BauKulturreise OÖ / NÖ 2015 roadbook

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BAUKULTURREISE „Baukultur – Erfahrungsaustausch mit den Nachbarn“

25. und 26. Juni 2015 Niederösterreich / Oberösterreich


Veranstaltet vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung, A16 Verkehr und Landeshochbau, Fachteam Baukultur Für den Inhalt verantwortlich: Daniel Baumgartner - 0676 8666 2460 - daniel.baumgartner@stmk.gv.at Günter Koberg - 0676 8666 4155 - guenter.koberg@stmk.gv.at Soweit im Text Personen- und Funktionsbezeichnungen nicht ausdrücklich in der weiblichen und männlichen Form genannt werden, gelten die sprachlichen Bezeichnungen in der männlichen Form sinngemäß auch in der weiblichen Form.


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Reiseprogramm

Tag 1, Donnerstag 25. Juni 2015

7:00 Abfahrt in Leibnitz (Naturparkzentrum Grottenhof) 8:00 Abfahrt in Graz (Oper) 9:00 Abfahrt in Liezen (BBL) 10:30 Waidhofen an der Ybbs ,,Leerstandsmanagement" 12:00 Mittagessen:„Die Hoflieferanten“Bio Küche 14:00 Stadt Haag ,,Ortskernbelebung" 17:00 Feldkirchen an der Donau ,,Die Gemeinde als Bauherr" 19:00 Ottensheim einchecken Beziehen der Zimmer Abendessen Abendprogramm

Tag 2, Freitag 26. Juni 2015

8:00 Gemeindeamt Ottensheim 8:30 ,,Bürgerbeteiligung als Schlüssel für Veränderung" Gespräch und Führung mit Bürgermeisterin Ulrike Böker 11:00 Puchenau - zum Thema Wohnen 13:00 Wels Baukultur in der zweitgrößten Stadt Oberösterreichs Mittagessen: Gasthof Obermair 17:00 Genusszentrum Stift Schlierbach Neues Leben im Baukulturerbe 19:00 Ankunft Liezen 20:00 Ankunft Graz 21:00 Ankunft Leibnitz

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WAIDHOFEN AN DER YBBS

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Gemeinde Waidhofen/Ybbs Bundesland Niederösterreich Seehöhe 356 m Gemeindefläche 131,5 km² Einwohnerzahl 12.959 Hauptwohnsitze 11.499 Zweitwohnsitze 1.615 Gästebetten 213

Auszeichnungen European Public Sector Award der Bertelsmann Stiftung Denkmalpflegepreis des Landes OÖ 2007 Die innovativste Gemeinde Österreichs 2007 Seniorenfreundlichste Gemeinde Österreichs 2008 LandLuft Baukulturgemeinde-Preis 2012

Meilensteine Baukulturaktivitäten Agenda 21 Gemeinde seit 1988 Verkehrskonzept seit 1990 Energiekonzept seit 2010 Aktive Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungsprozessen Arbeitsgruppe für Zukunftsentwicklung seit 1995 Bau- und Energieberatung für Bauwerber Gestaltungsbeirat Beratung der Entwicklungsprozesse durch externe Fachleute Baukultur ist Teil der Gemeindestrategie Regelmäßige Erstellung von Ortsentwicklungskonzepten

Jahr Entwicklung 1991 Wettbewerb Gestaltungs- und Verkehrskonzept Waidhofen/Ybbs 1995 Neugestaltung des Offenen Rathauses 1997 Errichtung des Ybbsuferweges 1997 Umbau des Heimatmuseums 1998 Errichtung eines regionalen Innovationszentrums im ehemaligen Konviktsgebäude 2000 Stadtprojekt Waidhofen 2003 Sanierung und Umgestaltung des ehemaligen Zeller Schlosses 2006 Adaptierung des Rothschildschlosses für die Landesausstellung 2007 2008 Errichtung eines Schulzentrums einschl. Veranstaltungssaal 2010 Umgestaltung des ehemaligen „Wintergebäudes“ und Errichtung eines Kleinwasserkraftwerkes am Ybbsfluss 2011 Ärztezentrum am Oberen Stadtplatz

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„Stadtkernbelebung Leerstandsmanagement Beiratswesen“ Die Stadt Waidhofen im Südwesten Niederösterreichs, nahe an der Grenze zu Oberösterreich, ist topografisch vor allem durch den Fluss Ybbs geprägt, welcher sich ähnlich einer Klamm tief in den Stadtkern einschneidet. Die Altstadt selbst befindet sich in einem laufenden Entwicklungsprozess, welcher durch einen von Arch. Ernst Beneder gewonnen Gestaltungswettbewerb im Jahr 1991 ausgelöst wurde Die Geschichte der Stadt wurde geprägt von ihrer jahrhundertelangen Stellung als Zentrum der Eisenverarbeitung. Die Gemeinde besteht aus 10 Katastralgemeinden.

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Besprechung und Diskussion mit :

Werner Krammer Bürgermeister Beruf: Lehrer Partei ÖVP bisheriger Finanzund Kulturstadtrat

Franz Hörlesberger Stadtamtsleiter

„Als kommunal Verantwortlicher muss man sich Gedanken darüber machen, wie die Stadt in den nächsten 100 Jahren aussehen wird.“ So einfach klingt die Erklärung Wolfgang Sobotkas, heute Landeshauptmann-Stellvertreter von Niederösterreich, in den 1990er-Jahren zuerst Stadtrat und dann Bürgermeister von Waidhofen an der Ybbs, für sein Engagement für die Baukultur in seiner Heimatgemeinde. Ende der 1980er-Jahre habe es Überlegungen gegeben, welche Haltung die Stadt zum Zeitgenössischen habe, wie man sie attraktiv für innovative Firmen machen könne, und wie sie ins 21. Jahrhundert gehen möchte. 1991 wurde ein Wettbewerb für ein Gestaltungs- und Verkehrskonzept für die innere Stadt ausgeschrieben. Dazu eingeladen wurden fünf Architekten, die alle einen Bezug zu Waidhofen hatten: Ernst Beneder war hier aufgewachsen, Laurids Ortner hatte das Verwaltungs- und Fabriksgebäude der Büromöbelfirma Bene geplant, Herbert Schedlmayer war raumplanerisch tätig gewesen und so weiter. Den Wettbewerb gewann Ernst Beneder mit einem weit über das Geforderte hinausgehenden Konzept mit 14 Planungselementen, die von einem gestalteten Ybbsuferweg über eine Parkgarage am Graben bis zu einem neuen Bahnhof und Busterminal in der Stadt reichten. Ernst Beneder: „Unsere Aussage war, dass die Stadt nicht gestaltet werden muss, sie muss nur wieder benützt werden. Dabei bringt es nichts, dort und da ein paar Parkplätze anzulegen. Erst im Zusammenwirken vieler Maßnahmen wird sich eine Steigerung der Lebensqualität einstellen.“

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Ernst Beneder, Architekt Tätig in Gestaltungsbeiräten (Feldkirch, Krems, Steyr, Eisenstadt, Wels, Wörgl, Innsbruck) im Architekturbeirat der BIG, in zahlreichen Jurien und Architekturinstitutionen (ORTE architekturnetzwerk nö, Vorsitz 1999-2001 und Österr. Ges. f. Architektur).

Die Idee war, die einzelnen Elemente mit den Bürgern zu diskutieren und über einen längeren Zeitraum nach einander zu realisieren. Das erste Projekt, das Ernst Beneder in den Jahren 1993 bis 1995 umsetzte, war die Neugestaltung des Rathauses unter dem Motto „Ein Offenes Rathaus für eine transparente Verwaltung“. Das Rathaus ist seit 1922 in einem Gebäudekonglomerat aus dem 14. Jahrhundert unter gebracht, das bis ins 20. Jahr hundert unzählige Male umgebaut worden war. In den 1940er Jahren wurden noch dazu Wände und Gewölbe kaschiert, bis das Haus einer „Nazi-Trutzburg“ glich, wie Wolfgang Sobotka es nennt. Infolge der zahlreichen Umbauten waren Fensterbrüstungen in manchen Räumen auf völlig falscher Höhe und die Treppen eng und verwinkelt.

,,Offenes Rathaus“ Waidhofen an der Ybbs, 1995

Ernst Beneder befreite das Gebäude von allem, was nutzlos oder gar schädlich für die Bausubstanz war, und ermöglichte verbesserte Ab läufe, an einzelnen Stellen wurden historische Elemente freigelegt und inszeniert. Mit viel Glas, weißen Wände und hellen Möbeln und durch die Einrichtung des Bürgerservice im Erdgeschoß wurde das Rathaus in mehrfacher Hinsicht transparent.

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Schrittweise Erneuerung 1997 wurden Ernst Beneders Ideen eines Uferwegs an derYbbs und der Umbau des Heimatmuseums am Oberen Stadtplatz samt Ausstellungsraum realisiert.

Uferbebauung an der Ybbs

Das Heimatmuseum ist zehn Jahre später als „5 Elemente-Museum“ ins Rothschild-Schloss übersiedelt. Das Haus wurde jüngst als Ärztehaus mit Stadtgalerie revitalisiert.

Heimatmuseum Waidhofen an der Ybbs, Ernst Beneder mit Anja Fischer 1998

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Im Jahr 2000 wurde das „Stadtprojekt Waidhofen“ für die Gestaltung der Plätze in der Altstadt in Angriff genommen: Über dem historischen Pflaster hatten sich Asphaltschichten angesammelt, bis der Platz so gewölbt war, dass bei starken Regengüssen das Wasser in die Geschäfte lief. Eine Generalsanierung war notwendig und erfolgte gründlich mit Erneuerung aller Einbauten, Absenkung der Oberfläche zur Mitte hin und einheit licher Pflasterung. Für den Markt und Veranstaltungen wurden Steckhülsen für Schirme und Energiepoller eingebaut, Lichtprojektionen betonen markante Punkte. Die Bürger hätten am Stadtplatz auch gerne Bäume gehabt, erinnert sich Ernst Beneder, doch man könne vom Zentrum überall ins Grüne schauen; Waidhofen habe deshalb einen urbanen Gestus gebraucht. Dieser wurde auch durch zwei moderne Brunnen betont. Nicht alle Bürger waren jedoch begeistert über die neue Lebensqualität. Zuerst wurde über die Pflasterung diskutiert, später über die Entfernung des alten Wetterhäuschens und den Marktbrunnen am Oberen Stadtplatz. „Manche Bürger hätten gerne, dass alles so bleibt, wie es ist“, resümiert Alt Bürgermeister Wolfgang Mair die jahrelange Diskussion.

