QIII-2021 QUARTALSBERICHT DEUTSCHLAND
Erholung verliert an Fahrt Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar
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Die deutsche Industrie rechnet für das gesamte Jahr mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um real drei Prozent. Zuletzt hatten wir mit einem Plus von 3,5 Prozent gerechnet. Trotz starken Wachstums im zweiten Quartal wird die konjunkturelle Erholung im Jahr 2021 etwas schwächer ausfallen, als im Juni erwartet.
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Anlass für unsere Korrektur ist die erwartete Stagnation der privaten Konsumausgaben 2021. Aufgrund der schwachen Entwicklung in der ersten Jahreshälfte ist die bisher prognostizierte Jahreswachstumsrate von einem Prozent nicht mehr erreichbar.
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Bei den Ausrüstungsinvestitionen rechnen wir in diesem Jahr weiterhin mit einem Anstieg um sieben Prozent. Die Kapazitätsauslastung liegt in einigen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes oberhalb des langjährigen Durchschnitts. Wir erwarten eine anhaltend starke Inlandsnachfrage nach Investitionsgütern, weil Unternehmen nicht nur Ersatz-, sondern auch Erweiterungsinvestitionen tätigen.
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Die Industrie kam in der ersten Jahreshälfte noch nicht so recht in Schwung. Trotz guter Auftragslage sank die Industrieproduktion im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal um 1,2 Prozent. Für das Gesamtjahr erwarten wir aufgrund von Basiseffekten eine Zunahme der Produktion um acht Prozent.
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Bei den Exporten von Waren und Dienstleistungen rechnen wir für 2021 weiterhin mit einem Anstieg um real 8,5 Prozent. Der Handel mit den EU-Partnerländern und den USA läuft ausgesprochen gut. Dafür weist das China-Geschäft etwas geringere Wachstumsraten aus. Der Exportanstieg ist kein Automatismus für ein langanhaltendes Konjunkturhoch: Probleme in globalen Lieferketten, hohe Logistikkosten und ungeklärte Handelsstreitigkeiten verdunkeln den Konjunkturhimmel.
Erholung verliert an Fahrt | Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar 20/09/2021
Inhaltsverzeichnis Konjunktur in Deutschland ................................................................................................................ 3 Wirtschaftliche Erholung im zweiten Quartal dank guter Entwicklung im Dienstleistungssektor .......... 3 Außenhandel: Starker Rückpralleffekt nach tiefem Einbruch im Vorjahr .............................................. 4 Arbeitsmarkt: Beschäftigung steigt trotz Sommerloch .......................................................................... 6 Auftragseingang: Auftragsbücher in der Industrie füllen sich weiter ..................................................... 7 Industrieproduktion: Erholung gerät durch Zulieferengpässe ins Stocken ........................................... 9 Kapazitäten mittlerweile höher ausgelastet als vor Ausbruch der Pandemie ..................................... 10 Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe nur knapp unter Vorkrisenniveau ............................................. 11 Geschäftsklima: weniger optimistische Erwartungen drücken auf die Stimmung ............................... 12 Perspektiven ...................................................................................................................................... 13 Impressum ......................................................................................................................................... 15 Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen .................................................. 16
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Erholung verliert an Fahrt | Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar 20/09/2021
Konjunktur in Deutschland Wirtschaftliche Erholung im zweiten Quartal dank guter Entwicklung im Dienstleistungssektor Die deutsche Wirtschaft hat sich von dem pandemiebedingten Konjunktureinbruch zu Jahresbeginn erholt. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal saison- und kalenderbereinigt um 1,6 Prozent, nachdem im ersten Quartal noch ein Rückgang um zwei Prozent zu verzeichnen war. Im Vergleich mit dem Stand vor Ausbruch der Pandemie war die Wirtschaftsleistung um 3,3 Prozent geringer. Im Vorjahresvergleich ist die Wirtschaftsleistung dagegen kräftig gestiegen. Das reale BIP erhöhte sich gegenüber dem zweiten Quartal 2020 preis- und kalenderbereinigt um 9,4 Prozent. Im Vergleich hierzu verbuchten die größeren EU-Mitgliedstaaten Spanien mit plus 19,8 Prozent, Frankreich mit plus 18,7 Prozent und Italien mit plus 17,3 Prozent noch höhere Wachstumsraten. In diesen Staaten war der Konjunktureinbruch im Zuge der ersten Corona-Welle allerdings auch deutlich stärker. In der EU ist die Wirtschaftsleistung nach ersten Berechnungen von Eurostat um 13,2 Prozent gestiegen. Die Wirtschaftsleistung wurde im zweiten Quartal 2021 von 44,72 Millionen Erwerbstätigen erbracht. Dies waren zwar 4.000 mehr als vor einem Jahr. Verglichen mit dem Vorkrisenniveau gingen allerdings über 500.000 Personen weniger einer Erwerbstätigkeit nach. Das in Stunden gemessene Arbeitsvolumen stieg im Vorjahresvergleich