Globaler Wachstumsausblick 08/2019

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August 2019 GLOBALER WACHSTUMSAUSBLICK

Schockbehandlung US-Protektionismus und Brexit erhöhen Rezessionsrisiko

Die weltwirtschaftliche Expansion wird im laufenden Jahr auf nur noch drei Prozent zurückgehen, den schwächsten Wert seit 2002. Der Welthandel dürfte nur wenig geringfügig gegenüber dem Vorjahr wachsen. Für die globale Industrieproduktion ist mit einem Zuwachs von höchstens ein Prozent zu rechnen.

Das Risiko weiterer weltwirtschaftlicher Verwerfungen bleibt sehr hoch. Die Handelskonflikte der USA mit China und der EU beeinträchtigen die Investitionstätigkeit und den Außenhandel bereits erheblich. Das Risiko eines ungeordneten Brexits belastet zusätzlich. Die großen Notenbanken reagieren bereits auf die Risiken. In der Finanzpolitik tut sich noch zu wenig. Kräftige Impulse sind nötig.

Für die US-Wirtschaft erwarten wir ein Wachstum von 2½ Prozent in diesem Jahr. Die FED stemmt sich gegen Trumps Politik der allgemeinen Verunsicherung. Chinas wirtschaftliche Dynamik schwächt sich weiter ab. Ein Wachstum von 6¼ Prozent dürfte erreichbar sein. Japans Wirtschaft dürfte sich bei einem Prozent Wachstum halten können. Die Aussichten für das nächste Jahr sind schwächer.

Europas Konjunktur kühlt sich deutlich ab. Geld- und finanzpolitisches Gegenhalten ist nun erforderlich, um eine Rezession im nächsten Jahr zu vermeiden. Auch Reformen und Infrastrukturinvestitionen hülfen erheblich.

Deutschlands Industrie ist in der Rezession. Die gesamte Wirtschaft weist noch leichtes Wachstum auf. Trübe Handelsaussichten werden wohl über einige Quartale die Investitionstätigkeit und den Außenhandel belasten. Kräftige wirtschaftspolitische Impulse sind erforderlich, um ein Übergreifen auf die gesamte Wirtschaft zu verhindern.


Schockbehandlung | US-Protektionismus und Brexit erhöhen Rezessionsrisiko 27/08/2019

Inhaltsverzeichnis Die politischen Bremsen des Wachstums ............................................................................................. 3 Protektionismus bremst Handelswachstum aus… ................................................................................ 3 …und schwächt Investitionstätigkeit weltweit ....................................................................................... 4 Weltweit nimmt die Industrieproduktion nur noch leicht zu ................................................................... 9 Entwickelte Volkswirtschaften: US erneut Wachstumsmotor ................................................................ 9 Industrieproduktion in den Schwellenländern ..................................................................................... 10 Welthandel........................................................................................................................................... 11 Ausländische Direktinvestitionen......................................................................................................... 12 Makroökonomische Politik müsste gegenhalten ................................................................................. 12 Finanzmärkte und Wechselkurse ........................................................................................................ 16 Amerikanische Konjunktur verliert an Schwung .................................................................................. 19 Außenwirtschaftliche Abschwächung im Zuge des US-chinesischen Handelskonflikts ..................... 19 Weitere konjunkturelle Risiken der US-Außenwirtschaftspolitik ......................................................... 21 US-Haushalt im Wahljahr 2020 ........................................................................................................... 21 Europa: Konjunkturelle Schwächephase mit Rezessionsrisiko .......................................................... 22 China: Wachstumsabschwung und Handelskonflikte bremsen weiterhin ........................................... 23 Konjunkturindikatoren zeichnen gemischtes Bild ................................................................................ 24 Japans Wachstum recht robust ........................................................................................................... 26 Regionaler Ausblick ............................................................................................................................. 27 Konsequenzen für Deutschland .......................................................................................................... 28 Quellenverzeichnis .............................................................................................................................. 29

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Die politischen Bremsen des Wachstums Eigentlich – so müsste der Einstieg in die aktuelle Konjunkturgeschichte lauten – hätte die Weltwirtschaft in diesem und dem nächsten Jahr solide mit rund vier Prozent Wachstum zulegen können. Die Phase der zehnjährigen Genesung der Weltwirtschaft, gestützt von einer expansiven Geldpolitik, einer Sanierung der Finanzsysteme und einer letztlich langsamen, aber anhaltenden Erholung der Arbeitsmärkte hätte auch mit normalisierten Zinsen und steigenden Löhne und Preise noch eine ganze Weile fortgeführt werden können. Es ist dieser an sich plausiblen Entwicklung jedoch die Politik in wesentlichen Ländern dazwischengekommen. Und in der Tat muss man die aktuelle Abschwächung der weltwirtschaftlichen Dynamik vor allem auf politische Großrisiken für die Wirtschaftsaktivität zurückführen, und zwar sowohl auf bereits eingetretene Risiken als auch auf noch nicht eingetretene Entscheidungen. Wie sieht die Lage aus? Die Weltwirtschaft dürfte in diesem Jahr nur noch mit leicht mehr als drei Prozent (3,1 Prozent) real zulegen. Vor der letzten Verschärfung des Wirtschaftskonflikts zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China waren sich die internationalen Wirtschaftsorganisationen einig (und wir auch), dass die Weltwirtschaft mit 3,2 Prozent gegenüber Vorjahr 2019 zulegen dürfte, gefolgt von einem leichten Anstieg um einen Viertelprozentpunkt im nächsten Jahr (IWF 2019, Europäische Kommission 2019, OECD 2019a). Insbesondere der Außenhandel und die Investitionen verloren an Schwung, während sich der private Verbrauch in den meisten großen Volkswirtschaften noch gut hält. Die weltweiten Einzelhandelsumsätze verloren jedoch auch dieses Jahr an Wachstumsdynamik. Zudem waren 2018 auch die Finanzierungskosten für die Wirtschaft kräftiger gestiegen, als es die Lage hergab. Offen ist zudem, inwiefern sich die ausgeprägte Schwäche auf die Dienstleistungen und die Gesamtwirtschaft überträgt. Dies gilt in besonderer Weise natürlich für China und Europa, während die USA aufgrund des geringen Anteils der Industrie an der Wertschöpfung etwas weniger verwundbar ist. Eine langfristige Entkopplung von Industriekonjunktur und Gesamtwirtschaft ist jedenfalls nicht plausibel. Zentrale Prognosen: Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts gegenüber Vorjahr (in Prozent)

Weltwirtschaft

3,1

Eurogebiet

1,0

Welthandel

EU

1,2

USA

Deutschland

0,5

VR China

Japan

0,9

Quelle: BDI

Protektionismus bremst Handelswachstum aus… Die Erhöhung von US-Zöllen auf Einfuhren aus der Volksrepublik zum 1. September bzw. zum 15. Dezember und die chinesischen Gegenmaßnahmen dürften jedoch ausreichen, die ohnehin schon sehr maue Dynamik im Welthandel im ersten Halbjahr vor einer kräftigen Belebung im zweiten Halbjahr zu bewahren. Es zeichnet sich ein Wachstum von unter zwei Prozent ab; die OECD erwartete im Mai noch zwei Prozent für das Gesamtjahr, die Kommission 2,9 Prozent und der IWF im Juli 2½ Prozent. Insbesondere die Exportwirtschaft Japans und des Euroraums muss Einbußen verkraften, während

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China und die USA hohe monatliche Schwankungen in den Handelsmengen aufzuweisen haben und eher seitwärts tendieren.

Welthandel stagniert*

Exporte und Importe großer Volkswirtschaften** 160

128

150 140

126

130 120

124

110 100

122 2018

2018 Euroraum (Exporte) USA (Exporte) China (Export) Japan (Export)

2019

Welt (Exporte)

Welt (Importe)

2019 Euroraum (Importe) USA (Importe) China (Import) Japan (Import)

* Ex- und Importvolumina, Weltexporte und Weltimporte in Mengen und laufenden Preisen (USD) ** Ex- und Importvolumina, saisonbereinigte Werte Quelle: Macrobond

…und schwächt Investitionstätigkeit weltweit Die internationalen Konflikte wirken sich zudem bereits dämpfend auf die Investitionstätigkeit aus. Die OECD erwartete bereits im Mai, dass die Investitionstätigkeit in diesem und dem nächsten Jahr nur mit 1¾ Prozent zulegen dürfte, nach durchschnittlich 3½ Prozent 2017/18. Einkaufsmanagerindex* Welt 56

54

52

50

48 2017 PMI Verarbeitendes Gewerbe

2018 PMI Dienstleistung

2019 PMI gesamt

* PMI Quelle: Market Quelle: Macrobond

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Dies spiegelt zwar auch das Ende des Technologie- und Halbleiterzyklus in Asien wider, gibt aber angesichts des ungelösten Brexits nebst dessen makroökonomischen Folgewirkungen auf Europa und im Lichte der weiteren Eskalation der Handelskonflikte derzeit eher den optimistischen Rand der Erwartungen wider. Es kann nicht verwundern, dass die weltweite Wachstums- und Investitionsschwäche mit einem wahren Einbruch in der Industrieproduktion, in den Auftragseingängen und in den Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Gewerbe in weiten Teilen der Weltwirtschaft einhergeht. Im Mai sank der Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes für die Welt erstmals unter den Wert von 50 und liegt seither im Kontraktionsfeld. Die Dienstleistungen und die Gesamtwirtschaft halten sich noch einigermaßen oberhalb der Schwelle, weisen mit Werten von 52 bzw. 51 jedoch auf die Schwäche hin. In der EU und im Euroraum ist die Industrie auf Werte von etwa 46,5 abgefallen. Deutschland weist mit einem Absturz von 20 Indexpunkten seit Dezember 2017 auf nunmehr gut 42 Punkte die schwächste Entwicklung unter allen großen Volkswirtschaften auf. Licht und Schatten liegen in dieser weltkonjunkturellen Achterbahnfahrt somit für die deutsche Wirtschaft eng beieinander. Einkaufsmanagerindizes* 65

Deutschland

65

Euroraum

60 60 55 55 50 50

45 40

45 2017

2018

2019

2017

PMI Verarbeitendes Gewerbe PMI Diensteistung PMI gesamt

60

2018

2019

PMI Verarbeitendes Gewerbe PMI Diensteistung PMI gesamt

56

China

USA 58 54 56 54

52

52 50 50 48

48 2017

2018

2019

PMI Verarbeitendes Gewerbe PMI Diensteistung PMI gesamt

2017

2018

2019

PMI Verarbeitendes Gewerbe PMI Diensteistung PMI gesamt

*PMI Quelle: Market Quelle: Macrobond

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Bei den Auftragseingängen im Verarbeitenden Gewerbe sieht es nicht besser aus. In den USA sind die Eingänge im zweiten Quartal deutlich zurückgegangen und liegen unter dem Niveau von 2018. In China sank der Index im Mai unter 50. Im Euroraum sind die Aufträge seit Jahresanfang um drei Prozent zurückgegangen, in Deutschland sogar um fünf Prozent.

