November 2018
Die USA vor den Midterms Die Agenda Trumps – erfolgreiche Wirtschaftspolitik oder Risiko für die Weltwirtschaft?
Der Ausgang der Zwischenwahlen (Midterm Elections) am 6. November 2018 in den USA hat entscheidenden Einfluss auf die Umsetzung der republikanischen Agenda der nächsten zwei Jahre. Die Chancen stehen gut, dass die Demokraten einen Sieg über das Repräsentantenhaus erlangen und die Republikaner ihre Mehrheit im Senat weiter ausbauen.
Die Konjunktur in den USA hat sich sehr positiv entwickelt. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2018 um 2,2 Prozent gewachsen war, zog das Wachstum im zweiten Quartal mit einer annualisierten Rate von 4,2 Prozent deutlich an. Auch im dritten Quartal wuchs die US-Wirtschaft mit 3,5 Prozent erneut stärker als von vielen erwartet. Ab 2020 ist allerdings von einer Abschwächung der Konjunktur auszugehen.
Der US-Arbeitsmarkt nähert sich der Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosigkeit hat mit 3,7 Prozent im September historische Tiefstände erreicht. Das Handelsbilanzdefizit war im zweiten Quartal 2018 rückläufig. Dieses könnte sich durch den starken US-Dollarkurs im dritten Quartal wieder erhöhen. Der US-Dollar hat seit Anfang des Jahres gegenüber dem Euro um rund 4,3 Prozent aufgewertet.
LÄNDERBERICHT USA
Die Handelskonflikte der Vereinigten Staaten mit der Volksrepublik China, der EU und anderen Ländern haben die Unsicherheit für Investitionen und die Risikoscheue auf den Finanzmärkten erheblich erhöht. Die neuen US-Zölle und die Retorsionsmaßnahmen im Ausland werden mittel- bis langfristig auch das Wachstumspotential der USA dämpfen.
Die USA, Mexiko und Kanada einigten sich auf das U.S.-Mexico-CanadaAgreement (USMCA) als Nachfolgevertrag des NAFTA. Hoffnungen, dass dies ein Umdenken in der Handelspolitik der Trump-Administration signalisiert, dürften jedoch schnell enttäuscht werden.
Die Agenda Trumps – erfolgreiche Wirtschaftspolitik oder Risiko für die Weltwirtschaft? 01/11/2018
Inhaltverzeichnis Wirtschaftliche Lage ........................................................................................................................... 2 Wirtschaftswachstum ............................................................................................................................ 2 Einkommen, Konsum und private Verschuldung .................................................................................. 4 Investitionsquote ................................................................................................................................... 5 Beschäftigung ........................................................................................................................................ 5 Immobilienmarkt .................................................................................................................................... 7 Staatsschulden/Haushaltsdefizit ........................................................................................................... 8 Außenhandel ....................................................................................................................................... 13 Auswirkungen der US-Handelspolitik auf die USA ............................................................................. 19 Ausländische Direktinvestitionen......................................................................................................... 21 Energiedaten ....................................................................................................................................... 24 Wechselkurs ........................................................................................................................................ 24 Politische Lage .................................................................................................................................. 26 Quo vadis, US-Kongress? Die Midterm Elections 2018 ..................................................................... 26 Sonderschwerpunkt US-Handelspolitik .......................................................................................... 33 Handel als Zero-Sum-Game: Leitlinien der Handelspolitik von Präsident Trump ............................... 33 Protektionismus unter dem Deckmantel der Nationalen Sicherheit: 232-Zölle ................................... 34 Handelspolitische Schutzinstrumente ................................................................................................. 40 EU-US-Handelsbeziehungen: Auf dem Weg zu einem transatlantischen Handelsabkommen? ........ 42 Nordamerikanisches Freihandelsabkommen: USMCA soll NAFTA ersetzen .................................... 47 Der Handelskonflikt zwischen den USA und China ............................................................................ 54 Trump und die WTO ............................................................................................................................ 57 Handel und der Kongress.................................................................................................................... 63 Handel in der öffentlichen Meinung ..................................................................................................... 64 US-Sanktionspolitik ............................................................................................................................. 65 Reform der US-Exportkontrolle ........................................................................................................... 67 CFIUS-Reform: USA weiten staatliche Kontrolle von Auslandsinvestitionen aus .............................. 69 Quellenverzeichnis ............................................................................................................................ 72
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Die Agenda Trumps – erfolgreiche Wirtschaftspolitik oder Risiko für die Weltwirtschaft? 01/11/2018
Wirtschaftliche Lage Wirtschaftswachstum Die USA sind auf Wachstumskurs – trotz der Irritationen und Verunsicherung durch Trumps Handelspolitik. Der in Folge der US-Steuerreform prognostizierte Wachstumsschub zeichnet sich ein halbes Jahr nach Verabschiedung der Reformen nun auch in der Wirtschaft ab. Auch der im Februar 2018 verabschiedete Bipartisan Budget Act, der die öffentlichen Ausgaben um weitere 1,5 Prozentpunkte des US-amerikanischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) steigert, stützt den Aufschwung. Während das US-BIP nach Zahlen des Bureau of Economic Analysis (BEA) im ersten Quartal 2018 noch um 2,2 Prozent wuchs, zog das Wachstum im zweiten Quartal mit einer annualisierten Rate von 4,2 Prozent deutlich an. Im dritten Quartal wuchs die Wirtschaft mit 3,5 Prozent erneut stärker als von vielen erwartet. Zum starken BIP-Wachstum im dritten Quartal trugen vor allem private Konsumausgaben, Ausrüstungsinvestitionen und öffentliche Ausgaben bei, während Investitionen in Immobilien und geringere Exporte die positive Entwicklung dämpften (BEA 2018a). Damit dürfte die US-Wirtschaft im Jahr 2018 mit drei Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen. Ab 2020 ist allerdings von einer Abschwächung der Konjunktur auszugehen, da der Konjunkturzyklus der US-Wirtschaft bereits weit fortgeschritten ist. Ob es weitere stimulierende Maßnahmen geben wird, hängt letztlich vom Ausgang der Zwischenwahlen im November 2018 ab. Die Demokraten dürften angesichts der anstehenden Präsidentschaftswahlen 2020 wenig Interesse haben, der Wirtschaft weiteren Rückenwind zu verschaffen und damit die Chancen des Präsidenten auf seine Wiederwahl zu stärken.
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Reales Wachstum des BIP Prozent, 1998 - 2018 10
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Wachstum (quartalsweise)
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Wachstum (geglättet)
2018
2017
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2015
2014
2013
2012
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2010
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2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
-10
1998
-10
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <https://www.bea.gov/national/xls/gdpchg.xls> (eingesehen am 07.09.2018).
Beitrag zum BIP-Wachstum nach Komponenten Quartalsweise im Vergleich zum Vorjahresquartal in Prozentpunkten
Öffentliche Ausgaben
Nettoausfuhren
1. Quartal 2018 2. Quartal 2018 3. Quartal 2018
Lagerinvestitionen
Private Sachinvestitionen
Private Konsumausgaben
Gesamtwachstum -3
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Quelle: Bureau of Economic Analysis, <https://www.bea.gov/newsreleases/national/gdp /2017/gdp2 q17_3rd.htm> (eingesehen am 29.10.2018).
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Einkommen, Konsum und private Verschuldung Laut dem BEA betrug das verfügbare Einkommen pro Kopf im dritten Quartal 2018 auf das Jahr hochgerechnet 47.515 US-Dollar. Damit liegt es rund 2.000 US-Dollar über dem Vorjahreswert. Nachdem das verfügbare Einkommen im ersten Quartal 2018 gegenüber dem Vorquartal um sieben Prozent deutlich angestiegen war, schwächten sich die Zugewinne mit 4,5 Prozent im zweiten Quartal 2018 und 4,1 Prozent im dritten Quartal 2018 merklich ab. Der private Konsum gilt mit einem Anteil von rund 70 Prozent am BIP als Motor der US-Wirtschaft. Nach einem schwachen Start zu Jahresbeginn (+ 0,5 % Q1/2018) nahmen die Ausgaben für den privaten Konsum im dritten Quartal um vier Prozent zu. Dies erklärt den Rückgang der Sparquote der privaten Haushalte von 6,8 Prozent (Q2/2018) auf 6,4 Prozent (Q3/2018). Damit liegt der Anteil des verfügbaren Einkommens, der gespart wird, unter dem des Vorjahresquartals (6,7 % Q3/2017) (BEA 2018b). Die Gesamtverschuldung der privaten Haushalte lag laut der Federal Reserve Bank of New York im zweiten Quartal 2018 bei 13,29 Billionen US-Dollar. Die private Verschuldung stieg somit das 16. Quartal in Folge und liegt nun 618 Milliarden US-Dollar über dem letzten Höchststand von 12,68 Billionen US-Dollar (Q3/2008). Trotz nominal steigender Schulden sank die Verschuldungsquote durch eine starke Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahreswert (Q2/2017) auf 65,1 Prozent (- 2 %) des BIP und liegt damit deutlich unter dem Spitzenwert von 87 Prozent, der während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 erreicht wurde. Angesichts des Schuldendienstes der privaten Haushalte als prozentualer Anteil des verfügbaren Einkommens – 9,9 Prozent im ersten Quartal 2018; der geringste Wert in den letzten sechs Jahren – und der positiven Wirtschaftslage halten die meisten Analysten die Gesamtverschuldung für ein überschaubares Risiko. Die Tragfähigkeit der privaten Verschuldung zeigt sich zudem in den geringen aggregierten Kreditausfallraten von 4,5 Prozent im zweiten Quartal 2018. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich die jüngsten Zinserhöhungen der US-Notenbank und der leichte Rückgang der Sparquote auf die steigenden Zahlungsverpflichtungen auswirken werden (Federal Reserve Bank of New York 2018). Nachdem der Anteil der Hypothekenschulden an der Gesamtverschuldung seit 2008 rückläufig war, nimmt dieser seit 2012 wieder zu. Im zweiten Quartal 2018 machten Hypothekenschulden mit 68 Prozent den größten Teil an den Gesamtschulden der privaten Haushalte aus. Auch die Bedeutung der Studienkredite nimmt weiter zu. Ihr Anteil hat sich seit 2003 von rund drei Prozent auf aktuell elf Prozent fast verdreifacht.
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Gesamtschulden der US-Privathaushalte Billionen US-Dollar, 2003 bis zweites Quartal 2018 Hypotheken 14
Hauspfandkredite Autokredite
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Kreditkartenschulden Studienkredite
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Sonstige
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0 2003
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2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
Quelle: Federal Reserve Bank (New York), <https://www.newyorkfed.org/microeconomics/hhdc.html> (eingesehen am 08.10.2018).
Investitionsquote Die Investitionsquote, also der Anteil der privaten Investitionen am BIP, stieg im dritten Quartal 2018 auf 17,8 Prozent (+ 0,3 %) an. Nach einem Rückgang im zweiten Quartal 2018 um 0,2 Prozent nimmt der Anteil, der zuvor für die Dauer von fast zwei Jahren moderat, aber stetig von 16,8 Prozent (Q3/2016) auf 17,7 Prozent (Q1/2018) gewachsen war, wieder zu. Im Vergleich zum Vorjahreswert ist ein Anstieg der privaten Investitionstätigkeiten um 5,3 Prozent zu verzeichnen. Dieser Zuwachs ergab sich insbesondere durch erhöhte Investitionstätigkeiten von Unternehmen in Kapitalgüter und einen Anstieg der Investitionen in Wohnimmobilien (BEA 2018c).
Beschäftigung Bedingt durch das starke Wirtschaftswachstum nähert sich der US-Arbeitsmarkt der Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosigkeit hat historische Tiefstände erreicht: Laut Zahlen des Bureau of Labor Statistics (BLS) betrug die Arbeitslosigkeit im September 2018 3,7 Prozent. Damit war sie so niedrig wie zuletzt in den sechziger Jahren. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen – also derjenigen, die seit mindestens 27 Wochen arbeitslos sind –, lag im September bei 1,38 Millionen. Ein Jahr zuvor, im September 2017, waren es noch 1,73 Millionen gewesen. Langzeitarbeitslose machten im September 2018 22,9 Prozent aller Arbeitslosen aus. Die durchschnittliche Arbeitslosendauer lag bei 24 Wochen. Im September 2017 hatte sie noch 26,6 Wochen betragen (Bureau of Labor Statistics 2018).
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Nach wie vor lässt sich nicht eindeutig einschätzen, wie knapp das Angebot auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich ist. Die Partizipationsrate (auch Erwerbsbeteiligungsquote genannt), also der Anteil derjenigen, die einen Arbeitsplatz haben oder aktiv auf Arbeitssuche sind, lag im September 2018 bei 62,7 Prozent. Seit Ende 2013 liegt sie fast durchgehend bei knapp unter 63 Prozent. Im Gegensatz zur Arbeitslosenquote, die seit Jahren rückläufig ist, ist die Partizipationsrate somit seit Jahren relativ stabil und liegt weiterhin deutlich unter ihrem Vorkrisenniveau von rund 66 Prozent (2007) (Bureau of Labor Statistics 2018). Dies ist ein Hinweis darauf, dass sich ein Teil der Bevölkerung vom Arbeitsmarkt zurückgezogen hat. Dabei spielen auch Alterungseffekte eine Rolle. In jedem Fall weist eine Reihe von Arbeitsmarktindikatoren auf eine Überhitzung hin. Bisher hatten die gute Konjunktur und der dynamische Arbeitsmarkt nur zu moderaten Lohnsteigerungen geführt. Im Vergleich zu vorangegangenen Expansionsphasen war der bisherige Anstieg der Löhne um insgesamt rund 20 Prozent seit 2009 gering. Dies könnte sich nun ändern. Im dritten Quartal 2018 stiegen die Löhne gegenüber dem Vorjahresquartal um 3,3 Prozent deutlich an. Dies wird sich in einem weiteren Anstieg der Inflationsrate wiederspiegeln und die FED zu einer erneuten Straffung der Geldpolitik motivieren. Eine unerwartete Gefahr für den US-Arbeitsmarkt stellt die Handelsagenda des US-Präsidenten dar. Die Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium, zusammen mit den Ausgleichsmaßnahmen von US-Handelspartnern, gefährden laut Berechnungen der Beratungsagentur Trade Partnership Worldwide bis zu 400.000 Arbeitsplätze in den USA (Trade Partnership Worldwide 2018). Bei den angedrohten Zöllen auf Automobilimporte wären es bis zu 624.000 Arbeitsplätze, wenn alle Handelspartner in gleichem Umfang der US-Zölle Ausgleichsmaßnahmen ergriffen, warnt das Peterson Institute for International Economics (2018). Die Eskalation des Handelskonfliktes zwischen China und den Vereinigten Staaten könnte eine bisher noch nicht absehbare Zahl von Arbeitsplätzen gefährden.
US-Arbeitslosenrate in Prozent Januar 2008 - August 2018 10
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Quelle: Bureau of Labor Statistics, <http://data.bls.gov/timeseries/LNS14000000> (eingesehen am 18.09.2018).
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US-Partizipationsrate Januar 2008 - August 2018, Anteil der Arbeitsplatzinhaber und Arbeitsplatzsuchenden in Prozent 66,5 66,0 65,5 65,0 64,5 64,0 63,5 63,0 62,5 62,0 Jan 08
Jan 09
Jan 10
Jan 11
Jan 12
Jan 13
Jan 14
Jan 15
Jan 16
Jan 17
Jan 18
Quelle: Bureau of Labor Statistics, <https://data.bls.gov/timeseries/LNS11300000> (eingesehen am 18.09.2018).
Immobilienmarkt Das U.S. Department of Housing and Urban Development (HUD) zieht eine gemischte Bilanz zur Lage des Immobilienmarktes. Die Zahl der Baubeginne stieg im ersten Quartal 2018 um 4,8 Prozent und liegt damit um 7,2 Prozent höher als im Vorjahresquartal. Dabei stieg die Zahl der Baubeginne gegenüber dem letzten Quartal 2017 (Q4/2017) für Mehrfamilienhäuser stark an (+ 16 %), wohingegen diese für Einfamilienhäuser geringfügig sank (- 0,1 %). Zudem erhöhte sich die Zahl der im Bau befindlichen Häuser im ersten Quartal 2018 auf rund 1,12 Millionen Einheiten (+ 1,7 %). Nach Angaben des CoreLogic Case-Shiller Index und des House Price Index der Federal Housing Finance Agency (FHFA) sind die Immobilienpreise im ersten Quartal 2018 gegenüber dem vierten Quartal 2017 um 1,8 Prozent beziehungsweise 1,7 Prozent gestiegen. Der CoreLogic Case-Shiller Index lag im ersten Quartal 2018 bei 199,9 Punkten und damit um 6,4 Prozent höher als im Vorjahresquartal mit 187,9 Punkten. Somit stiegen die Immobilienpreise schneller als die Inflationsrate. Beiden Indizes zufolge hatten die Immobilienpreise ihren Höhepunkt während der Immobilienblase im ersten Quartal 2007. Laut dem FHFA-Index liegen die Preise für Immobilien derzeit 14,5 Prozent über diesem Spitzenwert. Nach Angaben der National Association of Realtors (NAR) war die Zahl der Verkäufe von Immobilien, die gewöhnlich zu geringen Preisen verkauft werden, im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. Ihr Anteil an den Gesamtverkäufen bereits bestehender Immobilien sank von sieben Prozent auf vier Prozent. Anlegerkäufe, die gewöhnlich den Druck auf Immobilienpreise erhöhen, machten wie bereits im Vorjahr 16 Prozent der Gesamtverkäufe aus (HUD 2018). Die Verkaufszahlen von neuen Einfamilienhäusern blieben gegenüber dem vierten Quartal 2017 nahezu unverändert. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist jedoch ein Anstieg von sechs Prozent zu verzeichnen. Für bereits bestehende Immobilien sank die Zahl der Verkäufe gegenüber dem letzten Quartal 2017 (Q4/2017) um 1,5 Prozent und gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,7 Prozent. Laut
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dem NAR Composite Housing Affordability Index wurde Wohneigentum im ersten Quartal 2018 weniger erschwinglich (HUD 2018). Grund dafür ist der Anstieg der Durchschnittsverzinsung in den USA, der den positiven Effekt aus dem Rückgang des Medianpreises von Einfamilienhäusern und dem Anstieg des mittleren Familieneinkommens aufhebt. Gerade für Erstkäufer wird es zunehmend schwieriger, eine Immobilie zu erstehen, was insbesondere auf strengere Standards bei der Bankkreditvergabe und ein im Vergleich zu den Hauspreisen langsameres Einkommenswachstum zurückzuführen ist.
Staatsschulden/Haushaltsdefizit Der US-amerikanische Kongress arbeitete in den vergangenen Wochen mit Hochdruck an einem Haushaltsgesetz für 2019, denn das Fiskaljahr 2018 endete bereits am 30. September. Konfliktpunkt war dabei – wie in vorangegangenen Haushaltsdebatten – die Finanzierung der vom Präsidenten geforderten Grenzmauer zu Mexiko. Trump hatte bereits im März 2018 nur sehr widerwillig ein Haushaltsgesetz unterzeichnet, das nicht die von ihm gewünschten Mittel für den Bau der Grenzmauer enthielt. Am 21. September unterzeichnete Trump zunächst nur ein Ausgabengesetz für Veteranen, Bauprojekte im Militärbereich sowie Energie- und Wasserprojekte. Trump drohte sogar mit einem „government shutdown“ – ohne Finanzierung muss ein Großteil der Regierungstätigkeiten niedergelegt werden –, sollten die notwendigen Mittel nicht freigemacht werden. Am 28. September unterzeichnete der Präsident schließlich doch ein weiteres Gesetz zur temporären Finanzierung der Regierung bis zum 7. Dezember, das ebenfalls keine Mittel für den Bau einer Grenzmauer vorsieht. Somit ist die Finanzierung der Regierungsgeschäfte zunächst über die Kongresswahlen Anfang November hinaus sichergestellt. Beim nächsten Finanzierungsgesetz wird der Streit zwischen Trump und dem Kongress vermutlich erneut aufbrechen. Schuldengrenze Die USA haben eine gesetzlich festgeschriebene Schuldenobergrenze, welche die staatliche Verschuldung in Schach halten soll. Wenn diese erreicht ist, kann das US-Finanzministerium zunächst „extraordinary measures“ (außergewöhnliche Maßnahmen) einsetzen, um die Zahlungsfähigkeit der Regierung sicherzustellen. Grundsätzlich kann die Regierung dann aber keine neuen Schulden mehr aufnehmen, beispielsweise durch den Verkauf von US-Staatsanleihen. Sie finanziert sich dann nur noch über laufende Einnahmen, also eingehende Steuern. Wenn die Grenze erreicht wird, kann die Regierung somit ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen – seien es die Löhne von Soldaten, Programme der sozialen Sicherung oder auch Zinszahlungen, die bei den Staatsschulden anfallen. Da der Schuldenberg jedoch kontinuierlich wächst, muss der Kongress die Schuldengrenze regelmäßig per Gesetz anheben. Insbesondere in den letzten Jahren gab es häufiger Auseinandersetzungen zwischen dem Kongress und dem Präsidenten über die Haushaltspolitik. Im Oktober 2013 kam es unter Präsident Barack Obama zu einem gut zweiwöchigen „government shutdown“. Während die Demokraten damals unter anderem Steuererhöhungen für Besserverdiener durchsetzen wollten, drängten die Republikaner auf Einsparungen im Sozial- und Gesundheitssystem (Medicare und Medicaid). Am Ende konnten sich beide Seiten auf einen Kompromiss einigen und den „shutdown“ beenden. In den letzten Jahren wurde die Schuldengrenze immer wieder durch einen vorläufigen Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern in letzter Minute temporär ausgesetzt. Die Neuverschuldung, die während der Aussetzung entstand, wurde anschließend zu der vorigen Schuldenobergrenze
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hinzuaddiert, und die Obergrenze wurde am Ende der Aussetzung neu berechnet. So war es beispielsweise zwischen Oktober 2013 und Februar 2014 der Fall. Bis zu diesem Zeitpunkt haben dann Kongress und Präsident Zeit, sich auf eine längerfristige Lösung und Anhebung der Grenze zu einigen. Zuletzt wurde im Bipartisan Budget Act vom 9. Februar 2018 die Schuldengrenze bis zum 1. März 2019 temporär ausgesetzt. Am 2. März 2019 wird die Grenze dann voraussichtlich auf den aktuellen Stand angepasst werden. Nach Schätzungen des zum Weißen Haus gehörenden Office of Management and Budget (OMB) liegen die Staatsschulden (gross federal debt) für das Haushaltsjahr 2018 bei 21,477 Billionen USDollar und damit über der zuletzt im Jahr 2017 festgelegten Schuldenobergrenze von 20,456 Billionen US-Dollar. Die Staatsschuldenquote entspricht 106,8 Prozent des BIP und liegt somit leicht über der des Vorjahres (105,4 % des BIP). Die von der Öffentlichkeit gehaltenen Staatsschulden (debt held by the public) belaufen sich laut OMB auf 78,5 Prozent des BIP (OMB 2018a). Der US-Schuldendienst als Anteil an den Gesamtausgaben lag im Jahr 2017 bei rund sieben Prozent und damit auf dem Niveau von 1972. Nachdem der Anteil der Zinszahlungen an den Gesamtausgaben mit 15 Prozent einen historischen Höchststand erreicht hatte, war dieser zunächst rückläufig. Nach Schätzungen des OMB wird sich dieser Trend in den kommenden Jahren umkehren. Es wird erwartet, dass der Schuldendienst bis 2023 rund 12 Prozent der Gesamtausgaben ausmachen wird (OMB 2018b).
US-Schuldendienst als Anteil der Gesamtausgaben 1972 - 2023, in Prozent (*Schätzung) 18
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Quelle: Office of Management and Budget,<https://www.whitehouse.gov/omb/historical-tables/>, (eingesehen am 08.10.2018).
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Staatsausgaben Der US-Staatsetat wird für drei Arten von Ausgaben aufgewendet: Der größte Teil, ungefähr 65 Prozent der Ausgaben, ist in bestehenden Gesetzen mehrjährig festgeschrieben (mandatory spending). Etwa sieben Prozent der Ausgaben fließen in den Schuldendienst. Über rund 30 Prozent der Ausgaben wird jährlich in den Haushaltsgesetzen entschieden. Diese Ermessensausgaben (discretionary spending) muss der Kongress jedes Jahr in zwölf sogenannten „appropriation bills“ abstimmen, von denen die wichtigsten in einem Sammelhaushaltsgesetz (omnibus spending bill) zusammengefasst werden. Staatsausgaben, Staatseinnahmen und Staatsschulden der USA (Bundesebene) 1990 - 2018, Prozent des BIP 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30
Einnahmen Überschuss oder Defizit (–)
Ausgaben Brutto Bundesschuld
Quelle: White House, <Quelle https://www.whitehouse.gov/omb/budget/Historicals> (eingesehen am 08.10.2018).
Der Großteil der Staatsausgaben entfiel im Jahr 2017 auf soziale Sicherungen (37 %, Rentenversicherung, Arbeitslosenhilfe), Gesundheit und Medicare (28 %, öffentliche Krankenversicherung für Rentner). Die Ausgaben für Verteidigung und nationale Sicherheit lagen bei rund 19 Prozent. Alle anderen Ausgabenposten (Zinsen, Forschung und Bildung, Sonstige) summierten sich auf rund 16 Prozent der Ausgaben.
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Ausgaben der US-Bundesebene (2017)
Ausgaben der US-Bundesebene 2016 in Milliarden Dollar Sonstige 5%
Bildung und Forschung 4%
Zinsen 7%
Soziales 37%
Verteidigung 19% Gesundheit und Medicare (Krankenversicherung) 28% Quelle: White House, <https://www.whitehouse.gov/omb/budget/Historicals> (eingesehen am 08.10.2018).
