U.S.-EU Trade and Technology Council: Signal für einen transatlantischen Schulterschluss

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BEWERTUNG | AUSSENWIRTSCHAFTSPOLITIK | USA

U.S.-EU Trade and Technology Council: Signal für einen transatlantischen Schulterschluss Bewertung des U.S.-EU Joint Statement of the Trade and Technology Council

Juli 2022 Hintergrund und allgemeine Anmerkungen Am 15. und 16. Mai 2022 fand das zweite Treffen des Handels- und Technologierates (U.S.-EU Trade and Technology Council, TTC) auf Ministerebene in Frankreich statt. Der TTC sendet das dringend benötigte starke Signal für einen transatlantischen Schulterschluss. Es ist erfreulich, dass die USA und die Europäische Union (EU) nicht zuletzt angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine so eng zusammenarbeiten wie seit Jahrzehnten nicht mehr, etwa in der gemeinsamen Sanktionspolitik. Politischen Bekenntnissen müssen nun konkrete Taten folgen und die Arbeitsprogramme der zehn Arbeitsgruppen müssen mit Leben gefüllt werden. Der Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen darf nicht in den Hintergrund geraten und er sollte nachhaltig umgesetzt werden. Für den nachhaltigen Erfolg des TTC ist es zudem wichtig, dass Stakeholder eng in die Abstimmungen einbezogen werden. Außerdem sollten gemeinsam getroffene Entscheidungen auf beiden Seiten des Atlantiks zügig umgesetzt werden.

Julia Howald und Anna Kantrup | Außenwirtschaftspolitik | j.howald@bdi.eu; a.kantrup@bdi.eu | www.bdi.eu


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Inhaltsverzeichnis Hintergrund und allgemeine Anmerkungen ..................................................................................... 1 Working Group 1: Technology Standards Cooperation .................................................................. 3 Working Group 2: Climate and Clean Tech ...................................................................................... 3 Working Group 3: Secure Supply Chains ......................................................................................... 4 Trade and Technology Council Statement on Rare Earth Magnets ..................................................... 4 Trade and Technology Council Statement on Solar Supply Chains ..................................................... 5 Trade and Technology Council Statement on Semiconductors ............................................................ 5 Working Group 4: ICTS Security and Competitiveness .................................................................. 6 Trade and Technology Council Statement on the Importance of Security, Diversity, Interoperability, and Resilience for Information and Communications Technology and Services .................................. 6 Working Group 5: Data Governance and Technology Platforms ................................................... 6 Working Group 6: Misuse of Technology Threatening Security & Human Rights ....................... 7 Working Group 7: Export Controls Cooperation ............................................................................. 7 Working Group 8: Investment Screening Cooperation ................................................................... 7 Working Group 9: Promoting SME Access to and Use of Digital Technologies .......................... 8 Working Group 10: Global Trade Challenges................................................................................... 8 Impressum ......................................................................................................................................... 10

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Working Group 1: Technology Standards Cooperation Mit zunehmender Komplexität unserer modernen Wirtschaft erfährt die internationale Normung wachsende Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrund begrüßt der BDI, dass die US-Administration und die Europäische Kommission gemeinsam mit der Wirtschaft die technische Normung und Standardisierung von Zukunftshemen im Rahmen der All Electric Society sowie grünen und digitalen Transformation mit politischer Flankierung proaktiv unterstützen möchten: So haben sich die EU und die USA im TTC darauf geeinigt, einen Strategic Standardisation Information (SSI) mechanism einzurichten. Strategische Analysen und die Priorisierung des internationalen Normungsbedarfs stärken die Wettbewerbsfähigkeit der EU und der USA signifikant. Etwaige Vorhaben sind zu unterstützen und in die Rahmenbedingungen der Europäischen Normungsstrategie einzubetten. Eine enge Abstimmung mit Stakeholdern aus der Wirtschaft, beispielsweise über das High-Level-Forum1, ist sicherzustellen. Technische Normung und Standardisierung müssen sich dabei an den Bedürfnissen des Marktes und der Praxistauglichkeit orientieren. Normung ist wirtschaftsgetrieben und wirtschaftsgetragen. Die Wirtschaftsbeteiligten sorgen dafür, dass die richtigen Inhalte zur richtigen Zeit genormt werden. Ziel aller Akteure müssen internationale Normen sein, soweit das für die Industrie als Adressat solcher Normen sinnvoll und möglich ist. Technische Normung und Standardisierung müssen zwingend im Rahmen der anerkannten und etablierten Prozesse in internationalen Normungsorganisationen erfolgen. In Anbetracht der gemeinsamen gesellschaftlichen Grundwerte der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union sollte man sich im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) bemühen, einheitliche Standards zu entwickeln und daraus ein gemeinsames transatlantisches KI-Ökosystem zu schaffen. Der von der EU und den USA unterstützte risikobasierte Ansatz ist richtig, um das notwendige Vertrauen in die Sicherheit von KI-basierten Systemen zu stärken. Wir begrüßen deshalb den Vorstoß des TTC, eine verstärkte Kooperation und eine methodische Angleichung der Risikobewertung anzustreben. Aufgrund ihrer Bedeutung im Rahmen der internationalen Standardisierung für Bereiche wie KI oder auch Cybersicherheit sollten Halbleiter ebenfalls in die Arbeit der Working Group 1 einbezogen werden.

