POSITION | INNOVATIONSPOLITIK | DIGITALISIERUNG
Anwendungssimulation zur Studie „Innovations-Check in der Gesetzesfolgenabschätzung“ Zusammenfassung der Ergebnisse
Position | Innovationspolitik | Digitalisierung Anwendungssimulation zur Studie „InnovationsCheck in der Gesetzesfolgenabschätzung“
Hintergrund Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, innova tionsstimulierende Rahmenbedingungen kontinuierlich zu fördern und zu verbessern. Aus der Industrie wurde dazu die formale Anerkennung eines Innovations prinzips in der (europäischen) Regulierungspraxis gefordert. Das Prinzip fordert einen evidenzbasierten Ansatz, um die jeweiligen Auswirkungen neuer Gesetze auf die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft darzustel len. Dafür sollte ein „Innovations-Check“ ein fester Bestandteil der Gesetzesfolgenabschätzung werden. Um die Möglichkeiten zur Entwicklung und Implemen tierung eines solchen Instruments in Deutschland zu prüfen, hat der BDI im Juni 2016 die Studie „Innova tions-Check in der Gesetzesfolgenabschätzung“ in Auf trag gegeben. Ziel dieser Studie war die Entwicklung einer praxistauglichen Arbeitshilfe für einen „Inno vations-Check“, der eine systematische Analyse der Auswirkungen von Regelungsvorhaben auf die Inno vationsfähigkeit von Unternehmen erlaubt und so Transparenz über die Auswirkungen von rechtlichen Rahmenbedingungen ermöglicht.1
Zentrale Ergebnisse der Studie
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Momentan gibt es im Rahmen der Gesetzesfolgen abschätzung in Deutschland keine systematische Betrachtung der Auswirkungen von Regelungsvor haben auf die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft.
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Weiterhin gibt es keine Arbeitshilfe für eine Bewertung von regulatorischen Auswirkungen auf die Innova tionsfähigkeit von Unternehmen, obwohl alle rele vanten Auswirkungen als Teil einer Gesetzesfolgen abschätzung analysiert und sonstige Kosten explizit dargestellt werden müssen.
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Als Teil der Studie wurde eine Arbeitshilfe für einen „Innovations-Check“ für die Gesetzesfolgenabschät zung in Deutschland entwickelt. Ziel der Arbeits hilfe ist es, politischen Entscheidungsträgern die Mög lichkeit zu geben, potentielle Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft zu identifizie ren und so transparente und fundierte Entscheidun gen zu treffen.
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Die Arbeitshilfe enthält eine kurze Einführung in das Thema Innovation und zehn Kriterien mit Bezug auf mögliche Auswirkungen von Regelungsvorhaben auf die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft.
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Die Studie „Innovations-Check in der Gesetzesfolgenabschätzung“ kann unter folgender Adresse heruntergeladen werden: https://bdi. eu/media/user_upload/20160711_Studie_Innovations-Check-in-der_ Gesetzesfolgenabschaetzung.pdf
Position | Innovationspolitik | Digitalisierung Anwendungssimulation zur Studie „InnovationsCheck in der Gesetzesfolgenabschätzung“
Die Prüffragen des „Innovations-Checks“ Technologieoffenheit
Ist das Regelungsvorhaben ergebnisorientiert und technologieoffen formuliert und lässt somit die Prozesse/ Materialien/ Technologien zur Erreichung der Vorgaben offen?
Umsetzungsfristen
Ist die Frist, innerhalb derer Unternehmen das Regelungsvorhaben umgesetzt haben müssen bzw. ihre Prozessabläufe angepasst haben müssen, ausreichend lang (insb. wenn die Umstellung von (Innovations-) Prozessen und langfristigen Investitionen betroffen sind)?
EU-Gesetzgebung
Weicht das Regelungsvorhaben von der umzusetzenden EU-Gesetzgebung ab?
Standards und Normen
Werden durch das Regelungsvorhaben Standards und Normen verändert, die voraussichtlich Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft haben könnten?
Fachkräfte
Hat das Regelungsvorhaben voraussichtlich Auswirkungen auf die Möglichkeit von Unternehmen und/ oder Forschungseinrichtungen qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen?
Finanzierung
Hat das Regelungsvorhaben voraussichtlich Auswirkungen auf den Zugang von Unternehmen und/ oder Forschungseinrichtungen zu Kapital und Fördergeldern?