Das Haushaltsdefizit für das Fiskaljahr 2018 wird auf 4,4 Prozent des BIP geschätzt. Dieses soll nach den Haushaltsvorschlägen von Präsident Trump, die am 12. Februar 2018 für das Fiskaljahr 2019 vorgelegt wurden, auf 1,1 Prozent des BIP im Jahr 2028 gesenkt werden. Für das Haushaltsjahr 2019 korrigierte die US-Administration das geschätzte Defizit dennoch vorerst von 984 Milliarden US-Dollar auf 1,1 Billionen US-Dollar. Dies entspricht 5,1 Prozent des BIP, der höchste Wert seit der Rezession im Fiskaljahr 2012. Hintergrund des erhöhten Defizits sind insbesondere die mit dem Bipartisan Budget Act 2018 und dem Consolidated Appropriations Act 2018 (Omnibus) verbundenen Mehrausgaben. Durch den Bipartisan Budget Act 2018 wurde im Haushaltsjahr 2018 ein „government shutdown“ verhindert und die Budgetgrenze für diskretionäre Ausgaben erhöht. Für das Haushaltsjahr 2019 wurde diese auf eine Ausgabenhöhe von 1,244 Billionen US-Dollar festgesetzt, was einer Erhöhung um 36 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Haushaltsjahr 2018 entspricht. Der Bipartisan Budget Act und die Omnibus Bill werden wegen ihrer prozyklischen Maßnahmen kritisch gesehen. In Verbindung mit der Steuerreform 2017 werden steigende Staatsausgaben und niedrigere Steuereinnahmen die Wirtschaft in den nächsten Jahren zwar um rund einen Prozentpunkt ankurbeln, gleichzeitig führt dies aber auch dazu, dass das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung langfristig wachsen. Haushaltspläne der US-Regierung Das parteiunabhängige Congressional Budget Office (CBO) analysierte zusammen mit dem Joint Committee on Taxation (JCT), einem gemeinsamen Ausschuss des Senats und des Repräsentantenhauses, die Haushaltspläne der Trump-Regierung für das Fiskaljahr 2019. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung der Staatsschulden über einen Zeitraum von zehn Jahren. Als Vergleich dient ein Baseline-Szenario, in dem die geltende Gesetzgebung fortgeschrieben wird. In diesem Baseline-Szenario würden die von der Öffentlichkeit gehaltenen Staatsschulden von 78,5 Prozent des BIP (debt held by the public) bis 2028 auf 96 Prozent des BIP ansteigen. Das jährliche Haushaltsdefizit würde über denselben Zeitraum von aktuell 3,9 Prozent auf 4,9 Prozent steigen. Sollten die Haushaltsvorschläge der
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Trump-Administration umgesetzt werden, schätzt das CBO das Haushaltsdefizit für 2028 auf 3,7 Prozent und die von der Öffentlichkeit gehaltenen Staatsschulden auf 86 Prozent des BIP. Das im Vergleich zum Baseline-Szenario geringere Defizit ist auf geplante Ausgabenkürzungen der Trump-Regierung zurückzuführen. Laut CBO sind in der Periode 2019 bis 2028 Einsparungen in Höhe von 2,1 Billionen US-Dollar im Bereich der diskretionären, nichtmilitärischen Ausgaben (nondefense discretionary spending) und Kürzungen im Bereich der Gesundheitsversorgung in Höhe von 1,3 Billionen USDollar (8 %) vorgesehen. Kürzungen sind zudem im Bereich der Studienkredite und in Programmen zur Einkommenssicherheit geplant. Mehrausgaben sind hingegen für Infrastrukturprogramme in Höhe von über 131 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Hinzu kommt eine jährliche Erhöhung des Verteidigungsbudgets um zwei Prozent. Auslandsaktivitäten (overseas contingency operations) sind hiervon ausgeklammert. Die Prognosen des OMB sind dahingegen deutlich optimistischer. Bis 2028 rechnet dieses mit einem Rückgang des Haushaltsdefizits auf 1,4 Prozent. Hintergrund der abweichenden Prognose ist zum einen, dass das OMB die langfristigen Haushaltseffekte des Bipartisan Budget Act 2018 einpreist. Zum anderen geht das OMB von einer dynamischeren Wirtschaftsentwicklung, einem stärkeren Anstieg der Löhne und in der Folge höheren Einnahmen im Umfang von rund 1,9 Billionen US-Dollar (4 %) aus. Schuldenfinanzierung Die USA finanzieren ihre Schulden, indem sie US-Staatsanleihen (treasury securities) verkaufen. Den größten Anteil (Stand Juli 2018) hält China mit Anleihen im Wert von 1.171 Milliarden US-Dollar (18,7 %), gefolgt von Japan (16,6 %) und – mit einem deutlich geringeren Anteil – Irland und Brasilien (jeweils 4,8 %). Beim wem sind die USA verschuldet? Die größten ausländischen Investoren in US-Staatsanleihen Anteile in Prozent, Stand Ende Juli 2018 Alle anderen Länder 34,6%
China 18,7%
Japan 16,6% Saudi Arabien 2,7%
Hongkong 3,1% Irland 4,8%
Kaimaninseln 3,1% Luxemburg 3,5%
Schweiz 3,7%
Vereinigtes Königreich 4,3%
Brasilien 4,8%
Quelle: Department of the Treasury / Federal Reserve Board, <http://ticdata.treasury.gov/Publish/mfh.txt> (eingesehen 5.10.2018).
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Außenhandel Exporte und Importe von Waren und Dienstleistungen Daten des BEA zufolge betrug der Wert von US-Waren- und Dienstleistungsexporten im zweiten Quartal 2018 rund 638 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahresquartal entspricht dies einer Steigerung von etwa zehn Prozent. Dabei stieg der Export von Waren (429 Milliarden US-Dollar Q2/2018) im selben Zeitraum mit zwölf Prozent doppelt so schnell wie der Export von Dienstleistungen (209 Milliarden US-Dollar Q2/2018) mit sechs Prozent (BEA 2018d). Der Wert der US-Importe von Waren und Dienstleistungen betrug rund 772 Milliarden US-Dollar (Q2/2018). Damit wuchsen die Importe innerhalb eines Jahres mit acht Prozent langsamer als die Exporte. Dienstleistungsimporte (140 Milliarden US-Dollar Q2/2018) nahmen gegenüber dem Vorjahresquartal mit vier Prozent weniger zu als Warenimporte (632 Milliarden US-Dollar Q2/2018) mit neun Prozent. Somit beläuft sich das Handelsbilanzdefizit im zweiten Quartal 2018 auf 134 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht einem Rückgang von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal und einer Verminderung von 13 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2018. Aufgeschlüsselt nach Waren und Dienstleistungen ergibt sich für das zweite Quartal 2018 im Warenhandel ein Defizit von rund 203 Milliarden US-Dollar (+ 2 %) und im Handel mit Dienstleistungen ein Überschuss von circa 69 Milliarden USDollar (+ 10 %) (BEA 2018d). Im Jahr 2017 nahmen die US-Waren- und Dienstleistungsexporte gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent zu. US-Importe von Waren und Dienstleistungen stiegen mit sieben Prozent geringfügig stärker. Das Handelsbilanzdefizit betrug 2017 2,8 Prozent des US-BIP, womit sich dieses im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht hat (+ 0,2 %). Die Schulden gegenüber dem Ausland könnten sich durch den starken US-Dollarkurs weiter erhöhen, da er inländische Konsumenten zum Kauf von Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland anregt. Importe könnten folglich weiter steigen, was sich negativ auf das Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber ihren Handelspartnern auswirken dürfte. Gleichzeitig wird der Export von Gütern und Dienstleistungen gedämpft, da diese für das Ausland teurer würden.
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US-Außenhandel (Waren und Dienstleistungen) 1993 - 2017, Milliarden US-Dollar 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500
Handelsbilanz
1.000
Importe
500
Exporte
0 -500 -1.000
1993
1995
1997
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
2017
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <http://www.bea.gov/international/> (eingesehen am 18.09.2018).
Außenhandelssalden nach Waren- und Dienstleistungskategorien Die USA verzeichneten für das Jahr 2017 erneut hohe Defizite im Handel mit Kraftfahrzeugen (161 Milliarden US-Dollar), Telekommunikationstechnik (115 Milliarden US-Dollar) und Bekleidung (83 Milliarden US-Dollar). Deutliche Überschüsse erzielten die USA hingegen bei Transportmaschinen (102 Milliarden US-Dollar), Ölsaaten (22 Milliarden US-Dollar) und Kunststoffen (18 Milliarden US-Dollar) (U.S. Census Bureau 2018). Im Dienstleistungshandel erwirtschafteten die USA 2017 den höchsten Überschuss bei Finanzdienstleistungen (81 Milliarden US-Dollar), Gebühren, die durch die Nutzung geistigen Eigentums anfallen (77 Milliarden US-Dollar) und Reisen (76 Milliarden US-Dollar). Defizite bestehen dagegen bei Versicherungs- (33 Milliarden US-Dollar) und Transportdienstleistungen (13 Milliarden US-Dollar) (BEA 2018d). Die wichtigsten Exportmärkte der USA für Waren und Dienstleistungen, bezogen auf das Jahr 2017, sind die EU mit einem Volumen von 528 Milliarden US-Dollar (22 % der Gesamtexporte), Kanada mit 341 Milliarden US-Dollar (15 %), Mexiko mit 277 Milliarden US-Dollar (12 %) und China mit 188 Milliarden US-Dollar (8 %). Für Importe stehen in leicht veränderter Reihenfolge die gleichen Handelspartner an der Spitze: die EU mit 629 Milliarden US-Dollar (22 %), China mit 524 Milliarden US-Dollar (18 %), Mexiko mit 345 Milliarden US-Dollar (12 %) und Kanada mit 339 Milliarden US-Dollar (12 %). Besonders hohe Handelsbilanzdefizite haben die USA folglich mit China (336 Milliarden US-Dollar), der EU (101 Milliarden US-Dollar) und Mexiko (69 Milliarden US-Dollar). Das Handelsbilanzdefizit mit Deutschland beträgt rund 67 Milliarden US-Dollar (BEA 2018d).
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Haupthandelspartner der USA, 2017 Exporte (Waren- und Dienstleistungshandel)
Mrd. USDollar
Importe (Waren- und Dienstleistungshandel)
Mrd. USDollar
Gesamtes Handelsvolumen (Waren- und Dienstleistungshandel)
Mrd. USDollar
Kanada
341,3
China
523,7
China
711,7
Mexiko
276,7
Mexiko
345,4
Kanada
679,9
China
188,0
Kanada
338,5
Mexiko
622,1
Vereinigtes Königreich
126,2
Japan
171,3
Japan
286,1
Japan
114,7
Deutschland
153,3
Deutschland
239,9
Deutschland
86,6
Vereinigtes Königreich
110,6
Vereinigtes Königreich
236,8
Südkorea
73,4
Südkorea
82,7
Südkorea
156,1
Brasilien
63,5
Indien
76,8
Indien
126,3
Frankreich
53,0
Frankreich
66,8
Frankreich
119,8
Hongkong
52,6
Italien
62,5
Brasilien
98,5
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <https://www.bea.gov/data/intl-trade-investment/international-trade-goods-and-services%3E> (eingesehen am 09.10.2018).
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Handelspartner der USA mit größten Überschüssen und Defiziten, 2017 Handelspartner der USA mit den größten Defiziten gegenüber den USA (Handelsvolumen, Waren- und Dienstleistungshandel)
Mrd. USDollar
Handelspartner der USA mit den größten Überschüssen gegenüber den USA (Handelsvolumen, Waren- und Dienstleistungshandel)
Mrd. USDollar
Hongkong
35,1
China
335,7
Brasilien
28,5
Mexiko
68,7
Singapur
20,3
Deutschland
66,7
Vereinigtes Königreich
15,6
Japan
56,6
Saudi-Arabien
5,3
Italien
34,7
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <https://www.bea.gov/data/intl-trade-investment/international-trade-goods-and-services> (eingesehen am 09.10.2018).
US-Warenhandel: Die 10 Warenkategorien mit den größten Defiziten Milliarden US-Dollar, Güterklassifizierung nach SITC (2017) -200
-150
-100
-50
0 Kraftfahzeuge
-161
Telekommunikationstechnik
-115
Bekleidung und Bekleidungszubehör
-83
Erdöl und Erdölerzeugnisse
-76
Besondere Warenverkehrsvorgänge
-63
Elektrische Maschinen und Geräte
-57 -50
Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse
-48
Verschiedene Waren Möbel
-42 -29
Bürogeräte und Datenverarbeitungsanlagen
Quelle: U.S. Census, <https://www.census.gov/foreign-trade/statistics/country/sitc/index.html> (eingesehen am 08.10.2017).
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US-Warenhandel: Die 10 Warenkategorien mit den größten Überschüssen Milliarden US-Dollar, Güterklassifizierung nach SITC (2017) 0
50
100
150 Transportmaschinen
101,6
Ölsaaten und öhlhaltige Früchte
22,2
Kunststoffe in Primärformen
18,3
Chemische Erzeugnisse
16,3 13
Getreide und Getreideerzeugnisse
12,6
Gas (Erdgas und Industriegas)
11
Metallurgische Erze
9,2
Fleisch
8,2
Futtermittel Instrumente und Geräte zu wissenschaftlichen Zwecken
3,5
Quelle: U.S. Census, <https://www.census.gov/foreign-trade/statistics/country/sitc/index.html> (eingesehen am 08.10.2018).
US-Dienstleistungshandel: Handelsbilanzüberschüsse und -defizite Milliarden US-Dollar (2017) -50
0
50
100 81
50 18 2 -3 -13 -33
Finanzdienstleistungen
77
Gebühren für die Nutzung geistigen Eigentums
76
Reisen (inkl. Bildungsreisen) Andere Unternehmensdienstleistungen Wartungs- und Reparaturdienstleistungen Telekommunikation, Computer- und IT-Dienstleistungen Regierungsgüter und -dienstleistungen Transport Versicherungsdienstleistungen
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <https://www.bea.gov/international/bp_web/tb_download_t ype_modern.cfm?list=1&RowID=2> (eingesehen am 08.10.2018).
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Entwicklung der US-Leistungsbilanz und ihrer Komponenten1 Eine wichtige Kennziffer einer Volkswirtschaft ist ihre Leistungsbilanz. Diese besteht aus den Salden der Handelsbilanzen (Waren und Dienstleistungen) und den Salden von Primäreinkommen (Erträge aus Auslandsinvestitionen und Lohnzahlungen aus dem Ausland) und Sekundäreinkommen (Transferzahlungen, etwa Entwicklungshilfe und Überweisungen privater Haushalte ins Ausland). An ihr lässt sich ablesen, ob eine Volkswirtschaft insgesamt gegenüber dem Rest der Welt Netto-Vermögen anhäuft oder abbaut. Nach Daten des BEA summierte sich das Leistungsbilanzdefizit der USA im zweiten Quartal 2018 auf 101,5 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht einem Anteil von zwei Prozent am BIP. Dem hohen Defizit im Warenhandel von aktuell 203 Milliarden US-Dollar stehen Überschüsse im Dienstleistungshandel von 69 Milliarden US-Dollar, ein positiver Saldo bei den Primäreinkommen von 61 Milliarden US-Dollar und eine leicht negative Differenz der Sekundäreinkommen von 28 Milliarden US-Dollar gegenüber. Im Vergleich zum Vorquartal trugen insbesondere geringere Defizite im Warenhandel von rund 17,6 Milliarden US-Dollar und höhere Überschüsse im Handel mit Dienstleistungen von rund 2,5 Milliarden US-Dollar positiv zu dieser Entwicklung bei (BEA 2018d). Leistungsbilanz der USA und ihre Komponenten der USA und 1999 - 2017,Leistungsbilanz Prozent des BIP
ihre Komponenten in Prozent des BIP
2% 1% 0% -1% -2% -3% -4% -5% -6% -7%
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Leistungsbilanz
Handelsbilanz (Waren)
Handelsbilanz (Dienstleistungen)
Saldo Primäreinkommen
Saldo Sekundäreinkommen
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <http://www.bea.gov/international/> (eingesehen am 17.09.2018).
1
Bei Redaktionsschluss lagen die aktualisierten Zahlen für das dritte Quartal 2018 noch nicht vor.
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Auswirkungen der US-Handelspolitik auf die USA Die Europäische Zentralbank (EZB) identifiziert zwei Kanäle, wie sich die neuen Zölle der USA und die Gegenmaßnahmen im Ausland auf das BIP der USA auswirken. Zum einen führen die Zölle zu höheren Preisen für Konsumenten sowie Produzenten, die importierte Zwischenprodukte weiterverarbeiten. Dies dämpft Konsum und Investitionen und wirkt sich so negativ auf das BIP aus. Andererseits könnten die höheren Preise für Importwaren dazu führen, dass die Nachfrage nach im Inland produzierten Waren steigt. Dies könnte sich positiv auf das BIP auswirken. Wie groß dieser Effekt ist, hängt allerdings unter anderem von Substituierungsmöglichkeiten ab. Neben diesen direkten Effekten können sich auch Unsicherheit und ein Verlust an Vertrauen in die Handelspolitiken erheblich negativ auf die Investitionen und die Wirtschaftstätigkeit auswirken (EZB 2018). Die Studie der EZB kommt zu dem Ergebnis, dass die Effekte der aktuellen protektionistischen Maßnahmen zwar noch einen geringen Effekt auf das US-BIP haben. Dies könnte sich allerdings ändern, wenn sich die Handelskonflikte weiter zuspitzen. Die Autoren der Studie berechnen die Effekte unter folgendem Szenario: Die USA heben die Zölle um zehn Prozentpunkte auf alle Waren aus Ländern an, die auf die US-Stahl- und Aluminiumzölle mit Retorsionszöllen geantwortet haben. Nicht berücksichtigt werden mögliche Schutzmaßnahmen dieser Länder untereinander; der Zeitraum der Konflikte wird auf zwei Jahre angenommen; die staatlichen Mehreinnahmen aus den Zöllen werden zum Abbau der Schulden, nicht für eine weitere Stimulierung des Konsums aufgewendet. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das US-BIP aufgrund der direkten Effekte der Zölle im ersten Jahr um 1,5 Prozent niedriger wäre als ohne die Zölle. Auch im dritten Jahr nach Implementierung der Zölle wäre das BIP noch um ein Prozent niedriger als in einem Szenario ohne Zölle – trotz Substituierungseffekten. Zudem erwarten die Autoren einen deutlich negativen Effekt durch einen Vertrauensverlust und Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Insgesamt könnte die wirtschaftliche Aktivität in den USA allein im ersten Jahr um zwei Prozent niedriger ausfallen als im Szenario ohne Zölle (EZB 2018). Auch die US-amerikanische Tax Foundation kam im Juni 2018 zum Ergebnis, dass sich die TrumpZölle negativ auf das BIP, die Löhne und die Beschäftigung der USA auswirken werden. Ein Zollsatz von 25 Prozent auf chinesische Importe in der Höhe von 150 Milliarden Dollar würde zwar zu staatlichen Mehreinnahmen in der Höhe von etwa 37,5 Milliarden US-Dollar jährlich führen, gleichzeitig aber das langfristige BIP-Niveau um 0,1 Prozent senken. Die Konsequenz wären niedrigere Löhne und weniger Arbeitsplätze. Zudem warnt die Autorin der Studie, dass die Zölle insbesondere Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen belasten und so die US-Steuergesetzgebung weniger progressiv werde (Tax Foundation 2018). Die Brookings Institution analysiert, welche Regionen in den USA besonders stark von den Retorsionszöllen der Handelspartner der USA – EU, China, Kanada und Mexiko – betroffen sind. Den Autoren zufolge sind 6,1 Prozent der Exporte des Landes von den Retorsionsmaßnahmen erfasst. Die Zölle betreffen etwa 294.000 Arbeitsplätze, die direkt vom Export in diese Länder abhängen. Daran hängen weitere 354.000 Arbeitsplätze. Im Fadenkreuz der Retorsionsmaßnahmen stehen die Landwirtschaft und Metallproduktion. Der negative Effekt ist somit besonders hoch für ländliche Regionen und kleine Städte in den USA. Dies sind gerade die Regionen, die in den letzten Präsidentschaftswahlen für Trump gestimmt haben (Brookings Institution 2018).
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Die wichtigsten Zollerhebungsmaßnahmen der Trump-Administration und Gegenmaßnahmen der Handelspartner1 Datum
Partei
Durch die Maßnahme betroffene Produkte, u.a.
Höhe und betroffenes Importvolumen, in US-Dollar
US-Zölle auf Stahl und Aluminium, erhoben nach Abschnitt 232 des Trade Expansion Act of 1962 23.3.
USA
Stahl und Aluminium
10/25% auf 48 Mrd. (mit Ausnahmen 17,9 Mrd.)
Gegenmaßnahmen der Handelspartner 2.4.
China
Altmetall und Schweinefleisch, Obst und Nüsse
15/25% auf 3 Mrd.
5.6. & 5.7.
Mexiko
Schweinefleisch, Käse, Stahl und weitere Agrarprodukte
10-25% auf 3 Mrd.
21.6.
Türkei2
Automobile, Whiskey, Tabak, Kohle, Kosmetik, Maschinen, Papier, petrochemische Produkte
4-70% auf 1,8 Mrd.
22.6.
EU
Stahl und Aluminium, Agrarprodukte, Konsumgüter
25% auf 3,2 Mrd. (2,8 Mrd. EUR)
1.7.
Kanada
Stahl- und Aluminium, Konsumgüter und Lebensmittel
10/25% auf 12,8 Mrd.
6.7.
Russland
Baumaschinen, Glasfasertechnik, Metallverarbeitung, Öl- und Gastechnik
25-40%3
EU
Globaler Schutzzoll auf Stahlimporte
ab Erreichen einer Quote (durchschnittliches Importvolumen 20152017) werden Importe mit zusätzlich 25 % besteuert
25.10.
Kanada
Schutzzölle auf sieben Stahlerzeugnisse: Grobbleche, Betonstabstahl, Stahlrohr, warmgewalzte Bleche, vorlackierter Stahl, Edelstahlkabel, Walzdraht
Ab Erreichen einer Quote (durchschnittliches Importvolumen 20152016/ 2016-2017/ 2017-2018) werden Importe mit zusätzlich 25% besteuert
TBC
EU
19.7.
Diverse Produkte4
10-50% auf ca. 4,1 Mrd. (3,6 Mrd. EUR)
Androhung eines globalen US-Zolls auf Importe von Automobilen nach Abschnitt 232 des Trade Expansion Act of 1962
TBC
USA
Automobile und Autoteile
20-25% auf bis zu 350 Mrd.5 (EU trotz Deal in Rechnung mit einbezogen)
US-Zölle auf chinesische Importe nach Abschnitt 301 des Trade Act of 1974 und chinesische Zölle auf USImporte als Gegenreaktion 6.7.
USA
Zwischenprodukte, Investitionsgüter; u.a. Flugzeugteile, Batterietechnik, Plastik, Med. Geräte, Halbleiter
25% auf 34 Mrd.
6.7.
China
Agrarprodukte und Lebensmittel, (insbesondere Soja), Zwischenerzeugnisse, Transportmittel
25% auf 34 Mrd.
20
Die Agenda Trumps – erfolgreiche Wirtschaftspolitik oder Risiko für die Weltwirtschaft? 01/11/2018
23.8.
USA
Zwischenprodukte, Investitionsgüter; u.a. Flugzeugteile, Batterietechnik, Plastik, med. Geräte, Halbleiter
25% auf 16 Mrd.
23.8.
China
Diesel. Kohle, Stahlprodukte, Medizintechnik, Motorräder, Kunststoffe
25% auf 16 Mrd.
24.9.
USA
Zwischenprodukte, Investitionsgüter, Elektronische Geräte, Agrargüter, Konsumgüter, u.a. Kaffeemaschinen, Kühlschränke, Möbel
10% auf 200 Mrd. (ab 2019: 25%)
24.9.
China
Liste von rund 5.000 Produkten
5-10% auf 60 Mrd.
1
Die aufgeführten Volumina entsprechen in der Regel den Angaben der jeweiligen Regierungen. Aufgrund zahlreicher Ausnahmen und Änderungen in der Implementierung können Differenzen bei den Volumina entstehen. Angaben zum Handelsvolumen in US-Dollar, sofern nicht anders angegeben. Teilweise wurden die Listen laufend aktualisiert – die Angaben sind deshalb als indikativ zu verstehen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit beziehungsweise Aktualität. 2 Die gegenwärtige Eskalation des Konfliktes zwischen der Türkei und den USA ist hier nicht berücksichtigt. Die sicherheitspolitisch motivierten Sanktionen der USA gegenüber Russland und dem Iran sind ebenfalls außen vor. 3 Unbekannt. Schaden in Höhe von 0,538 Milliarden, Ausgleich allerdings nur 0,088 Milliarden. Die russische Regierung hat keine weiteren Informationen hierzu veröffentlicht. 4 Implementation erst nach positiver WTO-Entscheidung. Teil 2 der Zölle vom 22.6. (Implementation geplant für den 23.3.2021 oder früher). 5 Bown (2018).
Ausländische Direktinvestitionen Die ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI) in die USA lagen laut OECD bei rund 1,5 Prozent des US-BIP für das Jahr 2017 und damit deutlich unter dem Wert für 2016 (2,6 %). In absoluten Zahlen entspricht dies einem Rückgang von rund 194 Milliarden US-Dollar. USInvestitionen im Ausland nahmen 2017 um rund 12 Millionen US-Dollar zu. Als prozentualer Anteil des US-BIP ist jedoch ein geringfügiger Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 1,64 Prozent des US-BIP auf 1,63 Prozent zu verzeichnen. US-Investitionen im Ausland liegen damit dennoch deutlich über dem Zehnjahrestief von 2015 (1,54 %) (OECD 2018b). Gemessen an der Bestandshöhe der Direktinvestitionen pflegen die USA die wichtigsten Investitionsbeziehungen mit Westeuropa und Kanada. Doch auch Japan ist nach dem Vereinigten Königreich und Kanada ein wichtiger Investitionspartner der USA. Internationale Finanzzentren und Länder mit niedrigen Kapitalsteuern nehmen für Direktinvestitionen der USA im Ausland eine besondere Rolle ein. Dazu gehören beispielsweise kleinere Länder wie Luxemburg und Irland. Die US-Steuerreform, die im Dezember 2017 in Kraft trat, könnte erhebliche Auswirkungen auf die globalen Investitionsströme haben. Rund die Hälfte der weltweiten Direktinvestitionsbestände befindet sich entweder in den USA oder im Besitz US-amerikanischer multinationaler Unternehmen (MNUs). Mit der Steuerreform hat die US-Regierung die Position der USA im internationalen Steuer- und Standortwettbewerb deutlich verbessert. Insbesondere die Senkung des Körperschaftssteuersatzes von 35 auf 21 Prozent und die 100-prozentige Sofortabschreibung auf die meisten Investitionsgüter (außer für Gebäude) lassen einen spürbaren Anstieg der Investitionen erwarten (OECD 2018a). Hinzu kommen die Senkung der Einkommenssteuersätze (sie gilt bis 2025) und die Einführung einer Niedrigbesteuerung von Einkünften aus der Verwertung immaterieller Wirtschaftsgüter im Ausland durch US-Unternehmen (Foreign Derived Intagible Income, FDII) mit Steuersätzen von 13,125 Prozent von 2018 bis 2025 beziehungsweise 16,406 Prozent ab 2026. Änderungen betreffen auch die steuerliche Behandlung von Gewinnen, die im Ausland erzielt wurden. Bislang wurde bei der Rückführung dieser Gelder
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Die Agenda Trumps – erfolgreiche Wirtschaftspolitik oder Risiko für die Weltwirtschaft? 01/11/2018
ein Steuersatz von 35 Prozent fällig. Nach der Reform gelten nun Steuersätze von 15,5 Prozent auf Bargeld und acht Prozent auf illiquide Mittel (UNCTAD 2018a). Durch diese Repatriierungsmaßnahme könnten nach Prognosen der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD 2018b) über 3,2 Billionen US-Dollar an im Ausland kumulierten Gewinnrücklagen US-amerikanischer Unternehmen freigesetzt und in die USA zurückgeführt werden. Derartige Kapitalrückführungen könnten allgemein zu weniger ausländischen Direktinvestitionen im Ausland führen und die Bestände US-amerikanischer Investitionen im Ausland von aktuell 6,4 Billionen US-Dollar auf 4,5 Billionen US-Dollar senken. Auch für deutsche Unternehmen, die ausgeprägte lokale Produktion und Vertrieb in den USA haben, bestehen nun stärkere Anreize, Teile ihre Wertschöpfungsketten in die USA zu verlagern. Letztlich hängen die Auswirkungen auf die globalen Investitionsströme und -bestände allerdings von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen die Unternehmensentscheidungen einiger großer multinationaler US-Unternehmen (Apple, Microsoft, Cisco, Alphabet und Oracle), die politische Lage in den USA und nicht zuletzt die Reaktionen anderer Staaten. Diese könnten ebenfalls die Körperschaftssteuersätze senken und so den globalen Steuerwettbewerb intensivieren.
