Recycling in Rohstoffpartnerschaften Chancen und Herausforderungen
Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Abteilung Sicherheit und Rohstoffe
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Hintergrund Mit der Rohstoffstrategie „Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands mit nichtenergetischen mineralischen Rohstoffen“1 aus dem Jahr 2010 hat die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Rohstoffversorgung geschaffen. Ein wichtiger Bestandteil der Strategie sind bilaterale Rohstoffpartnerschaften. Im Jahr 2011 wurden Regierungsabkommen über eine Rohstoffpartnerschaft mit der Mongolei und Kasachstan geschlossen. Mit Chile wurde darüber hinaus im Jahr 2013 auf der Basis einer Gemeinsamen Politischen Erklärung zwischen dem damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und dem chilenischen Bergbauministerium das Deutsch-Chilenische Forum für Bergbau und Mineralische Rohstoffe eingerichtet. Ziel der Partnerschaften ist es, die Interessen sowohl der rohstofffördernden als auch der rohstoffimportierenden Länder wie Deutschland zu berücksichtigen, sinnvoll in Ausgleich zu bringen und im Sinne gemeinsamer Vorteile fortzuentwickeln. Sie sollen dazu beitragen, die Rohstoffversorgung Deutschlands zu sichern und die wirtschaftliche Entwicklung im Partnerland zu unterstützen. Dabei werden außen-, wirtschafts- und entwicklungspolitische Zielsetzungen eng miteinander verzahnt. Eine zentrale Herausforderung bei den bestehenden Partnerschaften besteht in der Realisierung von konkreten Unternehmensprojekten. Die seit 2011 einsetzende Entspannung an den globalen Rohstoffmärkten, zu hohe Erwartungen an das kurzfristige Potenzial sowie zum Teil divergierende Auffassungen zwischen den beteiligten Akteuren haben dazu geführt, dass bisher keine nennenswerten Projekte zum Rohstoffabbau realisiert werden konnten. Gleichwohl ist bei einer anziehenden Weltkonjunktur mittel- und langfristig wieder mit steigenden Rohstoffpreisen und damit auch steigenden Versorgungsrisiken für die deutsche Industrie zu rechnen. Das Instrument der Rohstoffpartnerschaften sollte vor diesem Hintergrund deshalb nicht grundsätzlich in Frage gestellt, sondern vielmehr weiterentwickelt werden.
Viele deutsche Unternehmen haben sich auf die Entwicklung und Angebote von Technologien und Problemlösungen im Bereich Umwelt, Klima und Energie spezialisiert. Hierzu gehören insbesondere die Anbieter von Umwelttechnologien aus Abfall-, Wasser- und Abwasserwirtschaft bzw. dem Recycling. Die Führungsposition Deutschlands auf dem Weltmarkt für Abfall- und Recyclingtechniken ist der Innovationsstärke der deutschen Unternehmen zu verdanken. Ein Indikator hierfür sind die Patent-Anmeldungen, bei denen deutsche Unternehmen eine weltweit führende Stellung einnehmen. Recycling von Rohstoffen wird zudem für die Versorgung der deutschen Industrie mit Rohstoffen immer wichtiger. Steigender Rohstoffbedarf, abnehmende Qualität von Lagerstätten sowie steigende Förderungskosten lassen die Rückführung von genutzten Rohstoffen in Wertschöpfungsprozesse attraktiv und lukrativ werden. Neue Technologien und Verfahren erlauben eine höhere Recyclingquote auch bei Hightech- und Edelmetallen. Urban Mining ist zum Schlagwort geworden. Auch das Recycling von Seltenen Erden gewinnt an Fahrt. Außergewöhnlich hohes Nutzungspotenzial besteht in der besseren Verwertung von Elektro- und Elektronikschrott. Die Rückgewinnung der Technologiemetalle, unter anderem Seltene Erden, Lithium, Ruthenium, Antimon, Indium und Zinn, ist zu einem hochaktuellen Thema geworden. Die Vereinten Nationen schätzen, dass jährlich bis 50 Millionen Tonnen an Elektround Elektronikgeräte-Abfall pro Jahr entstehen. Dies betrifft auch Länder wie die Mongolei oder Kasachstan. Insbesondere in Kasachstan existieren darüber hinaus erhebliche Abfall-Altlasten aus Sowjetzeiten. Das Know-how der deutschen Unternehmen im Recycling-Bereich könnte somit einen positiven Beitrag bei der nachhaltigen Entwicklung der Rohstoffpartnerländer sowie bei der Versorgungssituation deutscher Unternehmen leisten.
