Verfassungsmäßigkeit des Solidari-tätszuschlagsgesetzes

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Stellungnahme

Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995 in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl I S. 4310), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 (Änderung des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995) vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2115) an das Bundesverfassungsgericht

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.fett) Langtitel, Beispiel: (Arial, 20 Pt,

Referentenentwurf/ Regierungsentwurf Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur Stand: 29.01.2024

Stand: TT.MM.JJJJ


Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes

Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung .............................................................................3 1. Wegfall des sachlichen Grundes für eine Erhebung des Solidaritätszuschlags mit dem Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 ............................................................................................ 5 2. Grundsatz des Gleichheitsgebots gemäß Art. 3 Abs. 1 GG ...8 3. Grundsatz der Eigentumsfreiheit gemäß Art. 14 Abs. 1 GG 11 4. Ergebnis und Reformvorschläge .............................................14 Über den BDI .....................................................................................16 Impressum ......................................................................................... 16


Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes

Zusammenfassung Solidaritätszuschlag: BDI verfasst Stellungnahme zu Verfassungsbeschwerde gegen die Weitererhebung des Solidaritätszuschlags In einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wurde die Erhebung des Solidaritätszuschlags im Jahr 2020 sowie der nicht vollständige Abbau des Solidaritätszuschlags im Jahr 2021 als verfassungswidrig bezeichnet. Der BDI hat sich in seiner Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde geäußert und unterstützt die Beschwerdeführer in ihrer Forderung eines vollständigen Abbaus des Solidaritätszuschlags für alle Steuerpflichtigen.

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Sehr geehrte Frau Professorin, für die Gelegenheit zur Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes (SolzG) 1995 in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl I S. 4310), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 (Änderung des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995) vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2115) danken wir Ihnen. Die Verfassungsbeschwerde befasst sich in einer sehr sorgfältigen und umfangreichen Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit des SolzG 1995 in der Fassung des Solidaritätszuschlag-Rückführungsgesetzes im Hinblick auf den Veranlassungszeitraum 2020 mit der unveränderten Fortführung der Solidaritätszuschlagspflicht sowie im Hinblick auf den Veranlassungszeitraum 2021 mit dem nicht vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlags für alle Steuerpflichtigen. Die Fortführung des SolzG 1995 in der Fassung des SolidaritätszuschlagRückführungsgesetzesverletze die Beschwerdeführer laut der Verfassungsbeschwerde in Ihren Grundrechten der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), missachte den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und verstieße gegen den besonderen Schutz der Ehe und Familie (Art. 6 GG) sowie das Gebot horizontaler Steuergerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG). Wir schließen uns den Begründungen der Beschwerdeführer an, die wir im Folgenden bestätigen und ergänzen möchten:

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1. Wegfall des sachlichen Grundes für eine Erhebung des Solidaritätszuschlags mit dem Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 Der sachliche Grund für die Erhebung des Solidaritätszuschlags ist mit dem Auslaufen des Solidarpakts II Ende des Jahres 2019 entfallen, sodass die Erhebung ab dem 01. Januar 2020 nicht mehr rechtmäßig war.1 Laut dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Januar 2023 (IX R 15/20, im Folgenden „BFH-Urteil 2023“) bestehe dagegen a) keine rechtliche Verknüpfung zwischen den Solidarpakten I & II und dem SolZG 1995 in der Fassung des Solidaritätszuschlag-Rückführungsgesetzes2 und b) darüber hinaus immer noch ein Finanzierungsbedarf für die neuen Bundesländer, sodass eine Fortführung des Solidaritätszuschlags verfassungsmäßig gerechtfertigt sei.3 a) Die rechtliche Verknüpfung der Solidarpakte I und II mit dem SolZG 1995 in der Fassung des Solidaritätszuschlag-Rückführungsgesetzes ist darin gegeben, dass die damals festgelegte finanzverfassungsrechtliche Ausnahmelage und damit Legitimation der Ergänzungsabgabe „Solidaritätszuschlag“ in einem zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes im Rahmen der Aufbauhilfe für die neuen Länder bestand4 und der tatsächliche Aufbau der neuen Länder finanziell vordergründig auf Grundlage der Leistungen des Bundes im Zusammenhang mit den Solidarpakten I und II erfolgte.5 Eine Ergänzungsabgabe verlangt aufgrund ihres „besonderen Typus“ eine Legitimation.6 Diese hat anfangs eindeutig in einem zusätzlichen Finanzbedarfs des Bundes „im Rahmen der Wiedervereinigung“ gelegen, sodass

