Vorschläge strukturelle Verbesserungen der Ertragsbesteuerung

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Position

Zehn Vorschläge fßr eine strukturelle Verbesserung der Ertragsbesteuerung

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Stand: Oktober 2018


Verbesserungen Unternehmensteuerrecht

Inhaltsverzeichnis Einleitung

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A. Dringend reformbedürftige Regelungen ............................................... 4 1. Korrespondenzprinzip bei der Steuerfreistellung von Gewinnausschüttungen ............................................................................. 4 2. Abzugsverbot für Gewinnminderungen aus Gesellschafterdarlehen in Fremdwährung........................................... 5 3. Änderbarkeit der Steuerbescheinigung bei Einlagenrückgewähr ................................................................................... 6 4. Nachveräußerungssperre in Spaltungsfällen ..................................... 7 5. Gesetzliche Kodifizierung von Rückausnahmen zu Missbrauchsregelungen im UmwStG und im „Mitunternehmererlass“ ............................................................................. 8 6. Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg ............................................... 9 7. Steuerermäßigung bei ausländischen Einkünften........................... 10 B. Reformbedürftige Regelungen .............................................................. 12 1. Passive Entstrickung ................................................................................ 12 2. Einlagenrückgewähr einer EU-Tochtergesellschaft........................ 12 3. Steuerlicher Übertragungsstichtag....................................................... 14 Über den BDI...................................................................................................... 15 Impressum .......................................................................................................... 15


Verbesserungen Unternehmensteuerrecht

Einleitung Die aktuelle gute konjunkturelle Lage, eine stark gesunkene Arbeitslosenquote und ein stetiges Wachstum des Steueraufkommens sind in erster Linie das Ergebnis des wirtschaftlichen Erfolgs der Unternehmen in Deutschland, welche maßgeblich zur Finanzierung des Gemeinwesens1 beitragen. Sowohl aus Sicht des an Aufkommensstabilität interessierten Fiskus als auch aus Unternehmenssicht würden diesen Status quo zunächst kleinere steuergesetzliche Verbesserungen, wie nachfolgend dargestellt, weiter stabilisieren. Dabei geht es nicht um Senkungen der Belastung, sondern um Regelungen, die aktuell in überschießender Weise Missbräuche zu bekämpfen suchen. Diese Regelungen bewirken vor allem Rechtsunsicherheiten für Unternehmen und verhindern infolgedessen sogar in Einzelfällen betriebswirtschaftlich sinnvolle Schritte, wie etwa Umstrukturierungen. Wünschenswert ist aus Sicht der Industrie eine Adjustierung dieser Missbrauchsbekämpfungsvorschriften in einer Weise, die diese Verhinderungswirkung bezüglich genuin betriebswirtschaftlich motivierter Schritte beseitigen würde. Auf diese Weise soll die Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltige Ertragskraft der Unternehmen durch relativ kleine Schritte stabilisiert werden. Daneben gilt es durch weitere steuerliche Strukturreformen investitionsfreundliche Rahmenbedingungen für Unternehmen am Standort Deutschland zu schaffen. Gemeinsam mit Unternehmensvertretern haben wir steuerrechtliche Regelungen identifiziert, die in der konkreten Unternehmenspraxis Hürden darstellen und dazu beitragen, zukünftige Investitionsentscheidungen zu Gunsten des Standorts Deutschland zu verhindern. Die Vorschläge sollen dazu beitragen, deutsche Konzerne mit Stammsitz in Deutschland (Stammhaus) zu stärken, mithin die Stammhausfunktion zu fördern. Die betreffenden Normen sind, entsprechend den Auswirkungen auf die Unternehmen und der Dringlichkeit der Änderungen, kategorisiert in dringend reformbedürftige Regelungen (A) und reformbedürftige Regelungen (B). Die nachstehenden Beispiele sollen verdeutlichen, dass die betroffenen Normen aufgrund ihrer überschießenden Tendenz zu Doppelbesteuerung führen können. Sie treffen aufgrund der vorgenommenen Typisierung häufig Sachverhalte, die keine Steuervermeidung zum Ziel haben und stellen für deutsche Stammhäuser steuerliche Hindernisse auf.