Ziel und Herkunftsländer ausländischer Direktinvestitionen, 2017 Direktinvestitionen in den USA (Herkunftsländer)
Bestände, Mrd. US-Dollar
Direktinvestitionen aus den USA (Zielländer)
Bestände, Mrd. US-Dollar
Vereinigtes Königreich
540,9
Niederlande
936,7
Europa (Sonstige)
517,4
Vereinigtes Königreich
747,6
Japan
469,0
Luxemburg
676,4
Kanada
453,1
Irland
446,4
Luxemburg
410,7
Kanada
391,2
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <https://www.bea.gov/international/di1usdbal.htm> (eingesehen am 10.09.2018).
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Direktinvestitionen in den USA aus dem Ausland nach Herkunftsländern in Prozent (Bestände 2017) Investitionsbestände in den USA aus dem Ausland insgesamt: 4 Bio. US-Dollar Irland 4% Sonstige 18%
Frankreich 7% Schweiz 8%
Deutschland 8% Vereinigtes Königreich 13% Niederlande 9%
Japan 12%
Luxemburg 10% Kanada 11%
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <https://www.bea.gov/international/di1usdbal.htm> (eingesehen am 08.10.2018).
Direktinvestitionen aus den USA im Ausland nach Zielländern in Prozent (Bestände 2017) Investitionsbestände aus den USA in anderen Ländern insgesamt: 6 Bio. US-Dollar Schweiz 4%
Singapur 5%
Inseln des Vereinigten Königreichs/Karibik 6% Bermuda 6%
Sonstige 27%
Kanada 6%
Irland 7%
Niederlande 16%
Luxemburg 11% Vereinigtes Königreich 12% Quelle: Bureau of Economic Analysis, <https://www.bea.gov/international/di1usdbal.htm> (eingesehen am 08.10.2018).
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Energiedaten Nach Angaben des Short-Term Energy Outlook (STEO) vom Oktober 2018 der U.S. Energy Information Administration (EIA 2018a) betrug die US-Rohölproduktion im Jahr 2017 schätzungsweise 9,4 Millionen Barrel pro Tag (b/d). Die US-Rohölproduktion stieg im Jahr 2017 um durchschnittlich 520.000 b/d auf insgesamt 9,3 Millionen b/d, nachdem im Jahr 2016 ein Rückgang von durchschnittlich 600.000 b/d zu verzeichnen war. Im November 2017 wurde die seit 1970 höchste durchschnittliche Rohölproduktion mit über zehn Millionen b/d erreicht. Die Förderung von US-Rohöl hat in den letzten zehn Jahren erheblich zugenommen, was hauptsächlich auf neue Produktionstechniken und den damit verbundenen geringeren Kosten (Seismic Drilling, Fracturing und zunehmende Digitalisierung im Ölgeschäft) zurückzuführen ist. Laut EIA wird sich die US-Rohölproduktion in den Jahren 2018 und 2019 mit durchschnittlich 10,7 Millionen b/d und 11,8 Millionen b/d auch zukünftig auf einem Wachstumskurs befinden. Nach einem deutlichen Anstieg des Rohölpreises im vergangenen Jahr rechnet die EIA für das Jahr 2019 mit gemäßigten Preissteigerungen. Nachdem der Rohölpreis der Sorte West Texas Intermediate (WTI) von 50,79 US-Dollar pro Barrel im Jahr 2017 auf annähernd 68,46 US-Dollar pro Barrel im Jahr 2018 stieg, wird die Preiserhöhung für 2019 auf 69,56 US-Dollar geschätzt. Die US-amerikanische Erdgasproduktion wird im Jahr 2018 auf durchschnittlich 85 Milliarden Kubikfuß pro Tag (ft³/p.d.) prognostiziert (etwa 2,5 BCM im europäischen Maß). Dies entspricht einem Anstieg von 10,33 Milliarden ft³/p.d. (rund 0,3 BCM) gegenüber dem Vorjahr und markiert ein neues Rekordhoch. Für das Jahr 2019 werden weitere Zuwächse in der Erdgasproduktion erwartet. Die EIA geht von einem Wachstum auf durchschnittlich 87,7 Milliarden ft³/p.d. (etwa 2,5 BCM) aus. Im Oktober 2018 betrug der Preis für Erdgas 3,17 US-Dollar pro Million British Thermal Units und liegt damit leicht über dem September-Niveau. Aufgrund der deutlichen Produktionszuwächse wird für das Jahr 2018 mit einem geringfügigen Preisanstieg gerechnet (2,99 US-Dollar pro Million British Thermal Units). Für das Jahr 2019 schätzt die EIA eine Erhöhung des Erdgaspreises auf 3,12 US-Dollar pro Million British Thermal Units. Die EIA prognostiziert für Privathaushalte einen moderaten Anstieg des Strompreises. Dieser lag im Jahr 2017 durchschnittlich bei 12,9 US-Cent pro Kilowattstunde und wird für 2018 auf 12,93 US-Cent pro Kilowattstunde geschätzt. Für das Jahr 2019 wird eine Erhöhung von rund 2,9 Prozent auf 13,31 US-Cent pro Kilowattstunde erwartet.
Wechselkurs Der US-Dollar hat seit Anfang des Jahres gegenüber dem Euro um rund 4,3 Prozent aufgewertet. Sein Jahreshoch erreichte er mit einem Preis von 0,866 Euro im August. Aktuell liegt der Dollarkurs (Euro/US-Dollar) bei 0,864 Euro und damit rund 1,9 Prozent über dem Vorjahresniveau im September 2017. Ähnlich entwickelte sich das Verhältnis zum britischen Pfund. Im Laufe des Jahres 2018 und insbesondere in den Monaten April bis September hat der US-Dollar gegenüber dem britischen Pfund um 8,54 Prozent hinzugewonnen. Das Pfund liegt momentan bei 1,3206 US-Dollar und somit leicht über dem Tiefstwert von 2016 (1,233 US-Dollar). Nach einem starken Wertverlust zu Jahresbeginn konnte der US-Dollar gegenüber dem Japanischen Yen deutlich hinzugewinnen und erreichte nach einem vorläufigen Höchststand im Juli (111,529 Yen) einen neuen Höchststand im Oktober bei 114,19 Yen (Federal Reserve Bank of St. Louis 2018).
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Die US-Notenbank Federal Reserve (FED) erhöhte den Leitzins im September zum dritten Mal in diesem Jahr um 0,25 Prozentpunkte. Bereits im März und Juni war es zu Zinserhöhungen gekommen. Da die Wirtschaft schnell wächst und sich die Arbeitslosigkeit auf einem niedrigen Stand befindet, könnte es bis Ende des Jahres zu weiteren Anhebungen kommen. Die EZB dürfte dagegen bis mindestens in den Sommer 2019 hinein an ihrer jetzigen Zinspolitik festhalten und hat jüngst erneut bekräftigt, die Anleihekäufe bis zum Jahresende auslaufen zu lassen.
Wechselkurs des US-Dollar 1995 - 2018, gewichtet nach Handelspartnern, normiert auf Januar 1997=100 140
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Wechselkurs Euro in US-Dollar, monatlicher Durchschnitt 1999 - 2018 1,6 1,5 1,4 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,8 Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 Quelle: Bundesbank,<https://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/Zeitreihen_ Datenbanken/ Makrooekonomische_Zeitreihen/its _details_value_node.html?nsc=true&ht tps=1&https =1&tsId=BBEX3.M.USD.EUR .BB.AC.A02> (eingesehen am 17.10.2018).
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Politische Lage Quo vadis, US-Kongress? Die Midterm Elections 2018 Am 6. November 2018 finden die Zwischenwahlen (Midterm Elections) des Kongresses statt. Zur Wahl stehen alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses und 35 von 100 Sitzen des Senats. Turnusmäßig werden alle zwei Jahre ein Drittel der Senatsmitglieder sowie alle Mitglieder des Repräsentantenhauses neu gewählt (Amtszeit der Senatoren ist sechs Jahre). Jeder Bundesstaat entsendet je zwei Mitglieder in den Senat. Die Gesamtzahl der Wahldistrikte und damit die Anzahl der gewählten Repräsentanten je Bundesstaat, hängen von der jeweiligen Bevölkerungszahl ab. Zurzeit halten die Republikaner eine Mehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat. Zudem werden in einigen Bundesstaaten Gouverneurswahlen abgehalten. Für alle drei Verfahren – Senatswahl, Repräsentantenhaus und Gouverneurswahlen – fanden Vorwahlen („primaries“) statt, in denen in der Regel je ein Kandidat der Partei bestimmt wird. In manchen Staaten dürfen nur registrierte Mitglieder der jeweiligen Partei in den Vorwahlen für ihren Kandidaten abstimmen („closed primaries“), in anderen Staaten gibt es solche Einschränkungen nicht („open primaries“). Sogenannte „top two-primaries“ (auch „non-partisan blanket primaries“ oder „jungle primaries“ genannt) stellen nach wie vor eine Ausnahme dar. In diesen Wahlen gibt es nur einen Wahlzettel mit allen Kandidaten. Die beiden Kandidaten, die die meisten Stimmen erhalten, stehen sich am Ende in der finalen Wahl gegenüber – unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Auf diese Weise wird in Kalifornien und Washington gewählt sowie in etwas abgewandelter Form in Louisiana. Die Zwischenwahlen sind ein Stimmungsbarometer für die Präsidentschaft. Laut einer aktuellen Umfrage der quantitativen Analysewebseite FiveThirtyEight liegt die Zustimmungsrate für Donald Trump bei 42,4 Prozent (Stand: 29.10.2018). 52,9 Prozent der Befragten nehmen eine ablehnende Haltung gegenüber dem Präsidenten ein. Barack Obamas Zustimmungsrate im selben Zeitraum (Tag 648 nach Amtseinführung) lag mit 45,4 Prozent nur ein paar Prozentpunkte höher (FiveThirtyEight 2018a). Für Trump sprechen derzeit die guten Wirtschaftsdaten. Dabei verlaufen die Zustimmungsraten laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center von Anfang Oktober 2018 deutlich entlang parteipolitischer Linien: 79 Prozent der Republikaner und „Republican Leaners“ (Personen, die zur republikanischen Partei tendieren) sind der Ansicht, dass Trump seinen Job gut macht, wobei die Zustimmungswerte unter konservativen Republikanern höher (87 %) als unter liberalen Republikanern (63 %) sind. Etwa 90 Prozent der Demokraten und „Democratic Leaners“ sehen dies anders; 95 Prozent der liberalen Demokraten und 85 Prozent der moderaten und konservativen Demokraten lehnen die „job performance“ von Trump ab. Zudem zeigen sich große Unterschiede entlang der Kategorien Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und Bildungsniveau. Während etwa 47 Prozent der männlichen Befragten die Art und Weise, wie Trump seinen Job macht, ablehnen, sind es 63 Prozent unter den weiblichen Befragten, 84 Prozent der afroamerikanischen Bevölkerung sowie 71 Prozent der Hispanoamerikaner. Jüngere Befragte sowie Befragte mit einem höheren Bildungsabschluss lehnen seine Art und Weise der Amtsführung eher ab als ältere Befragte und Personen mit einem niedrigeren Bildungsstand (Pew Research Center 2018a). Laut Umfragen ist das Wählerinteresse dieses Mal deutlich höher als in vergangenen Zwischenwahlen. In einer Umfrage vom Pew Research Center vom Juni 2018 gaben 60 Prozent der Befragten an, dass
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sie ihre Stimmabgabe als Wahl für beziehungsweise gegen Trump sehen. Dieselbe Umfrage zeigt, dass die Machtverteilung zwischen Republikanern und Demokraten im Kongress eine höhere Wahlmotivation darstellt als thematische Wahlversprechen (Pew Research Center 2018b). Inwiefern dies auch zu einer erhöhten Wahlbeteiligung führt, bleibt abzuwarten. Traditionell ist die Wahlbeteiligung bei den Zwischenwahlen deutlich niedriger als bei den Präsidentschaftswahlen. Wähler sind zudem im Schnitt etwas älter, besser gebildet und mit höherer Wahrscheinlichkeit weiß, was eher dem klassischen Wählerklientel der Republikaner entspricht. Die Frustration über Trumps Politik und Politikstil sowie die aufgeheizte politische Stimmung könnten jedoch mehr demokratischorientierte Wähler als sonst zur Stimmabgabe motivieren. Ein Indikator dafür ist die Wahlbeteiligung in den Vorwahlen. Laut dem Pew Research Center fiel diese 2018 gerade bei demokratisch-orientierten Wählern deutlich höher aus als in den Zwischenwahlen 2014 (Pew Research Center 2018c). Auch die Themen, die bisher den Wahlkampf dominierten – Krankenversicherung und die Reform des Einwanderungsrechts sowie auf einzelstaatlicher Ebene die Besetzung wichtiger Richterämter –, könnten zu einem Vorteil für die Demokraten werden. Die von den Republikanern als Erfolg gefeierte Steuerreform (Tax Cuts and Jobs Act of 2017) konnte bisher hingegen nicht die erwartete politische Zugkraft entfalten. Die wirtschaftlichen Vorteile der Reform sind nicht nur ungleich verteilt und haben in der breiten Bevölkerung kaum zu spürbaren Verbesserungen geführt. Umfragen zeigen zudem, dass die Meinung der Bevölkerung zur Steuerreform gespalten ist. Die online-Nachrichtenagentur RealClearPolitics erfasst die Umfrageergebnisse zu zahlreichen Politikfeldern, so auch der Steuerreform. Demnach befürworten durchschnittlich 40,3 Prozent der Befragten die Steuerreform, 41,5 Prozent lehnen sie ab (Stand 17. Oktober 2018) (RealClearPolitics 2018a). Die US-Wirtschaft brummt zwar, doch finden einer Pew-Umfrage (4. Oktober 2018) zufolge rund sechs von zehn USAmerikanern (63 %), dass das Wirtschaftssystem des Landes mächtige Interessen begünstigt, während nur ein Drittel (33 %) der Meinung ist, dass es den meisten Amerikanern gegenüber fair ist. Bei den demokratisch-orientierten Wählern sind 84 Prozent der Meinung, dass das Wirtschaftssystem unfair ist (Pew Research Center 2018d). Seit einigen Jahren ist eine Radikalisierung beider Parteien zu beobachten; sowohl die Republikaner als auch die Demokraten bedienen zunehmend den jeweils äußeren Rand ihrer politischen Basis. Dieser Trend ist nicht neu, hat sich aber im diesjährigen Wahlkampf noch einmal intensiviert. Die Republikaner scheinen immer weniger für ihre traditionellen Kernforderungen – fiskalischer Konservatismus, Haushaltsdisziplin oder auch Freihandel – einzutreten. Grenzschutzmauer, Abschaffung der Krankenversicherung oder auch liberale Waffengesetze – die Republikaner stehen zunehmend für einen radikalen Wertemix. Dies wird sich nach den Wahlen auch im Kongress widerspiegeln. Noch ist nicht absehbar, ob die Zahl der Trump-Republikaner tatsächlich spürbar ansteigen wird. Klar ist aber, dass zahlreiche traditionelle und moderate Republikaner im Kongress fehlen werden, da sie nicht wieder zur Wahl angetreten sind (Rudolf 2018). Bei den Demokraten zeigt sich hingegen eine wachsende Präferenz für linksliberale Kandidaten. Zu beobachten ist dies insbesondere in stark demokratisch-dominierten Wahlkreisen wie New Yorks 14. Kongresswahlbezirk. Dort setzte sich Alexandria Ocasio-Cortez gegen den langjährig amtierenden Abgeordneten Joseph Crowley durch. Die Demokratin gilt als weit links innerhalb ihrer Partei und tritt für eine umfassende Krankenversicherung und einen Mindeststundenlohn von 15 US-Dollar ein. Ein weiteres Beispiel ist die demokratische Kandidatin Ayanna Pressley. Sie forderte im 7. Kongresswahlbezirk von Massachusetts den seit vielen Jahren amtierenden demokratischen Mandatsinhaber Mike Capuano heraus und gewann. Auch sie befürwortet ein landesweites
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Krankenversicherungssystem und setzt sich für strenge Waffenkontrollen, öffentlichen Nahverkehr und Klimaschutz ein. Auch wenn von einem echten Linksruck in der Partei nicht die Rede sein kann, dürfte der Anteil linker progressiver Abgeordneter im Repräsentantenhaus nach den Zwischenwahlen doch steigen – und damit zu einer weiteren Polarisierung zwischen Demokraten und Republikanern führen. Sieg der Demokraten über das Repräsentantenhaus? Die Chancen stehen gut, dass die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen. Von den 435 Sitzen im Repräsentantenhaus halten die Republikaner zurzeit 241, die Demokraten 194 Sitze. Nur wenige Sitze von Demokraten gelten als kompetitiv. Da die Demokraten deshalb ihre eigenen Wahlbezirke weniger verteidigen müssen, kann sich die Partei stärker auf Bezirke mit schwachen republikanischen Amtsinhabern konzentrieren. Laut Prognosen von FiveThirtyEight liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen, bei 85,9 Prozent (Stand 30. Oktober 2018). Die Wahrscheinlichkeit, dass die Republikaner ihre derzeitige Mehrheit verteidigen, liegt entsprechend bei lediglich 14,1 Prozent (FiveThirtyEight 2018b). Die zugrundeliegende probabilistische Prognosemethode von FiveThirtyEight berücksichtigt eine Vielzahl verschiedener Umfrageergebnisse, wie zum Beispiel die „Sonntagsfrage“ nach der aktuellen Wahlabsicht. Weitere Faktoren sind: die Wahlhistorie im Bundesstaat oder Wahlbezirk, Fundraising – basierend auf dem Anteil individueller Beiträge für den Amtsinhaber oder den Herausforderer –, Zustimmungsraten zur aktuellen Zusammensetzung des Kongresses oder auch die politische Orientierung des Kandidaten und seines politischen Kontrahenten. Innerhalb der Stichprobe weist diese Schätzmethode für Wahlen zum Repräsentantenhaus von 1998 bis 2006 eine Genauigkeit von 96,7 Prozent auf. FiveThirtyEight berücksichtigt ferner auch Besonderheiten der Wahlbezirke. Neben den sicheren Wahlbezirken ordnen die Analysten von FiveThirtyEight manche Bezirke als „lean Democrat“ oder „lean Republican“ ein. Diese könnten unter Umständen auch an den jeweiligen politischen Gegner gehen. 21 Wahlbezirke gelten sogar als „toss-ups“, zu denen entweder aufgrund fehlender Daten oder eines engen politischen Rennens keine seriöse Prognose abgegeben werden kann. Auch das sogenannte „gerrymandering“ wird in den Prognosen berücksichtigt. Die Grenzen der 435 Wahlbezirke werden alle zehn Jahre von den jeweiligen Bundesstaaten angepasst, um Veränderungen in den Bevölkerungszahlen gerecht zu werden. So soll sichergestellt werden, dass Wahlbezirke möglichst gleich große Bevölkerungsanzahlen aufweisen. Der genaue Zuschnitt kann jedoch auch politisch motiviert sein. Anhand von Kenntnissen über die soziokulturelle und demografische Struktur eines Wahlbezirkes können zuverlässige Annahmen darüber gemacht werden, zu welchem politischen Lager die Mehrheit der Einwohner tendiert. Die regierende Partei kann die Grenzen der Bezirke auf Basis dieser Informationen zu ihren Gunsten ziehen – dies wird als „gerrymandering“ bezeichnet. Beispielsweise kann ein demokratisch-dominierter Wahlkreis aufgelöst werden, indem die demokratischen Wähler über mehrere angrenzende, mehrheitlich republikanischgeprägte Wahldistrikte verteilt werden. Die letzte Volkszählung durch das United States Census Bureau fand 2010 statt. Laut Experten fiel die darauffolgende Grenzziehung der Wahlbezirke eher zugunsten der Republikaner aus, da diese in vielen Bundestaaten die regierende Partei stellten. Die nächste Volkszählung findet 2020 statt. Der Ausgang der diesjährigen Gouverneurswahlen wird somit
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einen entscheidenden Einfluss auf den neuen Zuschnitt der Wahlkreise – und somit die zukünftigen Chancen der beiden Parteien – haben. Können die Republikaner ihre Mehrheit im Senat halten? Am 6. November stehen 35 Senatssitze zur Wahl, davon zwei durch außerordentliche Wahlen in Minnesota und Mississippi. In Minnesota wird außerordentlich gewählt, da der demokratische Senator Al Franken Anfang des Jahres nach Missbrauchsvorwürfen zurückgetreten war. In Mississippi hatte sich der republikanische Senator Thad Cochran im April 2018 aus gesundheitlichen Gründen aus dem Senat zurückgezogen. Aktuell verfügen die Demokraten, einschließlich zweier Parteiunabhängiger, die sich mit ihnen zusammengeschlossen haben, über 26 der zur Wahl stehenden 35 Sitze. Die Demokraten müssen also deutlich mehr Sitze verteidigen. Zehn dieser 26 Sitze liegen in Staaten, die 2016 für Trump stimmten. Dagegen müssen die Republikaner lediglich neun Sitze verteidigen, von denen sich nur einer in einem Bundesstaat befindet, den Hillary Clinton 2016 mehrheitlich für sich entschieden hatte. Nach Analysen des Pew Research Centers spiegeln die Senatswahlen zunehmend das Abstimmungsverhalten der vorangegangenen Präsidentschaftswahlen wider. Dies war nicht immer der Fall; meist schwang der Senat politisch in die Gegenrichtung. 1982 entschieden die Demokraten beispielsweise noch 17 der 28 Senatssitze in Bundesstaaten für sich, die in der vorangegangenen Präsidentschaftswahl an Ronald Reagan gegangen waren. Ende der 1980er Jahre begann sich dies – mit wenigen Ausnahmejahren (unter anderem 1992 und 2006) – umzukehren. Seit 2013 wurden 69 von 73 Wahlen um Senatsposten von Kandidaten derjenigen Partei gewonnen, welche die letzte Präsidentschaftswahl für sich entschieden hatte. So spiegelten auch die Senatswahlen 2016 insgesamt die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl wider (Pew Research Center 2018e). Die Wahrscheinlichkeit, dass die Republikaner ihre Mehrheit im Senat halten, liegt auch deswegen laut Prognosen von FiveThirtyEight bei 78,7 Prozent (Stand 21.10.2018). Besonders umkämpfte Bundesstaaten sind Nevada, Florida, North Dakota, Arizona, Tennessee und Texas (FiveThirtyEight 2018c). Gouverneurswahlen In 36 Bundesstaaten 2 sowie in Guam, den Nördlichen Marianen-Inseln und den Amerikanischen Jungferninseln finden Gouverneurswahlen statt. 19 der amtierenden Gouverneure aus den Bundesstaaten und zwei Gouverneure von Territorien treten zur Wiederwahl an. Zurzeit halten die Demokraten neun, die Republikaner 26 der Gouverneursposten (der Gouverneur von Alaska ist unabhängig). Die Republikaner müssen somit deutlich mehr Posten verteidigen. FivethirtyEight prognostiziert, dass von den 36 Bundestaaten 15 an die Demokraten gehen werden (Varianz in der Wahrscheinlichkeit der einzelnen Bundesstaaten) und 17 an die Republikaner. Vier
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Dabei handelt es sich um Alabama, Alaska, Arizona, Arkansas, Colorado, Connecticut, Florida, Georgia, Hawaii, Idaho, Illinois, Iowa, Kalifornien, Kansas, Maine, Maryland, Massachusetts, Michigan, Minnesota, Nebraska, Nevada, New Hampshire, New Mexico, New York, Ohio, Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Texas, Vermont, Wisconsin und Wyoming.