Ziel einer Weiterentwicklung sollte die Schaffung einer „Win-win-Situation“ für die rohstofffördernden Ländern auf der einen und der deutschen Industrie auf der anderen Seite sein. 1
Rohstoffstrategie der Bundesregierung „Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands mit nicht-energetischen mineralischen Rohstoffen“, Oktober 2010.
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Herausforderungen Die existierenden Rohstoffpartnerschaften bieten neben der Förderung von Primärrohstoffen grundsätzlich einen bestehenden Rahmen, um Sekundärrohstoffe in die Zusammenarbeit aufzunehmen. Bevor das Potenzial des Recyclings in den Rohstoffpartnerschaften nutzbar gemacht werden kann, muss der tatsächliche Umfang der Sekundärrohstoffe in den Partnerländern, die Frage der Verknüpfung des Recyclings mit industriellen Fertigungsprozessen und die politisch-institutionellen Rahmenbedingungen für die Recyclingwirtschaft geklärt werden. Die größte Herausforderung bei der Integration des Recyclingaspekts besteht dabei in dem Mangel an konkreten Informationen und Studien über die Struktur, Entwicklung und das Potenzial der Sekundärrohstoffe in Kasachstan, der Mongolei und Chile.
Bildnachweis: Boroo Gold Mine in Bayangol im Norden der Mongolei; Quelle: Deutsch-Mongolischer Unternehmerverband (DMUV)
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Chancen Weltweit führendes deutsches Recycling Know-how Deutsche Unternehmen sind weltweit führend bei Abfall- und Recyclingtechnologien. Das Know-how der deutschen Industrie in diesem Bereich könnte wirtschaftliche Impulse in den Partnerländern setzen. Abfallwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft weiterentwickeln
Win-win Situation für beide Seiten Von der Durchführung gemeinsamer Projekte im Bereich Recycling profitieren beide Seiten gleichermaßen: Recycling-Projekte bieten große Potenziale für die lokale Wertschöpfung und Beschäftigung. Darüber hinaus kann Recycling einen wichtigen Beitrag leisten, den Energieausstoß und damit Kohlendioxidemissionen zu verringern. Weiterhin schützt Recycling knappe natürliche Ressourcen wie Wasser und verringert die Umweltverschmutzung.
