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ZWEI FRAUEN, EINE PARTIE Ausrine Stundyte im Interview zum

Gebrochene Herzen, extreme Gefühle: Purcells Dido und Schönbergs Frau gehen bis ans Äußerste. Die Sopranistin Ausrine Stundyte singt beide Rollen – an einem Abend. Was sie daran fasziniert, erzählt sie im Interview.

ZWEI FRAUEN, EINE PARTIE

Ob Nonne oder Königin: Ausrine Stundyte schlüpft in verschiedenste Rollen. Im Zentrum der nächsten Musiktheaterpremiere von Regisseur Krzysztof Warlikowski an der Bayerischen Staatsoper stehen zwei Frauenfiguren. Henry Purcells berühmte Dido, die Aeneas unglücklich liebende Königin von Karthago. Und Arnold Schönbergs rätselhafte Frau, die in Erwartung ihres Geliebten durch einen nächtlichen Wald irrt und sich dabei in Erinnerungen, Ängsten, Hoffnung und Visionen verliert. Das expressionistische Monodram Erwartung, geschrieben 1909, erzählt an diesem Abend Purcells Barock-Oper Dido and Aeneas von 1689 fort. Warlikowski verbindet beide Werke als Blick ins Innere einer Frau. Die litauische Sopranistin Ausrine Stundyte wird diese Rolle verkörpern, indem sie sowohl Dido als auch die Frau interpretiert. Mit Krzysztof Warlikowski verbindet sie bereits eine intensive Zusammenarbeit: 2020 verkörperte sie Elektra in dessen gefeierter Inszenierung der gleichnamigen Oper für die Salzburger Festspiele.

Krzysztof Warlikowski blickt ins Innere zweier Frauen und lässt sie zu einer Person werden: Das Monodram Erwartung erzählt die Oper Dido and Aeneas quasi fort. Bringen Sie in die Probenarbeit eine eigene Sicht auf die beiden Frauenfiguren mit? Ich muss zugeben: Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, keine eigenen Interpretationen und Vorstellungen des Charakters vorzubereiten, den ich verkörpere. Meistens wird ein Stück anders vom jeweiligen Regisseur interpretiert, als es in der Partitur steht – und das ist wunderbar! Ich bereite nur das Musikalische vor, zur ersten szenischen Probe komme ich wie ein weißes Blatt. In sechs Wochen hat man genug Zeit, um alles Mögliche zu entwickeln, die Bücher und die Filme zu sehen, die dem Regisseur als Inspirationen dienen.

ANDRIS NELSONS Gewandhausorchester 1.—10.4.2023 Tannhäuser RICHARD WAGNER Musikalische Leitung ANDRIS NELSONS Inszenierung, Bühne, Kostüme, Licht ROMEO CASTELLUCCI mit ELĪNA GARANČA, CHRISTIAN GERHAHER, JONAS KAUFMANN, MARLIS PETERSEN, GEORG ZEPPENFELD

Klar und kalt. Die lettische Bühnenbildnerin Monika Pormale gestaltet die Lohengrin-Inszenierung in München.

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Leitung Orchester- und Chorkonzerte ANDRIS NELSONS mit JULIA KLEITER, CHRISTIAN GERHAHER, GAUTIER CAPUÇON Chor des Bayerischen Rundfunks

LOHENGRIN Richard Wagner

Nationaltheater Kammerkonzerte und Late Night ConcertSa., 03.12.2022, 17:00 Uhr PREMIERE (PREISE S)

EXKLUSIVER VVK AB 27.10.2022 Mi., 07.12.2022, 18:00 Uhr (PREISE O) EXKLUSIVER VVK AB 31.10.2022 So., 11.12.2022, 17:00 Uhr (PREISE M) EXKLUSIVER VVK AB 04.11.2022 Mi., 14.12.2022, 18:00 Uhr (PREISE M) EXKLUSIVER VVK AB 07.11.2022 Sa., 17.12.2022, 17:00 Uhr (PREISE M) EXKLUSIVER VVK AB 10.11.2022 Mi., 21.12.2022, 17:00 Uhr (PREISE M) EXKLUSIVER VVK AB 14.11.2022 Preise S: ab 162,96 € bis 274,96 €, Preise O: ab 148,40 € bis 246,96 €, Preise M: ab 133,84 € bis 218,96 €

EMANUEL GAT Träume Uraufführung

Informationen und Karten im SZ-ServiceZentrum – solange der Vorrat reicht. WESTBAM MEETS WAGNER

Als Sängerin beschäftigten Sie sich immer wieder mit herausfordernden Frauenfiguren der jüngeren Opernliteratur, etwa Béla Bartóks Judith, Richard Strauss’ Elektra, Krzysztof Pendereckis Jeanne, Dmitri Schostakowitschs Katerina Ismailowa oder Aribert Reimanns Regan. Ist das Zufall, oder wie kam es dazu? Das war keine bewusste Entscheidung, eher das Ergebnis von mehreren sehr gelungenen Produktionen, in denen ich solche extremen Rollen verkörpert habe – insbesondere die Katerina Ismailowa in der Inszenierung von Calixto Bieito. Danach wurden mir derartige Partien häufiger angeboten, und das Ganze nahm seinen Lauf. Ich muss gestehen, am Anfang fand ich es fantastisch und wollte nichts Anderes, aber jetzt wünsche ich mir, zur Abwechslung auch etwas ‚Harmonischeres‘ zu singen. Deshalb freue ich mich auf Dido and Aeneas mindestens genauso wie auf Erwartung.