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Bundesstaaten sind „toss-ups“ – in drei haben die Republikaner leicht die Nase vorn (Georgia, Nevada, Ohio), in einem die Demokraten (Wisconsin). FivethirtyEight nimmt zudem an (Stand Ende Oktober), dass die Demokraten nach der Wahl in insgesamt 24 Bundesstaaten regieren (aktuell stellen sie in 16 Bundesstaaten die Regierungspartei), während die Republikaner in 26 Bundesstaaten an der Macht sein werden (bisher 33 Bundesstaaten). Bei sieben Sitzen, die derzeit von Republikanern gehalten werden, wird von einem Wahlsieg der Demokraten ausgegangen: Illinois (91,5 %), Maine (90,4 %), Michigan (95,0 %), New Mexico (92,7 %), Iowa (84,8 %), Florida (78,2 %) und Wisconsin (59,4 %) (FiveThirtyEight 2018d). Nicht nur im Wahlkampf um das Repräsentantenhaus und den Senat, sondern auch um die Gouverneursposten zeigt sich die Polarisierung in der amerikanischen Politik, so beispielsweise in Florida. Andrew Gillum, welcher der erste afroamerikanische Gouverneur von Florida werden könnte, ist ein progressiver Demokrat und Anhänger von Bernie Sanders. Sein Kontrahent, der Republikaner Ron DeSantis, gehört hingegen zu den engsten politischen Verbündeten von Präsident Trump. Laut FiveThirtyEight hat Gillum einen deutlichen Vorsprung gegenüber DeSantis (78,2 % zu 21,8 %; Stand: 30. Oktober 2018) (FiveThirtyEight 2018d). Zwischenwahlen: Bremse für die Trump-Agenda? Da die gesetzgebende Gewalt hauptsächlich im US-Kongress ruht, hat der Ausgang der Zwischenwahlen entscheidenden Einfluss auf die Umsetzung der Agenda von Präsident Trump. Gesetzesvorschläge müssen von beiden Kammern mit einer einfachen Mehrheit von 51 Stimmen verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden. Im Repräsentantenhaus müssen also mindestens 218 Abgeordnete einem Gesetzesentwurf zustimmen. Im Senat können Abstimmungen durch einen sogenannten Filibuster verhindert werden, der durch mindestens 60 Stimmen wieder aufgehoben werden kann. Anschließend reicht eine einfache Mehrheit, um ein Gesetz zu verabschieden. Aktuell benötigen die Republikaner mit einer Mehrheit von 51 Sitzen im Senat die Zustimmung von mindestens neun Demokraten, um einen Filibuster aufzuheben. Gelänge es den Republikanern, ihre Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses zu verteidigen, dürften sie mit großer Wahrscheinlichkeit erneut versuchen, die Gesundheitsreform Barack Obamas, „Obamacare“, aufzuheben und das kostenintensive Infrastrukturpaket durchzubringen. Die Finanzierung einer Grenzmauer zu Mexiko wäre vermutlich ein weiteres großes Gesetzesvorhaben, welches die Republikaner zur Abstimmung in den Kongress bringen würden. Ob ihre Chancen besser als in den vergangenen zwei Jahren stehen, bleibt abzuwarten. Denn das Scheitern der Initiativen lag nicht nur an den Demokraten, sondern auch an der Opposition in den eigenen Reihen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist schwer abzuschätzen, ob die Republikaner nach den Wahlen besser „auf Linie“ sein werden. Zu den schärfsten Trump-Kritikern unter den Republikanern gehörte der kürzlich verstorbene Senator John McCain (R-Arizona). McCain stimmte beispielsweise gegen den „Health Care Freedom Act“, durch den die Gesundheitsreform „Obamacare“ ersatzlos abgeschafft werden sollte. Jon Kyl, der vorläufig bis zu einer außerordentlichen Wahl im Jahr 2020 als Nachfolger von McCain in den Senat gezogen ist, gilt als konservativer Republikaner. Kyl stimmte gegen Obamacare und unterstützte den umstrittenen Brett Kavanaugh als neues Mitglied des Obersten Gerichtshofs. Im Jahr 2007 cosponserte Kyl gemeinsam mit Edward Kennedy (D-Massachusetts) eine Immigrationsreform, durch die nicht dokumentierte Immigranten mit Wohnsitz in den USA einen legalen Status und einen Weg
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zur Staatsbürgerschaft erlangt hätten. Gemeinsam mit dem republikanischen Senator Jeff Flake (RArizona) rief er jüngst überdies zu einer umfassenden Lösung der Migrationsströme aus Mexiko auf, womit er sich bewusst gegen die vom Weißen Haus präferierten Lösungen stellte. Auch Flake wird aus dem Senat ausscheiden. Der Senator setze sich für die Aufhebung der Gesundheitsreform „Obamacare“ ein, gilt aber dennoch als gemäßigter Republikaner, der Trump wiederholt scharf kritisierte. Er brachte gemeinsam mit der Demokratin Heidi Heitkamp (D-North Dakota) eine Initiative in den Senat ein, die DACA („Deferred Action for Childhood Arrivals“), ein Schutzprogramm für Migranten, die als Kinder in die USA gekommen waren, um drei Jahre verlängern sollte. Martha McSally, die für Jeff Flake in den Senat ziehen möchte, gilt als Unterstützerin Trumps, hat sich aber bei den Wählerinnen in Arizona noch nicht eindeutig als Favoritin durchsetzen können. Sie führt laut RealClearPolitics im Durchschnitt aller Umfragen leicht gegenüber ihrer demokratischen Gegenkandidatin, Kyrsten Sinema (McSally: 46 %; Sinema: 45,3 %) (RealClearPolitics 2018b). Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Senats, Bob Corker (R-Tennessee), steht in seinem Heimatstaat Tennessee ebenfalls nicht mehr zur Wahl. Corker äußerte sich immer wieder kritisch zur Steuerreform, auch wenn er letztlich für diese abstimmte. Dies bezeichnete Corker später als vielleicht größten Fehler seiner Laufbahn. Corker stieß Mitte des Jahres gemeinsam mit weiteren Senatoren erfolglos ein überparteiliches Gesetzgebungsvorhaben an, das die Kompetenzen des US-Präsidenten in Handelsfragen einschränken sollte. Die wahrscheinliche Nachfolgerin Corkers ist Marsha Blackburn – eine echte Trumpianerin. Laut RealClearPolitics führt sie im Durchschnitt aller Umfragen (Stand 18. Oktober 2018) deutlich (48,8 %) gegenüber dem demokratischen Gegenkandidaten Phil Bredesen (42,3 %) (RealClearPolitics 2018c). Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan (R-Wisconsin), gab im April 2018 bekannt, nicht erneut kandidieren zu wollen. Ryan gilt als Verfechter des Freihandels und scheute sich nicht, auch gegen politische Entscheidungen von US-Präsident Trump öffentlich Stellung zu beziehen. So kritisierte Ryan die von Trump verhängten Zölle gegen Stahl- und Aluminium und warnte vor den Folgen eines Handelskonfliktes. Der derzeit für Ryans Wahlkreis favorisierte republikanische Kandidat Bryan Steil, hat sich erfolgreich als dessen natürlicher Nachfolger positioniert: er ist fiskal-konservativ und wirtschaftsfreundlich. Sollten die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen, würde dies mit großer Wahrscheinlichkeit das Ende von Trumps legislativer Agenda in vielen Bereichen bedeuten. Zwar könnte dies den Präsidenten nicht davon abhalten, weitere Durchführungsverordnungen (Executive Orders) zu unterzeichnen. Diese sind aber in ihrem Regelungsbereich begrenzt (zum Thema Handel siehe Sonderschwerpunk Handelspolitik) und dienen lediglich der administrativen Interpretation bestehender Gesetze. Kleinere symbolische Gesetzesentwürfe wären sicherlich noch möglich; umfassende Initiativen der Republikaner, wie eine Gesundheits- oder Einwanderungsreform, würden aber sicher scheitern. Dass Trump seinen umstrittenen Kandidaten für den Obersten Gerichtshof, Brett Kavanaugh, zum Ärger vieler Demokraten durchsetzen konnte, hat die Kompromissbereitschaft der Opposition noch einmal reduziert. Doch auch den Demokraten dürfte es schwerfallen, ihre legislative Agenda umzusetzen. Allen Prognosen nach werden sie auch nach den Wahlen weit davon entfernt sein, aus eigener Kraft einen Filibuster im Senat zu überwinden. Eine Ausnahme könnte die Reform der Infrastruktur darstellen – eines der Wahlversprechen von Präsident Trump. Auch die Demokraten setzen sich für ein umfassendes Ausgabenpaket ein, um die marode Infrastruktur in den USA zu modernisieren. Bei einem Mehrheitswechsel im Repräsentantenhaus wird Peter DeFazio (D-Oregon) als neuer Vorsitzender des Ausschusses für
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Infrastruktur gehandelt. DeFazio gehört fest ins linksliberale Spektrum der Demokraten. Allerdings sprechen zwei Faktoren gegen eine erfolgreiche Infrastrukturreform: Viele konservative Republikaner stehen steigenden Staatsausgaben und der wachsenden Verschuldung nach wie vor kritisch gegenüber. Unter den Demokraten ist das Projekt umstritten, da dies ein weiterer Sieg für die TrumpAdministration wäre und damit die Chancen für seine Wiederwahl steigen könnten. DeFazio dürfte daher der Trump Administration weitreichende Zugeständnisse abverlangen. Im Falle einer Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus wäre auch die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump denkbar. Dieses als „Impeachment“ bekannte Verfahren kann von einem einzelnen Abgeordneten des Repräsentantenhauses wie ein Gesetzesentwurf eingebracht werden. Der für Amtsenthebungen zuständige Justizausschuss entscheidet über die Abstimmung des Antrags im Plenum. Im Repräsentantenhaus reicht eine einfache Mehrheit aus, um den Antrag an den Senat zu verweisen und den Präsidenten anzuklagen. Die Anhörungen im Senat werden vom vorsitzenden Richter des Obersten Gerichtshofes geleitet. In dieser Anhörung fungieren Vertreter des Repräsentantenhauses als Ankläger. Ein Schuldspruch erfolgt, wenn der Senat mit einer Zweidrittelmehrheit für die tatsächliche Amtsenthebung stimmt. Gegen die Einleitung eines Verfahrens gegen Präsident Trump spricht, dass dieses mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die nötige Zweidrittelmehrheit im Senat erlangen würde. Zudem dürfte ein solches Verfahren den gesetzgeberischen Prozess zwischen der Legislative und dem Weißen Haus zum Stillstand bringen. Auch weil die Zustimmungsraten in der Bevölkerung für den Kongress seit Jahren sehr niedrig sind, wäre ein Amtsenthebungsverfahren mit einem hohen politischen Preis für die Demokraten verbunden. Laut Gallup befürworteten im September 2018 nur 19 Prozent der Befragten die Art und Weise, wie der Kongress seine Arbeit erledigt (Gallup 2018a). Angesichts dessen könnten die Demokraten von dem Versuch eines Amtsenthebungsverfahrens Abstand nehmen. Gleichwohl ist damit zu rechnen, dass sie die Trump-Administration stärker unter Druck setzen werden, indem sie weitere Untersuchungen über deren Tätigkeiten einleiten. So geht mit der Kontrolle über das Repräsentantenhaus die Möglichkeit einher, Vorladungen auszusprechen, Dokumente einzusehen und Zeugen zu befragen.
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Sonderschwerpunkt US-Handelspolitik Handel als Zero-Sum-Game: Leitlinien der Handelspolitik von Präsident Trump Der Rückzug der USA aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) 3, die Neuverhandlungen der Abkommen mit Mexiko und Kanada (NAFTA) sowie Südkorea (KORUS) und die Blockade der Nachbesetzung des Berufungsgremiums (Appellate Body) der WTO signalisieren einen deutlichen Bruch mit der traditionellen Handelspolitik der USA. US-Präsident Donald Trump will Arbeitsplätze in die USA zurückholen. Dabei setzt er auf Protektionismus und begründet dies mit dem Schutz der nationalen Sicherheit. Dass sich Trumps Handelspolitik deutlich von der seiner Vorgänger unterscheidet, bestätigt ein Blick auf die Handelspolitische Agenda 2018, die das Büro des USHandelsbeauftragten (USTR) im März 2018 veröffentlichte. Die Agenda basiert auf fünf Säulen:
Unterstützung der nationalen Sicherheit: Handelspolitik müsse gemäß der TrumpAdministration die nationalen Interessen der USA stärker in den Vordergrund stellen. Deshalb müsse die Handelspolitik der nationalen Sicherheitsstrategie der USA entsprechen. Es würde keinen Sinn machen, Handelsabkommen zu schließen, die Gegner stärken oder die USA schwächen.
Stärkung der US-Wirtschaft: Der im Dezember 2017 von US-Präsident Donald Trump unterzeichnete Tax Cut and Jobs Act (TCJA) wird als das bedeutendstes Steuersenkungsund -reformgesetz seit über 30 Jahren bezeichnet. Dieses Gesetz werde die US-Wirtschaft stärken und dazu beitragen, dass Unternehmen und Arbeitnehmer in den USA auf den globalen Märkten wettbewerbsfähiger würden.
Verhandlung besserer Handelsabkommen: Die Trump-Administration will fairere und ausgewogenere Handelsabkommen verhandeln, um US-amerikanische Arbeitsplätze und Wohlstand zu fördern. Das zwischen den USA, Mexiko und Kanada bestehende Freihandelsabkommen NAFTA sowie das Abkommen mit Südkorea (KORUS) sollen für alle Seiten vorteilhafter gestaltet werden.
Aggressive Durchsetzung von US-Handelsrecht: Zu den Prioritäten der TrumpAdministration gehört zudem eine rigorose Anwendung der nationalen Handelsgesetze. Unfaire Handelspraktiken sollen nicht mehr toleriert werden. Zu diesen Gesetzen gehört beispielsweise das Handelsgesetz von 1974 mit seinem Abschnitt 301. Dieser erlaubt es dem Präsidenten, vergeltende Maßnahmen, einschließlich Zölle und Quoten einzusetzen, wenn ein Land den USA Rechte unter einem Freihandelsabkommen verweigert oder Maßnahmen ergreift, die unberechtigt, unangemessen und diskriminierend sind. Die Handelsagenda bezieht sich auch auf die Untersuchungen von Stahl- und Aluminiumimporten unter Abschnitt 232 des Handelsgesetzes von 1962, bei denen es zu bestimmen gilt, ob bestimmte Importe die nationale Sicherheit der USA gefährden.
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Nach dem Rückzug der USA aus der TPP wurde das pazifische Abkommen in CPTPP (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership) umbenannt.
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Reform des internationalen Handelssystems: Die WTO wird als wichtige Institution des internationalen Handelssystems anerkannt. Gleichzeitig unterstreicht der Bericht des USTR, dass die WTO nicht so funktioniere, wie es sich die Vertragsparteien vorgestellt hätten. Unter anderem werde kritisiert, dass das Streitschlichtungssystem sein Mandat überschreite und in Bereiche eingreife, die eigentlich den WTO-Mitgliedern obliegen würden. Ferner wird der WTO angelastet, notwendige Abkommen nicht zum Abschluss zu bringen.
US-Präsident Donald Trump hat zwar bisher nicht alle Drohungen aus seinem Wahlkampf wahrgemacht. Die USA sind noch immer Mitglied der WTO und auch NAFTA wurde nicht aufgekündigt. Dennoch unterscheidet sich die Trump‘sche Handelspolitik deutlich von der seiner Vorgänger. Die USA blockieren derzeit die Nachbesetzung von Mitgliedern des WTO-Berufungsgremiums. Mit den im März 2018 in Kraft getretenen Zöllen auf Stahl und Aluminium, den Strafzöllen gegen China wegen Diebstahl geistigen Eigentums ohne vorheriges WTO-Verfahren sowie dem vermehrten Gebrauch handelspolitischer Schutzinstrumente wie Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen, untergraben die USA das multilaterale, regelbasierte Handelssystem. Für Präsident Trump scheint der Handel ein Nullsummenspiel zu sein: Exporte sind gut, Importe sind schlecht; Investitionen im Inland sind gut, Investitionen im Ausland sind schlecht – und das große Handelsbilanzdefizit der USA ist ein Zeichen dafür, dass andere Länder unfair handeln. US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross fordert absolute Reziprozität im Handel. Er vergleicht dabei Produkt mit Produkt, Sektor mit Sektor und Land mit Land. Beispielsweise kritisiert er, dass die EU einen höheren Zoll auf Pkw erhebt als die USA. Reziprozität stellt seit jeher eines der fundamentalen Prinzipien der WTO dar. Es besagt, dass sich gegenseitig gewährte Marktzugangsrechte die Waage halten sollen. Die bei der WTO gebundenen Zollobergrenzen sind das Ergebnis jahrzehntelanger Verhandlungen zwischen Staaten, die verschiedene Schutz- und Marktzugangsinteressen haben. Dementsprechend kann Reziprozität gewahrt sein, wenn sich Staaten gegenseitig Marktzugangsrechte in verschiedenen Sektoren einräumen. Als Ergebnis können die Zollsätze auf dasselbe Produkt von Land zu Land durchaus unterschiedlich ausfallen. Dies spielt in der Logik der Handelspolitik von Präsident Trump jedoch keine Rolle.
Protektionismus unter dem Deckmantel der Nationalen Sicherheit: 232-Zölle Präsident Trump rechtfertigt protektionistische Maßnahmen mit der Gefährdung der nationalen Sicherheit. Das Instrument hierfür ist Abschnitt 232 des Trade Expansion Act of 1962. Als ersten Schritt sieht Abschnitt 232 eine Untersuchung durch das Wirtschaftsministerium vor. Kommt diese zu dem Ergebnis, dass die nationale Sicherheit der USA gefährdet ist, kann der Präsident den Import des betreffenden Produktes einschränken. Für die Untersuchung hat das US-Wirtschaftsministerium (Department of Commerce, DOC) maximal 270 Tage Zeit. Dazu verfasst das Bureau of Industry and Security, das dem DOC untergeordnet ist, einen entsprechenden Bericht. Im Anschluss wird der Bericht an den Kongress übermittelt. Der Präsident entscheidet innerhalb von 90 Tagen, ob er der Einschätzung des Wirtschaftsministers folgt und ob importbeschränkende Maßnahmen ergriffen werden sollen. Danach muss er innerhalb von 30 Tagen seine Entscheidung gegenüber dem Kongress begründen. Folgende Punkte werden in der Untersuchung des DOC miteinbezogen:
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die notwendige inländische Produktion zur Erfüllung von Anforderungen der nationalen Verteidigung;
die inländische industrielle Kapazität, um diese Anforderungen zu erfüllen;
die damit verbundenen personellen und materiellen Ressourcen;
die Importe von Waren hinsichtlich ihrer Quantität und ihrer Nutzung;
die Verbindung von nationalem Wohlstand zur nationalen Sicherheit der USA;
der Verlust an Fertigkeiten und Investitionen, substanzielle Arbeitslosigkeit und die Verringerung von Staatseinnahmen;
der Einfluss ausländischen Wettbewerbs auf spezifische inländische Industrien und der Einfluss der Verdrängung inländischer Produkte durch übermäßige Importe.
Seit 1980 hat das DOC laut dem Bureau of Industry and Security insgesamt sechzehn Abschnitt-232Untersuchungen vorgenommen und abgeschlossen, darunter für Erdöl (1982; 1989; 1994; 1999); Bolzen, große Schrauben und Muttern (1983) und metallschneidende und metallformende Maschinenwerkzeuge (1983). Seit der Gründung der WTO im Jahr 1995 gab es – die aktuellen Untersuchungen zu Stahl und Aluminium ausgenommen – nur zwei Untersuchungen unter Abschnitt 232. In den meisten Fällen (mit Ausnahme der Erdölimporte) kam das DOC zu dem Ergebnis, dass die Importe keine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellten. Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit sind unter der WTO grundsätzlich erlaubt. Artikel XXI des GATT erlaubt WTO-Mitgliedern, Maßnahmen zu ergreifen, die sie für notwendig erachten, um ihre nationale Sicherheit („essential security interests“) zu schützen. Anders als bei Schutzmaßnahmen, für die das WTO-Abkommen über Schutzmaßnahmen Ausführungsbestimmungen definiert, gibt es kein zusätzliches WTO-Abkommen zu GATT-Artikel XXI. Bisher hatten WTO-Mitglieder – auch aus Sorge, damit eine große Hintertür für protektionistische Maßnahmen zu öffnen – von ihrem Recht unter Artikel XXI so gut wie keinen Gebrauch gemacht. Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte Bereits im Wahlkampf hatte US-Präsident Donald Trump angekündigt, traditionelle heimische Wirtschaftszweige wie die Stahlindustrie, vor vermeintlich unfairem Wettbewerb schützen zu wollen. Im April 2017 wies Trump den US-Wirtschaftsminister an, gemäß Abschnitt 232 des Trade Expansion Act of 1962 zu untersuchen, ob Stahl- beziehungsweise Aluminiumimporte die nationale Sicherheit gefährden. Das DOC legte Anfang 2018 seine Berichte vor. Das Ergebnis: die Importe von Stahl und Aluminium bedrohten die nationale Sicherheit der USA. Die Gefährdung der Sicherheit begründete das DOC unter anderem mit
dem Beschäftigungsrückgang in der Stahl- (und Aluminium)industrie,
der Schließung von Stahlwerken
und der steigenden Zahl von Anti-Dumping- und Ausgleichszöllen.
Erhöhte Produktionserfordernisse auf Basis nationaler Notfälle oder nationaler Sicherheitsbedürfnisse könnten so gegebenenfalls nicht mehr angemessen erfüllt werden. Das DOC empfahl dem USPräsidenten in beiden Berichten, schützende Maßnahmen zu ergreifen.
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Am 8. März 2018 gab Trump schließlich die Einführung von Zöllen auf Stahl (25%) und Aluminium (10 %) per Proklamation bekannt. Die Zölle traten am 23. März 2018 in Kraft. Die EU war, neben weiteren Ländern (Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, Mexiko), zunächst bis zum 1. Mai 2018 von den Zöllen ausgenommen. Wenige Stunden vor Ablauf der Schonfrist verlängerte Trump die Ausnahmeregelung für die EU, Kanada und Mexiko ein weiteres Mal bis Juni 2018. Laut dem Weißen Haus hatten die USA bis dahin Vereinbarungen mit Argentinien, Australien und Brasilien geschlossen. Auf der Grundlage weicher Importquoten sind diese Länder dauerhaft von den Zöllen befreit. Südkorea konnte auf Basis des Freihandelsabkommens KORUS eine Einigung erzielen, musste dafür aber auch bestimmte Zugeständnisse machen. Seit Juni 2018 erheben die USA nun auch Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus der EU, Kanada und Mexiko. Die EU ist weltweit der zweitgrößte Stahlproduzent; innerhalb der EU ist Deutschland der größte Stahlproduzent. Die EU muss außerdem angesichts umgeleiteter Handelsströme aus anderen Ländern mit steigenden Importen rechnen. Die Zölle auf Aluminium werden sich vermutlich weniger drastisch auswirken. Allerdings werden auch hier negative Folgen infolge der handelsumleitenden Effekte erwartet. Die EU hat – wie viele andere Handelspartner der EU – mit einer Reihe handelspolitischer Maßnahmen auf die US-Zölle reagiert. 1. Schutzmaßnahmen: Im März 2018 leitete die EU eine Untersuchung über Schutzmaßnahmen ein. Um Schutzzölle erheben zu können, müssen gemäß Artikel XIX GATT in Verbindung mit Artikel 2.1 des Abkommens über Schutzmaßnahmen folgende materiell-rechtliche Bedingungen erfüllt sein:
Es muss nachgewiesen werden, dass eine Ware in erhöhten Mengen in das Gebiet jenes WTO-Mitglieds eingeführt wird, das die Schutzmaßnahme in Erwägung zieht.
Der Importanstieg muss in Folge unvorhergesehener Entwicklungen und der Auswirkungen der von einer Vertragspartei aufgrund des GATT eingegangenen Verpflichtung erfolgt sein.
Dem inländischen Wirtschaftszweig, der gleichartige oder unmittelbar konkurrierende Waren produziert, muss ernsthafter Schaden zugefügt werden oder zugefügt zu werden drohen.
Schließlich muss der Anstieg der Importe kausal für Schäden des Wirtschaftszweiges sein.
Die Prüfung, die sich zunächst auf 28 Kategorien von Stahlprodukten bezieht, soll innerhalb von neun Monaten abgeschlossen sein. Am 19. Juli 2018 ergriff die EU vorläufige Schutzmaßnahmen („provisional safeguard measures“) in Höhe von zusätzlich 25 Prozent des Warenwerts auf 23 von insgesamt 28 untersuchten Stahlproduktkategorien. Die vorläufigen Schutzmaßnahmen sind in Form einer Zollquote in Kraft getreten. Der Zusatzzoll in Höhe von 25 Prozent wird erst erhoben, wenn die durchschnittliche Importquote der letzten drei Jahre überschritten wird. Die Maßnahmen gelten maximal 200 Tage. 2. Ausgleichsmaßnahmen: Artikel XIX des GATT und das WTO-Übereinkommen über Schutzmaßnahmen gestatten einem von Schutzmaßnahmen betroffenen Staat, WTOKonzessionen gegenüber dem sich schützenden Staat zu suspendieren. Dies kann auch in
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anderen Warengruppen als den von Schutzmaßnahmen betroffenen Warengruppen geschehen. Am 16. April 2018 stellte die EU entsprechend einen Antrag auf Konsultationen mit den USA unter dem WTO-Abkommen über Schutzmaßnahmen. Die EU kritisierte in ihrem Antrag vor allem ein fehlerhaftes prozedurales Vorgehen der USA, das den betroffenen Handelspartnern nicht ausreichend Zeit für Konsultationen eingeräumt hätte, um eine mögliche Kompensation der ökonomischen Schäden zu vereinbaren, wie es Artikel 12.3 des Abkommens über Schutzmaßnahmen verlangt. Am 18. Mai 2018 notifizierte die EU präventiv Ausgleichszölle (sogenannte RebalancingMaßnahmen) auf Warenimporte in Höhe von 2,8 Milliarden Euro jährlich bei der WTO, die in Übereinstimmung mit dem WTO-Regelwerk seit dem 20. Juni in Kraft sind. Bestimmte USExportartikel wie Jeans, Orangensaft, Whiskey, Motorräder sowie weitere Waren werden seitdem mit Einfuhrzöllen in Höhe von 25 Prozent belegt. Darüber hinaus plant die Europäische Kommission weitere ad valorem Zölle in Höhe von 10 bis 50 Prozent auf Importe mit einem Warenwert von 3,6 Milliarden Euro jährlich, die nach aktueller Planung allerdings erst 2021 in Kraft treten sollen. Sollte die WTO die US-Zölle zu einem früheren Zeitpunkt als illegal einstufen, behält sich die EU auch eine Implementierung vor 2021 vor. Diese zweite, erweiterte EU-Liste aller US-Exporte, die zukünftig von Importzöllen betroffen sein werden, wurde bei der WTO notifiziert und veröffentlicht. 3. Streitbeilegungsverfahren: Am 1. Juni beantragte die EU als ersten Schritt eines Streitbeilegungsverfahrens Konsultationen mit den USA bei der WTO. Die Klage bezieht sich in erster Linie auf das Abkommen über Schutzmaßnahmen, wobei sich die EU einen späteren Rekurs auf weitere Artikel der betreffenden Abkommen vorbehält. Darüber hinaus kritisiert der EU-Antrag Abschnitt 232 des Trade Expansion Act von 1962 als „inkonsistent“ mit den Rechten und Pflichten, die sich die Vereinigten Staaten im Rahmen des WTO-Abkommens auferlegt haben. Die EU stellt einen Bruch unter anderem mit folgenden Artikeln und Abkommen fest: Artikel I:1 GATT (Verstoß gegen die Meistbegünstigung/-Gleichbehandlung aller WTO-Mitglieder); Artikel II:1 GATT (Verstoß gegen die multilateralen Zollverpflichtungen der USA); Artikel X:3 GATT (US-Maßnahmen sind nicht einheitlich, objektiv und verhältnismäßig durchgeführt worden); Artikel XI:1 GATT (Einführung unerlaubter Importquoten); Artikel XIX:1 a) GATT (Aussetzung von Zollpräferenzen, obwohl die Importmengen keine Bedrohung für die heimische Industrie darstellen); Artikel XIX:2 GATT (Verstoß gegen Melde- und Konsultationspflichten); Abkommen über Schutzmaßnahmen: verschiedene Artikel; unter anderem: keine ordentliche Ermittlung einer (drohenden) ernsthaften Schädigung der heimischen Industrie. Mehrere Länder beantragten, dem Streitfall als Drittkläger beizutreten, darunter Japan, China, Thailand, die Türkei, Kanada, Indien, Mexiko, Norwegen und Russland. Nach Ablauf der vorgeschriebenen 60-tägigen Konsultationsphase kann die Einrichtung eines WTO-Streitschlichtungspanels beantragt werden. Am 18. Oktober baten die EU, Norwegen und weitere Staaten die WTO, ein solches Panel einzurichten. Die EU lehnt die Rechtfertigung der USA, dass die Zölle dem Schutz der nationalen Sicherheit dienten, ab. Alle drei von der EU genutzten Maßnahmen beziehen sich dementsprechend nicht auf Artikel XXI des GATT, sondern auf Artikel XIX und das Übereinkommen über Schutzmaßnahmen. Gegen die Ausgleichszölle der EU und weiterer Länder (Türkei, China, Kanada, Mexiko) legten die USA Mitte Juli Beschwerde bei der WTO ein. Am 18. Oktober beantragten die USA die Einrichtung entsprechender Streitschlichtungspanel.
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Zölle auf Automobilimporte Nach der Einführung von Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte aus Gründen der nationalen Sicherheit veranlasste US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross im Mai 2018 eine Untersuchung über Autoimporte. Mit der 232-Untersuchung soll festgestellt werden, ob Importe von Kraftfahrzeugen die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährden. Wie auch in den vorangegangenen Untersuchungen zu Stahl und Aluminium hat das DOC im Anschluss an eine öffentliche Konsultationsphase bis zu 270 Tage Zeit, um einen Abschlussbericht mit möglichen Handlungsempfehlungen für den US-Präsidenten zu verfassen. Autoimporte gefährden jedoch nicht die nationale Sicherheit der USA. Im Gegenteil spielen ausländische Autohersteller eine wichtige Rolle für die US-Wirtschaft, indem sie Arbeitsplätze und Wertschöpfung generieren.