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Feuer und Glas Fortgesetzt wurde die Debatte wenige Jahre später über das Rothschild-Schloss. Im Jahr 2002 konnte die Stadt das Schloss, in dem sich bis dahin eine Forstfachschule befunden hatte, von den Bundesforsten kaufen. Danach kam der Zuschlag für die Landesausstellung 2007 „Feuer und Erde“ gemeinsam mit St. Peter. Wolfgang Sobotka konnte den Architekten Hans Hollein dafür gewinnen, die Umgestaltung des Schlosses für die Landes ausstellung und die weitere Nutzung für Museum, Bibliothek, Veranstaltungssaal und Tourismusinformation zu entwickeln. „Das war für mich die Krönung meines archi tektonischen Engagements in der Stadt“, sagt Sobotka stolz. Traurig stimmt ihn jedoch, dass der Glaskubus, den Hollein aus Gründen der Maßstäblichkeit auf den Turm setzen ließ, von einigen Waidhofnern massiv kritisiert wurde. Freudig angenommen werden aber der Kristallsaal im Schloss und der geöffnete Schlosspark mit den alten Bäumen und der Anbindung an die historische Hintergasse. Um die negative Aufmerksamkeit vom Rothschild-Schloss abzulenken, habe er 2007 schließlich den angefeindeten Brunnen Ernst Beneders am Oberen Stadtplatz „geopfert“, sagt Bürgermeister Wolfgang Mair, „damit die Luft draußen ist“. Der Brunnen steht seither als Leihgabe auf dem Gelände der Firma Bene, die gemeinsam mit dem Autohaus Lietz schon früh den Grundstein für zeitgemäßes Bauen in Waidhofen gelegt hat. In der Stadt haben sich die Wogen mittlerweile geglättet, mehrere Firmen und Privatpersonen haben sich zu anspruchsvollen Neu- und Umbauten anregen lassen. Maßgeblich daran beteiligt ist das in Waidhofen ansässige Architekturbüro W30, das sich die Revitali sierung von leer stehenden Wohnungen in der Altstadt zur Forschungs- und Planungsaufgabe gemacht hat. „Selbst alteingesessene Waid hofner sind überrascht, dass es hier so tolle Räume gibt“, stellt Maria Schneider Dichlberger von W30 fest. Mit dem Ärztehaus im alten Museum oder dem Dachgeschoßaus bau beim Haus Rigler beweisen W30, dass man auch im historischen Ortskern zeitgemäß wohnen kann und nicht im Speckgürtel bauen muss. (Auszug aus ,,LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009, Baukultur machen Menschen wie du und ich“ von Landluft – Verein für Baukultur und Kommunikation in ländlichen Räumen)

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Rothschild-Schloss Planung Hans Hollein Baujahr 2005–2007


w30 Bauplanung & Innenarchitektur GmbH Andreas Bösch, Martin Pichler, Stefan Wedl, Maria Schneider Lisa Steinlesberger, Bernhard Dallhammer

Auszeichnung des Landluft Baukulturgemeindepreises 2012 Mit diesem Preis werden alle drei Jahre engagierte österreichische Gemeinden und ihre BürgerInnen prämiert. Gewürdigt wird die zukunftsorientierte Entwicklung der Orte aufgrund baukulturell innovativer Maßnahmen, da diese einen entscheidenden Beitrag zur Lebensqualität im ländlichen Raum leisten. Das Ergebnis sind großartige Bauwerke und öffentliche Räume die von den BürgerInnen mitgetragen werden. Gewertet wurde bei der Auszeichnung Waidhofens der kontinuier liche architektonische und städtebauliche Prozess, den die Stadt seit mehr als 2 Jahrzehnten beschreitet. w30 hat gemeinsam mit der Stadt die Unterlagen für die Wettbewerbsteilnahme aufbereitet

Architekturtage 2012 Am 2. Juni veranstaltete w30 im Rahmen der Architekturtage 2012 einen geführten Leerstandsrund gang durch brachliegende und neu belebte Stadthäuser, es wurden Türen geöffnet, Potenziale vor Augen geführt und Platz für Ideen und Perspektiven geschaffen. Wie gehen Stadt und Bevölkerung mit der Thematik um?

StadtHausPerspektiven Stammtisch Alte Häuser. Neue Perspektiven: 1. Hausbesitzer-Stammtisch mit w30 architektur Schöne Fassaden vor leeren Räumen. Historie, die verzaubert. Leerstand, der entzaubert. Hinter den geschichtsträchtigen Hüllen der Waidhofener Altstadt-Häuser liegen Wohn-, Denk- und Arbeitsräume brach, bleiben wertvolle Substanzen und Potenziale ungenutzt. Gemeinsam mit Hausbesitzern wurden Probleme erhoben und neue Perspektiven erarbeitet.

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Haus Forster Architekturb체ro W30 Stadt- und Hammerherrnhaus Waidhofen an der Ybbs

Rigler Wohn- und Gesch채ftshaus Architekturb체ro W30 Innenstadt Waidhofen / Ybbs Durchf체hrung 2011

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Kraftwerk Waidhofen Architekturbüro W30 Durch die Anschließung des Gebäudes über den neuer richteten Steg entlang der alten Stadtmauer, erfährt das Gebäude eine enorme Aufwertung. Die vorbei spazierenden Passanten bringen eine bessere Frequenz und Aufmerk samkeit für die dort befindlichen Nutzungen. Es ergibt sich eine einmalige Möglichkeit direkt am Fluss eine öffentliche Nutzung zu schaffen und dadurch den Fluss näher in die Stadt zu bringen.

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Gernot Hertl - Architekt 1992-1997 Architekturstudium an der TU Graz seit 2003 Hertl.Architekten seit 2006 Holzbaubeirat Oberösterreich seit 2006 Vorstand ig_architektur_steyr 2007 7th Sao Paulo International Biennial of Architecture – The public and the private seit 2008 Ortsbildbeirat des Landes Oberösterreich seit 2009 Vorstand afo Architekturforum Oberösterreich seit 2010 Sektionsvorstand der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg

Das Haus Krammer Waidhofen / Ybbs - 2006 Das Wohnhaus Krammer liegt inmitten einer niederösterreichischen Kleinstadt und hat noch mittelalterliche Grundmauern. In den 1970er und 80er Jahren wurde es erweitert, nun wurde es nochmals vergrößert. Dafür wurde das vorhandene Satteldach abgetragen und teilweise durch ein neues Geschoss ersetzt. Der Architekt wollte die Verzahnung mit dem Nachbargebäude auflösen und die zum Fluss geschlossene Gebäudekante öffnen.

Südansicht

Ostansicht

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Nordansicht

Westansicht

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Johann Stixenberger Ausbildung Land u. Forstwirtschaft seit 1991 Mitarbeiter der Dorf- und Stadterneuerung Niederösterreich seit 2004 Innenstadtkoordinator in Waidhofen Ybbs Vorstandsmitglied: Verein Stadtmarketing Waidhofen/Ybbs Geschäftsführer der Hoflieferanten Biohandel GmbH & Co KG, Betreiber von 2 Biofeinkostmärkten in Waidhofen/Ybbs und Steyr Praktizierender Biobauer

Ein Netzwerk zwischen Gemeinde, Wirtschaftsbund, Stadtmarketing und NÖ Stadterneuerung

Hauptfaktoren und Maßnahmen für den Erfolg

Ausgangssituation Waidhofen an der Ybbs war wie viele andere Städte vom rasanten Strukturwandel im Handel- und Gewerbebereich stark betroffen. Ab 1990 konnte man diese schleichende Entwicklung im Innenstadtbereich stärker verspüren.

- der Impuls Landesausstellung wurde gut genutzt

Der Tiefpunkt war dann 2003/2004 erreicht - hier standen in der Innenstadt rund 2.500 m² Handelsund Dienstleistungsflächen leer, rund 1/4 der Innenstadtgeschäfte war geschlossen. Diese Entwicklung wurde durch einige Faktoren noch verstärkt, wie: - die Übersiedelung der Hoferfiliale aus dem Stadtgebiet auf die grüne Wiese - Samstags schulfrei an den Pflicht- und Mittelschulen - Absiedelung eines Facharztcenters aus der Innenstadt Die umfangreichen Leerstände und die Tatsache, dass es 2007 in Waidhofen eine Landesausstellung geben wird, waren dann der Auslöser zur Innenstadtbelebung. Zu diesem Zeitpunkt wurde gerade das Pilotprojekt der NÖ Stadterneuerung zur Ortskernbelebung gemeinsam mit ECO PLUS u. der NAFES Aktion sowie der WK gestartet, Waidhofen wurde Pilotstadt.

- klares Ziel, die vielen Leerstände bis zum Landesausstellungsjahr 2007 zu beseitigen - ein Bündel an Wirtschaftsförderungen schaffte auch einen finanziellen Anreiz, vor allem der Mietzuschuss war ein wichtiger Anreiz zur Ansiedelung - ein professionelles Leerflächenmanagement, intensive Bemühungen bei der Branchenan siedelung - rund 33 neue Betriebe und 18 Betriebserwei terungen und Übersiedelungen innerhalb der Innenstadt - kundenfreundliche Parkraumbewirtschaftung - besonders unternehmerfreundliche Behördenverfahren - optimale Betreuung der Handelsbetriebe durch das Stadtmarketing - die Hauseigentümer haben verstanden, dass nur ein saniertes Haus vermietbar ist Es wurde nicht nur Kosmetik für das Ausstellungsjahr betrieben, sondern eine nachhaltige Innenstadtbelebung gestartet. Nach der Landesausstellung haben sich in den Jahren 2008 bis 2012 weitere 19 neue Betriebe im Zentrum von Waidhofen angesiedelt, die Anzahl der Betriebsschließungen blieb in diesem Zeitraum im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren unverändert.

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Innenstadtbelebung bzw. Innenstadtkoordination

Welche Auswirkungen hat dieser Erfolg jetzt für Waidhofen

Durch die aktive Leerflächenvermitt lung und Brachenansiedelung gab es innerhalb von 9 Jahren rund 51 Veränderungen bei unseren Innen stadtgeschäften. 33 Betriebe bzw. Branchen sind neu gekommen, bei den restlichen 18 Betrieben handelt es sich um Erweiterungen, Betriebsübernahmen und Umzüge. Natürlich gab es auch Betriebsschließungen.

- Neue Arbeitsplätze in der Innenstadt - durch das zusätzliche Verkaufspersonal bei den Neugründungen und Erweiterungen sowie Übersiedelungen.

Vor allem die 15 Nahversorgerbetriebe im Stadtkern (Lebensmittelgeschäfte, Trafiken, Bäcker, Fleischhauer, Kaffee häuser) bringen rund 50 % der täglichen Kundenfrequenz.

