Stellungnahme
Zum Vorschlag für eine „Verordnung über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor“ (Gesetz über digitale Märkte Digital Markets Act) COM (2020) 842 final
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Stand: 12.05.2021
Einleitung Der DMA-Entwurf beabsichtigt, den ex-post-Ansatz des Wettbewerbsregimes durch eine ex-ante-Regulierung für Gatekeeper zu ergänzen. Der BDI befürwortet das Ziel der Europäischen Kommission, einen ausgewogenen und effektiven Wettbewerb auf digitalen Plattformen zu gewährleisten. Die Grundsätze des freien und fairen Wettbewerbs dürfen auch auf digitalen Märkten nicht ausgehöhlt werden. Dabei erkennt der BDI ausdrücklich die Tatsache an, dass verschiedene Bedenken, die in der Konsultationsphase angebracht wurden, im aktuellen DMA Berücksichtigung gefunden haben, insbesondere die Forderung, die Regelungen auf „Gatekeeper“ auszurichten. Während wir generell ein harmonisiertes Rahmenwerk für notwendig halten, gibt es jedoch auch einige offene Fragen und Bedenken in Bezug auf einzelne Regelungen und Mechanismen des DMA und den damit verbundenen Konsequenzen. Diese werden nachfolgend näher erläutert.
Regulierungsbedarf Sowohl in den europäischen Institutionen als auch in Deutschland (und einigen anderen Mitgliedstaaten) hat sich die Meinung durchgesetzt, dass wettbewerbswidrige Praktiken großer Plattformen mit den bisher zur Verfügung stehenden wettbewerbsrechtlichen Mechanismen nur unzureichend adressiert werden – trotz zahlreicher prominenter kartellrechtlicher Verwaltungs- und Bußgeldverfahren gegen verschiedene Plattformunternehmen auf EU-Ebene und nationaler Ebene. Der BDI ist nach wie vor der Auffassung, dass die bestehenden Instrumente, die der Europäischen Kommission zur Verfügung stehen, bei einer zielgerichteten und effizienten Anwendung zu guten Ergebnissen führen können, um Wettbewerbsprobleme zu adressieren, die von sogenannten „Gatekeepern“ verursacht werden.1 Schließlich fußen die Verhaltensnormen des DMA auf vielen im Wettbewerbsrecht geführten einzelnen Verfahren der Missbrauchskontrolle. Allerdings wird auch erkannt, dass in einzelnen Fällen ein zusätzlicher, komplementärer Mechanismus, der ein schnelleres Vorgehen sowie eine höhere Durchschlagskraft vorsieht, zu einer effektiveren Adressierung von missbräuchlichen Verhaltensweisen von Gatekeepern beitragen kann. Die Kommission hat sich jetzt dafür entschieden, nicht nur das bestehende EU-Wettbewerbsrecht weiter anzupassen, sondern ein neues Instrument zu schaffen, das einem ex-ante Ansatz folgt und eher im Bereich des „unlauteren Wettbewerbs“ angesiedelt ist. Dabei ist der Ansatz richtig, die Plattformregulierung EU-weit zu regeln, da die Europäische Kommission am besten die Marktrealitäten digitaler Plattformmärkte (geographische Reichweite und Charakteristika, wie z. B. Größenvorteile, Netzwerkeffekte, weitestgehende Homogenität der Dienste innerhalb des EU-Raums) für den gesamten Binnenmarkt überblicken und einheitlich regeln kann. Der DMA-Vorschlag ist – neben dem Wettbewerbsrecht – als zusätzliches weitreichendes Instrument konzipiert, das eine regulatorische Aufsicht über bestimmte Marktteilnehmer einführen soll und – jedenfalls in der aktuellen weiten Ausgestaltung – nicht frei von Rechtsunsicherheit und unerwünschten Neben- und Ausstrahlungseffekten ist. Ohne weitere Modifizierungen könnten sich diese negativ und beschränkend auf die Bestrebungen und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer
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Bitkom, vertritt die Ansicht, dass das bestehende Wettbewerbsrecht sich als ineffektiv erwiesen hat, um die durch große und dominante Plattformen ausgelösten Probleme zu lösen (vgl. Bitkom- Stellungnahme „Digital Markets Act: Five Principles for a functioning Digital Economy and fair competition“ auf www.bitkom.org)
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Unternehmen im digitalen Bereich auswirken. In jedem Fall gilt es, Spillover-Effekte auf B2B-Plattformen und Industrieplattformen in Europa zu vermeiden. In Bezug auf die Regelungen des DMA ist ein zurückhaltender Ansatz zu empfehlen, der die Freiheit von Unternehmen, auch in neue Geschäftsfelder vorzustoßen, erhält und Innovationen nicht behindert. Eine überschießende Überregulierung kann den Anreiz für Unternehmen verringern, zu experimentieren, schnell auf neue Nutzeranforderungen zu reagieren und Innovationen hervorzubringen. Insofern muss jede Plattformregulierung ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Durchsetzungsinteressen und Innovation sicherstellen. Die Bestimmungen des DMA sollten daher unbedingt so zielgerichtet und begrenzt wie möglich sein. Dabei ist entscheidend, dass die Kriterien für die Bestimmung eines „Gatekeepers“ eindeutig definiert und auf sehr große, marktbeherrschende Unternehmen ausgerichtet sind. Gatekeeper-Definition Entscheidend für die effiziente Anwendung des DMA ist, dass der Prozess der Benennung von Gatekeepern auf der Grundlage objektiver und zielgenauer Kriterien erfolgt, damit eine Einordnung als Gatekeeper rechtssicher gelingt. Befürwortet wird, dass die Kriterien für die Definition eines „Gatekeepers” grundsätzlich an Anbieter digitaler Dienstleistungen mit einer Ausrichtung auf Verbraucher gerichtet sind. Allerdings sollte eine Klarstellung im DMA vorgenommen werden, dass sich das Kriterium von 45 Millionen aktiven Endnutzern pro Monat ausschließlich auf direkte Endnutzer des „Core Platform Service” (zentraler Plattformdienst) bezieht und nicht auf „indirekte” Endnutzer, die nicht Kunden des „Gatekeepers“ selbst sind, sondern Kunden von Geschäftskunden („Business User“) des „Gatekeepers“. Ohne diese Klarstellung würde die derzeitige Definition des „Gatekeepers“ zu Rechtsunsicherheit führen und könnte schädliche Neben- und Ausstrahlungseffekte haben. Auch stellen sich Fragen zur Definition der „aktiven Endnutzer“. So kann die Überlegung, wann ein Endnutzer einen Plattformdienst „aktiv“ nutzt, höchst unterschiedlich ausfallen, je nach dem um welche Art von Plattformdienst es sich handelt. Ist der Nutzer eines sozialen Netzwerkes nur aktiv, wenn er sich auf der entsprechenden Plattform angemeldet hat und eingeloggt ist? Muss der Nutzer eines Online-Vermittlungsdienstes eine Ware oder Dienstleistung bestellen, um als „aktiv“ zu gelten oder reicht bereits die bloße Recherche aus? Die Kommission hat vorgesehen, zur Bestimmung der quantitativen Schwellenwerte delegierte Rechtsakte zu erlassen, in denen diese Fragen womöglich geklärt werden könnten. Dies ist aus unserer Sicht jedoch nicht ausreichend. Denn die Definition der „monatlich