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Papier, Prof. Dr. Hans-Jürgen: Rechtswissenschaftliches Gutachten zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Erhebung des Solidaritätszuschlags ab 2020, 2019, S. 28. 2 BFH-Urteil vom 17.01.2023 (IX R 15/20), Rz. 5, 12, 56 und 59. 3 BFH-Urteil vom 17.01.2023 (IX R 15/20), Rz. 48. 4 Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG (BTDrucks 12/4748), S. 2-5. Dem entgegen steht nicht, dass der Solidaritätszuschlag eine Steuer ist und das Aufkommen zweckungebunden in Bundeshaushalt fließt und grundsätzlich keine Verknüpfung zwischen Einnahmen und Ausgaben besteht. Wernsmann, Dr. Rainer: Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags verfassungsmäßig?, NJW 2018, 917 und § 3 I AO. 5 Die neuen Länder und Berlin erhielten in diesem Rahmen zusätzliche Mittel, um unter anderem Infrastrukturlücken zu schließen oder die finanzielle Ausstattung der Kommunen zu verbessern. Wissenschaftliche Dienste des Deutscher Bundestages: Zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Solidaritätszuschlags in aktueller Konzeption und der Verfassungsmäßigkeit geplanter Änderungen, WD 4 - 3000 - 099/19, 2020, S. 9. 6 Hoch, Dr. Veronica R. S.: Verfassungsrechtliche Fragen des Solidaritätszuschlags: Abschaffen, abschmelzen oder beibehalten?, DStR 2018, Rz. 2413.

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eindeutig eine Konnektivität hergestellt werden kann.7 Die Gründung der Ergänzungsabgabe erfolgte auf Grundlage einer notwendigen finanziellen Anstrengung dieser Aufbauhilfe, welche im Hinblick auf die zur Gründungszeit der Ergänzungsabgabe bestehenden Finanzlage des Bundes nicht aus dem bestehenden Steueraufkommen finanzierbar war.8 Auch wenn Einnahmen aus Ergänzungsabgaben als Steuern formal keiner Zweckbindung unterliegen, hat die Politik den Solidaritätszuschlag seit seiner Einführung mit den Kosten der deutschen Wiedervereinigung in Verbindung gebracht. Im Rahmen der Gesetzgebung wurde der Solidaritätszuschlag „zur Finanzierung der Vollendung der Einheit Deutschlands“ als „ein solidarisches finanzielles Opfer aller Bevölkerungsgruppen“ und „ein Zuschlag zur Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer für alle Steuerpflichtigen“ vorgeschlagen.9 Dadurch kann eindeutig eine rechtliche Konnektivität zwischen dem Solidarpakt I und insbesondere II und dem Solidaritätszuschlag hergestellt werden. 10 Zum Zeitpunkt seiner Einführung hat der Solidaritätszuschlag die erforderlichen Anforderungen an eine Ergänzungsabgabe erfüllt und war somit verfassungsgemäß. Seit 2020 fließen die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag allerdings vollständig in den Bundeshaushalt, womit eine inhaltliche Verknüpfung mit dem ursprünglichen Grund einer Aufbauhilfe der neuen Länder nicht mehr gewährleistet ist. Mit dem Auslaufen des Solidarpakts II und den daraus finanzierten Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer ist die Anforderung einer anders nicht auszugleichenden Bedarfsspitze weggefallen, wodurch sich die Verhältnisse, die für die Einführung der Ergänzungsabgabe maßgebend waren, grundlegend geändert haben und der mit der Erhebung verfolgte Zweck erreicht wurde. Der Solidaritätszuschlag ist in der aktuellen Ausgestaltung somit eine über eine Ausnahmelage hinweggehende Ergänzungsabgabe, da die finanzpolitische und finanzverfassungsrechtliche Sonderlage in Form einer besonderen Aufbauhilfe der neuen Länder als beendet betrachtet werden kann und somit der sachliche Grund für die Ergänzungsabgabe entfallen ist. Eine Umänderung des Zwecks der Ergänzungsabgabe ist rechtlich nicht möglich, sodass

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Papier, 2019, S. 15; Schemmel, Lothar: Verfassungswidriger Solidaritätszuschlag: Unzumutbar und unzulässig, KBI Schrift, No. 102, Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (KBI) Berlin 2009, S. 22. 8 BTDrucks 12/4748, S. 9 i.V.m. BTDrucks 12/4401, S. 51. 9 BTDrucks 12/4401, S. 51 10 Hoch, DStR 2018, Rz. 2413.