zwar um 6,8 Prozent, fiel aber in der saisonbereinigten Berechnung um 4,5 Prozent geringer aus als im vierten Quartal 2019. Die Bruttowertschöpfung stieg im zweiten Quartal im Vorjahresvergleich um zehn Prozent. Mit Ausnahme der Land- und Forstwirtschaft und der Finanz- und Versicherungsdienstleistern erstreckte sich der Anstieg auf alle Wirtschaftsbereiche. Das Vorkrisenniveau (viertes Quartal 2019) wurde am aktuellen Rand bislang nur im Baugewerbe und im Informations- und Kommunikationssektor überschritten. Bei den öffentlichen Dienstleistern, im Grundstücks- und Wohnungswesen sowie bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern lag die Bruttowertschöpfung nur leicht darunter. Im Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe war die Bruttowertschöpfung um 6,2 Prozent niedriger als vor Ausbruch der Pandemie. Im Verarbeitenden Gewerbe und bei den Unternehmensdienstleistern waren es jeweils 5,9 Prozent weniger. Diese letztgenannten drei Sektoren machen zusammen knapp die Hälfte der Bruttowertschöpfung in Deutschland aus. In der verwendungsseitigen Betrachtung sind die Konsumausgaben der privaten Haushalte im zweiten Quartal 2021 im Vorjahresvergleich um sechs Prozent gestiegen, nachdem sie in den vorangegangenen fünf Quartalen kontinuierlich gesunken waren. Bedingt durch die im Frühjahr eingesetzten Lockerungen stiegen die Ausgaben für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen um 6,7 Prozent. Auch für Freizeit, Unterhaltung und Kultur (plus 9,5 Prozent), Bekleidung und Schuhe (plus 7,5 Prozent) sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung (plus 16,6 Prozent) gaben die privaten Haushalte deutlich mehr aus als vor einem Jahr. Die Ausgaben für Wohnen, Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände stiegen mit plus 2,4 Prozent nur leicht. Nahezu unverändert entwickelten sich die Ausgaben für Wohnung, Energie- und Wasserversorgung (plus 0,5 Prozent) und für Nahrungs- und Genussmittel (plus 0,4 Prozent). Im Vergleich zum vierten Quartal 2019, dem letzten Quartal vor Ausbruch der Pandemie, gaben die privaten Haushalte allerdings mehr als sechs Prozent weniger für Konsumzwecke aus. Bei Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen waren die Ausgaben am aktuellen Rand sogar nur halb so hoch, bei Bekleidung und Schuhen sowie für Freizeit, Unterhaltung und Kultur waren es rund ein Sechstel weniger. Der Anstieg der staatlichen Konsumausgaben war im zweiten Quartal
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Erholung verliert an Fahrt | Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar 20/09/2021
mit plus 3,7 Prozent etwas schwächer, so dass in der Summe die Konsumausgaben im Frühjahresquartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur um 5,3 Prozent zulegten.
Entwicklung des realen BIP in Prozent 10 8 6 4
2,7 1,1
2
1,1
0 -2 -4 -6
-4,6
-8 -10 -12 I
II
III
IV
I
2017
II
III
2018
IV
I
II
III
2019
IV
I
II
III
2020
IV
I
II
III
IV
2021
Veränderung ggü.Vorjahresquartal Veränderung ggü. Vorquartal, saison- und kalenderbereinigt Veränderung ggü. Vorjahr Quelle: Statistisches Bundesamt
Nach dem leichten Rückgang zu Jahresbeginn sind die Bruttoanlageinvestitionen im zweiten Quartal 2021 im Vorjahresvergleich preisbereinigt um 7,5 Prozent gestiegen. Bei den Bauinvestitionen war im Wohnungsbau ein Anstieg um 3,8 Prozent zu verzeichnen. Bei den Nichtwohnbauten betrug der Zuwachs 1,5 Prozent. Die Investitionen in sonstige Anlagen (Patente; Lizenzen) legten um 2,6 Prozent zu. Nach einem Mini-Wachstum zu Jahresbeginn stiegen die Ausrüstungsinvestitionen im zweiten Quartal um 20,4 Prozent. Dies war der stärkste Anstieg seit Beginn der Datenreihe im Jahr 1992. Der Export von Waren und Dienstleistungen stieg im zweiten Quartal preisbereinigt um 26,5 Prozent. Während Warenausfuhren im Vorjahresvergleich mit plus 31,6 Prozent deutlich zulegten, stiegen die Dienstleistungsexporte nur leicht um 5,9 Prozent. Bei den Importen nahm der Bezug von Waren um 21,7 Prozent zu, der Bezug von Dienstleistungsimporten hingegen nur um 14,2 Prozent. Da die Exporte stärker zulegten als die Importe, wirkte sich der hieraus resultierende Außenbeitrag mit 3,3 Prozentpunkten positiv auf das BIP-Wachstum aus. Außenhandel: Starker Rückpralleffekt nach tiefem Einbruch im Vorjahr Von dem starken Einbruch im vergangenen Frühjahr haben sich die deutschen Exporte am aktuellen Rand wieder erholt. Sie stiegen im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum (saisonbereinigte Werte mit Länderdifferenzierungen sind nicht verfügbar) um 84,5 Milliarden Euro bzw. 34,8 Prozent auf 327,3 Milliarden Euro. Dies waren gleichzeitig 2,8 Prozent mehr als im zweiten Quartal 2019. Den in absoluten Zahlen gemessenen stärksten Zuwachs gab es im Handel mit den USA. Die Exporte dorthin legten um 9,3 Milliarden Euro bzw. 46 Prozent zu. Im Handel mit den EU-Partnerländern war ein überdurchschnittlicher Anstieg bei den Exporten nach Frankreich (plus 39,7 Prozent),
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Italien (plus 50 Prozent) und Polen (plus 46,8 Prozent) zu verbuchen. Die Ausfuhren nach Großbritannien legten mit plus 36,1 Prozent auf 15,9 Milliarden Euro zwar ebenfalls überdurchschnittlich zu. Sie waren damit aber immer noch 12,4 Prozent geringer als vor dem Ausbruch der Pandemie im Jahr 2019.