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aktiven Endnutzer“ ist nicht nur eine methodologische Frage, sondern beinhaltet wichtige konzeptionelle Überlegungen, die in dem zugrundeliegenden Rechtsakt selbst geregelt werden müssen. Den Begriff des „wichtigen Zugangstors“ in Art. 3 Abs. 1 b, Abs. 2 DMA verstehen wir dahingehend, dass die beiden geforderten Zahlen kumulativ im letzten Geschäftsjahr erfüllt sein müssen. Dennoch fragen wir uns nach der dahinter stehenden Ratio, denn 10.000 aktive geschäftliche Nutzer jährlich scheinen im Verhältnis zu 45 Millionen monatlich aktiven EU-Endnutzern eine relative geringe Kennzahl darzustellen. In jedem Fall muss bei der Festlegung der Schwellenwerte vermieden werden, dass kleinere Plattformen einbezogen werden, die nur Nischenbereiche bzw. bestimmte Branchen bedienen oder spezifische Industrieplattformen, die aufgrund ihres hohen Grades an Spezialisierung anderen Marktrealitäten unterliegen als die branchenübergreifenden Plattformanbieter. Dies wird zwar prinzipiell durch die Wahl der Schwellenwerte (45 Millionen aktiven Endnutzern pro Monat; Umsatz iHv EUR 6,5 Milliarden) intendiert; dennoch sollte eine Erhöhung beider Schwellenwerte erwogen werden, um sog. Fehler 1. Art (type 1 error) bzw. Überregulierung zu verhindern. Es sollte noch einmal überprüft werden, ob Umsatzzahlen (Art. 3 Abs. 2 a DMA) generell die richtige Basis für quantitative Schwellenwerte sind. 2 Das EU-Wettbewerbsrecht stützt sich für die Beurteilung von Marktmacht in erster Linie auf Marktanteile in einem bestimmten Markt. Die Umsatzzahlen im DMA beziehen sich auf den Gesamtumsatz des Unternehmens. Daher sehen einige Unternehmen die Gefahr, in den Anwendungsbereich des DMA zu fallen, obwohl sie nicht primär im Plattformgeschäft tätig sind, sondern Plattformen in bestimmten Nischenmärkten bzw. bestimmten Branchen betreiben. Dies gilt umso mehr, da bezüglich der anderen quantitativen Schwellenwerte in Art. 3 Abs. 2 DMA, insbesondere bezüglich der Bestimmung der Nutzerzahlen, große Unklarheit besteht, wie bereits dargestellt. Traditionelle Unternehmen, die ihren Hauptumsatz in nicht-digitalen Märkten erzielen, könnten gegenüber reinen Plattformanbietern benachteiligt sein. Die Umsatzschwelle von EUR 6,5 Milliarden (Art. 3 Abs. 2 a DMA) sollte in jedem Fall weiter heraufgesetzt werden. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen schlägt zudem vor, diese Umsatzschwelle ausschließlich auf Umsätze im Zusammenhang mit (digitalen) „Gatekeeper“-Aktivitäten zu beziehen, damit nicht auch
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Bitkom befürwortet die vorgeschlagenen Schwellenwerte grundsätzlich.
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Unternehmen von der Umsatzschwelle erfasst werden, die nur einen sehr begrenzten Umsatz mit digitalen Aktivitäten tätigen, aber aufgrund anderer Aktivitäten dennoch einen Umsatz von mehr als EUR 6,5 Milliarden pro Jahr erzielen. Auch sollte überprüft werden, ob es angemessen ist, die durchschnittliche Marktkapitalisierung als Kriterium heranzuziehen (Art. 3 Abs. 2a DMA), um eine erhebliche Auswirkung eines Unternehmens auf den Binnenmarkt zu bestimmen. Dieses Kriterium ist kritisch zu sehen, da es nicht konkret genug ist. Unnötige Rechtsunsicherheit könnte die Folge sein. Wichtig ist aber in jedem Fall, dass die Kriterien, wie bereits im Entwurf angelegt, nicht isoliert betrachtet werden sollten, sondern diese kumulativ erfüllt sein müssen, damit ein Gatekeeper-Status vorliegt. Darin liegt schon ein gewisses Korrektiv. Bei der Beurteilung des Einflusses eines Unternehmens auf den Markt werden andere wichtigere Indikatoren nicht berücksichtigt, wie beispielsweise die Anzahl der alternativen Anbieter ähnlicher Plattformdienste, anhand derer die (fehlende) Abhängigkeit der Kunden eines bestimmten Plattformdienstes beurteilt werden könnte. In jedem Fall ist bei der Benennung eines Gatekeepers darauf zu achten, ein zügiges und praktikables Verfahren zu gewährleisten, welches dem DMA – in seiner (komplementären) Wirkung (zum Kartellrecht) – zu einer eigenen Durchschlagkraft verhilft. Keine Anwendung auf B2B- und Industrieplattformen Die EU-Kommission sollte bei der Regulierung digitaler Plattformen den Mehrwert, den insbesondere B2B-oder Industrieplattformen für die Zukunftsfähigkeit des Industriestandorts Europa bieten, nicht außer Acht lassen. Aufbauend auf den strukturellen Unterschieden zwischen B2C- und reinen B2B- bzw. Industrieplattformen sollten letztere daher explizit von der Plattformregulierung ausgenommen werden, wenn sie ausschließlich als B2B-Plattformen agieren.3 Ansonsten besteht
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Das ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien hat im Auftrag des BDI in der Studie „Industrielle Digitalwirtschaft – B2B-Plattformen” eine Analyse in B2B-Plattformmärkten durchgeführt und festgestellt, dass im Bereich der B2B-Plattformen eine monopolähnliche Stellung einzelner Plattformen weder bei Marktplätzen noch bei “Industrial Internet of Things”-, Logistik-, Supply-Chain-Management- oder Vernetzungsplattformen zu beobachten ist (2020. Industrielle Digitalwirtschaft – B2B-Plattformen. URL:
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die Gefahr, dass die jungen europäischen Industrieplattformen von vornherein in ihrer Dynamik abgewürgt werden. Diese haben aber weder die
https://bdi.eu/publikation/news/industrielle-digitalwirtschaft-b2b-plattformen/). che Ergebnisse der Studie sind die Folgenden: ▪
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Wesentli-