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der Solidaritätszuschlag nicht wegen eines anderen Zwecks fortgeführt werden kann.11 Bezüglich b), dass laut BFH eine notwendigen Aufbauhilfe der neuen Länder über das Auslaufen des Solidarpakts II hinweg und damit nach über 30 Jahren noch immer ein aufgabenbezogener Mehrbedarf des Bundes und somit der Zweck der Ergänzungsabgabe fortbestehe12, so kann dies seit 2020 als strukturelle, dauerhafte Finanzierungaufgabe betrachtet werden, welche „regelmäßig über die auf Dauer angelegten Steuern und nicht über eine Ergänzungsabgabe zu decken“ ist.13 Eine Ergänzungsabgabe ist als eine zeitlich begrenzte Aufgabe definiert und kann nicht als Mittel genutzt werden, strukturelle Aufgaben zu finanzieren. Als Ergänzungsabgabe ist der Solidaritätszuschlag „lediglich für Ausnahmelagen“ gedacht und sollte ausschließlich zu dem angedachten Grund sowie Zeitraum, in dem eine Deckungslücke des Bundeshaushaltes nicht auf andere Weise geschlossen werden kann, genutzt werden.14 Im Rahmen der Einführung der Ergänzungsabgabe hielten die damaligen Koalitionspartner (CDU/CSU und FDP) fest, dass diese aufgrund seiner Natur ,,aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht auf Dauer erhoben“ werden könne und sie mit dem Ziel beschlossen wurde, als zusätzliche

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Hidien, Jürgen W./Tehler, Thomas C. St.: Zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags - Anmerkungen zum Vorlagebeschluss des Niedersächsischen FG, StBW 10/2010, S. 458. 12 BFH-Urteil vom 17.01.2023 (IX R 15/20), Rz. 49,56 und 59. Papier stellt allerdings deutlich heraus, dass mit dem Auslaufen des Solidarpakts II die finanzpolitische und finanzverfassungsrechtliche Sonderlage die Notwendigkeit einer Unterstützung der neuen Länder weggefallen sei. Daher sei auch der Erhebungszweck, ein zusätzlicher Finanzbedarf als Rechtfertigung des Solidaritätszuschlags, nicht mehr vorhanden. Papier, Prof. Dr. HansJürgen: Rechtswissenschaftliches Gutachten zur verfassungsrechtlichen Beurteilung der Erhebung des Solidaritätszuschlags ab 2020, März 2019, S. 7. 13 BFH-Urteil von 2011 (BFH, 21.07.2011 - II R 52/10), Rz. 25; Hidien/Tehler, 2010, S. 458; Seiler in Maunz/Dürig, GG, 81. EL Sept. 2017, Art. 106 Rz. 117 f. 14 Papier, Prof Dr. Hans-Jürgen: Schriftliche Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995, Juni 2018, S. 4; Wortprotokoll der 14. Sitzung des Finanzausschuss, Berlin 2018, S. 4. Die Ergänzungsabgabe Solidaritätszuschlag hat einen verfassungsrechtlich eindeutigen Ausnahmecharakter, die nicht dazu vorgesehen ist, welcher ausschließt, langfristig eine stabile Haushaltslage sicherzustellen. Hoch, 2018, Rz. 2414. Wie in der aktuellen Haushaltskrise zu sehen könnten so immer wieder neue Aufgaben und möglicherweise außergewöhnliche finanzielle Mehrbelastungen entstehen, welche jedoch nicht die Beibehaltung der Ergänzungsabgabe rechtfertigen können. Parallel zu der Diskussion um Sondervermögen gilt auch für Ergänzungsabgaben, dass damit keine dauerhaften, strukturellen Mehrbedarfe finanziert werden können, sondern diese Finanzierung aus dem Bundeshaushalt erfolgen muss. Selmer, Peter/Hummel, Dr. Lars: Der Solidaritätszuschlag eine unendliche Geschichte?, in: Junkernheinrich u.a. (Hrsg.), Jahrbuch für öffentliche Finanzen. 2013, S. 375.