Spielt für Sie eine Rolle, dass all diese Frauen von Männern musikalisch porträtiert wurden? Überhaupt nicht. Man spürt ganz klar, dass die Komponisten diese Figuren mit großer Liebe und Leidenschaft geschaffen haben. Man muss keine Frau sein, um einen tiefen, spannenden Frauencharakter zu schaffen. Wenn man nur den eigenen Erfahrungen, der eigenen Identität nach schaffen würde, hätten wir nur Dokumentationen und Autobiografien zur Auswahl.

Was haben Sie als erstes gedacht, als die Bayerische Staatsoper Ihnen diese Kombination vorschlug: die Frau in Erwartung von Arnold Schönberg und Dido in Dido and Aeneas von Henry Purcell? Erwartung, so wie z. B. auch Herzog Blaubarts Burg von Béla Bartók, steht ganz stark für sich selbst. Es ist schwer, eine passende Oper zu finden, mit der das Stück sich ergänzen lässt. Jede Kombination kann sich als schwierig erweisen, insbesondere, wenn man beide Werke als zusammenhängende Geschichte erzählen möchte. Das ist die größte Herausforderung für den Regisseur und den Dramaturgen, weniger für mich. Ich bin sicher, Krzysztof wird es wunderbar lösen, und mache mir überhaupt keine Sorgen. Ich freue mich wahnsinnig, wieder mit ihm zusammenzuarbeiten!

Wie würden Sie die Protagonistinnen beschreiben, gibt es Anknüpfungspunkte zwischen ihnen? Von den Stücken selbst bekommt man sehr wenig Informationen über diese Frauen. Bekanntermaßen ist Dido eine Königin, über Schönbergs Frau hingegen erfährt man nichts. Das gibt zugleich sehr viel Freiheit, um sie so zu gestalten, wie man es möchte. Ich bin sehr neugierig, wie unsere Dido/Frau wird. Was mir als erstes auffällt, ist ihre extrem besitzergreifende Art zu lieben. Beide Frauen leiden darunter bis zum Extremen – wie es in der Oper üblich ist (lacht). Anders ist nur, wie es für beide ausgeht: Dido stirbt an gebrochenem Herzen, die Frau in Erwartung scheint ihren untreuen Geliebten in einem Affektzustand umzubringen, ohne es selbst zu begreifen. Ihr Herz bricht, auch wenn sie später erkennt, was sie getan hat. Auf eine Art sind sie sich also sehr ähnlich.

Das Gespräch führte Katharina Ortmann.

Offen für jede Idee: Ausrine Stundyte

Die Authentische Ausrine Stundyte

Die litauische Mezzosopranistin Ausrine Stundyte studierte an der Litauischen Akademie für Musik und Theater in Vilnius und an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig. Zu ihrem Repertoire zählen Partien wie Mimì (La bohème), Agathe (Der Freischütz), Renata (Der feurige Engel), Cio-Cio-San (Madama Butterfly), Sieglinde (Die Walküre), Die Feldmarschallin (Der Rosenkavalier), Venus (Tannhäuser), Judit (Herzog Blaubarts Burg), Katerina Ismailowa (Lady Macbeth von Mzensk) und die Titelpartien in Katja Kabanova, Manon Lescaut, Tosca oder Elektra. In München ist die Sängerin seit 2015 immer wieder zu Gast, zuletzt 2021 als Regan in Reimanns Lear sowie 2022 als Jeanne in Krzysztof Pendereckis Die Teufel von Loudon.

DIDO AND AENEAS / ERWARTUNG Henry Purcell / Arnold Schönberg

Nationaltheater

So., 29.01.2023, 17:00 Uhr PREMIERE

(PREISE M) EXKLUSIVER VVK AB 22.12.2022 Mi., 01.02.2023, 19:00 Uhr (PREISE L) EXKLUSIVER VVK AB 27.12.2022 Sa., 04.02.2023, 19:00 Uhr (PREISE K) EXKLUSIVER VVK AB 28.12.2022 Mi., 08.02.2023, 19:30 Uhr (PREISE K) EXKLUSIVER VVK AB 02.01.2023 Fr., 10.02.2023, 19:00 Uhr (PREISE K) EXKLUSIVER VVK AB 03.01.2023 Preise K: ab 85,68 € bis 150,64 €, Preise L: ab 104,72 € bis 185,36 €, Preise M: ab 133,84 € bis 218,96 €

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