Der Trend geht zur Produktion vor Ort. Deutsche Exporte von Automobilen in die USA sind in den letzten Jahren rückläufig. 2009 wurden noch mehr deutsche Fahrzeuge aus Deutschland in die USA exportiert als dort produziert wurden. 2017 wurden hingegen fast doppelt so viele deutsche Fahrzeuge in den USA produziert wie aus Deutschland importiert (Importe von 493.600 Einheiten gegenüber lokaler Produktion von 804.200 Einheiten);
60 Prozent der in den USA produzierten deutschen Automobile werden exportiert. Die zwei größten Automobilexporteure der USA sind deutsche Konzerne; Deutschland ist der drittwichtigste ausländische Markt für US-Fahrzeugexporte;
166.000 US-produzierte Fahrzeuge wurden 2017 nach Deutschland exportiert, darunter waren 42.000 Fahrzeuge deutscher Hersteller (in hohem Maße Premiumfahrzeuge von Daimler & BMW);
Die deutsche Automobilindustrie beschäftigt über 118.000 Mitarbeiter in den USA (38.000 in den Werken selbst, 80.000 bei Zulieferern);
Die USA sind die primäre Destination für Direktinvestition der deutschen Automobilindustrie (etwa ein Viertel des Automobil-FDI, Investitionsbestand von 32,9 Milliarden US-Dollar Ende 2016);
In naher Zukunft sind Investitionen von über 5 Milliarden US-Dollar geplant (innerhalb von vier Jahren).
Die US-Administration kritisiert, dass die EU im Automobilhandel deutlich geschlossener sei als die USA. Es stimmt zwar, dass die Zölle der EU auf PKW höher sind als die der USA (EU: 10 Prozent, USA: 2,5 Prozent). Allerdings bleibt häufig unerwähnt, dass die USA einen Zoll in Höhe von 25 Prozent auf leichte Nutzfahrzeuge verhängen, während dieser in der EU bei zehn Prozent liegt. Die Einfuhrzölle der USA auf Industriegüter sind im Durchschnitt etwas niedriger als die der EU. Wenn man jedoch den bilateralen Handel mit Industriegütern zwischen der EU und den USA danach gewichtet, was tatsächlich gehandelt wurde, liegen die Durchschnittzölle in Europa etwas niedriger als in den USA: 1,4 Prozent versus 1,6 Prozent (2015). Unter dem Strich ist im bilateralen Handel die Zollbelastung für die meisten Produkte sehr ähnlich oder gleich (WTO 2017a und b). Studien zeigen, dass die Autozölle die US-Industrie massiv schädigen würden. Eine EU-Analyse beziffert die negativen Auswirkungen eines Zollsatzes in der Höhe von 25 Prozent auf das US-BIP auf
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13 bis 14 Milliarden US-Dollar. Die US-Handelsbilanz im Warenverkehr würde sich durch solche Maßnahmen nicht verbessern. Zudem würden die Gegenmaßnahmen der US-Handelspartner die negativen Effekte der Zölle signifikant verstärken. Gemäß der Europäischen Kommission könnten USExporte im Wert von bis zu 294 Milliarden US-Dollar von den Gegenmaßnahmen betroffen sein; dies entspricht 19 Prozent der gesamten US-Exporte im Jahr 2017. Bei einer Anhörung am 19. Juli 2018 im Kongress zu der 232-Untersuchung zeigte sich erheblicher Widerstand. Von den 45 Wortführern sprachen sich 44 deutlich gegen Zölle aus. Mehr als 2.300 schriftliche Kommentare zu der Untersuchung wurden eingereicht. Die US-Automobilindustrie warnt, dass die Zölle die Autohersteller schätzungsweise eine Million Autoverkäufe im Jahr kosten werden (LMC Automotive 2018). Laut einer Studie des Peterson Institute (PIIE) würden 195.000 Arbeitsplätze verloren gehen und die Produktion um 1,5 Prozent sinken. Sollten die Handelspartner der USA mit Gegenmaßnahmen antworten, stünden 624.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel und die Produktion würde um vier Prozent fallen (PIIE 2018). Bei ihrem Gespräch Ende Juli in Washington einigten sich Präsident Trump und Kommissionspräsident Juncker auf Verhandlungen über den Abbau transatlantischer Handelsbarrieren. Solange verhandelt würde, sollten auch keine neuen Zölle erhoben werden. Die Gefahr, dass Autoimporte aus der EU mit Zöllen belegt werden, schien vorerst abgewendet zu sein. Mittlerweile häufen sich die Anzeichen, dass der Burgfriede nicht mehr lange hält. Weitere 232-Untersuchungen: Uran Am 18. Juli 2018 leitete US-Wirtschaftsminister Ross eine weitere Untersuchung auf Grundlage von Abschnitt 232 des Trade Expansion Act of 1962 ein. Diese soll feststellen, ob Importe von Uranerzen oder anderen (wiederaufbereiteten) Uranprodukten die nationale Sicherheit der USA gefährden. Das US-Militär, allen voran die US-Marine, ist auf Uran als Energiequelle für eine Vielzahl von UBooten und Flugzeugträgern angewiesen. Auch für Nuklearwaffen ist Uran unabdingbar. Bedingt durch den Atomwaffensperrvertrag darf Uran für US-Atombomben nicht im Ausland erworben werden. Darüber hinaus wird Uran auch für die Stromproduktion benötigt. Kernenergie hat einen Anteil von 20 Prozent am US-Strommix (EIA 2018b). Die Untersuchung wurde durch zwei US-Unternehmen angestoßen, die sich in mittlerer Zukunft nicht mehr in der Lage sehen, mit ausländischen Produzenten zu konkurrieren. Der aus US-Produktion stammende Anteil am US-Verbrauch ist von knapp 50 Prozent in den achtziger Jahren auf zuletzt fünf Prozent gefallen. Die Produktion im ersten Quartal 2018 war verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um weitere 50 Prozent zurückgegangen. Zu den Befürchtungen trägt bei, dass 2020 ein US-Vertrag mit Russland ausläuft, der seit 1992 den Marktanteil verschiedener russischer Uranerzeugnisse auf dem US-Markt auf maximal 20 Prozent begrenzt. Die US-Unternehmen fürchten daher einen rapiden Anstiegt der Importe aus Russland. Laut EIA haben Eigentümer und Betreiber ziviler Kernreaktoren in den USA im Jahr 2017 43 Millionen Pfund Uran erworben. Davon stammten 52 Prozent aus Australien und Kanada. In Kasachstan, Russland und Usbekistan produziertes Uran machte einen Anteil von 32 Prozent aus. Die restlichen zehn Prozent des von im Ausland bezogenen Urans stammten aus Ungarn, Malawi, Niger, Südafrika und der Ukraine (EIA 2018b).
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Die Unternehmen schlagen eine „Buy American“-Regel für Behörden der US-Regierung vor, die Uran erwerben. Darüber hinaus wollen die Unternehmen die Einführung einer Quote erreichen, die USUnternehmen die Produktion von 25 Prozent des US-Gesamtverbrauchs vorbehält. Es wird damit gerechnet, dass die US-Regierung nach Erhalt des Abschlussberichts Schutzmaßnahmen implementiert, unter anderem, weil namhafte Republikaner (zum Beispiel Orrin Hatch) den Vorstoß unterstützen. Studien zufolge könnten Kosten in Höhe von bis zu 300 Millionen US-Dollar entstehen. Das US-Wirtschaftsministerium hat bis April 2019 Zeit, seine Empfehlungen auszusprechen. Danach entscheidet der Präsident innerhalb von 90 Tagen, ob Schutzmaßnahmen implementiert werden sollen (Inside US Trade 2018). Gegen die Untersuchung gibt es viel Widerspruch. Beim US-Wirtschaftsministerium sind im Oktober 2018 über 900 Kommentare eingegangen. Viele weisen darauf hin, dass ein globaler Nachfragerückgang infolge der Atomausstiege nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima und nicht steigende Importe Ursache des Preisverfalls seien. Zudem kommentierte die Ad Hoc Utilities Group, ein Zusammenschluss der Mehrheit der Kernenergieerzeuger in den USA, dass Importe die Sicherheit der Brennstoffversorgung und die Zuverlässigkeit des Stromnetzes gewährleisteten. Importbeschränkungen würden hingegen zu erheblich höheren Brennstoffkosten führen. Damit würde das Risiko wachsen, dass weitere Kernkraftwerke schließen müssen.
Handelspolitische Schutzinstrumente Dass die USA – wie viele andere Länder auch – handelspolitische Schutzinstrumente (Antidumpingund Antisubventionsmaßnahmen sowie Schutzklauselverfahren) nutzen, um unfairem Wettbewerb zu begegnen, ist nicht neu. In den vergangenen zwei Jahrzehnten waren die USA der zweitgrößte Initiator handelspolitischer Schutzmaßnahmen weltweit. Dass sich heute viele der Maßnahmen gegen China richten, ist genauso wenig ein Novum wie die Tatsache, dass oftmals Industrien im Mittelpunkt stehen, die unter starkem Wettbewerbsdruck leiden. Besorgniserregend ist allerdings ihr rasanter Anstieg – wie auch deren Begründung. Hierin spiegelt sich eine tiefe Skepsis der Trump-Administration gegenüber Freihandel und multilateralen Institutionen wider. Von Anfang 2017 bis Mitte Oktober 2018 leitete die US-Administration laut der United States International Trade Commission 130 Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen gegen insgesamt 33 Länder ein. In 99 Fällen wurden auf Grundlage dieser Untersuchungen handelspolitische Maßnahmen ergriffen. Von den 86 Antidumpinguntersuchungen unter Donald Trump führten 63 tatsächlich zu Antidumpingmaßnahmen (DOC 2018a, DOC 2018b).
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Eingeleitete Antidumping, Antisubventions- und Safeguarduntersuchungen der EU und USA, im Vergleich (2016-2018, aktueller Stand ab 19.10.2018)
Untersuchungen (2018)
Untersuchungen (2017)
Untersuchungen (2016)
0
10
20
30
40 USA
50
60
70
80
90
EU
Quellen: US Department of Commerce, DG Trade
Eingeleitete Antidumping, Antisubventions- und Safeguardmaßnahmen der EU und USA, im Vergleich (2016-2018, aktueller Stand ab 19.10.2018)
Maßnahmen (2018)
Maßnahmen (2017)
Maßnahmen (2016)
0
20
40
60 USA
80 EU
100
120
140
Quellen: US Department of Commerce, DG Trade
Von den 33 Ländern, gegen die Untersuchungen durchgeführt wurden, kam China mit 44 Untersuchungen am häufigsten unter Verdacht. Acht Untersuchungen richteten sich gegen Korea, zehn gegen Indien. Darüber hinaus gab es sieben Untersuchungen gegen Thailand und fünf jeweils gegen Kanada, Taiwan und Vietnam. Mit 53 Untersuchungen war der Stahlsektor am häufigsten betroffen; 31 Untersuchungen wurden im Zusammenhang mit fossilen Energieträgern eingeleitet. Weitere Untersuchungen gab es in den Märkten für Metalle, Harz, Polyester, Silizium, Kautschuk und Holz.
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Etwas zurückhaltender war die Trump-Administration im Bereich der Antisubventionsuntersuchungen. Von den 45 eingeleiteten Antisubventionsuntersuchungen führten 35 zu Antisubventionsmaßnahmen. Diese betrafen im Wesentlichen dieselben Länder und Wirtschaftssektoren wie die Antidumpingmaßnahmen. Abschnitt 201 des Trade Act von 1974 erlaubt es den USA, Importe temporär zu beschränken, sofern diese aufgrund unvorhergesehener Entwicklungen oder infolge von Verpflichtungen aus dem GATTAbkommen der WTO so stark ansteigen, dass sie für die heimische Industrie ernsten Schaden verursachen oder zu verursachen drohen. Die Trump-Administration hat bisher drei Safeguard-Untersuchungen eingeleitet: eine zu Waschmaschinen, eine zu Solarzellen und -modulen sowie eine zu kristallinen Silizium-Photovoltaikzellen. In zwei der drei Fälle (bei Waschmaschinen sowie Solarzellen und -modulen) wurden Maßnahmen in Form von Schutzzöllen ergriffen. Die Untersuchung zu kristallinen Silizium-Photovoltaikzellen ist noch nicht abgeschlossen. Handelspolitische Schutzinstrumente sind mit der WTO vereinbar, um entweder unfairen Wettbewerb auszugleichen oder einer Industrie eine Atempause zu gewähren, um Strukturreformen vorzunehmen. Auch im Falle einer Gefährdung der nationalen Sicherheit, der Umwelt oder menschlichen Gesundheit können Schutzzölle erhoben werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Maßnahmen im Einklang mit dem Regelwerk der WTO sind. Dass dies nicht immer der Fall ist, belegt die Vielzahl an Streitschlichtungsfällen bei der WTO.
EU-US-Handelsbeziehungen: Auf dem Weg zu einem transatlantischen Handelsabkommen? Am 25. Juli 2018 einigten sich US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident JeanClaude Juncker in Washington überraschend darauf, Gespräche über ein transatlantisches Handelsabkommen aufzunehmen. Beide Seiten verständigten sich im Grundsatz auf:
den Abbau aller Industriegüterzölle, nicht-tarifärer Handelshemmnisse und Subventionen, wobei der Automobilsektor ausgenommen ist („work together toward zero tariffs, zero nontariff barriers, and zero subsidies on non-auto industrial goods“);
den Abbau von Handelsbarrieren insbesondere in folgenden Sektoren: Dienstleistungen (nicht weiter spezifiziert), Chemikalien, Arzneimitteln, medizinische Geräte und Sojabohnen;
einen Dialog über Standards, um den Handel zu vereinfachen und bürokratische Kosten abzubauen;
ein gemeinsames Vorgehen mit anderen „gleichgesinnten Partnern“, um die WTO zu reformieren und gegen unfaire Handelspraktiken wie den Diebstahl geistigen Eigentums, erzwungenen Technologietransfer, Industriesubventionen, Marktverzerrungen durch Staatsunternehmen und Überkapazitäten, vorzugehen;
die Einrichtung einer Arbeitsgruppe („Executive Working Group“), die diese gemeinsame Agenda vorantreiben soll;
die erhöhte Abnahme von US-Flüssiggas (liquefied natural gas, LNG) durch die EU.
Darüber hinaus verständigten sich beide Seiten darauf, keine neuen Zölle gegeneinander zu verhängen, solange Verhandlungen laufen. Dazu gehören beispielsweise die Zölle, die die USA zum Schutz
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der nationalen Sicherheit auf Automobilimporte verhängen könnten. Das DOC hat seinen Untersuchungsbericht nach Abschnitt 232 des Trade Expansion Act of 1962 zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht an das Weiße Haus übermittelt. Außerdem einigten sich Juncker und Trump darauf, an einer Lösung für die Stahl- und Aluminiumzölle der USA und die Ausgleichszölle der EU zu arbeiten. Derzeit sind allerdings sowohl die US- als auch die EU-Zölle weiterhin in Kraft. Die EU-Kommission meldete bereits wenige Tage nach dem Treffen – am 1. August 2018 – deutlich mehr Soja aus den USA zu importieren. So seien die Importe von US-amerikanischem Soja seit Juli 2017 um 283 Prozent gestiegen. Die gesteigerten Importe sind darauf zurückzuführen, dass die chinesischen Ausgleichszölle gegenüber den USA zu einem deutlichen Nachfragerückgang in China geführt haben, der wiederum für volle Lager und einen Preisverfall in den USA gesorgt hat. Dies ermöglicht EU-Importeuren, größere Mengen kostengünstiger aus den USA einzuführen. Die Vereinbarungen zu Flüssiggasimporten sind eher als längerfristiges Projekt zu bewerten. Die Vereinigten Staaten müssen zunächst ausreichend Kapazitäten für den LNG-Handel in Form von Exportterminals schaffen. Darüber hinaus müssten die USA der EU-Kommission zufolge den gesetzlichen Rahmen anpassen und Exportrestriktionen aufheben, die für LNG gegenwärtig noch in Kraft sind. Grundsätzlich habe die EU ein Interesse daran, aufgrund rückläufiger Förderung von europäischem Erdgas ihre Importe zu erhöhen und die Versorgung damit auch zu diversifizieren. Bemerkenswert ist, dass die Bereiche Agrarhandel und öffentliche Auftragsvergabe im gemeinsamen Statement von Juncker und Trump nicht genannt wurden. Der Zugang für Agrargüter gilt als offensives Interesse der USA, jedoch sensibles Thema für einige EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich. Der Zugang zu den US-Beschaffungsmärkten gilt hingegen als offensives Interesse der EU. Die gemeinsame Arbeitsgruppe traf sich erstmals am 20. August in Washington, um das weitere Vorgehen und den Zeitplan abzustimmen. Die Gruppe wird von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und USTR Robert Lighthizer geleitet. Zunächst wurde vereinbart, dass die Arbeitsgruppe 120 Tage Zeit haben soll, also bis etwa Ende November/Anfang Dezember, um einen Bericht mit Empfehlungen über Verhandlungen anzufertigen. Diese Frist scheint mittlerweile jedoch so nicht mehr gültig zu sein. Zuletzt traf sich die Arbeitsgruppe Ende Oktober, um Bereiche für eine intensivere Regulierungskooperation auszuloten. Die EU-Kommission betont, dass die Verhandlungen keinem „single undertaking“ folgten, das heißt, es solle kein einzelnes umfassendes Abkommen verhandelt werden. Der Ansatz sei vielmehr „transactional and contractual“. Mitte Oktober 2018 informierte die Trump-Administration den Kongress von ihrer Absicht, Handelsabkommen mit der EU, Japan und Großbritannien verhandeln zu wollen. Damit kommt die Trump-Administration einer Pflicht unter der Trade Promotion Authority nach, der zufolge der Kongress 90 Tage vor der Aufnahme von Verhandlungen notifiziert werden muss. Trump nannte wiederholt den neuen Handelsvertrag der USA mit Kanada und Mexiko (USMCA) als Vorbild für zukünftige Handelsabkommen. Vor der Aufnahme formaler Verhandlungen über ein Industriegüterabkommen und bestimmter Bereiche regulativer Zusammenarbeit müssen die EUMitgliedstaaten der Kommission noch ein Verhandlungsmandat erteilen. In den Verhandlungen gibt es somit drei Körbe. Laut Medienberichten hat die EU-Kommission bisher folgende Angebote in Aussicht gestellt:
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Korb 1: Die EU-Kommission bietet Verhandlungen über den Abbau aller Industriegüterzölle an, der Automobile einschließt, jedoch Agrarprodukte ausschließt (ggf. mit Ausnahme weniger nicht-sensibler Agrarprodukte, um den USA entgegenzukommen).
Korb 2: Regulierungskooperation soll außerhalb des Abkommens angestrebt werden. Die EU-Kommission möchte einen Regulierungsdialog auf freiwilliger Basis anbieten, der den Fokus auf technische Standards legt.
Korb 3: Die EU-Kommission bietet den USA gemeinsame Anstrengungen zur WTO-Reform im Rahmen des trilateralen Forums von USA, EU und Japan an.
Für die unter Korb 2 zu verhandelnden Themen gibt es nach Angaben der EU-Kommission derzeit drei Bereiche, die identifiziert wurden. Diese werden auch Medienberichten zufolge in einem Papier der EU-Kommission genannt, das mit den Mitgliedstaaten geteilt wurde. 1) Die Vermeidung doppelter Herstellerinspektionen: Dies baue auf bestehenden Abkommen auf und bedürfe daher keines neuen Verhandlungsmandates der EU-Mitgliedstaaten. Ein möglicher Bereich ist die Ausweitung des Abkommens zur gegenseitigen Anerkennung (Mutual Recognition Agreement, MRA) von Inspektionen von Arzneimittelherstellern (Good Manufacturing Practices, GMP) zwischen der U.S. Food and Drug Administration (FDA) und der European Medicines Agency (EMA), das – aufbauend auf Fortschritten in den TTIPVerhandlungen – Ende 2017 in Kraft getreten ist. Diese Vereinbarung aktualisiert das ursprüngliche, nicht ratifizierte Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von 1998. Das Abkommen erlaubt es der FDA und der EMA, sich auf gegenseitige Inspektionsergebnisse bei der Herstellung bestimmter Arzneimittelprodukte zu beziehen, die innerhalb der jeweils eigenen Grenzen durchgeführt werden. So werden doppelte Inspektionen vermieden, was wiederum die Inspektionskosten senkt, welche die Unternehmen selbst tragen. Gerade für kleinere Arzneimittelhersteller ist das eine wichtige Erleichterung. Zuvor hatte die FDA auch Inspektionen bei europäischen Herstellern durchgeführt, die in die USA exportieren und umgekehrt. Am generellen Zulassungsprozess von Medikamenten ändert sich jedoch nichts. Die Übergangsphase läuft bis Juli 2019, während die FDA die in den einzelnen EUMitgliedstaaten zuständigen Behörden einzeln prüft und bestätigt. Bisher werden die Inspektionsergebnisse aus 15 EU-Mitgliedsstaaten anerkannt. Deutschland ist noch nicht darunter, da GMP-Inspektionen in Deutschland Ländersache sind. Insgesamt gibt es mehr als dreißig zuständige Stellen, deren Arbeit von der FDA anerkannt werden muss. Dieser Prozess dauert länger als bei zentralistisch organisierten Staaten. Das Abkommen könnte in den nächsten Jahren auf Inspektionen bei der Herstellung weiterer Produkte, wie beispielsweise Impfstoffe für Menschen sowie Arzneimittel für Tiere, ausgeweitet werden. Im MRA ist eine Ausweitung auf weitere Produktgruppen bereits vorgesehen, sogar mit einem genauen Zeitplan. Zuletzt sollen 2022 Blutprodukte einbezogen werden. Die Beschleunigung des Prozesses und die Erweiterung um weitere Produkte könnten möglicherweise als positiver Anreiz in Verhandlungen genutzt werden. Ein weiterer Bereich, über den bereits zwischen EU und USA diskutiert wird, sind Medizinprodukte. Die transatlantischen Partner könnten eine gegenseitige Anerkennung von Berichten über Herstellerinspektionen von Medizinprodukteherstellern erreichen, die konform mit den regulatorischen Anforderungen beider Systeme sind. Die USA setzen sich für ein „Single Audit System“ ein. Sie präferieren die Kooperation über das Medical Device Single Audit Program des International Medical Device Regulators Forum (IMDRF). Die EU scheint
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diesem internationalen Ansatz skeptisch gegenüber zu stehen und ein bilaterales Vorgehen vorzuziehen. 2) Die Reduzierung der Kosten von Konformitätsbewertungen: Dabei geht es um die gegenseitige Anerkennung der Konformitätsbewertungsstellen. Für solche Verhandlungen wäre jedoch ein Mandat der Mitgliedstaaten notwendig. 3) Die gemeinsame Entwicklung neuer Standards für neue Technologien: Auch dies wurde in den TTIP-Verhandlungen als Ziel genannt. Hier könnte es beispielsweise um die Erarbeitung neuer Standards für autonome Fahrzeuge gehen, um Serviceroboter oder auch um die gemeinsame Entwicklung global relevanter Standards für die Cybersicherheit. Mögliche Low-Hanging Fruits Darüber hinaus sind folgende Bereiche für weitere Verhandlungen und Angebote der EU an die USA grundsätzlich denkbar: Festlegung einer Quote für die USA für nicht-hormonbehandeltes Rindfleisch Die EU-Kommission scheint den USA entgegenkommen zu wollen, indem sie ihnen einen genauen Anteil des zollfreien Kontingents an der Einfuhrquote für nicht-hormonbehandeltes Rindfleisch zugesteht. Hintergrund ist eine seit 1988 geführte Auseinandersetzung um hormonbehandeltes Rindfleisch zwischen der EU und den USA. Damals verbot die EU Rindfleischimporte von Tieren, die mit wachstumsfördernden Hormonen behandelt wurden. 1996 wandten sich die USA und Kanada deshalb an die WTO, die den beiden Klägern Recht gab. Im Jahr 2009 einigten sich die EU und die USA schließlich auf eine Quotenregelung. Demnach können jährlich insgesamt 45.000 Tonnen hormonfreies Rindfleisch zollfrei in die EU importiert werden. Die Quote gilt nicht exklusiv für die USA, sondern gemäß geltenden WTO-Rechts für alle Länder, die die entsprechenden Exportbedingungen erfüllen. Maßgeblich profitiert haben vor allem Länder wie Australien, Uruguay und Argentinien, die das Rindfleisch günstiger anbieten konnten als die USA. Bereits die Obama-Administration hatte sich 2016 über die Abwicklung der Quote beschwert und gedroht, die Übereinkunft aufzukündigen. Um über ein festes Kontingent für den Import von nicht-hormonbehandeltem Rindfleisch allein für die USA verhandeln zu können, hat die EU-Kommission die EU-Mitgliedstaaten am 3. September 2018 um ein separates Verhandlungsmandat gebeten. Die Mitgliedstaaten erteilten der EU-Kommission am 19. Oktober ihre offizielle Zustimmung, und am 23. Oktober wurden die Verhandlungen schließlich aufgenommen. Damit die EU den USA einen festen Anteil der Quote zuweisen kann, müssen die anderen großen Lieferanten (dies sind derzeit neben den USA Kanada, Neuseeland, Uruguay und Argentinien) zustimmen. Die EU könnte das Thema beispielsweise in den laufenden Verhandlungen über Freihandelsabkommen (EU-Mercosur; EU-Neuseeland; EU-Australien) aufgreifen. Vereinfachung der Zollabwicklung (Customs and trade facilitation) Dieses Thema wurde auch unter TTIP verhandelt und ist politisch unumstritten. Insbesondere für den Mittelstand ist die Vereinfachung der Zollabwicklung von großem Interesse. In einer DIHK-Umfrage von Dezember 2014 hatten 83 Prozent der befragten auslandsaktiven Unternehmen mit Sitz in
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Deutschland angegeben, dass dieses Thema im Handel mit den USA für sie von großer Bedeutung wäre. Die EU hatte in den TTIP-Verhandlungen unter anderem vorgeschlagen:
Verwendung der gleichen Zollformulare an der EU- und US-Grenze,
Transparenz der Zollverfahren erhöhen, beispielsweise indem diese online zugänglich sind,
Bessere Zusammenarbeit der europäischen und US-amerikanischen Zollbehörden.
