POSITION | MOBILITÄT UND LOGISTIK | GÜTERVERKEHR
Klimariese in Ketten – Der Kombinierte Verkehr Straße/Schiene 23 Handlungsempfehlungen, wie wir in Deutschland und Europa die Wachstumspotentiale der Schiene durch den Kombinierten Verkehr heben
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V.05.17.31
Position | Mobilität und Logistik | Güterverkehr Klimariese in Ketten – Der Kombinierte Verkehr Straße/Schiene
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Präambel: Zeit zu handeln ............................................................................................................................................................ 4 Was können Politik und Bund wie schnell tun, um den Kombinierten Verkehr zu stärken?.................................... 5 01. Wo stehen wir?.......................................................................................................................................................................... 6 02. Wo wollen wir hin?................................................................................................................................................................... 8 03. Was müssen wir tun?............................................................................................................................................................10 Bedarfs- und zukunftsgerechte Netzkapazitäten schaffen...........................................................................................11 Terminalinfrastruktur ausbauen und Umschlag fördern................................................................................................13 Regulatorische Rahmenbedingungen stärken................................................................................................................14 Attraktivität durch neue Anreize schaffen........................................................................................................................16 Impressum........................................................................................................................................................................................18
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Position | Mobilität und Logistik | Güterverkehr Klimariese in Ketten – Der Kombinierte Verkehr Straße/Schiene
Präambel Zeit zu handeln
Präambel Zeit zu handeln Der Kombinierte Verkehr Straße/Schiene (KV), also die Kombination aus einem Vor- und/oder Nachlauf auf der Straße und einem Hauptlauf auf der Schiene, ist das Schienensegment im Güterverkehr mit dem bei weitem höchsten Wachstumspotential. Um Mehrverkehre auf der Schiene zu generieren und damit zur CO2-Minderung im Transportsektor beizutragen, kommt dem KV daher eine zentrale Rolle zu. Ohne die geeigneten Rahmenbedingungen für den KV werden die nationalen und europäischen Modal-Split-Ziele für die Schiene nicht erreichbar sein. Aus Sicht der Kunden des Güterverkehrs, also aus Sicht der Auftraggeber von Transportdienstleistungen in den Industrieunternehmen, ist der KV das flexibelste und innovativste aller Schienensegmente. Seine Umweltbilanz und die mögliche Entlastung der Straße stellen angesichts der national wie global weiterwachsenden Gütermenge zusätzliche Vorteile dar, die rasant an Bedeutung gewinnen. Auch wird es dem KV unter allen Schienensegmenten am leichtesten fallen, zukünftig für solche Gütergruppen und Transportaufgaben attraktiv zu sein, für die bisher nur selten die Schiene genutzt wird. Allerdings ist der KV auch anspruchsvoller und komplexer als der reine Straßen- oder Schienentransport: Jeder Umschlag von einem zum anderen Transportmittel bedeutet zusätzlichen Aufwand und kostet Zeit und Geld. Gleiches gilt für die erforderliche Leerbehälterlogistik, also die Bereitstellung und die Abholung der Transportbehälter. Aufgrund der hohen Anzahl involvierter Akteure - Spediteure, Fuhrunternehmen, Terminalbetreiber, KV-Operateure und Eisenbahnverkehrsunternehmen - sind beim KV die Auftraggeber- und Kommunikationsketten länger und ist die Transparenz entlang der Transportkette für Versender und Empfänger häufig im Vergleich weniger hoch. Im Ergebnis sind für die verladende Industrie als Kunden die Konzeption, die Beauftragung und das Management von KV-Transporten häufig noch deutlich aufwendiger und wissensintensiver. Grundlegende Herausforderungen für den KV bestehen zudem
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in Kapazitätsengpässen im Schienennetz und bei den Terminals sowie in erst noch zu hebenden Effizienzpotentialen und in einem suboptimalen und teils unklaren europäischen und nationalen Ordnungsrahmen. Ziel dieses Papiers ist es, die Hebel aufzuzeigen, die die Eintrittshürden zum KV abbauen, wirksame Anreize für Kunden und Anbieter zu schaffen und den Transportsektor in die Lage zu versetzen, die Attraktivität und Leistungsfähigkeit des KV für bestehende und potentielle neue Kunden zu steigern.
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WaskönnenPolitikundBundwieschnelltun,umdenKombiniertenVerkehrzustärken?
Schnell umsetzbar – rasche Wirkungsentfaltung
Was können Politik und Bund wie schnell tun, um den Kombinierten Verkehr zu stärken?
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AAA
Kabotagefreiheit der straßenseitigen Vor- und Nachläufe sichern 10 Leercontainer-Transporte als Teil des KV absichern 11 Straßenseitigen Vor- und Nachlauf von der Maut befreien 21 Baustellen marktverträglich planen und managen 2 Einschränkungen agiler und informationshaltiger kommunizieren 3 Attraktivität durch Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts im KV steigern 20 Terminal-Umschlagskosten fördern 9 Verlagerungsprämie für Spediteure in Form eines Willkommensbonus einführen 23
In der laufenden Legislaturperiode umsetzbar
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Korridor-Perspektive einnehmen und Kapazitäten international besser managen 4 Anteil KV-fähiger Sattelauflieger durch Mehrkostenförderung erhöhen 19 Kostenstruktur durch weitere regulatorische Hebel verbessern 22 Mehr Transportbehälter jenseits des Standardcontainers für den KV zulassen 12 Ausbau der Terminalkapazitäten in Deutschland und Europa fördern 7 KV-Richtlinie: EU-weite Harmonisierung der besten Regeln 13 Investitionsstrategie für Terminalinfrastruktur im EU-Ausland formulieren 8 Potentiale der Verzahnung von intermodalem Verkehr und Einzelwagenverkehr heben 17
In der laufenden Legislaturperiode anzustoßen
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AA
A
Finanzierungsinstrumente für die Digitale Automatische Kupplung schaffen 15 Informationsfluss entlang der gesamten Transportkette auf ein neues Niveau heben 14 Kontinentalverbindung in Richtung Asien stärken 6 Innovationsstraßen für den KV realisieren 18 Potentiale der digitalen Schiene ausschöpfen 16 1.500-Meter-Züge heute vordenken 5 Netz-Kapazitäten schaffen durch Ausbau und Modernisierung 1
Quelle: BDI 5
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Steuerpolitische Einordnung und Bewertung des Optionsmodells aus Sicht der Wirtschaft
Wo stehen wir? Trotz Mengenzuwächsen stagniert der Anteil der Schiene am Güterverkehr. Der Kombinierte Verkehr (KV) hat das Fähigkeiten-Portfolio und das Marktpotential, dies zu ändern.