Working Group 2: Climate and Clean Tech Der BDI begrüßt die Erarbeitung von gemeinsamen Methoden zur Erfassung von produktspezifischen Product Carbon Footprints. Allerdings ist die Definition von umwelt- und klimaschonenden Technologien und Produkten eher kritisch zu sehen, da hier kaum lösbare Abgrenzungsprobleme bestehen und in vielen Fällen auch innovative „konventionelle“ Technologien und Produkte als Wegbereiter für mehr Klima- und Umweltschutz gebraucht werden. Im Rahmen der Working Group 2 wird im Kontext der Initiativen zur Entwicklung von sauberen und CO2-armen Produkten und Technologien unter anderem auf die Bedeutung einer verstärkten Propagierung von Green Public Procurement (GPP) verwiesen, was auch im Einklang mit gemeinsamen Aktivitäten zur öffentlichen Beschaffung im Kontext der Working Group 10 bezüglich der

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Europäische Kommission, Ein neuer Ansatz für eine globale Vorreiterrolle von EU-Normen zur Förderung von Werten und eines resilienten, grünen und digitalen Binnenmarkts, Pressemitteilung, 02.02.2022, <https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_661> (eingesehen am 16.06.2022).

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Herausforderungen des globalen Handels stehe. Insoweit wolle man auf ein gemeinsames Verständnis im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte bei öffentlichen Vergabeverfahren hinarbeiten, wobei der Fokus auf grünen Produkten und Technologien liegen sollte und Best Practices eruiert werden sollten. Der BDI begrüßt die Absicht einer verstärkten Zusammenarbeit zu GPP. Wichtig ist dabei, dass die Vorgabe von Umweltaspekten konkret und nichtdiskriminierend auf das jeweils zu beschaffende Produkt oder die Leistung bezogen sein muss, um einerseits nötige Umweltanforderungen konkret zu benennen und andererseits willkürliche und wettbewerbsverzerrende Vorgaben zu vermeiden. Der BDI unterstützt den dritten Schwerpunkt der Working Group 2 zur Stärkung der Elektromobilität ausdrücklich. Richtig ist, einen starken Fokus auf gemeinsame Maßnahmen zum raschen flächendeckenden Aufbau von Ladeinfrastruktur zu legen. Ebenso wichtig wäre es, konkrete Schritte für das aufgeführte Ziel gegenseitig anerkannter Betriebsanforderungen und Testverfahren für die Prüfung von E-Fahrzeugen einschließlich Ladestationen zu vereinbaren. Für die Dekarbonisierung des Verkehrs und damit für einen schnelleren Pfad zur Unabhängigkeit von fossilen Kraftstoffen braucht es neben dem massiven Hochlauf der Elektromobilität insbesondere den Einsatz von CO2-neutralen Kraftstoffen und dazugehöriger flächendeckender Tank-Infrastruktur: in Deutschland und Europa zur Dekarbonisierung der Bestandsflotten von Pkw und Lkw, aber auch für die weitere Dekarbonisierung des Luft- und Seeverkehrs sowie im nicht elektrifizierten Schienenverkehr. Mit Blick auf den internationalen Luft- und Seeverkehr sollten Klimaschutzmaßnahmen wie der Einsatz CO2-neutraler Kraftstoffe unter dem Dach der UN-Organisationen ICAO und IMO weiterentwickelt und durchgesetzt werden. Deshalb sollte die Working Group 2 einen weiteren Schwerpunkt zur Zusammenarbeit bei CO2-neutralen Kraftstoffen vereinbaren. Fördermaßnahmen der Elektromobilität dürfen ausländische Wertschöpfung und Anbieter nicht diskriminieren. Eine Anknüpfung an gewerkschaftliche Organisation, wie im Gesetzesentwurf zum Build Back Better Act vorgeschlagen, würde vor allem europäische Unternehmen benachteiligen.