- Die rund 51 Veränderungen (Neugrün dungen, Erweiterungen, Übersiedelungen) lösten zusätzliche Investitionen im Bau- und Baunebengewerbe aus. - Eine Frequenzsteigerung, somit sind also mehr Personen in der Innenstadt. - Zurückgewinnung von Kaufkraft nach Waidhofen - Steigerung der gesamten Parkeinnahmen

Der Wochenmarkt am Dienstag und Freitag ist unser größter Frequenzbringer.

- Mit den EK-Gutscheinen und dem Weih nachtsgewinnspiel des Stadtmarketings wird Kaufkraft an Waidhofen gebunden.

Die vielen Fachgeschäfte und der his torische Stadtraum sind Waidhofens Stärke, dem Kunden und Besuchern wird ein ansprechendes Ambiente vermittelt.

- Wertsteigerung der Häuser in der Innen stadt, denn ein vermietetes Haus bringt mehr Einnahmen als ein leerstehendes Haus bzw. hält seinen Verkehrswert. Natürlich hat der Erfolg viele Väter, denn ohne engagierte Unternehmer und auch der Bereit schaft der Hausbesitzer ihre Objekte miet fähig zu adaptieren, wäre das alles nicht möglich. Das Netzwerk Innenstadtbelebung schafft die Rahmenbedingungen und die Unternehmer handeln.

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STADT HAAG

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Gemeinde Stadt Haag Bundesland Niederösterreich Seehöhe 346 m Gemeindefläche 54,50 km² Einwohnerzahl 5.687 Hauptwohnsitze 5.413 Zweitwohnsitze 274 Gästebetten 105 Dorferneuerungsgemeinde Ortsplaner Regelmäßige Erstellung von Ortsentwicklungskonzepten Architektur Teil des Gemeindeleitbildes Auszeichnungen Staatspreis für Architektur und Tourismus 2000, Nominierung für das Stadt:Theater:Haag Internationaler WEKA Architekturpreis 2000 für das Stadt:Theater:Haag Bauherrenpreis 2001 für das Stadt:Theater:Haag Niederösterreichischer Holzbaupreis 2001 für das Stadt:Theater:Haag Österreichischer Stadtmarketingpreis 2002 Otto Wagner Städtebaupreis 2007 – Würdigung für die Stadtzentrumsentwicklung und die Projekte Stadt:Theater:Haag und Hauptplatzneugestaltung Staatspreis Consulting 2008 für die Architekten nonconform u.a. für die Projektentwicklung Stadtzentrum Stadt Haag

Meilensteine Baukulturaktivitäten Initiative für Baukultur durch Privatpersonen; Unterstützung im Gemeindrat und von außen Anregung durch Exkursionen und publizierte Vorbilder Durchführung von Architektur- und Gestaltungswettbewerben (teilweise externe Jurien) Mehrere kurz- und langfristige Arbeitsplätze durch Projekte Vorbildwirkung für weitere kommunale und private Projekte Aufwertung des sozialen und kulturellen Lebens in der Gemeinde (auch überregional) Internationale mediale Wirkung Jahr Entwicklung 1995 Gründung Theaterverein und Errichtung des Kellertheaters im Gasthaus Wagner 1999 Gründung Stadtmarketing- und Stadterneuerungsverein 'Wir Haager' Projektstart „Haager Theatersommer“ Architektenwettbewerb für die Tribüne des „Haager Theatersommers“ 2000 Dorferneuerungsgemeinde Errichtung Arkadengang mit Kunstmeile Errichtung Temporäre Tribüne für den Theatersommer am Hauptplatz 2001 Gestaltungswettbewerb Hauptplatz Adventdorf am Hauptplatz Architektenwettbewerb Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe 2002 Künstlerische Gestaltung Kreisverkehr 2003 Neugestaltung der Straßenbeleuchtung im gesamten Stadtgebiet 2004 Konzept Initiative ‚Rückkehr des Lebens’ Zubau zur Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe 2007 Generalsanierung Kläranlage mit Wetterstation Zusammenarbeit mit Ars Electronica beim Theatersommer 2008 Neugestaltung Hauptplatz inklusive Fassadenbeleuchtung 2009 Wohnen im Stadtpark (Wohnprojekt in Zentrumslage) Freizeitzentrum mit Kletterturm Architektenwettbewerb Neubau Kindergarten Haag besteht aus den zwölf Katastralgemeinden. Wirtschaftlich liegt das Schwergebiet auf dem landwirtschaftlichen Sektor.

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Lukas Michlmayr, ÖVP Bürgermeister seit 2015 Beruf: Student (Wirtschaftspädagogik, Erwachsenenbildung)

Gottfried Schwaiger Stadtamtsdirektor

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Stadt Haag - von der leerstehenden zu einer lebendigen Stadt Früher, wenn es im Sommer heiß war und alle ins Freibad gingen, hatte Christian Illich in seinem Kaffeehaus auf dem historischen Hauptplatz von Stadt Haag nicht viel zu tun. Die Gäste kamen erst gegen 21 Uhr, um 23 Uhr musste er schon zusperren – wegen der vorgeschriebenen Nachtruhe. Einige Geschäfte hatten aufgrund der Konkurrenz der Einkaufszentrenbereits aufgegeben. Geschäftslokale standen leer, mit dem historischen Stadtzentrum ging es bergab. Eines späten Abends im Jahr 1998 saßen Christian Illich, Stadtamtsdirektor Gottfried Schwaiger und ein weiterer Gast, der nicht aus Haag stammte, spät abends im Kaffeehaus und machten sich Gedanken, wie der Haager Hauptplatz wieder belebt werden könnte. „Wir drei sind da beieinander gesessen und haben gesagt, Stadterneuerung, Stadtmarketing, das wären super Sachen“, erzählt Gottfried Schwaiger. Wie sich herausstellte, war Christian Mitterlehner, der fremde Gast, der in Haag eine Freundin hatte, Stadterneuerungsbetreuer – also der richtige Mann zur richtigen Stunde. „Da haben wir beschlossen, einen Stadtmarketing-Verein zu gründen, und so ist das Ganze ins Rollen gekommen“, erzählt Gottfried Schwaiger. Es entstand die Idee, am Hauptplatz eine Kinovorführung zu machen, um die Menschen anzulocken. Gemeinsam mit dem Obmann des Kulturvereins, Kurt Reitzinger, wurde die Idee in die Tat umgesetzt: eine Leinwand aufgespannt, Bänke aufgestellt und „Titanic“ gespielt. Christian Illich: „Da sind tausend Leute gekommen und am Schluss hat es geregnet und manhat so richtig mitgelebt beim Untergang der Titanic. Das war eine Hetz und so haben wir überlegt, ob wir den Hauptplatz durch kulturelle Aktivitäten beleben könnten.“ Eine Idee nimmt Gestalt an Da der Kulturverein bereits seit 1995 eine Theatergruppe mit eigener Bühne im Keller des Gasthaus Wagner am Hauptplatz betrieb, entstand die Idee, auf dem Hauptplatz nicht einfach nur Kinofilme vorzuführen, sondern ein Sommertheater ins Leben zu rufen. „Wir wussten von vornherein, wenn sich das Ding wirtschaftlich über Wasser halten soll, müssen mindestens 600 Zuschauer Platz finden“, erinnert sich Kurt Reitzinger. Gemeinsam wurde ein Konzept für das Sommertheater entwickelt, eine Dramaturgin kontaktiert, der Schauspieler Serge Falck als erster Intendant gewonnen, nach Geldgebern gesucht. Elke Hinterholzer, die zu der Zeit in Linz und Salzburg Kulturmanagement studierte und bereits beim Theaterkeller mitgearbeitet hatte, kümmerte sich in ihrer Freizeit um die Finanzplanung, die passende Rechtsform und die Vorbereitung der Sitzungen. Mit dem professionellen Konzept wandte sich die Gruppe dann an den damaligen Bürgermeister Josef Andesner, der anfangs sehr skeptisch war: „Es war so ein ausgefallenes Projekt, dass man als normaler Bürger seine Bedenken hat. Aber die Aufbereitung des Ganzen war derart professionell, dass ich zustimmen musste, es im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten zu unterstützen.“ Und das, obwohl die Gemeinde damals große Aufgaben zu bewältigen hatte: Die Schulen litten unter Platzmangel, die Sportstätten waren in einem desolaten Zustand, die Feuerwehr brauchte Geld.

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Trotz dieser Erfolge war Elke Hinterholzer noch nicht ganz glücklich: „Ich habe immer gesagt, mir geht irgendetwas ab, mir fehlt die Einzigartigkeit. Es ist nicht meine Motivation, das 150. Sommertheater in Niederösterreich zu machen. Meine Motivation war die Verbindung zwischen Kultur und Wirtschaft und auch, dass die Leute herkommen, weil es da etwas Besonderes gibt.“ Lange Zeit habe man gedacht, das Künstlerische müsse dieses Besondere sein, doch es sollte anders kommen. Vom Keller in luftige Höhe Da klar war, dass man eine Tribüne für das Theater brauchte, wurde ein Architekt mit dem Entwurf beauftragt. Für Elke Hinterholzer, die damals keinerlei Bezug zu Architektur hatte, war dieser jedoch unbefriedigend. Sie zeigte ihn einem Studienkollegen und einer befreundeten Architektin und erfuhr, dass man dafür einen Architektur-Wettbewerb ausschreiben müsse. Die Aufgabe stellte sich jedoch als schwieriger heraus, als die Theatergruppe gedacht hatte, denn 600 Leute waren auf dem Hauptplatz von Haag unmöglich unterzubringen. Schließlich war der Termin da, bei dem die eingereichten Entwürfe vorgestellt wurden. „Danach gab es eine sehr lange Sitzung, bei der plötzlich über Architektur diskutiert wurde. Das war für mich eine Initialzündung und sehr spannend zu sehen, was Architektur auslösen kann“, erzählt Elke Hinterholzer. Die Jury entschied sich für den gewagten Entwurf der Architektengruppe nonconform, der eine zweistöckige rote Holzkonstruktion mit Dach vorsah, die sich über den Hauptplatz erhebt. Christian Illich: „Durch den Rang ist es wie ein Fußballstadion und man sieht überall schön hin. Dadurch war das für mich grandios gelöst und es hat durch die rote Farbe einen eigenen Touch bekommen.“ Elke Hinterholzer hatte gefunden, wonach sie so lange gesucht hatte: „Als klar war, dass es diese Konstruktion wird, war auch klar, dass das die Einzigartigkeit des Sommertheaters wird. Dafür werden uns alle für verrückt erklären oder lieben.“ Vorerst überwogen in der Bevölkerung die negativen Stimmen. Erst kurz vor der Premiere, als die Tribüne aufgebaut war, schlug die Stimmung um. Mitte Juli 2000 fand die erste Premiere statt, seither wird jeden Sommer ein bis zwei Monate lang gespielt. Einziger Wermutstropfen ist, dass Aufund Abbau der Tribüne samt Bühnenelektrik mit schwerem Gerät auf dem kleinen Hauptplatz jährlich 70.000 bis 100.000 Euro kosten… (Auszug aus ,,LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009, Baukultur machen Menschen wie du und ich“ von Landluft – Verein für Baukultur und Kommunikation in ländlichen Räumen)

v.l.n.r. Margit Gugler Kletterturm Haag Josef König Apotheker Christian Illich Cafetier Josef Sturm Bürgermeister Kurt Reizinger Sommertheater Haag Josef Andesner Altbürgermeister Gottfried Schwaiger Stadtamtsdirektor Hannes Huber Direktor Höhere Lehranstalt Elke Hinterholzer Sommertheater Haag

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Der Theatersommer Haag ist ein, von der HaagKultur GmbH veranstalteter, professioneller Sommertheaterbetrieb mit Rahmenprogramm im Mostviertel, der, seit dem Jahr 2000, jährlich ca. 15.000 Zuschauerinnen und Zuschauer mit seinen Produktionen begeistert. Neben der Hauptproduktion wird mit "special!junior!senior!" Kindern, Jugendlichen und Senioren eine Bühne geboten, das umfassende Rahmenprogramm die "Perlenreihe" - präsentiert Musik, meist aus der heimischen Kulturszene, Literatur und Kabarett.

