Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

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Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts Wesentliche Neuerungen im Überblick

17. November 2021

Modernisierung des Personengesellschaftsrechts Das in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause 2021 beschlossene Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird als ein Meilenstein in der Geschichte des deutschen Gesellschaftsrechts bezeichnet. Im Kern soll mit der Reform des Personengesellschaftsrechts eine Anpassung des geschriebenen Rechts an das geltende Recht (Rechtsprechung und Lehre) erfolgen. Zudem sollen die Regelungen für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und die Personenhandelsgesellschaften an moderne Bedürfnisse angepasst werden. Von besonderer Bedeutung ist die Einführung eines Gesellschaftsregisters für die GbR zur Herstellung von Rechtssicherheit und Transparenz in Folge der gesetzlichen Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR. Daneben stellt der Gesetzgeber auch für die Personengesellschaften klar, dass für alle in Deutschland registrierten Unternehmen deutsches Gesellschaftsrecht Anwendung finden kann, auch wenn sie ihre Haupttätigkeit ins Ausland verlegen. Schließlich erfolgt eine Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler (z. B. Ärzte und Rechtsanwälte) sowie die gesetzliche Regelung eines Beschlussmängelrechts für Personenhandelsgesellschaften. Die Reform wird erst am 1. Januar 2024 in Kraft treten, doch die betroffenen Unternehmen sollten die Zeit nutzen und sich schon jetzt mit den Neuregelungen vertraut machen. Dieser Beitrag stellt den Hintergrund der Reform sowie den wesentlichen Inhalt und die praktischen Auswirkungen für die betroffenen Gesellschaftsformen dar.


Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht

1. Hintergrund der Reform In dem Koalitionsvertrag für die letzte Legislaturperiode wurde eine Reform des Personengesellschaftsrechts vereinbart. Das teils noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Recht der Personengesellschaften soll an die Anforderungen eines modernen Wirtschaftslebens angepasst werden. Eine daraufhin vom BMJV eingesetzte Expertenkommission hat am 20. April 2020 einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) unter der Bezeichnung „Mauracher Entwurf“ vorgelegt. Tagungsort der Kommission war Schloss Maurach am Bodensee. Grundlage für die Arbeit der Expertenkommission waren die Empfehlungen des 71. Deutschen Juristentages aus 2016. Der Bundestag hat das MoPeG schließlich am 25. Juni 2021 verabschiedet. In einer Übergangszeit bis Ende 2023 haben alle bestehenden Unternehmen Zeit, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Ab dem 1. Januar 2024 tritt das Gesetz in Kraft. Dadurch sollte ausreichend Zeit für die technischorganisatorische Umsetzung des Gesellschaftsregisters geschaffen werden.

2. Wesentlicher Inhalt des MoPeG Die wichtigsten Änderungen der Reform betreffen die GbR. Bei den Personenhandelsgesellschaften gibt es jeweils nur punktuelle Änderungen.

2.1 Änderungen, die nur für die GbR gelten a) Gesetzliche Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR, § 705 Abs. 2 BGB n.F. Seit dem Grundsatzurteil des BGH vom 29.01.2001 („ARGE Weißes Roß“) wird die Außen-GbR als eigenständiges Rechtssubjekt angesehen und kann selbst Träger von Rechten und Pflichten sein. Mit dieser Entscheidung wurde die Rechtsfähigkeit der GbR anerkannt, soweit sie am Rechtsverkehr teilnimmt (Außen-GbR). Diesen durch die Rechtsprechung begründeten Systemwechsel möchte das MoPeG nachvollziehen. Das Gesetz hält hierbei an der Trennung zwischen einer rechtsfähigen Außen-GbR und einer nicht rechtsfähigen Innengesellschaft fest. Gesetzliches Leitbild soll aber die GbR als eine auf gewisse Dauer angelegte, rechtsfähige Außengesellschaft sein (§ 705 Abs. 2 BGB). Diese rechtsfähige AußenGbR soll die Grundform für alle rechtsfähigen Personengesellschaften (OHG, KG) sein. Ob die Gesellschaft rechtsfähig ist oder nicht, richtet sich grds. nach dem Willen der Gesellschafter zur Teilnahme am Rechtsverkehr (§ 705 Abs. 2). Nach § 705 Abs. 3 BGB wird bei der unternehmenstragenden GbR das Vorliegen einer rechtsfähigen GbR gesetzlich vermutet. b) Einführung eines Gesellschaftsregisters für die GbR, §§ 707 ff. BGB n.F. Handelsgesellschaften müssen zur Gründung in das Handelsregister eingetragen werden. Da die GbR zwar eine Gesellschaft, aber keine Handelsgesellschaft ist, erfolgt für die GbR keine Eintragung in das Handelsregister.