B2B-Plattformen sind im Gegensatz zu B2C-Plattformen viel stärker spezialisiert. Während es sowohl sektorübergreifende Marktplätze als auch B2B-Logistikplattformen und “Industrial Internet of Things”-Plattformen gibt, betreiben Unternehmen in all diesen Branchen auch jeweils Plattformen, die die spezifischen Bedarfe einer Branche abbilden. Beispielhaft seien Marktplätze genannt: Neben allgemeinen Marktplätzen für B2B-Bedarfe betreiben zahlreiche Unternehmen hochgradig spezialisierte Marktplätze und E-Commerce-Plattformen, z. B. für Chemikalien, Metalle und Mode. Diese hochgradig sektorspezifischen Angebote bilden die Wertschöpfungsprozesse der Branche sowie die speziellen Sicherheitsanforderungen, die bei Verkauf und Lieferung zu beachten sind, ab. Durch den hohen Spezialisierungsgrad von Industrieplattformen ist auch die Skalierbarkeit eingeschränkt und die Netzwerkeffekte weniger stark ausgeprägt als bei klassischen Verbraucherplattformen. Auf B2B-Plattformen begegnen sich im Hinblick auf Organisation und Professionalität vergleichsweise symmetrische Firmen auf Augenhöhe. B2B-Plattformen haben nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie Prozesse in Unternehmen effizienter machen, deren Umsatz steigern oder neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Dies erfordert zumeist einen hohen Grad an Serviceorientierung und damit verbunden hohe Investitionsaufwände für jeden neu gewonnen Plattformnutzer. Dieser Faktor steht einer starken, automatisierten Skalierung, wie sie bei standardisierten Angeboten auf B2C-Plattformen üblich sind, im Wege. Große Plattformnutzer sind oft umsatzstärker als der eigentliche Plattformbetreiber und in manchen Fällen sogar (potenzielle) zukünftige Konkurrenten. Dadurch haben einzelne gewerbliche Nutzer solcher Plattformen ein stärkeres Verhandlungsgewicht, das zu kundenindividuellen Lösungen und hohen Investitionen in die Plattforminfrastruktur führt. Auch bei der Nutzung der auf der Plattform generierten, respektiv über die Plattform ausgetauschten Daten, gibt es signifikante Unterschiede zwischen B2B- und B2C-Plattformen. B2BPlattformbetreiber stellen aktuell eine wertschöpfende, neutrale Infrastruktur für das Speichern, Teilen und kollaborative Nutzen von Daten zur Verfügung. In den betrachteten Fallbeispielen findet kein Zugriff auf gespeicherte Daten, Dateien oder Informationen durch die Betreiber statt. Zudem treffen Betreiber und Nutzer digitaler B2B-Plattformen bilaterale Vereinbarungen, in denen Nutzungsmöglichkeiten für die Daten verbindlich und spezifisch definiert sind. Dadurch wird bereits vor Nutzung der Plattform genau geregelt, zu welchen Zwecken Plattformbetreiber die Daten ihrer Nutzer verwenden dürfen. Dies stärkt das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Vertragsseiten. Betreiber von B2B-Plattformen agieren zudem in einem hochgradig kompetitiven Marktumfeld. Obwohl der Markt für allgemeine „Industrial Internet of Things”-Plattformen sowohl technisch als auch im Hinblick auf die Adaption durch Nutzer noch in einer frühen Phase der Entwicklung steht, gibt es bereits ein breites internationales Feld von Wettbewerbern, die aus unterschiedlichen Branchen heraus eigene Ansätze verfolgen. Es ist somit aktuell ein intensiver Wettbewerb in einer noch relativ frühen Marktphase zu konstatieren. Dieser Wettbewerb sollte nicht durch innovationshemmende Regulierungen geschwächt, sondern vielmehr durch eine kluge Standortpolitik gefördert werden. Während B2C-Plattformen, wie allgemeine B2C-Marktplätze, Buchungsplattformen und Soziale Netzwerke vielfach hohe Gewinne erwirtschaften, sind digitale B2B-Plattformen vielfach noch längst nicht rentabel: Zwar erwirtschaften etwa 60 Prozent eine deutlich positive Rentabilität – hier übersteigen die zusätzlichen Umsätze die hinzukommenden Kosten um mehr als zehn Prozent. 31 Prozent der Unternehmen haben allerdings Kosten zu tragen, die deutlich – also mindestens um zehn Prozent – über den zusätzlich erzielten Umsätzen liegen. Daher rechnen sich im Durchschnitt B2B-Plattformen noch nicht für die sie betreibenden Unternehmen. Vielmehr betreiben Unternehmen, vom Start-up über KMU bis hin zu international tätigen Industrie- und Softwarekonzernen, digitale B2B-Plattformen, um digitale Mehrwertangebote ihren Kunden unterbreiten zu können und so die wertschöpfende Kundenbindung zu erhöhen.
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Skalierungsmöglichkeiten noch die Marktmacht großer B2C-Plattformen und sollten weiter wachsen können. 90 Prozent der 10.000 Plattformen auf EU-Ebene sind im Übrigen KMU. Bei einer Anwendung des DMA auf B2B-Plattformgeschäfte kann der DMA auch negative Auswirkungen auf GAIA-X haben. GAIA-X beabsichtigt, eine unabhängige und dezentrale Cloud-Infrastruktur in der EU aufzubauen, die z. B. CloudComputing-Dienste anbietet. Insofern besteht das Risiko, dass die EU-Kommission ein Projekt reguliert, das noch sehr jung und noch nicht am Markt etabliert ist. Es sollte in jedem Fall eine Klarstellung erfolgen, dass der DMA auf reine B2B- oder Industrieplattformen keine Anwendung findet. Unsicherheit bei der Einordnung als zukünftige „Gatekeeper” Sobald die Kriterien in Art. 3 DMA-Entwurf erfüllt sind, wird vermutet, dass ein Unternehmen ein „Gatekeeper” ist, und es tritt eine Beweislastumkehr ein. Unternehmen müssen eine Selbsteinschätzung durchführen und der EU-Kommission die erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen. Ein Unternehmen, dass diese Kriterien erfüllt, kann die Vermutung, dass es ein „Gatekeeper“ ist, nur durch eine substantiierte Vorlage von Fakten widerlegen. Für ein solches Unternehmen kann es eine Phase der Ungewissheit geben, da in diesem Fall eine Marktuntersuchung durchgeführt werden muss, selbst wenn das Unternehmen Beweise dafür erbringt, dass es kein „Gatekeeper“ ist. Nach dem DMA-Vorschlag ist die EU-Kommission lediglich „bemüht“, die Marktuntersuchung innerhalb von fünf Monaten zum Abschluss zu bringen. Problematisch ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass es selbst für Unternehmen, die die Schwellenwerte des Art. 3 DMA nicht erfüllen, keine Gewissheit gibt. Die EU-Kommission kann für jeden Betreiber eines zentralen Plattformdienstes eine Marktuntersuchung durchführen und den Betreiber als Ergebnis dieser Untersuchung als „Gatekeeper“ deklarieren (Art. 15 Abs. 1 DMA). Darüber hinaus kann die EU-Kommission einen Anbieter von zentralen Plattformdiensten sogar dann als „Gatekeeper” benennen, wenn dieser noch keine fest verankerte und dauerhafte Position bei seinen Tätigkeiten hat, es aber absehbar ist, dass er eine solche Position in naher Zukunft einnehmen wird (Art. 3 Abs. 6 i.V.m. Art. 15 Abs. 3 DMA, Erwägungsgrund 26). Dies kann zu einer erheblichen Unsicherheit für Unternehmen führen und könnte unter anderem Investitionen in (wachsende) Plattformen verhindern, da für die Investoren bzw. das investierende Unternehmen unklar ist, ob und wann es den Verpflichtungen des DMA-Entwurfs unterworfen wird.
