiteres Gegenstück zum letzten Werk des Programms, Le Sacre du printemps.

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Franz Schuberts „herrliche“ (Strawinsky) Fantasie in f-moll D 940 entstand Anfang des Jahres 1828 und ist seiner Schülerin ­Karoline Esterházy gewidmet. Seit 1818 unterrichtete Schubert sie und ihre Schwester Marie in unregelmäßigen Abständen in Klavierspiel und Gesang. Dazu verbrachte er die Sommer 1818 und 1824 auf dem Schloss der Familie im ungarischen Zseliz (heute in der ­Slowakei). Etliche seiner vierhändigen Klavierwerke entstanden in diesem ­Zusammenhang, darunter neben der Fantasie die Sonate D 812, die Acht Variationen über ein eigenes Thema D 813 und das Divertissement à la hongroise D 818 – Kompositionen von hohem ­pianistischen Anspruch. Freunde Schuberts waren der Meinung, er sei in Karoline verliebt gewesen. Konkrete Belege dafür existieren nicht. Wahrscheinlich ist jedenfalls, dass die beiden die Fantasie ­gemeinsam gespielt haben. Der Begriff der Fantasie ist von Gedanken der Freiheit und des Spiels bestimmt, der Unmittelbarkeit, Subjektivität und des Überschreitens zeittypischer Normen, und lässt sich insofern weder formal noch satztechnisch definieren. Schon unter Schuberts frühesten Kompositionen finden sich Fantasien für Klavier zu vier und zwei Händen – was damit zu erklären sein mag, dass ihm die freie Form die besten Experimentiermöglichkeiten bot. Diese Werke orientieren sich am Vorbild Mozarts, die mehrsätzige Fantasie D 48 lässt aber auch schon den Bezug zur Sonate erkennen. Die Fantasien der 1820er Jahre, zu denen auch die „Wandererfantasie“ für Klavier zweihändig D 760 und die Fantasie für Violine und Klavier D 934 gehören, sind freie Gestaltungen des Sonatensatzzyklus. Schuberts f-moll-Fantasie umfasst vier Teile, die unmittelbar in­ einander übergehen und ebenfalls in etwa den Sätzen einer Sonate entsprechen: Allegro molto moderato – Largo – ein scherzoartiges Allegro vivace mit Trio – erneut das Allegro molto moderato, nun mit einer Fuge. Keiner dieser Teile folgt der Sonatenhauptsatzform. Das Allegro molto moderato besteht aus zwei kontrastierenden Abschnitten, die mehrfach variiert wiederholt werden und dabei voller Überraschungen stecken. Insgesamt fallen die scharfen Kontraste und abrupten Stimmungswechsel auf: etwa die Übergänge vom ­melancholischen, durch Seufzermotive geprägten Anfangs- in den energischen marschartigen zweiten Teil des Allegro molto moderato oder von dessen Ende mit einer sanfteren Durversion des Kontrastteils zum Largo, das durch einen barocken Gestus mit scharfen Punktierungen gekennzeichnet ist. Mehrfach bricht die Musik unvermittelt ab und setzt nach einer Pause in unverhoffter Weise wieder

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ein: ob zu Beginn, wo der Anfangsteil plötzlich in F-Dur wiederkehrt, oder im Largo, wo ein gesanglicher Dialog folgt, oder, besonders spektakulär, kurz vor Schluss, wo das Stück nach dem abrupten Abbruch der bis zum Äußersten gesteigerten Fuge ein letztes Mal auf den Anfang Bezug nimmt. Typisch für Fantasien ist zudem das harmonische Gerüst, das mit f-moll (Allegro molto moderato) und fis-moll (die Mittelsätze) ­Tonarten im Halbtonabstand verwendet, deren Tonmaterial sich nicht überschneidet. Der Übergang erfolgt zudem völlig unvermittelt. In der Abrundung durch die Reprise des Allegro scheint noch die alte Bogenform wirksam zu sein. Der marschartige Kontrastteil wird dabei zur Fuge umgestaltet – ein formaler Kunstgriff, der sich entsprechend auch in der „Wandererfantasie“ findet und oft mit dem Hinweis auf Beethovens späte Sonaten erklärt wird. Doch schon Schuberts frühe Fantasie D 48 von 1813 endet mit einer Fuge, was einen Blick auf die ältere Tradition der Kombination von Fantasie und Fuge nahelegt, für die Mozarts KV 394 ein spätes Beispiel ist.