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Steuerbelastung mit einem klar definierten Ziel mittelfristig wieder abgebaut zu werden.15 Die Ausgestaltung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe zur Deckung „anderweitig nicht auszugleichende Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt“ verbiete laut den Grundsätzen der Finanzverfassung nach Art. 105ff GG darüber hinaus eine dauerhafte Erhebung oder Umwidmung. Eine Ergänzungsabgabe muss zwar nicht ex ante befristet erhoben werden, jedoch verbiete laut FG Niedersachsen der Ausnahmecharakter der Ergänzungsabgabe eine dauerhafte Erhebung.16 Laut Bundesregierung erfolgte ein Entfall des finanziellen Mehrbedarfs „in weiten Teilen“, sodass nicht ersichtlich ist, wieso der Teil der Steuerpflichtigen mit den höchsten Beiträgen von der Abschaffung des Solidaritätszuschlags ausgeschlossen bleibt.17 Wenn der Mehrbedarf, ob in vollständigem oder verringertem Maße, weiterhin vorhanden ist, so wäre dieser weiterhin entweder von der Gesamtheit in verringerter Höhe oder keinem Steuerpflichtigen, aber nicht nur von einer bestimmten Gruppe der Einkommensbezieher allein finanziell abzudecken. In der aktuellen Form „mutiert eine solche Ergänzungsabgabe ansonsten vom Mittel zur Mehrbedarfsdeckung zum Mittel der Herstellung sozialpolitisch motivierter Verteilungsgerechtigkeit“. 18 Dies widerspricht dem allgemeinen Finanzierungszweck der Ergänzungsabgabe. Somit besteht aufgrund des Auslaufens des Solidarpakts II und eines inzwischen strukturellen und nicht mehr vorübergehenden Finanzierungsbedarfs für die neuen Bundesländer keine verfassungsrechtliche Grundlage der Erhebung dieser Ergänzungsabgabe mehr.

2. Grundsatz des Gleichheitsgebots gemäß Art. 3 Abs. 1 GG Zudem verstößt der Solidaritätszuschlag gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gleichheitssatz fordert grundsätzlich das Gebot der Steuergerechtigkeit.19 Das SolzG 1995 in der Fassung des Solidaritätszuschlag-Rückführungsgesetzes wird dieser verfassungsrechtlichen

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BTDrucks 12/4801, S. 145. Urteil des FG Niedersachsen vom 21.8.2013, Vorlagebeschluss 7 K 143/08, Rz. 8. 17 BMF: Kabinett beschließt die weitgehende Abschaffung des Solidaritätszuschlags, 21.08.2019, URL: Bundesfinanzministerium - Kabinett beschließt die weitgehende Abschaffung des Solidaritätszuschlags, Datum des letzten Aufrufs: 19.01.2024. 18 Hoch, 2018, Rz. 2414; BFH-Urteil vom 17.01.2023 (IX R 15/20), Rz. 51. 19 BVerfG-Urteil vom 22.06.1995 - 2 BvL 37/91 und BVerfG Beschluss vom 18.07.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18. 16

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Anforderung nicht gerecht. Es liegt eine Ungleichbehandlung vor, da ab dem Jahr 2021 durch die selektive Abschaffung des Solidaritätszuschlags eine ungleiche Belastung einer sehr geringen Personen- und Unternehmenszahl, darunter viele von der Entlastung ausgenommene Kapitalgesellschaften, erfolgt. Durch die Fortführung des Solidaritätszuschlags nur für einen Teil der Steuerpflichtigen ab 2021 wird somit der Grundsatz des Gleichheitsgebots gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Eine Ungleichbehandlung und die sie rechtfertigenden Gründe müssen grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen. 20 Es ist vor dem Gleichheitsgebot nicht ersichtlich, warum ein Teil der bisher abgabepflichtigen Gruppe von der Befreiung des Solidaritätszuschlags ausgenommen ist, während andere vormals Abgabepflichtigen befreit werden.21 Zwischen den weiterhin Zahlungspflichtigen und den vom Solidaritätszuschlag Entlasteten bestehen keine Unterschiede in einem solchen Maße, dass diese ungleiche Behandlung zu rechtfertigen wäre. Bei dem vorliegenden Fall ist eine Differenzierung allein anhand der Höhe der Einkommensteuer nicht ausreichend. Insbesondere Kapitalgesellschaften bleiben bei Teilabschaffung unberücksichtigt. 22 In dem BFH-Urteil 2023 werde laut dem BFH dem Gebot der Steuergerechtigkeit durch das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung getragen. Denn bei Steuern, die wie die Einkommensteuer an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, sei die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte grundsätzlich zulässig und geboten. Deshalb könne der Gesetzgeber laut der Argumentation des BFH auch bei einer Ergänzungsabgabe, die im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, soziale Gesichtspunkte integrieren. Der Finanzierungszweck als Hauptzweck der Abgabenerhebung schließe es nicht aus, dass der Gesetzgeber zugleich Lenkungszwecke oder sozialpolitische Zwecke verfolge. Dies gelte für die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer gleichermaßen wie für den vorliegenden Fall der Ergänzungsabgabe.23