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Um diesen negativen Effekt zu vermeiden ist aus unserer Sicht wichtig, den DMAVorschlag dahingehend zu ändern, dass nur quantitative Kriterien, wie in Art. 3 Abs. 2 DMA definiert, verwendet werden, um mögliche „Gatekeeper” zu bestimmen und dass ein Unternehmen nur dann als „Gatekeeper“ definiert werden kann, wenn es diese Kriterien erfüllt.4 Die EU-Kommission sollte auf qualitative Kriterien verzichten, um die Rechtssicherheit zu erhöhen und Anfälligkeiten für politische Einflussnahmen zu verringern. Die Möglichkeit, Unternehmen nach Art. 3 Abs. 6 i. V. m. Art. 15 Abs. 4 DMA auch dann im Rahmen einer Marktuntersuchung als Gatekeeper zu benennen, wenn die quantitativen Schwellenwerte nicht erfüllt sind, könnte die quantitativen Schwellenwerte im Nachhinein wieder in Frage und deren Sinnhaftigkeit zur Disposition stellen. Falls die Möglichkeit, einen „Gatekeeper” auch über qualitative Kriterien zu bestimmen, Bestandteil des DMA bleiben sollte, sollten diese qualitativen Kriterien zumindest voraussetzen, dass die Definition des „Gatekeepers“ auf sehr große, marktbeherrschende Unternehmen, d. h. Unternehmen mit „überragender marktübergreifender Bedeutung“, beschränkt ist. Denn es ist nicht Aufgabe von Behörden, generell den Leistungswettbewerb von erfolgreichen Unternehmen und damit deren internes Wachstum zu begrenzen. Dies würde auch dem Ansatz des – durch diese Verordnung unberührten – Wettbewerbsrechts diametral entgegenlaufen. Im Wettbewerbsrecht kommt eine Beschränkung des Leistungswettbewerbs nur in Betracht, wenn ein Unternehmen über eine kritische Marktmacht verfügt und diese missbraucht. In jedem Fall sollte die Kommission die Voraussetzungen der qualitativen Kriterien für die Zwecke der Bestimmung weiterer Gatekeeper detailliert im DMA festlegen, um Rechtsklarheit für den potenziellen Adressatenkreis zu schaffen. Keinesfalls dürfen B2B-Plattformen und Industrieplattformen auf dem Umweg der qualitativen Kriterien in den Anwendungsbereich fallen. Immerhin beabsichtigt die Kommission im DMA, den Verpflichtungen von potenziellen Gatekeepern im Verhältnis zu etablierten Gatekeepern gewisse Grenzen zu setzen. Nach Art. 15 Abs. 4 DMA erklärt die EU-Kommission nur die in Art. 5 b) und Art. 6 Abs. 1 e), f), h) und i) festgelegten Pflichten für den entstehenden Gatekeeper für anwendbar. Warum die EU-Kommission diese Regelungen und nicht andere gewählt hat, wird nicht recht plausibel. So wird z. B. Art. 6 Abs. 1 a) (Nutzung von Wettbewerberdaten) nicht erwähnt. Dies steht im Widerspruch zur Praxis des deutschen Bundeskartellamtes, das für alle Arten von Plattformen unabhängig
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Bitkom ist der Ansicht, dass auch qualitative Kriterien richtig sind, da Anbieter unterhalb der quantitativen Schwellenwerte genauso gut einen signifikanten Einfluss auf den Binnenmarkt haben können und somit als Gatekeeper in Frage kommen.
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von etwaigen Marktanteilen verlangt, dass die Plattform so abgetrennt wird, dass Wettbewerberdaten nicht genutzt werden können. Auch bleibt völlig offen, ab wann diese eingeschränkten Pflichten Geltung entfalten sollen. Notwendige Präzisierung der zentralen Plattformdienste Die Anknüpfung an die jeweiligen Dienste schließt nicht aus, dass der DMA auch Unternehmen der „Old Economy“ betrifft, sofern sie digitale Angebote in ihrem Portfolio haben, die in den Katalog der zentralen Plattformdienste fallen. Hier ist Vorsicht geboten. Sobald ein Unternehmen durch die EU-Kommission als „Gatekeeper“ definiert wurde, sollte die Behörde im Anschluss festlegen, welche der Dienstleistungen, die das betroffene Unternehmen anbietet, als sogenannte „zentrale Plattformdienste“ angesehen werden und damit den Verpflichtungen in Art. 5 und 6 DMA unterliegen. Keinesfalls sollte die bloße Definition als „Gatekeeper“ dazu führen, dass auf alle von Unternehmen erbrachten Dienstleistungen Art. 5 und 6 DMA Anwendung finden. Diese Einschränkung gilt insbesondere für B2B- und Industrieplattformen, bei denen Spillover-Effekte zu vermeiden sind. Verpflichtungen nach Art. 5 und 6 DMA maßschneidern – Kein „onesize-fits-all“-Ansatz In Bezug auf die Verpflichtungen, die „Gatekeeper” nach Art. 5 and 6 DMA befolgen müssen, erscheint es nicht verhältnismäßig, allen „Gatekeepern” die gleichen Verpflichtungen unabhängig davon aufzuerlegen, ob es sich um sehr große Plattformanbieter handelt oder um Unternehmen, die die Voraussetzungen in Art. 3 DMA gerade so erfüllen bzw. nur über „qualitative“ Kriterien als Gatekeeper identifiziert worden sind. Die Tatsache, dass alle Verpflichtungen automatisch und vollumfänglich Anwendung finden, sobald ein Unternehmen als „Gatekeeper” definiert wurde, unabhängig von seiner Marktposition, Größe und seinem Geschäftsmodell, scheint nicht verhältnismäßig, da es erhebliche Unterschiede zwischen Unternehmen geben kann, die unter die Definition fallen. Es sollte keinen „one-size-fits-all“Ansatz geben. Dies gilt umso mehr, da das betroffene Unternehmen nach dem bisherigen Vorschlag kaum eine Möglichkeit hat, sein Verhalten zu rechtfertigen oder eine Effizienzeinrede vorzubringen. Ohne eine Differenzierung zwischen Geschäftsmodellen und Märkten könnte dieser Ansatz zu unbeabsichtigten, unverhältnismäßigen und innovationsfeindlichen Konsequenzen führen. Eine Lösung könnten einerseits übergeordnete allgemeine generelle Verpflichtungen und andererseits maßgeschneiderte Verpflichtungspakete für jeden ausgewiesenen „zentralen
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Plattformdienst“ sein. Dies würde das Risiko unbeabsichtigter Nebenwirkungen verringern und die Verpflichtungen wirksamer machen. Vor dem Hintergrund der meist technisch komplexen Sachverhalte im digitalen Plattform-Sektor wird auch empfohlen, dass die Regelungen unter Art. 5 noch präziser definiert werden sollten (begleitet von geeigneten Guidelines), um Rechtssicherheit, Schnelligkeit, die nötige Flexibilität, und letztlich die Effektivität des DMAs zu garantieren. Es sollte auch überlegt werden, ggf. mehr Verpflichtungen von der „black list“ des Art. 5 in die „grey list“ des Art. 6 DMA zu verschieben, da in Art. 6 besondere Umstände berücksichtigt werden können. Art. 6 DMA ist der bevorzugte Anwendungsmodus, da die Kommission den Unternehmen spezielle Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen und damit Hilfestellungen an die Hand geben kann (Art. 7 Abs. 2 DMA). Für den Fall, dass die Erfüllung jeglicher Verpflichtungen dennoch für alle „Gatekeeper“ allgemein gelten sollte, sollte es auf Wunsch und Veranlassung des „Gatekeepers“ die Möglichkeit eines frühzeitigen