2017 Baukultur Exkursion Nachlese

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Baukultur Exkursion Nachlese Bayern 22. & 23. Juni 2017

Baukultur Exkursion nach Bayern



Inhaltsverzeichnis

00 Einleitung Seite 4 01 Perlesreut Seite 6 02 Viechtach Seite 14 03 Blaibach Seite 32 04 Regensburg Seite 50 05 Weyarn Seite 64 06 Kolbermoor Seite 74


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Einleitung Unsere Baukultur Exkursion führte dieses Jahr nach Bayern. Wir besuchten in erster Linie Gemeinden, die es geschafft haben den Problemen, die auch wir in der Steiermark kennen etwas entgegen zu setzen: Abwanderung der Bevölkerung in Randlagen, Zersiedelung, Wildwuchs von Einkaufs- und Gewerbegebieten, Leerstand in den Ortszentren usw. Themen also, die uns einerseits im täglichen Arbeiten mit und in den Gemeinden betreffen, die auf der anderen Seite auch in den baupolitischen Leitsätzen des Landes bzw. im Zusammenhang mit der Baukulturenquete des Landtages behandelt wurden. Für die Lösung der oben genannten Probleme gibt es kein Patentrezept. Umso mehr macht es Sinn, sich gelungene Beispiele anzuschauen und von diesen zu lernen. Die Bausteine die zu einem Gelingen beitragen sind zumeist privates Engagement, Mut und Weitsicht von Seiten der Politik, Unterstützung aus der Verwaltung, sowie umsetzbare Visionen aus dem kreativen, planenden Umfeld.

Blaibach Regensburg

Viechtach Perlesreut

Weyarn Kolbermoor Graz

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Baukultur Exkursion 2017

Blaibach Viechtach Regensburg

Perlesreut

Kolbermoor Weyarn

Graz

Route der beiden Tage 5


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Perlesreut www.perlesreut.de


Baukultur Exkursion 2017

Die Gemeinde mit etwa 2.900 Einwohnern liegt im Dreiländereck Deutschland – Tschechien – Österreich. Hier, tief im bayrischen Wald ist nicht gerade eines der pulsierenden Wirtschaftszentren Deutschlands. Um dem demografischen Wandel sowie den zunehmenden finanziellen und personellen Engpässen etwas entgegen zu stellen, haben sich 9 Gemeinden zusammengeschlossen. Außerdem engagieren sich über 400 Bürger in 6 Netzwerken (Jugend, Senioren, Unternehmer, Verwaltung, Demographie und Tourismus). Die Region „Ilzer Land“ wird als Pilotprojekt der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) Niederbayerns gefördert. Ein weiterer Aspekt des gemeinsamen Handelns ist ein interkommunales Flächenmanagement, das u.a. zu einem gemeinsamen Gewerbegebiet geführt hat. Baulich manifestiert sich das gemeinsame Tun in einem Gebäude am Marktplatz von Perlesreut. Das denkmalgeschütze, ehemals leer stehende Objekt wurde über zwei Jahre saniert, und steht nun unter dem Namen „Bauhütte“ als Informations- und Begegnungszentrum für die Gemeinde sowie die Ilzer Land Allianz zur Verfügung. Auch betreutes Wohnen findet – finanziert über einen Privaten - im hofseitigen Teil des Gebäudes statt. Für die Umsetzung sind neben Eigenmitteln der Gemeinde auch Mittel der Städtebauförderung, des Landesamts für Denkmalpflege und von LEADER eingesetzt worden. Das Engagement ist nicht nur vor Ort sicht- und spürbar, sondern wird auch auf Bundesebene wahrgenommen: Mehrere Auszeichnungen wurden mittlerweile an Perlesreut vergeben, so etwa Gold im Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Programm am 22. Juni ab 10:00 Uhr Wir kamen direkt im Markt an und nahmen an der Veranstaltung „5 Jahre Innenentwicklung im Ilzer-Land“ teil. Anschließend erhielten wir eine Führung durch die Bauhütte und erklärende Worte des Bürgermeisters Eibl.