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BVerfG, Ureil vom 07.10.1980 (1 BvL 50, 89/79), Rz. 61. Epping, Volker: Grundrechte, 2021, (FN3), Rz. 784-787. 22 Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., Stellungnahme zu dem öffentlichen Fachgespräch im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zur “Abschaffung des Solidaritätszuschlags“ am 27. Juni 2018, S. 2. 23 BFH-Urteil 2023, 1685, IX R 15/20, Rz. 67. 21

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Die Selektivität der Entlastung bzw. fortschreitenden Belastung wird vom BFH dementsprechend sozialpolitisch begründet. Die steuerliche Staffelung nach der Einkommensstärke ist unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich auch bei Ergänzungsabgaben möglich, allerdings nur wenn sich dies auch unmittelbar aus dem Erhebungszweck der Abgabe ergibt. Die Ergänzungsabgabe Solidaritätszuschlag zielt allerdings darauf ab, einen konkreten Finanzbedarf des Bundes zum Aufbau der neuen Länder zu decken, was der Grundlage einer sozialen Staffelung entbehrt. Die definierte Zielsetzung des Solidaritätszuschlags impliziert keine weitergehende Differenzierung der Steuerpflichtigen bei der Ergänzungsabgabe.24 Eine steuerliche Umverteilung sollte darüber hinaus ausschließlich über das Instrument der Einkommensteuer und nicht über eine Ergänzungsabgabe erfolgen.25 Eine stärkere Belastung bestimmter Einkommensgruppen ist grundsätzlich über einen veränderten Tarifverlauf der Einkommensteuer zu integrieren und sollte nicht auf eine Ergänzungsabgabe übertragen oder gar erweitert werden.26 Die Einkommensteuer ist durch progressive Steuersätze bereits sozial staffelnd ausgestaltet, sodass eine über die aktuell geltenden Bestimmungen hinausgehende Lenkungswirkung nicht notwendig ist. Eine zusätzlich sozial staffelnde Ergänzungsabgabe führt zu einer problematischen Intransparenz und Willkür bei der Umverteilung.27 Der Solidaritätszuschlag wird von einem Mittel der Mehrbedarfsdeckung des Aufbaus der neuen Länder zu einem Mittel, das sozialpolitische Lenkungswirkung entfalten soll, zweckentfremdet. Damit wird der Solidaritätszuschlag zu einer Art Reichensteuer.28 Eine Abänderung des Typus einer Ergänzungsabgabe führt zur Verfassungswidrigkeit derselben, da kein freies Steuerfindungsrecht des Gesetzgebers über die Steuern in Art. 106 GG hinaus besteht. Bestimmte Unternehmen mit einem bestimmten Einkommen sowie Kapitalgesellschaften werden zu Zwecken der Verteilungsgerechtigkeit

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Kube, Prof. Dr. Hanno: Verfassungsrechtliche Würdigung der koalitionsvertraglichen Aussagen zum Solidaritätszuschlag, Heidelberg, 2018, S. 7f. 25 Hoch, 2018, Rz. 2414; BFH-Urteil vom 17.01.2023 (IX R 15/20), Rz. 51. 26 Kube, Prof. Dr. Hanno: Verfassungsrechtliche Problematik der fortgesetzten Erhebung des Solidaritätszuschlags, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der INSM, Heidelberg, 2017, S. 14f. 27 Kube, 2018, S. 7f. 28 Hoch, 2018, Rz. 2414f.; so auch Loritz, Stellungnahme für das Öffentliche Fachgespräch u.a. zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP zur Aufhebung des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 am 27. Juni 2018, BT-Drucksache 19/1038, S. 4