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Hierzu ausführlich: BDI/VCI „Die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland“ 2016, S. 6.

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Mitgliedsverband BUSINESSEUROPE

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A. Dringend reformbedürftige Regelungen 1. Korrespondenzprinzip bei der Steuerfreistellung von Gewinnausschüttungen Eine überschießende Missbrauchsverhinderung bewirkt das Korrespondenzprinzip des § 8b Absatz 1 Satz 2-4 KStG in Fällen von Vermögensübertragungen zwischen ausländischen Konzern(tochter)gesellschaften eines deutschen Konzerns, die zu einem Wert unterhalb des Marktwertes erfolgen:

Den Anlass für die grundsätzliche Anwendung von § 8b Absatz 1 Satz 2 KStG kann hierbei beispielsweise der Verkauf von Wirtschaftsgütern (WG) durch die Tochtergesellschaft 1 (TG 1) an die Tochtergesellschaft 2 (TG 2) zu einem Preis unterhalb des Marktwertes sein, wobei der marktunübliche Veräußerungspreis vom Ansässigkeitsstaat der TG 1 steuerrechtlich aber auch tatsächlich nicht beanstandet und korrigiert wird. Nach deutschen steuerlichen Grundsätzen wäre hier bei der Muttergesellschaft (MG) eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) von TG 1 und eine verdeckte Einlage in die TG 2 anzunehmen. Soweit § 8b Absatz 1 Satz 2 KStG neben Vermögensminderungen auch verhinderte Vermögensmehrungen erfasst, droht die Steuerbefreiung für die vGA bei der deutschen MG versagt zu werden. Eine Besteuerung der vGA würde aber zu einer u.E. ungerechtfertigten doppelten Besteuerung im Konzern führen. Denn wenn die TG 2 die WG unterhalb des Marktwertes anschafft, erzielt sie z.B. durch geringere Abschreibung ein höheres Einkommen, als wenn die Übertragung der WG zwischen TG 1 und TG 2 zum Marktwert erfolgt wäre. Die Rückausnahme in § 8b Absatz 1 Satz 4 KStG, nach der Satz 2 nicht gilt, soweit u.a. die verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahestehenden Person erhöht hat, trägt diesem Gedanken zwar grundsätzlich Rechnung. Nach dem Gesetzeswortlaut 4


(„erhöht hat“) ist jedoch strittig, ob auch Einkommenserhöhungen in späteren Jahren als dem Veranlagungszeitraum (VZ) des Zuflusses der vGA mit in den Blick genommen werden können und Satz 4 demnach eine periodenübergreifende Betrachtung erlaubt. Lösungsvorschlag: Zum Zwecke eines rechtssicheren Ausschlusses einer Doppelbesteuerung in den dargestellten Dreiecksfällen regen wir an, § 8b Absatz 1 Satz 4 KStG unter Berücksichtigung einer periodenübergreifenden Beurteilung zu ergänzen. Zudem muss sichergestellt werden, dass eine vGA unterbleibt, wenn nach ausländischem Recht auch eine Veräußerung zum Marktpreis zu keiner steuerlichen Belastung bei TG 1 geführt hätte. 2. Abzugsverbot für Gewinnminderungen aus Gesellschafterdarlehen in Fremdwährung Zu überschießenden Wirkungen kann auch das Abzugsverbot des § 8b Absatz 3 Satz 4 ff KStG führen, insbesondere im Zusammenhang mit Wechselkursverlusten. § 8b Absatz 3 Satz 4 ff. KStG begründet ein Abzugsverbot für Gewinnminderungen aus Gesellschafterdarlehen (bei entsprechender Beteiligungshöhe), sofern nicht nachgewiesen wird, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte. Ziel dieser Regelung ist, die Umgehung des Abzugsverbots für Gewinnminderungen aus Beteiligungen (§ 8b Absatz 3 Satz 3 KStG) mittels alternativer Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen zu verhindern. Da eine Einschränkung auf kapitalersetzende Darlehen in § 8b Absatz 3 Satz 4 ff KStG fehlt und auch hinsichtlich Anlass und Dauer der Darlehensüberlassung keine Ausnahmen gemacht werden, ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nach ihrem Wortlaut sehr weit. Eine besonders überschießende Wirkung ergibt sich nach den Auffassungen, Wechselkursverluste in die von der Vorschrift erfassten Gewinnminderungen einzubeziehen. Während das Abzugsverbot des § 8b Absatz 3 Satz 3 KStG sich allein daraus rechtfertigt, dass entsprechende Gewinne nach § 8b Absatz 2 KStG steuerfrei wären, fehlt es für Wechselkursverluste an einer entsprechenden, eine symmetrische Besteuerung gewährleistenden Befreiungsvorschrift für Wechselkursgewinne. § 8b Absatz 3 Satz 8 KStG erfüllt diese Funktion nicht, da er allenfalls wechselkursbedingte Zuschreibungsgewinne nach einer vormaligen nicht abziehbaren Teilwertabschreibung auf die nämliche Forderung von der Besteuerung ausnimmt. Im Ergebnis steht damit, soweit man diesen Auffassungen folgt, einer generellen Steuerpflicht von Wechselkursgewinnen ein generelles Abzugsverbot von entsprechenden Verlusten gegenüber. Darüber hinaus wird vertreten, dass das Abzugsverbot für einen Wechselkursverlust selbst dann eingreift, wenn ein Darlehen durch ein Sicherungsgeschäft gegen 5