Architektur Der große Coup glückte dem Theatersommer Team bei der ersten Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Kreativwirtschaft: das Architekturbüro nonconform erdachte eine einzigartige Tribünen- konstruktion, die einem „roten Zauberteppich“ gleich jeden Sommer mitten im Stadtzentrum auf- und abgebaut wird und mittlerweile als „Wahrzeichen“ des Theatersommers Haag gilt. Das Bauwerk wurde mit großem Interesse von verschiedensten Architektur-Medien rezipiert und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u.a. wurde die Tribüne 2003 im Zuge der internationalen Theaterarchitektur-Ausstellung (Pinothek der Moderne) als eine der 40 bedeutendsten und experimentellsten Theaterbauwerke der Welt von der Antike bis zur Gegenwart - ausgestellt. Glücklicherweise erwies sich bereits die erste Spielsaison als Riesenerfolg: Die mediale Marketingtrommel hatte gewirkt, die fantastischen Kritiken taten ein Übriges: viele Vorstellungen waren ausverkauft. Über die Jahre gelang es dem Theatersommer, ein hohes künstlerisches Niveau zu halten; der Charme des Ortes, die Einzigartigkeit der Tribüne sowie das vielfältige Rahmenprogramm wirkte und wirkt ebenfalls stimulierend auf die Besucherzahlen: mittlerweile zählt der Theatersommer in der Kleinstadt Haag zu den Top 10 der österreichischen Sommertheaterfestivals. Gemeinsam mit dem Theater sommer begann ein erfolgreicher Modernisierungs- und Bewusstseinsbildungsprozess, der die Kleinstadt Haag nachhaltig stärkt.

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Platzgestaltung: ,,Shared Space / Begegnungszone“ Dem Asphaltfleckerlteppich wurde durch eine neue Gestaltung Ade gesagt. Die Hauptplatzfläche wurde komplett leer geräumt und mit einer neuen Oberfläche sowie indirektem Licht über die Hausfassaden versehen. Die Großzügigkeit der neuen Gestaltung ermöglicht eine vielschichtige Nutzung über das gesamte Jahr.

Ausgangssituation Hauptplatz Stadt Haag Wettbewerb 2002 1. Preis: nonconform architektur vor ort Planungszeitraum 2003-2004 Bauzeit 2006- 2007 Eröffnung 27.September 2008 Bebaute Fläche 3000 m² Pflaster +3650m² nur Beleuchtung Herstellungskosten 1.400.000 €

Im Konzept von nonconform, das im Zuge eines gewonnen Ideenwettbe werbs umgesetzt wurde, wird die Platzfläche von einem scheinbar will kürlichen Liniennetz (verlegt aus 9 x 9 cm bzw. 18 x 18 cm großen roten und weißen Granitwürfeln) überzogen, das in der Draufsicht am ehesten an Höhenschichtlinien auf einem Gelände modell erinnern. Doch die Architekten treiben mit der Wahrnehmung der Platzpassanten ein viel raffinierteres Spiel: Nach dem Prinzip der "umgekehrten Perspektive" beruhigt sich das Liniengewirr "in genau einem Punkt, den man exakt von der Einmündung der Sparkassenstraße in den Hauptplatz aus betrachten kann. Von hier aus werden Flächen unterschiedlicher Größe", so die Architekten weiter, "gleich groß wahr genommen, und das Linienmuster wird zu einem rechtwinkeligen Raster."

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Dieses perspektivische Liniennetz am Boden verleiht dem Platz eine bislang ungekannte Grandezza und Tiefen wirkung, die durch eine ausgeklügelte indirekte Beleuchtung von Lichtexperten Dieter Bartenbach zusätzlich verstärkt wird. Die Fassaden- und Platz leuchten, die von einer deutschen Beleuchtungsfirma spe sind komplett blendfrei, damit sich Platzbewohner nicht gestört fühlen müssen, sondern lediglich die Fassaden atmosphärisch schimmern.

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ARCHITEKTURBÜRO SCHWALM-THEISS & BRESICH ZT GmbH Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Fachschule für wirtschaftliche Berufe, Volksschule Turnsaal, Stadt Haag 2003 Ausgangspunkt waren die beiden beste henden Gebäude der Volksschule und der HLA/FW. Sie lagen am Fuß eines Südhanges unterhalb des Pfarrers garten. Der Hof war verhältnismäßig eng und wenig attraktiv. So wie der damalige „Neubau“ die alte Volksschule unverändert leben ließ, geht auch die neue Erweiterung behutsam mit der Substanz um. Der Bestand wird baulich nicht verändert. Verändert werden die Außenräume und somit die Einbindung in das Umfeld. Das neue Gebäude ist eigenständig und selbstbewusst neben dem Bestand gesetzt. Wichtig war es, lichtdurchflutete, freundliche Unter richtsräume und einen spannenden Verkehrs- und Aufenthaltsbereich zu schaffen. Ein länglicher Baukörper wurde an der Schulgasse errichtet. Er folgt dem Hang und betont diesen besonders durch die Ausbildung der Westfront. In der Schulgasse ist der neue Haupteingang der HLA/FW. Die Unterrichtsräume sind einhüftig mit hohen Fensterbändern nach Osten orientiert. Durchlaufende Oberlichten gewährleisten beidseitige Belichtung. Nach Westen ist die viergeschossige Aufschließungshalle vorgelagert. Sie ist ein sehr offener, verglaster Bereich mit Stegen, Brücken und Kaskadenstiegen und wird vom Panorama von Stadtkern und Kirche bestimmt. Senkrecht auf dieses Gebäude wurde für die Volksschule um ein Geschoß abgesenkt ein Turnsaal mit verglaster Front zum Hof errichtet. Er überbrückt den Geländesprung, die Dachterrasse dient als Erweiterung derEingangshalle an der Schulgasse.

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FELDKIRCHEN AN DER DONAU

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Die Gemeinde als Bauherr Feldkirchen an der Donau Marktgemeinde Fläche 39,4 km² Oberösterreich Bezirk Urfahr-Umgebung im oberen Mühlviertel mit 5286 Einwohnern Feldkirchen ist ein Schulstandort, an dem neben der Volkschule, der neuen Mittelschule auch eine Musikschule und eine Fachschule zu finden sind.

Franz Allersdorfer Beruf Diplom-Sozialarbeiter Partei SPÖ Bürgermeister seit 20.10.2003 zuletzt: Abteilungsleiter Stellvertreter der Abteilung Jugendwohlfahrt beim Amt der OÖ Landesregierung

Brigitte Rechberger Volksschuldirektorin

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Ausgangssituation Die beiden bestehenden Schulgebäude, die Neue Mittelschule und Volksschule waren von unterschiedlichem Alter und Qualität. Eine Gebäudezustandsanalyse ergab, dass beim Volkschulgebäude der Abbruch und Neubau sinnvoll ist während die bestehende neue Mittelschule von einer wesentlich besseren Raumqualität geprägt ist und daher generalsaniert werden soll. Vordringlichstes Ziel war die Sanierung des vorhandenen Turnsaales. In die weiteren Projektüberlegungen wurde die Verwendung des Hauptschulturnsaales als Mehrzweck saal und die Erweiterung um einen eigenen Turnsaal für die Volksschule aufgenommen. Ebenso sollte eine Musikschul-Außenstelle errichtet und der vorhandene Musikproben raum des örtlichen Musikvereines saniert werden. Der 2009 von der Marktgemeinde Feldkirchen an der Donau europaweit ausgeschriebene, zweistufige offene Architekturwettbewerb wurde durch einstimmige Juryentscheid ung entschieden. Sieger war das Wiener Büro fasch&fuchs. Bei den ersten Baumaßnahmen im Be reich des Turnsaals musste bald erkannt werden, dass die Bausubstanz in einem wesentlich schlechteren Zustand war als ursprünglich angenommen wurde. Der 1. Bauabschnitt wurde im Nov. 2013, bestehend aus Sanierung (quasi Neubau) des Turnsaal, Neubau Landesmusikschule, Um- und Erweiterungsbauten (Werkraum, Lehrer, Arzt etc.), Mehrzwecknutzung (Foyer, Galerie), Fahrradabstellraum, Umbau des Musik probelokals und den oa. ergänzenden Räumen, mit Gesamtmischkosten von € 7.693.855,24 abgerechnet. Ausgangsüberlegung für den 2. Bauabschnitt war die dringende Not wendigkeit die Sporthauptschule aus 1974/75 und die viel ältere, vielfach umgebaute Volksschule zu sanieren. Eine Wirtschaftlichkeitsstudie des Amtes der OÖ Landesregierung machte aber deutlich, dass die Sanierung des Volks schultraktes ökonomisch nicht darstell bar, das Gebäude in funktioneller Hinsicht mangelhaft und für die Einrichtung neuer zukunftsorientierter pädagogischer Konzepte ungeeignet ist. Für die Planung und den Baubeginn stand ein äußerst begrenztes Zeitfenster zur Verfügung.

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Neue pädagogische Konzepte und die Möglichkeit zur Ganztagsschule sind auf Grund multifunktioneller Belegungen und Nutzungen in einem Flächenangebot, das „Standardschulen“ entspricht, räumlich umgesetzt worden.