Die Idee zu Le Sacre du printemps entstand, so erzählte Strawinsky, aus der „Vision einer großen heidnischen Feier: alte weise Männer sitzen im Kreis und schauen dem Todestanz eines jungen Mädchens zu, das geopfert werden soll, um den Gott des Frühlings günstig zu stimmen.“ Nikolas Roerich, der das Libretto verfasste und die Uraufführung ausstattete, war nicht nur Maler, sondern auch Archäologe und brachte sein Wissen über die frühe slawische Kultur in das Werk ein. Eine äußere Handlung hat das Ballett mit dem Untertitel „Bilder aus dem heidnischen Russland“ nicht. Der Zuschauer wird vielmehr „Zeuge“ eines scheinbar alljährlichen Rituals. Es gliedert sich in zwei Teile, von denen der erste, „L’adoration de la terre“ (Die Anbetung der Erde), aus einer Folge von Riten und Tänzen besteht, die auf authentische Volksbräuche zurückgehen, während der zweite, „Le Sacrifice“ (Das Opfer), von der Auswahl des zu ­opfernden Mädchens bis zu seinem Tod führt. Von Menschenopfern bei den heidnischen Slawen ist nichts bekannt. Der Musikwissenschaftler Richard Taruskin zitiert allerdings Beschreibungen von Volksbräuchen, denen der zweite Teil des Balletts – von seinem ­tödlichen Ende abgesehen – ähnelt. Strawinsky erklärte, mit seinem Werk „das Gefühl der Verbundenheit des Menschen mit der Erde“ vermitteln zu wollen, ein Thema,

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das damals viele russische Künstler und Intellektuelle beschäftigte. In einem Entwurf des Szenariums heißt es zudem, die Hauptidee sei das „Geheimnis des großen Impulses der schöpferischen Kräfte des Frühlings“. Für den „wilden russischen Frühling“, der Strawinsky zufolge „wie ein Aufbrechen der ganzen Erde war“, steht schon der erste Abschnitt „Les Augures printaniers“ (Die Vorboten des Frühlings), der mit den berühmten unregelmäßig akzentuierten Repetitionen eines siebentönigen Akkords beginnt. Diese vitale, eruptive Rhythmik ist eines der zentralen Merkmale von Le Sacre du printemps und fängt die ­Gewalt des Geschehens eindrucksvoll ein. Sie blieb grundlegend für Strawinskys Stil auch in anderen Zusammenhängen. Und doch beginnt Sacre ganz anders, mit einer unbegleiteten, rhythmisch frei in sich kreisenden Melodie des Fagotts, die ein litauisches Volkslied zitiert: eine einsame Hirtenflöte vielleicht. Sie lasse Gefühle der „Leere und Verlassenheit“ aufkommen, die dann „seit den alarmierenden Akkordschlägen […] wie weggewischt“ schienen, schreibt der Musikwissenschaftler Peter Petersen. Demgegenüber vermittelten die Akkorde „auch ohne Szene […] ein kollektives Handeln […] Der erste Ton und auch die Introduktion als Ganze sind gleichsam eine milde Kontrastfolie, die den archaisch-wilden Aktionen vor­ gehängt ist, um sie abzuschirmen.“ Wie man inzwischen weiß, basiert das melodische Material des Sacre, anders als von Strawinsky behauptet, zu einem nicht unerheblichen Teil auf Volksmusik aus Litauen, Weißrussland, der Ukraine und Russland. Das betrifft nicht allein Passagen, die offensichtlichen Volksliedcharakter tragen, sondern zum Beispiel auch jene leise Stelle zu Beginn der „Augures printaniers“, in der sich aus den repetierten Akkorden ein absteigender Tonleiterausschnitt löst, oder den Anfang des „Jeu du rapt“. Manche Bezüge sind nur durch den Blick in ­Strawinskys Skizzen erkennbar. So ist das gesamte Material der „Danse de la terre“ aus zwei Melodien entwickelt, aus denen Fragmente herausgelöst und umgeformt wurden. Die Ostinato-Technik nicht nur dieses Satzes, sondern des ganzen Werkes ist ein weiteres Erbe der Volksmusik. Ohnehin zitiert Strawinsky seine Vorlagen fast nie direkt, sondern wandelt sie mehr oder weniger stark ab. Das Vorbild für die Melodie der Introduktion zum Beispiel ist keineswegs rhythmisch frei, sondern entspricht einem Chorowod (Reigen) im Dreivierteltakt. Der Rahmenteil der „Rondes printanières“ fasst zwei Melodien ­zusammen und ist zusätzlich mit typischen Vorschlägen versehen.