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Nach dem MoPeG soll ein neues Gesellschaftsregister für die GbR mit Publizitätswirkung nach dem Vorbild des Handelsregisters geschaffen werden (§ 707 BGB ff. n.F.). Als Kehrseite zu ihrer Anerkennung als Rechtssubjekt soll dadurch Rechtssicherheit und Transparenz hergestellt werden. Folgende Aspekte sind hierbei wichtig: ▪

Die Publizitätsvorschriften des § 15 HGB sollen auf das Gesellschaftsregister entsprechend anwendbar sein (Gutglaubensschutz), § 707a Abs. 3 BGB n.F.

Die Eintragung in das Gesellschaftsregister ist grds. freiwillig und für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit nicht erforderlich (kein Eintragungszwang).

Für den Erwerb von bestimmten in öffentlichen Registern einzutragenden Rechten ist die Eintragung im Gesellschaftsregister jedoch Voraussetzung. Denn wenn die Außen-GbR unter ihrem Namen in ein mit öffentlichem Glauben ausgestattetes Register eingetragen werden kann (z. B. Grundbuch), muss klar sein, wer hinter dieser Gesellschaft steht.

Es heißt dann in dem jeweiligen SpezialG (z. B. GBO): „Für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts soll ein Recht nur eingetragen werden, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist.“

Betroffen sind das Grundbuch für den Erwerb von Grundstücksrechten durch die GbR (§ 47 Abs. 2 GBO), das Schiffsregister für Rechte der GbR an eingetragenen Schiffen (§ 51 Abs. 2 SchRegO), das Aktienregister für die Stellung einer GbR als Aktionär (§ 67 AktG) sowie die Gesellschafterliste einer GmbH für die Stellung einer GbR als Gesellschafter einer GmbH (§ 40 GmbHG).

Möchte eine GbR somit ein Grundstück erwerben oder Gesellschafterin einer GmbH oder AG werden, muss sie sich künftig zuvor im Gesellschaftsregister registrieren lassen, um dann bspw. als Grundstückseigentümerin im Grundbuch eingetragen werden zu können.

Mit der Eintragung ist die Gesellschaft verpflichtet, die Bezeichnung „eingetragene Gesellschaft“, d. h. „eGbR“ zu verwenden (Firmierung der GbR, §§ 707a Abs. 2, 707b).

Bestehende GbRs, die bereits im Grundbuch stehen, müssen sich im Gesellschaftsregister als „eGbR“ registrieren lassen, sobald die Gesellschaft eine Verfügung über das betreffende Grundstücksrecht treffen will oder es zu einem Wechsel im Gesellschafterbestand gekommen ist (Art. 229, § 21 EGBGB).

c) Umwandlungsfähigkeit der GbR, § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwG n.F. Derzeit kann eine GbR nicht an einer Umwandlung (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) beteiligt sein. Durch die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister wird dieser die Möglichkeit zur Umwandlung eröffnet (§ 3 UmwG). Eine eingetragene GbR soll sich künftig im selben Umfang an Umwandlungen beteiligen können wie eine Personenhandelsgesellschaft (Verschmelzung und Spaltung). d) Beseitigung der Gesamthand zugunsten von Gesellschaftsvermögen, §§ 713, 722 BGB n.F. Nach der aktuellen Regelung in § 718 BGB gehört das dem gemeinsamen Zweck gewidmete oder bei Zweckerfüllung erworbene Vermögen den Gesellschaftern gemeinsam (sog. Gesamthandslehre).