Das Schul- und Kulturzentrum Feld kirchen an der Donau ist ein, mit dem Architekturpreis des Landes Oberösterreich – daidalos ausgezeichnetes Vorzeigeprojekt, das den Anforderungen moderner Pädagogik optimal gerecht wird. Zwischenzeitlich hat sich ein regelrechter Architekturtouris mus (Abordnungen von Gemeinden, pädagogische Hochschulen, Schulverant wortliche von Städten und Ländern, Pädagoginnen und Pädagogen, Architek turbüros, Kunsthochschulen und technische Universitäten …) zu diesem zukunftsweisenden Schulbauprojekt entwickelt.

Aus den vorhandenen bzw. vorgegebenen Rahmenbedingungen, ergaben sich zahlreiche Erschwernisse, welche letztlich durch die Kooperationsbereitschaft und das außerordent liche Engagement aller Beteiligten bewältigt wurden. Das Ergebnis zeigt jedenfalls, dass die Umsetzung in der gewählten Form auf einer richtigen grundsätzlichen Entscheidung des Landes OÖ (zweistufiger, europaweiter Architektenwettbewerb) beruht.

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Volksschule, von Arch. Hemma Fasch 1989 Diplom in Graz bei Prof. Domenig 1992-1998 Assistentin TU-Wien bei Prof. Richter seit 1994 Befugnis seit 1994 Bürogemeinschaft mit Jakob Fuchs, lebt und arbeitet in Hausmannstätten bei Graz und in Wien man}: Ihh'uu' UHH‘IIII

ID'I'II'I'IÜOUJ> kulturarena kulturzentrum musikschule

o

5 1o . GRUNDRISS ERDGESCHOSS

turnsaalbereich neue mittelschule volksschule

nebengebäude Sportplatz

mflmtfläwwä haupteingang

schulen

aula essbereich | küche

Iesetreppe sitznische

garderobe

neue mittelschule

E

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werkraum vorschulklasse (D

bibliothek

garderobe marktplatz

volksschule

klassenraum volksschule

freiklasse

Wintergarten balkon

Iehrzimmer klassenraum neue mittelschule halle zeichenbereich sonderunterricht konferenz- und Iehrerinnenbereich

0

übergang

GRUNDRISS 1. OBERGESCHOSS

großer

turnbereich

5

10

*

turnsaal

kleiner turnsaal umkleideräume Iehrküche schulwart arzt musikräume

bewegungsraum eingang musikschule eingang turnsaalbereich ortsmusik

galerie

mit zuschauertribünen

atrium

eingang

kulturzentrum

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5

1o

GRUNDRISS 2. OBERGESCHOSS

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Zwei Jahre Schule ohne Schule (Michael Zinner, Ass. Prof. Kunstuniversität Linz)

Zwei lange Baustellenjahre musste die Volksschule der Gemeinde Feldkirchen ohne ein Haus auskommen. Die Verantwortlichen wollten sich die Kosten einer üblichen Containerlösung ersparen und entschieden sich für eine unübliche Vorgangsweise: Sie verteilten die Volksschule im Ortsgebiet, dorthin wo gerade Platz frei war.

Es hieß somit: zusammenrücken und sich einnisten. Zusammengerückt ist ein Teil der Schule mit der Landesmusikschule im schon fertigen ersten Bauabschnitt. Eingenistet hat sich die Schule an allen möglichen und unmöglichen freien Flächen wie in Räumen eines in Konkurs gegangenen Elektrobetriebes, im Gemeindeamt, im Hort sowie in Räumen des Pfarrhofs. Das Mittagessen gab es in der Rettungsdienststelle des Samariterbundes. Dieserart wurden zwei Jahre Ausnahmezustand an insgesamt fünf Standorten überbrückt.

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Jugendraum der Pfarre

Tanzsaal Musikschule

Besprechungsraum Gemeindeamt

Gemeinderatssaal

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OTTENSHEIM

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Gemeinde Ottensheim Marktgemeinde in Oberösterreich im Bezirk Urfahr-Umgebung im oberen Mühlviertel Seehöhe 270 m Gemeindefläche 11,7 km² Einwohnerzahl 4.948 Hauptwohnsitze 4.522 Zweitwohnsitze 426 Gästebetten 202 Auszeichnungen Friedrich Moser Preis/TU Wien für Nachhaltige Planung 2006 & 2011 VCÖ Mobilitätspreis 2011 OÖ Landespreis für Umwelt und Natur 2008 & 2011 Auszeichnung für Kompetenz im Klimaschutz 2007 & 2009 Klimapreis der oö. Akademie für Umwelt und Natur 2005 & 2009 Sonderpreis beim Wettbewerb der Ideen der OÖ Landesregierung 2007 für den Wochenmarkt OÖ Gemeindepreis vis à vis des Architekturforum OÖ und der OÖ Nachrichten 2006 19:00 Ottensheim Meilensteine Baukulturaktivitäten Agenda 21 Gemeinde seit 2007 Aktive Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungsprozessen seit 1997 Verkehrskonzept seit 2000 Energiekonzept seit 2008 Arbeitsgruppe für Zukunftsentwicklung seit 2011 Bau- und Energieberatung für Bauwerber Beratung der Entwicklungsprozesse durch externe Fachleute Baukultur ist Teil der Gemeindestrategie Regelmäßige Erstellung von Ortsentwicklungskonzepten Jahr Entwicklung 1998–2002 Erarbeitung des Örtlichen Entwicklungskonzeptes 2000 Verkehrskonzept 2001 Umgestaltung des Marktplatzes seit 2004 Quartierweise Überarbeitung der Bebauungspläne 2005 Wettbewerb für das Neue Amtshaus 2005–2007 Masterplan Wirtschaftsachse B 127 2006 Einführung einer monatlichen Bauberatung 2007 Start des LA-21-Prozesses 2008 Energiekonzept 2009–2010 Bau des Neuen Amtshauses 2009 Umgestaltung der Linzer Straße 2009–2010 Erweiterung der Landesmusikschule 2010–2011 LA-21-Projekt „Ortskernentwicklung“ 2011 Einrichtung Arbeitskreis Verkehrsberuhigung Strategieentwicklung Liegenschaften der Gemeinde

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Die Gemeinde als einst bedeutsamer Handelsknoten an der Donau ist der drittälteste Markt Oberösterreichs und verfügt über einen historischen Marktkern mit Gebäuden aus den vergangenen Jahrhunderten. In der Gegenwart hat sich Ottensheim aufgrund seiner ausgeprägten Freizeit- und Erholungsgebiete sowie seiner Nähe zu Linz zu einem beliebten Wohnort für Familien entwickelt, verbunden mit einem starken Bevölkerungswachstum seit den 1990er-Jahren.

Ulrike Böker Bürgermeisterin Mitarbeit in Architekturbüros, in Kulturvereinigungen, an der Kunstuniversität Linz etc. 1997 Gründungsmitglied der Bürgerliste pro O.Ottensheim seit 1998 Gemeinderätin in Ottensheim“ seit 2003 Bürgermeisterin der Gemeinde Ottensheim (Liste für Ottensheim – pro O“) 2009 – Mitwirkende Projekt „Kulturbaden“ im Rahmen Kulturhauptstadt Linz 09

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Marktplatz Ottensheim 2000-2002 Boris Podrecca

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Marktplatz als Kommunikationszentrum Das neue Leben des ehemaligen Badhauses hat auch den im Jahr 2001 umgestalteten Marktplatz weiter aufgewertet. Ottensheim ist eine der ältesten Marktge meinden, sie hat das Marktrecht im Jahr 1228 – als erster Ort im Mühlviertel und als dritter in Oberösterreich – erhalten. Wie in vielen Gemeinden hatte das Ortszentrum im Laufe des 20. Jahrhunderts aber mehr und mehr an Bedeutung verloren. Im Jahr 2000 erhielt der Wiener Architekt Boris Podrecca den Auftrag, den Marktplatz neu zu gestalten und eine Tiefgarage einzubauen. Boris Podrecca gestaltete eine großzügige, durchgehende Fläche, auf der „Teppiche“ in Form verschieden farbiger Pflasterung ausgelegt sind. Für die Marktstände wurden Strom- und Wasser anschlüsse sowie Halterungen für die einheitlichen Sonnen schirme verlegt, Bänke, Leuchten, eine Pergola und eine Wasserrinne sorgen für ein modernes und einladendes Ambiente am Platz.

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Beim Offenen Markt in Ottensheim können Private und Gewerbetreibende alles verkaufen wofür sieselbst keine Verwendung mehr haben.

Uli Böker: „Wir wollen die Tradition des Marktes betonen und gleichzeitig immer wieder Ideen für neue Märkte umsetzen: den Frauenmarkt, den Novembermarkt oder den offenen Markt, wo jeder alles verkaufen kann.“ Die Märkte seien wichtig für die örtliche Wirtschaft und die Belebung des Ortszentrums, aber auch für die Kommunikation und das Miteinander, sagt Uli Böker. Dass das funktioniert, kann man jeden Freitagnachmittag beim ganzjährig stattfindenden Wochenmarkt sehen, der mittlerweile Menschen aus nah und fern anzieht und nicht nur zum Einkaufen, sondern auch zum Essen, Trinken und Plaudern intensiv genützt wird. Die Gestaltung von Boris Podrecca habe noch etwas Weiteres bewirkt, merkt Klaus Hagenauer an: „Ohne es zu wissen, haben wir hier anscheinend den ersten Shared Space gestaltet.“ Shared Space ist die Bezeichnung für einen Straßenraum, der so gestaltet ist, dass er von allen Verkehrsteilnehmern – seien es Fußgänger, Radfahrer oder Autofahrer - gleichberechtigt genützt werden darf. Ottensheim ist mittlerweile gemeinsam mit drei anderen Gemeinden in Ober österreich Pilotgemeinde für die Shared Space-Entwicklung und setzt jetzt im Ortskern auf Geschwindig keitsbeschränkung, niveaugleiche Oberflächen und die Abschaffung des Schilderwaldes.