Ankunft in Perlesreut Bildquelle Daniel Baumgartner

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5 Jahre Ilzer-Land Bildquelle Sabine Siegel

Innenhof BauhĂźtte Bildquelle Stefan Spindler

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BauhĂźtte Bildquelle Sabine Siegel

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BauhĂźtte Bildquelle Sabine Siegel

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Baukultur Exkursion 2017

Schön wie Bürgerbeteiligung funktionieren kann. Immer mehr Menschen sollten sich für den eigenen Ort engagieren. Gerhard Vötsch

Laubengang Bauhütte Bildquelle Sabine Siegel

Hofzugang Bauhütte Bildquelle Sabine Siegel

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BauhĂźtte Bildquelle Ursula Werluschnig

Marktplatz Perlesreut Bildquelle Sabine Siegel

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RĂźckseite BauhĂźtte Bildquelle Daniel Baumgartner

Ich bin begeistert wie hier Raumplanung funktioniert und vor allem mit den Menschen umgesetzt wird. Andrea Teschinegg

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Viechtach www.viechtach.de

Seit 1840 steht in Viechtach im Bayerischen Wald ein altes Bauerhaus. Während seines ereignisreichen Lebens wurde es durch Aufstockungen, Umbauten und Anbauten in den jeweiligen Baualtersstufen an die wechselnden Nutzer angepasst. 1974 starb die letzte Bäuerin, Cilli Sigl, die dem Haus seinen Namen gab. Das Haus besitzt alle Elemente, über die ein typisches bayerisches Bauernhaus verfügen sollte: Stall im Haus, Stube als einzigen beheizbaren Raum, Dachboden als Kornspeicher und heruntergezogenes Dach mit Streuschupfen. Die Eigentümerin wünschte sich „..., dass das Gebäude bleibt wie es ist, ...aber ich will nicht mehr frieren..“. Für die neue Nutzung als Ferienhaus sollte der Architekt Peter Haimerl in München deshalb die vorhandenen Elemente bewahren und eine Neuinterpretation wagen. Das Umbaukonzept beruht auf drei Prämissen: Es bleibt fast alles wie es ist. Neue Räume werden im Bestand geschaffen. Sie bleiben offen für das Alte durch Wandausschnitte. Es wurde kaum Bestehendes entfernt; das galt für die Fenster, den alten Putz, die Bodenfliesen und andere alte Einbauten. Die Sanierungsmaßnahmen beschränkten sich auf Reparaturarbeiten: kaputte Fensterscheiben wurden ersetzt, schadhafter Putz ausgebessert. Allein die Dachdeckung mit einer Ziegellattung ist komplett erneuert worden. Musste doch etwas aus dem Bestand entfernt werden, diente das Material zum Bau für neue Möbel: Altbaumodernisierung als Recyclingkonzept. Alle benötigten Volumen für die neue Nutzung mit den entsprechenden bauphysikalischen Eigenschaften wurden einfach in das alte Bauerhaus eingestellt und ergaben auch den bereits erwähnten Projektnamen: „Birg mich, Chilli!“. Modernisierung In vier zentralen Räumen werden Betonkuben implantiert, in denen das neue Leben stattfindet. Die Kuben sind aus hochwertigem Konstruktionsdämmbeton als Spezialbeton hergestellt worden. Seine hervorragenden Eigenschaften erhält dieser vor allem durch Zuschlagsstoffe aus Schaumglasschotter. Der Beton wurde als Ortbeton hergestellt. Einseitig diente das Bestandsgebäude als verlorene Schalung, auf der anderen Seite wurde eine glatte Holzschalung verwendet. Die Hälfte des verwendeten Zementes ist Weißzement und dient zur farblichen Aufhellung des Betons. In der Stube wurde der Beton zusätzlich weiß lasiert. Die einzelnen Kuben im Erdgeschoss sind die alte Stube, die Küche und das Bad, im Obergeschoss das Schlafzimmer. Die Betonkuben unterscheiden sich, je nach dem Ort wo sie implantiert wurden. In der Küche schiebt sich der Betonkubus aus dem Gebäude heraus, da diese Wand komplett marode war und erneuert werden musste. Die Decke aus Beton der alten Stube schafft im Obergeschoss ein großzügiges Freideck mit Öffnungen, die im Winter mit Holzklappen geschlossen werden können. Der Kubus des Schlafzimmers im Obergeschoss passt sich an die Neigung des Daches an. Der Beton bildet immer wieder Öffnungen in denen wie gerahmt der Bestand sich abzeichnet, sei es der alte Lehmboden, die alten Fenster oder auch alte Wandflächen. An den bestehenden Kamin wurde ein neuer Ofeneinsatz angeschlossen und in die Wand integriert. Dieser wird von der Stube aus beheizt. Durch die Hitzeentwicklung wird Wasser in einem Speicher im Obergeschoss erhitzt und über ein Rohrsystem in die Fußbodenheizung geleitet. Die Fußbodenheizung ist in die Böden der Betonkuben 14