Forschung und Entwicklung (F&E) Kooperationen
Hat das Regelungsvorhaben voraussichtlich Auswirkungen auf die Möglichkeit von Unternehmen und/ oder Forschungseinrichtungen zu kooperieren und somit auf deren Fähigkeit F&E zu betreiben?
Impulse für Innovationen
Setzt das Regelungsvorhaben Impulse für das Entstehen neuer Märkte und Unternehmen bzw. die Nachfrage nach innovativen Produkten/ Dienstleistungen?
Erfüllungsaufwand
Verursacht das Regelungsvorhaben Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft, der in direktem Zusammenhang mit der F&E-Tätigkeit und/ oder der Entwicklung, Einführung und Vermarktung von Innovationen steht?
Ex-post Evaluation
Welche der hier aufgeführten Prüffragen sollten im Rahmen der Ex-post-Evaluation des Gesetzes analysiert werden?
Folgende Empfehlungen wurden im Rahmen der Studie ausgesprochen
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Verbindliche Anwendung der Arbeitshilfe von allen Ressorts Frühzeitige Einbeziehung der Arbeitshilfe in die politische Diskussion Nutzung der Arbeitshilfe durch die Wirtschaft im Rahmen von Gesetzesanhörungen Entwicklung eines konsolidierten Leit fadens für die GFA (einschließlich der Arbeitshilfe „Innovations-Check“)
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Festlegung einer einheitlichen Definition der sonstigen Kosten Einrichtung eines „Helpdesks“ zur Anwendung der Arbeitshilfe Arbeitshilfe als Baustein in der Referentenausbildung integrieren
Um valide Aussagen zur Wirkung der Arbeitshilfe zu erheben, wurde eine Anwendungssimulation der entwi ckelten Arbeitshilfe durchgeführt. Die Ergebnisse dieser konkreten Fallstudien werden im Folgenden vorgestellt.
Zusammenfassung der Ergebnisse der Anwendungssimulation Zielsetzung und Umfang der Anwendungssimulation Zielsetzung der Anwendungssimulation war es, eine Rückmeldung von Referenten unterschiedlicher Bun desministerien zum Nutzen und der Anwenderfreund lichkeit des „Innovations-Checks“ zu erhalten. Vor diesem Hintergrund wurde der „InnovationsCheck“ anhand einer Anwendung der entwickelten Arbeitshilfe im Rahmen von fünf Fallstudien an beste henden Rechtsnormen aus den Bereichen IT-Sicher heit, Kreislaufwirtschaft, Familienpflegezeit, Genossen schaftsrecht und Vergaberecht simuliert. Damit waren Rechtsnormen der folgenden Ressorts umfasst:
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Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Bundesministerium des Innern Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Die zentrale Simulationsfrage lautete dabei: „Hätte Ihnen die Arbeitshilfe inhaltlich und zeitlich bei der Darstel lung der Auswirkungen des Gesetzes auf Innovationen geholfen?“
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Bewertung des „Innovations-Checks“ durch die Anwender Hinweise zur inhaltlichen Ausgestaltung der Arbeitshilfe Der „Innovations-Check“ wurde von allen fünf Anwen dern positiv angenommen und als hilfreich bewertet.2 Die klare, leicht zu verstehende Struktur wurde wegen der Übersichtlichkeit gelobt. Dies gilt ebenfalls den Erläuterungen und Fragen, die als gut nachvollziehbar und sensibilisierend beschrieben wurden. Auch die bis her enthaltenen Beispiele tragen laut den Anwendern zu einer besseren Verständlichkeit bei. Zur Verbesserung des „Innovations-Checks“ wurden folgende inhaltliche Punkte angesprochen:
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Erweiterung der in der Arbeitshilfe enthaltenen Beispiele um innovationsfördernde Ansätze Gestaltung des „Innovations-Checks“ als kompak tes, separates Dokument außerhalb der Studie Die Ergänzung der Innovationsdefinition um die Begriffe "Produkt" bzw. "Prozess" und einer Mar keting- oder Organisationsmethode wird als hilfreich erachtet
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Zeitlose Gestaltung des „Innovations-Checks“ indem Bezüge zu Strategien und Programme der vergangenen Regierung entfernt werden
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Aus Gründen der Vertraulichkeit werden die Namen und Kontaktdetails der teilnehmenden fünf Anwender aus den Ministerien nicht genannt.