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Gemeindeamt Ottensheim Das offene Amtshaus

Aufs Gemeindeamt zu gehen ist zumeist eine lästige Notwendigkeit, wenn nicht sogar unangenehm. Nicht so in Ottensheim: Dort ist der Besuch des Gemeindeamts ein freudiges Erlebnis, denn das Haus wirkt einladend und hat viele schöne Details, die es zu entdecken gilt. Bis es so geworden ist, waren jedoch viele Hürden zu überwinden und Kämpfe auszustehen. Begonnen hat die Geschichte des Ottensheimer Gemeindeamtes Anfang der 1980er-Jahre, als die Gemeinde das alte „Gusenleitnerhaus“, auch genannt „Badhaus“, kaufte. Das Haus bestand aus drei Gebäuden, die aus dem Mittelalter stammten und bis ins frühe 20. Jahrhundert mehrfach umgebaut, zusammengelegt und wieder getrennt worden waren. Jetzt war das Haus in erbärmlichem Zustand und sollte abgerissen werden, um dem neuen Gemeindeamt Platz zu machen. Das Bundesdenkmalamt stellte das Haus jedoch unter Schutz, und so überlegte die Gemeinde 1996, für das Gemeindeamt, das sich am Marktplatz in einem anderen alten Gebäude befand, an der Peripherie neu zu bauen. Engagement für den Ortskern Das habe Bürgerinnen und Bürger auf den Plan gerufen, erzählt Ulrike Böker: „Wir haben gesagt: ,Es kann doch wohl nicht sein, dass die Gemeinde von Ortskernentwicklung spricht und selbst vom Marktplatz weggeht.’ Das alte Haus war zwar eine Bruchbude, aber sie hatte Substanz.“ 1997 gründeten engagierte Ottensheimer die Bürgerliste „pro O“, die sich für selbstbewusste Ortsentwicklung, regionale Baukulturelle Entwicklung Zusammenarbeit und die Sicherung der Lebensqualität in Ottensheim einsetzt. Seit 2003 ist Uli Böker direkt gewählte Bürgermeisterin für „pro O“. Die Verjüngungskur für das alte Gusenleitnerhaus begann im Jahr 2005 mit der Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs zum Umbau in ein zeitgemäßes Amtshaus. Klaus Hagenauer, Mitgründer und Gemeinderat der Bürgerliste und von Beruf Architekt: „Ich habe damals die Wettbewerbsausschreibung zusammengestellt und war infiziert von Architekt Ernst Beneder, der in Waidhofen an der Ybbs das Offene Rathaus entwickelt hat. Aus dem heraus habe ich in der Ausschreibung formuliert, dass der Sitzungssaal nicht im Dach sein soll, sondern barrierefrei im Sinne einer transparenten Gemeindepolitik.“

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(Auszug aus ,,LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2012, Baukultur machen Menschen wie du und ich“ von Landluft – Verein für Baukultur und Kommunikation in ländlichen Räumen)


Eine gute Idee und ihr Scheitern SUE Architekten aus Wien erfüllten diese Anforderung mit ihrem Entwurf am besten. Darin war vorgesehen, anstelle der Mauer an der Linzerstraße einen modernen Anbau zu errichten und den Sitzungssaal als „Forum“ aus Glas über die Tiefgaragenabfahrt auf dem Marktplatz zu setzen. „Das wäre eine wunderbare gesellschaftspolitische Botschaft gewesen und hätte die Gemeinde Ottensheim einzigartig im Kontext der besonderen öffentlichen Bauten positioniert“, schreibt der Architekt und Architekturprofessor Walter Angonese, der Mitglied der Jury war, im Buch zum Amtshaus Ottensheim. Im Juni 2006 sollte das Projekt der Bevölkerung präsentiert werden, doch einige Bürger hatten aus verschiedenen Motiven heraus Stimmung gegen das Projekt gemacht, und so geriet die Diskussion aus den Fugen. Die Idee eines Forums am Platz musste aufgegeben werden. Stattdessen entwarfen SUE Architekten einen Saal für den Anbau in der Linzerstraße, der dank einer fast über die ganze Breite reichenden Glasschiebetüre direkt von der Straße aus betreten werden kann. Weil die Gemeinderatssitzungen nur acht Mal im Jahr stattfinden, steht der Saal die übrige Zeit für Vereine, Bürger, Veranstaltungen und Märkte zur Verfügung und verbindet sich bei geeignetem Wetter direkt mit dem öffentlichen Raum. Von der Bruchbude zum Kleinod In den Jahren 2009 und 2010 konnte das Gusenleitnerhaus endlich in Angriff genommen werden. Trotz umfassender Bauaufnahme durch Fachleute für historische Bauten wurden Restaurierung, Umbau und Sanierung des Gemeindeamtes jedoch zu einem Abenteuer. Jeden Tag gab es positive und negative Überraschungen – seien es Außenmauern, die unerwartet schwachbrüstig waren und sich gefährlich nach außen wölbten, seien es Umbauten in der Vergangenheit, die erwartete Substanz vernichtet hatten, seien es historisch wertvolle Balken oder Malereien, die sich hinter Mauern, Verputz oder Anstrichen verborgen hatten. Im Endeffekt ist ein Amtshaus entstanden, das Vorhandenes nützt, wo es möglich ist, Neues bewusst anfügt, wo es nützlich ist, und historische Kleinode liebevoll betont. Das große, virtinenartige Fenster des Bürgerservice und der gläserne Windfang sowie die weißen Wände haben aus der bröckeligen „Bruchbude“ ein helles, transparentes und einladendes Haus für die Bürgerinnen und Bürger gemacht. Örtliche Kunstschaffende haben mit kleinen, feinen Akzenten wie einer Gewölbemalerei (Wolfgang Stifter), einem Tisch aus alten Türen des Hauses und Sitzbänken aus Holzbohlen der Rollfähre (Wodo Gratt), einem roten Textilgewebe für den Trauungsraum (Beate Luger-Goyer), Holzschnitten mit Informationen über den Naturraum der Gemeinde (Christian Thanhäuser) und einer Soundinstallation aus Geräuschen und Klängen des Ortes (Irene Kepl) dem Amtshaus eine ganz besondere Identität gegeben.

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Siegerprojekt der Sue Architekten des EU weit offenen Wettbewerbes Als Ort für das neue Amtshaus wählte die Gemeinde Ottensheim ein Eckhaus an zentraler Stelle am Marktplatz. Gewachsene Strukturen vom Mittelalter bis zu Beginn des 20. Jhdts. prägen diesen Bau. Die Idee, das neue Gemeindeamt so offen wie möglich - formal wie auch inhaltlich zu gestalten, durchzieht auch diesen Entwurf: Dicke Mauern prägen den denkmalgeschützten Bestand in dem ein Großteil der Verwaltung untergebracht ist. Die Bereiche allerdings, die dem Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern gewidmet sind, öffnen sich großzügig zum Außenraum: Als Erstanlaufstelle das Bürgerbüro, das sich gleich im Eingangsbereich befindet, tritt durch ein großes Schaufenster zum Marktplatz hin in Erscheinung. Die Flächen, die große Flexibilität verlangen, finden sich in einem Zubau an der Linzer Straße: So gibt es im Erdgeschoß zur Linzer Straße hin einen Saal, der bis zum Innenhof verbunden ist und an diesen beiden Enden komplett geöffnet werden kann, um die bei den Außenräume als Durchhaus zu verbinden. Dieser Saal kann auch in zwei unterschiedlich große Einheiten getrennt werden, um einen Seminar- und Besprechungsbereich bzw. einen Trauungsraum zu schaffen. Der Zubau ist von außen an den Bestand in Farbe, Massivität und Größe am Bestand orientiert, in der Ausformulierung im Detail deutlich von diesem differenziert.

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SUE steht für Strategie und Entwicklung Christian Ambos, Michael Anhammer und Harald Höller. Zu den Realisierungen der letzten Jahre zählen Wohnbauten und Einfamilienhäuser, Reisebüros und Restaurants, Shops und Gastronomie. Und natürlich ein Amtshaus.

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Andreas Strauss ist ein in Oberösterreich geborener Künstler, der an der Kunstuniversität Linz bei Helmuth Gsöllpointhner studiert hat. Seine Werke beschäftigen sich hauptsächlich mit Zwischenräumen im öffentlichen Raum, unter anderem durch die Zweckentfremdung städtischer Alltagsobjekte. 2005 entstand dasparkhotel, eine benutzbare Installation im öffentlichen Raum, aus vorgefertigten Betonelementen.

dasparkhotel entstand 2005 und versteht sich grundsätzlich als Gastfreundschaftsgerät. Es besteht aus umfunktionierten, unglaublich robusten standardisierten Kanalrohren Von außen betont schlicht gehalten bieten sie im Innern unerwartet großen Komfort. (Volle Stehhöhe, Doppelbett, Stauraum, Licht, Netzstrom, Wolldecken und Hüttenschlafsäcke) Alle andern hotelspezifischen Einrichtungen (Toiletten, Duschen, Minibar, Cafeteria...), werden durch im öffentlichen Umfeld vorhandenen Einrichtungen abgedeckt.

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PUCHENAU

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Puchenau ist eine Gemeinde in Oberösterreich im Bezirk Urfahr-Umgebung im oberen Mühlviertel mit 4410 Einwohnern und einer Fläche von 8,18 km² (Stand 1. Jänner 2015) westlich von Linz.

Wolfgang Haderer ehem. Bürgermeister von Puchenau (bis 2014)

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„Hohe Wohnqualität und Naturnähe bei geringer Distanz zur Stadt“ sind Schlagworte mit denen das Wohnen in den beiden Gartenstädten in Puchenau vielfach beschrieben wird.

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Wohnen in der Gartenstadt Puchenau

Gartenstadt Puchenau 1, 1965-1967, Wohnräume

„Du sollst dein Haus so bauen, dass du Sonne und Aussicht hast, sollst aber Sonne und Aussicht deinem Nachbarn nicht nehmen!“, dies war einer der wichtigsten Grundsätze des Architekten Roland Rainer (1910 bis 2004), geistiger Vater und Erbauer der Gartenstadt in Puchenau. Seinen Worten zufolge ist Bauen nicht Selbstzweck sondern bedeutet Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Seiner Ansicht nach war es ein Verbrechen, Hochhäuser rein für den sozialen Wohnbau zu errichten. Er kritisiert sie nicht nach ihrer Höhe, sondern wegen ihrer eingeschränkten Funktionalität. Ein Hochhaus biete nicht den Freiraum und die Intimität, die zum Wohnen nötig sei. Kinder müssten erst eine Vielzahl von Knöpfen drücken, um überhaupt ins Freie gelangen zu können. Rainer setzte sich vor allem für die Idee des verdichteten Flachbaus ein, ein Wohnmodell, welches vorindustrielles Bauen mit zeitgenössischem ökologischem Bewusstsein verbindet.

Ein besonderes Anliegen war ihm daher die Gartenstadt in Puchenau, in der ökologische und soziale Aspekte im Vordergrund standen. Grundgedanke war, den Menschen die Möglichkeit zu geben, einerseits in direktem Kontakt mit der Natur zu leben (z. B. im eigenen Garten als privater Rückzugsraum) und andererseits ihre sozialen Kontakte bewusst zu pflegen (z.B. aufgrund unmittelbar angrenzender Nachbarn).