Wechselkursschwankungen abgesichert wird. Dabei unterliegt der korrespondierende Gewinn aus dem Sicherungsgeschäft voll der Besteuerung. Aus den genannten Gründen stellt die Regelung auch eine Verletzung des objektiven Nettoprinzips dar. Die beschriebenen steuerlichen Folgen setzen Anreize für Steuerpflichtige, ihre Konzernfinanzierungsgesellschaften im Ausland anzusiedeln, was im übrigem auch dazu führt, dass die entsprechenden Zinserträge dem Zugriff des deutschen Fiskus entzogen werden. Zur Stärkung von Deutschland als Stammhausstandort sollte aus unserer Sicht eine Berücksichtigung von Wechselkursverlusten ermöglicht werden. Lösungsvorschlag: Das Abzugsverbot für Gewinnminderungen (§ 8b Absatz 3 Satz 4 ff KStG) sollte dahingehend ergänzt bzw. klargestellt werden, dass eine Ausnahme für wechselkursbedingte Gewinnminderungen aufgenommen wird. 3. Änderbarkeit der Steuerbescheinigung bei Einlagenrückgewähr Zwecks Ermittlung, inwieweit die Leistung einer Körperschaft zur Minderung ihres Einlagekontos führt und beim Gesellschafter eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr vorliegt, muss die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos für Leistungen der Körperschaft an ihre Gesellschafter bescheinigt werden. Erweist sich der bescheinigte Betrag im Nachhinein als unzutreffend, sieht § 27 Absatz 5 KStG bei Bescheinigung eines überhöhten Betrags eine Anpassung der Rechtsfolgen (Minderung des Einlagenkontos, Abführung von Kapitalertragsteuer, Möglichkeit der Berichtigung der Steuerbescheinigung) an die im Nachhinein zutreffende Verwendung des Einlagekontos vor (§ 27 Absatz 5 Satz 4-6 KStG). Wurde der Betrag des verwendeten Einlagekontos zu niedrig oder bis zum Erlass des Feststellungsbescheids für das Leistungsjahr gar nicht bescheinigt (Fiktion einer Nullverwendung), steht § 27 Absatz 5 Satz 1-3 KStG hingegen einer Anpassung der Rechtsfolgen an die eigentlich zutreffende Verwendung des Einlagekontos entgegen. Nach dieser Vorschrift wird die zu niedrige Verwendung festgeschrieben und die Berichtigung oder erstmalige Erteilung einer Bescheinigung i.S.d. § 27 Absatz 3 KStG ausgeschlossen. Hiervon betroffen sind vor allem Fälle, in denen es infolge einer Betriebsprüfung zu einer Verminderung des maßgeblichen ausschüttbaren Gewinns oder zu im (letztmöglichen) Zeitpunkt der Bescheinigungserteilung noch gar nicht bekannten Leistungen kommt (verdeckte Gewinnausschüttungen sowie – bei Organgesellschaften – Mehrabführungen i.S.d. § 14 Absatz 3 KStG).