Working Group 3: Secure Supply Chains Trade and Technology Council Statement on Rare Earth Magnets Der BDI teilt die Analyse der Bedeutung der Seltenerdmagneten für die Wirtschafts- und Klimaambitionen der USA und der EU sowie der Herausforderungen rund um die Lieferkette zu Seltenerdmagneten. Die Konzentration der Exploration und vor allem Weiterverarbeitung von seltenen Erden in China verdeutlicht die große transatlantische Abhängigkeit und damit Risikoanfälligkeit, was die Erreichung der eigenen politischen Ziele anbelangt. Die von der EU aufgelisteten Aktivitäten der European Raw Materials Alliance (ERMA) und Investitionsangebote der Europäischen Investitionsbank (EIB) und Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) müssen besser mit anderen EU-Fördertöpfen koordiniert und mit Leben zum Beispiel auch seitens mitgliedstaatlicher Ko-Finanzierung gefüllt werden. Der BDI begrüßt die enge Zusammenarbeit der USA und der EU im Rahmen des TTC sowie in der Conference on Critical Materials and Minerals between the EU, the U.S., Japan, Australia and Canada. Es ist jedoch unklar, welche konkreten Kollaborationen, zum Beispiel zwischen geologischen Diensten, geplant sind.

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Trade and Technology Council Statement on Solar Supply Chains Der BDI teilt die Analyse und Herausforderungen rund um die Solar-Lieferkette mit Blick auf die Rohstoffversorgung. Die aufgelisteten EU-Aktivitäten konzentrieren sich bislang auf das Thema Nachhaltigkeit, Transparenz und Nachverfolgbarkeit in der (Rohstoff-)Lieferkette und vor allem unternehmerische Pflichten. Stark untergewichtet sind dagegen die wichtigen Themen Diversifizierung und Resilienz in den Lieferketten, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schlagartig in den Fokus gerückt sind, und das auch mit dem Blick auf China. Trade and Technology Council Statement on Semiconductors Die deutsche Industrie sieht die dritte Säule des EU Chips Act sehr kritisch. Da der Gesetzgebungsprozess hierzu noch nicht abgeschlossen ist, lehnen wir es zudem ab, dass die Europäische Kommission dessen Inhalte bereits in bilateralen Vereinbarungen mit der US-Administration festschreibt. Die Etablierung des Early Warning Mechanism sowie das Ausrufen der Crisis Stage lehnen wir ab. Zwar ist die Erhöhung der Transparenz der EU-Halbleiterwertschöpfungskette wünschenswert, aber sie darf kein Selbstzweck sein. Jegliche Datenerhebung muss unter Beweis stellen, dass die erhobenen Daten im Sinne einer Krisenvorhersage und -bewältigung auch wirklich zweckdienlich sind. Der von der EU-Kommission vorgeschlagene Ansatz enthält aktuell noch zu viele unbeantwortete Fragen bezüglich der obligatorischen Freigabe von Informationen, der obligatorischen Prioritätensetzung, der gemeinsamen Beschaffung sowie Ausfuhrkontrollen. Ein quantitativer Überwachungsmechanismus, der sich nur auf aktuelle Zahlen stützt, wird nicht helfen, Engpässe zu vermeiden, da dieser ausschließlich den aktuellen Zustand darstellt. Insbesondere akute Krisen – wie beispielsweise durch die Corona-Pandemie oder den Krieg in der Ukraine – lassen sich damit nicht vorhersagen oder abmildern. Stattdessen ist die enge und frühzeitige Einbindung von Expertinnen und Experten aus der Industrie erforderlich, um eine viel frühere qualitative Bewertung der nächsten Krise und quantitative Simulation möglicher künftiger Engpässe vorzunehmen. Beispielsweise hätten Expertinnen und Experten kurz nach Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine bereits konkrete Best case/Worst Case-Szenarien entwerfen können, welche Folgen der Krieg für die Halbleiterwertschöpfungskette haben könnte. Aktuelle oder gar historische Zahlen lassen solche Aussagen nicht zu. Darüber hinaus ist die Halbleiterindustrie vielen Risiken ausgesetzt, unter anderem geopolitischen und natürlichen Risiken, die sich nur schwer vorhersagen lassen. Die derzeitige Chip-Knappheit hat verschiedene Gründe - darunter die Einkaufsstrategien und Just-in-time-Lieferketten in Teilen der Industrie. Die Konzentration auf die Halbleiterindustrie allein wird nicht dazu beitragen, künftige Störungen zu vermeiden, da viele Faktoren nicht in ihrem Einflussbereich liegen. Die Etablierung des gemeinsamen Frühwarn- und Überwachungsmechanismus darf daher nur in enger Abstimmung mit der Industrie erfolgen. Der angedachte Informationsaustausch über Lieferketten kann nur unter Wahrung der Handels- und Lieferkettengeheimnisse der Halbleiter-Industrie erfolgen. In dem angedachten zwei-monatigen Pilotprojekt für das Frühwarnsystem fehlt die Beteiligung der Industrie als wichtigem Stakeholder in der Halbleiter-Wertschöpfungskette. Die deutsche Industrie begrüßt, dass die US-Administration und die EU-Kommission einen Stakeholderdialog unter Beteiligung der Industrie noch für Sommer 2022 planen. Vor der Durchführung solch eines Dialogs sollte es innerhalb des TTC keine Festlegung auf konkrete Krisenmechanismen geben.

