MITTELSTANDSPOLITIK
Ländliche Räume stärken Für einen wettbewerbsfähigen Mittelstand, eine lebhafte Gesellschaft und gleichwertige Lebensverhältnisse
Ländliche Räume stärken
Der industrielle Mittelstand – Erfolgsfaktor in ländlichen Räumen Mittelständische Unternehmen sind oft – meist seit Generationen – in ländlichen Räumen beheimatet. Hier finden sich viele Hidden Champions und Weltmarkt führer. Eingebunden in innovative Wertschöpfungsver bünde wirtschaften sie vor Ort nachhaltig erfolgreich und sind oft gleichzeitig international tätig. Unternehmerischer Erfolg ermöglicht es Betrieben, attraktive Aus- und Weiterbildung sowie soziale Leistun gen zu bieten. Ergänzend dazu sind viele der Unterneh merinnen und Unternehmer innovative Gestalter ihrer Region. Sie fördern Kunst, Kultur und Sport am Standort und engagieren sich für Integration und Inklusion. Diese lokale Verankerung trägt nicht zuletzt zur besonderen Verbundenheit und Wertschätzung zwischen Belegschaft, Führungsebene und weiteren Akteuren vor Ort bei. Die Politik berücksichtigt bisher unzureichend, wie bedeutend Mittelstand und Familienunternehmen in ländlichen Räumen und für gleichwertige Lebensverhält nisse in Deutschland sind. Es ist überfällig, die Rahmen bedingungen vor Ort zu stärken, denn für Unternehmen wird traditionelle Standorttreue zunehmend nachteilig.
„Für die Arbeitsplätze und gesellschaftlichen Strukturen ist es wichtig, den Mittelstand und die Familienunternehmen in den ländlichen Regionen zu halten. Die Politik darf nicht nur auf die Ballungsgebiete schauen. Sie muss den ländlichen Raum attraktiver für Investitionen, Beschäftigung, Wohnen und Leben machen.“
Dr.-Ing. Hans-Toni Junius Geschäftsführender Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung, C.D. Wälzholz GmbH & Co. KG Vorsitzender BDI/BDA-Mittelstandsausschuss
Mangelhafte oder gar fehlende Infrastrukturen – von Straße und Schiene bis zum digitalen Netz – fordern Unternehmen immer stärker heraus. Qualifiziertes Personal ist an vielen Stellen kaum zu finden oder schwer zu halten. Fehlende Zukunftsinvestitionen der öffentlichen Hand verschärfen die Lage. Wenn aber attraktive Arbeitsplätze und Steuereinnah men in einer Region verloren gehen, sind auch soziale Stabilität, gesellschaftlicher Zusammenhalt und politische Toleranz gefährdet. Es gilt, ländliches Leben und Wirtschaften nicht zu romantisieren, sondern vorurteilsfrei zu betrachten. Es gilt, letztlich bekannte Strukturschwächen entschlossen zu beheben. Es gilt, die Stärken ländlicher Räume zu erkennen und gezielt auszubauen. Um Belange von Betrieben vor Ort zu verstehen, sollten Politik und Verwaltung auf allen Ebenen noch stärker auf Unternehmen zugehen. Wem es durch spürbar attraktive Standortbedingungen gelingt, Unter nehmen zu halten und neue Ansiedlungen zu ermutigen, stärkt nicht zuletzt die Gleichwertigkeit der Lebensverhält nisse im Land. Wer Unternehmen in der Fläche stärkt, sichert Wohlstand in der Breite.
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www.bdi.eu/publikation/news/ Laendliche-Raeume-staerken
Ländliche Räume stärken
Der industrielle Mittelstand in ländlichen Räumen – Handlungsempfehlungen Modernste digitale Infrastruktur schaffen und ausbauen Die Attraktivität ländlicher Räume hängt entscheidend von leistungsfähigen und sicheren digitalen Infrastrukturen ab. Unternehmen müssen an jedem Standort im Land umfassende digitale Prozesse nutzen und mit Kunden, Partnern und Zulieferern aus aller Welt digital interagieren können. Auch immer mehr Menschen machen ihre Arbeits-, Wohn- und Bleibeperspektiven von ausreichender Breitband versorgung und leistungsfähigen Mobilfunknetzen abhängig. Wer eine dynamische Digitalisierung voranbringen will, sollte auf Geschwindigkeit beim Ausbau setzen, alternative und innovative Verlegemethoden nutzen und unnötige Büro kratie in Planungs- und Genehmigungsverfahren vermeiden.
Verkehrsinfrastruktur modernisieren und ausbauen Komplexe Zulieferbeziehungen erfordern ein effizientes Verkehrsnetz. Seit Jahren werden die Produktionsprozesse schlanker, die Zahl der Produktionsorte steigt, die Arbeits teilung nimmt zu. Um wettbewerbsfähig zu wirtschaften, müssen Vorleistungen zeitgerecht die Produktion erreichen und fertige Produkte zügig die Werke verlassen. Auch Fach kräfte achten bei der Wahl des Arbeitgebers auf moderne Mobilität vor Ort inklusive guter Anbindungen an größere Städte. Vor dem Hintergrund des enormen Sanierungsund Modernisierungsstaus sollte das Investitionsniveau im Bundeshaushalt für die Verkehrsinfrastruktur möglichst ver stetigt und bereitgestellte Mittel zügig verwendet werden – für bedarfsgerechte und bezahlbare Mobilität für Beschäftigte und deren Familien vor Ort sowie für effiziente Anbindungen an weltweite Exportmärkte.