Hinweise zur Anwendung der Arbeitshilfe Neben den inhaltlichen Anmerkungen konnten auch Hinweise zum Einsatz der Arbeitshilfe gesammelt wer den. So haben die Simulationen gezeigt, dass es für die Bewertung eines Gesetzesvorhabens im Stakeholderdialog von Vorteil ist, einen gemeinsamen Referenz rahmen zu haben – dieser kann durch Anwendung des „Innovations-Checks“ gewährleistet werden. Entspre chend sollte die Arbeitshilfe nicht nur Referentinnen und Referenten der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden, sondern zur Maximierung des Nutzens auch für Akteure aus der Wirtschaft, dem Normenkontroll rat (NKR) etc. nutzbar sein. Dazu gehört auch, dass die Arbeitshilfe schon in den ersten Schritten der Gesetzes entwicklung Anwendung finden sollte. Erfolgt dies erst zum Zeitpunkt der Gesetzesanhörungen, wäre dies deutlich zu spät. Insofern erscheint es besonders sinn voll, dass die Arbeitshilfe zugleich den Wirtschaftsver bänden zur Verfügung gestellt wird, damit diese den Gesetzgeber möglichst frühzeitig auf eventuelle Innova tionshindernisse hinweisen können. Um eine einheitli che Anwendung sicherzustellen, sollte die InnovationsCheck-Arbeitshilfe schon im Rahmen der Beamtenaus - und Weiterbildung vorgestellt werden. Uneinigkeit herrschte bei der Frage nach der verpflich tenden Anwendung der Arbeitshilfe. Die Befürworter einer verpflichtenden Anwendung argumentierten, dass die bisherigen Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Arbeitshilfen und Leitfäden eher dann ignoriert wer den, wenn diese nicht verbindlich sind. Daher sollten dezidierte Vorgaben zur Anwendung gemacht werden (und bestenfalls in der GGO3 verankert werden) und die Anwendung dieser überprüft werden (siehe Nor menkontrollrat beim Erfüllungsaufwand). Die Skeptiker einer verpflichtenden Anwendung befürchten zudem die Schaffung von zusätzlicher Büro kratie, wenn man alle Innovations-Prüffragen beant worten muss, auch wenn sie bei dem jeweiligen Gesetz nicht relevant sind. Zudem wäre die Gesetzesbegrün dung vor allem schneller, wenn man nicht gezwungen wird zu allen Fragen eine Stellungnahme abzugeben.
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Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) regelt die Organisation und die Verfahren innerhalb der deutschen Bundesministerien, der Ministerien untereinander sowie ihre Zusammenarbeit mit den anderen Verfassungsorganen. Zudem gibt sie das Verfahren zur Erarbeitung von Gesetzesentwürfen der Bundesministerien vor.
Diese Gemengelage wurde von einem Anwender so zusammengefasst, dass die Anwendung der Arbeitshilfe nur dann unverbindlich sein könnte, wenn alle Akteure (Ressorts, Verbände, NKR etc.) diese nutzen. Dadurch würde genug indirekter Druck zur Anwendung entste hen. Wenn die Anwendung der Arbeitshilfe nur auf die Zielgruppe Ressorts ausgelegt wird, wäre eine verbind liche Anwendung wahrscheinlich notwendig. In diesem Falle sollte es aber legitim sein „Keine Relevanz“ als Antwort zu nutzen, um den Aufwand zu minimieren.
Mehrwert der Arbeitshilfe Alle Anwender waren sich einig, dass die Arbeitshilfe einen Mehrwert geliefert hätte – sei es inhaltlich und/ oder prozessual. Die Arbeitshilfe wird vor allem für Per sonen, die sich erstmalig mit einer Gesetzesentwicklung und der dazugehörigen Gesetzesfolgenabschätzung aus einandersetzen müssen, eine große Hilfestellung sein. Grundsätzlich gehen alle Anwender davon aus, dass die Arbeitshilfe, vor allem in technischen Bereichen, eine gute Hilfestellung ist, um alle relevante Aspekte der Gesetzesfolgenabschätzung zu bedenken. Vor diesem Hintergrund wurde die Idee einer Priorisierung aufge bracht: So könnte man vielleicht die Anwendung auf die Ressorts eingrenzen, die viel mit Wirtschaft zu tun haben bzw. bei denen Innovation eine größere Rolle spielt. Andere Ressorts könnten dann von der Anwen dung ausgenommen bzw. einen Hinweis vorweg stel len, welche Ressorts wahrscheinlich betroffen sind und ob sich eine Anwendung lohnt oder nicht. Des Weiteren würde die Innovations-Check-Arbeits hilfe auch dazu beitragen, den zeitlichen Aufwand zu reduzieren. Eine optimale Wirkung würde im Falle einer Integration der Arbeitshilfe in bestehende Tools wie eNorm erzielt werden. Je weniger Medienbrüche vorhanden sind, umso größer ist der Mehrwert der Arbeitshilfe. Es wurde von mehreren Anwendern auch darauf hingewiesen, dass zukünftig im Rahmen von eGesetzgebung die Anwendung der Arbeitshilfe auch schneller umzusetzen sei (ankreuzen von Feldern in der Software).