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stärker belastet, wodurch eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG erfolgt. Somit müssen bei der Abschaffung des Solidaritätszuschlags aus verfassungsrechtlichen Gründen ab 2021 rückwirkend alle Zahler der Ergänzungsabgabe miteinbezogen werden.29 3. Grundsatz der Eigentumsfreiheit gemäß Art. 14 Abs. 1 GG Schließlich liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Eigentumsfreiheit gemäß Art. 14 Abs.1 GG vor. Die Eigentumsgarantie betrifft alle „vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass dieser die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf“.30 Laut dem BFH falle auch die Steuerbelastung grundsätzlich in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie.31 Die Einkommenssteuer greift bei einem Erwerb vermögenswerter Rechtspositionen und ist somit von der Eigentumsgarantie berührt.32 Der Solidaritätszuschlag als eine Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftssteuer gemäß Art. 105 Abs. 2 Alt. 1 i. V. m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG fällt ebenfalls in den Schutzbereich der der Eigentumsgarantie.33 Laut dem BFH-Urteil 2023 sei der Zugriff auf das geschützte hier untersuchte Eigentum allerdings „verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da a) Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die Belastung mit einem Solidaritätszuschlag ermöglich[t]en“34 und diese b) verhältnismäßig seien und bei der aktuellen Höhe von 5,5% der Bemessungsgrundlage keine übermäßige Belastung der betroffenen höheren Einkommen verursachten. 35 Bezüglich a) kann die Eigentumsgarantie zwar durch gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen eingeschränkt werden. Die Voraussetzung für eine Anwendung von Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ist

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Wernsmann, 2018, Rz. 918. BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, Rz. 33. 31 BFH-Urteil vom 21.07.2011 (II R 52/10), Rz. 41; BFH-Urteil vom 17.01.2023 (IX R 15/20), Rz. 76. 32 BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, Rz. 33. 33 Wernsmann, 2018, Rz. 916. 34 Ebd. 30

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BFH-Urteil vom 17.01.2023 (IX R 15/20), Rz. 76.

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allerdings, dass andere Verfassungsnormen dabei nicht ausgehebelt werden.36 Durch die Fortführung des Solidaritätszuschlags für einen Teil der Bevölkerung ist ein Verstoß gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes erkennbar, da die Erhebung des Solidaritätszuschlags einer faktischen Änderung der Einkommen- und Körperschaftsteuertarife entspricht und keine Zustimmung des Bundesrates im Sinne des Art. 105 Abs. 3 i. V. m. Art. 106 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG erfolgte. Bei einer isolierten Betrachtung des SolzG 1995 in der Fassung des Solidaritätszuschlag-Rückführungsgesetzes wäre keine Zustimmung des Bundesrats gem. Art. 105 Abs. 3 GG erforderlich, da das Steueraufkommen aus dem Solidaritätszuschlag in aktueller Form ausschließlich dem Bund zufließt. Allerdings hat der Solidaritätszuschlag als ein linearer Aufschlag auf die progressiv ausgestaltete Einkommensteuer faktisch denselben Effekt wie eine Steuererhöhung und damit eine progressionsverschärfende Wirkung.37 Das BVerfG hat bereits 1972 geurteilt, dass eine Ergänzungsabgabe für Bezieher ausschließlich höherer Einkommen „im Ergebnis eine Verschärfung der Einkommensteuer darstellt“38, also einer Tariferhöhung der Einkommensteuer für obere Einkommensstufen.39 Bei der Gleichsetzung der Ergänzungsabgabe mit einer Änderung des Tarifverlaufs der Einkommensteuer muss berücksichtigt werden, dass bei einer solchen Änderung grundsätzlich eine Zustimmung des Bundesrates notwendig wäre, da diese Steuer nicht ausschließlich dem Bund zufließt.40 Dies hätte damit ab 2021 für die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags für Bezieher höherer Einkommen sowie der Körperschaftsteuerpflichtigen eine Zustimmung vom Bundesrat aufgrund einer Erhöhung der Gesamtsteuerbelastung des einkommen- bzw. körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens erforderlich gemacht. Durch diese einseitige Änderung des verfassungsrechtlichen Steuerverteilungssystems wurde Art. 105 Abs. 3 i. V. m. Art. 106 Abs. 3 GG ausgehebelt, wodurch die Inhalts- und Schrankenbestimmungen des SolzG 1995 in der Fassung des