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integriert. Somit sind alle Betonkuben beheizbar. Nur in der Küche wurde ein zusätzlicher Ofen aufgestellt. Die alten Winterfenster existierten noch und können in der kalten Jahreszeit außen vor die inneren Fenster vorgeblendet werden. Dadurch verändert sich die gesamt Struktur des Hauses je nach Jahreszeit. Im Sommer verzahnen sich die Kuben stärker mit dem Haus, Türen und Klappen stehen dann offen. Im Winter sitzen die Einbauten eher wie warme Inseln in einem kalten Gehäuse. In dem Umbau kann man die Schönheit des Gewöhnlichen entdecken. Das Vorgefundene wird in seiner Rohheit und Unvermittelheit belassen. Dieser Rohheit wird ein kraftvolles Gegenüber mit den Betonkuben geschaffen, welches ermöglicht das Haus wieder zu bewohnen und zugleich dem Alten noch Raum und einen Rahmen gibt seine Geschichte erzählen zu können. Das Projekt erhielt den Architekturpreis Beton 2008. Aus der Begründung der Jury:“...Weich und poetisch schmiegen sich die Körper aus wärmedämmendem weißen Porenbeton in das alte Holzhaus, ... Wie ein Herzschrittmacher stabilisiert der Einbau den alten Hauskörper und macht ihn wieder bewohnbar. Ein Beispiel kreativer Denkmalpflege voller Poesie, das einem charaktervollen Haus zu überleben hilft.

Programm am 22. Juni ab 13:10 Uhr Wir trafen uns mit Arch. Peter Haimerl beim Haus „Cilli“ in Viechtach. Dort erhielten wir eine Besichtigung. Anschließend fuhren wir zum Lindnerwirt nach Bad Kötzting. Dort gingen wir zu Mittag essen und danach besichtigten wir Blaibach.

Cilli mit Peter Haimerls Mutter im Vordergrund Bildquelle Roland Gruber

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Cilli Bildquelle Roland Gruber

AusfĂźhrungen zur Cilli durch Peter Haimerl Bildquelle Sabine Siegel

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Baukultur Exkursion 2017

Das ist ein Vorzeigeprojekt. Ich kann jedem eine Reise empfehlen, denn Beschreibungen sind nicht genug. Thomas Schinnerl

NatĂźrlich ist nicht alles Eins-zu-eins umsetzbar. Aber uns wurden die Augen geĂśffnet. Franz Hierzer

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Beeindruckend was passieren kann, wenn richtige Profis am Werk sind. Peter Gutschlhofer

Beim Peter Haimerl mßsste ein Chirurg nachschauen was in seinem Kopf vorgeht – genial! Alexander Allmer

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Es braucht Menschen im Ort, die etwas angreifen. Dann funktioniert vieles. Friedrich Wachmann

Die positive Energie war mitreißend! Schön das Baukultur immer mehr Menschen interessiert. Daniel Baumgartner

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Cilli Bildquelle Sabine Siegel

Zur Umsetzung von solchen Projekten braucht es Visionen, Kraft und aktive Menschen. Gerald Deutschmann 20


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Wenn man Projekte in Natura sieht, entfalten sie die vorhandene Kraft erst richtig. Gerald Gรถlles

Man sieht sehr schรถn, was Baukultur zu einem lebenswerten Umfeld beitragen kann. Stefan Spindler

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Innenraum Cilli Bildquelle Sabine Siegel

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Innenraum Cilli Bildquelle Ursula Werluschnig

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Innenraum Cilli Bildquelle Ursula Werluschnig

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Innenraum Cilli Bildquelle Ursula Werluschnig

Peter Haimerl Bildquelle Roland Gruber

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Innenraum Cilli Bildquelle Ursula Werluschnig

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Wenn man den Entwurf erklärt bekommt, beginnt man darßber nach- und mitzudenken! Dagmar Kreutzer

Man kann nie genug unterwegs sein. Man lernt jedes mal soviel dazu. Ursula Werluschnig

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Ein Mensch muss 체berzeugt sein und daf체r brennen. Dann entsteht Architektur wie hier. Franz Majcen

Es h채ngt von den handelnden Personen ab. Die Besten m체ssen eingesetzt werden. Barbara Meisterhofer 28


