DISKUSSIONSPAPIER ENERGIE UND KLIMA I MOBILITÄT UND LOGISTIK
Auf der Zielgeraden einer Nationalen Wasserstoffstrategie Fünf Maßnahmen für den Markthochlauf
März 2020 Mit dem Positionspapier „Prioritäten der Industrie für die Nationale Wasserstoffstrategie“ hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im November 2019 konkrete Vorschläge für die 23.vorgelegt. Oktober Ausgestaltung und künftige Umsetzung der nationalen Wasserstoffstrategie in Deutschland Mit dem Bekanntwerden des Strategieentwurfes des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie des Positionspapiers des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) wurden die wesentlichen Leitlinien der Bundesregierung für die Strategie aufgezeigt. Die Bundesregierung geht mit einer solchen Strategie einen großen Schritt in Richtung einer CO2neutralen Energiewelt. Insbesondere bei der Betrachtung der Instrumentenwahl für den Markthochlauf sehen wir allerdings noch einige Defizite. Dabei ist ein schneller Markthochlauf entscheidend für das Gelingen der Strategie. Daher hält der BDI die Aufnahme folgender fünf Maßnahmen für notwendig: 1. Ziele konkretisieren: Ein Zwischenziel für die Elektrolyse-Kapazität für 2025 einführen, das Ziel für 2030 auf mindestens 5 GW setzen, ein Import-Ziel für 2035 definieren. 2. Den erforderlichen Bedarf an erneuerbarer Stromerzeugung in der Wasserstoffstrategie berücksichtigen und mit der EEG-Novelle möglich machen, eine EEG-/Abgabenbefreiung vornehmen. 3. Markthochlauf von Wasserstofftechnologien den Kraftstoffmarkt ganzheitlich betrachten.
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4. Investitionen an den und zur Versorgung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen Standorten vermeiden.
Verkehrssektor
Raffinerien
unterstützen;
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5. Auch CO2-neutraler „blauer“ Wasserstoff muss im Sinne des angestrebten Markthochlaufs eine Rolle spielen und das Potenzial von „türkisem“ Wasserstoff sollte genutzt werden. Entsprechende konkrete Maßnahmen sollte die Bundesregierung nun rasch angehen und auch die bevorstehende EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um das Fundament für eine Wasserstoffwirtschaft auch auf der EU-Ebene zu legen.
Dr. Carsten Rolle | Energie- und Klimapolitik | T: +49 30 2028-1595 | C.Rolle@bdi.eu | www.bdi.eu Jekaterina Boening | Energie- und Klimapolitik | T: +49 30 2028 1429 | j.boening@bdi.eu Jürgen Hasler | Mobilität und Logistik | T: +49 30 2028 1436 | j.hasler@bdi.eu Petra Richter | Mobilität und Logistik | T:+49 30 2028 1514 | p.richter@bdi.eu
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Auf der Zielgeraden einer Nationalen Wasserstoffstrategie
1. Ziele konkretisieren: Ein Zwischenziel für die Elektrolyse-Kapazität für 2025 einführen, das Ziel für 2030 auf mindestens 5 GW setzen, ein ImportZiel für 2035 definieren Der BDI unterstützt das Ziel von 5 GW Elektrolyse-Kapazitäten im heimischen Markt bis 2030. Dieses Ziel scheint mit Blick sowohl auf den notwendigen Aufbau der Elektrolyse realisierbar und zugleich aufgrund derzeit noch fehlender regulatorischer Maßnahmen und Förderungen ambitioniert gewählt zu sein. Die Zielmarke 5 GW soll dennoch keinen „Deckel“ darstellen. Bei einer positiven Entwicklung könnte es im Rahmen der geplanten Evaluierungsvorhaben nach oben korrigiert werden. Dabei ist auch eine angemessene Hochlaufkurve zu berücksichtigen, um den für 2050 in Verbindung mit dem Ziel der nationalen Klimaneutralität absehbaren Wasserstoffbedarf decken zu können. Zusätzlich hält der BDI die Einführung eines Zwischenziels für 2025 für notwendig, z. B. in Höhe von 1,5 – 2 GW. Das Zwischenziel soll sicherstellen, dass erste Referenzprojekte noch bis Mitte der 2020er Jahre in Deutschland entstehen. Schließlich vermisst der BDI im aktuellen Strategieentwurf ein konkretes Ziel für Power-to-X-Importe im Jahr 2035. Ein konkretes Ziel ist aus Sicht des BDI notwendig, um sowohl die Planungssicherheit für die künftigen Großverbraucher von Wasserstoff wie die Stahl- und die Chemieindustrie in Deutschland zu schaffen, als auch um ein glaubwürdiges Signal gegenüber Investoren und ausländischen Partnern zu senden. Das Ziel kann z. B. als ein Anteil am Wasserstoffverbrauch oder am Endenergieverbrauch Deutschlands definiert werden. Im Ergebnis darf aber auch dieses Ziel keinen „Deckel“ haben.