Obwohl die Bedeutung, die der Verkehrsträger Schiene für die Mobilität und Logistik in Zukunft spielen wird, längst in aller Munde ist, stagniert ihr Anteil an der Verkehrsleistung im Güterverkehr seit Jahren. 2019 entfiel auf die Schiene in Deutschland immer noch nur ein Anteil von rund 19 Prozent der Verkehrsleistung1 – Warum ist das so? Die einfache Antwort lautet: Die Auftraggeber von Transporten wählen diejenige Transportlösung, die die Anforderungen ihrer jeweiligen Transportaufgabe am besten erfüllt. Die Kriterien für die Auswahl des Verkehrsträgers sind im Wesentlichen: Transportdauer, Zuverlässigkeit, Kosten und stark zunehmend die 1
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Fahrleistungen im Nahverkehr unter 50 km, bei denen der Lkw konkurrenzlos günstig ist, nicht eingerechnet, vgl. Umweltbundesamt: Fahrleistungen, Verkehrsleistung und "Modal Split", 08.02.2022, https://www.umweltbundesamt.de/daten/verkehr/fahrleistungenverkehrsaufwand-modal-split#guterverkehr, zuletzt aufgerufen am 17.02.2022.
Klimafreundlichkeit. Besser werden muss die Schiene insbesondere bei der Zuverlässigkeit, die eine signifikante Erhöhung der Pünktlichkeit bedeutet, und bei den Kosten. Der Klimavorteil der Schiene, der mehr noch als auf dem Einsatz von E-Loks auf ihre Effizienz bei großen und schweren Mengen basiert, allein genügt nicht, um ihren Anteil zu erhöhen; dies gilt, zumal dieser Vorteil langfristig durch die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs schrumpfen wird. Wenn der Anteil der Schiene deutlich steigen soll, muss sie also attraktiver für den Auftraggeber werden. Attraktiver wird sie, indem das System Schiene insgesamt so gestärkt wird, dass Anbieter von Transportlösungen häufiger in der Lage sind, Angebote auf dem Transportmarkt zu machen, die den hohen Anforderungen moderner Logistikketten an Verlässlich- und Planbarkeit, an Kosteneffizienz, an Flexibilität und Geschwindigkeit besser entsprechen.
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Wo stehen wir?
Der Kombinierte Verkehr ist das Schienensegment mit dem höchsten Wachstumspotential Quelle: Eurostat 2021
im Prozent
Entwicklung des KV in der EU im Vergleich zum Schienengüterverkehr im Zeitraum 2009-2019
50 Kombinierter Verkehr Beförderte Güter (1.000 t)
+48 % +47 %
Kombinierter Verkehr Verkehrsleistung (Mio. tkm)
40
30 +25 % 20 +17 % 10 Schienengüterverkehr insgesamt Beförderte Güter (1.000 t)
Schienengüterverkehr insgesamt Verkehrsleistung (Mio. tkm) 20 19
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20 16
20 15
20 14
20 13
20 12
20 11
20 10
20 09
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Basisjahr 2009 = 100%.
Das höchste Wachstumspotential aller Schienensegmente sehen sowohl das Bundesamt für Güterverkehr als auch die Marktteilnehmer beim KV. Seine guten Entwicklungschancen beruhen vor allem auf dem auch in Zukunft stark wachsenden Containeraufkommen im Welthandel und auf der Fähigkeit, die Stärken von Straße und Schiene miteinander zu verbinden – sei es qua Container, qua KV-fähigem Sattelauflieger oder mit Hilfe innovativer Verladelösungen. So macht der KV die umweltfreundliche Schiene auch solchen Kunden zugänglich, die über keinen eigenen Gleisanschluss verfügen. Auch kann er einen Beitrag dazu leisten, die Folgen von Fahrermangel und Engpässe auf der Straße abzufedern. Allerdings hat der KV neben diesen Stärken auch erhebliche Nachteile. So erfordert der Umschlag der Güter von einem auf den anderen Verkehrsträger zusätzliche
Zeit und zusätzlichen Aufwand, bindet Ressourcen und erhöht die Störanfälligkeit in der Transportkette. Im Vergleich zum reinen Straßentransport sind Transportgeschwindigkeit, Flexibilität und Planbarkeit geringer ausgeprägt. All dies resultiert schließlich darin, dass der KV überhaupt erst bei mittleren Entfernungen in der Lage ist, seine Stärken auszuspielen. Politik, Eisenbahnsektor und die verladenden Unternehmen als Kunden der Schiene sehen gleichermaßen, dass der KV ein sehr kräftiges Zugpferd für das Ziel sein kann, mehr Güter auf die Schiene zu bringen. Allerdings ist das Wachstum des KV in vielerlei Hinsicht noch erschwert und ein ganzes Bündel möglicher Maßnahmen, den KV attraktiver zu machen, wurde bisher noch nicht ausreichend genutzt.