Da die Reform des Unionzollkodexes der EU voraussichtlich erst 2025 vollständig umgesetzt sein wird, könnten einige Themen erst dann verhandelt werden. Nichtsdestotrotz könnte jetzt der Grundstein für eine Vereinfachung der Zollabwicklung im transatlantischen Handel gelegt werden. Autosicherheitstests und Standards im Automobilbereich Während der TTIP-Verhandlungen wurden Studien durchgeführt, die die Sicherheit von US- und europäischen Autos verglichen haben, um zu identifizieren, welche Standards beziehungsweise regulativen Vorgaben im Automobilbereich bereits sehr ähnlich sind und gegebenenfalls gegenseitig anerkannt werden könnten. Diese Studien haben beispielsweise ergeben, dass die Sicherheitstests für den Frontalaufprall, Seitenaufprall, Heckaufprall sowie Warnhinweise innerhalb des Autos sehr ähnlich sind und möglicherweise als äquivalent anerkannt werden könnten. In diesem Bereich wurden im Rahmen der TTIP-Verhandlungen somit bereits große Fortschritte gemacht, auf die aufgebaut werden könnte. Konfliktthemen Agrarhandel: Marktzugang für US-Agrargüter auf dem europäischen Markt war ein wichtiges offensives Interesse der USA in den TTIP-Verhandlungen. Insbesondere Kongressabgeordnete und Senatoren aus US-Bundesstaaten mit einer starken Agrarlobby drängen darauf, dass Zölle auf Agrargüter Teil des Abkommens sein müssen. Auch USTR Lighthizer vertritt Berichten zufolge die Ansicht, dass der Agrarhandel Teil des Abkommens sein müsse. Für die EU ist dies ein schwieriges Thema. Einige Mitgliedstaaten – allen voran Frankreich – haben bereits angekündigt, ein Verhandlungsmandat abzulehnen, das den Agrarhandel umfasst. Öffentliche Auftragsvergabe: Der Zugang zum Vergabemarkt in den USA war eines der besonders umkämpften Themen während der TTIP-Verhandlungen. Der US-Markt ist nach wie vor durch Vorschriften wie „Buy America“-Regeln und den „Buy American Act“ geschützt. 13 US-Bundesstaaten beteiligen sich nicht am Government Procurement Agreement der WTO. Derzeit scheint die Strategie der EU-Kommission jedoch zu sein, auf das schwierige Thema vorerst zu verzichten. Mögliche Zölle auf Automobile sowie Stahl- und Aluminiumzölle: Juncker und Trump haben vereinbart, dass der Automobilsektor vorerst von den Verhandlungen ausgenommen wird. Anfang September schlug Malmstöm vor, dass die EU und die USA im Rahmen des Industriegüterabkommens auch die Autozölle beidseitig abschaffen. Dies lehnte Trump ab mit dem Hinweis darauf, dass europäische Konsumenten trotzdem weiterhin europäische Autos bevorzugen würden. Die USA scheinen nicht bereit zu sein, ihren Zoll auf Light Trucks/- Pick-up Trucks in Höhe von 25 Prozent aufzugeben. Mittlerweile scheinen die USA auch wenig Bereitschaft zu zeigen, über Regulierungen im Automobilsektor zu sprechen. Zudem hatte sich Trump verpflichtet, dass während der Verhandlungen keine neuen Zölle auf Importe aus der EU verhängt werden. Trotzdem hat der Präsident seither mehrfach gedroht, unter anderem in
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einer Wahlkampfrede in Virginia, auch die EU mit Autozöllen zum Schutz der nationalen Sicherheit zu belegen. Malmström kündigte an, in diesem Fall die Gespräche über ein Handelsabkommen abzubrechen. Für die Stahl- und Aluminiumzölle der USA und die Ausgleichszölle der EU hatten Trump und Juncker im Juli vereinbart, an einer Lösung zu arbeiten. Bisher gibt es jedoch keine neuen Entwicklungen in diesem Bereich. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass lediglich eine weitere Eskalation abgewendet werden konnte, eine Lösung für die US-Zölle jedoch nicht in Sicht ist.
Nordamerikanisches Freihandelsabkommen: USMCA soll NAFTA ersetzen Laut Präsident Trump ist NAFTA, das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko, der „Schlechteste Deal aller Zeiten“. Ihm ist vor allem das Handelsbilanzdefizit mit Mexiko ein Dorn im Auge. Noch im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, das Abkommen aufkündigen zu wollen. Auf Drängen seiner Berater wurde schließlich seit dem 16. August 2017 über bessere Konditionen für die USA verhandelt. Zu den wesentlichen Zielen gehören für den Präsidenten eine Stärkung der industriellen Fertigung in den USA und ein Abbau des Handelsbilanzdefizits mit Mexiko. Am 30. September 2018 einigten sich die Regierungen der USA, Mexikos und Kanadas auf die Modernisierung ihres trilateralen Handelsabkommens. NAFTA soll in seiner neuen Form nun „U.S.Mexico-Canada Agreement“ (USMCA) heißen. Die US-Regierung hat damit eine gesetzlich vorgesehene Frist zur Übermittlung des finalen Vertragstextes gegenüber dem Kongress gewahrt und kann wie angekündigt nach 60 Tagen und vor der Amtsübernahme des neuen mexikanischen Präsidenten am 1. Dezember 2018 den Vertrag zusammen mit den Partnern unterzeichnen. Anschließend müssen die Vertragsparteien das Abkommen ratifizieren. Für die USA bedeutet dies, dass der Kongress dem Abkommen zustimmen muss. Das 1994 in Kraft getretene Abkommen NAFTA war das erste umfassende Freihandelsabkommen der USA, das neben dem stufenweisen Abbau von Zöllen und nicht-tarifären Handelshemmnissen auch Kapitel über die öffentliche Beschaffung, den Schutz geistigen Eigentums, Dienstleistungshandel und Investitionen enthielt. In all diesen Bereichen wurden grundlegende Prinzipien der Liberalisierung vereinbart, von denen dann nur explizit definierte Sektoren ausgenommen wurden. Zudem verständigten sich die drei Partner auf Mindestarbeit- und Umweltstandards in zwei an NAFTA gekoppelten Seitenabkommen. Neu waren auch die Durchsetzungsmechanismen und Streitschlichtungsverfahren für das gesamte Abkommen, die den Vereinbarungen Gewicht verliehen. Von 1993 bis 2017 hat sich das Handelsvolumen zwischen den USA, Kanada und Mexiko laut BEA von 290 Milliarden US-Dollar auf 1,3 Billionen US-Dollar mehr als vervierfacht. Damit wuchs der Handel innerhalb des NAFTA-Raums schneller als der US-Außenhandel insgesamt. Im Vergleich betrug der Intra-EU-Handel laut Eurostat im Jahr 2017 6,67 Billionen Euro (wie bei der Zahl für NAFTA wurden hier Exporte und Importe berücksichtigt). Für die USA waren Kanada mit 14,5 Prozent und Mexiko mit 11,8 Prozent der Gesamtexporte 2017 die beiden Hauptexportmärkte (Waren und Dienstleistungen). Bezogen auf die Importe betragen die Anteile 11,9 Prozent für Mexiko und 11,7 Prozent für Kanada, sie belegen somit hinter China die Plätze zwei und drei. Die USA haben ein Handelsdefizit mit Mexiko in der Höhe von 69 Milliarden US-Dollar (Waren 76,1 Mrd. US-Dollar, Dienstleistungen +7,4 Mrd. USDollar) und einen Handelsüberschuss mit Kanada in der Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar (Güter 22,7 Mrd. US-Dollar, Dienstleistungen +25,4 Mrd. US-Dollar). Das Handelsvolumen der USA mit ihren
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beiden NAFTA-Partnern entspricht 24,8 Prozent des gesamten US-Außenhandels, die Handelsbilanz der USA mit ihren beiden NAFTA-Partnern nur 11,9 Prozent ihres gesamten US-Handelsdefizits (BEA 2018d). Wie für die EU ist auch für die NAFTA-Länder der intraregionale Handel von großer Bedeutung. Der Anteil an Waren und Dienstleistungen, die zwischen den Mitgliedsländern des Freihandelsabkommens gehandelt werden, machte laut Daten der WTO für die EU-28, bezogen auf das Jahr 2016, 64 Prozent des Gesamthandels und für NAFTA 50 Prozent des Gesamthandels aus. Nicht bei allen FTA ist dieser Anteil so hoch: Im Fall von MERCOSUR fand der meiste Handel nicht innerhalb des gemeinsamen Marktes (13 %), sondern mit dem Rest der Welt (79 %) statt. Ähnlich bei ASEAN: Dort machte der Intra-ASEAN-Handel 24 Prozent des Gesamthandels aus (WTO 2018b). Der Congressional Research Service geht davon aus, dass NAFTA einen moderat positiven akkumulierten Wachstumseffekt von etwa einem halben Prozentpunkt des BIP auf die USA hatte. Die Schätzungen über die Arbeitsplatzeffekte von NAFTA gehen weit auseinander. Kritiker von Freihandelsabkommen, wie das Economic Policy Institute, schätzen, dass durch NAFTA rund 700.000 US-Arbeitsplätze verloren gegangen sind, insbesondere für mittelqualifizierte Arbeitnehmer im produzierenden Gewerbe (EPI 2013). Befürworter von Freihandelsabkommen, wie die U.S. Chamber of Commerce, stellen hingegen einen Zuwachs von knapp fünf Millionen Arbeitsplätzen in den USA fest (U.S. Chamber of Commerce 2015). Die meisten Ökonomen gehen von einem leicht positiven Netto-Effekt auf die Arbeitsplätze in den USA aus. NAFTA dürfte dazu geführt haben, dass gering bis mittelqualifizierte Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe von den USA nach Mexiko verlagert wurden. Verglichen mit dem Effekt durch internationale Konkurrenz aus China und anderen Staaten sowie den Effekten des technologischen Fortschritts in der Automatisierung sind diese Verluste jedoch wohl eher gering. Den US-Arbeitsplatzverlusten in der Produktion steht ein Gewinn an Arbeitsplätzen für Höherqualifizierte gegenüber, etwa in der Produktentwicklung, im Finanzsektor und im Bereich Business Services. Intra-USMCA-Güter- und Dienstleistungshandel 1994 - 2017, Millionen US-Dollar 800 700
Importe USA aus Mex/Kan
Exporte USA nach Mex/Kan
Importe Kanada aus USA/Mex
Exporte Kanada nach USA/Mex
Importe Mexiko aus USA/Kan
Exporte Mexiko nach USA/Kan
600 500 400 300 200 100 0
Quellen: Bureau of Economic Analysis, Statistics Canada
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Am 27. August 2018 gab die Trump-Administration in einer Presserklärung bekannt, eine vorläufige Einigung im Grundsatz über ein (zunächst) bilaterales Handelsabkommen mit Mexiko erzielt zu haben. US-Präsident Trump stellte Kanada vor die Wahl, sich der Einigung anzuschließen oder ein separates Abkommen zu verhandeln. Darauf folgten intensive Verhandlungen mit Kanada. Die Einigung lässt auf ein Ende der handelspolitischen Spannungen in Nordamerika hoffen. Dies ist positiv zu bewerten: Eine komplette Kündigung des NAFTA-Abkommens ohne Alternative, die alle drei nordamerikanischen Staaten einbezieht, wäre extrem schädlich gewesen. Dies hätte den nordamerikanischen Wirtschaftsraum zersplittert. Die Inhalte des Abkommens geben allerdings Anlass zu ernster Sorge. USMCA stellt einen deutlichen Rückschritt in Hinblick auf Marktöffnung gegenüber NAFTA dar. USMCA umfasst 34 Kapitel mit verschiedenen Anhängen sowie zwölf bilaterale Vereinbarungen in sogenannten „side letters“, die insgesamt noch der Rechtsförmlichkeitsprüfung unterzogen werden müssen.
Ursprungsregeln: Besonders problematisch sind die strengen Ursprungsregeln, die über den Automobilsektor hinaus verschiedene Industriebranchen betreffen könnten (Chemie, Stahl, Glas und Glasfaser). Für PKW und Light Trucks wurden diese von 62,5 auf 75 Prozent erhöht, für Nutzfahrzeuge von 60 auf 70 Prozent. Auch für Teile beziehungsweise Komponenten gelten je nach Relevanz des Teiles strengere Regeln – für die sogenannten Schlüsselkomponenten („Core Parts“) im PKW-Bereich sind dies 75 Prozent. Zudem müssen Pkw zu 40 Prozent und Light Trucks zu 45 Prozent mit einem Mindestlohn von 16 US-Dollar hergestellt werden. Zur Erreichung dieser Anforderungen werden Übergangsfristen gewährt – je nach Anforderung zwischen drei und sieben Jahren. Schließlich müssen die Hersteller nachweisen, dass mindestens 70 Prozent des im Vorjahr von ihnen gekauften Stahls und Aluminiums nordamerikanischen Ursprungs sind.
De minimis: Hier sind zwei Aspekte relevant. Zum einen haben es die Vertragsparteien nicht geschafft, sich auf eine einheitliche Regelung bei Steuergrenzwerten und der Verzollung von Kleinstsendungen zu verständigen, die besonders für den Online-Handel relevant sind. Auch in Zukunft werden drei Einfuhrhöhen gelten. In Zukunft genießen folgende Waren den Vorzug deutlich reduzierter Herkunftsnachweise und Zollkontrollen:
-
Importe in die USA mit einem Zollwert und einer Steuerlast von bis zu 800 US-Dollar,
-
Importe von Mexiko mit einem Zollwert von bis zu 117 US-Dollar und einer Steuerlast von bis zu 50 US-Dollar, sowie
-
Importe von Kanada mit einem Zollwert von bis zu 150 CAN-Dollar und einer Steuerlast von bis zu 40 CAN-Dollar.
Schutzklausel: Die Trump-Administration ist ein aktiver Nutzer von Schutzklauselverfahren. Mit ihrer Forderung, die bisher geltenden Ausnahmen unter NAFTA abzuschaffen, konnte sie sich allerdings nicht durchsetzen. Die Regeln für Schutzklauselverfahren im USMCA sind fast identisch mit denen von NAFTA. Bezugnehmend auf Artikel XIX des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) und des Safeguard-Abkommens der Welthandelsorganisation beinhaltet das USMCA folgende Ausnahmeregeln: „Jede Partei, die eine Schutzmaßnahme gemäß Artikel XIX und des Safeguard-Abkommens ergreift, tut dies, ohne dabei die Einfuhr einer ebensolchen Ware aus dem Gebiet der Vertragsparteien miteinzubeziehen, es sei denn: a) die Einfuhren aus einem dieser Wirtschaftsräume machen einen wesentlichen Teil der
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Gesamteinfuhren aus; und b) die Einfuhren durch die Vertragsparteien tragen wesentlich zu der durch Einfuhren verursachten schweren Schädigung oder Bedrohung bei.“ Dabei gilt, dass die betroffene Vertragspartei mindestens zu den fünf wichtigsten Einführern der geschützten Waren gehören muss und dass der Anstieg respektiver Einfuhren spürbar unterhalb der Einfuhrrate aller Gesamtimporte in das schützende Vertragsland liegt. Der USMCA verlangt zudem, wie auch schon NAFTA, dass jede Partei, die Schutzmaßnahmen ergreift, die Partei, gegen die sich die Maßnahme richtet, kompensieren muss.
Antidumping-Verfahren: Das ursprünglich in Kapitel 19 des NAFTA-Vertragswerkes vereinbarte Verfahren zur Streitschlichtung wurde beibehalten. Damit bleibt es dabei, dass Kanada, Mexiko und die USA die Antidumpingverfahren des jeweiligen Partners in einem binational besetzten Ausschuss anfechten können. Hierzu muss bis spätestens 30 Tage nach endgültiger Feststellung von Dumping schriftlich Beschwerde eingereicht werden. Die Dauer eines solchen Verfahrens soll 315 Tage nicht überschreiten. Wie schon in NAFTA werden alle Vertragsparteien eigene nationale Sekretariate zur Durchführung und Unterstützung der Streitbeilegung unterhalten. Auch bleiben die Partner dabei, sich auf Verlangen eines der Vertragsstaaten, mindestens jedoch jährlich, zu Konsultationen über die Funktionsweise der Streitschlichtungspraxis zu treffen. In überraschender Deutlichkeit weist das USMCA in diesem Zusammenhang US-amerikanische Forderungen nach nationaler Souveränität zurück. Explizit wird darauf verwiesen, dass die Entscheidungen des binationalen Gremiums nicht vor nationalen Gerichten angefochten werden können.
Für Sektoren wie die Informationstechnologie, die pharmazeutische Industrie, Medizintechnik, Kosmetika und Chemikalien könnten Vereinbarungen über eine einvernehmliche kompatible Rechtsetzung, den Angleich von „best regulatory practices“ und den allgemeinen Ausbau der Handelsbeziehungen positive Effekte auch für deutsche Unternehmen vor Ort ergeben.
Das Abkommen enthält unter anderem Kapitel zu Wettbewerb und Staatsunternehmen. Inwiefern hier vorbildliche Regelungen getroffen wurden, ist noch zu prüfen. Die Regelungen zu neuen Gebieten wie E-Commerce wurden von Experten bisher unterschiedlich bewertet. Insbesondere die Passagen zu Datenflüssen wurden von Teilen der US-IT-Industrie sehr begrüßt. Aufgrund der hohen Datenschutzstandards in Europa dürften ähnliche Regelungen für ein künftiges transatlantisches Abkommen zu liberal sein.
Öffentliches Auftragswesen: Die Regelungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens sind unübersichtlicher geworden und wurden in unterschiedlicher Weise abgeändert. Für Unternehmen, die sich im gesamten Gebiet des USMCA um öffentliche Aufträge bemühen möchten, sind die neuen Regelungen schwerer überschaubar, weil nach der Neuregelung keine einheitlichen Regeln für den gesamten Freihandelsraum gelten werden. So unterscheiden sich die neuen Regelungen für das Verhältnis zwischen den USA und Kanada von denjenigen zwischen den USA und Mexiko. Im Einzelnen ist es zu verschiedenen, teils auch gegenläufigen Änderungen gekommen. Beispielsweise führen die neuen Regelungen im Verhältnis zwischen den USA und Kanada zu einer Ausweitung des Kreises der öffentlichen Auftraggeber, die zur Öffnung ihrer Ausschreibungen für Angebote von Unternehmen der anderen Seite verpflichtet sind. Danach sind beispielsweise auf der kanadischen Seite nun nicht mehr nur zentralstaatliche Stellen, sondern auch Provinzen zur Öffnung ihrer Beschaffungsmärkte verpflichtet. Andererseits sind die Schwellenwerte, das
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heißt, die Mindestauftragswerte, ab denen die marktöffnenden Bestimmungen gelten, insoweit nun höher als nach den bisherigen NAFTA-Vorschriften.
Landwirtschaft: Kanada öffnet den Markt für Milchprodukte im USMCA etwas weiter als im Rahmen der Transpazifischen Partnerschaft, ändert einige Produktklassifizierungen und gibt auch finanzielle Anreize für die Nutzung bestimmter kanadischer Produkte bei der Käseherstellung auf. Dies ist ein wichtiger politischer Gewinn für die Trump-Administration, da dies eines der zentralen Versprechen war.
Abschluss weiterer Freihandelsabkommen: Das Abkommen enthält einen Passus für den Abschluss von Freihandelsabkommen mit Nichtmarktwirtschaften. Verhandelt einer der Partnerstaaten ein FTA mit einem Staat, der von Kanada, Mexiko oder den USA als Nichtmarktwirtschaft eingestuft wird, müssen drei Monate vor Verhandlungsbeginn die übrigen Vertragspartner informiert werden. Zusätzlich zur Einstufung als Nichtmarktwirtschaft gilt dies auch für Staaten, mit denen keiner der USMCA Partner bereits ein FTA unterhält. Auf Anfrage der Vertragspartner muss der verhandelnde USMCA-Staat so viele Informationen wie möglich über den Verhandlungsstand bereitstellen. Spätestens 30 Tage vor Unterzeichnung des FTA muss der gesamte Vertragstext inklusive aller Zusätze auch den USMCA-Partnern vorliegen. Die jeweils anderen beiden USMCA-Länder haben daraufhin das Recht, innerhalb von sechs Monaten aus dem Abkommen auszuscheiden. Diese Periode muss dann genutzt werden, um ein bilaterales Abkommen auf Grundlage des USMCA neu zu verhandeln. Diese Bestimmung liest sich aufgrund ihrer notwendigen und hinreichenden Bestimmungen als lex China und kann als Signal gewertet werden, dass die USA ein FTA Kanadas oder Mexikos mit der Volksrepublik bestrafen würden.
Währungsmanipulation: Auch wenn sich das Kapitel zu makroökonomischer Kooperation und Verhinderung von Währungsmanipulationen als Neuerung liest, ist die Einführung dieses Kapitels wenig überraschend. Der Kongress schreibt in der Trade Promotion Authority für Handelsabkommen vor, dass diese zur Vermeidung von Wechselkursmanipulationen beitragen sollen. Kapitel 33 des USMCA gleicht daher auch in weiten Teilen der Joint Declaration of the Macroeconomic Policy Authorities of Trans-Pacific Partnership Countries, welche die USA mit den anderen TPP-Ländern verhandelt hatten. Der USMCA integriert dieses wirtschaftspolitische Ziel nun in den eigentlichen Vertragstext. Demnach dürfen die USMCA-Partnerstaaten keine wettbewerblich motivierten Abwertungen ihrer Währungen vornehmen und müssen sich an die vorgesehenen Transparenzvorschriften halten. Hierzu gehört die monatliche Veröffentlichung von Daten zu Devisenreserven und Terminpositionen sowie zu öffentlichen Eingriffen in Devisenkassageschäfte. Quartalsweise müssen Daten über die Zahlungs- sowie die Handelsbilanz verfügbar gemacht werden. Um die Implementierung dieses Vertragsteils zu überwachen, soll ein makroökonomischer Ausschuss eingerichtet werden, dem ein hochrangiger Konsultationsmechanismus nachgeordnet ist. Sollte es im Streitfall auf dieser Ebene zu keiner Einigung kommen, werden sogenannte Panels oder Ausschüsse von Experten zur Streitbeilegung einberufen. Diese Streitschlichtungsausschüsse können ausdrücklich nur auf dauerhaft unterlassene oder irreführende Bereitstellung der oben genannten Monats- und Quartalszahlen Bezug nehmen. Sollte ein solches Panel feststellen, dass makroökonomische Daten tatsächlich nicht im Einvernehmen mit Artikel 33.5 („Transparency and Reporting“) berichtet worden sind, legen die Ausschussmitglieder fest, welche Vorteile aus dem USMCA für die vertragsbrüchige Partei ausgesetzt werden sollen. Da Mexiko, Kanada und die USA ihren Veröffentlichungspflichten bereits als IWF-Mitglieder an die IWF-Datenbank COFER (Currency
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Composition of Official Foreign Exchange Reserves) nachkommen, ist dieses Kapitel in erster Linie als Signal und Standard für kommende US-FTA zu bewerten.
Überprüfung des Abkommens: Für das USMCA ist eine 16-jährige Laufzeit vorsehen. Nach sechs Jahren soll zudem eine Überprüfung des Abkommens stattfinden, in deren Verlauf Probleme diskutiert und beseitigt werden sollen, ohne das Abkommen als Ganzes infrage zu stellen. Die Partner sollen sich bei der Überprüfung auch schriftlich festlegen, ob das Abkommen um weitere 16 Jahre verlängert wird. Diese Überprüfungen und Festlegungen zur Verlängerung finden dann alle sechs Jahre statt. Grundsätzlich ist die Möglichkeit, Probleme zu beseitigen, positiv zu bewerten. Dieser Mechanismus darf allerding nicht zu Rechtsunsicherheit für Unternehmen führen.
Streitbeilegung: Kanada konnte eine zunächst befürchtete Schwächung der Streitschlichtung abwenden. Sowohl Kapitel 20 des alten NAFTA-Vertrags (Staat-zu-Staat Streitschlichtung über Handelsfragen) und Kapitel 19 (für Streitfällt zu handelspolitischen Schutzinstrumenten) blieben weitestgehend intakt. Allerdings wurde die Investor-Staat-Streitschlichtung zwischen den USA und Mexiko zur Schlichtung von Investitionsstreitfällen eingeschränkt. Die USA und Mexiko stimmten in den meisten Sektoren einem engeren Schutz von Investitionen zu; nur eine Handvoll von Industrien – wie Öl und Gas – werden weiterhin Zugang zu den traditionellen Schutzmechanismen haben. Unter USMCA wären die meisten Investoren nur in der Lage, ISDS-Ansprüche wegen Verstößen gegen die Inländerbehandlung, Meistbegünstigung oder auch Enteignung geltend zu machen; der Schutz vor indirekter Enteignung wird deutlich eingeschränkt. Zwischen den USA und Kanada soll ISDS am Ende einer dreijährigen Übergangsfrist komplett entfallen. Damit wächst tendenziell die Rechtsunsicherheit für ausländische Investoren.
232-Zölle: Für die Importbeschränkungen, die unter Abschnitt 232 des US-Handelsgesetzes von 1962 auf Stahl und Aluminium verhängt wurden (und entsprechende Gegenmaßnahmen von Mexiko und Kanada), gab es keine Lösung. Für den Fall, dass die USA nach Abschnitt 232 Importzölle für Autos verhängen oder aber den Drittlandszoll erhöhen, wurden Quotenregelungen für Kanada und Mexiko vereinbart. Details, wie die Quoten verteilt werden, sind noch offen. Es steht jedoch zu befürchten, dass diese herstellerspezifisch aufgeteilt und Kriterien, wie der regionale Wertschöpfungsanteil, einbezogen werden. Zudem wird ein eigener Prozess für zukünftige 232-Zölle definiert: Bei neuen Maßnahmen werden Kanada und Mexiko für mindestens 60 Tage ausgenommen, um Konditionen für eine eventuelle permanente Ausnahme zu verhandeln. Kanada und Mexiko behalten sich vor, gegen illegitime 232-Maßnahmen vorzugehen und Retorsionen durchzuführen.
Führende Republikaner im US-Kongress wie Orrin Hatch (R-UT), Vorsitzender des Finanzausschusses des Senats, begrüßten die Übereinkunft und die Einbeziehung Kanadas. Senator John Cornyn (R-TX) bezeichnete die Vereinbarung als einen positiven Schritt. Auch die Wirtschaft zeigte sich erleichtert, dass NAFTA nicht durch bilaterale Abkommen ersetzt wird. Sowohl die U.S. Chamber of Commerce, die National Association of Manufacturers als auch der Business Round Table lobten USMCA, hielten sich aber eine genaue Prüfung des Vertragstextes vor. Auch die Demokraten im Kongress zeigten sich erleichtert, dass Kanada nun an Bord ist, doch fiel ihre Bewertung weniger
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enthusiastisch aus. Mehrere prominente Demokraten äußern bereits Bedenken, dass das Abkommen nicht weit genug gehe, um US-Arbeitnehmer zu schützen. Auch die Gewerkschaften stehen der Übereinkunft kritisch gegenüber. Die AFL-CIO betonte, dass mehr Arbeit nötig sei, um NAFTA zu modernisieren. Ob das Abkommen die notwendigen Mehrheiten im Kongress gewinnen wird, bleibt abzuwarten. Sollten die Demokraten die Mehrheit in einer der Kammern zurückerobern, dürfte die Ratifizierung noch schwieriger werden. Trump hat für diesen Fall wiederholt damit gedroht, NAFTA aufzukündigen. Kapitel 22 des NAFTA gibt einer Vertragspartei das Recht, den Vertrag mit einer Frist von sechs Monaten nach Bekanntgabe zu kündigen. Wie dies allerdings rechtlich in den USA ablaufen soll, ist unter Rechtsexperten umstritten. Einen Präzedenzfall gibt es dafür nicht. Umstritten ist, ob der Präsident die Befugnis hat, das Abkommen einseitig zu beenden oder ob dafür die Zustimmung des Kongresses notwendig ist.
Ausländische Direktinvestitionen aus den USA in USMCA-Staaten (Bestände) 1994 - 2017, in Milliarden US-Dollar 450 400 350 300 Kanada 250 Mexiko 200 150 100 50 0
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Quelle: Bureau of Economic Analysis, <http://www.bea.gov/international/> (eingesehen am 01.10.2018).
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Ausländische Direktinvestitionen aus den USMCA-Staaten in den USA (Bestände) 1994 - 2017, in Milliarden US-Dollar 500 Kanada
450
Mexiko 400 350 300 250 200 150 100 50 0
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2002
2004
2006
2008
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2012
2014
2016
Quelle: Bureau of Economic Analysis, <http://www.bea.gov/international/> (eingesehen am 01.10.2018).