Deutsche Ex- und Importe im zweiten Quartal 2021 nach ausgewählten Ländern Veränderung gegenüber Vorjahresquartal Exporte Zu- (+) bzw. Abnahmen (-)
Importe Zu- (+) bzw. Abnahmen (-)
in Million Euro
in %
in Million Euro
in %
USA
29 408
+ 9 321
+
46,4
Belgien
13 809
+ 5 531
+ 66,8
Frankreich
25 973
+ 7 375
+
39,7
Niederlande
25 044
+ 5 126
+ 25,7
Italien
18 785
+ 6 258
+
50,0
Italien
16 307
+ 4 799
+ 41,7
Polen
18 979
+ 6 051
+
46,8
Polen
16 707
+ 4 507
+ 36,9
Niederlande
24 118
+ 5 234
+
27,7
USA
18 957
+ 4 054
+ 27,2
Österreich
17 852
+ 4 800
+
36,8
Tschechien
12 706
+ 4 010
+ 46,1
Großbritannien
15 869
+ 4 209
+
36,1
Russland
7 634
+ 3 725
+ 95,3
Spanien
11 337
+ 4 002
+
54,6
Frankreich
15 281
+ 3 560
+ 30,4
Tschechien
12 024
+ 3 983
+
49,5
Österreich
11 817
+ 2 968
+ 33,5
China
26 311
+ 3 697
+
16,3
Ungarn
7 571
+ 2 259
+ 42,5
Belgien
12 667
+ 4 499
+
38,2
Südsudan
3 423
+ 2 158
+ 170,7
Ungarn
7 334
+ 2 680
+
57,6
Schweiz
12 568
+ 1 973
+ 18,6
Schweden
6 715
+ 1 667
+
33,0
China
31 977
+ 1 878
+
Russland
6 675
+ 1 607
+
31,7
Spanien
8 608
+ 1 560
+ 22,1
Japan
6 073
+ 1 391
+ 29,7
-
-
Ägypten Marshallinseln Insgesamt
960
-
154
-
13,8
12
-
589
-
98,0
Singapur
+ 84 538
+
34,8
Insgesamt
327 341
998 282 301
583
+ 64 402
6,2
36,9
+ 29,6
Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Die deutschen Importe erholten sich im zweiten Quartal ebenfalls deutlich. Im Vergleich zum Vorjahresquartal stiegen sie um 64,4 Milliarden Euro oder 29,6 Prozent auf 282,3 Milliarden Euro. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2019 war dies ein Plus von 6,9 Prozent. Die stärksten nominalen Zuwächse
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Erholung verliert an Fahrt | Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar 20/09/2021
von jeweils mehr als fünf Milliarden Euro resultieren aus den Einfuhren aus Belgien und den Niederlanden. Überdurchschnittlich stark stiegen die Einfuhren aus Italien (plus 41,7 Prozent) und Polen (plus 36,9 Prozent), die damit auch höher ausfielen als vor zwei Jahren. Das Volumen der Importe aus Frankreich und Spanien war dagegen um 9,2 Prozent bzw. 4,5 Prozent geringer als vor Ausbruch der Pandemie. Der Bezug von Waren und Dienstleistungen aus den USA erhöhte sich um 27,2 Prozent unterdurchschnittlich. Die Einfuhren aus China stiegen im Vorjahresvergleich um 6,2 Prozent auf knapp 32 Milliarden Euro. Im Juli 2021 sind die Exporte gegenüber dem Vorjahresmonat um 12,4 Prozent gestiegen. Die Einfuhren legten am aktuellen Rand mit plus 16,6 Prozent sogar noch etwas stärker zu. Im Vergleich zu Februar 2020, dem Monat vor Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland, waren die Exporte kalender- und saisonbereinigt um 1,6 Prozent, und die Importe um 5,9 Prozent höher. In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres wurden insgesamt 16,1 Prozent mehr Waren ausgeführt als im Vorjahreszeitraum. Dabei legten die Ausfuhren in die EU-Staaten mit plus 20,2 Prozent deutlich stärker zu als die Ausfuhren in Drittstaaten (plus 11,5 Prozent). Die Importe stiegen in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres um insgesamt 15,6 Prozent. Aus den EUStaaten wurden dabei 18,1 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen eingeführt als im Vorjahreszeitraum. Dabei stiegen die Einfuhren aus den Ländern, die nicht zum Euroraum gehörten mit plus 20 Prozent etwas stärker als die aus der Eurozone (plus 17,2 Prozent). Die Importe aus Drittländern stiegen im gleichen Zeitraum nur um 12,7 Prozent. Arbeitsmarkt: Beschäftigung steigt trotz Sommerloch Trotz Sommerpause hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert. Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im Juli 2021 saisonbereinigt um 100.000 gestiegen. In Mai und Juni gab es bereits einen Zuwachs um 20.000 bzw. 83.000. Im Vergleich zu Juli 2020 stieg die Zahl der Erwerbstätigen um 0,6 Prozent auf nunmehr 44,97 Millionen Personen. Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat weiter zugenomArbeitsmarkt in Deutschland* 34
4 Arbeitslose (rechte Achse) 3
32 2 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (linke Achse) 1 30 0
28
2013 2012
2014 2013
2015 2014
2016 2015
2017 2016
2018 2017
2019
2020
2 2021
-1
Veränderung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum Vorjahresmonat (rechte Achse) *saisonbereinigt in Million Quelle: Bundesagentur für Arbeit
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Erholung verliert an Fahrt | Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar 20/09/2021
