Europäische Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität

Page 4

Europäische Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität

Klimaschutzziele müssen realistisch und berechenbar sein ▪

Der Anspruch der EU-Kommission, im Verkehr verschärfte Klimaschutzziele mithilfe der „Strategie für eine nachhaltige und intelligente Mobilität“ zu erreichen, setzt einen ganzheitlichen und sektorübergreifenden Ansatz für Klimaschutz und die Rahmenbedingungen für erforderliche Technologien, Infrastrukturen sowie Finanzmittel voraus. Dieser Rahmen soll nun aber erst im Verlauf der nächsten ein bis drei Jahre auf europäischer Ebene ausgehandelt werden. Fristen für nationale Umsetzungen gilt es zusätzlich einzurechnen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Federführung für zentrale Weichenstellungen wie Flottenregulierung, Emissionshandelssystem, Effort Sharing, Energiesteuerrichtlinie oder Erneuerbaren Energien-Richtline nicht bei der Generaldirektion Move sowie im Europäischen Parlament nicht beim Verkehrsausschuss und im Europäischen Rat nicht beim Verkehrsministerrat liegt. Damit wird das Ausrufen verschärfter Klimaschutzziele im Verkehr – insbesondere mit dem Zeithorizont bis 2030 – zu einer Gleichung mit vielen Unbekannten:

Es gibt noch keine gemeinschaftlich verabredeten Pfade für den Hochlauf der erforderlichen Technologien über alle Gremien der EU (KOM, Rat, EP) hinweg. Ebenso fehlt noch eine verbindliche Zustimmung der Mitgliedstaaten zu den enormen finanziellen Belastungen, die in den kommenden Jahren zu leisten sein werden.

Das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen beziffert die durchschnittlichen jährlichen Investitionen in Fahrzeuge, rollendes Material, Schiffe, Flugzeuge und den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe auf rund 492 Mrd. EUR im Zeitraum 2011-2020. Allein für das Basisszenario (d. h. ohne weitere Zielverschärfungen und zusätzliche Maßnahmen) werden diese jährlichen Investitionen voraussichtlich auf 611 Mrd. EUR pro Jahr im Zeitraum 2021-2030 ansteigen müssen. Für die Jahre nach 2030 bis 2050 schätzt die KOM die erforderlichen Investitionen auf rund 700 Mrd. Euro pro Jahr.

Um das Ziel der EU-Kommission, bis 2030 mindestens 30 Millionen emissionsfreie Pkw auf Europas Straßen zu erreichen, müsste der Bestand an Null-Emissions-Fahrzeugen von heute 600.000 um das 50-fache ansteigen.

Bei jährlichen Neuzulassungen von maximal 15 Mio. Fahrzeugen (Vorkrisenniveau 2018) in der Europäischen Union müsste bis 2030 jedes fünfte neu zugelassene Fahrzeug über einen elektrischen Antrieb verfügen. 80 Prozent der Elektrofahrzeuge wurden 2019 in sechs EUStaaten einschließlich dem Vereinigten Königreich verkauft, so dass sich die Zielerreichung vor allem auf Deutschland, Frankreich, Spanien, Niederlande und Schweden konzentrieren dürfte.

Zum Laden der Elektrofahrzeuge geht die EU-Kommission von 3 Millionen Ladepunkten bis 2030 aus. Zum Vergleich: 2019 gab es fast 200.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Diese Zahl müsste um den Faktor 15 zulegen, wobei rund 75 Prozent der öffentlichen Ladepunkte in vier EU-Staaten Deutschland, Niederlande, Frankreich und dem Vereinigten Königreich konzentriert sind.

Für Deutschland als dem fahrzeugstärksten EU-Land geht der BDI von sieben bis zehn Mio. E-Fahrzeugen bis 2030 im Bestand aus; bei weiterhin sehr ambitionierter Förderung der Elektromobilität. Gutachter im Auftrag des Bundesumweltministeriums und Bundeswirtschaftsministeriums prognostizieren Bestandszahlen am unteren Rand dieser Einschätzung. Eine

4


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.