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Dachboden Cilli Bildquelle Stefan Spindler

Ich habe gesehen, wie GroĂ&#x;artiges gelingen kann. Johann Gressenberger

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Dachboden Cilli Bildquelle Sabine Siegel

Dachboden Cilli Bildquelle Roland Gruber

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Dachboden Cilli Bildquelle Roland Gruber

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Blaibach www.blaibach.de


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Auch dieser Ort liegt nahe der Tschechischen Grenze. Mit etwa 2.000 Einwohnern und dem Phänomen der Abwanderung konfrontiert, passierte dort etwa zwischen 2000 und 2014 das, worüber in den Medien unter dem Titel „Das Wunder von Blaibach“ berichtet wurde. Das ehrgeizige Ortsentwicklungsprojekt wird vor allem durch ein Förderprogramm der Staatsregierung namens „Ort schafft Mitte“ ermöglicht. Aber ohne die engagierten Bürger, Gemeinderäte, Hausbesitzer und den Architekten wäre die positive Entwicklung in dieser Art auch nicht möglich gewesen. A propos Architekt: Peter Haimerl ist der deutsche Shooting Star seiner Generation, der im Bayrischen Wald zahlreiche Bauten realisierte, und dafür mehrfach ausgezeichnet wurde. Die Umkehr des Trends zum Leerstand in der Ortsmitte wurde von der Gemeinde initiiert. Sie kaufte eine ungenutzte Immobilie und ließ diese zum „Bürgerhaus“, also zum Gemeindeamt umbauen. Im Drehbuch zum „Wunder von Blaibach“ spielt ein weiterer Akteur eine wichtige Rolle: der Opernsänger Thomas E. Bauer. Er suchte für sein „Kulturwald – Festival“ eine neue Spielstätte. Dabei wurde er in Blaibach fündig, wo neben einem barocken Schloss, einer malerischen Kirche und einem traditionellen Waldlerhaus im Ortskern Platz für ein Konzerthaus auszumachen war. Dieses Konzerthaus wurde dann tatsächlich (von Peter Haimerl) geplant, gebaut und im September 2014 eröffnet. Selbstverständlich ist der „Blaibach – Effekt“ nicht überall kopierbar. Trotzdem ist es wohl eine der möglichen Strategien für periphere Regionen. Anstelle des Akzeptierens der Tatsache „der Mensch geht der Wolf kommt“, den frei werdenden Platz für Kultur zu nutzen. Kreativität auf dem Land bietet Möglichkeiten, die im urbanen Kontext nicht vorhanden sind. Das Phänomen der „smart rural areas“ ist nur eines der Schlagworte unter denen derartige Entwicklungen untersucht bzw. gefördert werden.

Programm am 22. Juni ab 13:10 Uhr Peter Haimerl führte uns auch in Blaibach. Vor Ort war auch der Bürgermeister der Gemeinde Blaibach, Wolfgang Eckl. Direkt in Blaibach begangen wir das Konzerthaus, das Bürgerhaus und das angrenzende Waldlerhaus von Thomas E. Bauer.

Bürgerhaus Bildquelle Daniel Baumgartner

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Bürgerhaus Bildquelle Roland Gruber

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BĂźrgerhaus Bildquelle Sabine Siegel

Ich habe auf dieser Reise meine Angst vor Architekturwettbewerben verloren. Harald Mulle

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Die handelnden Personen machen es aus! Bettina Skarget

BĂźrgerhaus Bildquelle Daniel Baumgartner

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Sitzungssaal im BĂźrgerhaus Bildquelle Stefan Spindler

Beleuchtung Bildquelle Daniel Baumgartner

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Peter Haimerl und Wolfgang Eckl Bildquelle Daniel Baumgartner

Baukultur betrifft uns nicht nur, weil wir in Häusern leben, sondern weil wir uns an Baukultur beteiligen. Gßnter Koberg 38


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Menschenbilder im BĂźrgerhaus Bildquelle Roland Gruber

Konzerthaus Bildquelle Daniel Baumgartner

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Konzerthaus Bildquelle Ursula Werluschnig

Konzerthaus Bildquelle Sabine Siegel

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Baukultur Exkursion 2017

Solche unglaublichen Räume in Echt zu erleben vermitteln die Kraft von guter Baukultur, es entsteht echte Gänsehautstimmung! Andreas Tropper