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Wo wollen wir hin? In Zukunft ist der KV besser in der Lage, wettbewerbsfähige Lösungen für eine Vielzahl verschiedener Transportaufgaben anzubieten. Dank attraktiver Angebote, Verlässlichkeit und hoher Kundenorientierung stellt er ab mittleren Distanzen vermehrt die Vorzugsoption gegenüber dem reinen Lkw-Verkehr dar. Damit bietet er in viel größerem Umfang als bisher den Unternehmen, die ihre Produkte auf der Schiene transportieren möchten, die Möglichkeit, die CO₂-Emissionen ihrer Logistikketten zu gesamtwirtschaftlich vertretbaren Kosten zu reduzieren.
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02
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Das Zielbild der verladenden Industrie, also der (potentiellen) Kunden des Schienengüterverkehrs und des KV, lässt sich in sechs Punkten zu einer Vision verdichten:
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Kontinuierlich steigende Infrastrukturinvestitionen in das Schienennetz und in die Terminalinfrastruktur sowie ein rascher Netzausbau führen zu einem leistungsfähigeren und resilienteren Schienennetz ohne Engpässe. Güterzüge – beladen auch mit zeitsensiblen Waren – erreichen ihre Ziele pünktlich. Das 4-MeterTunneldurchfahrtprofil (P400) und eine Zuglänge von 740-Metern sind auf allen wichtigen Strecken und deren Bypass-Routen betrieblicher Standard. Im Fall von Störungen im Netz erlauben gut ausgebaute Alternativ- und Umleitungsstrecken eine reibungslose Abwicklung der Verkehre. Durch ein wirksames grenzüberschreitendes Korridormanagement sowie technische und regulatorische Harmonisierung gelingen Ausweichverkehre selbstverständlich auch in internationalen Relationen.
Wo wollen wir hin?
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Digitalisierung, Automatisierung und technische Innovationen, insbesondere im Bereich der Umschlagstechnologien und beim Equipment, haben den Umschlag zwischen Schiene und Straße effizient und schnell gemacht. Der straßenseitige Vor- und Nachlauf zeichnet sich aus durch gute Arbeitsbedingungen und damit hoher Fahrerverfügbarkeit und wird durch den Einsatz alternativer Antriebe und Kraftstoffe kontinuierlich klimaneutraler. Autonomes Fahren wird insbesondere in Terminals und im Vor- und Nachlauf von KV-Verkehren eingeführt und gefördert. Um den Standortfaktor einer wettbewerbsfähigen Logistik nicht zu schwächen, werden die Privilegien des KV europäisch einheitlich ausgebaut und dessen Rahmenbedingungen verbessert, nicht aber Leistungsfähigkeit und Effizienz anderer Verkehre und Verkehrsträger eingeschränkt.
Hohe Terminalkapazitäten erlauben einen reibungslosen Zugang zur Schiene und eine zuverlässige Planung von Zeitfenster-Zustellungen. Die Ankunftszeiten sind auch während des laufenden Transports verkehrsträgerübergreifend für Spediteure, Verlader und Endkunden transparent.
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Was müssen wir tun? Der Schiene muss eine Aufholjagd gelingen, wenn sie deutlich mehr Gütermengen als heute transportieren soll. Dafür müssen die Hebel auf höhere Kapazitäten, effizientere Prozesse und mehr Verlässlichkeit gestellt werden und die Schiene muss ihr Fähigkeiten-Portfolio weiter ausbauen. Bei all dem kommt dem KV eine Schlüsselrolle zu. Jedoch ist die prognostizierte Wachstumsperspektive des KV alles andere als ein Selbstläufer: Gebrochene Transportketten sind anspruchsvoller und operativ in der Regel weniger effizient als monomodale Transporte. Handlungsbedarf für einen starken KV besteht in einer Vielzahl von Bereichen: Ausreichende Netz- und Terminalkapazitäten müssen entstehen, Anreize und Erleichterungen müssen erhalten und ausgebaut werden und technische Innovationen, die Digitalisierung entlang der gesamten Transportkette und Plattformlösungen müssen sich in attraktiveren und neuen Transportangeboten niederschlagen.
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03
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Was müssen wir tun?