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Wir begrüßen zudem, dass sich die US-Administration und die EU-Kommission gegen einen Subventionswettlauf ausgesprochen haben. Es muss klar herausgestellt werden, dass Halbleiter ein Teil des globalen Halbleiterökosystems sind und es gleichzeitig in der jeweiligen industriellen Landschaft eine andere Einbettung der Halbleiter gibt.

Working Group 4: ICTS Security and Competitiveness Trade and Technology Council Statement on the Importance of Security, Diversity, Interoperability, and Resilience for Information and Communications Technology and Services Der BDI unterstützt das Ansinnen des TTC, die Sicherheit, Diversität, Resilienz und Interoperabilität in IKTS-Lieferketten zu stärken. Wir begrüßen, dass die Evaluierung der Vertrauenswürdigkeit von Herstellern von IKTS-Lösungen auf Basis der 5G-Toolbox sowie vergleichbarer Ansätze erfolgen soll. Für die deutsche Industrie ist es entscheidend, dass es keine Diskriminierung gegen Marktteilnehmer aufgrund der Herkunft gibt. Zertifizierungsgrundlagen müssen primär technische Anforderungen enthalten, die geeignet sind, die Cyberresilienz einer Lösung zu stärken. Um die Resilienz von IKTS-Lösungen wirksam zu stärken, bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes, der alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette umfasst. Bevor neue politische Instrumente eingeführt werden, sollten in Deutschland zunächst Erfahrungen mit der Umsetzung von § 9b BSIG gesammelt werden. Internetkonnektivität ist ein wichtiger Wettbewerbsfaktor und die Basis künftiger industrieller und wirtschaftlicher Produktions- und Dienstleistungssysteme mit einer Vielzahl von Anwendungsbereichen. Die finanzielle Unterstützung von Drittstaaten bei dem Aufbau sicherer IKTS-Infrastrukturen sowie bei dem Einsatz eines wirksamen, risikobasierten Cybersicherheitsrahmens ist ein zielführender Ansatz, um die globale Cyberresilienz ganzheitlich zu stärken. Eine enge Kooperation sowie ein intensivierter Informationsaustausch zwischen der US-Administration und der EU beim Thema 6G-Forschung und -Entwicklung ist von zentraler Bedeutung, um die Potenziale dieser nächsten Mobilfunkgeneration basierend auf unseren gemeinsamen Werten bestmöglich heben zu können.