Bildungsmöglichkeiten flächendeckend anbieten Moderne Bildungsmöglichkeiten – ob in Schule oder Berufs schule – müssen flächendeckend und wohnortnah zur Ver fügung stehen, um Abwanderung in Städte vorzubeugen und qualifizierte Fachkräfte in der Region zu binden. (Fach-) Hochschulen auch in ländlichen Gebieten zu halten, erlaubt es Unternehmen, Studierende frühzeitig anzusprechen. Zudem profitieren Mittelstand und Familienunternehmen von gemeinsamen Forschungsprojekten mit der Wissen schaft. Grundlagenforschung und industrielle Anwendung können sich befruchten. Orientieren sich Lehrangebote und Forschungsschwerpunkte auch an der lokalen Wirtschafts struktur, fördert das eine innovative und zukunftsorientierte Gestaltung der Region.
Fachkräfteversorgung sichern In ländlichen Regionen kommen drei Faktoren zusammen, die den teilweise akuten Fachkräftemangel verstärken: die Urbanisierung, der Trend zur Akademisierung und der demo grafische Wandel. Notwendig bleibt ein Gesamtkonzept zur Erschließung aller inländischen Potenziale sowie die Zuwan derung qualifizierter Fachkräfte – aus Nachbarländern und darüber hinaus. Die Politik ist gefordert, dringend gesuchte Talente durch attraktive Rahmenbedingungen und den Abbau unnötiger Bürokratie anzuwerben. Dafür müssen auch Visastellen und Ausländerbehörden personell und technisch auskömmlich ausgestattet sein und ausländische Abschlüsse unkomplizierter anerkannt werden. Auch die Wohnsituation in ländlichen Regionen muss sich verbessern, damit Fachkräfte arbeitsortnah leben können.
Unnötige Bürokratie abbauen Unnötige Bürokratie, übermäßige Zettelwirtschaft und langsame Planungs- und Genehmigungsverfahren kosten Ressourcen, hemmen Innovationen und demotivieren die nachfolgende Generation, den Betrieb am traditionellen Standort zu übernehmen. Dabei können ländliche Regionen Unternehmen relevante Vorteile bieten: In eher übersichtlichen Strukturen kann es einfacher sein, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, verlässliche Entscheidungen zu fällen und Ideen schneller umzusetzen. Großes Potenzial des ländlichen Raums liegt darin, Gewerbe- und Wohnungsbauflächen schnell und unbürokratisch auszuweisen, etwa für Neuansiedlungen von Unternehmen. Überbordende Regularien von Bundes ebene sollten diese Möglichkeit nicht untergraben, sondern gezielt fördern.
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Kommunale Strategie für Zukunftsinvestitionen formulieren
Die Attraktivität einer Region sinkt schnell, wenn es an Angeboten für Wohnungen, bei der wohnortnahen Beschulung, der Gesundheitsversorgung, Entsorgungsleistungen oder lokalen Verkehrsdiensten mangelt. Zu häufig führen öffentliche Monopolstrukturen und einzelne Gesetze dazu, dass private Anbieter bei Aufträgen unberücksichtigt bleiben. Ohne Wett bewerbsdruck fehlen Anreize, eine Leistung stetig zu verbessern und zu optimieren. Dominieren staatliche Monopolstrukturen, gehen auch Steuereinnahmen in beträchtlicher Höhe verlo ren. Ziel muss eine moderne Gemeindefinanzierung sein, die den Anforderungen des Unternehmenssteuerrechts und dem Finanzbedarf der Kommunen gleichermaßen gerecht wird. Zudem muss Deutschland in der Fläche – und nicht nur in Ballungsräumen – als Investitionsstandort für privates und öffentliches Wagniskapital attraktiver werden.
www.bdi.eu/mittelstand
Medizinische Versorgung flächendeckend gewährleisten Eine flächendeckende und wohnortnahe Gesund heitsversorgung ist für Menschen im ländlichen Raum und dort ansässige Unternehmen wichtig – auch mit Blick auf eine alternde Bevölkerung. Jedoch fordert es enorm heraus, die Gesundheitsversorgung auf dem Land aufrecht zu erhalten. Allein bis 2030 gehen rund 50 Prozent der Allgemein mediziner in den Ruhestand. Innovative, digitale Gesund heitslösungen mit nachgewiesenem Zusatznutzen – etwa telemedizinische Angebote – können zu einer modernen Patientenversorgung beitragen. Wer die Versorgung zudem möglichst effizient und kosteneffektiv gestaltet, trägt dazu bei, den Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz dauerhaft bei 40 Prozent zu stabilisieren.
Europa nutzbar machen Viele mittelständische Unternehmen im ländlichen Raum sind in grenzüberschreitenden Wertschöpfungsverbünden aktiv. Ein voll funktionierender EU-Binnenmarkt für Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitnehmer sowie offene Märkte weltweit sind eine unabdingbare Grundlage für unternehmerischen Erfolg und gesellschaftlichen Wohl stand in Deutschland. In Grenzgebieten dürfen unter schiedliche nationale Rechtsrahmen oder komplizierte Verwaltungsverfahren enge wirtschaftliche Kooperationen nicht behindern. Die Regeln im Binnenmarkt sind – unter Achtung der nationalen Kompetenzen und der Autonomie der Sozialpartner – zu harmonisieren. Wo nicht möglich, sollte das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung gelten. Noch dazu gilt es, europäische Förderinstrumente einfacher und bürokratieärmer zu gestalten.
Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. Breite Straße 29 10178 Berlin www.bdi.eu Kontakt Abteilung Mittelstand und Familienunternehmen Abteilung Research, Industrie- und Wirtschaftspolitik Lobbyregisternummer R000534 Stand April 2022