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Die zweite Melodie der „Cercles mystérieux“, in deren Verlauf das Opfer bestimmt wird, verwendet in der für Strawinsky typischen Manier die Motive der Melodie als Bausteine, die nicht nur variiert, sondern auch umgestellt, wiederholt und einzeln transponiert ­werden. Auf dieser Mosaiktechnik beruht schließlich auch die „Danse sacrale“, der fulminante, aggressive und rhythmisch komplexe Opfertanz des Mädchens, von dem Strawinsky sagte, er habe zunächst nicht gewusst, wie er ihn notieren sollte. Strawinskys Ballette wurden im Konzertsaal heimisch, und ins­ besondere Le Sacre du printemps betrachtete er selbst später primär als konzertantes Werk. Unter diesen Vorzeichen entwickelte die Klavierfassung, die er für die Probenarbeit erstellt hatte, ein Eigenleben im Repertoire von Klavierduos. Das ist womöglich gut so, denn ­inhaltlich kann ein Werk, das auf derartige Weise Gewalt gegen Frauen zelebriert, aus heutiger Sicht nur verstören. Doch es bleibt die Faszination von Strawinskys Musik, von der Debussy sagte, sie habe „etwas Zustimmendes und etwas Sieghaftes an sich“­.

Antje Reineke studierte Historische Musikwissenschaft, Rechtswissenschaft und Neuere ­deutsche Literatur an der Universität Hamburg und promovierte dort mit einer Arbeit über Benjamin Brittens Liederzyklen. Sie lebt als freie Autorin und Lektorin in Hamburg.

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Four-Hand Play Music by Debussy, Schubert, and Stravinsky

Har r y Haskell

The genre of the piano duet sprang up in Mozart’s day and blossomed in the 19th century, with its flourishing culture of ­amateur music-making and “house music” intended for domestic consumption. The category embraces both works for two pianos and those designed for two players seated side by side at a single keyboard, one of the most companionable—and logistically tricky— forms of performance. The latter are typically labeled “for piano four hands,” as if they were meant to be played by a single, poly­ dactylic performer. Much of the extensive piano duo literature ­predates the era of sound recordings and consists of more or less straightforward arrangements, or “reductions,” of operas and ­orchestral works. A case in point is Debussy’s lone symphony, of which he completed only a preliminary version of the first movement, an Allegro scored for four-hand piano. The early “Symphony in B minor” took its place in his oeuvre alongside a handful of other piano duets, including a rarely heard two-piano version of Prélude à l’après-midi d’un faune and Six épigraphes antiques. Schubert’s contribution to the four-hand piano literature was at once more plentiful than Debussy’s and more integral to his artistic vision. The lightweight songs, marches, and polonaises of the 1810s and early 1820s—a number of which were inspired by his pupils Marie and Caroline Esterházy, of the aristocratic Hungarian clan— prefigure the monumental variations, romances, and fugues he wrote at the end of his short life, culminating in the great F-minor Fantasie of 1828. As Eric Sams observes, Schubert’s “duet music is the testament of his mission in life: to introduce sublimity into the