partizipativen Dialogs mit der EU-Kommission nicht nur für Art. 6 DMA, sondern auch für Art. 5 DMA geben. In einem solchen Dialog könnte festgelegt werden, wie das betroffene Unternehmen die Verpflichtungen in der Praxis erfüllen kann. Hierdurch könnten größere Rechtssicherheit sowie mehr Flexibilität bei der Anwendung in der Praxis erreicht werden. Details zu Art. 5 und 6 DMA Gemäß Artikel 6 Abs. 1 c DMA muss ein Gatekeeper die Installation und effektive Nutzung von Software-Anwendungen Dritter und von Dritten betriebenen Stores für Software-Anwendungen ermöglichen. Der Gatekeeper darf angemessene Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Softwareanwendungen oder Softwareanwendungsspeicher von Dritten die Integrität der vom Gatekeeper bereitgestellten Hardware oder des Betriebssystems nicht gefährden. Es ist unklar, was „angemessene Maßnahmen“ sind und was mit „Integrität“ im Einzelnen gemeint ist. Darüber hinaus sollte es dem Gatekeeper auch erlaubt sein, eigene Software-Anwendungen oder Software-Anwendungen Dritter, die über den Software Application Store des Gatekeepers erworben wurden, vor maliziöser Software oder etwaigen IP-Verletzungen zu schützen. Solche Schutzmaßnahmen würden auch dem geschäftlichen Nutzer und dem Endnutzer zugutekommen. Art. 5 f DMA sieht ein Bündelungsverbot zwischen zwei oder mehreren Gatekeeper-Diensten oder einem Gatekeeper-Dienst und einem zentralen Plattformdienst, der zumindest als „wichtiges Zugangstor“ gem. Art. 3 Abs. 1 b DMA angesehen werden kann, vor. Es sollte überlegt werden, das Verbot des Art. 5 f DMA zumindest bei den Gatekeepern, die nach Art. 3 Abs. 2 DMA auf der Grundlage
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quantitativer Schwellenwerte bestimmt worden sind, auf alle zentralen Plattformdienste, unabhängig davon, ob sie ein „wichtiges Zugangstor“ darstellen, auszudehnen. Gemäß Artikel 6 Abs. 1 f muss der Gatekeeper Geschäftsnutzern und Anbietern von Nebendienstleistungen den Zugang zu und die Interoperabilität mit denselben Betriebssystem-, Hardware- oder Softwarefunktionen ermöglichen, die bei der Bereitstellung von Nebendienstleistungen durch den Gatekeeper verfügbar sind oder verwendet werden. In solchen Fällen können die Dienste Dritter die Sicherheit des Betriebssystems, der Hardware oder der Software des Gatekeepers gefährden. Daher sollte Art. 6 Abs. 1 f DMA die gleiche Ausnahme für Schutzmaßnahmen haben wie Art. 6 Abs. 1 c DMA, um die technische Funktionalität und Sicherheit zu gewährleisten. Gemäß Artikel 6 Abs. 1 k haben Gatekeeper die Verpflichtung zu FRAND-Bedingungen Zugang zu App-Stores zu gewähren. Es sollte überlegt werden, diese Verpflichtung zu FRAND-Bedingungen zumindest bei den Gatekeepern, die nach Art. 3 Abs. 2 DMA auf der Grundlage quantitativer Schwellenwerte bestimmt worden sind, auf alle vertraglichen Beziehungen mit abhängigen Unternehmen auszudehnen, um hier allgemein Fairness im Markt herzustellen. Art. 6 Abs. 1 i DMA fordert einen kontinuierlichen und Echtzeit-Zugang zu Daten für die Geschäftsnutzer und Endnutzer. In Anbetracht der Tatsache, dass die Bereitstellung eines kontinuierlichen und Echtzeit-Zugriffs auf Daten kostspielig und technisch komplex sein kann und der geschäftliche Nutzer und/oder Endnutzer weder ein Recht noch ein Interesse am Zugriff auf alle Arten von Daten hat, ist es aus unserer Sicht sinnvoll, den Zugriff auf Daten differenzierter und vor allem eindeutig zu regeln. Jeglicher Zugangsanspruch sollte sich nur auf „Rohdaten“ beziehen, um ein unerwünschtes Trittbrettfahren bezüglich der vom Gatekeeper geleisteten additiven Wertschöpfung zu verhindern. Es ist auch eine Vergütungspflicht nach FRAND-Konditionen vorzusehen. Weiter ist sicherzustellen, dass der Gatekeeper nur Daten herausgeben kann, über die er frei verfügen kann. Rechtfertigung/Effizienzen Angesichts des sehr weiten Anwendungsbereichs des DMA und der unterschiedslos auf alle Gatekeeper unabhängig von ihrem Geschäftsmodell geltenden Verbote und Gebote sollten Überlegungen angestellt werden, wie ein Gatekeeper die wettbewerbsfördernde Wirkung eines Dienstes darlegen und die EU-Kommission diese berücksichtigen kann und unter welchen Umständen ein Dienst möglicherweise nicht dem DMA unterliegt. Jede Verbotsliste sollte daher von einer Unterkategorie
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von Verpflichtungen begleitet werden, die auch Effizienzerwägungen beinhalten. Der DMA sollte es Gatekeepern erlauben, in bestimmten Fällen eine „Effizienzeinrede“ geltend zu machen, um einer Anwendung des DMA auf deren Geschäft zu widersprechen. Die Unternehmen sollten argumentieren können, dass eine Verpflichtung im konkreten Fall zu einem Effizienzverlust führen würde, welcher die negativen Auswirkungen, z. B. in Bezug auf die Bestreitbarkeit der Märkte, überwiegen würde. Es sollten zudem weitere Rechtfertigungsmöglichkeiten bestehen, zum Beispiel zum Schutz der Sicherheit oder Integrität der Plattform. Die bestehenden Möglichkeiten für eine Aussetzungsentscheidung oder eine Freistellung in den Artikeln 8 und 9 des Vorschlags sind zu eng gefasst. Insbesondere der Begriff der öffentlichen Sittlichkeit in Artikel 9 DMA schafft aufgrund fehlender klarer Definitionen Rechtsunsicherheit und erscheint im Zusammenhang mit den Regelungsgegenständen wenig passend. Erwägungsgrund 60 bleibt hier zu vage. Die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen wettbewerbsfördernden und wettbewerbsschädigenden Auswirkungen ist generell eine Kernaufgabe von Wettbewerbsbehörden bei der Bewertung unternehmerischer Verhaltensweisen. Ein Beispiel: In der gerade eingeführten deutschen Plattformregulierung für Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung im Kartellrecht (§ 19a Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, GWB) können die ggf. untersagten Verhaltensweisen ebenfalls sachlich gerechtfertigt werden, auch wenn für das Vorliegen einer möglichen sachlichen Rechtfertigung der Verhaltensweisen die Darlegungs- und Beweislast dem Normadressaten obliegt. Damit besteht weiterhin die Möglichkeit, zu begründen, warum ein bestimmtes Verhalten aus wettbewerbsfördernden Gründen erforderlich ist (ähnlich wie in Art. 101 Abs. 3 AEUV). Ein ähnlicher Schritt sollte für den DMA entwickelt werden, um sicherzustellen, dass Innovationen, die auf Plattformen entwickelt werden und zum Einsatz kommen, weiterhin einen Platz in Europa haben. Auch das im Auftrag des Joint Research Centres in Auftrag gegebene Gutachten mehrerer namhafter Ökonomen hatte vorgeschlagen, zwischen einer für alle geltenden „black list“ und einer „grey list“ zu unterscheiden, und den Gatekeepern die Möglichkeit einzuräumen, bezüglich der Verpflichtungen der „grey list“ konkrete Effizienzeinreden vorbringen zu können, für die sie beweispflichtig sind.5