Die wichtigsten Hebel für mehr Attraktivität im Schienengüterverkehr Quelle: BDI
Umfrageergebnisse einer Abfrage unter BDI-Mitgliedern und Unternehmen, Februar 2020
Ausbau der Streckenkapazität
85 % 74 %
Pünktlichkeitsmanagement Verbesserung der Verknüpfung mit anderen Verkehrsträgern
70 %
Effizienzsteigerungen durch Digitalisierung
67 %
Qualitätssteigerungen durch Digitalisierung
63 %
Ausbau der Terminalkapazitäten
63 %
Kommunikation mit dem Kunden
63 %
Erhöhung der Flächenerreichbarkeit Prozent
Bedarfs- und zukunftsgerechte Netzkapazitäten schaffen 1
Netz-Kapazitäten schaffen durch Ausbau und Modernisierung
Verlader wie vor allen Dingen auch deren Kunden, erwarten vom Schienengüterverkehr Zuverlässigkeit und somit Ankunftspünktlichkeit. Die Pünktlichkeit hängt wiederum stark von der Netzverfügbarkeit und Netzkapazitäten ab. Grundlage für eine Pünktlichkeitsverbesserung ist deshalb vorranging ein zügiger Netzausbau. Die zentrale Limitierung für Wachstum und mehr Leistungsfähigkeit des KV liegt heute sehr stark in den beschränkten Netzkapazitäten, die das deutsche Schienennetz heute schon zu einem Flaschenhals für den europäischen Schienengüterverkehr machen und die Pünktlichkeitsziele von Netzbetreiber und Eisenbahnverkehrsunternehmen in immer weitere Ferne zu rücken drohen: Die Überlastung neuralgischer Korridorabschnitte und Knoten, fehlende leistungsfähige Bypässe, eine mangelnde Eignung für 740-Meter-Züge, die Ausweitung von Express-Trassen für zeitsensible Güter sowie das
44 % 0
20
40
60
80
100
angestrebte Wachstum auch des Personenverkehrs, der sich mit dem Güterverkehr ein und dasselbe Netz teilt, erfordern einen massiven Ausbau und eine konsequente Modernisierung des Netzes mit infrastruktur- und fahrzeugseitigem ETCS, digitalen Stellwerken und teilautomatisiertem Betrieb. Da die Kapazitäten an vielen Stellen im Netz bereits ausgeschöpft sind, sollten dabei vor allem solche Maßnahmen rasch umgesetzt werden, die am kapazitätswirksamsten sind und deren Umsetzung besonders kapazitätsschonend möglich ist. Erst durch die überfällige Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren kann es mittel- und langfristig gelingen, Nachfrage und Netzkapazitäten in Einklang zu bringen.
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Baustellen marktverträglich planen und managen
Die größte Herausforderung, die sich im Zuge des Netzausbaus stellt, besteht darin, die zunehmende Bautätigkeit mit einem leistungsfähigen Netzbetrieb zu vereinen. Für den KV muss die Leistungsqualität in Bezug auf Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit auf einem auch für Speditionskunden akzeptablen
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Niveau gehalten werden. Dafür müssen Baustellen kapazitätsschonend geplant und Kunden frühzeitig in die Planung einbezogen werden, mit hoher Priorisierung des Kapazitätserhalts bei der Bewertung und Organisation von Baumaßnahmen. Die Basis dafür bilden die im „Runden Tisch Baustellenmanagement“ (2016-2018) vereinbarten Maßnahmen, sowie die Vorgaben des Delegierten Beschlusses (EU) 2017/2075 (Annex VII der Richtlinie 2012/34/EU) zugunsten eines marktverträglichen Umgangs mit Kapazitätsbeschränkung. In beiden Fällen stellen wir eklatante Verzögerungen bei der Umsetzung fest.
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Einschränkungen agiler und informationshaltiger kommunizieren
Informationen über Einschränkungen in Netz, die auf Baustellen und Sonderereignisse zurückgehen, und Verspätungen und Zugausfälle nach sich ziehen, müssen früher und agiler an die EVU fließen und zugleich so verlässlich und sachhaltig sein, dass auf deren Basis industrieseitig die Versorgung von Standorten und der Kundenversand möglich und planbar bleiben.2
4
Korridor-Perspektive einnehmen und Kapazitäten international besser managen
Die Leistungsfähigkeit des KV basiert auf leistungsfähigen internationalen Netzkorridoren. Gleichwohl die europäischen Netze interoperabel sind, gleichen Grenzübertritte immer noch einem Hürdenlauf. Woran es mangelt, ist echte technische und betriebliche Homogenität, die den grenzüberschreitenden Betrieb nicht nur ermöglicht, sondern Betriebsabläufe auch deutlich vereinfacht und damit effizienter macht. Auch muss das grenzüberschreitende Korridormanagement gestärkt werden. Als vielversprechende Instrumente, um hierbei auf 2
12
Zu den Fragen, wie das Baustellenmanagement und die Kommunikation von Einschränkungen grundlegend verbessert werden kann, findet seit Dezember 2021 im BDI ein Austausch zwischen Verladender Industrie und Netzbetreiber statt. Als Ergebnis dieses Austauschs soll separat zu diesem Papier ein Katalog politischer Forderungen erarbeitet werden.
Was müssen wir tun?
einen Pfad kontinuierlicher und systematischer Verbesserung zu gelangen, erscheinen ein End-toend-Monitoring grenzüberschreitender Verkehre anhand von einheitlichen Leistungskennzahlen (inkl. Festlegung von Pünktlichkeitszielen) und die Erfassung von Verspätungsgründen.3
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1.500-Meter-Züge heute vordenken
Perspektivisch sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, mindestens auf den wichtigsten europäischen Korridoren Züge mit einer Länge von bis zu 1.500 Metern zu fahren. Das Pilotprojekt eines 835-Meter-Zuges auf der Strecke MaschenPadborg hat die positiven Effekte längerer Züge aufgezeigt, zugleich sind dabei die Herausforderungen deutlich geworden. Die technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen müssen durch weitere Pilotversuche und Forschungsarbeiten präzisiert werden. Unverzichtbar ist, dass parallel europaweit bereits die erforderlichen Standards geschaffen werden, dass Züge mit einem Gewicht von 2000 Tonnen, einer Länge von bis 740 Metern und einer Durchfahrtshöhe des Profils P400 in Europa verkehren können und auf diese Weise rasch ein einheitliches europäisches Netzwerk ermöglicht wird.