men. Nach Hochrechnungen der Bundesagentur gingen im Juni 2021 (letzter verfügbarer Wert) insgesamt 33,79 Millionen Personen einer solchen Beschäftigung nach. Das waren 463.000 Personen oder 1,4 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung stieg dabei im Vorjahresvergleich um 203.000 oder 0,9 Prozent. Die Teilzeitbeschäftigung lag um 260.000 oder 2,7 Prozent über dem Vorjahreswert. Die sonstigen Formen der Erwerbstätigkeit haben gegenüber dem Vorjahr abgenommen. So sank die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger im Vorjahresvergleich um 125.000 Personen oder 3,1 Prozent auf 3,93 Millionen. Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten hat sich nach ersten Hochrechnungen der Bundesagentur im Juni um 126.000 oder drei Prozent auf 4,13 Millionen verringert. Die Zahl der arbeitslosen Personen ging im August um 365.500 oder 11,1 Prozent auf 2,91 Millionen zurück. In der saisonbereinigten Betrachtung sank die Arbeitslosigkeit bereits den vierten Monat in Folge. Die Arbeitslosenquote lag im August dieses Jahres nach Systematik der Bundesagentur bei 5,5 Prozent und nach ILO-Systematik bei einem Wert von 3,6 Prozent. Auftragseingang: Auftragsbücher in der Industrie füllen sich weiter Im Juli 2021 sind die Auftragseingänge in der deutschen Industrie nach vorläufigen Berechnungen preis-, kalender- und saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 3,4 Prozent gestiegen. Unter Berücksichtigung von Großaufträgen ergab sich für den Monat Juli allerdings ein Rückgang um 0,2 Prozent. Das vorläufige Ergebnis für den Monat Juni 2021 wurde auf plus 4,6 Prozent gegenüber Mai aufwärts revidiert (Bisher: plus 4,1 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahresmonat, der noch von der Pandemie geprägt war, gingen 24,2 Prozent mehr Aufträge ein. Die Nachfrage aus dem Inland gab im
Auftragseingang, Verarbeitendes Gewerbe 120
35
115 25
110 105
15
7,8
100
2,5
3,3
5,3
95 90
5 -5
85 -15
80 75
-25
70 65
-35 2017
2018
2019
2020
2021
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich, in Prozent (rechte Achse) Index des Verabeitenden Gewerbes, 2-Monats-Durchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt
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Erholung verliert an Fahrt | Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar 20/09/2021
Monatsvergleich um 2,5 Prozent nach. Grund hierfür war das starke Auftragsplus aus dem Vormonat. Die Nachfrage aus dem Ausland stieg aufgrund der starken Nachfragen aus Drittländern, die um knapp ein Sechstel zulegte, um acht Prozent. Gleichzeitig gingen aus der Eurozone 4,1 Prozent weniger Aufträge ein als im Juni. Unter Berücksichtigung der revidierten Juni-Daten stiegen die Neuaufträge im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorquartal kalender- und saisonbereinigt um 3,3 Prozent. Dies war gleichzeitig der vierte Quartalsanstieg in Folge. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau (viertes Quartal 2019) erhöhte sich das Auftragsvolumen um 10,7 Prozent. Mit Blick auf die Herkunft der Aufträge sind im zweiten Quartal die Aufträge aus dem Inland gegenüber Vorquartal um 5,8 Prozent gestiegen. Die Auslandsbestellungen legten mit plus 1,6 Prozent nicht ganz so stark zu. Während die Nachfrage aus dem Euroraum um 4,3 Prozent anzog, gaben die Bestellungen aus Drittländern mit minus 0,1 Prozent leicht nach. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau war die Nachfrage aus dem Inland und aus Drittländern jeweils um mehr als 13 Prozent höher. Aus der Eurozone stieg die Nachfrage im Vergleich zum Vorkrisenniveau nur um 1,3 Prozent. Unter den einzelnen Hauptindustriegütergruppen stieg bei den Herstellern von Vorleistungsgütern der Auftragseingang im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal mit 0,3 Prozent leicht an. Während aus dem Inland etwas mehr Aufträge eingingen, stagnierte die Auslandsnachfrage. Trotz der etwas schwächeren Nachfrage weist der Vergleich zum Vorkrisenniveau (viertes Quartal 2019) noch immer ein deutliches Plus von 15 Prozent aus. Die Investitionsgüterhersteller sammelten im Vergleich zum ersten Quartal 2021 5,2 Prozent mehr Aufträge ein. Hierzu haben vor allem die um 10,6 Prozent gestiegenen Bestellungen aus dem Inland beigetragen. Die Investitionsgüternachfrage aus dem Ausland legten im gleichen Zeitraum nur um 2,2 Prozent zu. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau war der Auftragseingang 11,2 Prozent höher. Bei den Konsumgüterproduzenten stiegen die Bestellungen im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem Vorzeitraum um 3,8 Prozent. Aus dem Inland gingen mit plus 5,7 Prozent deutlich mehr Aufträge ein als aus dem Ausland (plus 2,6 Prozent). Damit wurde nicht nur das Vorkrisenniveau um 6,1 Prozent überschritten. Zudem stieg der Auftragseingangsindex am aktuellen Rand auch auf ein neues Allzeithoch. Aufgrund von Lieferengpässen bei einzelnen Vorprodukten können die Betriebe das hohe Auftragsvolumen derzeit nicht gänzlich abarbeiteten, was die Orderbücher entsprechend anschwellen lässt. Nach Angaben des ifo Instituts stieg die Reichweite des Auftragsbestands im Verarbeitenden Gewerbe zu Beginn des dritten Quartals 2021 auf ein neues Rekordhoch von 3,7 Produktionsmonaten. Unter den industriellen Hauptgruppen erhöhte sich der Auftragsbestand bei den Konsumgüterproduzenten mit plus 0,7 auf 2,7 Produktionsmonate deutlich. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern verminderte sich das Auftragspolster leicht auf nunmehr drei Monate. Die Hersteller von Investitionsgütern benötigen 4,2 Monate, um ihre Auftragsbestände abzubauen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes war der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe im Juni 2021 um 2,8 Prozent höher als im Vormonat. Gleichzeitig stieg der Auftragsbestand auf den höchsten Stand seit Beginn der Datenreihe im Januar 2015. Die offenen Aufträge aus dem Inland erhöhten sich um vier Prozent, die aus dem Ausland um 2,2 Prozent.