Auftragseingang, Verarbeitendes Gewerbe 115

116 114

110

Deutschland*

Euroraum*

112 110

105 108 106

100

104 102

95 2017 * Index

2018

2017 * Index

2019

2018

2019

56

520

USA* 500

China*

55 54 53

480

52 51

460

50 49

440 2017 * in Mrd US-Dollar

2018

2019

2017

2018

2019

* Index

Quelle: Macrobond

In Europa begann der Abschwung zwar Anfang 2018 mit Rückgängen in der Computer- und Elektronikbranche, der dann die Chemie- und Automobilbranchen und später die Pharmabranche folgten. Besonders schwer trifft es derzeit die Autobranche (Europäische Kommission 2019: 12-16). Insbesondere der weltgrößte Absatzmarkt in China verzeichnet zweistellige Absatzrückgänge gegenüber Vorjahr, und der zweitgrößte Markt – die USA – weist keine Dynamik auf. Die Zulassungen im Euroraum liegen ebenfalls noch unter dem Niveau, der vor der Umstellung auf das neue Testverfahren WLTP erreicht war, während die Umsätze in der EU28 noch leicht im Plus liegen. Die europäische Autobranche durchläuft ein schwaches Jahr. Dies gilt für Produktion und Export für Deutschland und Italien, aber auch für Spanien und Frankreich. Die deutsche Branche, auf die knapp fünf Prozent der deutschen Bruttowertschöpfung und knapp 20 Prozent der Ausfuhren entfallen, kämpft mit einer Reihe

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negativer Nachfrageschocks und Angebotsproblemen (u.a. WLTP, weitere Testzyklen, Streiks in ausländischen Werken, Produktions- und Absatzschwäche im Vereinigten Königreich und in der Türkei, forcierte Umstellung auf Elektromobilität in China, Nachfrageeinbruch nach Dieselfahrzeugen, strukturelle Verschiebungen in den Konsumentenpräferenzen von Kaufen zu Car-Sharing), mit erheblichen Ausstrahleffekten auf Länder und Branchen in der Lieferkette. Weitere Schocks durch einen ungeordneten Brexit mit ggf. hohen Zollbarrieren, nicht-tarifären Hindernissen und Transport- und Logistikproblemen im Geschäft mit dem Vereinigten Königreich, dem größten ausländischen Absatzmarkt für die in Deutschland hergestellten Automobile, über einen längeren Zeitraum sowie drohende Zollerhöhungen der USA auf Einfuhren von Automobilen aus der EU (bzw. Deutschland) ab November 2019 verdüstern das Bild zusätzlich. Automobilzulassungen 12

13

Euroraum*

EU28*

10 12 8

6

11 2017

2018

2019

2017

2018

2019

* Verkauf, Zulassung und Reparatur in Millionen

* Verkauf und Zulassung in Millionen

28

18

USA*

26

China*

24 22 20

17

18 16 14 16 2017 2018 * Verkauf und Zulassung in Millionen

12 2019

2017 2018 *Verkauf und Zulassung in Millionen

2019

Quelle: Macrobond

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Die Entwicklung der Inflationsraten in den großen Volkswirtschaften spiegelt die Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Lage wider. Seit gut einem Jahr sinken die wesentlichen Kennziffern wieder, die Gesamt- und Kernraten bleiben unterhalb der Zielmarken der Notenbanken in den USA, im Euroraum, in Japan und in China. Die Inflationserwartungen sind erneut instabil geworden und liegen in vielen Volkswirtschaften erneut zu niedrig; der Medianwert für OECD-Länder dürfte 2019 bei 1½ Prozent liegen, für Schwellen- und Entwicklungsländern bei gut 3½ Prozent. Weitere schwelende Konjunkturrisiken dürften die Erwartungen noch weiter eintrüben.

Prognoseübersicht: Wachstum der realen Wirtschaftsleistung 2018/19/20 in Prozent 2018

2019

2020

IWF1

OECD2

EUKOM3

IWF1

OECD2

EUKOM3

IWF1

Welt

3,6

3,54

3,6

3,2

3,24

3,2

3,5

3,44

3,5

USA

2,9

2,9

2,9

2,6

2,8

2,4

1,9

2,3

1,9

China

6,6

6,6

6,6

6,2

6,2

6,2

6,0

6,0

6,0

Japan

0,8

0,8

0,8

0,9

0,7

0,8

0,4

0,6

0,6

EU

2,0

OECD2

1,4

EUKOM3

1,6

Euroraum

1,9

1,8

1,9

1,3

1,2

1,2

1,6

1,4

1,5

Deutschland

1,4

1,5

1,4

0,7

0,7

0,5

1,7

1,2

1,5

Frankreich

1,7

1,6

1,6

1,3

1,3

1,3

1,4

1,3

1,5

Italien

0,9

0,7

0,9

0,1

0,0

0,1

0,8

0,6

0,7

Spanien

2,6

2,6

2,6

2,3

2,2

2,1

1,9

1,9

1,9

V. Königreich

1,4

1,4

1,4

1,3

1,2

1,3

1,4

1,0

1,3

Indien

6,85

7,0

7,4

7,05

7,2

7,1

7,25

7,4

7,3

Brasilien

1,1

1,1

1,1

0,8

1,4

1,9

2,4

2,3

2,4

Russland

2,3

1,6*

2,3

1,2

1,5*

1,5

1,9

1,8*

1,8

1: IWF (2019). Stand Juli. 2: OECD (2019). Stand Mai; *Stand November 2018. 3: Europäische Kommission (2019). Stand Mai. 4: Prognose auf Grundlage von 70 Prozent des Welt-BIP (in Kaufkraftparitäten von 2013) 5: Angaben zu Indien für das Fiskaljahr und in laufenden Preisen

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Weltweit nimmt die Industrieproduktion nur noch leicht zu Nach zwei Jahren kräftigen Wachstums von mehr als drei Prozent dürfte die weltweite Industrieproduktion im Jahr 2019 deutlich schwächer expandieren. Laut Angaben des Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB) stieg die Industrieproduktion im ersten Quartal 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 1,5 Prozent so schwach wie zuletzt im Jahr 2016. Für das zweite Quartal zeichnet sich nach den bis Mai vorliegenden Daten eine noch geringere Wachstumsrate ab. Der Verlauf des Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Industrie weltweit signalisiert seit Mai eine leichte Kontraktion. Im Juli sank der PMI mit einen Wert von 49,3 Indexpunkten auf ein 15-Monatstief. Anders als vor drei Jahren, als in den entwickelten Volkswirtschaften die Industrieproduktion zurückging, konnten dieses Mal beide Ländergruppen ihre Produktion jedoch ausweiten. In den Schwellenländern steigerte die Industrie ihren Ausstoß im ersten Quartal 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,3 Prozent. In den entwickelten Volkswirtschaften waren es immerhin noch 0,7 Prozent Wachstum. Für das zweite Quartal 2019 deutet sich eine schwächere Entwicklung an. Am aktuellen Rand (April/Mai 2019) stieg die Industrieproduktion gegenüber dem Vorjahreszeitraum in den Schwellenländern um 1,9 Prozent und in den Industrieländern um 0,5 Prozent. Sollte die Produktion im weiteren Jahresverlauf auf dem aktuellen Niveau stagnieren, resultierten hieraus Wachstumsraten von etwa 1,5 Prozent in den Schwellenländern und 0,5 Prozent in den Industrieländern. Welt: Industrieproduktion* Schwellenländer entwickelte Volkswirtschaften

5 4 3 2 1 0 -1 2016

2017

2018

2019

*Produktionsindex: 2-Monatsdurchschnitt, kalender- und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr Quellen: Macrobond, Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis, eigene Berechnungen

Entwickelte Volkswirtschaften: US erneut Wachstumsmotor Im Jahr 2018 war die US-Industrie für mehr als die Hälfte des Wachstums der Industrieproduktion in den entwickelten Volkswirtschaften verantwortlich, obwohl ihr Produktionsanteil an dieser Ländergruppe nur bei etwa einem Drittel liegt. Auch zum Jahresbeginn 2019 behielt die US-Industrie die Rolle als Wachstumslokomotive. Das Produktionsplus von 2,9 Prozent im ersten Quartal 2019 (Vorjahresvergleich) lag aber einen ganzen Prozentpunkt unter der Jahreswachstumsrate des Vorjahres. In den beiden ersten Monaten des zweiten Quartals sank die Expansionsrate auf 1,5 Prozent. Sollte es im restlichen Jahresverlauf zu keinen weiteren Produktionsrückgängen kommen, dürfe die US-Industrie das Jahre mit einem Produktionsplus von einem Prozent abschließen. Japans Industrie ist mit einem

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Produktionsrückgang von 1,2 Prozent im ersten Quartal in das neue Jahr gestartet. Zu Beginn des zweiten Quartals stieg die Produktion zwar deutlich, dürfte aber das Niveau des Vorjahres knapp verfehlen. Solle in der zweiten Jahreshälfte das Produktionsniveau des zweiten Quartals gehalten werden, dürfte das Vorjahresergebnis nur knapp, um 0,5 Prozent verfehlt werden. Im Euroraum hat sich der kräftige Rückgang seit dem Jahresende 2018 nicht weiter fortgesetzt. Im ersten Quartal 2019 gab es zwar einen leichten Produktionsanstieg. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum waren aber noch Produktionseinbußen von 0,4 Prozent zu verzeichnen. Auch im zweiten Quartal dürfte das Vorjahresergebnis erneut verfehlt werden. Selbst wenn sich die Produktion bis zum Jahresende auf dem Niveau des ersten Halbjahres stabilisieren würde, dürfte die Industrieproduktion im Euroraum im Vergleich zum Vorjahr um etwas mehr als ein halbes Prozent zurückgehen. In den restlichen entwickelten Volkswirtschaften ist die Industrie mit einem Produktionsplus von 0,3 Prozent im ersten Quartal ins Jahr gestartet. Im weiteren Jahresverlauf nahm das Expansionstempo etwas zu. Für das zweite Quartal zeichnet sich nach den bis Mai 2019 vorliegenden Daten eine doppelt so hohe Wachstumsrate ab wie zu Jahresbeginn. Sollte dieses Produktionsniveau auch in der zweiten Jahreshälfte gehalten werden, dürfte die Industrien dieser Länder das siebte Jahr in Folge expandieren.