Working Group 5: Data Governance and Technology Platforms Die Bekämpfung illegaler Inhalte und Desinformation ist ein wichtiges Ziel. Grundsätzlich begrüßen wir das Ziel der Schaffung von Transparenz und eines klaren Rechtsrahmens für alle Beteiligten. Das Ziel einer Erhöhung von Transparenz muss dabei in Einklang gebracht werden mit dem berechtigten Interesse der Unternehmen, Geschäftsgeheimnisse bzw. gewerbliches oder geistiges Eigentum zu schützen. Auch der Austausch von Best Patrices der Industrie ist begrüßenswert. Wir befürworten die Einrichtung eines strukturierten Dialogs zu Fragen der Plattform-Governance und des Wettbewerbs auf digitalen Märkten. Der enge transatlantische Austausch zu Fragen des Wettbewerbsrechts sollte fortgeführt werden. Konsistente Ansätze und die Vermeidung einer Rechtszersplitterung gerade bei neuen Regulierungsfragen, wie dem Umgang mit Gatekeepern auf Plattformmärkten, können die Rechtssicherheit für Unternehmen erhöhen. Kohärenz ist wichtig und nationalen Alleingängen grundsätzlich vorzuziehen. Regulatorische Maßnahmen stellen regelmäßig einen starken Eingriff in die unternehmerische Freiheit, internes Wachstum und den Leistungswettbewerb dar, der gerechtfertigt sein muss.

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Working Group 6: Misuse of Technology Threatening Security & Human Rights Der BDI begrüßt, dass in der Arbeitsgruppe 6 Sicherheitsfragen, neue Technologien und Menschenrechtsschutz zusammen gedacht werden. Nicht zuletzt Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine erfordern, dass sich die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika auch in dieser Thematik noch enger abstimmen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Sicherheitstechnologien ist dabei von hoher Bedeutung. Auch das klare Bekenntnis zur Bedeutung eines ungestörten und freien Internet ist zu begrüßen. Ebenfalls geht die Ankündigung der Arbeitsgruppe, gemeinsam und mit Hilfe der Wissenschaft manipulierte und falsche Informationen im Internet noch besser zu erkennen und zu verstehen in die richtige Richtung. Die weitere Arbeit der Working Group 6 sollte darauf ausgerichtet sein, klassische Ziele der Ausfuhrkontrolle mit dem Schutz von Menschrechten zu verbinden.

Working Group 7: Export Controls Cooperation Die Ausfuhrkontrollen der transatlantischen Partner gegen die Russische Föderation und Weißrussland sind in der Tat ohne Präzedenzfall – sowohl in der Art, wie diese koordiniert wurden, als auch in der Weise, wie sie strategischen Sektoren die materiellen und industriellen Voraussetzungen genommen haben. Dieses Vorgehen hat trotz zahlreicher und konkreter Ankündigungen besonders die russische Führung sanktionspolitisch überrascht. Der BDI beglückwünscht die Partner im TTC zu diesem Erfolg. Diese Zusammenarbeit sollte so weitergeführt werden, wie die Working Group 7 dies in den Bereichen Genehmigungsverfahren, Zukunftstechnologiekontrolle und regulatorische Praxis (bilateral und mit Drittstaaten) angekündigt hat. Beide Partner sollten darauf hinwirken, bestehende exportkontrollrechtliche Hemmnisse für technologische Entwicklungen (z. B. im Bereich der klimaneutralen Mobilität) abzubauen. Zudem sollte generell dafür Sorge getragen werden, dass der Rechtsrahmen in der Exportkontrolle mit dem Tempo des technischen Wandels Schritt hält. Vergleichbare Normen und Anforderungen verringern die bürokratischen Pflichten für Unternehmen und schaffen damit Märkte, deren innovative und wirtschaftliche Kraft im Rennen um die technologische Führungsrolle entscheidend sein werden. Die Partner im TTC sollten ihre Zusammenarbeit gegen Russland als Auftakt für eine grundlegende strategische Positionierung der transatlantischen Partner in der Exportkontrolle begreifen.