Die Abfallwirtschaft in Kasachstan und der Mongolei bietet erhebliche Chancen, diese stärker hin zu einer Kreislaufwirtschaft zu entwickeln und damit einen positiven Beitrag zur Verbesserung der Umwelt- und Sozialstandards zu leisten. Produktrecycling nutzbar machen Die steigende Nachfrage an Kraftfahrzeugen und elektrischen Produkten in Chile und Kasachstan kann mittel- bis langfristig für das Produktrecycling nutzbar gemacht werden. Enormes Rohstoffpotenzial in Partnerländern vorhanden Kasachstan, Mongolei und Chile verfügen über eine starke rohstofffördernde Industrie. Schlacken und Verarbeitungsrückstände von Bergbauhalden in Chile und Kasachstan bieten ein großes Rohstoffpotenzial.1 Die Bergbauhalden weisen einen signifikanten, bisher ungenutzten Rohstoffanteil auf. Das entstehende Erzkonzentrat kann leicht zusammen mit anderen Rohstoffen in bestehende Lieferketten integriert werden. In Chile wird bereits gemeinsam mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ein Projekt zur Erforschung der Rückgewinnung metallischer Rohstoffe aus Bergbauhalden durchgeführt.2 Kasachstan bietet mit seinem Wirtschaftswachstum und der Ankündigung, verstärkt Industriecluster und die Abfallwirtschaft zu fördern, gute Bedingungen für die Recyclingwirtschaft.3
AHK Chile/ DERA (2011): Möglichkeiten deutscher Unternehmen für ein Engagement im chilenischen Rohstoffsektor. 2 BGR-Projekt: Wiederaufbereitung von Bergbaurückständen in Chile. 3 Vgl. GTAI (2014): Kasachstan will Abfallwirtschaft fördern, 11.02.2014. 1
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Empfehlungen
Evaluierung des Recyclingpotenzials In einem ersten Schritt sollte eine Evaluierung des Recyclingpotenzials in der Mongolei, Kasachstan und Chile erfolgen. Dabei sollte der Schwerpunkt auf der Evaluierung des Infrastrukturausbaus, der Qualität und Quantität der Schrottpotenziale und dem Aufbereitungsaufwand in den einzelnen Ländern liegen. Länderspezifische Vorgehensweise entwickeln Nach einer erfolgreichen Überprüfung des Recyclingpotenzials sowie der Erfüllung der politischen, administrativen und wirtschaftlichen Voraussetzungen sollte eine konkrete, länderspezifische Vorgehensweise zum Aufbau von Recyclingprojekten in den drei Ländern entwickelt werden, die auf den vor Ort bereits existierenden Strukturen aufbaut. Öffnung der Wirtschaftsausschüsse/ Delegationsreisen Interessierte Recyclingunternehmen sollten bei gemischten Wirtschaftsausschüssen im Rahmen der Rohstoffpartnerschaften und Delegationsreisen in die Länder einbezogen werden. Durch individuelle Kooperationsgespräche mit potenziellen Partnerunternehmen und Entscheidern im Zielland könnte ein erfolgreicher Markteintritt vorbereitet werden. Ausbildung qualifizierter Facharbeiter Qualifizierte Facharbeitskräfte vor Ort sind für ein erfolgreiches Rohstoffrecycling essenziell. Gerade in diesem Bereich ist ein spezielles Fachwissen über die sachgerechte Trennung der einzelnen Materialkomponenten notwendig. Dazu sollten bereits existierende Aus- und Fortbildungsprogramme um den Bereich Recycling erweitert werden. Ausbau Forschung und Entwicklung In Deutschland forschen Wissenschaftler, unter anderem des Fraunhofer Institutes für System- und Innovationsforschung, gemeinsam mit deutschen Unternehmen sowie anderen Verbundpartnern an dem Recycling von Seltenen Erden. Hier könnten auch gemeinsame Forschungsprojekte mit Unternehmen aus Partnerländern entstehen.
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»Deutschland verfügt über eine ausgeprägte Recyclingwirtschaft und hat eine der weltweit besten Recyclingquoten. Der BDI schlägt vor, das Know-how der deutschen Industrie im Bereich Recycling für die bestehenden Rohstoffpartnerschaften nutzbar zu machen.«
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Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Redaktion Deborah Klein, Referentin Abteilung Sicherheit und Rohstoffe Gesamtredaktion Matthias Wachter, Abteilungsleiter Abteilung Sicherheit und Rohstoffe Konzeption & Umsetzung Sarah Pöhlmann Abteilung Marketing, Online und Veranstaltungen Druck Das Druckteam Berlin www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung GmbH, Berlin Bildnachweis Cover: FreeProd / fotolia.de Seite 5: Deutsch-Mongolischer Unternehmerverband (DMUV) Seite 8 – 9: eyetronic / fotolia.de Stand Juni 2014 BDI-Publikations-Nr. 0006