Konzerthaus Bildquelle Stefan Spindler

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Eine Frage ist für mich im Laufe der Reise wieder aufgetaucht: wie erklärt man den Beruf des Architekten im ländlichen Raum? Christian Hofmann

Konzerthaus Bildquelle Sabine Siegel

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Baukultur Exkursion 2017

Konzerthaus Bildquelle Sabine Siegel

Konzerthaus Bildquelle Daniel Baumgartner

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Konzerthaus Bildquelle Roland Gruber

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Baukultur Exkursion 2017

RĂźckseite Konzerthaus Bildquelle Ursula Werluschnig

Blaibach Bildquelle Stefan Spindler

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Kunst im Öffentlichen Raum Bildquelle Ursula Werluschnig

Walderhaus Bildquelle Korbinian Kroiß

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Walderhaus Bildquelle Sabine Siegel

Klassisches Wohnen wird scheinbar Ăźberbewertet. Aber so etwas geht nur, wenn man vollkommen Ăźberzeugt von einem Projekt ist. Wolfgang Fehleisen

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Walderhaus Bildquelle Korbinian KroiĂ&#x;

Walderhaus Bildquelle Stefan Spindler

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Walderhaus Bildquelle Daniel Baumgartner

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Regensburg www.regensburg.de


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Auf unserer Reise ist dies die größte Stadt die wir besuchen werden. Regensburg war einst blühende Handelsmetropole und politisches Zentrum des Heiligen Römischen Reichs, und ist heute mit seinen etwa 145.465 Einwohnern nicht nur die viertgrößte Stadt Bayerns, sondern auch deutschlandweit die am besten erhaltene mittelalterliche Großstadt. Die lange Geschichte bringt es mit sich, dass es auch im Bauen eine gewachsene Tradition gibt, auf der es anzuknüpfen und die es weiterzuentwickeln gilt. Regensburg ist 2006 mit seiner Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben worden. Eine Auszeichnung übrigens, die ja auch unsere Landeshauptstadt Graz trägt. Wie überall dort, wo es gilt Neues in geschützter, historischer Umgebung zu bauen, wird auch in Regensburg über die Qualität des Bauens intensiv nachgedacht. Als beratendes Gremium, das sowohl Bauherren als auch die Stadtverwaltung dabei unterstützt gibt es seit knapp 20 Jahren einen Gestaltungsbeirat. Programm am 22. Juni ab 19:30 Uhr Am Abend des ersten Tages checkten wir in unserem Hotel ein. Ab 20:00 Uhr starteten wir dann eine Stadtführung zu Fuß. Der Spaziergang endete beim Abendessen im Weltenburger am Dom. Programm am 23. Juni ab 9:00 Uhr Für eine inhaltliche kurze Einleitung trafen wir uns um 9.00 Uhr im Neuen Rathaus mit Herrn Eichinger vom Stadtplanungsamt. Wir gingen dann für eine einstündige Stadtführung unter dem Arbeitstitel „Stadtraum – Flussraum“ zum Donaumarkt. Als herausragendes Projekt wurden die städtebauliche Entwicklung Donaumarkt mit dem Neubau des Museums der bayerischen Geschichte und die Neugestaltung des öffentlichen Raumes rund um das Museum aus stadtplanerischer und stadtgestalterischer Sicht betrachtet. Ab 10:15 Uhr präsentierte uns Frau Flemming den Gestaltungsbeirat von Regensburg. Dabei erfuhren wir über dieses Instrument und die Umsetzung in der Stadt sowie Beispiele aus der Umsetzung.

Modell der Stadt Regensburg Bildquelle Stefan Spindler

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Vorbesprechung im Neuen Rathaus Bildquelle Ursula Werluschnig

Modell der Stadt Regensburg Bildquelle Daniel Baumgartner

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FĂźhrung in der Innenstadt Bildquelle Stefan Spindler

Auf dieser Reise fanden viele interessante Gespräche statt. So funktioniert eine gelungene Baukultur Exkursion. Claudia Menapace

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Es ist schรถn zu sehen, dass man auch mit wenig Vieles erreichen kann. Manfried Schuller

Das Vertrauen zum Bauherren, den Nutzern und allen Beteiligten muss passen. Christian Pustnik

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Diese Reise hat mich nicht nur überzeugt, sondern mit Baukultur angesteckt. Jakob Frey

Man sieht, dass Entwicklungen auch 10 Jahre dauern können – nicht nur 3 Jahre und dann wird abgebrochen. Walter Eichmann