Working Group 8: Investment Screening Cooperation Der BDI begrüßt das Bekenntnis der Verhandlungspartner zur Wichtigkeit der Offenheit für Investitionen. Gleichzeitig erkennt der BDI die gestiegenen Anforderungen an staatliche Investitionskontrollen, insbesondere nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, an. Das zwischen den Partnern vereinbarte Angebot einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Investitionskontrollen liegt im Interesse deutscher Investoren sowie Investitionsempfängern. Der Austausch von Erfahrungen im Bereich der Investitionskontrollen sowie von Datenmaterial kann dazu beitragen, Investitionskontrollen zielgerichtet auszugestalten, um so die negativen Auswirkungen einzudämmen. Im weiteren Verlauf sollte darauf geachtet werden, die Industrie in die Beratungen einzubeziehen und eine überbordende, industriepolitisch motivierte Ausweitung der Kontrollen zu verhindern.

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Working Group 9: Promoting SME Access to and Use of Digital Technologies Der BDI begrüßt den Ansatz, mittelständischen Unternehmen in der EU und den USA den Zugang zu digitalen Tools und Technologien zu erleichtern. Unterstützungsprogramme sollten finanziell angemessen ausgestattet und so unbürokratisch wie möglich sein. Gerade datengetriebene Geschäftsmodelle werden immer bedeutender für die unternehmerische Wettbewerbsfähigkeit. Immer mehr industrielle Mittelständler und Familienunternehmen arbeiten daran, die Potenziale der neuen Wertschöpfungsoptionen voll zu erkennen bzw. zu erschließen. Gleichzeitig kommen etwa die Vernetzung und Automatisierung von Produktionsprozessen teils nur schleppend voran. Erst wenn sich unternehmerische Mehrwerte von Technologien und Anwendungen nachvollziehbar zeigen sowie die Sorge vor unautorisiertem Datenzugriff Dritter abnimmt, werden digitale Prozesse und neue Technologien breiter genutzt. Es ist wichtig, auch im Mittelstand das Bewusstsein für die Möglichkeiten der Digitalisierung sowie für Cybersicherheit zu stärken. Best Practice-Guides können helfen, Potenziale und Herausforderungen zu erkennen. Ergänzend brauchen Unternehmen ein innovationsfreundliches Umfeld mit rechtssicheren Rahmenbedingungen und modernsten digitalen Infrastrukturen auch im ländlichen Raum. Flächendeckende Investitionen in digitale Aus- und Weiterbildung sind notwendig, um dem wachsenden Fachkräftemangel nicht zuletzt im MINT-Bereich zu begegnen.

Working Group 10: Global Trade Challenges Der BDI befürwortet eine enge Abstimmung der EU und der USA mit Blick auf den Erhalt eines liberalen, markt- und regelbasierten Handelssystems und einer umfassenden Reform der WTO. In diesem Zusammenhang begrüßen wir auch die Einrichtung eines Frühwarnmechanismus für Handelsmaßnahmen Dritter. Die Grundpfeiler des globalen Handels sollten Wettbewerbsgleichheit (level playing field), möglichst fairer, gegenseitiger Marktzugang (reciprocity) und gemeinsame, hohe Standards in den Bereichen Arbeit, Menschenrechte, Umwelt und Klima sein, um eine weitere Abwärtsspirale (race-to-the-bottom) zu vermeiden. Bestehende Asymmetrien und Verzerrungen mit Ländern, die sich in ihrem Wirtschaftssystem fundamental unterscheiden, sollten im Zuge der betont praxisorientierten Arbeit des TTC adressiert und ihnen vor allem mit abgestimmten Maßnahmen entgegengewirkt werden. Auf S. 3 des Joint Statement wird zunächst das Ziel bekräftigt, unnötige bilaterale Handels- und Investitionsbarrieren abzubauen, die Entstehung neuer Barrieren zu verhindern und bestehende Differenzen (das Wort „Konflikte“ wird vermieden) zu lösen. Konkrete Ansätze, um diese Ziele zu erreichen, finden sich in Annex X der Working Group Global Trade Challenges jedoch insgesamt wenige. Auch für bilaterale Handelsbarrieren, die beispielsweise durch neue Regulierungen oder Gesetzesvorschläge entstehen könnten, soll eine Art Frühwarnmechanismus eingeführt werden. So solle es im Rahmen der Working Group 10 möglich sein, dass eine Partei Bedarf anmeldet, regulatorische Initiativen, die den Handel beeinflussen, frühzeitig zu diskutieren, um die Entstehung neuer bilateraler