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Erholung verliert an Fahrt | Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar 20/09/2021
Industrieproduktion: Erholung gerät durch Zulieferengpässe ins Stocken Die Industrieproduktion (Produzierendes Gewerbe ohne Energie und Bau) ist im Juli 2021 im Vergleich zum Vormonat saison- und kalenderbereinigt um 1,3 Prozent gestiegen. Zudem ergab sich nach einer Revision für den Monat Juni ein Rückgang von einem Prozent gegenüber Mai (bisher minus 1,3 Prozent). Gegenüber dem Vorjahresmonat stieg die Produktion um 6,4 Prozent. Im Vergleich zu Februar 2020, dem letzten Monat vor Beginn der pandemiebedingten Eindämmungsmaßnahmen, fiel die saison- und kalenderbereinigte Produktion um 6,3 Prozent niedriger aus. Die Energieerzeugung ging im Juli mit minus 3,2 Prozent das dritte Mal in Folge zurück. Im Baugewerbe nahmen die Aktivitäten dagegen im Vergleich zum Vormonat um 1,1 Prozent zu. Für das Produzierende Gewerbe resultiert hieraus für den Monat Juli 2021 ein Anstieg der Produktion um ein Prozent. Produktionsentwicklung im Produzierenden Gewerbe Vergleich zum Vorjahr in Prozent 2019 2020 2021 Jahr Q4 Q1 Q2 Ursprungswerte kalenderbereinigt
2020 Q4
Vergleich zum Vorzeitraum in Prozent 2021 Q1 Q2 Mai Jun Jul saison- und kalenderbereinigt
Produzierendes Gewerbe
- 3,3
- 7,3
- 1,7
- 1,7
15,8
6,0
- 0,7
- 0,4
- 0,8
- 1,0
1,0
Industrie
- 4,2
- 9,6
- 3,0
- 1,2
19,6
6,4
0,0
- 1,2
- 0,7
- 0,7
1,3
Vorleistungsgüter
- 3,6
- 6,1
1,1
2,3
21,9
7,8
2,1
0,6
0,7
- 0,9
- 0,5
Investitionsgüter
- 4,5
-14,6
- 6,0
- 3,3
22,1
7,7
- 1,9
- 4,6
- 3,5
- 2,9
3,2
Konsumgüter
- 4,7
- 3,7
- 3,4
- 3,3
8,8
0,5
0,2
2,4
3,1
3,4
0,9
Energie
- 7,2
- 7,2
- 2,7
- 2,3
11,8
3,0
- 1,9
2,3
- 2,9
- 1,8
- 3,2
Baugewerbe
3,3
3,3
5,0
- 4,6
1,9
5,3
- 4,2
2,6
- 0,8
- 1,9
1,1
Bauhauptgewerbe
5,9
5,9
2,9
- 3,0
2,6
0,4
- 0,3
3,0
- 1,2
- 0,2
- 0,5
Ausbaugewerbe
1,0
0,0
6,6
- 6,2
1,2
10,1
- 7,7
2,3
- 0,4
- 3,6
2,8
Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Trotz Aufwärtsrevision der Juni-Daten sank die Industrieproduktion im zweiten Quartal 2021 gegenüber dem ersten Quartal saison- und kalenderbereinigt um 1,2 Prozent. Der Vergleich zum Vorjahr weist bedingt durch den Basiseffekt ein Plus von 19,6 Prozent aus. Die Energieerzeugung erhöhte sich saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem vorherigen Quartal um 2,3 Prozent. Der Vergleich zum Vorjahr weist ein Plus von 11,8 Prozent aus. Das Baugewerbe konnte nach dem witterungsbedingten schwachen ersten Quartal seine Aktivitäten um 2,6 Prozent ausweiten. Im Vergleich zum Vorjahr legte die Produktion um 1,9 Prozent zu. In den einzelnen industriellen Hauptgruppen entwickelte sich die Produktion im zweiten Quartal 2021 wie folgt: Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern stieg die Produktion gegenüber dem
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Erholung verliert an Fahrt | Vorkrisenniveau zum Jahresende erreichbar 20/09/2021
Vorquartal um 0,6 Prozent und damit das vierte Quartal in Folge. Gegenüber dem Vorjahresquartal betrug der Anstieg 21,9 Prozent. Die Investitionsgüterproduktion sank im Vergleich zum Vorquartal um 4,3 Prozent, nach minus 1,9 Prozent zum Jahresbeginn. Der Vorjahresvergleich war mit 22,4 Prozent erstmals seit drei Jahren wieder positiv. Die Konsumgüterhersteller steigerten ihre Produktion um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal bzw. um 8,7 Prozent im Vorjahresvergleich. Die Industriekonjunktur kommt noch nicht so richtig in Schwung. Ursache hierfür sind eindeutig die Materialengpässe, denn die Auftragsbücher füllen sich weiter. Zudem ist die Entwicklung in der Industrie zweigeteilt. Die chemische und pharmazeutische Industrie sowie die Elektroindustrie konnten ihre Produktion am aktuellen Rand weiter ausweiten. Ins Stocken geraten ist vor allem der Fahrzeugbau, wo die Produktion im zweiten Quartal 2021 im Vorquartalsvergleich um mehr als zehn Prozent nachgab. Dies dürfte negativ auf die metallverarbeitenden Betriebe ausgestrahlt haben. Auch im Maschinenbau gab die Produktion zuletzt leicht nach. Im Fahrzeugbau dürften die Produktionseinschränkungen noch etwas andauern. In den anderen Branchen ist mit Produktionsausweitung zu rechnen. Denn hier ist laut ifo-Institut die Kapazitätsauslastung zu Beginn des dritten Quartals weiter gestiegen.