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Einige Projekte schauen einfach aus, sie sind aber faszinierend. Ohne die Reise würde man vieles nie sehen. Melanie Brunner

Die teilnehmenden Personen ermöglichen einen Blick über den eigenen Tellerrand. Günther Spath

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Wenn man Baukultur lebt, schafft man Werte Ăźber Jahrhunderte. Bertram Werle

Donaumarkt Bildquelle Sabine Siegel

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Historische Innenstadt Bildquelle Sabine Siegel

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Historische Innenstadt Bildquelle Daniel Baumgartner

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HochwassermaĂ&#x;nahmen Bildquelle Daniel Baumgartner

Baustelle Bayrisches Museum Bildquelle Stefan Spindler

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Historische Innenstadt Bildquelle Daniel Baumgartner

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Innenstadt Bildquelle Ursula Werluschnig

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Foyer IHK Regensburg Bildquelle Ursula Werluschnig

Foyer IHK Regensburg Bildquelle Ursula Werluschnig

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Weyarn www.weyarn.de


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Die verkehrsgünstige Lage in der Mitte zwischen München und Rosenheim, jeweils ca. eine halbe Stunde entfernt, birgt so manche Verlockung. Wohnen am Land und arbeiten in der Hauptstadt, hat jedoch schon so manche Gemeinde ruiniert. Das wurde per Volksentscheid also abgelehnt. Und ein klares Bekenntnis dazu, Landgemeinde bleiben zu wollen. Das bedeutete also: kein Ausverkauf von Grund und Boden, restriktives Wachstum, kontrollierter Bautätigkeit, und vor allem massive Einbindung der Bevölkerung in unterschiedlichsten Gremien, Vereinen, Beteiligungsprozessen usf. Langjähriger Bürgermeister von Weyarn war der gelernte Jurist Michael Pelzer. Es mag mit seiner Profession zu tun haben, dass er sich intensiv mit der Geschichte von Boden – und Landnutzungsrechten beschäftigte. Daraus entwickelte er das Erbbaurecht, wie es also nun in Weyarn gelebt wird, und das international auf große Anerkennung stößt. Es versteht sich von selbst, dass in einer Gemeinde mit derartig intensivem Engagement von Seiten der Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit, auch das Zentrum intakt ist, die soziale Infrastruktur gepflegt wird, und Aufmerksamkeit auf die Qualität des Bauens gelegt wird. In kaum einem anderen Ort hat die Bürgerbeteiligung einen derartig hohen Stellenwert wie in Weyarn: mehrere hundert der insgesamt ca. 3.400 Einwohner sind in Arbeitskreisen und Vereinen aktiv und somit intensiv in die Gemeindeentwicklung involviert. Dabei werden nicht nur konkrete Projekte umgesetzt, sondern auch komplexe Fragen gestellt: Was und wie wird konkret gebaut? Wie hält man den Bedarf der Baulanderweiterung und den Schutz der Kulturlandschaft in Balance? Wie lässt sich Bodenspekulation verhindern? Um Letzteres zu beantworten wurde eine konsequente Bodenpolitik gestartet, die unter anderem ein Einheimischenmodell im Erbbaurecht beinhaltet. Quelle: Landluft

Programm 23. Juni ab 13:00 Uhr Wir trafen beim Wirt im Goldenen Tal gegen 13.00 Uhr zum Essen ein. Danach fuhren wir nach Naring, wobei uns Michael Pelzer auf der Fahrt und der Rückfahrt nach Weyarn die ländlich geprägte Struktur von Weyarn vermittelte. Anschließend waren wir rund zwei Stunden zu Fuß durch Weyarn unterwegs: Klosterkirche / Kloster / Ortsmittenentwicklung: Denkmalschutz + Architektur + Städteplanung; Wiederherstellung der geschichtlichen Höfestruktur / Sanierung der ehem. Klosterbrauerei / Mehrgenerationenwohnen / Freiflächenbetonung / Klosterterassen mit Nutzungskonzept. Der Kreisbaumeister Werner Pawlovsky, der Investor Dr. Max von Bredow und der Nachfolger von Michael Pelzer, Leonhard Wöhr, nahmen am baukulturellen Spaziergang teil.