Entwickelte Volkswirtschaften: Industrieproduktion* restliche entw. Volkswirtschaften Euroraum Japan USA

5 4 3 2 1 0 -1 -2 2015

2016

2017

2018

2019

*Produktionsindex: 2-Monatsdurchschnitt, kalender- und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr Quellen: Macrobond, Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB)

Industrieproduktion in den Schwellenländern In den Schwellenländern Asiens inklusive China sank die Wachstumsrate für die Industrieproduktion im ersten Quartal 2019 erstmals seit drei Jahren unter einen Wert von fünf Prozent. Im zweiten Quartal dürfte der Ausstoß nur etwas mehr als vier Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal steigen. Die Wachstumslokomotive Asien ist zwar noch in Takt, hat aber deutlich an Schubkraft verloren. Im Vergleich zum Vorjahr sollte die Industrieproduktion dieser Länder aber selbst dann noch um mehr als drei Prozent steigen, wenn sich für die zweite Jahreshälfte eine Stagnation abzeichnete. Deutlich geringere Wachstumsimpulse kamen aus den Ländern Zentral- und Osteuropas. Hier stieg die Industrieproduktion im ersten Quartal 2019 mit zwei Prozent nicht einmal halb so stark wie die in Asien. Für das zweite Quartal zeichnet sich ein etwas geringeres Wachstum ab. Solle in der zweiten Jahreshälfte das Produktionsniveau des zweiten Quartals gehalten werden, dürfte das Vorjahresergebnis dennoch

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um etwas mehr als ein halbes Prozent übertroffen werden. Erstmals seit dem Jahr 2013 war die Entwicklung der Industrien in Afrika und dem Mittleren Ostens wieder rückläufig. So war im ersten Quartal ein Produktionsrückgang von 2,2 Prozent zu verzeichnen. Im zweiten Quartal hat sich die Kontraktion allerdings etwas verringert. Selbst wenn sich die Produktion bis zum Jahresende auf dem Niveau des ersten Halbjahres stabilisieren würde, dürfte die Industrieproduktion dieser Region im Vergleich zum Vorjahr um knapp zwei Prozent zurückgehen. Große Sorge bereitet weiter die Entwicklung in Lateinamerika. In dieser Region wird die Industrieproduktion das sechste Jahr in Folge sinken. Im ersten Quartal betrug der Rückgang 5,3 Prozent zum Vorjahr. Die Daten für das zweite Quartal bewegen sich in einer ähnlichen Größenordnung. Selbst bei Stagnation bis zum Jahresende dürften die industriellen Aktivitäten im Jahresergebnis um über vier Prozent abnehmen. Schwellenländer: Industrieproduktion*

Afrika/Mittlerer Osten Lateinamerika Zentral- und Osteuropa Asien

5 4 3 2 1 0 -1 -2 2015

2016

2017

2018

2019

*Produktionsindex: 2-Monatsdurchschnitt, kalender- und saisonbereinigt in Prozent zum Vorjahr Quellen: Macrobond, Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis (CPB)

Welthandel Nach Einschätzung des IWF vom Juli hat der Welthandel im vergangenen Jahr um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugelegt. Im ersten Quartal 2019 ist das Volumen des Welthandels laut vorläufiger Angaben des Netherlands Bureau for Economic Policy gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen. Hier machen sich Handelskonflikte und der weltweite Protektionismus bemerkbar; insbesondere der Handelskonflikt zwischen den USA und China haben der Dynamik des Welthandels einen Dämpfer verpasst. Der Rückgang im ersten Quartals war importseitig auf den Rückgang der Nachfrage in den Schwellenländern (minus 1,6 Prozent) zurückzuführen. Auch auf der Seite der weltweiten Exporte waren es die Schwellenländer, bei denen Rückgänge zu verzeichnen sind (minus 1,2 Prozent). Die Industrieländer konnten hingegen sowohl ihre Importe als auch ihre Exporte im ersten Quartal steigern. Der RWI/ISL-Containerumschlag-Index, mit dem die Entwicklung des Welthandels auf Grundlage der Auslastung der weltweit wichtigsten Containerhäfen prognostiziert wird, blieb zuletzt im Juni unverändert gegenüber dem Vormonat (auf 137,1 IndexPunkte) und stagniert damit seit etwa neun Monaten. Für das laufende Jahr hat der Internationale

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Währungsfonds seine Prognose für das Wachstum des Welthandels im Juli um ganze 0,9 Prozentpunkte reduziert und geht nun von einem Jahreswachstum in Höhe von nur noch 2,5 Prozent aus. Wir rechnen aufgrund der jüngst beschlossenen Handelsschutzmaßnahmen nur mit 1¾ Prozent.

Ausländische Direktinvestitionen Im Juni verzeichnete der jährlichen World Investment Report der UNCTAD für das Jahr 2018 einen deutlichen Rückgang der weltweiten Investitionsströme um 13 Prozent gegenüber Vorjahr (auf 1,3 Billionen US-Dollar im Jahr 2018). Dieser dritte jährliche Rückgang in Folge brachte die globalen FDIBewegungen zurück auf das Niveau vor der weltweiten Finanzkrise. Besonders betroffen von dem Einbruch waren 2018 die Industrieländer, in die ganze 27 Prozent weniger investiert wurde. Seit 2004 wurde nicht mehr so wenig in die Industrieländer investiert. Besonders kräftig fiel der Rückgang der Investitionsströme nach Europa aus, die sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert haben. Ausschlaggebend waren hier unter anderem durch die US-Steuerreform bedingten Rückverlagerungen von Investitionen in die USA sowie ein starker Rückgang der Investitionen in das Vereinigte Königreich (minus 36 Prozent). Die Investitionen in die Schwellenländer sind im Jahr 2018 entgegen dem weltweiten Trend gestiegen und liegen nun bei 54 Prozent der globalen jährlichen FDI-Ströme. Noch nie haben die Schwellenländer einen so hohen Anteil der weltweiten Investitionsströme angezogen. Der aktuelle Trend in vielen Ländern, ausländische Direktinvestitionen stärker zu kontrollieren, lassen nicht auf eine baldige Erholung der Investitionsflüsse hoffen. Im Jahr 2018 passten 55 Länder ihre Gesetze für Auslandsinvestitionen an. Über ein Viertel dieser Maßnahmen brachten neue Restriktionen mit sich – die höchste Zahl seit zwei Jahrzehnten; eine Spirale des Investitionsprotektionismus hat sich in Gang gesetzt. Eine besondere Bedeutung hierbei hatten staatliche Investitionskontrollen zum Schutz der nationalen Sicherheit (Investment Screening). Seit 2011 wurden solche Maßnahmen von elf Ländern eingeführt, 41 Staaten haben ihre Instrumente verschärft. Für das laufende Jahr rechnet die UNCTAD mit einer Zunahme der globalen Investitionsströme, insbesondere in die Industrieländer, unter anderem aufgrund eines Abflauens der Repatriierung US-amerikanischer Auslandsinvestitionen.

Makroökonomische Politik müsste gegenhalten In der makroökonomischen Politik hat die neue Faktenlage bislang noch nicht ausreichend Beachtung gefunden. Dies gilt insbesondere für die Finanz- und Wirtschaftspolitik. Erneut sind es vorrangig die Notenbanken, die auf die neue Lage konsequent reagieren. Es ist jedoch offenkundig, dass dies nicht ausreichen wird, die wirtschaftliche Aktivität zu stabilisieren. Vielmehr bedarf es der Unterstützung durch die Finanz- und Wirtschaftspolitik in mehreren großen Ländern, um größeren Schaden abzuwenden. Die Chance, ein koordiniertes Vorgehen in der G7, G20, der EU oder anderen Foren herbeizuführen, ist jedoch als gering einzuschätzen, zumal der Löwenanteil der Eintrübung auf politische Entscheidungen zurückzuführen ist. Dies wiederum gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung ganz eigenständig. Ganz generell haben der IWF und die OECD daher bereits im Frühjahr empfohlen, die Ausrichtung der Geldpolitik expansiv zu halten, die Finanzpolitik in den wenigen Ländern zu nutzen, die über soliden fiskalischen Spielraum verfügen, zugleich aber makroprudentielle und finanzielle Verwundbarkeiten, insbesondere durch hoch verschuldete Unternehmenssektoren oder einzelne Immobilienmärkte, regulatorisch und in der Aufsicht stärker in den Blick zu nehmen.

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Die großen Notenbanken sind dabei, sich auf die neuen weltwirtschaftlichen Probleme und geldpolitischen Aufgaben einzustellen und werden daher die Nachrichtenlage im Herbst bestimmen. In den meisten Regierungen und Parlamenten der großen Volkswirtschaften ist die neue Nachrichtenlage noch nicht handlungsleitend verarbeitet worden. In der Finanzpolitik kommt es bei sehr unterschiedlichen Ausgangslagen darauf an, den haushaltspolitischen Spielraum in einigen Industrieländern zur Stärkung von Wachstum, Produktivität und Investitionen auch im Lichte einer Nachfragestabilisierung zu nutzen, mit Strukturreformen zu verbinden und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen nicht aus dem Blick zu verlieren. Zu Recht fordern die meisten internationalen Wirtschaftsorganisationen ein, dass diejenigen Staaten mit relativ solider fiskalischer Position den Spielraum nutzen sollten, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stützen und der Geldpolitik unter die Arme zu greifen. In sehr vielen Ländern stehen sowohl öffentliche Infrastrukturaufgaben als auch Strukturreformen für stärkere Investitionsanreize für Klimaschutz, Bildung und Forschung oder andere Politikfelder an. Umgesetzt wurde davon in den allermeisten OECD-Staaten in den Jahren 2018 oder 2019 zu wenig. Der Fokus lag zuletzt in den OECD-Ländern auf Reformen am Arbeitsmarkt und im Steuersystem (OECD 2019b, Business at OECD 2018). Viele Notenbanken drücken auf das Gaspedal Seit dem Jahreswechsel hat sich die Stoßrichtung in der Geldpolitik in den USA und Europa grundlegend geändert, während in China und Japan die Dosierung überprüft und angepasst wurde. Ganz generell sind erneut die Notenbanken diejenigen Akteure, die auf die politisch verursachte Abschwächung der konjunkturellen Dynamik reagieren.

Leitzinsen im internationalen Umfeld 3

2

1

0

-1

Europäische Zentralbank

Federal Reserve Bank

Bank of England

Bank of Japan

Quelle: Macrobond

Die Federal Reserve erhöhte zum letzten Mal im Dezember 2018 die Leitzinsen auf eine Spanne von 2¼-2½ Prozent, signalisierte jedoch schon im Januar, dass man abwarten wolle, wie sich die Lage entwickele. Spätestens im Frühjahr bewerteten die Notenbanker die Lage zunehmend kritisch und mussten zudem einen Rückgang der Inflationsrate einräumen. Im Mai lag die Inflationsrate auf