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§ 27 Absatz 5 Satz 1-3 KStG führt zu unsachgerechten Besteuerungsergebnissen, die sich jedenfalls bei Leistungen innerhalb eines Konzerns durch einen nicht zu bewältigenden Aufwand der Finanzverwaltung für die Änderung von Steuerveranlagungen nicht rechtfertigen lassen. Lösungsvorschlag: Insbesondere für Leistungen zwischen nahestehenden Unternehmen sollten die Einschränkungen hinsichtlich der Berichtigung oder erstmaligen Erteilung einer Bescheinigung i.S.d. § 27 Absatz 3 KStG aufgehoben werden. 4. Nachveräußerungssperre in Spaltungsfällen Zur Verhinderung von Missbräuchen wird die Möglichkeit der steuerneutralen Spaltung durch § 15 Absatz 2 UmwStG eingeschränkt. Wenn im fünfjährigen Nachgang zu einer Spaltung Anteile veräußert werden, die mehr als 20% des Werts der an der Spaltung beteiligten Körperschaften repräsentieren, entfällt die Steuerneutralität auf Unternehmensebene (§ 15 Abs 2 Satz 4 i.V.m. § 11 Absatz 2 UmwStG). Gegen die Vorschrift bestehen nicht nur Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit Art. 15 Absatz 1 Buchst. a der Richtlinie 2009/133/EG, der eine Missbrauchswürdigung im Einzelfall zwar zulässt, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit pauschalierte, sich an starren Fristen orientierende und keinen Gegenbeweis zulassende Missbrauchsklauseln aber verbietet (EuGH v. 17.7.1997 – C-28/95 – Leur-Bloem zu Art. 11 Absatz 1 Buchst. a Richtlinie 90/434/EWG). Insbesondere trägt die Regelung in § 15 Absatz 2 Satz 4 UmwStG auch den Besonderheiten von börsennotierten Gesellschaften keine Rechnung. Auf den Handel ihrer Aktien haben diese keinen Einfluss, weshalb ein Anlass zu einer typisierenden Missbrauchsverhinderungsnorm nicht besteht; bei Unterschreiten der Meldegrenzen des WpHG haben sie zudem davon ggf. auch gar keine Kenntnis. Sofern im Nachbetrachtungszeitraum entsprechende Anteile veräußert werden, sehen sich börsennotierte Unternehmen dem unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt, dass die Steuerneutralität der Spaltung im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung entfällt. Verschärft wird die Rechtsunsicherheit durch die Verwaltungsauffassung2, dass hinsichtlich der Veräußerungssperre nach einer Spaltung eine schädliche Veräußerung auch dann vorliegen kann, wenn nicht mehr als 20% des Werts der Anteile vor der Spaltung veräußert werden.

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Erlass des Ministeriums der Finanzen Brandenburg vom 16.07.2014, Erlass der Finanzbehörde Hamburg vom 13.04.2015.