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Künftig soll das Vermögen nach § 713 BGB n.F. der Gesellschaft selbst und nicht mehr den Gesellschaftern in ihrer Gesamtheit (Gesamthand) zugerechnet werden (zuvor h.M.). Das MoPeG enthält damit eine Abkehr von der Gesamthandslehre. Eine wichtige Konsequenz ist, dass eine Zwangsvollstreckung damit ausschließlich aus einem Titel gegen die Gesellschaft und nur in das Vermögen der Gesellschaft stattfindet (§ 722 BGB). In steuerrechtlicher Hinsicht stellt sich die Frage, ob die Beseitigung der Gesamthand zum Wegfall der Transparenzbesteuerung für die GbR führen könnte, so dass die GbR damit ein einkommensteuerpflichtiges Steuersubjekt werden würden. Dies ist aber ausweislich der Gesetzesbegründung nicht beabsichtigt. Die Steuerpraxis mag, wo sie das für nötig erachtet, von der fiktiven gesamthänderischen Zuordnung des Gesellschaftsvermögens ausgehen. e) Gesetzliche Regelung der Haftung der Gesellschafter, 721 ff. BGB n.F. Die rechtsfähige Außen-GbR haftet mit ihrem Gesellschaftsvermögen (§ 31 analog bzw. 278 BGB). Die Gesellschafter der Gbr haften nach der Rspr. daneben persönlich, unbeschränkt und akzessorisch für die Verbindlichkeiten der GbR (h.M.: nach §§ 128–130 HGB analog mit Ausnahmen, Akzessorietätstheorie). Der BGH hatte sich für die Übernahme des strengen, akzessorischen Haftungsmodells der OHG (§§ 128-130 HGB) entschieden, aber für Sonderfälle (Bauherrengemeinschaften, geschlossene Immobilienfonds) Ausnahmen zugelassen. Diese nach der Rspr. auch schon bisher geltende persönliche Haftung der Gesellschafter ist künftig ausdrücklich in den §§ 721 ff. BGB geregelt. Das MoPeG gleicht das Haftungsregime der GbR an das Haftungsregime der OHG an, indem die §§ 721 ff. BGB die neuere Rspr. zur Gesellschafterhaftung analog §§ 128-130 HGB aufgreifen. Diese strenge Haftung wurde kritisiert und in der Gesetzesbegründung als Ausnahme berücksichtigt. Zum einen stellt die Gesetzesbegründung klar, dass damit keine Abkehr von der von der Rechtsprechung und dem Schrifttum bereits entwickelten Ausnahmen für Sonderfälle bezweckt ist. Zum anderen bleiben nach der Gesetzesbegründung auch weitere Haftungsbegrenzungen durch künftige andere adäquate Modelle zulässig. Wichtig ist, dass keine generelle Haftungsbeschränkung durch Eintragung im Gesellschaftsregister geschaffen worden ist. Der GbR fehlt es an einer Kapitalsicherung, die eine beschränkte Haftung rechtfertigen würde. Es kann aber individuell eine Haftungsbeschränkung mit dem Gesellschaftsgläubiger vereinbart werden. f) Keine Auflösung der Gesellschaft bei Tod oder Kündigung eines Gesellschafters, §§ 723 ff. BGB n.F. Bislang führte der Tod oder die Kündigung eines GbR-Gesellschafters grds. zur Auflösung der GbR. Künftig soll die GbR nicht aufgelöst, sondern fortgesetzt werden, wenn ein Gesellschafter die Gesellschaft verlässt oder verstirbt (§§ 723 ff. BGB n.F.). Einer Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag bedarf es zukünftig nicht mehr, um diese Rechtsfolge herbeizuführen. Damit soll das Recht der GbR an das Recht der OHG und der KG angenähert werden.