Der Anfang: Dorfentwicklungsplan Warum braucht eine Gemeinde einen Dorfentwicklungsplan? Dorf und Gemeinde - ein komplexes Geflecht von Wechselwirkungen Die Gemeinde Weyarn ist eine Flächengemeinde mit vielen Ortschaften und Weilern. Der Ort Weyarn mit der alten Klosteranlage ist nur ein Teil davon. Viele Problemstellungen, z.B. im gewerblichen Bereich, in der Landwirtschaft oder im Bereich des öffentlichen Lebens, können daher nur unter Berücksichtigung der gegenseitigen Wechselbeziehungen ausreichend erfasst werden. Würde man den Kernort Weyarn nur isoliert betrachten, bestünde die Gefahr, dass zwar die Bedeutung des Hauptortes klar wird, aber die Funktionen der anderen Ortschaften unberücksichtigt bleiben.

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Die Mitwirkung der Bürger ist die entscheidende Grundlage Durch die aktive Mitarbeit von Bürgern am Planungsprozess werden mehrere Aspekte erreicht. Zum einen werden die tatsächlichen Wünsche der Bürger behandelt und zum anderen erhalten sie die Möglichkeit, Einzelprobleme im größeren Zusammenhang zu sehen. Darüber hinaus wird durch die Beschäftigung mit der eigenen Gemeinde das Bewusstsein für den näheren Lebensbereich gestärkt. Viele Dinge, die ansonsten in Vergessenheit geraten, werden wiederentdeckt und neu belebt. Aus der Kenntnis der Geschichte der Heimat und den aktuellen Verhältnissen können neue Ideen entstehen, die das Gemeinschaftsleben weiter stärken. Die Akzeptanz bei der Umsetzung einzelner öffentlicher Maßnahmen wird wesentlich erhöht. Es werden nur Maßnahmen durchgeführt, die von einer breiten Mehrheit mitgetragen werden.

Eine fundierte Planung ist unerlässlich Die Planung durch Fachleute ( Amt für Ländliche Entwicklung, Amt für Landwirtschaft, Planer etc. ) hat die Aufgabe, zusammen mit den Bürgern die von ihnen ausgearbeiteten Einzelaspekte in ein abgestimmtes und allgemein tragfähiges Gesamtkonzept zu stellen. Einzelne gewünschte Maßnahmen müssen fachlich bewertet und eventuelle Widersprüche zu anderen vorgeschlagenen Maßnahmen oder Zielsetzungen aufgezeigt werden. Da für einzelne Vorhaben öffentliche Fördermittel eingesetzt werden, müssen die Planungen in eine prüffähige Form gebracht werden.

Entscheidungsgrundlage für Gremien und Behörden Die im Dorfentwicklungsplan formulierten Ziele und Einzelmaßnahmen ermöglichen es dem Gemeinderat, über einen gewissen Zeitraum Prioritäten festzulegen, die auf die Bedürfnisse der Bürger abgestimmt sind. Bei den Beschlüssen zu den Einzelvorhaben können diese einmal festgestellten Ziele als Entscheidungshilfe dienen.

Michael Pelzer Bildquelle Stefan Spindler

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Baukultur Exkursion 2017

Wir haben interessante Menschen getroffen und durften uns von ihnen inspirieren lassen. Wolfgang Russold

Wenn man etwas umsetzen will, muss man aktiv werden und darf nicht immer nur warten bis etwas passiert. Michael Redik

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Ehemalige Klosterbrauerei Bildquelle Ursula Werluschnig

FlĂźsterstein Bildquelle Stefan Spindler

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Alt und Neu im Zentrum Bildquelle Sabine Siegel

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Man kann von dieser Reise und den Akteuren vor Ort sehr viel fĂźr Zuhause mitnehmen. Andrea Fuchs

Rundgang in Weyarn Bildquelle Sabine Siegel

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Die Kraft der Kultur zur Zentrumsstärkung ist faszinierend. Elsa Brunner

Wir sahen fantastische Projekte. Hoffentlich lässt sich davon auch etwas Zuhause umsetzen. Christian Moser

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Wohnen im Zentrum Bildquelle Sabine Siegel

Wohnen im Zentrum Bildquelle Daniel Baumgartner

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Wohnen im Zentrum Bildquelle Sabine Siegel

Aussichten Bildquelle Stefan Spindler

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Kolbermoor www.kolbermoor.de