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12-Monats-Basis nur noch bei 1,5 Prozent und die Kernrate bei 1,6 Prozent, mit nur leicht ansteigenden Erwartungen für 2020 und 2021. Schon auf der Sitzung des Offenmarktausschusses Mitte Juni erwartete der Median der Entscheider eine Absenkung des Leitzinses um 25 Basispunkte im Jahresverlauf. Die Fed hat daher am 31. Juli – erstmals seit Jahresende 2008 – wieder den Leitzins um 25 Basispunkte auf eine Spanne von 2-2¼ Prozent gesenkt sowie die Reinvestition auslaufender Schuldtitel aus dem Kaufprogramm bestätigt und dies mit den wachsenden Risiken der wirtschaftlichen Lage in den USA und im internationalen System begründet. Damit ist die geldpolitische Straffung, die 2017 begann, zunächst einmal unterbrochen. Aufgrund der im weiteren Jahresverlauf erwartbar schwachen Entwicklung des Außenhandels (und des Außenbeitrags) sowie der weiteren Eintrübungen der Investitionstätigkeit ist trotz des robust wachsenden staatlichen Verbrauchs und solide wachsender privater Konsumausgaben mit weiteren Leitzinssenkungen im Jahresverlauf zu rechnen. Angesichts der jüngsten Eskalation im Handelsstreit ist mit einem Impuls von einem halben bis ganzen Prozentpunkt (einschließlich der Zinssenkung im Juli) zu rechnen, mit denen das Wachstum um knapp einen halben Prozentpunkt erhöht werden kann (Deutsche Bank Research 2019a, b). Die Europäische Zentralbank sah sich im ersten Halbjahr gezwungen, einen nahezu vollständigen Kurswechsel von der zum Jahresanfang geplanten Straffung in mehreren Stufen zurück zur weiteren Expansion zu orchestrieren. Die anfänglich angestrebte leichte Straffung der Geldpolitik konnte angesichts der eingetretenen Eintrübung der Wirtschaftslage und der sehr schwachen Inflationsentwicklung insbesondere im Sommer nicht umgesetzt werden, sondern muss im September zugunsten eines neuen Pakets an stimulierenden geldpolitischen Maßnahmen aufgegeben werden. Dies ist auch dringend erforderlich. Im Juli sank die Inflationsrate im Euroraum auf 1,1 Prozent ab. Die Kerninflationsrate unterschritt sogar die Marke von eins (0,9 Prozent). Die Preise für Industriegüter (ohne Energie) stiegen nur noch um 0,4 Prozent. Das Geldmengenwachstum nahm im Juni auf 4,5 Prozent ab, die Kreditvergabe an Haushalte hielt sich mit 3,3 Prozent gegenüber Vorjahr ebenso wie die an Unternehmen mit 3,8 Prozent jedoch noch auf Vormonatsniveau. Die jüngsten makroökonomischen Projektionen der EZB vom Juni enthalten nur noch eine Wachstumsprognose für den Euroraum von 1,2 Prozent und eine Inflationsprognose von 1,3 Prozent für dieses Jahr, während für das nächste Jahr ein leichtes Anziehen der Produktion und des Preisniveaus auf je 1,4 Prozent erwartet wird. Für 2021 sind nur 1,6 Prozent an Inflation in der Projektion enthalten (EZB 2019). Darin waren die jüngsten Verschärfungen der internationalen Handels- und Währungskonflikte und das Risiko eines ungeordneten Brexits noch nicht enthalten. Seither hat sich das Bild mithin weiter eingetrübt. Die EZB hat auf die schwachen Inflationsdaten und den sinkenden Markterwartungen mit Beschlüssen im März, im Juni und im Juli und mit der Ankündigung eines Gesamtpakets von weiteren Maßnahmen im September reagiert. Im Juni beschloss die Notenbank, das Zinsniveau bis mindestens Mitte 2020 nicht zu erhöhen. Zudem entschied sie über die Modalitäten für die Refinanzierung der Geschäftsbanken ab September. Sie setzt damit ein Programm fort, mit dem das Bankensystem auch zukünftig sehr günstige Konditionen erhält, wenn auch nicht mehr im vollen Umfang der Vorgängerprogramme.1 Die EZB wird voraussichtlich im September mit einem weiteren Maßnahmenpaket auf die zu niedrigen Inflationsraten und -erwartungen reagieren müssen. Im Juli wurde nur beschlossen, zu prüfen, wie

Das dritte Programm für vierteljährliche „Gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte“ (Englisch: TLTRO III) soll von September 2019 bis März 2021 laufen. Der Zinssatz für diese zweijährigen Programme, die bis zum Volumen von 30 Prozent der Ende Februar ausstehenden Kredite genutzt werden können, wird bei zehn Basispunkten über dem durchschnittlichen Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte liegen. Banken, die Referenzgrößen bei der Kreditvergabe überschreiten, können sich noch günstiger mit Liquidität eindecken (bis zu zehn Basispunkten über dem niedrigeren Einlagenzinssatz). 1

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man die Orientierung der Marktteilnehmer („forward guidance“), Maßnahmen zur Abfederung unerwünschter Nebenwirkungen, wie etwa gestaffelte negative Zinssätze, oder ein neues Wertpapierkaufprogramm gestalten könnte, um die Inflationsentwicklung zu stützen. Die Debatte über die Geldpolitik wird zeitgleich schriller. Die Geldpolitik der EZB hat in den letzten fünf Jahren über eine ganze Palette an Maßnahmen Impulse für die Realwirtschaft gesetzt. Dies erfolgt nicht nur über den Hauptrefinanzierungssatz, sondern auch über den Einlagenzinssatz, das Programm für „Gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte“, das Wertpapierkaufprogramm und die Marktorientierung („forward guidance“). Diese Instrumente haben das Zinsniveau am kurzen und am langen Ende jeweils deutlich gesenkt, die Transmission über das Bankensystem gestärkt und die wirtschaftliche Aktivität angekurbelt (Lane 2019, Hartmann und Smets 2018, Draghi 2019). Zudem hat die EZB die Erwartungen im Finanzmarkt erheblich gesteuert. Gleichwohl muss die Geldpolitik der EZB seit gut anderthalb Jahren auf ein sich dramatisch verschlechterndes außenwirtschaftliches Umfeld reagieren und entsprechend die Dosis erhöhen, um ihr noch gültiges geldpolitisches Zeil einer Inflationsrate von nahe, aber unter zwei Prozent zu erreichen. Es besteht auch grundsätzlich kein Zweifel daran, dass geldpolitische Maßnahmen ihr Wirkung entfalten können. Zugleich hat Präsident Draghi seit einiger Zeit immer wieder darauf hingewiesen, dass ganz grundsätzlich Notenbanken mit der Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung nicht im Stich gelassen werden sollten, sondern durch strukturelle Reformen in den Mitgliedstaaten und durch die Fiskalpolitik auf nationaler wie auf Ebene der Währungsunion unterstützt werden sollten. Die chinesische Notenbank, die People’s Bank of China, hat im ersten Halbjahr mit einigen kleineren expansiven Maßnahmen die strukturelle wirtschaftliche Wachstumsverlangsamung in dem komplizierten außenwirtschaftlichen Umfeld auf einem recht stabilen Pfad halten können. Die Abbremsung der Kreditvergabe auf das Tempo des nominalen Wirtschaftswachstums ist weitgehend erreicht worden. Im weiteren Jahresverlauf ist mit weiteren leichten expansiven Schritten zu rechnen, um die heimische Wirtschaft trotz der Konflikte auf Kurs zu halten. Zugleich hat die Notenbank über einige Quartale den Außenwert des Renminbis stabilisiert, um keinen Anlass für erneute unerwünschte Kapitalabflüsse zu bieten. Die Auswirkungen der Handels-, Währungs- und Technologiekonflikte mit den USA auf Außenhandel und Außenwert des Renminbis sind jedoch real und dürften über die nächsten Monate zumindest für eine deutliche weitere Abwertung des Renminbis sorgen, die bereits beim kurzfristigen Unterschreiten des Wertes von sieben Renminbi pro US-Dollar wiederum seitens der USA als „manipuliert“ eingestuft worden ist. Dies ist jedoch nicht zutreffend, da der Wechselkurs seit gut vier Jahren sehr nahe an Gleichgewichtsschätzungen liegt und die chinesische Leistungsbilanz auch keine Überschüsse mehr aufwies (siehe u.a. Bergsten 2019). Die japanische Notenbank wird sich auch weiterhin der Abschwächung bei Produktion und Preisen entgegenstemmen und hat Ende Juli angekündigt, den Expansionsgrad der Geldpolitik bei zukünftig schwacher Entwicklung anzuheben. Über die letzten Quartale hatte die Notenbank die Nettokäufe von Aktiva deutlich unterhalb des Pfads des kommunizierten Ziels von 80 Milliarden Yen pro Jahr gehalten. Die Knappheit am Arbeitsmarkt hat in den letzten Jahren zwar zu soliden Lohnsteigerungen geführt, nicht jedoch die Inflationsrate ausreichend dem Zwei-Prozent-Ziel angenähert. Dies lag u.a. auch an der erheblich restriktiv wirkenden Finanzpolitik. Die Inflationsrate liegt leicht unter einem Prozent, die Kernrate knapp unter einem halben Prozent. Finanzpolitik zwar leicht expansiv, aber für Konjunkturabkühlung schwach aufgestellt Die Finanzpolitik ist in den Jahren 2019/2020 mit einem guten Viertelprozentpunkt des Potenzialoutputs in der OECD leicht expansiv ausgerichtet (OECD 2019a). Noch wirkt der fiskalische Impuls in den

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USA. Auch Deutschland hat 2019 eine expansive Ausrichtung aufzuweisen. Im Euroraum bzw. der EU27 und EU 28 werden sich die Haushaltsdefizite jeweils um rund einen halben Prozentpunkt gegenüber 2018 auf ca. ein Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen; die strukturelle Haushaltsposition im Euroraum wird sich etwa in der Größenordnung von 0,2 Prozentpunkten auf knapp ein Prozent Defizit (in Prozent des Potenzialwachstums) nur sehr leicht verschlechtern, da das geringere Wachstum und sinkende Finanzierungskosten strukturell entgegenwirken (Europäische Kommission 2019: 56). Zudem haben drei von fünf großen Volkswirtschaften in Europa Schuldenquoten über 100 Prozent (Italien) oder über 90 Prozent (Frankreich und Spanien), und einige kleinere Ökonomien sind auch in dieser problematischen Lage (Belgien, Griechenland und Portugal liegen über 100 Prozent, Zypern über 90 Prozent). Derzeit passen sich weder die Länder mit starken Leistungsbilanz- und Haushaltsüberschüssen noch die Defizitländer ausreichend an. Japan konsolidiert weiter. China hat im Frühjahr finanzpolitische Impulse gesetzt und bräuchte für weitere Maßnahmen in diesem Jahr ein neues Budget, was sehr unwahrscheinlich ist. Leicht höhere Defizite in den meisten Staaten dürften angesichts sehr niedriger Finanzierungskosten der öffentlichen Hand gleichwohl mit leicht sinkenden Schuldenquoten einhergehen. Die allgemein moderat expansive Ausrichtung dürfte aber in einigen Ländern, insbesondere in Europa in Deutschland, den Niederlanden, Spanien oder dem Vereinigten Königreich, nicht ausreichen, um der Eintrübung entgegenzuwirken. In einigen wenigen Ländern ist die Finanzpolitik so durch eine ungünstige Schuldendynamik und ggf. durch Regelwerke so beschränkt, dass nur sehr wenig Spielraum existiert, wie in Italien, Frankreich, Japan oder den USA. In China hat die Finanzpolitik einen gewissen Spielraum, da das Defizit des Staats in umfassender Betrachtung („augmented deficit“ des IWF) typischerweise von der KP etwa in der Größe des nominalen Wachstums der Produktion gesteuert wird und seit längerem bei etwa zehn Prozent der Wirtschaftsleistung liegt. Die Verschuldung des Unternehmenssektors ist in den letzten Jahren jedoch viel zu stark angewachsen. Daher dürfte die KP derzeit überhaupt nicht an einem starken antizyklischen Konjunkturpaket mit hohen Defiziten der Zentralregierung interessiert sein. In Japan wird die Regierung die für November geplante Mehrwertsteuererhöhung durch Ausgabenprogramme finanzpolitisch etwa zur Hälfte abfedern, gleichwohl bleibt der Kurs restriktiv. Italien weist besondere fiskalische Risiken angesichts der schwachen Konjunkturlage und der hohen Staatsverschuldung auf. Frankreichs Konsolidierung ist einmal mehr im Zeitpfad verschoben worden, da die Regierung auf die „Gelbwesten“-Proteste mit einem Maßnahmenpaket im Volumen von 17 Milliarden Euro reagiert hat und die Haushaltsdefizite vorerst hoch bleiben. Sollten sich die weltwirtschaftliche Lage weiter zuspitzen, dürfte sich die Debatte über eine das Wachstum stützende Finanzpolitik für die nächsten ein bis zwei Jahre deutlich erhitzen. Rasche Handlungsfähigkeit wäre angesichts komplexer politischer Konstellationen in vielen Ländern eine zu mutige Unterstellung.