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Handelsbarrieren zu vermeiden. Sofern er die bisherigen Austauschmöglichkeiten (bilateral oder im Rahmen der WTO) verbessert, begrüßen wie diesen Mechanismus. Die EU und die USA kündigen an, spezifische Bereiche und/oder Produkte zu identifizieren, bei denen eine gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen den transatlantischen Handel fördern könnte. Allein im Maschinen- und Anlagenbau liegt das Potenzial für Kosteneinsparungen durch die gegenseitige Anerkennung von Ergebnissen der Konformitätsbewertung nach Schätzungen des Branchenverbands VDMA bei fünf bis 18 Prozent. Dabei hat die Umsetzung des Ziels „one standard, one test, accepted everywhere“ oberste Priorität. Eine gegenseitige Anerkennung von Testergebnissen der Konformitätsbewertung setzt zwingend eine vorausgegangene Harmonisierung der zugrunde liegenden Normen und Standards voraus. Dies kann nur durch internationale Normungsarbeit im Rahmen des Multilateralismus gelingen. Dabei darf nicht der „low hanging fruit“ der gegenseitigen Anerkennung von Normen verfallen werden. Unterschiedlichen Normanforderungen können niemals geeignet sein, europäische gesetzliche Vorgaben zu konkretisieren (vgl. New Legislative Framework). Multilaterale und bilaterale Gespräche in diese Richtung sollten verstärkt und verbindliche Regelungen angestrebt werden. Darüber hinaus ermutigen wir beide Seiten, Verhandlungen über die gegenseitige Senkung von Industriezöllen zu starten. Das Ziel, bestehende Handelsdifferenzen lösen zu wollen, wird leider nicht weiter konkretisiert. Die EU und die USA sollten dringend an einer endgültigen Lösung für Subventionen im Luftfahrtbereich und die damit verbundenen Strafzölle arbeiten, für die derzeit ein Moratorium gilt. Zudem sollten die noch bestehenden US-Einfuhrbeschränkungen für Stahl und Aluminium aus der EU endgültig abgeschafft werden. Die enge Zusammenarbeit und Abstimmung in Hinblick auf Sanktionen gegen Russland zeigen nochmal deutlich, dass die EU und die USA einander verlässliche Partner sind und Importe aus der EU nicht die nationale Sicherheit der USA gefährden. Im Rahmen der Working Group 10 wird schließlich auch eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich des öffentlichen Auftragswesens insgesamt angestrebt. Insoweit wird betont, dass man beiderseits weiter bemüht sei, Erleichterungen für den Handel durch verstärkte Zusammenarbeit im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zu schaffen, was zu begrüßen ist. In diesem Kontext wird unter anderem angestrebt, Energie- und High Tech-Lieferungen krisenfest zu gestalten. Im Übrigen korrespondiert die Ankündigung verstärkter Zusammenarbeit im Bereich des öffentlichen Auftragswesens mit den Ausführungen zu Working Group 2 bezüglich einer verstärkten Zusammenarbeit im Rahmen der umweltbezogenen öffentlichen Auftragsvergabe. Angesichts des beiderseits erklärten Ziels, Erleichterungen für den Handel zu erreichen, sollte die Europäische Kommission den TTC auch dazu nutzen, die für europäische Unternehmen problematische Verschärfung der Buy-American-Regelungen zu thematisieren und dieser entgegenzuwirken. Da in der EU keine den weitreichenden Buy-American- Regelungen entsprechenden Vorschriften existieren, sollte EU-seitig langfristig darauf hingewirkt werden, dass die Buy-American-Regelungen im Verhältnis zu Unternehmen aus der EU keine Anwendung finden.

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Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Lobbyregisternummer: R000534

Redaktion Julia Howald Referentin Außenwirtschaftspolitik T: +49 30 2028-1483 j.howald@bdi.eu Anna Kantrup Referentin Außenwirtschaftspolitik T: +49 30 2028-1526 a.kantrup@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D 1605

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