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Finanzpolitik: schwieriger Balanceakt
Finanzpolitik: schwieriger Balanceakt
Stützungsmaßnahmen zugunsten von Haushalten und Unternehmen auf dem weg
Die meisten Industrieländer haben recht umfangreiche Stützungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. In vielen Ländern wurden zunächst vergleichsweise grobe, nicht sehr zielgenaue Maßnahmen wie allgemeine Umsatzsteuersatzsenkungen auf Energieträger und Preisinterventionen ergriffen. Häufig waren diese nicht an Einsparungen der knappen Rohstoffe gekoppelt. Erst allmählich sind nun in einigen Ländern zielgenauere Entlastungen ergriffen worden. In der Regel sind administrative und informationsbezogene Hürden vorhanden, die zielgenauere Maßnahmen vereiteln. In der Regel sind private Haushalte mit niedrigem Einkommen, ältere Menschen und Bewohner ländlicher Gebiete in besonderer Weise betroffen und sollten die höchste Unterstützung erhalten. Unter den Unternehmen sind energieintensive Betriebe häufig im Fokus der Entlastung; auch hier kommt es auf Zielgenauigkeit der Maßnahmen an. Oftmals belaufen sich die Maßnahmen nun auf ein Volumen von zwei bis drei Prozent des BIP, in Deutschland dürften diese 2023 leicht über vier Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen. Diese Maßnahmen werden stabilisierende Wirkung auf die Wirtschaftsaktivität entfalten. Die Maßnahmen von Deutschland, Italien und Frankreich vor allem werfen aber naturgemäß Grundsatzfragen des Wettbewerbs in der EU auf, zumal die Krisenreaktion ähnlich wie bei Corona bei den finanzpolitisch starken Ländern deutlich kräftiger ausfällt als in den anderen. Immerhin ist es in der EU gelungen, den temporären Beihilferahmen anzupassen.
Finanzpolitik in Europa und Japan moderat restriktiv, aber angemessen
Die Finanzpolitik wird vor allem in Europa und Japan eingesetzt, um die schlimmsten Folgen der Preisschocks für Nahrungsmittel und Energie für die privaten Haushalte und die Unternehmen etwas abzumildern. Frankreich und Italien haben im ersten Halbjahr 2022 ähnlich große Programme verabschiedet, etwa im Umfang von drei Prozent des BIP. Im deutschen Fall sind die Entlastungpakete I-III der Koalitionsregierung (Headline-Größe 95 Milliarden Euro) nur für 1½ Prozent an echtem Impuls gut, weitere Maßnahmen mit einem Volumen von bis zu 200 Milliarden Euro (fünf Prozent) sind für Dezember 2022 bis April 2024 geplant. Damit würde das Volumen 2023 mit über vier Prozent des BIP auf EU-Spitzenwert liegen. Hinzukommen werden nun Verteilungsmechanismen bei der Umsetzung der Strompreisbremse und weitere Maßnahmen auf dem Gasmarkt in verschiedenen Ländern. Ohne diese Maßnahmen wäre die Finanzpolitik im Euroraum 2022/23 gemessen am strukturellen Primärüberschuss stark restriktiv ausgerichtet gewesen, mit diesen Maßnahmen wird sie nur noch leicht restriktiv sein. Dies liegt daran, dass zugleich die Sonderausgaben für die Pandemie auslaufen.
Der finanzpolitische Kurs in Japan steht noch nicht ganz fest. Japan hat insbesondere private Haushalte, aber auch Unternehmen mit Stützungsmaßnahmen vor den Folgen des Energieschocks geschützt. Ende Oktober hat der Premier ein weiteres großes Maßnahmenpaket angekündigt. Ob noch eine strukturelle Besserung des Haushalts möglich wird, bleibt abzuwarten.
Die Finanzpolitik in den USA ist dagegen restriktiv ausgerichtet, da die strukturelle Lage sich um gut zwei Prozentpunkte der Wirtschaftslage verbessern sollte. In Kanada und Australien ist die Finanzpolitik ebenfalls deutlich an Konsolidierung orientiert.