Finanzmärkte und Wechselkurse Die erhöhte Unsicherheit in der Weltwirtschaft hat die Finanzmärkte im ersten Halbjahr nicht wesentlich beeinflusst, ab dem Juli sind jedoch stärkere Effekte auf den Devisen-, Anleihe- und Aktienmärkten aufgetreten. Der IWF hat jüngst zurecht festgestellt, dass die Zutaten für eine plötzlich sich verschärfende Risikoaversion der Kapitalanleger weitgehend vorliegen: Handels- und Währungskonflikte, Probleme in Schwellenländern wie Argentinien, politische Unsicherheit in fiskalisch instabilen Industrieländern und die konjunkturelle Entwicklung in China und Europa. Insofern sollte niemand überrascht sein, wenn das zweite Halbjahr durch eine hohe Volatilität und die Flucht in die Qualität geprägt sein wird.

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Besorgniserregend ist zunächst die Entwicklung auf den internationalen Anleihemärkten. In vielen Industrieländern sind die Renditen erneut erheblich gefallen, und das Problem inverser Zinsstrukturkurven hat sich wieder verschärft. Die trüben Wachstums- und Inflationsaussichten und erwartete Schritte der geldpolitischen Expansion machen sich hier bemerkbar. Seit Oktober 2018 sanken die langfristigen Renditen im Euroraum sowie im Vereinigten Königreich um durchschnittlich 70 Basispunkte und in den USA sogar um gut 160 Basispunkte. Renditen der deutschen Bundesanleihen fielen im April unter null und notierten zuletzt bei mehr als einem halben Prozent unter der Wasseroberfläche. Die italienischen Renditen für zehnjährige Staatsanleihen sind zwar von 3,5 Prozent im Herbst 2018 auf 1,7 Prozent Ende Juli gesunken, aber das kann sich ebenso rasch wieder umkehren. Die Risikozuschläge für finanzpolitische Wackelkandidaten unter den Staaten waren im ersten Halbjahr halbwegs stabil, können aber im Jahresverlauf noch kräftig nach oben ausschlagen. Japan stellt einen Sonderfall dar, da die Notenbank Leitzins und Zehnjahresrendite bei null hält (Politik der Zinsstrukturkurvensteuerung). Anleiherenditen* (tägliche Werte) 5 4 3 2 1 0 -1 Deutschland V. Königreich

Frankreich USA

Italien China (monatliche Werte)

Spanien Japan

*Renditen zehnjähriger Staatsanleihen Quelle. Macrobond

An den Devisenmärkten hat der Euro in nominaler handelsgewichteter Rechnung im ersten Halbjahr leicht aufgewertet, gegenüber US-Dollar, Yen und Franken jedoch abgewertet. Das Pfund verlor weiter an Gewicht und wertete im Lichte höherer Wahrscheinlichkeit des harten Brexits schon einmal kräftig ab. Der Renminbi geriet ebenfalls unter Druck. Die temporäre Überschreitung der symbolisch wichtigen Grenze von sieben Renminbi zum US-Dollar fiel ebenfalls im Sommer.

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Handelsgewichtete Wechselkurse* des US-Dollars und des Euros 130 120 110 100 90 80 2017

2018

Euro, nominal effektiver Wechselkurs, breiter Index Euro, real effektiver Wechselkurs, breiter Index *Index: 2015=100 Quelle: Macrobond

2019 US-Dollar, nominal effektiver Wechselkurs, breiter Index US-Dollar, real effektiver Wechselkurs, breiter Index

Mit einer weiteren Abwertung des Renminbi ist im Jahresverlauf 2020 zu rechnen, da der Nachfrageschock des Protektionismus die Wirtschaft abkühlt. Für Peking wird es nicht leicht werden, ungewollte Kapitalabflüsse zu vermeiden. Die Einstufung des Renminbi durch die US Treasury als „manipuliert“ ist zwar nicht angemessen, zeigt aber auf, wie politisiert bilaterale Wechselkurse werden können. Passend zur schwierigen Wirtschaftslage werteten ansonsten der argentinische Peso und der koreanische Won in diesem Jahr kräftig ab. Entwicklung der Wechselkurse zum US-Dollar 1,30

120

7,2

115

7,0

0,75

110

6,8

0,70

105

6,6

0,65

100

6,4

0,60

95

6,2

0,85

1,25

0,80

1,20 1,15 1,10 1,05 1,00

Euro (linke Achse) Pfund Sterling (rechte Achse)

Renminbi (rechte Achse) Yen (linke Achse)

Quelle: Macrobond

An den großen Aktienmärkten der Welt verlief das Jahr 2019 bis in den Juni hinein positiv. Insbesondere die Börsen in Moskau, Mailand, Paris, New York, Frankfurt und Shanghai machten die Verluste vom Herbst 2018 im ersten Quartal 2019 wieder weitgehend wett. Im zweiten Quartal ging es weltweit seitwärts. Die politische Nachrichtenlage und sinkenden Gewinne und Gewinnerwartungen vieler Unternehmen haben jedoch ab Juni die großen Indizes wieder zum Wackeln gebracht. Die erhöhten Rezessionsrisiken mindern zusätzlich den Risikoappetit der weltweiten Kapitalanleger.

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Amerikanische Konjunktur verliert an Schwung Nach einem starken Start ins Jahr, als die US-Wirtschaft im ersten Quartal um 3,1 Prozent des BIP (annualisiert) wuchs, hat sich das Wachstum mit 2,1 Prozent des BIP im zweiten Quartal 2019 deutlich verlangsamt. Zur positiven Entwicklung in beiden Quartalen trugen die Staatsausgaben bei, die nach Beendigung des Government Shutdown, der Einstellung vieler Regierungstätigkeiten, Anfang 2019 wieder zunahmen: plus 2,9 Prozent im ersten Quartal und plus fünf Prozent im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal. Auch die privaten Konsumausgaben leisteten einen positiven Beitrag zum Wachstum im ersten und zweiten Quartal (plus 2,5 Prozent im ersten Quartal und plus 2,6 Prozent im zweiten Quartal im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresquartal) (Federal Reserve Bank of St. Louis 2019). Demgegenüber verloren die privaten Bruttoanlageinvestitionen im zweiten Quartal an Dynamik – Während diese im ersten Quartal 2019 noch um 6,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen waren, nahmen sie im zweiten Quartal um minus 5,5 Prozent ab (Bureau of Economic Analysis 2019). Die gedämpfte Investitionstätigkeit ist ein Beleg für die Unsicherheiten, mit denen Unternehmen in den USA angesichts des US-chinesischen Handelskonflikts und den weiteren außenwirtschaftlichen Risiken umgehen müssen. Angesichts der rückläufigen weltwirtschaftlichen Entwicklung prognostiziert der IWF für 2019 eine Abschwächung des US-Wirtschaftswachstums gegenüber 2018 (2018: 2,9 Prozent). Das BIP-Wachstum soll 2019 bei einem Wert von 2,6 Prozent liegen. Die Abkühlung der US-Wirtschaft wird sich 2020 mit einer Wachstumsrate von 1,9 Prozent noch stärker bemerkbar machen (IWF 2019a). Nach der jüngsten Ankündigung von Donald Trump Anfang August, weitere Sonderzölle auf Importe aus China in der Höhe von 300 Milliarden US-Dollar (die so genannten Liste 4a und 4b Zölle) zu verhängen sowie seiner Drohung in Reaktion auf die chinesischen Retorsionsmaßnahmen vor dem G7-Gipfel, die Zollsätze zu erhöhen, ist mit einer weiteren Korrektur der Wachstumsaussichten für die USA nach unten zu rechnen. Wir rechnen mit einem Wachstum der realen Wirtschaftsleistung in Höhe von höchstens 2½ Prozent des BIP. Die Fed senkte zuletzt den US-Leitzins von 2,5 Prozent auf 2,25 Prozent. Außenwirtschaftliche Abschwächung im Zuge des US-chinesischen Handelskonflikts Der US-Handel hat aufgrund des US-chinesischen Handelskonfliktes und der damit verbundenen Unsicherheit deutliche Einbußen im ersten Halbjahr 2019 erlitten. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 sind sowohl US-Exporte als auch US-Importe gesunken. Während US-Warenexporte um 0,4 Prozent zurückgingen, konnten Dienstleistungsexporte einen geringen Zuwachs von 0,9 Prozent verbuchen. Insgesamt sind US-Exporte von Gütern und Dienstleistungen um unbedeutende 0,04 Prozent im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 gestiegen. Zum Vergleich: im ersten Halbjahr 2018 waren die gesamten US-Exporte satte 8,3 Prozent höher als im ersten Halbjahr 2017. Die US-Importe sind im ersten Halbjahr 2019 insgesamt um 1,5 Prozent gegenüber derselben Vorjahresperiode gestiegen. Im Falle der Warenimporte lag das Plus bei 0,7 Prozent, während die Dienstleistungsimporte im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres mit 5,4 Prozent noch höher ausgefallen sind. Anders als die Verheißung des US-Präsidenten, dass Zusatzzölle das US-Handelssaldo verbessern und Handelskonflikte „gut und einfach zu gewinnen“ wären (Donald J. Trump, Twitter 2018), hat sich die US-Handelsbilanz im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 um acht Prozent stark verschlechtert. Die Eskalationen im Handelskonflikt haben die Wettbewerbsfähigkeit der exportierenden US-Wirtschaft merklich geschwächt. Bis spätestens zum 15. Dezember will die TrumpAdministration die neuen Sonderzölle auf Importe aus China vollständig implementiert haben. Dann