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Biedermeier drawing-room.” The motivation behind Stravinsky’s handful of piano duets was more pragmatic than Schubert’s, but equally close to home: witness the Five Easy Pieces he wrote for his young children; the Concerto for Two Pianos, which the composer performed with his pianist son Soulima when no orchestra was available; and the two-piano reduction of his ballet Le Sacre du ­printemps, crafted for the rehearsal studio. Ancient Epigraphs At once radical and traditionalist, Debussy rebelled against the French Wagner cult and the ponderous academic style of establish­ ­ment composers like Saint-Saëns and d’Indy. At the same time, he urged his forward-looking compatriots to cultivate the “pure French tradition” that he admired in the music of the 18th-century master Jean-Philippe Rameau. Debussy first made his mark in the early 1890s with a series of boldly unconventional and quintessentially gallic works such as the String Quartet in G minor, La Demoiselle élue, and Prélude à l’après-midi d’un faune. The term “impressionist” became attached to him through his association in the popular mind with Manet and other progressive artists. But Debussy adamantly rejected the label, insisting that his music depicted not superficial impressions but essential “realities.” The sensual, erotically charged poetry of Pierre Louÿs exerted a strong appeal for Debussy throughout his career. In the late 1890s he set three of Louÿs’s Chansons de Bilitis—a collection of prose poems inspired by Sappho and purportedly translated from originals by an ancient Greek courtesan—for soprano and piano. Louÿs subsequently invited him to write incidental music for a staged recitation of selected Chansons in Paris, featuring five female performers in various states of antique dress and undress. Debussy composed a dozen short pieces for two flutes, two harps, and celeste as a sonic backdrop to the then-fashionable tableaux vivants. In the summer of 1914, he recast six of them as piano pieces, for either two or four hands. This work, dubbed Six épigraphes antiques (Six Ancient ­Epigraphs), was belatedly premiered in wartime Geneva on ­November 2, 1916. These intimate, exquisitely crafted miniatures exhibit the hallmarks of Debussy’s mature piano style. The languid roulades in the first “epigraph,” marked “in the style of a pastoral,” evoke the pipes of

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the mountain god Pan (with a nod to the sultry flute solo that opens Prélude à l’après-midi d’un faune). Debussy employs pentatonic and other “exotic” scales, delicately perfumed harmonies, gauzy ­sonorities, insistent ostinato rhythms, and halo-like pedal effects to conjure an atmosphere of misty antiquity and sublimated passion. An undercurrent of humor, often surprisingly impish, flows through several of the six pieces. The sinuous, slithery melodic line of the “danseuse aux crotales,” or snake dancer, contrasts with the monotonous patter of the morning rain in the final epigraph, which closes with an echo of Pan’s piping. Drawing-Room Sublimity Unlike the great composer-pianists of the 19th century—­ Beethoven, Chopin, Liszt—Schubert was by all accounts a lessthan-stellar keyboard player. There seems no reason to question the judgment of the contemporary composer (and virtuoso pianist) ­Ferdinand Hiller that he “had but little technique.” On the other hand, his brother Ferdinand testified that “although Schubert never represented himself as a virtuoso, any connoisseur who had the chance of hearing him in private circles will nevertheless attest that he knew how to treat the instrument with mastery and in a quite peculiar manner, so that a great specialist in music, to whom he once played his last sonatas, exclaimed: ‘Schubert, I almost admire your playing even more than your compositions!’” If Schubert’s ­Impromptus, Moments musicaux, ländler, and other short piano pieces distill the essence of his lyrical genius in its purest and most concentrated form, his mature piano sonatas, fantasies, and other works combine the intimacy of the salon with an almost symphonic breadth. In spite of his rapidly deteriorating health and recurring bouts of depression, Schubert turned out one masterpiece after another in the months before his premature death. Completed in April 1828, the Fantasie in F minor is dedicated to Countess Caroline Esterházy, for whom the composer nurtured an unrequited love. The music’s bittersweet beauty and emotional volatility arguably lend themselves to the autobiographical interpretation that Beethoven’s biographer Anton Schindler read into the score: “He who wishes to open the book of his own life will surely find a page there depicting a ­situation for which Schubert, in this Fantasie, has created the music.