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Kontinentalverbindung in Richtung Asien stärken
Das Potential interkontinental besser vernetzter Schienenwege für den Welthandel und den Standort Europa deutet sich gegenwärtig durch die Global-Gateway-Initiative der EU und die chinesische One-Belt-One-Road-Initiative an. Während sich China bei der interkontinentalen Vernetzung mit teils bedenklichen Instrumenten stark engagiert, ist das Potential der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie durch das Global-Gateway-Projekt bisher noch
3
In diesem Zusammenhang sei auch auf den Vorschlag der EUKommission vom 14.12.21 zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/1153 und der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 und Aufhebung der Verordnung (EU) 1315/2013 verwiesen. In Artikel 18 heißt es dort unter anderem: “Mindestens 90 % der Güterzüge, die mindestens eine Grenze eines europäischen Verkehrskorridors überqueren, erreichen ihren Bestimmungsort […] zum fahrplanmäßigen Termin oder mit einer Verspätung von höchstens 30 Minuten”.
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nicht ausgeschöpft. In Europa geht es darum, dass schon heute die Endpunkte ausgebaut, Umschlagkapazitäten gesteigert und mehr Flexibilität durch weitere Abzweigungen bzw. Zugangsstellen zu kontinentalen Verkehren geschaffen werden. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat deutlich gemacht, dass eine Diversifizierung der interkontinentalen Schienenverbindungen erforderlich ist, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden und Verkehre gegen geopolitische Verwerfungen möglichst abzusichern. Auch sollten Innovationen wie das neue 75-Tonnen-Tankcontainersegment auf der Langstrecke zwischen Europa und Asien eingeführt werden. Eine Unterlegung der EU-Asien-Konnektivitätsstrategie bzw. des Global-Gateway-Projekts mit Entscheidungskompetenzen und finanziellen Mitteln in einem Umfang, wie sie der Größe der Herausforderungen entsprechen, wäre ein wichtiger Schritt für die Industrie in Europa.
Terminalinfrastruktur ausbauen und Umschlag fördern 7
Ausbau der Terminalkapazitäten in Deutschland und Europa fördern
Die Terminalkapazitäten für den KV sind stark ausbaubedürftig – und dies nicht erst im Hinblick auf das zukünftig mögliche Wachstum: Schon heute sind zahlreiche Terminals im Inland überlastet und im europäischen Ausland mangelt es an konkreten Ambitionen für den notwendigen Ausbau der existierenden, lückenhaften Basisabdeckung. Die Förderung des Bundes für Anlagen des KV, die Ende 2021 ausgelaufen ist, sollte deshalb hinsichtlich des Umfangs und in Bezug auf die Fördergegenstände (u.a. um Ersatzinvestitionen, Ausbau auf 75-TonnenKrane, Digitalisierung, transportnahe Dienstleistungen wie Lagerung und Automatisierung) erweitert, rasch scharfgestellt und stets auskömmlich im Bundeshaushalt finanziert werden. Dass es mangels erfolgreicher Abstimmung zwischen den Bundesressorts immer noch nicht gelungen ist, die im Januar 2022 aufgerissene Lücke bei der Bundesförderung für die Anlagen des KV zu schließen, ist ein
Was müssen wir tun?
Bremsklotz für den Ausbau des KV und sendet ein fatales Signal. Zudem sollte ergänzend eine Förderung auf EU-Ebene implementiert werden, die deutliche Anreize für alle Mitgliedstaaten bietet. Einen großen Hemmschuh in Deutschland stellt zudem die schwierige Akquise von Erweiterungsflächen für Terminals dar; die ausbauwilligen Terminalbetreiber stoßen im konkreten Fall häufig auf nur wenig Unterstützung seitens der Kommunen.
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Investitionsstrategie für Terminalinfrastruktur im EU-Ausland formulieren
Obwohl Deutschland eines der EU-Länder ist, dessen Verkehrsnetz am stärksten von Transit- und internationalen Verkehren bestimmt ist, finden staatliche Infrastrukturinvestitionen im Gegensatz etwa zur Schweiz ausschließlich auf deutschem Hoheitsgebiet statt. Durch gezielte Investitionen des Bundes in KV-Terminals im Ausland, deren Quell- oder Zielverkehre vornehmlich Deutschland betreffen, können zusätzliche Umschlagkapazitäten dort geschaffen werden, wo Verkehre ihren Ursprung oder ihr Ziel haben. So würden Transporte vermehrt bereits im Ausland auf die Schiene verlagert und die Straßen in Deutschland entlastet.
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Terminal-Umschlagskosten fördern
Die hohen Terminalkosten pro Straßensendung sind die „Eintrittskarte in das System Schiene“ und stellen heute eine wesentliche Wechselhürde für die Verlagerung von Verkehren auf die Schiene dar. Diese Kosten sollten daher durch eine Umschlagpreisförderung analog der Förderung der Trassen- und Anlagenpreise im Schienenverkehr um 50 Prozent reduziert werden.
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Regulatorische Rahmenbedingungen stärken 10
Kabotagefreiheit der straßenseitigen Vor- und Nachläufe sichern
Von grundlegender Bedeutung für die Attraktivität des grenzüberschreitenden KV ist seine Gleichstellung mit dem internationalen Straßengüterverkehr in Bezug auf die Kabotagevorschriften nach Artikel 4 der EU-Richtlinie 92/106: Der in Deutschland zurückgelegte straßenseitige Vor- oder Nachlauf des KV ist wie der inländische Straßenteil internationaler Lkw-Transporte von den Kabotageregelungen ausgenommen. Käme es in Bezug auf EU-Verordnung 2020/1055 zu einer anhaltenden Infragestellung dieser Gleichbehandlung von intermodalen Transporten und reinen Straßentransporten, würde der KV in erheblichem Umfang Attraktivität einbüßen4 und unzählige Verkehre kämen zurück auf die Straße; daher ist auch von großer Bedeutung, dass diese Gleichbehandlung in möglichst allen EU-Mitgliedstaaten gewährleistet ist. Gleichzeitig ist die Einhaltung von Arbeits- und Sozialvorschriften durch Kontrollen und die Verfügbarkeit von adäquaten Übernachtungsmöglichkeiten sowie Parkplatz- und Versorgungsinfrastrukturen für das Fahrpersonal sicherzustellen.