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Lösungsvorschlag: Um rechtliche Bedenken zu beseitigen und Rechtssicherheit herzustellen, sollte die Vorschrift des § 15 Absatz 2 Satz 4 UmwStG einerseits als widerlegbare Vermutung ausgestaltet werden. Andererseits sollte den Besonderheiten von börsennotierten Gesellschaften durch Einführung einer entsprechenden Ausnahmeregelung Rechnung getragen werden. In Anlehnung an § 50d Absatz 3 Satz 5 EStG könnte dies durch den Zusatz in § 15 Absatz 2 Satz 4 UmwStG erfolgen „[…] Veräußerungen von Anteilen bleiben dabei unberücksichtigt, wenn mit der Hauptgattung der Aktien des betreffenden Rechtsträgers ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet“. 5. Gesetzliche Kodifizierung von Rückausnahmen zu Missbrauchsregelungen im UmwStG und im „Mitunternehmererlass“ In der Unternehmenspraxis folgen auf einen Umstrukturierungsvorgang (Umwandlung, Einbringung) oftmals weitere Umstrukturierungsvorgänge; sei es unmittelbar, weil die gewünschte Zielstruktur sich nur in mehreren Schritten erreichen lässt, oder sei es mit zeitlichem Abstand, weil sich noch vor Ablauf in Gang gesetzter Sperrfristen aufgrund geänderter Rahmenbedingungen erneuter Umstrukturierungsbedarf ergibt. Nicht zuletzt auch wegen der Länge der von den einzelnen Missbrauchsvorschriften angeordneten Sperrfristen (fünf bzw. sieben Jahre) ist die Wirtschaft darauf angewiesen, dass vormalige Umstrukturierungsvorgänge nachfolgenden nicht entgegenstehen, wenn diese innerhalb verbundener Unternehmen/des Konzerns erfolgen. Soweit diesem Bedürfnis punktuell bereits Rechnung getragen wird, erfolgt dies allerdings nur zum Teil auf einer gesetzlichen Grundlage (§ 2 Absatz 4 Satz 6 UmwStG oder, jenseits des UmwStG, § 8c Absatz 1 Satz 5 KStG). Die besonders bedeutsamen Einschränkungen der Nachveräußerungssperren werden ▪ bei Einbringungsvorgängen i.S.d. § 20 oder § 21 UmwStG teils im Gesetz (§ 22 Absatz 1 Satz 6 Nr. 2, 4 und 5 ggf. i.V.m. § 22 Absatz 2 Satz 6 UmwStG für Folgeeinbringungen) und teils im Umwandlungssteuererlass3 (Rn. 22.23 für Folgeumwandlungen), ▪ bei Spaltungen allein im Umwandlungssteuererlass (Rn. 15.26) vorgenommen.

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Schreiben betr. Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes i. d. F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 11. November 2011 (BStBl. I S. 1314).

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Wie die jüngere Rechtsprechung (BFH I R 40/12; BFH I R 93/15) besonders vor Augen geführt hat, bieten lediglich im Erlasswege vorgenommene Einschränkungen des Gesetzeswortlauts jedoch keine hinreichende Rechtssicherheit. Die erforderliche Rechtssicherheit könnte – aufkommensneutral – durch Übernahme der Erlassregelungen in das Gesetz hergestellt werden. Entsprechendes gilt für die in Rn 22.24 des Umwandlungssteuererlasses enthaltene Einschränkung des überschießenden Wortlauts des § 22 Absatz 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG auf eine den Beteiligungsbuchwert übersteigende Einlagenrückgewähr. Dieselbe Problematik stellt sich im Zusammenspiel des sog. Mitunternehmererlasses, § 6 Absatz 5 EStG, insbes. dessen S. 3-6. Diese Regelungen sind nicht auf das UmwStG abgestimmt, eine gesetzgeberische Klarstellung, dass die Kombination für sich genommen steuerneutraler Vorgänge nach § 6 Absatz 5 EStG einerseits und nach dem UmwStG andererseits auch neutral ist, wäre hilfreich. Lösungsvorschlag: Die im Umwandlungssteuerlass 2011 unter Randnummern 15.26, 22.23 und 22.24 enthaltenen Einschränkungen/Billigkeitsregelungen sollten in § 22 UmwStG überführt werden. In § 6 Absatz 5 EStG sollte ein Satz angefügt werden, wonach nach dem UmwStG neutrale Vorgänge grundsätzlich keine Sperrfristen i.S.d. § 6 Absatz 5 S. 4-6 EStG verletzen. In § 15 UmwStG sowie in § 22 UmwStG sollte jeweils ein Satz angefügt werden, wonach ein nach § 6 Absatz 5 neutraler Vorgang grundsätzlich keine Sperrfristen aus § 15 UmwStG sowie aus § 22 UmwStG verletzt.

6. Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg Durch das sog. gewerbesteuerliche Schachtelprivileg in § 9 Nr. 7 GewStG erfolgt eine Kürzung des Gewerbeertrages eines gewerbesteuerpflichtigen Unternehmens um solche Gewinne, die aus Schachtelbeteiligungen an bestimmten Auslandstochtergesellschaften mit Einkünften aus aktivem Erwerb stammen. Dabei sollte die Regelung in § 9 Nr. 7 GewStG die gewerbesteuerliche Gleichbehandlung in- und ausländischer Beteiligungserträge herstellen. Die Wirkungen stellen sich jedoch nur unter den engen Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG ein, welche von den Voraussetzungen für nationale Beteiligungserträge (§ 9 Nr. 2a GewStG) abweichen. Mit Urteil vom 20.09.2018 hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-685/16 entschieden, dass die Gewerbesteuerpflicht von Drittstaatendividenden aufgrund strengerer Voraussetzungen in § 9 Nr. 7 GewStG im Vergleich zu den denjenigen für inländische Dividenden in § 9 Nr. 2a GewStG, gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. 9


Aufgrund der Auswirkungen des Urteils auf die steuerliche Behandlung von Dividenden aus Drittstaaten für die Zwecke der deutschen Gewerbesteuer und zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerungen hat eine unionsrechtskonforme Neufassung zu erfolgen. Bei einer Überarbeitung von § 9 Nr. 7 GewStG an die Rechtsprechung des EuGH ist zu berücksichtigen, dass weder eine Beschränkung durch Aktivitätsanforderungen (§ 9 Nr. 7 S. 1 GewStG) für Drittstaatendividenden noch die Voraussetzungen für das sog. Enkelprivileg zulässig sind und damit nicht Inhalt einer zukünftigen Regelung sein können. Weiterhin sollten die erforderlichen Beteiligungsschwellen vereinheitlicht werden. 7. Steuerermäßigung bei ausländischen Einkünften Druck entsteht auf das Stammhaus in Deutschland auch dadurch, dass es bei ausländischen Einkünften, bei denen eine Doppelbesteuerung im Wege der Steueranrechnung vermieden wird (§ 26 KStG i.V.m. § 34c EStG), zunehmend zu Anrechnungsüberhängen kommt und es insoweit bei einer Doppelbesteuerung verbleibt. Zu den seit jeher bestehenden Ursachen für Anrechnungsüberhänge, der sog. per-country-limitation einerseits und der fehlenden Möglichkeit eines Anrechnungsvortrags im Fall der Reduzierung des Anrechnungshöchstbetrags durch negative inländische Einkünfte andererseits, sind über die letzten 15 Jahre zwei weitere hinzugetreten: Seit dem VZ 2003 sind den für Zwecke der Höchstbetragsberechnung zu ermittelnden ausländischen Einkünften nicht mehr nur solche Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen zuzuordnen, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesen stehen. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang reicht seitdem aus (§ 34c Absatz 1 Satz 4 EStG). Diesen legt der BFH in jüngeren Entscheidungen (BFH I R 61/14, BFH I R 37/16) nach dem Veranlassungsprinzip aus. Danach sind Aufwendungen, die einen Veranlassungszusammenhang sowohl mit ausländischen Einkünften i.S.d. § 34d EStG als auch mit inländischen Einkünften oder mit mehreren Arten von ausländischen Einkünften aufweisen, entweder (a) denjenigen Einkünften zuzurechnen sind, zu denen sie bei einer wertenden Beurteilung vorwiegend gehören, oder (b) aufzuteilen. § 34c Absatz 1 Satz 4 EStG birgt damit nicht nur erheblichen Ermittlungsaufwand und Streitpotenzial in Betriebsprüfungen, sondern befördert auch die Entstehung weiterer Anrechnungsüberhänge. Am gravierendsten hat sich aber die Unternehmensteuerreform 2008 mit der Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15% und der deutlichen Verschiebung des Gewichts zwischen Körperschaft- und Gewerbesteuer auf den Anrechnungshöchstbetrag ausgewirkt.

