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Chancen der Digitalisierung für Europa: Ein digitaler EU-Binnenmarkt
▪ Mitgliedstaaten müssen ihren SOLVIT-Service verbessern. Gemäß dem Binnenmarktanzeiger der
EU-Kommission bestehen nach wie vor große Defizite im SOLVIT-System26. Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass ihre SOLVIT-Zentren adäquat personell ausgestattet sind, dass sich nationale Behörden angemessen an SOLVIT beteiligen und dass Fälle schnell und mit der notwendigen
Expertise bearbeitet werden.
▪ Das Notifizierungsverfahren für dienstleistungsbezogene Maßnahmen muss reformiert werden. Nach wie vor erlassen nationale Behörden Maßnahmen, ohne dass diese notifiziert bzw. durch die EU-Kommission und andere Mitgliedstaaten geprüft werden können. Dies trägt erheblich zur Schaffung neuer Barrieren bei. Da der letzte Versuch einer Reform des Notifizierungsverfahren am Widerstand einiger Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, scheiterte, ist ein neuer Anlauf notwendig.
▪ Die Anwendung des Proportionalitätstests für dienstleistungsbezogene Maßnahmen muss gestärkt werden. Die EU-Kommission sollte nationalen Behörden eine Orientierungshilfe (Guidance) gemäß der Richtlinie über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (2018/958) zur Verfügung stellen. Außerdem müssen Interessenträger systematisch in die Prüfung eingebunden werden.
▪ Die Entsendung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über EU-Ländergrenzen hinweg muss erleichtert werden. Zurzeit können Unternehmen aufgrund der EU-Entsenderichtlinie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur unter Einhaltung immer komplizierterer bürokratischer Nachweispflichten ins
Ausland entsenden. Dies gilt insbesondere für die sog. „A1-Bescheinigung“. Bei der Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Änderung der zugrundeliegenden EU-Verordnungen sollte unter anderem auf eine zeitliche Schwelle hingearbeitet werden, unterhalb derer generell keine A1-Bescheinigung erforderlich ist.
Chancen der Digitalisierung für Europa: Ein digitaler EU-Binnenmarkt
Deutschland und Europa werden im globalen Wettbewerb nur mit einer klaren Ausrichtung auf die Entwicklung und das Betreiben von Digitalinnovationen sowie weiterer Zukunftstechnologien bestehen können. Schon jetzt bietet die digitale Transformation für deutsche Unternehmen riesige Chancen. Rund 59 Prozent der Industrieunternehmen mit mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland nutzen bereits Industrie 4.0-Anwendungen.27 Auch hat die Coronapandemie als Digitalisierungsbooster in zahlreichen Unternehmen gewirkt28. Nun gilt es, die positiven Erfahrungen mit digitalen Technologien, die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen überall in Europa während der Corona-Pandemie gesammelt haben, in einen langfristigen Technologie- und Digitalisierungsmotor zu übersetzen.
Während Europa vielfach die erste Welle der Digitalisierung der Wirtschaft nicht kraftvoll genug vorangetrieben hat, sind deutsche Unternehmen – vom Start-up über KMU bis hin zu multinationalen Konzernen – führend im Bereich der Plattformökonomie. So tragen aktuell vier der 14 weltweit führenden Industrial-Internet-of-Thing-(IIoT)-Plattformen das Prädikat „Made in Germany“. Wenngleich sie nicht an die Reichweite und den Benutzerzahlen der großen B2C-Plattformen herankommen, leisten diese B2B-Plattformen einen entscheidenden Beitrag zur dualen Transition: Zum einen unterstützen sie die
26 https://ec.europa.eu/internal_market/scoreboard/performance_by_governance_tool/solvit/index_en.htm 27 Bitkom: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Industrie-40-so-digital-sind-Deutschlands-Fabriken (2020) 28 Bitkom. 2021. https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Corona-Unternehmen-spueren-wirtschaftlichen-Nutzen-derDigitalisierung