2. Den erforderlichen Bedarf an erneuerbarer Stromerzeugung berücksichtigen und mit der EEG-Novelle möglich machen, eine EEG/Abgabenbefreiung vornehmen Das 5 GW-Ziel Elektrolyseleistung entspricht bei beispielhaft 4000 Volllaststunden, die für einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen mindestens notwendig sind, 20 TWh erneuerbaren Strom. Als Beispiel: Dies entspricht rund 10 GW Wind-Onshore oder 5 GW Wind-Offshore Kapazitäten. Entscheidend ist, dass diese Nachfrage an Strom aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Aus Sicht des BDI ist daher der EE-Ausbaupfad entsprechend an diese zusätzliche Nachfrage anzupassen. In der Zwischenzeit sollte eine pragmatische Lösung, z. B. über das etablierte Nachweissystem der Strom-Herkunftsnachweise, gefunden werden, die den Markthochlauf der Elektrolyse bereits kurzfristig unterstützt. Es könnte zusätzlich auch geprüft werden, im Zuge von Sonderausschreibungen die Errichtung von EE-Anlagen mit der Wasserstoffherstellung zu koppeln. Schließlich sollte der Weiterbetrieb von aus der Förderung fallenden EEG-Anlagen ermöglicht werden, um deren Stromerzeugung bilanziell zur Wasserstoffherstellung nutzen zu können. Diese Maßnahmen können zur Erfüllung der Anforderungen der RED II beitragen, wenn der delegierte Rechtsakt entsprechend umgesetzt wird (siehe Punkt 3) und sollten im Aktionsplan der Nationalen Wasserstoffstrategie festgehalten werden. Die rechtliche Umsetzung soll im Rahmen der anstehenden EEG-Novelle folgen. Ferner ist aus BDI-Sicht im Strategieentwurf mit Blick auf die Rahmenbedingungen zur Erzeugung von Wasserstoff unzureichend, dass die Bundesregierung über die im Klimapaket beschlossenen Maßnahmen hinaus, lediglich weitere Reformen der staatlich induzierten Preisbestandteile prüfen will. Auf Basis der BDI-Position vom November 2019 ist wesentlich, dass der mit erneuerbaren Energien erzeugte Strom dauerhaft von Umlagen und Abgaben – allen voran der EEG-Umlage – befreit werden
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muss, um wettbewerbsfähige Preise für CO2-neutralen Wasserstoff zu ermöglichen (siehe auch Punkt 4). Die gilt auch für die notwendigen Power-to-X-(PtX) Konzepte.