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Cabral, L., Haucap, J., Parker, G., Petropoulos, G., Valletti, T. and Van Alstyne, M., The EU Digital Markets Act, Publications Office of the European Union, Luxembourg, 2021,
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Hilfsweise wäre zu überlegen, die Verpflichtungen in Art. 5 und 6 DMA noch mehr auf die einzelnen zentralen Plattformdienste hin maßzuschneidern, um etwaige Effizienzvorteile gleichzeitig mitabzubilden. Das heißt, die Verbote und Gebote sollten noch besser auf die Verhaltensweisen zugeschnitten werden, die allein wettbewerbswidrige Effekte haben und nicht gleichzeitig auch wettbewerbsfördernd sein können. Marktuntersuchung Der BDI erkennt an, dass die EU-Kommission die im letzten Jahr vorgetragenen massiven rechts- und wettbewerbspolitischen Bedenken zum Marktuntersuchungsinstrument, wie es vom New Competition Tool vorgesehen war, berücksichtigt hat, und dieses nicht in der ursprünglich avisierten Form umgesetzt werden soll. An dem begrenzten Umfang des Marktuntersuchungsinstruments sollte nicht zuletzt aufgrund der gewählten Rechtsgrundlage (Art. 114 AEUV) festgehalten werden. Die Diskussion um die Errichtung eines Binnenmarktinformations-Instruments (SMIT) vor einigen Jahren hat die Schwächen der Rechtsgrundlage in Verbindung mit den zwingend erforderlichen Informations- und Auskunftspflichten für die Unternehmen zur „Identifizierung“ von Risiken gezeigt. Letztlich ist das Instrument hieran gescheitert. Der Umfang des Instruments der Marktuntersuchung im DMA gewährt der EUKommission allerdings immer noch weitreichende Kompetenzen. Im besten Fall kann dies die Entscheidungsgrundlage der EU-Kommission bei komplexen Sachverhalten verbessern, im schlechtesten Fall zu überbordenden Entscheidungen führen, die zu viele Unternehmen als Gatekeeper identifizieren (vgl. oben Ausführungen zu B2B- und Industrieplattformen). Die EU-Kommission kann dieses Instrument dazu verwenden, Plattformanbieter als „Gatekeeper” zu definieren, auch wenn diese die Schwellenwerte in Art. 3 DMA nicht erfüllen (Art. 15 DMA). Weiterhin kann die EU-Kommission neue zentrale Plattformdienste definieren, die über Art. 2 DMA hinausgehen und auch die Liste von Verpflichtungen für „Gatekeeper“ letztlich durch „delegierte Rechtsakte“ (Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 17 DMA) erweitern. Dies gibt der EU-Kommission die Möglichkeit, den Geltungsbereich des DMA nach eigenem Ermessen und möglicherweise in einem politischen Kontext erheblich zu erweitern. Derzeit ist der Ermessensspielraum der Kommission noch
ISBN 978-92-76-29788-8 (online), doi:10.2760/139337 (online), JRC122910. (https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC122910)
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zu weitgehend. Dieser sollte weiter konkretisiert werden. Es ist auch zu beachten, dass mit einem delegierten Rechtsakt keine wesentlichen Elemente eines bestehenden Gesetzes geändert werden können (Art. 290 Abs. 1 AEUV). So erscheint es schon problematisch, wenn die Kommission neue Verpflichtungen und per se-Verbote per delegiertem Rechtsakt für alle Gatekeeper einführen kann, nur weil sie ein „Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der gewerblichen Nutzer“ verbunden mit einem „unverhältnismäßigen Vorteil“ des Gatekeepers wahrnimmt (Art. 10 DMA). Die Unsicherheit, die sich für Unternehmen aus den Regelungen des DMA in Bezug auf die Ergebnisse einer Marktuntersuchung ergibt, steht in einem Spannungsverhältnis zu den Zielen des DMA, Innovation, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in der digitalen Wirtschaft zu fördern. Rechtsunsicherheiten sollten vermindert werden, damit die Marktuntersuchung zu einem effizienten Instrumentarium wird, um die dynamischen Entwicklungen in Plattformmärkten zeitnah zu berücksichtigen. Abhilfemaßnahmen Nach Art. 16 Abs. 1 DMA ist die EU-Kommission berechtigt, dem Gatekeeper alle Abhilfemaßnahmen, ob verhaltensbezogener oder struktureller Art, aufzuerlegen, wenn sie eine systematische Nichteinhaltung einer oder mehrerer der in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtungen feststellen kann. Strukturelle Abhilfemaßnahmen umfassen die rechtliche, funktionale oder strukturelle Trennung, einschließlich der Veräußerung eines Geschäfts oder von Teilen davon (Erwägungsgrund 64). Sie dienen als „ultima ratio“ und sind gem. Art. 16 Abs. 2 DMA dann anzuwenden, wenn weniger invasive verhaltensbezogene Maßnahmen unwirksam wären oder noch weitergehende Lasten für die Gatekeeper implizieren würden. Strukturelle Maßnahmen bei systematischer Nichterfüllung (bei drei missachteten Beschlüssen innerhalb von fünf Jahren) sollten gründlich geprüft werden. Anders als im Kartellrecht, bei dem solche Maßnahmen an (etablierte) Schadenstheorien anknüpfen, betritt der DMA hier Neuland. Auch sollten Unterschiede in ihren Auswirkungen im Vergleich zu traditionellen Märkten untersucht werden. Die Sonderberater der GD Wettbewerb, die Professoren Crémer, Schweitzer und de Montjoye, erteilen in ihrem Bericht „Wettbewerbspolitik im digitalen Zeitalter“ vom April 2019 der Möglichkeit für eine generelle Entflechtung von Plattformen eine Absage: „When it comes to digital platforms, it is less clear that the balance of costs and benefits argues for some version of unbundling of vertically integrated platforms. When compared to the traditional infrastructures (e.g. rail, energy networks),
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platforms differ as aspects of infrastructure provision and service provision may be mixed. While there may be cases in which full platform unbundling is called for, this remedy should not be the generalised answer to the finding of an abusive selfpreferencing. Less restrictive ways to effectively preclude self-preferencing may exist.