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läge der durchschnittliche US-Zoll auf Importe aus China bei deutlich über 20 Prozent (Peterson Institute for International Economics 2019). Vor dem G7-Gipfel Ende August 2019 eskalierte der Handelskonflikt weiter. Das chinesische Finanzministerium reagierte wie zuvor angekündigt auf die von Trump Anfang August bekannt gegebenen Sonderzölle mit Gegenmaßnahmen. Zum einen werden auf 5078 Produkte aus den USA im Wert von rund 75 Milliarden US-Dollar zusätzliche Zölle in Höhe von fünf oder zehn Prozent erhoben. Die neuen chinesischen Zölle sollen parallel zu den jüngsten US-Sonderzöllen gestaffelt am 1. September und am 15. Dezember in Kraft treten. In der ersten Gruppe sind Zusatzzölle auf Sojabohnen und Rohölimporte aus den Vereinigten Staaten enthalten. Zum anderen kündigte das chinesische Finanzministerium in einer zweiten Meldung an, dass die ausgesetzten Zölle auf US-Autos und Autoteile in Höhe von 25 beziehungsweise fünf Prozent ab dem 15. Dezember wieder in Kraft gesetzt werden. Diese waren bereits 2018 im Laufe des Handelskonflikts eingeführt, aber nach dem von Trump und Xi im Dezember 2018 in Argentinien vereinbarten vorläufigen Aussetzung weiterer Maßnahmen gestoppt worden. Am 23. August verkündete die Trump-Administration, dass sie die Sonderzölle um weitere fünf Prozentpunkte auf Importe aus China in Höhe von 550 Milliarden US-Dollar erhöhen werde: von 25 Prozent auf 30 Prozent ab dem 1. Oktober auf ein Volumen von 250 Milliarden US-Dollar und von zehn auf 15 Prozent ab dem 1. September beziehungsweise dem 15. Dezember auf ein Volumen von 300 Milliarden US-Dollar. Die zusätzlichen Kosten der Zolleskalation werden von den US-amerikanischen und chinesischen Endverbrauchern getragen. Preise steigen, die Inflation nimmt zu und die Produktion und Investitionen lassen nach. Die OECD beispielsweise rechnet in ihrem neusten Economic Outlook vor, dass alleine die Eskalation des Handelskonfliktes Mitte Mai 2019 das BIP-Wachstum der USA um 0,2 Prozentpunkte bis 2021-2022 mindert. Trump hatte im Mai 2019 die Sonderzölle auf ein Importvolumen aus China in der Höhe von 200 Milliarden US-Dollar von zehn auf 25 Prozent angehoben; China hatte mit Retorsionszöllen auf ein Handelsvolumen in der Höhe von 60 Milliarden US-Dollar geantwortet. Die vorangegangenen Sonderzölle, welche die USA und China seit 2018 verhängt haben, wurden in der OECD-Simulation nicht berücksichtig. Im Falle eines Sonderzolls in der Höhe von 25 Prozent auf die verbleibenden Warengruppen mit Ausnahme der Rohstoffe rechnet die OECD mit Einbußen von 0,6 Prozentpunkten des BIP für die US-Wirtschaft bis 2021-2022. Der IWF rechnet ebenso mit jährlichen BIP-Verlusten in der Höhe von 0,3-0,6 Prozentpunkten in Folge eines US-Zusatzzolles von 25 Prozent auf alle US-Importe aus China und in Folge der entsprechenden chinesischen Retorsionszölle (IWF 2019b und OECD 2019). Auch Währungsfragen sind mittlerweile vom US-chinesischen Konflikt erfasst. Im August 2019 warf die Trump-Administration den chinesischen Behörden vor, den Renminbi durch eine gezielte Abwertung manipuliert zu haben. Das US-Finanzministerium legt dem US-Kongress seit 1989 regelmäßig den sogenannten „Report on the Macroeconomic and Foreign Exchange Policies of Major Trading Partners of the United States“ vor. US-Finanzminister Mnuchin wird nun mit chinesischen Behörden und dem IWF in den Dialog treten, um diese Bedenken zu beseitigen. Kritisch ist die vom US-Wirtschaftsministerium vorgeschlagene Reform der handelspolitischen Schutzinstrumente des „Tariff Act of 1930“, wonach Währungsmanipulationen in Anti-Subventionsverfahren unilateral von den USA bestimmt und bestraft werden können. Der IWF hat diesen Vorstoß deutlich gerügt (IWF 2019a).

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Weitere konjunkturelle Risiken der US-Außenwirtschaftspolitik Neben dem Risiko einer weiteren Eskalation im US-chinesischen Handelskonflikt gehen erhebliche Risiken von den Streitfällen über die Subventionierung der Flugzeugbauer Airbus und Boeing sowie von Trumps Drohung aus, Sonderzölle auf europäische Autos und Autoteile zu verhängen. Seit 2004 laufen bei der WTO Streitschlichtungsverfahren zwischen der EU und den USA, in denen es um den gegenseitigen Vorwurf unerlaubter Subventionen (unter anderem in Form von Steuererleichterungen und finanzieller Unterstützung im Bereich der Forschung und Entwicklung) für Boeing beziehungsweise Airbus geht. Ein WTO-Schiedsspruch im Airbus-Fall über den für die USA entstandenen Schadenswert und das Volumen möglicher Retorsionszölle wird für Herbst 2019 erwartet. Parallel hat die WTO 2019 auch abschließend festgestellt, dass die USA illegale Subventionen für Boeing nicht wie verlangt abgebaut haben. Ein Schiedsspruch im Boeing-Fall ist für kommendes Jahr (erstes Quartal) angekündigt. Von solchen WTO-konformen Retorsionszöllen wären wahrscheinlich auch nicht beteiligte Sektoren betroffen. Das Büro des United States Trade Representative (USTR) veröffentlichte bereits im April und Juli 2019 vorsorglich zwei Listen mit Waren aus der EU mit einem Wert von insgesamt 25 Milliarden US-Dollar, auf die Retorsionszölle verhängt werden könnten. Experten erwarten, dass die WTO einen deutlich niedrigeren Schadenswert feststellen wird. Laut Aussagen der TrumpAdministration sind die USA an einer Verhandlungslösung interessiert. Eine Beilegung des Konflikts zeichnet sich allerdings bisher nicht ab. Viele Beobachter rechnen daher damit, dass die USA nach dem WTO-Schiedsspruch Retorsionszölle verhängen werden, ohne den Schiedsspruch im BoeingFall abzuwarten. Für erhebliche Unsicherheit im transatlantischen Markt sorgt zudem Trumps Drohung, Sonderzölle auf US-Importe von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen zu verhängen. Basierend auf einem nicht veröffentlichten Untersuchungsbericht unter Abschnitt 232 des Trade Expansion Act von 1962 stellte der Präsident im April 2019 in einer Executive Order fest, dass Fahrzeuge und Fahrzeugteile aus der EU und Japan die nationale Sicherheit der USA gefährden. Er wies zudem USTR Robert Lighthizer an, dieses Sicherheitsrisiko mittels Verhandlungen mit der EU und Japan bis Mitte November 2019 zu beheben. Ansonsten droht den beiden Handelspartnern ein Sonderzoll in der Höhe von 25 Prozent. Solche Autozölle würden einer Studie des ifo-Instituts zufolge 30 Prozent aller deutschen Exporte in die USA betreffen (Wert: 34 Milliarden Euro). Dieselbe Studie prognostiziert zudem, dass die betroffenen deutschen Exporte um die Hälfte, also um rund 17 Milliarden Euro, zurückgehen würden. Langfristig würde Deutschland etwa fünf Milliarden Euro an BIP einbüßen (ifo Institute 2019). US-Haushalt im Wahljahr 2020 Der US-Bundeshaushalt besteht aus drei Arten von Ausgaben: Ungefähr 60 Prozent der Ausgaben fließen in das sogenannte „mandatory spending“, welches in bestehenden Gesetzen mehrjährig festgeschrieben ist. Acht Prozent fließen in den Schuldendienst. Die restlichen rund 32 Prozent der Ausgaben werden in den jährlichen Haushaltgesetzen verabschiedet. Diese Ermessensausgaben, „discretionary spending“, werden in jedem Jahr in zwölf Bewilligungsgesetze („appropriation bills“) abgestimmt, von denen die wichtigsten in einem Sammelhaushaltsgesetz („omnibus spending bill“) gebündelt werden. Darüber hinaus werden für die Ermessungsausgaben bestimmte Ausgabendeckelungen („spending caps“) regelmäßig vom US-Kongress beschlossen. Eine weitere Schuldenobergrenze („debt ceiling“), wird ebenso von den Abgeordneten und Senatoren verhandelt und beeinflusst alle Ausgaben und den Schuldenstand.

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Im Juli 2019 einigten sich der US-Kongress und der US-Präsident durch den Bipartisan Budget Act of 2019 darauf, die Ausgabendeckelungen für Ermessensausgaben für die nächsten zwei Fiskaljahre (2020 und 2021) um insgesamt 320 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Für das Fiskaljahr 2020 liegt dann die Ausgabenobergrenze für Ermessungsausgaben bei 1,29 Billionen US-Dollar und für das Fiskaljahr 2021 bei 1,3 Billionen US-Dollar. Obwohl die Höhe der Ermessensausgaben nun für 2020 und 2021 festgesetzt wurden, hat das US-Repräsentantenhaus vor der Tagungspause im August erst zehn der zwölf Bewilligungsgesetze genehmigt. Im Senat wurde noch kein Bewilligungsgesetzt gebilligt. Falls in den kommenden Monaten keine Einigung im Repräsentantenhaus oder Senat erzielt wird, könnte ein erneuter Shutdown im Fiskaljahr 2020 drohen. Die Schuldenobergrenze, die den gesamten Schuldenstand festlegt, wurde durch denselben Bipartisan Budget Act of 2019 bis Mitte Juli 2021, also bis nach der Präsidentschaftswahl 2020, ausgesetzt.

Europa: Konjunkturelle Schwächephase mit Rezessionsrisiko Die konjunkturelle Dynamik hat im Jahresverlauf abgenommen. Während der Euroraum im ersten Quartal noch mit einem kräftigen Plus von 0,4 Prozent gegenüber Vorquartal zulegen konnte, reichte

Euroraum: Entwicklung des realen BIP in Prozent 3

2,5 2,3

2,1 2

2,0

2,0

1,8

1,7

1,2 (Prognose) 1 0,3 0 -0,4 -1 I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV 2010

2011

2012

2013

Veränderung ggü. Vorjahresquartal

2014

2015

2016

2017

Veränderung ggü. Vorquartal

2018

2019

Veränderung ggü. Vorjahr

Quelle: Macrobond

es im zweiten Quartal nur noch für 0,2 Prozent (EU28: 0,5 Prozent und 0,2 Prozent). Wir erwarten für den Euroraum nur noch ein Wachstum von einem Prozent für das Gesamtjahr (EU 1,2 Prozent). Nach wie vor entwickeln sich die Konsumausgaben der privaten Haushalte vor dem Hintergrund steigender Beschäftigung, sinkender Arbeitslosigkeit, anziehender Löhne sowie verfügbarer Einkünfte und moderater Preisentwicklung in den meisten Ländern robust. Zudem sind die Finanzierungskonditionen für Kredite für private Haushalte und Unternehmen weiterhin günstig. Daher entwickelt sich die Bautätigkeit auch gut. Anderseits ist die ausländische Nachfrage nach Gütern schwächer geworden, und die Investitionstätigkeit verliert an Schwung. Das Verarbeitende Gewerbe ist im Abschwung. Die etwas expansivere Ausrichtung der Finanzpolitik und die zu erwartende expansivere Ausrichtung der Geldpolitik der EZB dürften zudem die Konjunktur stützen. Andererseits hängt viel davon ab, ob und in welchem Umfang sich die zahlreichen internationalen Risiken materialisieren. Hierzu zählen unmittelbare weitere Eskalationsschritte im Protektionismus, ein ungeordneter Brexit, militärische Auseinandersetzungen an der Straße von Hormus und mögliche Effekte auf den Ölpreis, die Entwicklung des