Produktion, Verarbeitendes Gewerbe 110
40 30
100
20 10
6,4 90
0,0
0,5
0
-1,2 -10
80
-20 70
-30 2017
2018
2019
2020
2021
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich in Prozent (rechte Achse) Index des Verarbeitenden Gewerbes, 2-Monatsdurchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt
Kapazitäten mittlerweile höher ausgelastet als vor Ausbruch der Pandemie Trotz der Lieferengpässe war eine höhere Auslastung der Produktionskapazitäten im Verarbeitenden Gewerbe zu beobachten. So stieg nach Angaben des ifo-Instituts der Auslastungsgrad in der Industrie zu Beginn des dritten Quartals im Vergleich zum Vorquartal um 1,2 Prozentpunkte auf 87,1 Prozent. Damit waren die Kapazitäten um drei Prozentpunkte höher ausgelastet als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre und auch stärker ausgelastet als vor Ausbruch der Pandemie. Der Auslastungsgrad im Verarbeitenden Gewerbe ohne Ernährungsindustrie stieg im gleichen Zeitraum noch etwas stärker (um 1,3 Prozentpunkte) und lag damit 3,2 Prozentpunkte über dem langjährigen Durchschnitt.
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Unter den einzelnen Branchen zeigte sich ein differenziertes Bild. So ist die Kapazitätsauslastung in der Möbelindustrie gegenüber dem Vorquartal um sechs Prozentpunkte und in der Textilindustrie um 9,9 Prozentpunkte außergewöhnlich stark gestiegen. Sie liegt damit in beiden Branchen weit über dem langjährigen Durchschnitt. Auch bei den Herstellern von Metallerzeugnissen und im Maschinenbau stieg der Auslastungsgrad mit plus 2,6 bzw. 2,1 Prozentpunkten überdurchschnittlich an. Die Elektroindustrie hatte ihre Kapazitäten bereits in der ersten Jahreshälfte kräftig hochgefahren und weitete diese am aktuellen Rand nur noch leicht aus. Nur marginale Veränderungen beim Auslastungsgrad waren in der Chemischen Industrie und in der Pharmaindustrie zu beobachten. Im Fahrzeugbau machen sich die Lieferengpässe bei den Halbleitern bemerkbar. Hier sank der Auslastungsgrad der Maschinen um 4,2 Prozentpunkte auf 85,6 Prozent und damit gleichzeitig unter den langjährigen Durchschnitt. Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe nur knapp unter Vorkrisenniveau Im zweiten Quartal 2021 verbuchte das Verarbeitenden Gewerbe mit plus 31,8 Prozent einen kräftigen Umsatzanstieg, der auf den pandemiebedingten Einbruch im Vorjahresquartal zurückzuführen ist. Aber auch im Vergleich zum Vorquartal stiegen die Umsätze mit plus drei Prozent nochmals an. Somit weist der Vergleich zum vierten Quartal 2019, dem letzten Quartal vor Ausbruch der Pandemie, nur noch einen um 0,6 Prozent niedrigeren Umsatz aus. Im ersten Halbjahr stieg der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe im Vorjahresvergleich um 14,7 Prozent.
Umsatz* Januar bis Juni 2021
Fahrzeugbau
31,3
Metallherstellung und Verarbeitung
23,7
Holzverarbeitung
18,0
Elektroindustrie
16,9
Chemie
15,5
Verarbeitendes Gewerbe
14,7
Pharmazie
9,7
Glas, Keramik, Steine, Erden
9,7
Maschinenbau
7,5
Papier u. Pappe
6,4
Textil Bekleidung Leder
5,4
sonstiger Fahrzeugbau Nahrung, Getränke, Tabak
1,6 -4,2
*Veränderung in Prozent zum Vorjahreszeitraum Quelle: Statistisches Bundesamt
Unter den einzelnen Branchen stiegen die Umsätze im Fahrzeugbau im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 31,3 Prozent am stärksten, gefolgt von den Metall-erzeugenden und -verarbeitenden Betrieben, die ihre Umsätze mit plus 23,7 Prozent ebenfalls deutlich ausweiten konnten. Die Elektroindustrie verbuchte bereits das dritte Quartal in Folge mehr Umsätze als vor Ausbruch der
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Pandemie. Im ersten Halbjahr belief sich das Umsatzplus auf 16,9 Prozent. Die chemische Industrie erzielte im zweiten Quartal mit mehr als 41 Milliarden Euro Umsatz erneut ein Spitzenergebnis. Für das erste Halbjahr war das Umsatzplus mit plus 15,5 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich. Im Maschinenbau fiel der Umsatzanstieg mit plus 7,5 Prozent unterdurchschnittlich aus. Ebenso in der Papierindustrie mit plus 6,4 Prozent und in der Textilindustrie mit plus 5,4 Prozent. Umsatzeinbußen von 4,2 Prozent verzeichnete die Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Geschäftsklima: weniger optimistische Erwartungen drücken auf die Stimmung Der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland sank im August 2021 das zweite Mal in Folge. Ursache hierfür waren wie bereits im Juli die weniger guten Geschäftserwartungen der Unternehmen. Im Gegensatz dazu fiel im August die Bewertung der aktuellen Geschäftslage erneut besser aus. In den einzelnen Sektoren ist das Geschäftsklima im Dienstleistungssektor ebenfalls gesunken. Die Dienstleister schätzten zwar ihre aktuelle Geschäftslage deutlich besser ein. Mit Blick auf die kommenden sechs Monate haben sich die Erwartungen aber deutlich eingetrübt. Im Handel gab der Geschäftsklimaindex deutlich nach. Erstmals seit fünf Monaten schätzten die Händler ihre