“6 Die Option struktureller Maßnahmen könnte die Befugnisse der Kommission für ein „Market by Design“ darüber hinaus extrem ausweiten. Ausgelöst werden Abhilfemaßnahmen durch das dreifache Nichteinhalten von Verpflichtungen in Art. 5 und 6 DMA, dokumentiert durch Beschlüsse der Kommission, und die Stärkung oder Ausweitung der Gatekeeper-Position (Art. 16 Abs. 1 DMA). Sie sind darauf ausgerichtet, die „Einhaltung der Vorgaben dieser Verordnung“ zu gewährleisten. Es sollte noch deutlicher zum Ausdruck kommen, welche Zielrichtung sich genau dahinter verbirgt (Abstellen eines Verstoßes, Sanktionierung, Rückführung der Gatekeeper-Position zum vorigen Zustand?); das Ziel sollte – gerade im Hinblick auf die Sanktion struktureller Maßnahmen – klar eingegrenzt sein. Die klare und genaue Eingrenzung des Ziels einer Abhilfemaßnahme ist angesichts der möglichen drastischen Maßnahmen wichtig und ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. So muss unterschieden werden, ob das weitere Größenwachstum Ausdruck eines normalen und zulässigen Leistungswettbewerbs ist oder aber gerade auf das Nichteinhalten der Verpflichtungen zurückzuführen ist. Mit behördlichen „market-by-design“- Instrumenten, wie der Entflechtung, mögen sich Märkte dekonzentrieren lassen. Zugleich haben solche Instrumente aber immer auch eine Konzentrierung politischer und regulatorischer Macht zur Folge. Etwaige wettbewerbspolitische Vorteile (die erst noch bewiesen werden müssten) werden durch rechtsstaatliche und demokratiestaatliche Defizite überlagert. Zudem ist bislang der Nachweis ausgeblieben, dass Behörden mit einem Instrument zur Dekonzentrierung von Märkten einen aus wettbewerbspolitischer Sicht „besseren Markt“ designen können. So wie der „Staat nicht der bessere Unternehmer“ ist, dürften die Regulierungsbehörden ebenfalls nicht die „besseren Unternehmer“ sein. Auskunftsverlangen Nach Art. 19 DMA kann die EU-Kommission von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen verlangen, alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die EUKommission kann auch Zugang zu Datenbanken und Algorithmen von
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Bericht der Sonderberater Jacques Crémer, Heike Schweitzer und Yves-Alexandre de Montjoye: „Competition Policy for the Digital Era“, S. 67
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Unternehmen verlangen. Ein solches Auskunftsersuchen ist nicht auf Gatekeeper beschränkt, sondern kann auch Drittunternehmen betreffen. Solche Auskunftsersuchen werden von Unternehmen zunehmend als umständlich und zeitaufwändig eingestuft, zumal sie mit sehr kurzen Fristen versehen sind. Die EU-Kommission sollte Auskunftsersuchen an Nicht-Gatekeeper mit äußerster Vorsicht einsetzen, um die Akzeptanz für den DMA zu erhalten und die begrenzten Ressourcen der Unternehmen anzuerkennen. Das Ersuchen um Zugang zu Datenbanken und Algorithmen sollte auf die Gatekeeper selbst beschränkt sein und sich nicht auf Dritte erstrecken. In Bezug auf Gatekeeper wird zudem empfohlen, ein smartes und kontinuierliches Monitoring zu verankern; der Einsatz von externen unabhängigen Experten wird begrüßt. Dies würde zu schnelleren und fundierteren Entscheidungen sowie zur Aufdeckung im Falle des Nichteinhaltens der Verpflichtungen beitragen. Geldbußen Während 4 % des Jahresumsatzes die höchstmögliche Strafe gemäß Artikel 83 Abs. 5 DSGV ist, sehen wir jetzt Geldbußen, die unter dem DSA (max. 6 % des Jahresumsatzes gemäß Art. 59 Abs. 1 DSA) und unter dem DMA (max. 10 % des Jahresumsatzes gemäß Art. 26 Abs. 1 DMA) potenziell viel höher sind. Wir sehen keine Rechtfertigung für eine eins-zu-eins-Übernahme der hohen Bußgelder aus dem Wettbewerbsrecht in ein noch unreguliertes Geschäftsfeld, zumal dem aktuellen Vorschlag zufolge den Unternehmen kaum Rechtfertigungsgründe und Effizienzeinreden zur Verfügung stehen. Das Bußgeldniveau sollte daher noch einmal angepasst werden, auch sollten den Unternehmen die aus dem Wettbewerbsrecht bekannten Einzelfallerwägungen und -einreden zur Verfügung stehen. Andernfalls ist zu befürchten, dass die Tendenz zu einer immer strengeren Regulierung in Verbindung mit strengen Durchsetzungsinstrumenten die Innovation ausbremsen und sich als schädlich für den Binnenmarkt erweisen werden. Ausfallhaftung von Unternehmensvereinigungen Der BDI weist als Verband und im Namen seiner Mitglieder und deren Mitgliedsunternehmen auf die erheblichen Bedenken gegen die Neuregelung einer Ausfallhaftung im Sinne des Art. 26 Abs. 4 DMA hin. Die Vorschrift ist Art. 23 Abs. 4 VO 1/2003 nachgebildet, welcher im EU-Wettbewerbsrechts bereits eine vergleichbare Berechnung von Geldbußen für Unternehmensvereinigungen und eine Haftung hierfür seitens der Mitglieder vorsieht. Im Fall der Zahlungsunfähigkeit der Unternehmensvereinigung soll demnach die Zahlung der Geldbuße unter
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Berücksichtigung des Umsatzes ihrer Mitglieder durch die Mitglieder der Unternehmensvereinigung sichergestellt werden (Ausfallshaftung). Verbände werden in der Regel als eingetragene Vereine geführt und erzielen dementsprechend grundsätzlich keine Umsatzerlöse. Durch die Neuregelung würde sich jedoch der Höchstbetrag der Geldbuße für Unternehmensvereinigungen wesentlich erhöhen, weil er sich aus der Summe der Gesamtumsatzerlöse derjenigen Mitgliedsunternehmen ergibt, die auf dem von der Zuwiderhandlung der Unternehmensvereinigung betroffenen Markt tätig sind. Dass Verbandsmitglieder unter bestimmten Umständen auch verschuldensunabhängig für die Geldbußen der Unternehmensvereinigung haften sollen, ist ein rechtsstaatlich sehr bedenklicher Paradigmenwechsel und gefährdet die politisch und gesellschaftlich wichtige Rolle der Verbandsarbeit in Europa. Eine solche Haftung geht weit über das hinaus, was im Kartellrecht bislang unter dem Stichwort „Haftung der Muttergesellschaft für Kartellverstöße der Tochtergesellschaft“ praktiziert wurde. Aus rechtsstaatlicher Sicht, insbesondere unter Berücksichtigung der für die politische Teilhabe schlechthin konstituierenden Bedeutung der in Art. 12 Grundrechtecharta (EU) verbürgten Vereinigungsfreiheit, ist nicht ersichtlich, mit welcher Argumentation sich eine solche verschuldensunabhängige Haftung, die sich faktisch zu Lasten von Verbänden bzw. der Beteiligung an solchen auswirkt, begründen ließe. Anders als im Verhältnis Mutter-Tochtergesellschaft kann im Verhältnis Verbandsmitglied-Verband auch nicht von einer wirtschaftlichen Einheit ausgegangen werden. Die Herstellung einer direkten Verbindung in Bezug auf eine Ausfallhaftung bei zwei rechtlich verschiedenen juristischen Personen ist – im Zusammenhang mit der neuen Plattformregulierung – schwer zu rechtfertigen. Bei der Plattformregulierung passt eine Ausfallhaftung von Unternehmensvereinigungen auch inhaltlich nicht. Zunächst fehlt eine Definition der Unternehmensvereinigung im DMA. Während die Regelung im Wettbewerbsrecht zumindest an einen logischen Adressaten anknüpft, weil wettbewerbswidrige Absprachen auch in Verbänden stattfinden, erscheint die Regelung im DMA gänzlich fehl am Platz, weil Unternehmensverbände typischerweise keine Betreiber von zentralen Plattformdiensten im Sinne von Art. 2 Abs. 2 DMA sind. Notwendige Ex-post-Analyse Angesichts der Neuartigkeit dieses Vorschlags ist eine angemessene Ex-post-Analyse erforderlich. Der Vorschlag sollte, wie in Art. 38 DMA vorgesehen, nach drei Jahren evaluiert werden müssen.