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g) Nicht rechtsfähige Innengesellschaft, §§ 740-740c BGB n.F. Bestimmte Normen über die rechtsfähige GbR sind nach § 740 Abs. 2 BGB entsprechend anzuwenden; ansonsten gibt es Sonderregelungen in den §§ 740 ff. BGB.

2.2 Wesentliche Änderungen für die GbR, die auch für Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) gelten a) Einräumung eines Sitzwahlrechts, § 706 BGB n.F. Bisher gilt als Sitz einer Personengesellschaft der Ort, wo sich die faktische Geschäftsleitung befindet ungeachtet anderslautender Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag (Verwaltungssitz). Eine grenzüberschreitende Sitzverlegung führt zu Auflösung und Liquidation der Gesellschaft (kollisionsrechtliche Sitztheorie). Für alle eingetragenen Personengesellschaften wurde mit dem MoPeG ein generelles Sitzwahlrecht eingeführt. Dies ermöglicht die Trennung des Verwaltungssitzes von dem Vertragssitz und zwar unabhängig davon, ob die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat hat. Dadurch kann die Geschäftstätigkeit auch außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes entfaltet werden, ohne auf die vertraute Rechtsform verzichten zu müssen. Voraussetzung ist, dass der Vertragssitz im Inland liegt. Nur so ist die Gesellschaft fest in der deutschen Rechtsordnung verankert. Das MoPeG gestattet damit auch den deutschen Personengesellschaften den (evtl. steuerlich motivierten) Wegzug aus Deutschland. Das Sitzwahlrecht gilt bereits für die GmbH (§ 4a GmbHG) und die AG (§ 5 Abs. 2 AktG) und liegt daher im Interesse der Rechtsvereinheitlichung. b) Stimmkraft und Ergebnisbeteiligung nach Beteiligungsverhältnissen, § 709 Abs. 3 BGB n.F., § 120 Abs. 1 S. 2 HGB n.F. Das MoPeG schafft die bisherige Stimmgewichtung und Gewinn- und Verlustverteilung nach Köpfen ab und führt die in der Praxis ohnehin gebräuchliche Regelung ein, dass die Stimmkraft und Ergebnisverteilung vorrangig nach den Beteiligungsverhältnissen zu bestimmen ist. Falls die Gesellschafter eine Abweichung von diesem gesetzlichen Regelfall wünschen, ist künftig sicherzustellen, dass der Gesellschaftsvertrag abweichende Verteilungsregeln vorsieht. c) Beschlussfassung gesetzlich geregelt, § 714 BGB n.F., § 109 Abs. 3 HGB n.F. Das MoPeG sieht erstmals Regelungen zum Beschlussverfahren in der GbR vor und bestätigt insofern die gebräuchliche Anwendung der Regeln zu Personenhandelsgesellschaften auf die GbR. Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter. Abweichungen (z. B. Mehrheitsbeschlüsse) müssen im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. d) Informationsrechte und Informationspflichten gesetzlich geregelt, § 717 BGB Das MoPeG schafft erstmalig klare Regelungen zu Informationsrechten der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft, die für die OHG die Regelung des § 118 HGB ablöst. Die Informationsreche des Kommanditisten (haftungsbeschränkter Gesellschafter der KG) sind in § 166 HGB weiterhin gesondert