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Geschäfts- und Verbrauchervertrauens angesichts dieser Unsicherheiten und niedrigere Bewertungsrelationen auf den Aktienmärkten, sollte sich die Perspektive einer dauerhaften (statt der bislang mehrheitlich unterstellten temporären) Abkühlung der weltweiten Konjunktur durchsetzen. Unter den größeren Volkswirtschaften steht allein die spanische Wirtschaft derzeit mit einem erwarteten Wachstum von gut zwei Prozent robust dar; im zweiten Quartal schloss man mit einem halben Prozent Wachstum ab (gegenüber Vorjahr.: plus 2,3 Prozent). Die Beschäftigung zieht weiter an, und die allmähliche Genesung hält trotz außenwirtschaftlicher Wirren und der instabilen Regierungssituation an. Die deutsche Volkswirtschaft starte mit 0,4 Prozent zwar mit einem soliden ersten Quartal, gab aber im zweiten Quartal mit minus 0,1 Prozent nach. Dies spricht für ein schwaches Wachstum von deutlich unter einem Prozent im Gesamtjahr. Die französische Wirtschaft zog zuletzt nur noch schwach an (Q2: plus 0.2 Prozent) und dürfte mit leicht über einem Prozent dieses Jahr wachsen, nach 1,5 Prozent und 2,3 Prozent in den beiden Vorjahren. Der private Verbrauch verliert an Schwung, während die Investitionstätigkeit, insbesondere die des Staates, derzeit robust verläuft. Negative Lagereffekte und ein neutraler Außenbeitrag kamen hinzu. Das Produzierende Gewerbe wies zuletzt eine rückläufige Produktion, v.a. bei Automobilen und im Raffineriegeschäft auf. Italien dürfte dieses Jahr wirtschaftlich stagnieren. Hausgemachte Unsicherheiten der Regierungstätigkeit kommen zu den außenwirtschaftlichen Eintrübungen hinzu. Die Schwäche des Verarbeitenden Gewerbes dürfte bestenfalls von leicht wachsenden Dienstleistungen aufgefangen werden. Derzeit ist zudem nicht abzuschätzen, wie sich die Finanzpolitik im Jahresverlauf weiter entwickeln wird und ob Italien Sondermaßnahmen zur Einhaltung der Fiskalregeln ergreifen wird. Die britische Wirtschaftsleistung fiel im zweien Quartal erstmals seit 2012 wieder (minus 0,2 Prozent). Der Jahresauftakt war mit einem Wachstum von einem halben Prozent noch stark ausgefallen, allerdings durch Lageraufbau für die Brexitvorbereitung auch verzerrt. Im Frühjahr brach insbesondere die Industrie ein (minus 2,3 Prozent in Q2 nach plus 1,9 Prozent in Q1), was hauptsächlich an den Brexit-bedingten Werksferien im April lag, die Produktion hat sich bis Juni wieder normalisiert. Die Verkäufe von Automobilen lagen im Juni jedoch mehr als 40 Prozent unter Vorjahrsniveau; insofern droht Ungemach. Auch der Bau verzeichnete einen Rückgang, während die Dienstleistungen seitwärts tendierten (plus 0,1 Prozent). Über die Hälfte der Dienstleistungsbranchen notierten schwächer. Die Investitionstätigkeit sank um vier Prozent, während die Nettoexporte um den gleichen Betrag anstiegen. Für das Gesamtjahr dürfte noch ein Wachstum von gut einem Prozent möglich werden. Irland, Luxemburg, die baltischen, osteuropäischen und die anderen südeuropäischen Staaten weisen alle noch kräftiges Wachstum von über zwei Prozent auf. Die Niederlande, Österreich, Portugal und die nordischen Staaten dürften in einer Spanne von 1,5-2,0 Prozent wachsen. Belgien wird im Schnitt liegen.

China: Wachstumsabschwung und Handelskonflikte bremsen weiterhin Im Jahr 2018 ist Chinas Bruttoinlandsprodukt noch relativ stark um 6,6 Prozent auf umgerechnet 13,8 Billionen US-Dollar angewachsen. Im ersten Halbjahr 2019 lag der Zuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum nur noch bei 6,3 Prozent. Hierbei war im Verlauf der ersten beiden Quartale eine fortgesetzte Verlangsamung des BIP-Wachstums von 6,4 auf 6,2 Prozent festzustellen. Die wirtschaftliche Dynamik schwächt sich somit auch 2019 weiter ab. In absoluten Werten sind die Zuwächse im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen jedoch weiterhin immens. Für 2019 hatten Pekings Wirt-

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schaftsplaner den Wachstumskorridor von 6-6½ Prozent schon nach unten korrigiert. Die Primärindustrie wuchs in der ersten Jahreshälfte 2019 um drei Prozent, der industrielle Sektor um 5,8 Prozent und der Dienstleistungssektor um sieben Prozent. Neben dem Wachstum sorgt sich Peking vor allem um strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt, die Verschuldung der Kommunen und Unternehmen sowie die Liquidität an den Finanzmärkten. Monetäre und fiskalische Maßnahmen zur Stabilisierung wurden bereits im letzten Jahr ergriffen und im Frühjahr fortgesetzt, doch die Spielräume werden kleiner. Große Stimuli, wie wir sie im Zuge der Finanzkrise 2008/09 gesehen haben, oder abrupte Interventionen, wie bei den Währungs- und Kapitalturbulenzen 2015/16, blieben bisher aus und wären auch nur im Fall einer harten Zuspitzung internationaler Konflikte zu erwarten. Für 2019 wird insgesamt mit einer weiteren Abkühlung der Wirtschaft gerechnet, wobei zu Problemen im Binnenmarkt auch noch ein schwaches globales Wachstum hinzukommt. Regierung und Notenbank werden also weitere Maßnahmen vorbereiten müssen, um das Wachstum und die Wirtschaft auch in unsicheren Zeiten auf Kurs zu halten. Wir rechnen für das Gesamtjahr 2019 mit einem Wachstum in Höhe von 6¼ Prozent gegenüber dem Vorjahr. Eine weitere Abschwächung im Jahr 2020 auf sechs Prozent oder leicht darunter ist auch im Fall eines fortschwelenden Handelskonflikts zu erwarten. Sollte es im zweiten Halbjahr zu einer – wenngleich auch immer unwahrscheinlicher erscheinenden – Einigung mit den Vereinigten Staaten über die ausstehenden Handelskonflikte kommen, oder das globale Wachstum überraschend anziehen, so dürfte es sogar für einen leicht höheren Wert reichen. Durch die jüngste Eskalation im Handelsstreit droht aber möglicherweise sogar ein Abgleiten des Wachstums unter die Sechs-Prozent-Marke, sofern die Regierung nicht mit deutlich höher dotierten Gegenmaßnahmen zur Stimulierung der inländischen Nachfrage gegenhalten wird. Konjunkturindikatoren zeichnen gemischtes Bild Derzeit gibt es mehrere Faktoren, die eine Bremswirkung auf die Wirtschaft ausüben. Dazu zählen vor allem die mit dem Handelskonflikt verbundenen Unsicherheiten und Verschiebungen bei ausländischen Investitionen und im Außenhandel, der im Vergleich zum US-Dollar schwächelnde Chinesische Renminbi sowie ein globaler Wirtschaftsabschwung. Hinzu gesellen sich vor allem zyklische und strukturelle Komponenten im Binnenmarkt, die bereits seit längerem unter dem Begriff des „New Normal“ angekündigt wurden. Die Industrieproduktion – gemessen an Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 20 Millionen Renminbi – wuchs im ersten Halbjahr zwar langsamer, aber immer noch stabil um sechs Prozent (erstes Halbjahr 2018: 6,1 Prozent), darunter vor allem der High-Tech Bereich, der in den staatlichen Planungen („Made in China 2025“) besonders gefördert wird, mit neun Prozent. Der Juliwert war mit 4,8 Prozent jedoch so schwach wie schon sehr lange nicht mehr. Die Dienstleistungen zeigten sich mit einem Wachstum von 7,3 Prozent immer noch sehr stark, vor allem in Feldern wie z.B. Informationsübertragung, Software oder Vermietung, die zusammengefasst um 20,6 Prozent gestiegen sind. Der Einzelhandel zeigte sich mit einem Umsatz von Konsumgütern im Wert von ca. 19,5 Billionen Renminbi noch relativ robust und wuchs um 8,4 Prozent im ersten Halbjahr; der Juli verzeichnete ebenfalls einen Rückgang auf 7,6 Prozent. Die Zuwächse im Online-Handel haben mit 17,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr etwas nachgelassen. Insgesamt wurden online Waren und Dienstleistungen im Wert von ca. 3,8 Billionen Renminbi umgesetzt. Der Trend steht auch weiter im Einklang mit Chinas

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Ziel einer stärkeren Binnennachfrage. Einzelne Branchen mussten jedoch empfindliche Einbußen hinnehmen. Nachdem es im Automobilsektor, der mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht, Ende 2018 zu einem starken Umsatzeinbruch kam, sind auch im ersten Halbjahr 2019 die Absatzzahlen für Personenfahrzeuge um 14 Prozent zurückgegangen und lagen bei ca. zehn Millionen Fahrzeugen. Der private Verbrauch wächst insgesamt derzeit deutlich langsamer als die verfügbaren Einkommen. Dies liegt hauptsächlich darin begründet, dass in den letzten Jahren drastisch angestiegene Hypothekarkreditaufnahme der Haushalte im Zuge der kreditpolitischen Straffung in diesem Sektor zu recht hohen Zinsbelastungen der Haushalte geführt hat (Deutsche Bank 2019c, d). Dies dürfte mittelfristig anhalten und das wirtschaftliche Wachstum dämpfen. Die Investitionen in Sachanlagen stiegen in der ersten Jahreshälfte um 5,8 Prozent und erreichten einen Gesamtwert von 29,9 Billionen Renminbi. Der Anteil der privaten Investitionen hat mit einem Zuwachs von nur noch 5,7 Prozent an Dynamik verloren, das Verarbeitende Gewerbe legte nur mit drei Prozent zu (im Juli um 3,3 Prozent). Die Investitionen im Bereich der Hochtechnologie-Fertigungsindustrie sind immerhin um 10,4 Prozent gewachsen. Investitionen am Immobilienmarkt haben mit einem Wachstum von 10,9 Prozent wieder leicht angezogen. Die Jahre zuvor hatte die Regierung mit Beschränkungen immer wieder einer Überhitzung entgegengesteuert. Dies dürfte auch vorerst so bleiben, da das Politbüro Ende Juli keine Änderungen signalisiert hat. Der Außenhandel ist in den ersten sechs Monaten um magere 3,9 Prozent gestiegen und hat einen Wert von ca. 14,7 Billionen Renminbi erreicht. Die Exporte legten zwar noch um 6,1 Prozent zu, die Importe dafür nur noch um 1,4 Prozent. Der Handelsbilanzüberschuss ist somit um 41,6 Prozent gestiegen und liegt derzeit bei 1,2 Billionen Renminbi. Beim Export hatten elektronische und mechanische Produkte mit 58,2 Prozent den größten Anteil. Die EU, die USA sowie die ASEAN-Länder sind weiterhin die wichtigsten Handelspartner. In US-Dollar gerechnet stagnierte der Export, während die Importe um drei Prozent zurückgingen. Im zweiten Halbjahr ist mit einem mittleren bis heftigen Rückgang vor allem von Exporten, aber auch von Importen zu rechnen (abhängig von einer weiteren Eskalation im Konflikt mit den USA). Auf Lieferungen in die USA entfallen zwar nur 20 Prozent der chinesischen Ausfuhren, aber die von den Zöllen belegten Gütern haben Rückgänge im Export um 40 Prozent zu verzeichnen. Die schwache industrielle Entwicklung in den USA und Europa wirkt ebenfalls dämpfend. Im ersten Halbjahr sind die Verbraucherpreise (CPI) um 2,2 Prozent und die Produzentenpreise (PPI) um 0,3 Prozent gestiegen. Die Arbeitslosenquote für den städtischen Bereich lag im Juni mit 5,1 Prozent etwas höher als im Vormonat (fünf Prozent). Der von Markit erhobene Caixin Einkaufsmanagerindex (PMI) für das Produzierende Gewerbe notierte mit 49,4 Punkten im Juni nochmals niedriger als im Vormonat (50,2 Punkte) und ist somit wieder unterhalb der kritischen Marke von 50 Punkten, die die Schwelle zwischen Expansion und Kontraktion markiert. Der offizielle NBS Einkaufsmanagerindex (PMI) für das Produzierende Gewerbe lag im Juni, genauso wie im Vormonat, mit 49,4 Punkten weiterhin im Kontraktionsbereich. Der Caixin Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen fiel im Juni auf 52 Punkte (Vormonat 52,7 Punkte), befindet sich jedoch immer noch im Wachstumsbereich. Der offizielle NBS Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen lag Juni bei einem Jahrestief von 54,2 Punkten, aber immer noch deutlich im Expansionsbereich. Die Kreditvergabe wächst mit rund 13,5 Prozent nur leicht schneller als die nominale Wirtschaftsleistung, die gesamte Finanzierung mit elf Prozent sogar verhaltener. Die effektiven Zinsen liegen mit