ifo Konjunktur-Uhr Deutschland ifo Geschäftsklima-Index im Verarbeitenden Gewerbe*
30
Jan 2011
Aufschwung
Boom
Erwartungen für die nächsten 6 Monate
20 10
August 2021
Jan 2021
Jan 2010
0 Jan 2019
Jan 2020
-10 -20 -30 -40
Jan 2009
-50 Rezession
Abschwung
-60 -60
-50
-40
* Salden, saisonbereinigt
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
50
60
Beurteilung der Geschäftslage
Quelle: ifo Institut
aktuelle Lage schlechter ein und blickten mehrheitlich weniger optimistisch in die Zukunft. Vor allem im Einzelhandel betrachtet man die Zukunft sorgenvoll. Eine positive Ausnahme stellte das Bauhauptgewerbe dar. Die Bauunternehmen waren nicht nur mit ihrer aktuellen Lage zufrieden, sondern sind auch mit Blick auf die kommenden sechs Monate wieder optimistischer. Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich das Geschäftsklima merklich verschlechtert. Erstmals seit April 2020 wurden sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen für die kommenden sechs Monate schlechter
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eingeschätzt als im Vormonat. Der Zeiger der ifo-Konjunkturuhr für das Verarbeitende Gewerbe befindet sich damit weiterhin im Boom-Quadranten. Die Exporterwartungen in der Industrie haben sich ebenfalls das zweite Mal in Folge eingetrübt. Sie werden aber weiterhin von der Mehrheit der Unternehmen positiv eingeschätzt.
Perspektiven Die deutsche Konjunktur konnte aufgrund der bis weit in das Frühjahr wirkenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie erst im Laufe des zweiten Quartals richtig Tritt fassen. Anders als in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres, in der die Wachstumsimpulse vom Verarbeitenden Gewerbe ausgingen, war es im zurückliegenden zweiten Quartal 2021 der Dienstleistungssektor, der für Wachstum sorgte. Vor allem in kontaktintensiven Bereichen, wie Handel und Gastgewerbe hat sich das Geschäft belebt. Trotz zuletzt besserer Konsummöglichkeiten sind die Privaten Konsumausgaben in der ersten Jahreshälfte 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum real um zwei Prozent gesunken. Die Aussichten für die zweite Jahreshälfte sind weiterhin gut. So ist in den Sommermonaten nicht nur die Zahl der Kurzarbeiter zurückgegangen, sondern – anders als in diesen Monaten üblich – auch die Zahl der Arbeitslosen. Mit knapp unter 45 Millionen Erwerbstätigen gehen nur 193.000 Personen weniger einer Beschäftigung nach als vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Das Konsumklima bewegt sich nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) noch immer auf dem hohen Niveau. Die Konjunktur- und Einkommenserwartungen der Verbraucher waren im August 2021 deutlich besser als vor einem Jahr. Nur die Bereitschaft, größere Anschaffungen zu tätigen, hat bei den Verbrauchern im Vergleich zum Vorjahr abgenommen. Höhere Preise, Maskenpflicht und Abstandsregeln dürften die Konsumneigung der Verbraucher beeinträchtigt haben. Dennoch waren die Einzelhandelsumsätze im Juli 2021 im Vergleich zum Vorkrisenmonat Februar 2020 in realer Rechnung 3,8 Prozent höher. Wir rechnen auch in der zweiten Jahreshälfte mit einem weiteren Anstieg der Privaten Konsumausgaben. Aufgrund der schwachen Konsumentwicklung in der ersten Jahreshälfte dürfte allerdings die von uns prognostizierte Jahreswachstumsrate von einem Prozent nicht mehr erreichbar sein. Wir rechnen nunmehr für das laufende Jahr mit stagnierenden Privaten Konsumausgaben. Beim Staatsverbrauch erwarten wir in diesem Jahr einen Anstieg in einer Größenordnung von real 5,2 Prozent. In der Summe resultiert hieraus ein Anstieg der Konsumausgaben im Jahr 2021 um 1,6 Prozent. Bei den Ausrüstungsinvestitionen weisen die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen für die erste Jahreshälfte einen Anstieg um zehn Prozent im Vorjahresvergleich aus. Es spricht einiges für weiter steigende Investitionen in der zweiten Jahreshälfte. Die Kapazitätsauslastung lag in einigen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes zu Beginn des dritten Quartals oberhalb des langjährigen Durchschnitts, so dass nicht nur Ersatz-, sondern auch Erweiterungsinvestitionen getätigt werden könnten. Hierfür spricht die seit dem vierten Quartal 2020 anhaltend hohe Inlandsnachfrage nach Investitionsgütern. Wir rechnen daher weiterhin mit einem Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen um sieben Prozent. Bei den Bauinvestitionen halten wir unsere Wachstumsprognose von real plus 0,5 Prozent aufrecht. Die Bauproduktion ist im ersten Halbjahr weiter gestiegen. Der Auslastungsgrad der Maschinen liegt nur leicht unter dem Niveau des Vorjahres. Zudem vermeldet die Branche einen hohen Auftragsbestand, so dass auch nachfrageseitig die baukonjunkturelle Entwicklung abgesichert ist. Am Bau dürften eher Engpässe bei Material und Personal die Wachstumsperspektiven begrenzen. Bei Investitionen in sonstige Anlagen (Software, Forschung und Entwicklung) erwarten wir weiterhin einen