3. Markthochlauf von Wasserstofftechnologien über den Verkehrssektor unterstützen, den Kraftstoffmarkt ganzheitlich betrachten Ein schneller Markthochlauf von „grünem“ Wasserstoff ist entscheidend für den Erfolg der Nationalen Wasserstoffstrategie. Regulatorische Maßnahmen und substanzielle Förderungen auf der Wasserstofferzeugungs- und Abnehmerseite sind notwendig, um den aktuellen Kosten-Gap zwischen „grünem“ und „grauem“ Wasserstoff auszugleichen. Der Förderbedarf kann reduziert werden, indem für den Markthochlauf Sektoren mit der höchsten Zahlungsbereitschaft herangezogen werden. Aktuell im Fokus steht dabei der Straßenverkehr mit Vermeidungskosten von bis zu 475 Euro/t CO2. Das Potenzial dieses Sektors für einen raschen Markthochlauf von Wasserstofftechnologien wird in den vorliegenden Papieren nicht ausreichend berücksichtigt. Das vorzeitige einseitige Abschneiden von Technologiepfaden schwächt den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb und verteuert unnötig den Klimaschutz. Zwar ist die Anrechenbarkeit von „grünem“ Wasserstoff in den Raffinerieprozessen auf die THGMinderungsquote im Verkehr der richtige erste Schritt. In Kombination mit einer zusätzlichen Anrechenbarkeit von synthetischen Kraftstoffen auf die THG-Minderungsquote könnten allerdings nicht nur weitere Kapazitäten zur Erzeugung von Wasserstoff angereizt, sondern auch der Markthochlauf für Power-to-Liquid-Kraftstoffe in anderen Verkehrsbereichen wie dem Luftverkehr vorbereitet und mitfinanziert werden. Neben den zu erwartenden technologischen Lernkurven spielen die Abhängigkeiten in den Wertschöpfungsketten der Kraftstoffproduktion hierbei eine wichtige Rolle. Denn bei der Produktion von Kerosin fallen andere Produkte an, die derzeit im Straßenverkehr eingesetzt werden. Wenn kein Markt für grüne Kraftstoffe im Straßenverkehr existiert, müssen die Kosten dieser Produkte ebenfalls vom Luftverkehr getragen werden. Dies erhöht die Zusatzkosten für den Luftverkehr und somit auch den staatlichen Förderbedarf. Daher ist es sinnvoll, den Aufbau eines Marktes für grüne Kraftstoffe im Straßenverkehr zu beginnen, ohne dass die Zielsetzung der batterieelektrischen Mobilität hierdurch gefährdet würde1. Die Einführung einer Unterquote für grünen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe innerhalb der nationalen THG-Minderungsquote könnte zwar den Markthochlauf zusätzlich vorantreiben. Um Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen bzw. Standorten zu vermeiden, müsste eine solche Unterquote, wie im Folgenden beschrieben, regulatorisch eng abgesichert werden. Dazu gehören auch regulatorische Maßnahmen und substanzielle Förderungen auf der Wasserstofferzeugungsseite.
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Eine Absenkung der Flottengrenzwerte auf EU-Ebene steht nicht zur Debatte – eher eine Verschärfung, welche die gerade erreichte Planungssicherheit unterhöhlt.
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4. Investitionen an den und zur Versorgung von Raffinerien ermöglichen, Wettbewerbsverzerrungen zwischen Standorten vermeiden Trotz Unterschieden in den vorliegenden Papieren der Ministerien ist es offensichtlich, dass erste Investitionen in PtX-Anlagen im Wesentlichen auf die Versorgung der Raffinerien zielen werden. So wird richtigerweise eine Förderung für Elektrolyseure im Strategieentwurf des BMWi in Aussicht gestellt. Darüber hinaus bedarf es des Abbaus bestehender regulatorischer Hürden, um die notwendigen Investitionen zu ermöglichen. Eine rechtssichere EEG-Befreiung und Änderung des BesAR-Antragsverfahrens Die Stromkosten machen rund 60 Prozent der Wasserstoffgestehungskosten im Elektrolyseverfahren aus. Die Herstellung von „grünem“ Wasserstoff wird daher erst mit einer EEG-Befreiung zum „business case“ (dies gilt für alle Sektoren, nicht nur für die Raffinerien, siehe Punkt 1). Die Notwendigkeit einer rechtssicheren EEG-Entlastung sollte daher in der Wasserstoffstrategie als eine der zentralen Maßnahmen in den Aktionsplan aufgenommen werden. Die Umsetzung notwendiger Änderungen kann im nächsten Schritt mit der anstehenden EEG-Novelle erfolgen. Fällt die Wasserstoffherstellung unter die Kategorie „Herstellung von Industriegasen“ in Anlage 4 (Liste 1) des EEG 2017, ist eine EEG-Befreiung schon heute möglich. Das BesAR-Genehmigungsverfahren sieht allerdings vor, dass die Anlage bis zu 2 Jahren gefahren wird, bevor eine Genehmigung für das dritte Jahr erteilt werden kann. Die Kosten der