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Ungeklärtes Verhältnis zu europäischem und nationalem Wettbewerbsrecht und den anwendenden Institutionen Darüber hinaus ist das Verhältnis zwischen dem DMA-Entwurf und der parallelen europäischen und nationalen Gesetzgebung im Wettbewerbsrecht bislang ebenso unklar wie das Verhältnis zwischen der Zuständigkeit der Europäischen Kommission und der nationalen Behörden. Es muss sichergestellt werden, dass Unternehmen nicht verschiedenen – parallelen oder sogar divergierenden – Systemen in unterschiedlichen Jurisdiktionen unterliegen. a) DMA und europäisches Wettbewerbsrecht Die EU-Kommission betont den ergänzenden und unabhängigen Charakter des DMA im Verhältnis zu den Art. 101 und 102 AEUV und den entsprechenden nationalen Wettbewerbsvorschriften in Bezug auf ein- und mehrseitiges wettbewerbswidriges Verhalten und die Fusionskontrolle (Erwägungsgrund 10, Art. 1 Abs. 6 DMA). Auch der Europäische Gerichtshof hat in verschiedenen Urteilen die parallele Anwendbarkeit von Regulierung und Kartellrecht bestätigt. Bei paralleler Anwendung der verschiedenen Regelungsbereiche ist nicht klar, ob ein Unternehmen für ein und dasselbe Fehlverhalten zweimal oder sogar mehrfach sanktioniert werden kann: einmal nach dem DMA, einmal nach dem EU-Wettbewerbsrecht und womöglich auch noch einmal nach nationalem Recht. Sowohl Erwägungsgrund 10 als auch Art. 1 Abs. 6 DMA deuten diese Möglichkeit an, da der DMA die Anwendung der anderen Vorschriften (gemeint sind die Art. 101 und 102 AEUV) unberührt lässt. Eine „Mehrfachbestrafung“ durch überlappende Rechtsakte muss aber ausgeschlossen werden. Es bedarf hier einer Klarstellung. Darüber hinaus bleibt die Anwendung von Art. 12 DMA (Pflicht zur Unterrichtung über Zusammenschlüsse) in Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 (EGFusionskontrollverordnung) unklar. Der BDI sieht keine Notwendigkeit für zwei getrennte und parallel laufende Regelungen zur Kontrolle von Zusammenschlüssen. Eine solche Doppelkontrolle könnte zu (i) potenziellen Kompetenzkonflikten zwischen verschiedenen Regulierungsbehörden auf EU- und mitgliedstaatlicher Ebene, (ii) deutlich höheren Transaktionskosten für Unternehmen, (iii) Rechtsunsicherheit für oft zeitkritische und kostenintensive M&A-Transaktionen führen und damit ein investitionsfreundliches Geschäftsumfeld unangemessen behindern. Eine Fusionsprüfung sollte ausschließlich nach der EU-Fusionskontrollverordnung, die zeitnah zur Überarbeitung ansteht, stattfinden.
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b) Speziell: DMA und nationales (deutsches) Wettbewerbsrecht Das künftige Zusammenspiel des § 19 a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) mit dem DMA ist unklar. Art. 1 Abs. 5 DMA bleibt insofern vage, als er besagt, dass die Mitgliedstaaten den Gatekeepern keine weitere Verpflichtungen im Wege von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auferlegen, um bestreitbare und faire Märkte zu gewährleisten. Gem. Art. 1 Abs. 7 DMA sollen alle Entscheidungen auf nationaler Ebene konsistent, d. h. nicht widerläufig, zu denjenigen auf EU-Ebene sein. Die in Art. 5 und 6 DMA aufgeführten Verpflichtungen ähneln den Verpflichtungen im neuen § 19 a GWB, die für Unternehmen mit herausragender marktübergreifender Bedeutung gelten. Daher würden wir hier mehr Klarheit befürworten. Wir fragen uns, ob nationale Regelungen (wie z. B. § 19 a GWB) mit Inkrafttreten des DMA – zumindest bei Komplementarität – erhalten bleiben können. Nationales Kartellrecht kann auch als Informationsquelle für etwaige Anpassungen des DMA fungieren. In diesem Zusammenhang befürworten wir eine wie in Art. 1 Abs. 7 DMA angelegte enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten. Verhältnis von DMA zur Platform-to-Business-Verordnung (P2B-Verordnung) Wichtig ist, dass sich der DMA und die P2B-Verordnung vom Anwendungsbereich her klar voneinander abgrenzen lassen, da beide Verordnungen für das B2C-Geschäft gelten. Die P2B-Verordnung hat einen starken Fokus auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Online-Vermittlungsdienste (z. B. Artikel 3, 5, 7 und 10). Der Anwendungsbereich des DMA ist weiter gefasst.
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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Und er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 40 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund acht Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene. Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Ansprechpartner Dr. Ulrike Suchsland, LL.M. Abteilung Recht, Wettbewerb und Verbraucherpolitik Telefon: +49 30 2028-1408 u.suchsland@bdi.eu Nadine Rossmann, LL.M. Abteilung Recht, Wettbewerb und Verbraucherpolitik Telefon: +3227921005 n.rossmann@bdi.eu
BDI Dokumentennummer: D 1355
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