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Leercontainer-Transporte als Teil des KV absichern
Die Bereitstellung und die Abholung von Leercontainern, die im KV eingesetzt werden oder wurden, ist Teil des KV als einem per Definition Behälter-basierten Transportsystems. Um KV-Transporte auf der Schiene durchführen zu können, sind An- und Abfahrten ohne Beladung zu und von den KV-Terminals oder Umschlagbahnhöfen notwendig und operativ inkrementeller Teil der KV-Transportketten. Gerade in Zeiten eingeschränkter Kapazitäten im Schienennetz für leichte, aber schnelle Gütertransporte empfehlen sich 4
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Vgl. Internationale Vereinigung für den Kombinierten Verkehr Schiene-Straße (UIRR): Pressemitteilung vom 22.02.2021, abgerufen zuletzt am 11.01.2020, https://www.uirr.com/de/media-centre/ press-releases-and-position-papers/2021/mediacentre/1772commission-study-confirms-sector-ct-will-suffer-under-the-neweu-road-haulage-rules.html
Was müssen wir tun?
die Wochenenden für die Leercontainerlogistik, da am Wochenende längere Laufzeiten auf der Schiene abgefedert werden. Hier schränkt die StVO in Verbindung mit einer fragwürdigen Auslegung der den Straßenverkehr kontrollierenden Behörden, was Teil und was nicht Teil eines KV-Verkehrs ist, Leerfahrten aber ein. Daher muss eine Klarstellung erfolgen, dass solche Leercontainertransporte Teil eines KVVerkehres sind, und als solche vom Sonntagsfahrverbot für den gewerblichen Straßengüterverkehr ausgenommen sind.
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Mehr Transportbehälter jenseits des Standardcontainers für den KV zulassen
Durch die Gleichstellung von intermodalen Verkehren, die mangels der Verwendung entsprechender Transportbehälter (z. B. ISO-Container) bisher nicht unter die Definition des KV fallen (z. B. Schüttgut-Behälter, Behältnisse für die Verwendung mit modularen Güterwagen, 75-Tonnen-Tankcontainer als neues Segment im Intermodalverkehr), lässt sich die Attraktivität von Intermodalverkehren deutlich erhöhen. Zugleich basiert die Leistungsfähigkeit des KV-Systems aber auch darauf, dass sich die genutzten Behälter im KV-Regelverkehr innerhalb sinnvoller und verbreiteter Standards bewegen. Deshalb sollten künftig der Behälter, der Umschlag, transportnahe Dienstleistungen wie Lagerung, die Umschlagterminals sowie der Vorund Nachlauf als Bestandteile des KV definiert werden, damit zukünftig mehr Intermodalverkehre von den regulatorischen Privilegien und der Förderung des KV profitieren können. Dies sollte von der Bundesregierung bei der bevorstehenden Revision der Richtline 92/106/EG in nationales Recht sowie im Rahmen der Überarbeitung von StVO und StVZO berücksichtigt werden.
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KV-Richtlinie: EU-weite Harmonisierung der besten Regeln
Die von der EU-Kommission angekündigte Revision der Richtlinie 92/106 muss den KV attraktiver machen. Voraussetzung für einen wettbewerbsfähigen KV sind Standardisierung und
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Massentauglichkeit sowie eine möglichst einheitliche nationale Umsetzung der Regelungen in Europa, etwa was die Definition eines KV-Behälters oder die Definition des nächstgelegenen, geeigneten Terminals betrifft. Ein Flickenteppich verschiedener Regelungen ist zu vermeiden. Zugleich darf aber das Ziel von weniger Kann-Bestimmungen und weniger Interpretationsfähigkeit der Regelungen aber nicht zu Attraktivitätsverlusten für den KV führen. Wenn es mit dem KV weiter vorangehen soll, müssen in der EU die besten KV-freundlichsten Regeln zum Standard werden, nicht die zweit- oder drittbesten.
Innovationen in Anwendung bringen 14
Informationsfluss entlang der gesamten Transportkette auf ein neues Niveau heben
Angaben zur erwarteten Ankunftszeit (ETA) müssen in Zukunft auch beim KV verlässlich und präzise sein und gegenüber den verladenden Unternehmen proaktiv und agil erfolgen. Für bestimmte Aufgaben muss auch der KV Just-in-Time und Justin-Sequenz fähig sein. Daher müssen entlang der gesamten Transportkette Informationen von allen Beteiligten erhoben, ausgetauscht und abgerufen werden können. Diese Form der Transparenz bildet darüber hinaus die Grundlage für zahlreiche Mehrwertdienste wie Temperatur- und Stoßkraftüberwachung. Der Bahnsektor sollte daher vom Bund dabei unterstützt werden, gemeinsame Standards und Plattformen in Anwendung zu bringen, die den Informationsfluss entlang der gesamten Transportkette möglich machen. Die weitere Umsetzung der Brancheninitiative für eine gemeinsame Plattform (KV 4.0) kann diesen Prozess beschleunigen, ggf. ist dafür eine öffentliche Förderung notwendig. Auch ein Angebot von Bahn-Frachtenbörsen wäre hilfreich zur Bahnvermarktung und zur Nutzung freier Stellplätze.
Was müssen wir tun?