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geregelt. In der Praxis wird hier in Anlehnung an die GmbH zu beachten sein, dass dieses Recht in Gesellschaftsverträgen nicht ohne weiteres eingeschränkt werden kann. e) Abfindungsanspruch des Gesellschafters gesetzlich geregelt, § 728 BGB Die Gesellschaft hat dem ausgeschiedenen Gesellschafter, wenn nicht anderes vereinbart ist, eine dem Wert seines Anteils angemessene Abfindung zu zahlen. Der Wert des Geschäftsanteils ist künftig direkt zu bewerten und nicht wie bisher quotal vom Unternehmenswert abzuleiten. f) Statuswechsel (rechtssicherer Wechsel zwischen den Registern), § 707c BGB n.F. Was passiert bei Umwandlung einer registrierten GbR in eine OHG bzw. umgekehrt? Erfordert beispielsweise die Ausweitung der Geschäftstätigkeit einer GbR einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb, ermöglicht das Institut des sog. Statuswechsels nach § 707c BGB den rechtssicheren Wechsel zwischen Gesellschaftsregister und Handelsregister ohne Gefahr einer Doppeleintragung. Dieser Wechsel wird dann aus dem Register ersichtlich sein. g) Begrenzung der Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters, § 728b Abs. 1 S. 2 BGB n.F., § 137 Abs. 1 S. 2 HGB n.F. Nach geltendem Recht haftet ein ausgeschiedener Gesellschafter für die Dauer von fünf Jahren für die Verbindlichkeiten der GbR fort. Zu solchen Verbindlichkeiten gehören insbesondere die bei Ausscheiden bestehenden Dauerschuldverhältnisse (z. B. Mietvertrag) aber auch das Deliktsrecht. Die Details der Begrenzung der Nachhaftung beim Schadensersatz waren jedoch umstritten. Künftig haftet der ausgeschiedene Gesellschafter für Schadensersatzansprüche mit einer Nachhaftung von fünf Jahren nunmehr nur noch dann, wenn die Pflichtverletzung vor dem Ausscheiden eingetreten ist. Haftungsansprüche, die aufgrund von Pflichtverletzungen anderer Mitglieder nach Ausscheiden eines Gesellschafters entstehen, belasten diesen gar nicht. Bei einer „eGbR“ gilt künftig (entsprechend der Regeln für OHG und KG) dass Fristbeginn der 5-Jahresfrist der Tag der Eintragung des Ausscheidens im Gesellschaftsregister ist. Bei einer „eGbR“ gilt daher, dass eine Benachrichtigung der Gläubiger vom Ausscheiden künftig nicht mehr erforderlich ist.

2.3 Wesentliche Änderungen, die nur für Personenhandelsgesellschaften gelten a) Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler, § 107 Abs. 1 S. 2 HGB n.F. Bisher können sich die Träger freiberuflicher Tätigkeiten (Ärzte, RA, Architekten) nicht zu Personenhandelsgesellschaften zusammenschließen, da der freiberufliche Charakter als nicht vereinbar mit dem Kaufmannsbegriff (Betrieb eines Handelsgewerbes) angesehen wurde. Die Rechtsformen des Handelsrechts sollen nunmehr künftig auch für freiberufliche Tätigkeiten geöffnet werden, soweit das anwendbare Berufsrecht dies zulässt. Für Rechtsanwälte wird das nach der jüngsten BRAO-Reform ab dem 01.08.2022 bereits der Fall sein. Möglich soll damit insbesondere eine GmbH & Co. KG für Freiberufler sein. Vorteil einer GmbH & Co. KG ist, dass eine Haftung der Kommanditisten hinsichtlich aller Verbindlichkeiten (auf die Hafteinlage) beschränkt werden kann (z. B. auch Verbindlichkeiten aus Mietverhältnissen oder ggü. Angestellten), unabhängig davon, ob die Verbindlichkeiten bei spezifischer Berufsausübung oder in sonstiger Weise begründet wurde.