ersten zwei Jahre werden dabei nicht erstattet. Zudem muss die Genehmigung jährlich erneuert werden. Da die Investitionen in erste Anlagen im industriellen Maßstab mit großem Investitionsrisiko verbunden sind, stellen beide Regelungen ein großes Hindernis für den Markthochlauf dar. Die BesAR-Genehmigung sollte daher für diese Anlagen bereits ab dem ersten Jahr und dann dauerhaft über die Nutzungszeit der Anlage gelten. Zudem hält der BDI eine Ausweitung der Kategorie „Herstellung von Industriegasen“ (20.11) in Anlage 4 (Liste 1) des EEG 2017 auf stand-alone Anlagen für notwendig, sprich für Anlagen, die Strom nicht von einer gemäß BesAR entlasteten Abnahmestelle beziehen, aber Wasserstoff zum Zwecke der industriellen Nutzung (u. a. stoffliche Nutzung, Kraftstoffherstellung) nachweisbar produzieren, selbst wenn er anschließend über ein öffentliches Leitungsnetz transportiert wird. Schließlich bietet auch die Abschaffung des Rückverstromungserfordernisses nach § 61 Abs. 1 und 2 EEG 2017, wenn zur Wasserstoffproduktion nachweislich erneuerbarer Strom eingesetzt wird, eine rechtssichere EEG-Befreiungsmöglichkeit für die Elektrolyseure. Methodologie zur Berechnung des erneuerbaren Anteils bei Wasserstoffherstellung in der Kraftstoffproduktion (beim Netzbezug von Strom) Solange die Methodologie nach Art. 27 (3) RED II nicht vorliegt und die Unsicherheit darüber besteht, wann Wasserstoff als „grün“ gilt, wenn der Strom für die Elektrolyse aus dem Netz bezogen wird, können Investitionen an den bzw. zur Versorgung von Raffineriestandorten, die auf den Netzbezug angewiesen sind, nicht erfolgen. Laut RED II soll der entsprechende delegierte Rechtsakt spätestens bis Dezember 2021 vorgelegt werden. Dieser Zeitpunkt ist zu spät und kann zu einer erheblichen Verzögerung bei der Umsetzung des in dem Strategieentwurf vorgeschlagenen Aktionsplans führen. Daher sollte Deutschland als eines der führenden Länder beim Thema Wasserstoff im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft einen Vorschlag vorlegen. Diese Absicht gilt es in der Nationalen Wasserstoffstrategie festzuhalten. Die Industrie arbeitet derzeit an der Entwicklung eigener Vorschläge, wie die relevanten Sollbestimmungen des Erwägungsgrunds 90 der RED II in einer Methodologie operationalisiert werden können. Sowohl auf Bundes- als auch auf EU-Ebene sind dabei pragmatische Regelungen zu
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erarbeiten, die u. a. durch Nutzung von Herkunftsnachweisen für Strom den Markthochlauf unterstützen, anstatt ihn zu verhindern. Eine zu restriktive Auslegung der vier Kriterien kann aus Sicht der Marktteilnehmer zu einer wesentlichen Hürde für die Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Wasserstoffmarktes in Deutschland und in der EU werden. Daher bedarf es flexiblerer Übergangsregelungen für die Anfangsphase des Markthochlaufs. Mehrfachanrechnung synthetischer Kraftstoffe im nationalen Emissionshandelssystem Die Berücksichtigung von strombasierten Kraftstoffen im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) ist im Moment noch nicht endgültig geregelt. Dabei könnte das BEHG ein geeignetes Instrument zum Hochlauf synthetischer Kraftstoffe darstellen. Dies könnte durch Mehrfachanrechnungen in Form von Zusatzzertifikaten geschehen, um die jeweiligen höheren CO 2Vermeidungskosten synthetischer Kraftstoffe über die Hochlaufphase bis zum Jahr 2030 auszugleichen. Ab 2026 mit Beginn des Zertifikatehandels im Rahmen des im BEHG festgelegten Preiskorridors sollte die Mehrfachanrechnung teilweise zurückgefahren werden. Ebenso könnte die Anzahl der Zertifikate für die Mehrfachanrechnung reduziert werden, sollte die europäische Energiesteuerrichtlinie künftig eine begrüßenswerte vollständige Reduktion der Energiesteuer für synthetische Kraftstoffe erlauben. Bislang sieht die europäische Energiesteuerrichtlinie keine Befreiung oder Reduktion der Energiesteuer für synthetische Kraftstoffe vor, sondern stellt diese den fossilen Kraftstoffen gleich. Die avisierte Überarbeitung der Energiesteuerrichtlinie im Rahmen des European Green Deals bietet die Möglichkeit, die Energiesteuer vollständig am CO2-Ausstoß auszurichten. Kurzfristig wäre eine Ausnahme gemäß Art. 19 EU-Energiesteuerrichtlinie möglich. Darüber hinaus wäre es denkbar, den Steueranteil, der die EU-Mindeststeuersätze für Kraft- und Brennstoffe auf Energie übersteigt, als CO2Komponente zu behandeln und entsprechend CO2-neutrale Kraftstoffe hiervon zu befreien.