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Zuerst wurde im Moor Torf gestochen. Dieser Brennstoff war am Beginn der Industrialisierung, bevor Kohle in großer Menge gefördert wurde wichtig. Als dann die Bahn im Jahre 1859 hier einen Halt einrichtete, bedeutete dies den Aufschwung der relativ jungen Stadt. Aus der Torfproduktion wurde – in Verbindung mit der Wasserkraft des Flusses Mangfall - eine Baumwollspinnerei, die ihre Produktion 1993 einstellte. Auch Ziegeln wurden gebrannt. Aus dem Tonwerk wurde später eine Betonindustrie, heute ist dort eine Zweigstelle einer österreichischen Firma, die zementgebundene Faserplatten fertigt. Es gab in Kolbermoor auch eine Strumpffabrik mit mehr als 400 Mitarbeitern. Kolbermoor hat heute etwa 18 000 Einwohner. Die Stadt wächst einwohnermäßig ständig, die Industrie- und Gewerbebetriebe haben sich laufend verändert. Wir werden sehen, was aus ehemaligen Industriebrachen geworden ist, wie die Stadt sich verändert hat und sich ständig neu erfindet. Als gewachsene Industriestadt ist hier auch das Thema „Wohnen“ als Kontrast zu landwirtschaftlich strukturierten Gemeinden ganz anders abgehandelt worden. Fortschrittliche Arbeitersiedlungen, mit allen damals denkbaren Qualitäten bildeten lange Zeit den Rückhalt für industrielles Wachstum und sozialen Ausgleich.

Programm 23. Juni ab 17:00 Uhr Nachdem wir mit dem Bus in Kolbermoor ankamen begingen wir das Areal zu Fuß. Wir besuchten die Alte Spinnerei und die angrenzende Werksiedlung. In den Stunden vor Ort erläuterte Dr. Max von Bredow durch einen Vortrag die Tätigkeiten der Quest Immobilien zum Thema Revitalisierung/Sanierung Alte Spinnerei. Beim Spaziergang durch die vorbildlich renovierte Werkssiedlung erläuterte uns Christian Poitsch alles Wissenswerte. Ab rund 19:00 Uhr nahmen wir eine letzte Stärkung in einem Biergarten ein, wo wir die Möglichkeit hatten nochmals mit verschiedenen Personen ins Gespräch zu kommen. Nach dem Besuch des Biergartens traten wir die Heimreise an und kamen gegen 01:00 Uhr in Graz an.

Präsentation Bildquelle Stefan Spindler

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Cafe Bildquelle Sabine Siegel

Akademie Bildquelle Sabine Siegel

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Baukultur Exkursion 2017

Alten Spinnerei Bildquelle Sabine Siegel

Alten Spinnerei Bildquelle Daniel Baumgartner

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Alten Spinnerei Bildquelle Sabine Siegel

Alten Spinnerei Bildquelle Sabine Siegel

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Baukultur Exkursion 2017

Alten Spinnerei Bildquelle Sabine Siegel

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Wohnen am Fluss Bildquelle Stefan Spindler

Spaziergang Bildquelle Ursula Werluschnig

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Baukultur Exkursion 2017

Spaziergang Bildquelle Daniel Baumgartner

Die Reise gibt mir einen Auftrag mit nach Hause: Die Stärkung der Fßrstenfelder Innenstadt durch die Belebung der Tabakfabrik. Sabine Siegel

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Wächterhäuschen Bildquelle Stefan Spindler

Faszinierend was man erreichen kann, wenn alle gemeinsam am selben Strang ziehen. Michael Allmer 82


Baukultur Exkursion 2017

Trotz Unterschieden kämpfen wir alle mit ähnlichen Herausforderungen. Mir wurde auf der Exkursion wieder bewusst, was das deutsche Planungsrecht ermöglicht. Korbinan Kroiß

Der Baukultur-Virus hat mich angesteckt. Ich hoffe ich kann auch andere damit infizieren. Adolf Meixner

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Rathaus Kolbermoor Bildquelle Sabine Siegel

Rathaus Kolbermoor Bildquelle Daniel Baumgartner

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Baukultur Exkursion 2017

Unterwegs in Bayern Bildquelle Stefan Spindler

Ein voller Bus ist das Beste, um Innovationen zu initiieren! Roland Gruber

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Impressum Veranstaltet vom Fachteam Baukultur in der Abteilung 16 für den Verein BauKultur Steiermark DI Günter Koberg Stempfergasse 4 8010 Graz Danke für die Unterstützung an Roland Gruber und Stefan Spindler vom Büro nonconform


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