Ein Anwender betonte, dass die Arbeitshilfe – neben dem Mehrwert für die handelnden Akteure im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren – vor allem eine Wirkung für Leser, die sich mit der Gesetzesbegründung befas sen, entfalten würde. Folglich schafft die Arbeitshilfe im Rahmen des kon kreten Gesetzgebungsverfahrens Transparenz.
Beispielhafte Zitate von teilnehmenden Referenten von Bundesministerien zur zentralen Leitfrage der Anwendungssimulation: „Hätte Ihnen die Arbeitshilfe inhaltlich und zeitlich bei der Darstellung der Auswirkungen des Gesetzes auf Innovationen geholfen?“ „Ja, der „Innovations-Check“ hätte inhaltlich geholfen, insbesondere in Bereichen die von ‚Command-and-Control‘ gekennzeichnet sind, da Innovation von einem größeren Spielraum profitieren kann.“ „Die Verwendung des „Innovations-Checks“ hätte zu einem gezielteren Informationsaustausch beigetragen, welcher den Prozess insgesamt beschleunigen würde.“ „Die Arbeitshilfe hätte in diesem Fall keinen großen inhaltlichen Mehrwert gehabt, weil die meisten Kriterien bei der simulierten Rechtsnorm nicht zutreffend sind. Prozessual hätte die Arbeitshilfe aber auf jeden Fall geholfen, um direkt den Bezug zu Innovation herzustellen.“
Zusammenfassung der allgemeinen Empfehlungen für die Gesetzesfolgenabschätzung durch die Anwender Es wird empfohlen, Best-Practice-Beispiele in Bezug auf innovationsför dernde Maßnahmen in die Arbeitshilfe mit aufzunehmen. Aus Sicht der Anwender wäre es wünschenswert, wenn die verschiedenen zur Verfü gung stehenden Arbeitshilfen und Leitfäden zentral gesammelt und mit den Vorlagen verlinkt würden. Zudem könnten beispielhafte Textbau steine und klar dargestellte Prüffragen die Arbeit mit dem „InnovationsCheck“ weiter erleichtern. Darüber hinaus wäre es von Vorteil für die Anwender, wenn alle Verpflich tungen und die verschiedenen zu berücksichtigenden Arbeitshilfen und Leitfäden im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung konsolidiert würden.
Digitale Version
Einfach den QR-Code mit dem Smartphone oder Tablet einscannen, um die digitale Version zu öffnen. www.bdi.eu/publikation/news/ Anwendungssimulation-zurStudie-Innovations-Check-in-derGesetzesfolgenabschaetzung
Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Kienbaum Management Consultants GmbH Hohe Bleichen 19 20354 Hamburg www.kienbaum.de Redaktion Dr. Thomas Koenen, Abteilungsleiter Digitalisierung und Innovation (BDI) t.koenen@bdi.eu Christian Rudelt, Referent Digitalisierung und Innovation (BDI) c.rudelt@bdi.eu Nikolaj Bøggild, Mitglied der Geschäftsleitung/Director (Kienbaum) nikolaj.boggild@kienbaum.de Charlyn Gädckens, Senior Consultant (Kienbaum) charlyn.gaedckens@kienbaum.de Konzeption & Umsetzung Sarah Pöhlmann, Referentin Abteilung Marketing, Online und Veranstaltungen Layout Michel Arencibia, Art Director www.man-design.net Druck Das Druckteam www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung GmbH, Berlin Bildnachweis Umschlag: © 95880957 | luckyjoy7 | Fotolia.com Stand Juni 2018 BDI-Publication-Nr. 0077
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