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Lösungsvorschlag: Alle vorgenannten Ursachen für Anrechnungsüberhänge bieten Ansatzpunkte, um eine Stammhausfunktion am Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Die Gewichtsverschiebung zwischen Körperschaft- und Gewerbesteuer würde die Öffnung der Gewerbesteuer für eine Anrechnung ausländischer Steuern rechtfertigen. Sofern eine solche Lösung politisch nicht umsetzbar erscheint, stehen mit der Aufgabe der per-country-limitation und der Beschränkung des § 34c Absatz 1 Satz 4 EStG auf mit den ausländischen Einkünften in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Betriebsausgaben Maßnahmen zur Verfügung, um derzeit verbleibende Doppelbesteuerungen zu verhindern und deutlich abzumildern. Des Weiteren setzt sich der BDI für die Einführung eines Anrechnungsvortrags ein.

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B. Reformbedürftige Regelungen Neben den vorstehend genannten dringend reformbedürftigen Regelungen enthält das deutsche Steuergesetz weitere, nachfolgend aufgeführte Regelungen die ebenfalls einer Reform bedürfen.

1. Passive Entstrickung § 4 Absatz 1 Satz 3 ff. EStG und § 12 Absatz 1 KStG ordnen eine Entstrickungsbesteuerung für den Fall an, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts ausgeschlossen oder beschränkt wird. Über das Regelbeispiel der Vorschriften, die Zuordnung eines bisher einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnenden Wirtschaftsguts zu einer ausländischen Betriebsstätte, sieht die Finanzverwaltung auch in dem Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) einen Anwendungsfall für diese Vorschriften. Für das inländische Stammhaus einer ausländischen Betriebsstätte in einem Staat ohne DBA oder mit einem DBA mit Anrechnungsmethode kommt es danach zu einer Aufdeckung der stillen Reserven in der Betriebsstätte, wenn die Bundesrepublik mit dem betreffenden Staat ein DBA mit Freistellungsmethode abschließt. Der Abschluss von DBA ist seit jeher ein wichtiger Bestandteil deutscher Wirtschaftspolitik, mit dem die stark internationalisierte deutsche Wirtschaft gefördert werden soll. Eine dadurch erst ausgelöste Besteuerung konterkariert dieses Ziel. Vor allem aber entbehrt es einer steuersystematischen Berechtigung, dem Steuerpflichtigen das von ihm nicht zu vertretende Ereignis des Abschlusses eines DBA anzulasten. Lösungsvorschlag: Die Tatbestände der genannten Vorschriften sind rechtssicher auf Sachverhalte zu beschränken, die auf ein Handeln des Steuerpflichtigen zurückgehen.

2. Einlagenrückgewähr einer EU-Tochtergesellschaft § 27 Absatz 8 KStG soll es Gesellschaftern von im EU-Ausland ansässigen Kapitalgesellschaften, die mangels unbeschränkter Körperschaftsteuerpflicht im Inland kein Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG führen müssen, auf Antrag ermöglichen, Gewinnausschüttungen vollständig oder teilweise als steuerneutrale Einlagenrückgewähr und nicht als steuerpflichtigen Beteiligungsertrag zu vereinnahmen. Auf Antrag des Gesellschafters ist zu diesem Zweck durch die zuständige Finanzbehörde (i.d.R. das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)) derjenige Betrag als Einlagenrückgewähr festzustellen, der sich un-

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ter Anwendung von §§ 27 Absatz 1-6, 28 und 29 KStG, d.h. bei hypothetischer Führung eines Einlagekontos und Berücksichtigung aller Einlagen und Leistungen von Anfang an, als Einlagenrückgewähr ergeben hätte. In seiner derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung und Praxis stellt das Antragsverfahren kaum zu überwindende Hürden auf. So umfasst der Anforderungskatalog des BZSt4 für den Zeitraum seit der erstmaligen Erbringung einer Einlage in die Gesellschaft u.a.: ▪

Jahresabschlüsse nebst Überleitungsrechnung ins deutsche Steuerrecht;

für die Jahre 1977 bis 2000 Entwicklung der Bestandteile des verwendbaren Eigenkapitals nach dem KStG a.F;

für Jahre ab 2001: Entwicklung des Einlagekontos;

Beschlüsse über Einlagen und Ausschüttungen;

Zahlungsnachweise für Bareinlagen, Wertgutachten/-ermittlungen für Sacheinlagen.