Blick vom Wohnraum in den Innenhof

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Architekt Professor Roland Rainer wollte mit der Planung der Gartenstadt seine Vision eines lebensgerechten Zusammenwohnens nachhaltig in die Praxis umsetzen. Daher war in einer ersten Bauphase ab 1965 geplant, eine Gartenstadtsiedlung auf einem Areal zwischen der Bundesstraße B 127 im Norden und den Donauauen im Süden von Puchenau zu errichten. Seine Pläne wurden angetrieben und auch unterstützt durch die vermehrte Nachfrage nach Eigenheimen und kleinen Wohneinheiten. Daher haben zahlreiche Gemeinden zu dieser Zeit für ihre Zwecke passende, sozial verträgliche Wohnmodelle gesucht. Die Gemeinde Puchenau, nur 4 km entfernt von der Stadt Linz, war für einen Ausbau im städtischen Erweiterungsgebiet bestens geeignet. Herkömmliche Wohnformen, wie z.B. das freistehende Einzelhaus hätten zu viel bebaubaren Boden vernichtet. Daher hat sich die Wohnungsgenossenschaft „Neue Heimat“ in den 1960er Jahren entschlossen, in Puchenau einen praktischen Versuch nach den Plänen von Architekt Rainer durchzuführen. Dabei sollten bekannte Grundgedanken über das Modell der Gartenstadt mit neueren Untersuchungen und Vorschlägen kombiniert und in die Praxis umgesetzt werden. Das Projekt „Gartenstadt Puchenau“ wurde 1965 der Öffentlichkeit mit Hilfe eines Großmodells vorgestellt. Bei dieser Präsentation war interessant festzustellen, dass das Publikum den eingeschossigen Atriumhäusern eher ablehnend gegenüberstand und den mehrgeschossigen Wohnhäusern den Vorzug gab. In einem nächsten Schritt wurden dann sechs Musterhäuser gebaut, um dem Publikum einen besseren Überblick über die Typenvielfalt in der Gartenstadt I zu geben. Nun stellte der Bauträger fest, dass dem eingeschossigen Atriumhaus in verschiedenen Größenausprägungen der Vorzug gegenüber dem mehrgeschossigen Reihenhaus eingeräumt wurde. Daher wurde der Bebauungsplan noch einmal überarbeitet, um schlussendlich 75 ebenerdige und 84 zweigeschossige Einfamilien-Reihenhäuser sowie 79 Wohnungen in dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern errichten zu können.

Gartenstadt Puchenau 1, 1965-1967

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Die Siedlung „Puchenau I“ wurde dann in den Jahren 1967 bis 1969 realisiert und zum Bezug freigegeben. Sie enthielt bereits wichtige Lösungsmuster für nachstehende Ziele, die auch in der Siedlung „Puchenau II“ im Wesentlichen fortgeschrieben wurden. Mit der Errichtung der beiden Gartenstädte Puchenau sollte eine Siedlung geplant, gebaut und umgesetzt werden, die folgende Zielsetzungen berücksichtigen will: Sozialverträglicher Massenwohnungsbau Minimaler Flächenverbrauch und Erschließungsaufwand Erfüllung der überwiegenden Wohnwunschform der Bewohner nach einem Eigenheim Entgegenwirken gegen die Zersiedelung Reduktion der Belastung der Öffentlichkeit durch Wochenendverkehr Ausnutzung der Solarenergie über architektonische und energietechnische Lösungen Minimierung von Lärmbelästigung durch Straßenverkehr Nachdem die Wohnzufriedenheit der Bewohner der Gartenstadt I bereits in einer ersten Studie 1973 evaluiert wurde, konnte anhand dieser Ergebnisse die Planung daran angepasst und die Errichtung der Gartenstadt II in die Realität umgesetzt werden. Der Bau der Gartenstadt II zog sich über einen 15-jährigen Bauprozess von 1978 bis 2000 mit insgesamt 16 Bauphasen hin. Dabei wurden nochmal 750 Wohneinheiten errichtet. Die Siedlung II gilt somit in Größe und Anlage als herausragender Solitär im verdichteten Flachbau. Die Gartenstadt Puchenau kann wie folgt charakterisiert werden: Die Siedlung besteht aus zwei Teilen, nämlich „Gartenstadt I“ und „Gartenstadt II“. Sie sind durch einen Grünzug und durch einen Infrastrukturbereich, der vor allem Geschäfte des täglichen Bedarfes enthält (Lebensmittelgeschäft, Apotheke, Trafik etc.) voneinander getrennt. Insgesamt zählte die Siedlung direkt nach Fertigstellung im Jahr 2000 über 1.000 Wohneinheiten auf einem rund 1,5 km langen und ca. 100 bis 150 m breiten Gelände. Derzeit umfasst die gesamte Gartenstadt 983 Wohneinheiten. Ein Teil der Gebäude ist in ebenerdiger Bauweise im verdichteten Flachbau errichtet worden, andere Wohntypen wurden als zweigeschossige Reihenhäuser errichtet. Ein Teil der Wohneinheiten wurde als Mietwohnungen und im Wohnungseigentum in bis zu viergeschossigen Häusern realisiert. Eine Besonderheit in den Gartenstädten, sowohl aus architektonischer als auch aus sozialer Sicht sind die Einfriedungen der Höfe und Gärten. Sichtbetonmauern mit einer Höhe von 1,80 m bilden einen Schutz gegen Einblicke, Wind und Lärm. Anfangs waren diese Mauern Gegenstand heftiger Kritik. Besonders von Seite der außerhalb Wohnenden wurde die Gartenstadt daher oftmals „Wohlstands-KZ“ oder sogar „Rainer-KZ“ genannt. Bewohnerinnen erzählten, dass sie beim Einkaufen sogar oftmals vermieden zu erwähnen, wo in Puchenau sie zu Hause sind, um nicht bemitleidet zu werden. Doch schon bald wurden die Betonmauern individuell gestaltet, Blumenkästen auf den Mauern aufgestellt oder sogar mittels Holzverschalung auf 2 m und mehr erhöht. In einer Studie, die vom IFES-Institut 1984 unter den Bewohnern durchgeführt wurde, stellte sich folgendes Resultat zum Thema „Mauern“ heraus: Fast 80% der Befragten sind mit den Mauern als Abgrenzung zum Nachbarn bzw. als Einfriedung des eigenen Wohnraums zufrieden. Weiters wurde festgestellt, dass innerhalb der Mauern die Lufttemperatur um 2 Grad höher war, und natürlich wurde ein niedrigerer Schallpegel gemessen. Somit begünstigten diese abgeschlossenen Innenhöfe den Aufenthalt im Freien und es kam zu einer besseren Nutzung der eigenen vier Wände.

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Architekt Roland Rainer 1. Mai 1910 in Klagenfurt !10. April 2004 in Wien studierte an der Technischen Hochschule in Wien, ging in den 1930ern ins Ausland, darunter in die Niederlande und zu Johannes Göderitz an die Deutsche Akademie für Städtebau Reichs- und Landesplanung in Berlin.

1958 Wiener Stadthalle in Wien 1962-1964 Flachbausiedlung Mauerberg, Wien Rodaun 1962–1963 Evangelische Glaubenskirche in Wien, Braunhubergasse 1968–1974 ORF-Zentrum, am Küniglberg Wien, 1973–1974 Stadthallenbad Wien, fertiggestellt zur Schwimm-Europameisterschaft 1974 1980–1982 Wohnsiedlung documenta urbana in Kassel, städtebauliche Planung 1982–1983 Römisch-katholische Filialkirche Joseph der Arbeiter in Langenzersdorf Gartenstadt Puchenau bei Linz 1992 Gartensiedlung in Wien, Tamariskengasse 1996–1997 Evang. Versöhnungskirche in Linz-Dornach Solar City in Linz

Eine beeindruckende Idee in der Geschichte der Stadt ist die Idee der Gartenstadt. Diese wurde von dem Stenografen Sir Ebenezer Howard vor dem Hintergrund der Wohnumstände der Arbeiter Ende des 19. Jahrhunderts in England entwickelt...

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Howard lebte von 1850 bis 1928. Im Alter von 22 Jahren wanderte er mit zwei Freunden nach Amerika aus, um dort auf dem Land zu Leben. Aufgrund mangelhafter Erfahrung in der Bewirtung des Bodens scheiterte dieses Objekt, und so kehrte er 1877, fünf Jahre später, wieder nach England zurück. Dort entwickelte er seine Idee um eine neue Art von Stadt, welche die momentane Wohnsituation der Arbeiterklasse verbessern könnte, weiter und veröffentlichte 1898 sein Buch: ,,Tomorrow: a peaceful path to a real reform". 1902 erschien die Neuauflage seines Buches unter dem Titel Garden Cities of Tomorrow. (Deutsch: Gartenstädte in Sicht, Jena 1907) Es folgten zwei Modellstädte, die realisiert wurden: Die Gartenstädte Letchworth bei Hertfordshire (1903), realisiert von den beiden Architekten Berry Parker und Raymond Unwin, und schließlich Welwyn (1920), die Howard mehr oder minder ,,auf eigene Faust" verwirklichte. Der Stadt-Land-Magnet

Die Gartenstadt liegt nach Howards Konzeption mitten im Grünen und soll sowohl ländliche Wohnsiedlungen als auch Fabriken und alle kulturellen Annehmlichkeiten beherbergen. Howards Vorschläge gehen wesentlich weiter als das, was später vielfach in Deutschland als „Gartenstädte“ gebaut wurde: Seine Vorschläge waren nicht nur städtebaulicher Natur, sondern auch stark von sozialreformerischen Ideen geprägt: Grund und Boden der Gartenstädte sollte sich zur Vermeidung von Spekulation in gemeinschaftlichem Besitz befinden, Kapitalerträge sollten in die Gemeinschaftseinrichtungen fließen, die Mieten gering gehalten werden.