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b) Gesetzlich geregeltes Beschlussverfahren, § 109 HGB n.F. Das MoPeG sieht erstmals Regelungen zum Beschlussverfahren in der Personenhandelsgesellschaft vor. Beschlüsse müssen mangels abweichender Abrede künftig in Versammlungen gefasst werden, zu deren Beschlussfähigkeit die Mehrzahl der stimmberechtigten Gesellschafter vertreten sein muss. c) Gesetzlich geregeltes Beschlussmängelrecht, § 110 ff. HGB n.F. Bislang sind fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse bei Personengesellschaften automatisch unwirksam bzw. nichtig. Will ein Gesellschafter die Unwirksamkeit eines Beschlusses geltend machen, muss er eine allgemeine Feststellungsklage gegen alle anderen Gesellschafter gerichtlich geltend machen. Mit dem MoPeG wird erstmalig ein gesetzlich geregeltes Beschlussmängelrecht für Personenhandelsgesellschaften eingeführt (§§ 110 ff. HGB n.F.). In Zukunft soll nach dem Vorbild des Aktienrechts (§§ 241 ff. AktG) zwischen anfechtbaren und nichtigen Gesellschafterbeschlüssen differenziert werden. Anfechtbare Gesellschafterbeschlüsse können im Wege einer innerhalb von drei Monaten zu erhebenden Anfechtungsklage angefochten werden. Lässt eine Gesellschafter die Frist verstreichen, wird der Beschluss unanfechtbar. Das Anfechtungsmodell gilt sodann nur, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes regelt. Für die GbR waren diese Regelungen zunächst auch angedacht, wurden aber im Gesetzgebungsverfahren nicht umgesetzt. Die GbR-Gesellschafter können indes freiwillig in ihren Gesellschaftsverträgen auf das neue Beschlussmängelverfahren zurückgreifen.

2.4. Wesentliche Änderungen, die nur für die KG gelten a) Erweiterung der Informationsrechte der Kommanditisten (beschränkt haftender Gesellschafter), § 166 HGB n.F. Der Gesetzgeber hat die Informationsrechte der Kommanditisten erweitert. Diese Informationsrechte können im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden. Die Ausübung setzt künftig keinen wichtigen Grund und keine gerichtliche Anordnung mehr voraus. b) Einheits-GmbH & Co. KG, 170 Abs. 2 HGB n.F. (KG hält Anteile an ihrer eigenen Komplementärin) Die Einheitsgesellschaft wird erstmals ausdrücklich im Gesetz benannt und dabei eine gesetzliche Sondervertretungsregel geschaffen. Bei einer Einheits-GmbH & Co. KG sind GmbH und KG wechselseitig aneinander beteiligt. Während die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin an der KG beteiligt ist, ist die KG ihrerseits Alleingesellschafterin der GmbH, d. h. die KG hält alle Anteile ihrer eigenen Komplementär-GmbH. Die Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-Kapitalgesellschaft (GmbH) werden nicht von der Komplementärin (faktisch also von deren Geschäftsführern), sondern von den Kommanditisten wahrgenommen. Dies ist auch die bisherige Praxis.

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3. Ausblick Im Bundestag wurde das MoPeG als „Jahrhundertwerk“ gewürdigt. Für die Praxis dürfte sich der tatsächliche Umstellungsaufwand letztlich in Grenzen halten, weil die Reform in vielen Teilen nur nachzeichnet, was Rechtsprechung und Lehre bereits rechtsfortbildend entwickelt hatten. In Einzelfällen kann es aber einer Überarbeitung bestehender Gesellschaftsverträge bedürfen. Hierbei ist zu prüfen, wo Abweichungen von der künftigen Rechtslage erwünscht sind. Neu ist, dass auch für die GbR in Zukunft die Möglichkeit besteht, sich in einem Register zu registrieren. Für jede GbR stellt sich die Frage, ob sich eine Eintragung in das Gesellschaftsregister tatsächlich anbietet. Anreize dürften die Umwandlungsfähigkeit, das Sitzwahlrecht und die Eintragungsmöglichkeit in das Grundbuch sein.

Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Redaktion Dr. Kerstin Lappe, MLE Referentin Recht/ Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) Recht, Wettbewerb, Verbraucherpolitik T: +49 30 2028-1073 k.lappel@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D 1468

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