5. Auch CO2-neutraler „blauer“ Wasserstoff muss im Sinne des Markthochlaufs eine Rolle spielen und das Potenzial von „türkisem“ Wasserstoff sollte genutzt werden Das Ausschließen von „blauem“ Wasserstoff würde aus Sicht des BDI die Entwicklung von Wasserstofftechnologien auf der Anwendungsseite aufgrund von bis 2030 noch fehlender Volumina von „grünem“ Wasserstoff um Jahre verzögern. Denn bei den anstehenden Investitionsentscheidungen der Grundstoffindustrie bedarf es Investitionssicherheit darüber, dass die Wasserstoffbedarfe, die mit der Installation von neuen Anlagen verbunden sind, tatsächlich gedeckt werden können. Auch wenn die einheimische Herstellung von „grünem“ Wasserstoff sich positiv entwickelt und das 5 GW-Ziel bis 2030 übertroffen werden sollte, ist aus heutiger Sicht von einem Gap zum Gesamtbedarf auszugehen. Denn mit 5 GW Elektrolyse-Kapazität kann (nur) rund 20 Prozent des heutigen Wasserstoffbedarfs CO2-neutral gestellt werden2. Es ist zu erwarten, dass mit neuen Verbrauchern wie der Stahlindustrie aber auch neuen Anwendungen im Verkehrssektor der Bedarf weiter steigen wird. D. h. es werden zusätzliche Mengen an CO2-freiem Wasserstoff notwendig sein, die über Wasserstoffimporte gedeckt werden müssen. Da die Dynamik beim Aufbau von internationalen
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Der heutige Bedarf beträgt rund 20 Mrd. m3 Wasserstoff p. a. Mit 5 GW Elektrolysekapazitäten bei 4000 Volllaststunden können rund 4,5 Mrd. m3 Wasserstoff p. a. produziert werden.
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Lieferketten zum Import von „grünem“ Wasserstoff kurz- bis mittelfristig begrenzt sein könnte, ist eine Verwendung von „blauem“ Wasserstoff vorerst absolut notwendig. Aber auch der „türkise“ Wasserstoff, der im Prozess der Methanpyrolyse hergestellt wird, kann hierbei eine Rolle spielen. Dieser wird bislang in den Papieren der Ministerien nicht ausreichend berücksichtigt. Dabei stellt die Methanpyrolyse als ein alternatives Verfahren der CO2-freien Wasserstoffherstellung eine wichtige technologische Option dar. Statt des im Vergleich zum „blauen“ Wasserstoff anfallenden und unterirdisch gespeicherten CO 2 fällt Strukturkohlenstoff als Begleitprodukt an. Zudem benötigt die Methanpyrolyse nur 1/5 der Energie im Vergleich zur elektrolytischen Wasserstoffherstellung. Daher sollte dieser Technologiepfad weiterverfolgt und durch Forschungs- und Demonstrationsvorhaben intensiv begleitet werden. Langfristig sollte jegliche Technologie, die sich zur treibhausgasarmen Darstellung von Wasserstoff eignet, Berücksichtigung finden. Die großen künftig benötigten Wasserstoffmengen verbieten den Ausschluss geeigneter Technologien. Beispielsweise generiert die politisch gewollte künftige Umstellung heutiger auf Wasserstoff basierender Wertschöpfungsketten in der Chemieindustrie – neben den genannten Neuanwendungen für Wasserstoff – erhebliche Wasserstoffbedarfe.
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