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WELS

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Karl Pany Stadtbaudirektor / Wels Baukulturbeirat der Republik Österreich Zentralvereinigung der Architekten Österreichs Österr. Städtebund – Fachausschuss für Bauangelegenheiten Österr. Städtebund – Fachausschuss für Raumordnung

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~ 63.000 Einwohner ~ 41.000 Arbeitnehmer ~ 5.700 Unternehmungen ~ 16.200 Schüler und FH Studenten 45,95 km² Fläche 16,52 km² Bauland Planungsinstrumente Raumordnung: ÖEK, Flächenwidmung, Bebauungspläne,Wettbewerbe öffentlich und privat Gestaltungsbeirat Bundesdenkmalamtstag: Bauherr – Architekten – Bundesdenkmalamt - Baudirektion Projektskoordinierungen: Bauherr – Architekten – Fachplaner –Baudirektion – Sachverständige

Gestaltungsbeirat seit 1992 tätig drei Architekten, nicht aus Wels beeidete, nicht amtliche Sachverständige Mitglieder von der Architektenkammer vorgeschlagen 141 Begutachtungen 67 Sitzungen bei Wettbewerben keine Vorlage im Gestaltungsbeirat dreijährige Tätigkeit eines Mitgliedes des Gestaltungsbeirates jährlich Wechsel eines Mitgliedes des Gestaltungsbeirat

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Stadtteilentwicklungskonzepte

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Bauvorhaben der Stadt Wels - Durchführung Geladene Wettbewerbe EU-weite offene Wettbewerbe Passivhausdeklaration Klima-Aktiv-Zertifikat silber

Herminenhof – Musikschule – Stadtarchiv - Bücherei, Architekt Zinterl

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Messehalle 20, Architekten AT4

Minoriten, Architekten Luger / Maul, Bauherrnpreis ZVA

Schule Mauth, Architekten Marte / Marte, Ă–sterreichischer Staatspreis fĂźr Architektur und Nachhaltigkeit

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Einbindung der Bevölkerung -

Diskussionsforen Ideenportal Planungsspaziergänge Internetplattform

Beirat für Baukultur im Bundeskanzleramt Koordinierendes Gremium der Republik Österreich Teilnehmer: BKA, Ministerien, Städtebund, Gemeindebund, Vertreter von Architekturforen, AIK, WKO, Plattform Baukultur,... Ziel: Verankerung der Baukultur auf allen politischen Ebenen, Stärkung des Bewusstseins für Architektur und Baukultur Förderung der Wettbewerbskultur Erstellung des österreichischen Baukulturreportes

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SCHLIERBACH

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Gemeinde Schlierbach Bundesland Oberösterreich Seehöhe 478 m Gmeindefläche 18,44 km² Einwohnerzahl 2.450 Hauptwohnsitze 2.275 Zweitwohnsitze 175 Gästebetten 230

Meilensteine Baukulturaktivitäten Initiative für Baukultur durch das Stift Schlierbach Vorbildwirkung für weitere kommunale und private Projekte Aufwertung des sozialen und kulturellen Lebens in der Gemeinde Überregionale mediale Wirkung

Tourismusgemeinde Agenda-21-Gemeinde Klimabündnisgemeinde Ortsplaner Bauberatung Architektur Teil des Gemeindeleitbildes Regelmäßige Erstellung von Ortsentwicklungskonzepten

Jahr Entwicklung 2004 Genusszentrum Stift Schlierbach 2008/09 Erweiterung der Musikschule Ortsplatzgestaltung 2009 Revitalisierung und Zubau Theatersaal Erweiterung der Landwirtschaftlichen Berufsschule Adaptierung Hotel und Zukunftsakademie SPES Käselabor Neue Käseproduktionsräume Stift Schlierbach Eingangsportal der OÖ Landesausstellung (Stift Schlierbach)

Auszeichnungen Architekturpreis Oberösterreich ,vis-à-vis‘ 2006 für Genusszentrum Stift Schlierbach

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Der Zisterzienserorden Zisterzienser sind Angehörige des benediktinischen Reformordens, der 1098 von Robert von Molesme, dem Hl. Alberich und dem Hl. Stephan Harding im burgundischen Cîteaux gegründet wurde und sich besonders rasch unter dem Einfluss des Hl. Bernhard von Clairvaux ausbreitete. Seine persönliche Ausstrahlung und seine mystische Frömmigkeitslehre haben so prägend und nachhaltig gewirkt, dass man die Zisterzienser auch als Bernhardiner bezeichnete. Im 12. und 13. Jahrhundert erlebte der ganze Orden seine Blütezeit, und nicht von ungefähr kursierte das Motto: „Die ganze Welt wird zisterziensisch.“ In diese Zeit fiel auch die Missionierung und Erschließung Osteuropas. Nach den gesell-schaftlichen und politischen Veränderungen der Folgezeit setzte auch bei den Zisterziensern der Verfall ein. Heute hat der Zisterzienserorden weltweit Niederlassungen und zählt ca. 1300 Mönche sowie 1100 Nonnen. Die Klöster haben sich zu Kongregationen zusammengeschlossen. Diese stellen einen geistig/geistlichen Verbund dar. Wirtschaftlich aber ist jedes Kloster eigenständig. Schlierbach gehört zur "Österreichischen Zisterzienserkongregation." Für Transparenz und Weitblick Im Zisterzienserstift Schlierbach in Oberösterreich, das markant an der Flanke des oberen Kremstals liegt, werden seit mehr als 80 Jahren Käsespezialitäten wie der berühmte Schlierbacher Schlosskäse erzeugt. 1995 wurde dort die erste Schaukäserei Österreichs einge richtet, die den Besuchern die Kunst der Käseherstellung vermittelt und in der sie Käse ver - kosten und kaufen können. Die Schaukäserei kam so gut an, dass man im Jahr 2003 überlegte, wie die Besucher attraktiver empfangen werden könnten. Zuerst dachte man an einen kleinen Zubau zum alten Maierhofgebäude, doch Pater Alfred Strigl, seit 1966 Mitglied des Ordens und seit 1975 Geschäfts - führer der Käserei und der Glaswerkstätten des Stiftes, hatte eine andere Idee: „Durch die Glasmalerei war ich mit zeit - genössischer Kunst und Architektur konfrontiert und hatte Kontakt mit dem Architektenbüro Luger & Maul, für das wir Glasarbeiten gemacht haben. Wir luden die beiden Archi - tekten ein, Vorschläge dafür zu entwickeln, wie der Zubau aussehen könnte, sodass wir auf Besucher einladender wirken und das Ganze ein zeitgemäßes Gesicht bekommt.“

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Ein mutiger Vorschlag Max Luger und sein Kollege fuhren also nach Schlierbach und sahen sich die Sache genauer an: „Wir gingen in den ersten Hof hinein, um zu schauen, wie er wirkt. Da fiel sofort auf, dass der Hof durch das dort eingeschoßige Gebäude keinen Abschluss hatte, er lief aus.“ Luger & Maul machten deshalb einen mutigen Vorschlag – mit dem Zehnfachen der ursprünglich geforderten Kubatur. Statt einen kleinen Vorbau zum Verwaltungsgebäude zu entwerfen, stockten sie das ganze Gebäude mit den Maßen 12 mal 50 Meter mit einem Glasgeschoß auf und zogen den Glasbau auf der Hofseite als Eingangsbereich hinunter. Dazu überlegten sie auch gleich, womit man diesen großen Raum füllen könnte, erzählt Max Luger: „Wir haben uns die Struktur des Stiftes und der Käserei überlegt und sind draufgekommen, dass gewisse Dinge ohnehin fehlen. Wir haben das dann dem Bauherrn vorgeschlagen.“ Für den war das zuerst einmal eine Überraschung. Pater Strigl: „Das Projekt ist wesentlich größer geworden, als wir ursprünglich gedacht hatten. Für mich war dann aber schnell klar: Wenn wir in die Zukunft gehen wollen, müssen wir uns entsprechend ausrichten und unseren Besuchern ein ansprechendes Gebäude bieten.“ Für ihn war auch klar, dass es nicht sinnvoll gewesen wäre, etwas Historisierendes zu bauen, nur um es dem alten Gebäude anzugleichen: „Das wäre ja dann kein Bau unserer Zeit gewesen. Es muss ja doch die Seele unserer Zeit weiterleben können in so einem Bau.“ Im Kloster sei der Vorschlag aber nicht bei allen auf Zustimmung gestoßen, man denke doch eher traditionell. Dennoch fand sich bei der Abstimmung eine Mehrheit für den Entwurf von Luger & Maul. Dass die Entscheidung richtig war, wurde dann durch das Denkmalamt bestätigt: „Wir hatten binnen einer halben Stunde eine Zustimmung, dass wir das bauen dürfen“, sagt Alfred Strigl.

Genusszentrum Stift Schlierbach, Planung Luger & Maul Architekten, Baujahr 2005

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Pater Alfred Strigl Stift Schlierbach: Die Menschen, die hierher kommen, erleben über das Gebäude die Offenheit der Gemeinschaft. Während der Bauphase seien in Schlierbach und Umgebung einige Leute skeptisch gewesen, sagt Pater Strigl: „Aber als es dann fertig war, sind die Leute bei schönem Wetter heraufgefahren und haben auf der Terrasse Kaffee getrunken, und da hat sich die Stimmung schnell geändert.“ Die Menschen würden die Offenheit des Gebäudes sehr positiv erleben. Auch die Mitarbeiter, die zuvor im alten Gebäude gearbeitet haben, hätten die Übersiedlung in den Neubau als befreiend empfunden. Das sei ihm bereits bei den Gesprächen mit den Architekten wichtig gewesen, dass sich die Menschen in diesem Gebäude frei und offen fühlen und Weitblick entwickeln können, sagt Alfred Strigl.

Franz Maul, Maximilian Luger Architekten

Das Projekt beim Stift habe viele andere Prozesse in Gang gebracht, reflektiert Architekt Max Luger. Der Glasaufbau und die damit einhergehende Renovierung der barocken Südwand des Gebäudes, die jahrelang unter Wetterschutzplatten versteckt gewesen war, hätten den Ort ganz entscheidend verändert. Als die Gemeinde Schlierbach den Bau eines Probelokals für die Musikschule plante, kamen deshalb wieder Luger & Maul zum Zug. Das Probelokal, das sich vor der Volksschule und der Zufahrt zum Stift befindet, ist ebenfalls aus Glas gebaut. Max Luger erklärt warum: „Die Musikkapelle hat Freitag Abend Probe und dann ist dort Licht und man kann hineinschauen. Die Musik will sich nicht verschließen, sie will sich zeigen. Das sehen wir in immer mehr Gemeinden, dass die Leute sich öffnen wollen. Sie lassen sich gerne zuschauen bei dem, was sie in ihrer Freizeit machen. So integriert man den Ort in die Gebäude hinein.“ An das kleine Gebäude wurde außerdem ein offenes Dach angefügt, das als überdachter Parkplatz, als Flugdach für den Wochenmarkt oder als wettersicherer Veranstaltungsplatz genutzt werden kann. Die Signalwirkung des Genusszentrums hat Luger & Maul auch den Auftrag für die Erweiterung der Landwirtschaftlichen Berufsschule in Schlierbach beschert. (Auszug aus ,,LandLuft Baukultur-Gemeindepreis 2009, Baukultur machen Menschen wie du und ich“ von Landluft – Verein für Baukultur und Kommunikation in ländlichen Räumen)

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