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Ein absichtlich verschwiegener Mangel?

Das Generalunternehmen Ganz AG wird von der Bauherrschaft Wohngut AG mit der Planung und Erstellung einer Wohnsiedlung beauftragt. Im Werkvertrag wird die Anwendung der SIA-Norm 118 vereinbart. Anlässlich der Werkabnahme wurde festgestellt, dass die Isolierungswerte der Wohneinheiten nicht den anwendbaren Vorschriften entsprechen.

TEXT: Andrea Lenzin, Rechtsanwalt

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Zwischen Bauherrschaft und GU werden anschliessend Gespräche über mögliche Sanierungsmassnahmen geführt, aber es kommt diesbezüglich zu keiner Einigung. Während den parallel dazu geführten Abklärungen ergibt sich, dass die ungenügenden Isolierungswerte auf die schlechte Qualität der Doppelverglasungen und auf die ungenügende Dämmungsstärke zurückzuführen sind.

Es vergehen weitere sechs Jahre, bis die Wohngut AG sich aufgrund der zunehmend erbosten Käufer der inzwischen verkauften Wohneinheiten dazu entschliesst, gegen die Ganz AG zu klagen und wegen der mangelnden Isolierung Schadenersatz und eine Herabsetzung des bezahlten Werklohnes einzufordern.

Im Prozess macht die Ganz AG geltend, seit der Werkabnahme seien mehr als fünf Jahre vergangen; die geltend gemachten Mängelrechte seien somit verjährt. Die Bauherrschaft behauptet hingegen, die Ursache der schlechten Isolierungswerte sei vom Generalunternehmer arglistig verschwiegen worden, weshalb nicht die fünfjährige, sondern die zehnjährige Verjährungsfrist zur Anwendung komme. Die Berufung auf die Verjährung sei ohnehin rechtsmissbräuchlich, da die Bauherrschaft jahrelang mit der Ganz AG in Aussicht auf mögliche Sanierungsmassnahmen verhandelt habe.

Das Gericht hält einleitend fest, dass Art. 180 Abs. 2 der SIA-Norm 118 ausdrücklich vor- sieht, dass Mängel, welche vom Unternehmer absichtlich verschwiegen wurden, in 10 statt fünf Jahren verjähren. Diese Ausnahmeregelung entspreche im Übrigen auch der Rechtsprechung des Bundesgerichts, womit sie von der analog anzuwendenden kaufrechtlichen Bestimmung von Art. 201 Abs. 6 OR in Verbindung mit Art. 127 OR abgeleitet wird. Absichtlich sei das Verschweigen eines Mangels aber nur dann, wenn es als arglistig bezeichnet werden könne. Dies sei nur dann der Fall, wenn bei Werkabnahme die Mängel dem Unternehmer bereits bekannt waren, er gleichzeitig wusste, dass die Bauherrschaft davon keine Kenntnis hatte und ihn absichtlich nicht darüber informiert habe. Im vorliegenden Fall seien die Folgen des Mangels (die schlechten Isolierungswerte) bei Werkabnahme sowohl der Bauherrschaft als auch dem Unternehmer bekannt gewesen. Dass der Mangel in der schlechten Qualität der Fensterverglasung und der Wärmedämmung lag, haben beide jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt in Erfahrung gebracht. Damit sei aber auch erwiesen, dass die Ganz AG zum Zeitpunkt der Werkabnahme die Mängel nicht kannte und sie demzufolge auch nicht arglistig verschweigen konnte.

Rechtsmissbräuchlich sei zudem die Berufung auf die Verjährung der Mängelrechte nur dann, wenn der Unternehmer den Bauherren arglistig dazu verleitet hat, mit der Geltendmachung seiner Forderungen zuzuwarten oder ihn auch ohne die Absicht, d ie Verjährung eintreten zu lassen davon abgehalten hat, rechtzeitig die notwendigen rechtlichen Schritte einzuleiten. Schliesslich müsse die Überschreitung der Verjährungsfrist nach objektiver Berücksichtigung der konkreten Umstände auch in einem vertretbaren und vernünftigen Rahmen bleiben.

Im vorliegenden Fall seien die Gespräche zwischen der Ganz AG und der Wohngut AG schon kurz nach Klärung der Schadensursache abgebrochen worden, weil das Unternehmen sich klar geweigert hatte, auf die Schadenersatzforderungen der Bauherrschaft einzugehen. Somit habe diese dem Generalunternehmen bereits wenige Monate nach der Werkübergabe unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass die Einleitung verjährungshindernder Schritte unerlässlich war.

Fazit

Die Anforderungen an die Geltendmachung der arglistigen Verschweigung von Baumängeln bleiben sehr hoch; dies gilt für den Nachweis des Rechtsmissbrauchs einer Berufung auf die Verjährungseinrede in gleichem oder noch höherem Masse. Trotzdem ist dem Unternehmer zur Vorbeugung möglicher Missverständnisse dringend zu empfehlen, die Ursachen festgestellter Baumängel möglichst frühzeitig, umfassend und transparent in Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft zu klären.

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