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Finanzierungsinstrumente für die Digitale Automatische Kupplung schaffen
Die DAK ist mehr als eine Kupplung. Sie modernisiert nicht nur fundamental die Abläufe beim Rangieren, das auch bei Zügen des KV, die in der Regel als Ganzzüge fahren, in den Terminals häufig erforderlich sind, sondern sie ist auch die Voraussetzung für den intelligenten Güterzug und digital vernetzte KV-Transporte: Intelligentes Datenmanagement und prädiktive, zustandsbasierte Wartung werden möglich. Die moderne Logistik setzt auf Echtzeitdaten, wo immer diese erhoben und verfügbar gemacht werden können. Erhebliche weitere Potentiale für den Bahnbetrieb ergeben sich in Verbindung mit ETCS Level 3 und einem hochautomatisierten Bahnbetrieb. Damit dieser entscheidende Technologiesprung gelingen kann, sind national sowie auf EU-Ebene die nötigen Finanzierungsinstrumente für die DAK zu schaffen. Eine europäische koordinierte Einführung und Förderung ist mit Blick auf den hohen Anteil grenzüberschreitender Verkehre im Schienengüterverkehr, aber auch im Hinblick auf die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen für die in Europa tätigen EVU unverzichtbar. Der KV spielt aber auch eine entscheidende Rolle bei der Einführung der DAK. Neue Systeme wie 75-Tonnen Tankcontainer und modulare Tragwagen bringen den konventionellen und den KV-Verkehr zusammen. Hierdurch kann der umzurüstende Wagen und der Oberbau (z.B. ein Tank) entkoppelt werden. Dies ist für Branchen, die stark vom Einzelwagenverkehr abhängen, ein erheblicher Vorteil bei der Umstellung (weniger Bahnwagen umzurüsten, Entkopplung zum Oberbau). Daher sollten auch Anlagen wie Terminals und Railports auf Industriegeländen, die den KV-Verkehr und den Einzelwagenverkehr näher zusammenbringen, im Rahmen der DAK Umstellung berücksichtigt und frühzeitig (d.h. ab 2023) gefördert werden.
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Potentiale der digitalen Schiene ausschöpfen
Die DAK und ETCS sind die zwei Grundlagentechnologien für einen zunehmend digitalisierten und automatisierten Bahnbetrieb im Schienengüterverkehr. Die vollen Potentiale der digitalen Schiene für Kapazität und reibungslosen Bahnbetrieb werden in Verbindung verschiedener Technologien erschlossen. Die Zukunft liegt im hochautomatisierten Betrieb, die Schiene ist als spurgeführtes System prädestiniert. Konkrete Instrumente sind: Neue Soft- und Hardware für intelligente Verkehrssteuerung, hochentwickelte Sensorik, leistungsfähige Echtzeitortungssysteme, hohe Datenkonnektivität und -verarbeitung. Hierfür sind jetzt die entscheidenden Weichen zu stellen:
. . . .
Ausreichende Mittel zur Finanzierung des infrastrukturseitigen Rollouts bereitstellen. Förderprogramm für fahrzeugseitige ETCSUmrüstung einrichten und finanzieren. F&E-Programm für einen Innovationsschub auflegen, Prototypen und Tests von Technologieentwicklung unter realen Bedingungen ermöglichen. Dafür ist das bestehende Förderprogramm Zukunft Schienengüterverkehr finanziell deutlich stärker im Bundeshaushalt zu dotieren. Rechtliche Rahmenbedingungen, Standardisierung und Zulassungsverfahren für automatisierten Bahnbetrieb sowohl national als auch auf europäischer Ebene schaffen.
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Potentiale der Verzahnung von intermodalem Verkehr und Einzelwagenverkehr heben
Wachsen kann der KV auch unkonventionell, etwa indem Schnittstellen mit dem Einzelwagensystem geschaffen werden. Mit der Bildung „gemischter Züge“ können Synergien geschaffen werden, von denen beide Systeme profitieren. So kann die Auslastung von KV-Zügen ebenso wie von Zügen des Einzelwagenverkehrs erhöht werden und es eröffnen sich dadurch zusätzliche und ggf. auch schnellere Transportmöglichkeiten. Zudem profitiert das Einzelwagensegment auch, indem Unternehmen, die über keinen Gleisanschluss verfügen, einen
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Was müssen wir tun?
Zugang zu diesem Schienensegment erhalten und zum Beispiel Kunden beliefern können, die im Einzelwagenverkehr bedient werden.
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Innovationsstraßen für den KV realisieren
Das Straßennetz ist der rote Teppich zur Schiene, der ihr noch zu zögerlich ausgerollt wird. Auf geeigneten, definierten Strecken im engen Umkreis ausgewählter, geeigneter intermodaler Terminals sollten Zu- und Nachläufe mit innovativen, z. B. automatisiert fahrenden Fahrzeugen und für den jeweiligen Verwendungszweck sinnvoll erhöhten Gewichten erprobt werden. Vorgaben hinsichtlich Antriebsart, Geschwindigkeit und maximaler Entfernung bieten vielseitige Skalierungsmöglichkeiten.
Attraktivität durch neue Anreize schaffen 19
Anteil KV-fähiger Sattelauflieger durch Mehrkostenförderung erhöhen
Etwa 70 Prozent der Verkehrsleistung des LkwFernverkehrs in Europa wird heute mit StandardSattelaufliegern abgewickelt. Von diesen sind jedoch gegenwärtig schätzungsweise mehr als 90 Prozent nicht kranbar. Dass diese Lkw die Standardumschlagprozesse im KV nicht nutzen können, stellt eine der Eintrittshürden zur Nutzung der Schiene dar. Zugleich sind mit der Kranbarkeit von Sattelaufliegern aber auch Nachteile wie höhere Anschaffungskosten und höhere Gewichte verbunden. Um Kranbarkeit zu forcieren, sollte daher eine nationale Förderung aufgelegt werden. Eine gesetzliche Verankerung für die Kranbarkeit von Sattelaufliegern auf EU-Ebene wird als eine zusätzliche, langfristige Maßnahme diskutiert; diese sollte dann jedoch auch durch ein europäisches Instrument zum Ausgleich der entstehenden Mehrkosten begleitet werden.