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China Die USA haben seit Jahren ein hohes Defizit im Warenhandel mit China. Mit rund 376 Milliarden USDollar im Jahr 2017 ist es so hoch wie mit keinem anderen Land. Wegen der positiven Dienstleistungsbilanz fällt das gesamte Handelsbilanzdefizit zwar etwas kleiner aus, liegt aber dennoch bei 336 Milliarden US-Dollar (BEA 2018d). Der handelskritische Think Tank Economic Policy Institute (EPI) schätzt in einer Studie vom Oktober 2018, dass das US-Handelsbilanzdefizit mit China zum Verlust von 3,4 Millionen Arbeitsplätzen in den USA geführt habe. Davon sind Arbeitsplätze im Fertigungsbereich mit rund 75 Prozent am stärksten betroffen. Als Ursachen nennen die Autoren der Studie handelsverzerrende Praktiken Chinas, darunter Währungsmanipulation, Lohndumping, staatliche Subventionen oder auch die Missachtung von Arbeitnehmerrechten. Zudem monieren die Autoren, dass die chinesische Regierung die Binnennachfrage nicht ausreichend stimuliere (EPI 2018). Trump will daher einen besseren „Deal“ für die USA. Am 22. März 2018 unterzeichnete er ein Memorandum, in dem er die konkrete Ausarbeitung von Maßnahmen durch den USHandelsbeauftragten Robert Lighthizer anordnete, um auf „unfaire Handelspraktiken“ Chinas zu reagieren. Dabei kritisierte er vor allem den großen Handelsbilanzüberschuss Chinas sowie Verstöße gegen Urheberrechte und Diebstahl von Technologien. Den Ereignissen war eine im August 2017 angestoßene Untersuchung zum Diebstahl geistigen Eigentums und erzwungenen Technologietransfer durch China unter Abschnitt 301 des US-Handelsgesetzes von 1974 vorausgegangen. Abschnitt 301 ermöglicht nach vorangegangenen Untersuchungen sowie politischen Konsultationen Wirtschaftssanktionen gegenüber Staaten, die Handelsabkommen verletzen oder mittels anderweitiger unfairer Handelspraktiken die US-Wirtschaft benachteiligen. Laut dem Untersuchungsbericht erlitten die USA durch Chinas Praktiken massive Nachteile.
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Anfang Juli 2018 verhängten die USA dann erste Einfuhrzölle in Höhe von 25 Prozent auf chinesische Importe im Wert von 34 Milliarden US-Dollar auf Basis des Abschnittes 301. Die Zölle betreffen vor allem Hochtechnologie-Produktgruppen wie Flugzeugteile, Batterien, Flachbildfernseher und medizinische Spezialgeräte – Produkte, die China im aktuellen Fünfjahresplan als Teil der Made in China 2025-Strategie als besonders wichtig hervorgehoben hat. Die chinesische Regierung kritisierte das Vorgehen der US-Regierung scharf und kündigte Gegenmaßnahmen an. Die chinesischen Ausgleichszölle auf ein Handelsvolumen in Höhe von etwa 30 Milliarden US-Dollar traten noch am selben Tag in Kraft wie die US-Zölle. Trump legte Mitte August noch einmal nach und weitete die Zölle auf Importe im Wert von 16 Milliarden US-Dollar aus. Damit waren insgesamt Importe in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar von Einfuhrzöllen betroffen. China antwortete mit Gegenzöllen ebenfalls in der Höhe von 16 Milliarden US-Dollar. Wenige Tage nach den ersten 301-Zöllen veröffentlichte das Büro des USTR eine weitere Liste mit 6.000 Importwaren aus China mit einem Handelsvolumen von 200 Milliarden US-Dollar. Ende September 2018 traten die Zölle in Kraft. Zunächst werden die Waren mit einem Zusatzzoll in Höhe von zehn Prozent belegt. Dieser könnte aber Anfang 2019 auf 25 Prozent angehoben werden. Damit sind Importe mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 250 Milliarden US-Dollar von Zöllen betroffen. Dies entspricht fast 50 Prozent der US-Importe aus China im Jahr 2017. Damit jedoch nicht genug: Trump signalisierte, notfalls auch Importe aus China in Höhe von rund 500 Milliarden US-Dollar mit Einfuhrzöllen zu belegen, sollte das Land nicht einlenken. Dies entspricht fast den gesamten USImporten aus China. China antwortete mit Zöllen in Höhe von 60 Milliarden US-Dollar; damit sind chinesische Importe aus den USA in der Höhe von 80 Prozent betroffen. Mitte September teilte die WTO mit, China wolle am 21. September Sanktionen gegen die USA in Höhe von sieben Milliarden US-Dollar als Vergeltung für die Nichteinhaltung von Auflagen einer WTOEntscheidung zur strittigen US-Berechnungsmethode für Antidumping-Zölle verhängen. In ihrem Genehmigungsantrag an die WTO stellt demnach die chinesische Regierung jährliche Schäden in Höhe von über sieben Milliarden US-Dollar aufgrund von US-Antidumping-Maßnahmen dar. Die den Maßnahmen zugrundeliegende, als „zeroing“ bekannte US-amerikanische Berechnungsmethode ist umstritten, da sie tendenziell die US-Antidumpingzölle auf ausländische Produkte erhöht. Die WTO erklärte sie daher auch für nicht WTO-konform. Bereits im Jahr 2016 klagte China gegen die USA und bekam Recht. Das Urteil wurde im darauffolgenden Jahr im Rahmen eines Berufungsverfahrens nochmals bestätigt. Die US-Regierung hatte Mitte Oktober 2018 eingeräumt, dem Urteil bisher nicht vollumfänglich nachgekommen zu sein. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China ist gefährlich. Beide Länder sind Schwergewichte in der Weltwirtschaft. Wertschöpfung- und Produktionsnetzwerke sind heute so internationalisiert wie nie zuvor. Daher werden auch Deutschland und Europa von den Auswirkungen des Konflikts nicht verschont bleiben. Europäische Unternehmen produzieren in beiden Ländern und beliefern von dort den jeweils anderen Markt. Auch für die WTO stellt der Konflikt eine gravierende Herausforderung dar. Beide Länder haben Klage gegeneinander erhoben. Die USA, die EU und Japan wollen gemeinsam gegen Marktverzerrungen vorgehen und hierfür auch das 2017 gegründete trilaterale Forum nutzen. Ziel sind gleiche Wettbewerbsbedingungen, die Begrenzung von Subventionen, der Schutz geistigen Eigentums und die transparente öffentliche Projektvergabe. Dass sich China am 16. Juli 2018 anlässlich des 20. EU-China Gipfels mit der EU darauf verständigt hat, in einer bilateralen Arbeitsgruppe Vorschläge für eine Reform der WTO zu erarbeiten, ist ein positives Signal.
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US-Warenhandel 2017: Exporte nach China nach Warenkategorien, in Prozent
Zivile Luftfahrt, Motoren, Ausstattung und Teile 13% Sojabohnen 9%
Sonstige 47% KFZ, neu & gebraucht 8%
Halbleiter 5%
Baumstämme & Bauholz 2%
Industriemaschinen 4% Rohöl 3% Faserholz & Faserholz 3%
Kunststoffe 3% Medizinische Ausstattungen 3%
Quelle: US Census Bureau, <https://www.census.gov/foreign-trade/statistics/product/enduse/imports/c5700.html #questions> (eingesehen am 10.10.2018)
US-Warenhandel 2017: Importe aus China nach Warenkategorien, in Prozent
Sonstige 41%
Handys und andere Haushaltswaren 14%
Computer 9%
Fernübertragungseinrichtungen 7% Computerzubehöre 6%
Elektrische Geräte 3% Haushaltsgeräte 3% Andere Teile, Zubehör von Fahrzeugen 3%
Spielzeuge, Spiele, Sportartikel 5% Kleidung, Textilen (außer Baumwolle, Wolle) 5% Möbel, Haushaltswaren 4%
Quelle: US Census Bureau, <https://www.census.gov/foreigntrade/statistics/product/enduse/imports/c5700.html #questions> (eingesehen am 10.10.2018)
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Trump und die WTO Trump steht der WTO kritisch gegenüber. „Die WTO hat die USA sehr, sehr schlecht behandelt, und ich hoffe, sie ändert dies“, kritisierte Trump. Falls nicht, würden die USA „etwas unternehmen“. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es die USA, die das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) 1947 auf den Weg brachten. Und auch die WTO wäre 1995 ohne die Unterstützung der USA nicht gegründet worden. Nun hat Trump wiederholt mit dem Austritt der USA aus der WTO gedroht. USWirtschaftsminister Wilbur Ross beklagte im Mai 2018, dass das Meistbegünstigungsprinzip (MFN) und die bei der WTO gebundenen Zollraten die USA daran hinderten, mit ihren Partnern, einschließlich China und EU, Handel nach dem Grundsatz der Reziprozität zu treiben. Für Entwicklungsländer gelten vielfache und teilweise weitreichende Ausnahmen in der WTO (Stichwort: special and differential treatment). Wer ein Entwicklungsland ist, entscheidet jedes WTO-Mitglied selbst für sich – eine bindende Definition hat die WTO nicht. USTR Lighthizer kritisierte daher: „Wir können nicht unterstützen, dass neue Regeln nur für einige wenige gelten und die anderen im Namen eines selbst ernannten Status freie Bahn haben.“ Dabei geht es den USA insbesondere um die großen Schwellenländer, allen voran China. Die USA fordern, dass sich diese Länder dem Regelwerk der WTO unterwerfen – ohne Ausnahmen. Dies solle auch für neue Regelungsbereiche gelten. Die USA kritisieren zudem, dass sich viele Länder nicht an die Regeln der WTO halten. Daher legte die Trump-Administration im Vorfeld der elften WTO-Ministerkonferenz im Dezember 2017 einen Vorschlag für eine Stärkung der Transparenz bei der WTO vor. Dieser zielt auf die bessere Einhaltung von Notifikationspflichten der Mitglieder ab. Die USA schlagen vor, dass die WTO-Mitglieder in Zukunft verpflichtet sein sollten, Fristverletzungen zu begründen und einen Zeitplan für die voraussichtlichen Benachrichtigungen vorzulegen. Wenn die Notifizierung nicht binnen eines Jahres erfolgt, würde das WTO-Sekretariat damit betraut werden, den Schritt an Stelle des Mitglieds und in Zusammenarbeit mit diesem zu vollziehen. Zeigt sich das Mitglied nicht kooperativ, sieht der Vorschlag verschiedene Sanktionsstufen vor, die bis zur „inaktiv“-Setzung der Mitgliedschaft und dem Ausschluss von Schulungen und technischer Unterstützung gehen. Die EU unterstützt die Initiative zumindest mit Blick auf die Notifizierung im Bereich der Subventionen und mit weicheren Sanktionsmöglichkeiten, die leichter eine breite Zustimmung in der WTO-Mitgliedschaft finden könnten. Dazu zählt eine stärkere Rolle des Sekretariats, das bei fehlenden Notifizierungen mit der Feststellung einer vermuteten Regelwidrigkeit die Grundlage für ein vereinfachtes Streitschlichtungsverfahren bieten könnte. Beim Treffen der WTO-Arbeitsgruppe (Working Party) zu Staatshandelsunternehmen am 19. Oktober 2018 beschuldigten die USA China, keine detaillierten Informationen über ihre Staatshandelsunternehmen zu liefern. Während die USA sich weitere Schritte vorbehielt, bat China um eine schriftliche Eingabe, um die Kritik der USA für Rückmeldung nach Peking übermitteln zu können. Bei derselben Sitzung beschwerten sich die USA, dass 53 WTO-Mitglieder in den letzten zehn Jahren überhaupt keine Notifikation zu Staatshandelsunternehmen vorgenommen hätten. Dabei rief die USA auch Russland, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate auf, ihren Notifikationspflichten nachzukommen. Nach WTO-Regularien müssen diese Meldungen alle zwei Jahre erfolgen. Auch der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Antonius Yudi Triantoro, stellte fest, dass die meisten Mitglieder ihren Meldepflichten nicht gerecht würden. Im Fadenkreis der Kritik der Trump-Administration steht zudem der Streitschlichtungsmechanismus. Die USA gehören zu seinen aktivsten Nutzern. Von 1995 bis September 2018 erhoben die USA 123 Mal Klage vor der WTO gegen ein anderes Mitglied; in weiteren 144 Fällen waren sie als Drittland
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beteiligt. In 151 Fällen wurden sie von anderen WTO-Mitgliedern verklagt. Die meisten Klagen der USA richten sich gegen China. Dennoch kritisiert die Trump-Administration die Streitschlichtung scharf: „Allzu oft glauben ihre Mitglieder, dass sie über Klagen Vorteile erringen können, die sie niemals an einem Verhandlungstisch erreichen würden“, so USTR Lighthizer bei der letzten WTOMinisterkonferenz in Buenos Aires Ende 2017. Kevin Hassett, Vorsitzender des White House Council of Economic Advisers, erklärte bei einer Veranstaltung in Washington, dass die USA über eine WTO 2.0 nachdenken würden. Die Schiedssprüche der Berufungsinstanz hätte tendenziell „keine Zähne“, um Länder wie China von systematischen Regelbrüchen abzubringen. Um auf diese Weise entstehenden Schaden abzuwenden, müsse über Alternativen nachgedacht werden. Hassett nannte beschleunigte Verfahren und die Möglichkeit, Länder nach wiederholten Regelverstößen aus der WTO ausschließen zu können. Das Ziel müsse sein, alle Mitgliedstaaten zu einem „systematischen Verhalten“ zu bringen und im Idealfall jegliche Zölle und nicht-tarifären Handelshemmnisse auf null zu reduzieren. Wenn die WTO auf dem Weg zu diesem Ziel aber eher störe als nütze, spräche auch nichts gegen bilaterale Abkommen als Alternative.
WTO: Die USA, die EU und China als Kläger und Angeklagter (1995 bis September 2018, China erst WTO-Mitglied seit Dezember 2001*) 160
USA
EU (vormals EC)
China*
140 120 100 80 60 40 20 0 Kläger
Angeklagter
Quelle: World Trade Organization, <https://www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/dispu_status_e.htm> (eingesehen am 21.09.2018).
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WTO-Streitschlichtung: Beschwerden gegen die USA Januar bis September 2018 6
5
4
3
2
1
0 China
Südkorea Vietnam
Indien
Türkei
Russland
EU
Schweiz Norwegen Kanada
Mexiko
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten der World Trade Organization, <https://www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/dispu_status_e.htm> (eingesehen am 17.10.2018).
WTO-Streitschlichtung: Auf welche Verträge beziehen sich die meisten Streitfälle?* (1995 bis September 2018) *enthält nur Verträge, die mindestens 50 Mal als Referenz für Klagen verwendet wurden. 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 GATT 1994 Subventionen und Antisubventionsmaßnahmen Übereinkommen zur Gründung der WTO Technische Handelshemnisse (TBT)
Antidumping (Artikel VI der GATT 1994) Landwirtschaft Safeguards
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten der World Trade Organization, <https://www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/dispu_agreements_index_e.htm> (eingesehen am 19.10.2018).
Einige der Bedenken der USA gegenüber dem Streitschlichtungsmechanismus sind nicht neu. Auch die Obama-Administration hatte den Berufungsmechanismus, die zweite Instanz der Streitschlichtung, kritisiert. Allerdings hat die Kritik unter Trump deutlich an Schärfe gewonnen. Sie betrifft sowohl prozedurale als auch grundlegende Aspekte der Streitschlichtung.
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Einhaltung der Fristen: Die USA kritisieren, dass häufig nicht die vorgeschriebene Frist von 90 Tagen für die Bearbeitung von Streitfällen durch das Berufungsgremium eingehalten werde. Somit würden Fälle, nicht wie vorgeschrieben, „prompt“ geregelt. Dies werfe zudem Fragen bezüglich der Transparenz und Kohärenz der Streitschlichtung auf. Auch stelle sich die Frage nach der rechtlichen Gültigkeit von Berichten, die nach dem Ablauf der 90 Tage erstellt werden.
Fortsetzung der Tätigkeit eines Mitglieds des Berufungsgremiums nach dessen Austritt: Bisher ist es Praxis, dass Mitglieder des Berufungsgremiums nach Amtsende einen bereits begonnen Fall bis zum Ende begleiten. Die USA kritisieren, dass das Berufungsgremium nicht befugt sei, eine Person, die nicht Mitglied des Berufungsgremiums ist, als Mitglied zu erachten. Die Entscheidung läge beim Streitschlichtungsgremium.
Erstellung von beratenden Meinungen, die nicht zur Lösung des Konfliktes notwendig sind: Die USA kritisieren, dass das Berufungsgremium mit der Erstellung solcher Meinungen über sein Mandat hinausgehe.
Überprüfung der Fakten und Überprüfung des innerstaatlichen Rechts: Die USA kritisieren zudem, dass das Berufungsgremium über sein Mandat hinausgehe, indem es nicht nur Rechtsfragen prüfe, die im Panelbericht behandelt wurden, sowie rechtliche Auslegungen, die vom Panel entwickelt wurden. Vielmehr prüfe das Berufungsgremium häufig auch Ergebnisse des Panels in Bezug auf die Bedeutung der nationalen Rechtsvorschriften oder anderer Fakten.
Rechtswirkung von Präzedenzfällen: In einem weiteren Aspekt stellen die USA eine Mandatsüberschreitung fest. So schaffe das Berufungsgremium neues Handelsrecht, das über das ausgehandelte und in den WTO-Verträgen festgeschriebene Recht hinausgehe, indem es den Anspruch erhebe, dass Entscheide des Berufungsgremiums Präzedenzcharakter haben.
Deswegen verhindern die USA derzeit die Nachbesetzung des wichtigen siebenköpfigen Gremiums. Dies könnte im Jahr 2019 zu einer vollständigen Blockade der Streitschlichtung führen. Für die Behandlung eines Berufungsfalls sind jeweils drei Mitglieder des Berufungsgremiums notwendig. Während die EU und Kanada im September 2018 Reformvorschläge vorlegten, die auch konkret auf die Kritikpunkte der USA am Berufungsmechanismus eingehen, haben die USA bisher nicht präzisiert, wie sie sich eine Lösung des Problems vorstellen. Die Zahl der Streitfälle bei der WTO ist 2018 dramatisch angestiegen. Von Anfang 2018 bis Mitte September 2018 sind 32 Klagen bei der WTO eingegangen – mehr als in jedem anderen Jahr seit 2008. Im Mittelpunkt stehen die USA. 18 dieser Klagen richten sich gegen die USA; acht Klagen gingen von den USA aus. Die Klagen der USA richten sich zumeist gegen Länder, die mit Ausgleichszöllen auf die US-Stahl- und Aluminiumzölle geantwortet haben. Bis Ende des Jahres ist mit einem weiteren Anstieg der Zahl der Streitfälle zu rechnen (WTO 2018a).
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Anzahl an bei der WTO eingereichten Beschwerden insgesamt (1995 bis September 2018*) 60
50
40
30
20
10
0
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten der World Trade Organization,<https://www. wto.org/english/tratop_ e/dispu_ e/dispu_status_e.htm> (eingesehen am 21.09.2018).
Beschwerden bei der WTO nach Klägern (2008 bis September 2018*) 35
30
25
20
15
10
5
0 2008
2009
2010
2011 USA
2012 EU
China
2013
2014
2015
2016
2017
2018*
Beschwerden insgesamt
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten der World Trade Organization, <https://www.wto.org/english/tratop_e /dispu _e/dispu_status_e.htm> (eingesehen am 21.09.2018).
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Beschwerden bei der WTO nach Angeklagten (2008 bis September 2018*) 35
30
25
20
15
10
5
0 2008
2009
2010
2011 2012 USA EU China
2013 2014 2015 Beschwerden insgesamt
2016
2017
2018*
Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten der World Trade Organization, <https://www.wto.org/english/tratop_e/dispu_e/dispu_status_e.htm> (eingesehen am 21.09.2018).
Nicht zuletzt kritisieren die USA, dass die WTO zu schwerfällig sei und ihren Aufgabe nicht richtig gerecht werde, den Handel zu liberalisieren sowie neue Regeln für den Welthandel zu setzen. Seit 2001 verhandeln die WTO-Mitglieder über mehr Marktöffnung unter der Doha-Runde – weitestgehend ohne Erfolg. Seit der Gründung der WTO ist das multilaterale Regelwerk kaum weiterentwickelt worden. Eine der wenigen Ausnahmen bildet das 2013 getroffene Abkommen über Handelserleichterungen (TFA). Ein Stolperstein in den Doha-Verhandlungen war das sogenannte „single undertaking“ – nichts ist beschlossen, bevor alles beschlossen ist. Dies verhinderte, dass Beschlüsse in Teilbereichen zügig umgesetzt werden konnten. Seit der Ministerkonferenz in Bali 2013 verfolgen die WTO-Mitglieder einen flexibleren Ansatz. Auf der Ministerkonferenz in Buenos Aires 2017 fiel der Startschuss für drei sogenannte Joint Initiatives, um die Gespräche in der WTO zu den Themen elektronischer Handel, Investitionserleichterungen sowie mikro, kleine und mittlere Unternehmen (MSME) voranzubringen. Der elektronische Handel gewinnt immer mehr an Bedeutung. Der Großteil des Dienstleistungshandels wird mittlerweile elektronisch abgewickelt. Regeln für den elektronischen Handel gibt es in der WTO bisher allerdings nicht. Die USA beteiligen sich an den Gesprächen in dieser Gruppe, die mittlerweile mehr als 70 Mitglieder zählt. Darüber hinaus wird seit Buenos Aires über die innerstaatliche Regulierung von Dienstleistungen (Transparenzregeln, etc.) plurilateral verhandelt. Für diesen Bereich existierten bereits vorher ein multilaterales Mandat und eine Arbeitsgruppe. Auch an diesen Gesprächen sind die USA beteiligt. Dahingegen gehören die USA nicht zu den Unterzeichnern der beiden anderen Initiativen und beteiligen sich an den Gesprächen bisher nur als Zuhörer. Ende Oktober trafen sich 13 WTO-Mitglieder (darunter Kanada, Mexiko, Japan und die Europäische Union) in Ottawa, Kanada, um über die Zukunft der WTO zu beraten. Im Mittelpunkt standen der Handelskonflikt zwischen China und den USA sowie der Umgang mit Staatsunternehmen und staatlichen Subventionen. China und die USA selbst waren nicht geladen.
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Handel und der Kongress Laut US-Verfassung hat der Kongress die Kompetenz über die Handelspolitik (Art. 1 Abs. 8, Verfassung der USA). Der Präsident ist gegen verfassungsrechtlich in der Außenpolitik mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet. Allerdings hat der Kongress über die vergangenen Jahrzehnte die Kompetenzen des Präsidenten sukzessive erweitert. Der Trade Expansion Act of 1962 erlaubt es, Zölle oder Quoten einzuführen, wenn Importe die nationale Sicherheit bedrohen. Abschnitt 122 des Trade Act of 1974 gibt dem Präsidenten das Recht, Zölle von bis zu 15 Prozent und/oder quantitative Importbeschränkungen für bis zu 150 Tage einzuführen, wenn ein signifikantes Defizit in der US-Zahlungsbilanz mit einem Land besteht. Abschnitt 301 des Trade Act ermöglicht es dem Präsidenten, vergeltende Maßnahmen einschließlich Zöllen und Quoten einzusetzen, wenn ein Land den USA Rechte unter einem Freihandelsabkommen verweigert oder Maßnahmen durchführt, die unberechtigt, unangemessen oder diskriminierend sind. Der Kongress kann die handelspolitischen Kompetenzen des Präsidenten zudem erheblich stärken und zugleich seine Kontroll- und Mitspracherechte sichern, indem er ihm die Trade Promotion Authority (TPA) überträgt. Legt der Präsident dem Kongress ein Abkommen vor, das er ohne TPA verhandelt hat, ist dieser nicht verpflichtet, über den entsprechenden Gesetzesentwurf abzustimmen. Der Kongress ist an keine Fristen gebunden, und er kann das Paket komplett aufschnüren, Passagen ändern und mit Gesetzeszusätzen versehen. Anders sieht es bei Handelsverträgen aus, die der Präsident mit TPA verhandelt hat. Der Kongress ist dann verpflichtet, über einen entsprechenden Gesetzesentwurf abzustimmen. Gesetzeszusätze sind nicht möglich, und es gelten strenge Fristen für den Ratifizierungsprozess. Für die Verabschiedung eines Gesetzes ist eine einfache Mehrheit in beiden Kammern notwendig – anders als bei internationalen Abkommen, denen der Senat mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen muss. Seit den 1990er Jahren wurden Handelsgesetze nur mit (teilweise sehr) knappen Mehrheiten verabschiedet. Politiker beider Parteien haben gleichermaßen auf eine wachsende Globalisierungsangst in der Bevölkerung und in der Wirtschaft reagiert – geschürt durch einen steigenden Wettbewerbs- und ökonomischen Anpassungsdruck durch stagnierende Löhne der Mittelklasse und zunehmende Einkommensungleichheit. Trumps Handelsagenda findet somit grundsätzlich Widerhall im Kongress. Eine striktere Durchsetzung von US-Handelsinteressen, ein aggressiveres Vorgehen gegen China und die Stärkung von Buy-American-Regeln finden viele Befürworter im Kongress sowohl bei den Republikanern als auch bei den Demokraten. In den vergangenen Monaten ist die Kritik an Trumps Handelspolitik jedoch gewachsen – gerade auch in der eigenen Partei. Die höheren Einfuhrzölle auf bestimmte Importe sowie die von den USHandelspartnern implementierten Ausgleichzölle zeigen sukzessive Wirkung. Besonders die exportabhängige US-Agrarindustrie fürchtet einen langfristigen Verlust von Marktanteilen und ist zu einem laustarken Kritiker der US-Handelspolitik geworden. Die US-Regierung hat ein 12 Milliarden US-Dollar schweres Rettungspacket angekündigt, um die betroffenen Landwirte zu unterstützen. Gerade im Senat rührt sich Widerstand. So versuchen die Senatoren Bob Corker (Tennessee) und Pat Toomey (Pennsylvania, beide Republikaner), die Entscheidungsbefugnis des Präsidenten unter Abschnitt 232 einzuschränken. Sie schlagen vor, dass der Kongress der Verhängung von Schutzzöllen auf Grundlage von Abschnitt 232 zustimmen muss. Gegenwärtig sind insgesamt neun Gesetzesinitiativen zu Section 232 in den Kongress eingebracht worden, die die Kompetenzen zu und
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die Reichweite von 232 (ausschließlich oder zusammen mit anderen handelspolitischen Initiativen) verändern würden. Bisher hat keine der Initiativen zu weiteren Schritten geführt. Zentrale Republikanische Politiker zeigen wenig Begeisterung, sich mit dem Thema vor den Wahlen im November intensiv zu beschäftigen. Dass der Kongress nur eingeschränkt ein Korrektiv in der Handelspolitik ist, zeigt auch die Verlängerung der TPA. Diese wurde am ersten Juli 2018 automatisch für drei Jahre verlängert, nachdem die vorgesehene automatische Verlängerung nicht hinterfragt worden war. Obwohl viele Republikaner die aktuelle Handelspolitik kritisch sehen, hatten sie kein Interesse daran, ihrem Präsidenten in diesem für ihn so wichtigen Politikfeld in den Rücken zu fallen. Ohne Frage hätte dies – gerade vor den anstehenden Zwischenwahlen – eine starke Reaktion im Weißen Haus zur Folge gehabt. Die Demokraten hatten zwar bereits 2015 mit großer Mehrheit gegen die TPA gestimmt. Allerdings kam 2018 ein neues Kalkül hinzu: Wäre die TPA nicht verlängert worden, wäre der Präsident in den Verhandlungen nicht mehr an Berichtpflichten gebunden. Damit könnte der Kongress seine Kontrollfunktion kaum noch ausüben.