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Anstieg um zwei Prozent. In der Summe ergibt sich hieraus ein Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr um 2,9 Prozent. Die Exporte sind in der ersten Jahreshälfte um 11,5 Prozent gestiegen. Nicht nur der Handel mit den EU-Partnerländern hat überdurchschnittlich zugelegt. Auch die Geschäfte mit den USA liefen im zweiten Quartal ausgesprochen gut. Dafür weist das China-Geschäft etwas geringere Wachstumsraten aus. Die Wachstumsraten dürften in der zweiten Jahreshälfte niedriger ausfallen, so dass wir für das gesamte Jahr 2021 weiterhin mit einem Anstieg der Exporte von Waren und Dienstleistungen um real 8,5 Prozent rechnen. Importseitig werden die steigenden Exporte zwar den Bezug von Vorleistungsgütern nach sich ziehen. Beim Import von Dienstleistungen rechnen wir aufgrund von pandemiebedingten Einschränkungen mit einem geringeren Wachstum, so dass die Importe preisbereinigt nur um sieben Prozent steigen. Alles in allem rechnen wir damit, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr gegenüber dem Vorjahr in realer Rechnung um drei Prozent steigt. Wir unterstellen dabei, dass ein großer Teil der Bevölkerung bis zum Jahresende einen Impfschutz erhalten hat, und mögliche pandemiebedingten Vorsichtsmaßnahmen die wirtschaftlichen Aktivitäten nicht mehr beeinträchtigen. In diesem Fall könnte die Wirtschaftsleistung im vierten Quartal noch auf Vorkrisenniveau steigen. BIP-Prognose für 2021: Veränderung der realen Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahr in Prozent IST
BDI
Bundesregierung
2020
2021
2021
Europäische Kommission 2021
Bruttoinlandsprodukt
- 4,6
3,0
3,5
3,4
Konsumausgaben
- 3,2
1,6
-
-
- 5,9
0,0
0,8
0,1
3,5
5,2
5,2
3,6
- 2,2
2,9
3,5
3,2
-11,2
7,0
7,5
9,0
- Bauinvestitionen
2,5
0,5
1,4
-
- Sonstige Anlagen
1,0
2,0
3,3
-
Exporte
- 9,3
8,5
9,2
10,4
Importe
- 8,6
7,0
7,8
7,9
Außenbeitrag, Wachstumsleistung
- 0,8
-1,6
1,1
1,5
- Private Konsumausgaben - Staatsverbrauch Bruttoanlageinvestitionen - Ausrüstungsinvestitionen
Quellen: Statistisches Bundesamt, Bundesregierung (April 2021), Europäische Kommission (Mai 2021), eigene Berechnungen
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Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Autor Thomas Hüne T: +49 30 2028-1592 t.huene@bdi.eu Redaktion/Grafiken Dr. Klaus Günter Deutsch T: +49 30 2028-1591 k.deutsch@bdi.eu Marta Gancarek T: +49 30 2028-1588 m.gancarek@bdi.eu
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Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen Verwendung des Bruttoinlandsproduktes (preis-, saison- und kalenderbereinigt) Veränderung zum Vorzeitraum in Prozent 2020
2021
2019
2020
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
1,9
-3,2
-1,2
-8,0
8,4
-1,6
-3,8
2,8
-Private Konsumausgaben
1,6
-5,9
-2,1
-11,5
11,5
-2,7
-5,2
3,2
-Konsumausgaben des Staates
3,0
3,5
0,9
0,8
1,7
0,9
-0,7
1,8
1,8
-2,2
-0,1
-6,9
4,5
2,4
-0,7
0,5
-Ausrüstungsinvestitionen
1,0
-11,2
-6,7
-14,8
16,7
1,9
-0,4
0,3
-Bauinvestitionen
1,1
2,5
4,0
-3,5
-0,9
2,9
-0,2
0,3
-sonstige Anlagen
5,5
1,0
0,6
-3,5
2,3
1,8
-2,6
1,3
Inländische Verwendung
1,8
-4,0
-0,8
-8,1
5,6
-0,3
-1,1
2,4
Exporte
1,1
-9,3
-3,4
-20,1
17,5
4,6
1,4
0,5
Importe
2,9
-8,6
-1,5
-16,9
9,3
2,7
4,2
2,1
Insgesamt
1,1
-4,6
-1,8
.-10,0
9,0
0,7
-2,0
1,6
Konsumausgaben
Bruttoanlageinvestitionen
Wachstumsbeiträge zum preisbereinigten BIP (in Prozentpunkten) Konsumausgaben
1,4
-2,3
-0,9
-5,8
6,2
-1,2
-2,7
2,0
-Private Konsumausgaben
0,8
-3,0
-1,1
-6,0
5,8
-1,4
-2,6
1,6
-Konsumausgaben des Staates
0,6
0,7
0,2
0,2
0,4
0,2
-0,2
0,4
0,5
-0,8
0,0
-1,5
-1,0
0,5
-0,2
0,1
-Ausrüstungsinvestitionen
0,0
-0,9
-0,5
-1,0
1,0
0,1
0,0
0,0
-Bauinvestitionen
0,4
0,2
0,4
-0,4
-0,1
0,3
0,0
0,0
-sonstige Anlagen
0,1
0,0
0,0
-0,1
0,1
0,1
-0,1
0,1
-0,7
-0,7
0,1
-0,4
-1,8
0,5
1,9
0,1
1,7
-3,7
-0,8
-7,7
5,5
-0,2
-1,0
2,2
-0,7
-0,8
-1,0
-2,3
3,6
1,0
-1,0
-0,6
Bruttoanlageinvestitionen
Vorratsveränderungen u. Ä. Inländische Verwendung Außenbeitrag
Quelle: Destatis
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