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BVerfG, Beschluss vom 07.08.1962, 1 BvL 16/60, Rz. 53). Hierbei wird insbesondere auf den Gleichheitssatz Bezug genommen, dessen Verletzung in Punkt 2 der Stellungnahme behandelt wird. 37 Die Gleitzone wirkt dem entgegen, kann aber eine Verschärfung höherer Einkommen von Unternehmen nicht aufhalten. Wernsmann, 2018, Rz. 918. 38 BVerfG, Beschluss vom 09.02.1972 - 1 BvL 16/69, Rz. 32. 39 Dies sollte die Integration sozialpolitischer Gesichtspunkte in eine Ergänzungsabgabe rechtfertigen. Wernsmann, 2018, Rz. 918. 40 Ebd.

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Solidaritätszuschlag-Rückführungsgesetzes nicht mit diesen Verfassungsnormen vereinbar sind und damit gegen den Grundsatz der Eigentumsfreiheit nach Art. 14 GG verstoßen wird.41 Bezüglich b), einer vom BFH argumentierten nicht vorliegenden „übermäßige[n] Belastung“ der weiterhin vom Solidaritätszuschlag Betroffenen, so kann zwar im Sinne des Beschlusses des BVerfG vom 18. Januar 2006 (2 BvR 2194/99) davon ausgegangen werden, dass „der wirtschaftliche Erfolg [der Unternehmen durch die Höhe des Solidaritätszuschlags voraussichtlich nicht] grundlegend beeinträchtigt“ wird, wenn als zugrundeliegende zumutbare Grenze eine summierte Steuerbelastung i.H.v. von 50 Prozent des Einkommens angenommen wird (Halbteilungsgrundsatz).42 Allerdings sollten bei der Beurteilung einer übermäßigen Belastung von Unternehmen durch die Fortführung des Solidaritätszuschlags auch Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit mit in den Blick genommen werden. Die Unternehmen in Deutschland haben bereits einen wesentlichen Anteil am Steueraufkommen und werden durch die Fortführung des Solidaritätszuschlags zusätzlich stark belastet.43 Die effektive Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland betrug 2022 im Schnitt 28,8 Prozent (EU-Durchschnitt 18,8 Prozent). 44 Eine fortführend hohe Steuerbelastung von Unternehmen durch eine bloße Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags ist aufgrund der im internationalen Vergleich bereits stark belasteten Unternehmen wirtschaftspolitisch nicht zu rechtfertigen. Eine Entlastung vom Solidaritätszuschlag muss daher auch bei den Unternehmen ankommen.

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Wernsmann, 2018, Rz. 918. BverfG, Beschluss vom 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, Rz. 7. 43 iwd: Deutsche Unternehmen stark belastet, 2023, S. 1. 44 Die effektive Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland betrug 2022 im Schnitt 28,8 Prozent (EU-Durchschnitt 18,8 Prozent). ZEW (2023), Mannheim Tax Index – Update 2022). In 2023 lag die durchschnittliche Steuerbelastung deutscher Unternehmen mit über 29,9 Prozent weit über dem OECD-Durchschnitt von 23,6 Prozent. OECD.Stat, Statutory corporate income tax rate. Der Spitzensteuersatz in Deutschland beträgt 47,5 Prozent (45 Prozent Einkommensteuer und 2,5 Prozent Solidaritätszuschlag). Damit liegt Deutschland 5 Prozentpunkte über dem OECD-Durchschnitt. Hentze, Dr. Tobias/ Kauder, Dr. Björn: Unternehmensbesteuerung im internationalen Vergleich, Köln, 2023, S. 11. 42