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leicht mehr als 5½ Prozent auch leicht über dem langfristigen Schnitt. Insofern scheint die Strategie zu gelingen, einen weiteren Anstieg der Schuldenquote zu verhindern. Die Notenbank hatte in den letzten Jahren den Mindestreservesatz schon um 350 Basispunkte gesenkt, über Offenmarktgeschäfte jüngst die Liquidität im Markt gestützt, den Leitzins aber kaum geändert. Die Geldpolitik dürfte über Offenmarktoperationen und eine weitere Absenkung der Mindestreservesätze und kreditpolitische Instrumente eine weitere leichte Lockerung verfolgen. Die Zentralregierung hatte auf den sich abschwächenden Trend im Zuge des Handelskonflikts reagiert, indem sie Steuern gesenkt und die Kreditvergabe erleichtert hat. Dies hat letztendlich zu mehr Nachfrage geführt. Die Finanzpolitik hatte im ersten Halbjahr ein Stimuluspaket von gut 1½ Prozentpunkten des BIP bereits weitgehend umgesetzt. Die Ausgaben wuchsen um gut elf, die Einnahmen nur um gut drei Prozent und dürfte im zweiten Halbjahr kaum weiteren Spielraum haben. Schon jetzt herrscht angesichts der Leitzinssenkungen und der fortschreitenden Eskalation im Handelskonflikt Druck auf den Außenwert des Renminbis. Nach der jüngsten Ankündigung von Zollmaßnahmen durch Präsident Trump durchbrach der Renminbi psychologisch wichtige Marke von sieben Yuan/USD, dies war der niedrigste Wert der chinesischen Währung seit 2008.

Japans Wachstum recht robust Die japanische Wirtschaft befindet sich in diesem Jahr in einer leichten Abkühlung, angeführt vom Verarbeitenden Gewerbe. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe ist schon im Februar auf unter 50 gefallen und dümpelt unterhalb der Expansionsschwelle hin. Die Wirtschaft dürfte mit leichter unter einem Prozent real in diesem Jahr wachsen. Die Stimmungsindikatoren sind jüngst ähnlich wie in Europa gesunken. Unternehmen wie Verbraucher sehe Lage und Ausblick zunehmend trüber. Der Arbeitsmarkt ist jedoch nach wie vor in starker Verfassung. Seit 2012 ist die Beschäftigung um mehr als zehn Prozent angestiegen, und die Arbeitslosenquote ist von über fünf Prozent während der weltweiten Krise auf unter 2,5 Prozent abgesunken. Din nominale Entlohnung ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, und die Reallöhne haben ebenfalls bis 2018 deutlich angezogen, aber am aktuellen Rand ist die Entwicklung wieder eingebrochen. Der private Verbrauch zieht nach wie vor moderat an, die Käufe von Diensten und langlebigen Konsumgütern entwickeln sich auch dieses Jahr positiv. Am aktuellen Rand hat sich überraschend auch die Investitionstätigkeit aufgehellt. Zwar dümpelt die Industrie vor sich hin, da die Auftragseingänge in der Industrie deutlich nachgegeben haben, aber die Investitionen in den Dienstleistungen ziehen an, auch wegen der Arbeitskräfteknappheit. Noch immer liegt die private Investitionstätigkeit jedoch nach einem fast zehnjährigen Aufschwung auf hohem Niveau. Auch der Wohnungsbau und die öffentliche Investitionstätigkeit stützen weiterhin. Vom Außenhandel gehen dieses Jahr wohl erneut leicht kontraktive Effekte aus, da insbesondere die Exporttätigkeit stagniert, während die Einfuhren konsumgetrieben weiter zulegen. Entsprechend tendiert die Industrieproduktion auch eher seitwärts. Die Regierung Abe hält weiterhin an dem Plan fest, den Mehrwertsteuersatz im Oktober auf zehn Prozent anzuheben. Ganz generell war die japanische Finanzpolitik in den letzten fünf Jahren hochgradig restriktiv und hat die Stabilisierung von Konjunktur und Preisniveau weitgehend der Notenbank überantwortet. Diese erwies sich bisher als überfordert, trotz erheblicher und umfangreicher geldpolitischer Maßnahmen, einschließlich einer Steuerung der Zinsstrukturkurve und von Aktienkäufe über Exchange Traded Funds, die Inflationsrate an das Zwei-Prozent-Ziel anzunähern. Die Kernrate liegt derzeit bei einem Dreiviertel Prozent und hat sich immer von unter null Ende 2016 wieder erholt. Im

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Hinblick auf die größeren Reformerfordernisse in der Steuer- und Finanzpolitik ist von der Abe-Regierung derzeit wenig zu erwarten, weshalb die japanische Wirtschaft wohl auch weiterhin nur auf einem Zylinder vorankommen wird.

Regionaler Ausblick Die Abschwächung der Weltwirtschaft erstreckt sich natürlich auch auf die anderen Volkswirtschaften in Asien, Lateinamerika und Afrika. Während die Industrieländer mit weniger als zwei Prozent Wachstum auskommen müssen, dürften die Entwicklungs- und Schwellenländer (mit China) insgesamt auf noch über vier Prozent kommen. Am besten läuft es konjunkturell noch ihn Asien. Die ASEAN-Länder dürften mit gut fünf Prozent wachsen, Indien mit sieben Prozent. In Lateinamerika müssen Brasilien und Mexiko erneut mit geringeren Wachstumsraten von weniger als einem Prozent rechnen. Erst 2020 noch über vier Prozent kommen. Am besten läuft es konjunkturell noch ihn Asien. Die ASEAN-Länder dürften mit gut fünf Prozent wachsen, Indien mit sieben Prozent. In Lateinamerika müssen Brasilien und Mexiko erneut mit geringeren Wachstumsraten von weniger als einem Prozent rechnen. Erst 2020 sollte sich das Tempo auf zwei Prozent oder mehr erhöhen. Für die gesamte Region reicht es dieses Jahr wohl nur für ein gutes halbes Prozent – ein weiteres sehr schwaches Jahr. Gleiches gilt für den Nahen und Mittleren Osten einschließlich Afghanistan und Pakistan, für die nur ein Prozent erwartet werden. Die Türkei durchläuft zudem seit 2018 eine Rezession; ob das Anziehen der Wirtschaft im ersten Quartal schon die Belebung bringen wird, bleibt abzuwarten. Das Wachstum in Sub-Sahara Afrika zieht dagegen auf gut 3½ Prozent an. Die GUS-Region zieht insgesamt ebenfalls auf 3½ Prozent an, aber Russland kommt kaum über ein Prozent Wachstum hinaus. Aus der ehemals medial hochstilisierten BRICS-Gruppe wachsen derzeit nur Indien und China solide, während Brasilien, Russland und Südafrika sich sehr schwach entwickeln, und dies schon mehrere Jahre lang. Regionaler Konjunkturausblick* 2019 Südamerika

1,1

Zentralamerika

3,2

Karibik

3,6

Asien-Pazifik, Fortgeschrittenen Volkswirtschaften1

1,7

Asien-Pazifik, Entwicklungsländer2

6,2*

GUS-Staaten3

1,9*

Naher Osten, Nordafrika, Afghanistan, Pakistan

1,0*

Israel

3,3

Sub-Sahara Afrika

3,4*

1Japan, Südkorea, Taiwan, Singapur, Hongkong, Australien, Neuseeland, Macau 2 inklusive China und Indien 3 Russland, Ukraine, Georgien, Turkmenistan, kaukasische und zentralasiatische Staaten * Wachstum des realen BIP ggü. Vorjahr in Prozent Quelle: IWF (April 2019; *Juli 2019)

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Konsequenzen für Deutschland Die Eintrübung des weltwirtschaftlichen Wachstums und der Investitionstätigkeit und sowie gestiegene Rezessionsrisiko werden die deutsche Wirtschaftsentwicklung in den nächsten zwei bis drei Jahren erheblich beeinträchtigen. Das Produktportfolio der deutschen Industrie, Premiumfahrzeuge, individuell den Kundenwünschen angepasste Maschinen, Spezialchemie und hochwertige Elektrotechnik, hat in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren erheblich zu den Exporterfolgen der deutschen Wirtschaft auf den Weltmärkten beigetragen. Deutsche Investitionsgüter waren und sind in den sich industrialisierenden Schwellenländern gefragt. Deutschland ist nicht umsonst wie fast kein anderes größeres Industrieland weltwirtschaftlich verflochten. So manche binnenwirtschaftlichen Schwächen wurden in der Vergangenheit damit übertüncht. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise war es die deutsche Industrie, die sich als erste davon erholen konnte. Nun gerät der außenwirtschaftliche Motor allerdings ins Stocken. Protektionismus ist Gift für den Welthandel. Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wird der Handel mit einem der wichtigsten Handelspartnern deutlich erschwert. Die Umstellung der Antriebstechnik in der Automobilindustrie braucht Zeit und belastet die Produktion. Der Vorteile von gestern, hohe außenwirtschaftliche Verflechtung und ein überdurchschnittlich hoher Industrieanteil, wirken in der aktuellen Situation wie ein Bremskraftverstärker. Da nützt es wenig, dass Dank zunehmender Beschäftigung und Bauboom die Binnenkonjunktur noch gut läuft. Auf mittlere Sicht wird auch sie sich nicht von der globalen Entwicklung abkoppeln können.

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