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The sweetest and yet most melancholy feelings of bygone days, with all their struggles of passions and reason, will spring to the mind of the sensitive and thinking listener and pass before the mirror of his soul like beloved shadows.” The Fantasie comprises four interconnected sections of sharply different characters. The first is built around a wistful F-minor melody characterized by an insistent dotted figure and stuttering grace notes. Seamlessly modulating upward a half-step, Schubert abruptly shifts gears in the F-sharp minor Largo section, with its melodramatic trills and jagged rhythms, before throwing us ­off-balance again with a fleet, triple-time scherzo that flickers ­between minor and major modes. The original theme returns at the beginning of the “finale,” only to give way to a brisk fugue based on another tune we have heard earlier. Savage Pathos Stravinsky’s long and storied career took him from the drawing rooms of tsarist St. Petersburg to the tinsel-town sound studios of Los Angeles. It was as a Russian nationalist that he rocketed to fame on the eve of World War I with a trio of colorful ballets—The Firebird, Petrushka, and Le Sacre du printemps (The Rite of Spring)—written for Serge Diaghilev’s Ballets Russes. The Parisian Stravinsky of the 1920s and 1930s cut a more cosmopolitan figure, characterized by such coolly neoclassical masterpieces as the ballet Apollo and the Violin Concerto in D. After emigrating to the United States in 1939, he reinvented himself yet again in works like his opera The Rake’s Progress and the spikily serial Movements for piano and orchestra. The legendary premiere of Le Sacre du printemps took place in Paris on May 29, 1913. The incendiary combination of Stravinsky’s primitivistic music and Vaslav Nijinsky’s defiantly antiballetic ­choreography nearly fomented a riot at the newly opened Théâtre des Champs-Élysées. Subtitled “Pictures from Pagan Russia,” the ballet builds to a frenzied climax in which a sacrificial virgin dances herself to death in order to restore fertility to the soil. The playwright Jean Cocteau memorably described Le Sacre as “a symphony impregnated with savage pathos, with earth in the throes of birth, noises of farm and camp, little melodies that come from the depths of the centuries, the panting of cattle, deep convulsions, prehistoric georgics.” Stravinsky’s piano reduction of the orchestral score was

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originally intended for use at dance rehearsals, but has since taken on a life of its own. The fact that Stravinsky habitually composed at the keyboard helps account for the crystalline and often percussive brilliance of his music. It is these textural and kinetic qualities, rather than the opulent colors of the symphonic score, that come across most ­powerfully in the two-piano arrangement of Le Sacre. There is no question of reproducing the overwhelming sonic splendor of the original 99-piece orchestra. Nor can the pianos mimic such ­unforgettable sounds as the weirdly denatured bassoon solo that opens the ballet. On the other hand, Stravinsky’s pounding ­ostinatos and complex meters emerge more sharply etched than ever in the keyboard version. The final Sacrificial Dance throbs with such nervous, twitching energy that the listener can almost feel the spasms racking the dying victim’s body.

A former performing arts editor for Yale University Press, Harry Haskell is a program annotator for Carnegie Hall in New York, the Edinburgh Festival, and other venues, and the author of ­several books, including The Early Music Revival: A History, winner of the 2014 Prix des Muses awarded by the Fondation Singer-Polignac.

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