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4. Ergebnis und Reformvorschläge Im Ergebnis scheint die Fortführung des Solidaritätszuschlags aufgrund wegfallender Legitimation im Jahr 2020 und aufgrund von Verstößen gegen mehrere Grundgesetzartikel ab 2021 verfassungswidrig. Gegen die generelle Fortführung des Solidaritätszuschlags ab 2020 spricht ein Auslaufen des Solidarpakt II zum Ende 2019. Damit entfiel der ursprüngliche Finanzierungszweck zur Erhebung der Ergänzungsabgabe, sodass die zeitliche Begrenzung der Abgabe griff und diese nicht länger erhoben werden durfte. Falls, wie laut BFH, ein fortwährender struktureller Mehrbedarf zum Aufbau der neuen Länder fortbestehe, so müsste dieser dauerhaft aus dem regulären Bundeshaushalt gezahlt und nicht über eine umgewidmete Ergänzungsabgabe finanziert werden. Der Solidaritätszuschlag ist als Ergänzungsabgabe für eine nicht dauerhafte Erhebung vorgesehen und eine Umwidmung des Solidaritätszuschlags nach Art. 105ff GG nicht vorgesehen. Gegen die einseitige Fortführung des Solidaritätszuschlags ab 2021 spricht ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot nach Art. 3 GG. Der Ausschluss vieler Unternehmen und insbesondere von Kapitalgesellschaften in Deutschland, welche einen maßgeblichen Anteil an den aktuellen Aufkommensrekorden haben, ist gleichheitswidrig. Eine Rechtfertigung durch sozialpolitscher Motive ist nicht ausreichend, da eine solche steuerliche Umverteilung grundsätzlich über das Instrument der Einkommensteuer und nicht über eine Ergänzungsabgabe erfolgen muss.45 Die angedachte Lenkungswirkung ist ein sachfremdes Ziel und im Falle dieser Ergänzungsabgabe nicht angemessen. Außerdem wurde außerhalb des Rahmens der Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG mit der nur teilweisen Abschaffung des Solidaritätszuschlags faktisch eine Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer beschlossen, ohne die notwendige Zustimmung des Bundesrates einzuholen. Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands geht im Wesentlichen auf die Innovationskraft und dem darauf aufbauenden Erfolg der Unternehmen im internationalen Wettbewerb zurück. Im Rahmen des internationalen Steuerwettbewerbs sollte die steuerliche Gesamtbelastung der Unternehmen daher

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Unternehmen in Deutschland leisten bereits durch die Beschäftigung von Mitarbeitern und die daraus erzielte Wertschöpfung einen maßgeblichen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens und Anteil des Steueraufkommens. Eine Entlastung beim Solidaritätszuschlag auch für Unternehmen ist vor diesem Hintergrund dringend notwendig und gerechtfertigt.

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grundsätzlich auf ein international vergleichbares und wettbewerbsfähiges Niveau von maximal 25 Prozent herabgesenkt werden. Eine zeitnahe Abschaffung des Solidaritätszuschlags kann einen wichtigen Beitrag zur Senkung der im internationalen Vergleich bereits sehr hohen Gesamtsteuerbelastung der Unternehmen in Deutschland und nachhaltigen Standortstärkung Deutschlands leisten.46 Es besteht somit dringender Handlungsbedarf für eine grundlegende Reform des Solidaritätszuschlags. Zunächst sollte in einem ersten Schritt eine Absenkung des Satzes des Solidaritätszuschlags vorgenommen werden, um die Entlastung auf alle verbleibenden Zahler auszuweiten.47 In einem zweiten Schritt muss der Abbau des Solidaritätszuschlags mit einem verbindlichen Enddatum erfolgen. Für einen aufkommensverträglichen Einstieg schlagen wir daher eine Senkung des vollen Zuschlagssatzes auf zunächst drei Prozent ab 2024 vor, die gleichzeitig mit einem festen Enddatum für den vollständigen Abbau verbunden wird.

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iwd: Deutsche Unternehmen stark belastet, 2023, S. 1. Die verbleibenden zehn Prozent der Zahler des Solidaritätszuschlags trugen bisher schon rund 50 Prozent des Aufkommens, wozu unter anderem Einzelunternehmer, Personen- und Kapitalgesellschaften gehörten. Beznoska, Dr. Martin/ Hentze, Dr. Tobias: IW-Gutachten, Die geplante Reform des Solidaritätszuschlags, Köln 2018, S. 14. 47 Erst recht sollte keine Integration des Solidaritätszuschlags in die Einkommensteuer erfolgen, was einer Steuerhöhung gleichkäme und gerade in Zeiten wiederholter Steuermehreinnahmen auf Rekordniveau nicht zu rechtfertigen wäre.

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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Und er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 39 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund acht Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene. Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Lobbyregisternummer: R000534

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