Handel in der öffentlichen Meinung Grundsätzlich bewertet eine deutliche Mehrheit der Amerikaner Handel positiv. Das Meinungsforschungsinstitut Gallup stellte in seiner jährlichen World Affairs Umfrage Anfang 2018 fest, dass 70 Prozent der Befragten Handel als Chance für Wirtschaftswachstum bewerteten; 25 Prozent waren der Meinung, dass Importe eine Bedrohung für die Wirtschaft darstellten. 2017 lag die Zustimmungsrate bei 72 Prozent – dem höchsten Wert, seitdem Gallup diese Umfrage durchführt. Nicht immer ist die Meinung der Amerikaner zum Handel so positiv. Laut Gallup schwankt diese zusammen mit der wirtschaftlichen Lage und den Arbeitslosenzahlen. Umso schwächer die Wirtschaft, umso mehr wird Handel als Bedrohung wahrgenommen. Der Bildungsgrad spielt dabei eine deutliche Rolle: Je geringer dieser ist, desto mehr erscheint Handel als Gefahr (Gallup 2018b). Etwas anders fällt das Ergebnis aus, wenn nach Freihandelsabkommen gefragt wird. Das Meinungsforschungsinstitut Pew Research befragt regelmäßig Amerikaner, ob Freihandelsabkommen eine „gute Sache“ oder eine „schlechte Sache“ seien. Handel spielte während des Wahlkampfes 2016 eine zentrale Rolle. Nicht nur Trump, auch der Demokratische Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders kritisierte Handelsabkommen scharf. Auch Kandidatin Hillary Clinton äußerte sich wiederholt kritisch. Seit Jahren waren die Umfrageergebnisse zu Handelsabkommen nicht so negativ wie 2016. Mittlerweile haben sich die Zustimmungsraten wieder erholt. Im April 2018 waren 56 Prozent der Befragten der Meinung, dass Handelsabkommen eine gute Sache seien (Oktober 2016: 45 %); 30 Prozent hielten sie für schlecht (2016: 43 %). Zudem zeigen sich deutliche Unterschiede nach Parteizugehörigkeit. Pew stellte in seinen Umfragen fest, dass während des Wahlkampfes 2016 und in den ersten Monaten der Trump-Administration vor allem bei den republikanisch-orientierten Wählern die Skepsis gegenüber Freihandelsabkommen zugenommen hatte. Waren im Jahr 2009 noch 57 Prozent der republikanisch- und 53 Prozent der demokratisch-orientierten Wähler der Ansicht, dass Freihandelsabkommen gut für die USA seien, waren 2016 nur noch 36 Prozent der republikanisch-, dafür jedoch 67 Prozent der demokratisch-orientierten Wähler dieser Ansicht. Damit hatte sich ein deutlicher Stimmungswandel in der Bevölkerung vollzogen. Unter der Bush-Administration war die Zustimmungsrate bei den eher republikanisch Wählenden deutlich höher als bei denen, die sich eher zum demokratischen Lager zählten. Auch Anfang 2018 bewertete eine unverändert hohe Mehrheit der demokratisch-orientierten Wähler Freihandelsabkommen als „gute Sache“ (gut: 67 %; schlecht: 19 %).
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In den hohen Zustimmungsraten unter demokratisch-orientierten Wählern dürfte sich die Ablehnung von Trump und seiner Politik widerspiegeln. Im republikanischen Lager scheint sich indes eine Desillusionierung mit der Handelspolitik Trumps abzuzeichnen. Mittlerweile halten nur noch 46 Prozent der republikanisch-orientierten Wähler Freihandelsabkommen für eine „schlechte Sache“, während 43 Prozent diese für gut befinden (Pew 2018f). Ein ähnliches Stimmungsbild zeichnet sich bezüglich der Zölle auf Stahl und Aluminium ab. 45 Prozent der vom Pew Research Center Befragten waren Ende April/Anfang Mai der Meinung, dass Zölle auf Stahl und Aluminium eine schlechte Sache für die USA seien; 37 hielten sie für eine gute Sache. 63 Prozent der demokratisch-orientierten Wähler lehnten die Zölle ab, während dies bei nur 26 Prozent der republikanisch-orientierten Wähler der Fall war. 58 Prozent von ihnen befanden die Zölle für gut (Pew 2018f). In Wirtschaftskreisen finden Trumps Vorschläge vor allem in solchen Industriezweigen Unterstützung, die unter dem globalen Konkurrenzdruck leiden, wie beispielsweise die Stahlindustrie. Allerdings werden die kritischen Stimmen immer lauter, darunter allen voran die U.S. Chamber of Commerce, der American Automotive Policy Council sowie zahlreiche Agrarverbände wie die American Farm Bureau Federation. Anders sieht es bei den Gewerkschaften aus. Die Gewerkschaft AFL-CIO begrüßte den Rückzug der USA aus TPP sowie die Neuverhandlungen von NAFTA. Allerdings stehen auch sie Trumps Handelspolitik kritisch gegenüber, denn der Präsident geht ihnen nicht weit genug und legt aus ihrer Sicht zu wenig Wert auf Arbeitnehmerrechte. Ähnlich geht es Umweltgruppen.
US-Sanktionspolitik Iransanktionen Trotz intensiver diplomatischer Bemühungen der Vertragspartner gab Trump im Mai 2017 den Rückzug der USA aus dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPoA) bekannt. Die Kritik am JPCoA in den USA ist nicht neu. Bereits unter der Obama-Administration hatten die republikanischen Kongressmitglieder die Zugeständnisse des Irans als unzureichend kritisiert und vor einem Sicherheitsrisiko für Israel gewarnt. In der Folge hatte sich die Obama-Administration entschieden, per präsidentieller Verfügung in regelmäßigen Abständen die Sanktionen auf Grundlage von Prüfberichten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) auszusetzen. So entstand das Zertifizierungsverfahren, das die Trump-Administration nun nicht mehr weiterführt. Der Senat hatte das Abkommen nie ratifiziert. Trotz dieser innenpolitischen Debatten war das Iran-Abkommen in Kraft getreten; immerhin hatten die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Großbritannien, Frankreich, USA, China und Russland) und Deutschland in Resolution 2231 einen Konsens formuliert und den Iran zu einem umfassenden Kontrollregime seiner nuklearen Ambitionen verpflichtet. Durch den Sicherheitsrat wurde das Abkommen auch in das Völkerrecht integriert. Das Abkommen ist ein erster wichtiger Schritt, um eine atomare Aufrüstung des Irans zu verhindern. Seit dem Austritt der USA versuchen die übrigen Vertragsparteien, das Abkommen auch ohne die USA fortzuführen. Mit dem Austritt aus dem JCPoA haben die USA angekündigt, die Sanktionen gegen den Iran nicht nur wiedereinzusetzen, sondern weiter verschärfen zu wollen. Die erste Runde der US-Sanktionen gegen den Iran trat Anfang August 2018 in Kraft. Die nächste Runde ist für Anfang November geplant.
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Deutsche Unternehmen fürchten nun, unter die sogenannten „secondary sanctions“ zu fallen. Normalerweise beziehen sich Sanktionsregime lediglich auf Staatsbürger, im Land ansässige Firmen sowie Firmen von Staatsbürgern oder Geschäftsleuten mit dauerhaftem Aufenthaltstitel. USamerikanische Sekundärsanktionen wirken aber extraterritorial. Das heißt, sie setzen USamerikanisches Recht außerhalb des Staatsgebietes und ohne Bezugnahme auf US-Staatsbürger durch. Dabei nutzen die USA ihre Position als weltweit größter und tiefster Finanzmarkt. Aus wirtschaftlicher Sicht ist diese Situation zweifach bedauerlich. Der Rückzug stellt erstens globale Kooperation und das Prinzip der Vertragssicherheit ganz allgemein in Frage. Zweitens: Auch wenn das deutsch-iranische Handelsvolumen lediglich bei 3,4 Milliarden Euro lag, wird durch die erneute Sanktionierung eine Chance zur wirtschaftlich nachhaltigen Stabilisierung in der Region aufs Spiel gesetzt. Russlandsanktionen Im August 2017 unterschrieb Präsident Trump auf Drängen von Senat und Repräsentantenhaus den Countering America‘s Adversaries Through Sanctions Act (CAATSA). Die hierin vorgesehenen Sanktionen brechen mit der bisherigen Politik, Maßnahmen gegen Russland zwischen den USA und der EU zu synchronisieren. Das Gesetzespaket beschränkt sich nicht allein auf US-Bürger und US-Unternehmen, sondern sieht in Teilen ausdrücklich auch die exterritoriale Anwendung von US-Recht vor. Auch wegen entschiedener europäischer Kritik sah die US-Administration bis zum Frühjahr 2018 von einer breiteren Umsetzung und exterritorialen Anwendung von CAATSA ab. In den Ausführungsbestimmungen zu CAATSA wurde auch ein Bestandsschutz für vor dem August 2017 geschlossene Verträge eingeräumt. Anfang April 2018 verhängte das US-Finanzministerium dann jedoch ohne vorherige Abstimmung mit der EU neue Sanktionen gegen sieben russische Konzernchefs, zwölf durch diese kontrollierte Unternehmen, 17 russische Regierungsfunktionäre, eine staatliche Rüstungsfirma und eine Bank. In einem weiteren Schritt wurden im Juni 2018 weitere fünf russische Unternehmen und drei russische Personen aufgrund von CAATSA, Abschnitt 224 (Cybersicherheit), sanktioniert. Eine Reihe von deutschen Unternehmen, insbesondere im Aluminium-, Automobil- und Energiesektor, unterhalten mit sanktionierten Personen und Unternehmen intensive Geschäftsbeziehungen und sind nun mit dem Problem konfrontiert, sich für das russische oder das US-Geschäft entscheiden zu müssen. Der langfristige wirtschaftliche Schaden für die deutsche Industrie könnte in die Milliarden gehen. Bemühungen von Seiten der deutschen und europäischen Wirtschaft, der Bundesregierung und der EU haben dazu beigetragen, dass das US-Finanzministerium mehrere Allgemeingenehmigungen erließ, welche die Fristen für die Abwicklung von Geschäften mit sanktionierten Unternehmen verlängerten. Dies betrifft insbesondere die Konzerne EN+, Rusal und GAZ, die sich im Besitz des russischen Oligarchen Oleg Deripaska befinden. Rusal liefert beispielsweise 40 Prozent des europäischen Bedarfs an Aluminium. Sollte Deripaska bis zum Ende der Frist seine Mehrheitsanteile an diesen Konzernen abgeben, wäre nach Auskunft des US-Finanzministers der Weg für ein Delisting-Verfahren für diese Unternehmen frei. Dauer und Erfolg dieses Verfahrens sind aber ungewiss und die Verunsicherung betroffener europäischer Unternehmen weiterhin hoch. Die gewährten Übergangsfristen laufen am 12. Dezember aus. Am 27. August traten weitere US-Sanktionen gegen Russland in Kraft, die mit dem Fall Skripal in Zusammenhang stehen. Grundlage ist ein Gesetz zur Kontrolle chemischer und biologischer Waffen
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aus den 1990er Jahren. Demnach kann der Präsident bestimmte Sanktionen gegen Staaten verhängen, wenn sie solche Waffen eingesetzt haben. Die Sanktionen haben allerdings keinen Sekundärcharakter. Sie beinhalten unter anderem den Stopp von Waffen- und Technologieexporten sowie ein Ende der Zahlung von Hilfsgeldern. Dem Gesetz zufolge hat Russland nun 90 Tage Zeit (bis Ende November), um den Verzicht auf chemische und biologische Waffen zu erklären. Andernfalls könnten weitere, deutlich schärfere Sanktionen folgen. Zudem werden mit Bezug auf CAATSA aktuell sowohl von Seiten der Trump-Administration, als auch von Seiten des US-Kongresses neue US-Russland-Sanktionen diskutiert. Gründe für die neuen Initiativen sind die Unzufriedenheit des Kongresses mit der Umsetzung von CAATSA sowie die von USBehörden vermuteten russischen Einmischungsversuche in die Zwischenwahlen im November. Im Zentrum der Diskussionen stehen derzeit drei Gesetzesvorschläge, die im Senat anhängig sind: der Defending American Security from Kremlin Aggression Act (DASKA), der Defending Elections against Trolls from Enemy Regimes Act (DETER) und der Energy Security Cooperation with Allied Partners in Europe Act (ESCAPE). DETER wurde am 26. April 2018 vom demokratischen Senator Richard Durbin und seinem republikanischen Kollegen Lindsey Graham eingebracht und hat überparteilichen Zuspruch, unter anderem vom republikanischen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, gefunden. DETER sieht massive Gegenmaßnahmen für den Fall russischer Einflussnahme in US-Wahlen vor. Dabei nimmt er die sechs größten russischen Banken, die drei größten Energiekonzerne sowie weitere vom Staat kontrollierte Konzerne ins Visier. Sollte der Direktor des US-Auslandsgeheimdienstes in einem gesetzlich vorgesehenen Bericht feststellen, dass Russland versucht hat, die Wahlen zu beeinflussen, bleiben dem Weißen Haus zehn Tage, um Sanktionen zu verhängen. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft. Darüber hinaus sieht DETER vor, den Handel mit russischen Staatsanleihen zu verbieten, den Besitz russischer Politiker und Oligarchen in den USA zu beschlagnahmen und diese aus den USA auszuweisen. DASKA wurde am 1. August vom republikanischen Senator Lindsey Graham eingebracht und plant in den Abschnitten 235 bis 238 Sanktionen gegen Energieprojekte mit russischer Beteiligung und gegen russische Staatsanleihen und Banken. ESCAPE, der im Juli 2018 von den republikanischen Senatoren John Barrasso und Cory Gardner eingebracht wurde, sieht vor, dass US-amerikanische Gaslieferungen in NATO-Partnerländer beschleunigt bewilligt werden sollen. Zudem sind Sanktionen gegen das europäisch-russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2 geplant. Wird ein Gesetzesentwurf nicht innerhalb einer Legislaturperiode verabschiedet, muss dieser das gesamte Verfahren erneut durchlaufen. Dass die Entwürfe noch während der sogenannten „Lame Duck“Sitzung zwischen den Kongresswahlen und der Neukonstituierung des Kongresses verabschiedet werden, ist eher unwahrscheinlich. Da sich zumindest DASKA und DETER in vielerlei Hinsicht ähneln und es auch im Energiebereich Berührungspunkte mit ESCAPE gibt, ist es gut möglich, dass die vorliegenden Entwürfe im zukünftigen 116. Kongress als gemeinsames Gesetzesvorhaben eingebracht werden.
Reform der US-Exportkontrolle Die USA haben ihre Exportkontrolle reformiert. Im August unterzeichnete US-Präsident Donald Trump den John S. McCain National Defense Authorization Act (NDAA) für das Fiskaljahr 2019. Teil dieses Gesetzes über den Verteidigungshaushalt war der Export Control Act of 2018 (ECA). Aus strategischen Gründen hatten sich die republikanischen Mitglieder des Kongresses entschieden, ECA an den
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NDAA zu koppeln, da bei Gesetzen, die die nationale Verteidigung betreffen, die Ratifizierungschancen steigen. Der ECA reformiert die Regulierung des Exports von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (Dual Use). Dabei folgte der Kongress einem Trend in der derzeitigen US-Außenwirtschaftspolitik – nämlich einem schrittweisen Protektionismus mit der Begründung der nationalen Sicherheit. Der Export Control Act verpflichtet den Präsidenten ausdrücklich, die Exportkontrolle zu nutzen, um die wirtschaftliche Führungsrolle der USA in den Natur- und Ingenieurswissenschaften, der Industrie und der Grundlagenforschung aufrecht zu erhalten. Wie schon bei den Zöllen auf Stahl und Aluminium betreibt die US-Regierung nun auch durch das Exportkontrollrecht verstärkt Standortpolitik mit dem Argument der nationalen Sicherheit. Damit entfernen sich die USA von den Grundsätzen der multilateralen Exportkontrollregime zur Nicht-Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die USA in Zukunft noch intensiver sicherheitspolitischer Maßnahmen bedienen werden, um ihre Außenwirtschaftspolitik zu betreiben. Grundsätzlich gilt nach dem deutschen Außenwirtschaftsgesetz, dass der Wirtschaftsverkehr mit dem Ausland frei ist. Hieraus ergibt sich, dass deutsche Wirtschaftsbeteiligte ein Recht haben, selbst zu prüfen, ob die Verbringung ihrer Waren irgendwelchen Beschränkungen des Exportkontrollrechtes unterliegt. Auch aufgrund ihrer Wirtschaftsgeschichte verfolgen die USA seit jeher einen anderen Ansatz. Güter behalten sozusagen ihre US-amerikanische Nationalität und fallen daher spätestens seit dem Export Administration Act (EAA) aus dem Jahre 1979 innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten unter die Jurisdiktion der USA. Für europäische Unternehmen ergeben sich aus dieser Extraterritorialität immer wieder Fragen der Rechtseinhaltung von US-Regulierungen besonders bei Re-Exporten und sogenannten „deemed exports“ – also der Verbringung von US-Technologie auch innerhalb eines US-Unternehmens an Empfänger ohne US-Staatsbürgerschaft. Gut ist, dass der Kongress mit der Verabschiedung des ECA ein dauerhaftes Exportkontrollrecht verabschiedet und damit Rechtssicherheit für Unternehmen weltweit geschaffen hat. EAA war 1994 nicht wieder vom Kongress erneuert worden und somit ausgelaufen. Präsident Clinton und seine Nachfolger stützten sich auf den International Economic Emergency Powers Act (IEEPA) von 1977, um in Abwesenheit einer gesetzlichen Grundlage ein Exportkontrollrecht in den USA aufrechtzuerhalten. IEEPA erlaubt dem Weißen Haus, den Notstand aufgrund einer „unüblichen und außergewöhnlichen Gefahr für die nationale Sicherheit, Außenpolitik, oder Wirtschaft der Vereinigten Staaten“ zu verhängen. Dieser Notstand ermöglichte es dem Präsidenten, die Exportkontrolle per Durchführungsverordnung („executive order“) weiterzuführen. Durchführungsverordnungen, auch als Präsidentenverordnung bekannt, sind Interpretationen bestehender Gesetze, die im Falle des IEEPA jährlich erneuert werden mussten. Dieser Zustand ist nun vorbei. Ebenfalls positiv ist, dass der ECA die bisherigen EAA-Umsetzungsbestimmungen der Export Administration Regulations (EAR) fortsetzt und damit die bisherige Praxis des US-Wirtschaftsministeriums lediglich erneut kodifiziert. Andere Neuerungen geben allerdings Anlass zur Sorge. So überträgt ECA die Kompetenz für die Exportkontrolle – beispielsweise die Listung von Gütern; die Identifikation von Personen, die als Gefahr für die nationale Sicherheit der USA gesehen werden; die Überwachung des Exportes kontrollierter Güter oder auch die Gewährung von Ausnahmereglungen – dauerhaft an den Präsidenten. Damit zieht sich der Kongress weiter aus seiner verfassungsrechtlich vorgesehenen Gestaltung der Außenwirtschaftsbeziehungen zurück. Der ECA beauftragt die Administration, ein ressortübergreifendes Gremium unter Leitung des Wirtschaftsministeriums zu schaffen. Dieses Gremium soll Technologien identifizieren, die für die nationale Sicherheit der USA relevant sein
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könnten und die zudem vom Foreign Investment Risk Review Modernization Act (FIRRMA) nicht bereits als sensible Technologien erfasst werden. Auch das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) kann diesem Gremium Technologien zur Bewertung als schützenswerte „emerging and foundational technologies“ vorschlagen. Allerdings wird der kommerzielle Export von massengefertigten Hochtechnologieprodukten hiervon ausgenommen. Weitere Neuerungen durch den ECA sind die Gründung eines ressortübergreifenden Überprüfungsmechanismus für bestehende Ausfuhrgenehmigungen in Länder, gegen die Waffenembargos bestehen sowie ein Prüfverfahren des Wirtschaftsministeriums, durch das negative Effekte von Exporten auf verteidigungsrelevante industrielle Kapazitäten abgeschätzt werden sollen. Der amerikanische Gesetzgeber hat den Status Quo der EAR durch ECA verbrieft. Insofern haben Unternehmen nun mehr Rechtssicherheit im Austausch mit der US-Wirtschaft. ECA folgt jedoch dem derzeitigen protektionistischen Trend. Für deutsche Unternehmen, die US-Produkte in ihre Wertschöpfungskette aufnehmen möchten, hat sich die Situation nicht verbessert. Das Gesetz stellt neue bürokratische Hürden für den internationalen Handel auf, verhindert die effiziente Gestaltung einer globalisierten Welt und, da es nicht dem Schutz vor Massenvernichtungswaffen verpflichtet ist, droht ECA zudem langfristig der Legitimation der globalen Schutzregime ernsten Schaden zuzufügen.
CFIUS-Reform: USA weiten staatliche Kontrolle von Auslandsinvestitionen aus China tritt international immer stärker als Investor in Erscheinung. In vielen westlichen Ländern steigt die Sorge vor einer Zunahme des politischen Einflusses – gerade auch in den USA. Ende September forderte Präsident Donald Trump andere Staaten in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung dazu auf, kritischer mit Auslandsinvestitionen umzugehen. In den USA werden Auslandsinvestitionen schon seit 1975 einer staatlichen Kontrolle unterzogen. Die Prüfungen erfolgen durch das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS), in dem verschiedene Ministerien und Behörden unter Vorsitz des US-Finanzministeriums zusammenarbeiten. Vertreten sind die Ministerien für Wirtschaft, Justiz, Homeland Security, Verteidigung, Äußeres, Handel, Forschung und Energie. Ziel der Investitionskontrollen ist der Schutz der nationalen Sicherheit. Wenn CFIUS im Rahmen seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis kommt, dass eine Investition die nationale Sicherheit gefährden könnte, kann das Gremium den Fall dem US-Präsidenten zur Entscheidung vorlegen. Die Entscheidung des Präsidenten ist bindend und nicht rechtlich anfechtbar. Nach der bislang gültigen Gesetzgebung konnten Investitionen ausländischer Unternehmen dann geprüft werden, wenn diese mit Kontrollmöglichkeiten bei dem gekauften Unternehmen einhergingen. Von 2008 bis 2016 hat CFIUS 364 Übernahmen geprüft, nur zwei dieser Untersuchungen führten zum Verbot von Übernahmen. Für 2017 und 2018 liegen noch keine offiziellen Zahlen vor, allerdings hat die Aktivität von CFIUS zugenommen. 2018 hat Trump bereits zwei Beteiligungen untersagt; in beiden Fällen ging es um chinesische Investitionen in US-Technologieunternehmen (Xcerra und Qualcomm). Mit dem Foreign Investment Risk Review Modernization Act (FIRRMA) hat der US-Kongress ein Reformpaket verabschiedet, das die Kompetenzen von CFIUS deutlich ausweitet. US-Präsident Donald Trump hat FIRRMA im August gemeinsam mit dem National Defense Appropriations Bill als Teil eines Gesetzespakets unterzeichnet. Zu dem neuen Gesetz gehört somit auch eine Reform des US-Exportkontrollrechts.
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Insgesamt wird das Gesetz dazu führen, dass mehr ausländische Investitionen in US-Unternehmen überprüft werden. Einerseits ermöglicht die Reform nun auch die Untersagung von Investitionen in Immobilien, wenn sich diese etwa in der Nähe von US-Militäranlagen befinden. Andererseits kommt es nicht mehr nur darauf an, ob eine Investition die Kontrolle über ein Unternehmen erlaubt. Vielmehr kann CFIUS nunmehr alle Investitionen überprüfen, die dem Investor Aktivitäten innerhalb des Unternehmens erlauben („nicht-passive Investitionen“), wenn die Investitionen in den Bereichen kritische Infrastruktur oder kritische Technologien erfolgen. Eine Überprüfung kann somit etwa auch dann vorgenommen werden, wenn die Investition dem Investor die Möglichkeit des Zugriffs auf unternehmenseigene Technologien eröffnet. Der Fokus der Investitionskontrollen wird somit ausgedehnt: von der Möglichkeit der Kontrolle der unternehmerischen Entscheidungen durch den Investor hin zu den Handlungsmöglichkeiten des Investors im Unternehmen. Erfasst werden jetzt auch Investitionen in Unternehmen, die kritische Daten von US-Personen verarbeiten. Kriterien für Investitionsprüfungen sind nunmehr auch, ob der Investor aus einem „besorgniserregenden Land“ kommt und ob er sich in der Vergangenheit an US-Recht gehalten hat. Außerdem sollen nun auch solche Investitionen geprüft werden können, die offensichtlich darauf ausgelegt sind, Investitionsprüfungen zu umgehen. Nicht nur ist der Umfang der von Prüfungen betroffenen Auslandsinvestitionen ausgeweitet worden. FIRRMA bringt auch Änderungen am Prüfverfahren mit sich. CFIUS werden in Zukunft 45 statt 30 Tage zur Bearbeitung einer Investitionsprüfung gewährt. In besonderen Fällen kann die Prüffrist um weitere 15 Tage verlängert werden. Klar zu Lasten der Unternehmen geht die Einführung von Gebühren für durchgeführte Investitionsprüfungen in Höhe von einem Prozent des Transaktionswertes (bis maximal 300.000 US-Dollar). Profitieren können Unternehmen hingegen von einem neu eingeführten vereinfachten Anmeldeverfahren, mit dem ein Unternehmen Vorab-Genehmigungen für Investitionen beantragen kann. FIRRMA nimmt zudem eine stärkere Institutionalisierung der Investitionskontrolle in den USA vor. Das Gesetz erhöht die Handlungsfähigkeit von CFIUS etwa durch die Einrichtung eines autonomen Haushaltsbudgets und es gibt CFIUS erstmal das Recht, selbstständig Personal anzustellen. Bisher stellen die im CFIUS-Gremium vertretenen Ministerien das Personal für die Investitionsprüfungen. Gleichzeitig werden die Berichtspflichten von CFIUS ausgeweitet; künftig müssen dem US-Kongress regelmäßig Berichte über die Prüfungen und Untersagungen zugehen. Einige der Änderungen werden sofort in Kraft treten, andere Änderungen erfordern jedoch neue Regulierungen, die bis zu 18 Monate dauern können. Erste vorläufige Regulierungen gelten bereits seit dem 11. Oktober 2018. Um Rechtsicherheit für die Unternehmen herzustellen, kommt es auch darauf an, den Bereich der kritischen Infrastruktur möglichst präzise zu definieren. Insgesamt erhöht FIRRMA die Hürden für Auslandsinvestitionen in die USA.
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Vergleich: Investitionsprüfungen in Deutschland und den USA
Prüfkriterium
AWG (Deutschland)
CFIUS (USA)
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
Nationale Sicherheit
Wirtschaftsministerium
Finanzministerium
Beteiligung verschiedener
Beteiligung verschiedene Mini-
Prüfungsinstanz
Ministerien
sterien
Beratung durch Sicherheitsbehörden
Beratung durch Sicherheitsbehörden
Sofern Investitionen dem Investor Aktivi-
Prüfschwelle
Ab 25 Prozent Anteil
Prüfungsdauer
Max. 120 Tage
Max. 60 Tage
1 (Leifeld Metal Spinning GmbH)
4
Keine
Ein Prozent des Transaktionswertes
Über Verwaltungsgerichte
Nicht anfechtbar
Untersagte Übernahmen (2009 bis heute) Prüfkosten Möglichkeit zur Anfechtung von Investitionsverboten
täten im Unternehmen erlauben.
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