Soweit Unterlagen/Nachweise nicht in deutscher Sprache vorliegen, sind zusätzlich Übersetzungen vorzulegen. Sofern die EU-Gesellschaft nicht ausnahmsweise sehr jung ist oder nur eine äußerst überschaubare Geschäftstätigkeit ausübt, sind derartige Nachweisanforderungen in der Praxis kaum zu erfüllen. Dies führt dazu, dass die Einlagenrückgewähr nicht als steuerneutral anerkannt wird, sondern für den Gesellschafter als Gewinnausschüttung fingiert wird (vgl. § 27 Absatz 8 Satz 9 KStG). Damit hat der Gesetzgeber den mit der Einführung des § 27 Absatz 8 KStG verfolgten Zweck, eine europarechtskonforme Rechtslage zu schaffen, bislang nicht erfüllt. Lösungsvorschlag: Die erheblichen Nachweispflichten sind auf ein notwendiges Mindestmaß zu begrenzen. Insbesondere sollten innerhalb der EU mögliche Bilanzierungsunterschiede akzeptiert werden. Soweit nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaates eine ordnungsgemäße Bilanzierung erfolgt ist, sollte es aus pragmatischen Gründen ausreichen, auf der Grundlage der Jahresabschlüsse der Gesellschaft Einlagen, Ausschüttungen und eine Einlagenrückgewähr zu ermitteln.

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Abrufbar unter https://www.bzst.de/DE/Steuern_National/Feststellung_ELR_27Abs8KStG/Antragstellung/Vorzulegende_Unterlagen.html;jsessionid=3587F053C1D2FE59FC233911F0D6E5DB.live6832?nn=33862.

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3. Steuerlicher Übertragungsstichtag Im Falle von Verschmelzungen und Spaltungen (inkl. Ausgliederung) ist eine Übertragungsbilanz beim Handelsregister einzureichen, die bei Anmeldung des Umwandlungsvorgangs nicht älter als 8 Monate ist (§ 17 Absatz 2 UmwG). Der Stichtag dieser Übertragungsbilanz bestimmt zugleich den steuerlichen Übertragungsstichtag (§§ 2 Absatz 1, 20 Absatz 6 Satz 1 und 2 UmwStG). Unter systematischen und pragmatischen Gesichtspunkten ist es geboten, die Rückwirkungsmöglichkeit von 8 auf 12 Monate vor dem Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung auszuweiten. In anderen EU-Mitgliedstaaten, wie beispielsweise in Frankreich, ist eine Rückwirkungsmöglichkeit von bis zu 12 Monaten bereits geltendes Recht. Umstrukturierungsnotwendigkeiten entstehen aus Unternehmenssicht vielfach aus (teilweise) fremdbestimmten Vorgängen, z.B. Übernahmen, Fusionen mit Kapitalmarktbezug, Pflichtangeboten etc. Insofern ist eine höhere Flexibilität in der Wahl des Zeitpunkts für die Praxis ein dringendes Desiderat. Angesichts des Sinns und Zwecks des UmwStG, betriebswirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen nicht steuerlich zu erschweren, sondern zu ermöglichen, gilt für die letzten 4 Monate nichts anders als für die ersten 8 Monate des Jahres. Da kalenderjahrgleiche Wirtschaftsjahre praxistypisch sind, mithin der regelmäßig angestrebte Rückwirktungstermin typsicherweise der 31.12. des Vorjahres ist, erschwert die aktuelle 8-Monats-Grenze Umstrukturierungen in unnötiger Weise.

Lösungsvorschlag: Erweiterung der Rückwirkung von acht auf zwölf Monate, für den Bereich der zivilrechtlichen Umwandlungen nach UmwG einhergehend mit der Änderung in § 17 Absatz 2 UmwG, für die übrigen Umstrukturierungen durch Anpassung der Rückwirkungsregelungen des Einbringungsteils des UmwStG.

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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 36 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund 8 Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene.

Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Ansprechpartner Dr. Monika Wünnemann Abteilungsleiterin Steuern und Finanzpolitik T: +49 30 2028 1507 m.wuennemann@bdi.eu Eva Greil Referentin Ertragsteuern T: +49 30 2028 1458 e.greil@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D 0991

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