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Attraktivität durch Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts im KV steigern
Eine moderate Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts (zGG) im straßenseitigen Vor- und Nachlauf auf über 44 Tonnen, etwa auf 48 Tonnen oder 50 Tonnen, hat großes Potential, die Attraktivität des KV weiter zu steigern sowie CO2-Emissionen zu senken und würde auch einen Beitrag zur Abfederung des Fahrpersonalmangels in Deutschland leisten. Darüber hinaus wäre sie rasch und für die öffentlichen Haushalte weitgehend kostenneutral umsetzbar. Allerdings sind mit einer Anhebung des zGG im KV technische Herausforderungen in Bezug auf das schienen- und straßenseitige Equipment verbunden (etwa bzgl. Achslast, Anzahl der Achsen, Anzahl Greifkanten, Kompatibilität von Containertrag- und Taschenwagen), die einer möglichst universellen Einsetzbarkeit entgegenstehen können, sowie unerwünschte Effekte auf die Straßeninfrastruktur nicht ausschließen. Daher sollte der Bund die Potentiale und die Machbarkeit einer Anhebung des zGG im KV untersuchen. Dies sollte vor dem Hintergrund der Erfahrungen in anderen EU-Staaten und unabhängig von der Frage nach einer Erhöhung von Gewichten im konventionellen Straßengüterverkehr erfolgen. Einschränkungen auf bestimmte Strecken im Straßennetz können eine Option der Ausgestaltung sein.
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Straßenseitigen Vor- und Nachlauf von der Maut befreien
Bei der nationalen Umsetzung der europäischen Wegekostenrichtline, die eine stärkere Ausrichtung der Maut entlang der CO2-Emissionen der Fahrzeuge vorsieht, sollte berücksichtigt werden, dass Lkw-Fahrten im Vor- und Nachlauf des KV als Intermodalverkehre einen erheblichen Beitrag zur CO2-Vermeidung im Güterverkehrssektor leisten. Eine Mautbefreiung von Fahrten des straßenseitigen Vor- und Nachlaufs verringert die „ökonomische Entfernung“ zum Terminal und ist damit ein wichtiger Baustein für die Steigerung der Attraktivität der KV-Transportkette.
Was müssen wir tun?
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Kostenstruktur durch weitere regulatorische Hebel verbessern
Die Kostenstruktur des Schienengüterverkehrs und damit auch des KV lässt sich durch weitere regulatorische Hebel verbessern. Umso mehr diese Hebel gleichzeitig gestellt werden, umso mehr ihrer Potentiale entfalten sie, um Attraktivitätslücken gegenüber Transportalternativen, die nicht auf die Schiene setzen, zu schließen. Dieser Hebel ist der Vorzug gemein, dass sie sich gesetzgeberisch umsetzen lassen und vergleichsweise unmittelbar im Markt Wirkung entfalten:
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Fortführung der Trassenpreisförderung in Deutschland unter Nutzung nicht ausgeschöpfter Spielräume, sowie analoge Instrumente in allen EU-Mitgliedstaaten Ausgeweitete Bundesförderung für Anlagen des Kombinierten Verkehrs Reduktion der Nutzungsgebühren für Abstellgleise Reduktion der Energiesteuern für EVU Reduktion der Nutzungsentgelte und der Infrastrukturpreiskomponente beim Strombezug
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Verlagerungsprämie für Spediteure in Form eines Willkommensbonus einführen
Aus Sicht der verladenden Industrie sind die Qualität und die Leistungsfähigkeit der angebotenen Transportleistung die mit Abstand wichtigsten Kriterien der Transportkettenwahl. Dennoch könnte im Fall des KV eine Förderung auf der Ebene der Spediteure einen wichtige Anstoß-Funktion erfüllen: Aufgrund der im Vergleich zu reinen Straßentransporten anspruchsvolleren Logistik scheuen viele kleinere und mittlere Unternehmen den Einstieg in das für sie neue Transportsystem des KV. Transporteure, die ihre Logistik dagegen umgestellt und Verkehre verlagert haben, nutzen den KV in der Regel dauerhaft. Damit mehr Unternehmen den Umstieg auf den KV wagen, sollte der Bund daher einen einmaligen Willkommensbonus für Neueinsteiger gewähren, die den KV bislang nicht genutzt haben. Damit würde das wirtschaftliche Risiko der Logistik-Umstellung reduziert und die Schwelle für die dauerhafte Verlagerung von Verkehren gesenkt.
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Impressum Herausgeber Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Breite Straße 29 10178 Berlin T.: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Redaktion Bundesverband der Deutschen Industrie Uta Maria Pfeiffer, Abteilungsleiterin Abteilung Mobilität und Logistik Jonas Fritz, Referent, Abteilung Mobilität und Logistik Arbeitskreis Schienengüterverkehr des BDI-Verkehrsausschusses Konzeption & Umsetzung Sarah Schwake, Referentin Abteilung Marketing, Online und Veranstaltungen Layout Michel Arencibia, Art Director www.man-design.net Druck Das Druckteam www.druckteam-berlin.de Verlag Industrie-Förderung Gesellschaft mbH, Berlin Bildnachweis S. 1: Deutsche Bahn AG 2022, Oliver Lang S. 6: BASF 2019 S. 8: BASF 2021 S.10: HUPAC 2021 Stand April 2022 BDI-Publikations-Nr. 0117
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