Europa im Wettbewerb um die Grüne Transformation
Zur industrie-, klima-, und handelspolitischen Reaktion der EU
Kernbotschaften
▪ Mit dem Inflation Reduction Act (IRA) legt die Biden-Administration ein Klimainvestitionsprogramm auf, das in beispielhafter Weise klima-, handels- und industriepolitische Aspekte zusammenführt – unbürokratisch, konsistent, zukunftsorientiert. Der IRA ist ein Beispiel dafür, wie eine Verzahnung von Industrie- und Klimapolitik industrielle Wertschöpfungsketten in der Klimatransformation in die erforderliche Dimension bewegt.
▪ Die deutsche Industrie sieht die Aspekte des Gesetzes kritisch, die europäische und andere ausländische Unternehmen benachteiligen. Dazu gehören insbesondere die Kriterien für Steuergutschriften für Elektroautos, aber auch „Buy-American“ - oder „Local-Content“-Anforderungen in anderen Bereichen.
▪ Die Europäische Kommission sollte darauf hinwirken, dass die Umsetzungsrichtlinien der USBehörden so großzügig wie möglich ausfallen, um die Diskriminierung europäischer Hersteller möglichst gering zu halten. Die EU und die USA sollten sicherstellen, dass es nicht zu einem Subventionswettlauf oder Handelskonflikt kommt Europäische Vergeltungsmaßnahmen in Form von Zöllen oder „Buy-European“-Regelungen wären kontraproduktiv.
▪ Die EU-Industriepolitik im Feld des Klimaschutzes ist im Vergleich mit den USA durch komplexe Regulierungen, umständliche Planungs- und Genehmigungsverfahren, eine geringe Förderung privater Investitionen und eine mangelnde Integration nationaler Maßnahmen geprägt. Deshalb hinkt die EU angesichts hoher Förderung in den USA, China, Japan und anderen Industrieländern hinterher – und gefährdet ihr selbstgestecktes Ziel, Vorreiter bei grünen Technologien zu sein. In der EU beträgt der Gesamtrahmen für Klimamaßnahmen etwa 645 Milliarden Euro (2021-2027).
▪ Die EU muss ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weg zur ökologischen Nachhaltigkeit erheblich stärken: durch schnelle regulatorische Entscheidungen, straffe Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie administrativ einfache Fördermaßnahmen für ein breites Spektrum an Branchen und Technologien in einem flexibleren Beihilferahmen. Mit Steuergutschriften sollte die EU einen pragmatischen Ansatz wie die USA verfolgen.
Executive Summary
Mit dem Inflation Reduction Act (IRA) legt die Biden-Administration ein Klimainvestitionsprogramm auf, das in beispielhafter Weise klima-, handels- und industriepolitische Aspekte unbürokratisch, konsistent und zukunftsorientiert zusammenführt Ein klimapolitischer Vorstoß der USA ist grundsätzlich zu begrüßen und wird regelmäßig von der Europäischen Union (EU) gefordert. Allerdings sieht die deutsche Industrie vor allem diejenigen Aspekte des Gesetzes kritisch, die europäische und andere ausländische Unternehmen benachteiligen. Dazu gehören insbesondere die Kriterien für Steuergutschriften für Elektroautos, aber auch „Buy-American-“ oder „Local-Content“-Anforderungen in anderen Bereichen Diese verstoßen gegen die WTO-Regeln zur Nichtdiskriminierung und Subventionierung. Die EU-Kommission sollte weiterhin darauf hinwirken, dass die Umsetzungsrichtlinien der Behörden so großzügig wie möglich ausfallen, um die Diskriminierung europäischer Hersteller möglichst gering zu halten. Die EU und die USA sollten gleichzeitig unbedingt sicherstellen, dass es nicht zu einem Subventionswettlauf oder Handelskonflikt kommt Etwaige Vergeltungsmaßnahmen in Form von Zöllen können nicht die Lösung sein, ebenso wenig wie „Buy-European“-Regelungen
Durch erhebliche Kostensenkung bei der Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien und auch bei der Herstellung der dafür notwendigen Anlagen und Technologien hat der IRA insgesamt das Potenzial, den globalen Wettlauf um die Produktion von grünen Technologien zulasten des Industriestandortes Europa und Deutschland zu beschleunigen. Durch Steuergutschriften verfolgen die USA einen pragmatischen Ansatz, schnell und unbürokratisch klimafreundliche Technologien zu fördern und für eine hohe Investitionssicherheit zu sorgen. Der umfassende und ganzheitliche Ansatz des IRA in Kombination mit der unkomplizierten, verlässlichen und vorhersehbaren Struktur stellt ein Beispiel dafür dar, wie eine konsistente und unbürokratische Verzahnung von Industrie- und Klimapolitik dazu beitragen kann, industrielle Wertschöpfungsketten in der Klimatransformation in die erforderliche Dimension zu bringen.
Gesamtwirtschaftlich zeichnen sich Investitionsumlenkungen aus dem Ausland in die USA ab und dürften insbesondere dort auftreten, wo steuerliche Differenzen und andere relevante Standortfaktoren wie pragmatische und konsistente Regularien und unbürokratischer Zugang zu Fördermitteln im IRA zusammenfließen Dies ist insbesondere bei Wasserstoff, erneuerbaren Energien, nachhaltigen Kraftstoffen und Elektromobilität ein ernstzunehmendes Risiko. Hinzu kommen weitere positive Standortfaktoren, wie deutlich geringere Energiekosten in den USA sowie die Größe und Einheitlichkeit des Binnenmarktes.
Die Anreizregelungen für Klimaschutzinvestitionen bieten kurzfristig für deutsche und europäische Anbieter bestimmter Technologien allerdings auch zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten, die sich über den Export aus Deutschland beziehungsweise der EU und über das lokale Geschäft vor Ort realisieren lassen werden.
Europas Industriepolitik im Feld der Klimapolitik ist im Vergleich zu den USA insbesondere durch komplexe Regulierung, umständliche Planungs- und Genehmigungsverfahren, geringe Förderung privater Investitionen und eine mangelnde Integration mit nationalen Maßnahmen geprägt. Insofern stehen dringende grundsätzliche Entscheidungen in der EU an, den Rechtsrahmen, die Förderverfahren, den Beihilferahmen und die Infrastruktur besser, schneller und wirksamer auszugestalten. Angesichts hoher Fördermaßnahmen in den USA, China, Japan und anderen wichtigen Industrieländern hinkt die EU ansonsten hinterher und riskiert die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Industriestandorts Europa und Deutschland Damit gefährdet sie auch ihr selbstgestecktes Ziel, Vorreiter bei grünen Technologien zu sein.
Angesichts der gewaltigen industriellen, wirtschaftlichen und geopolitischen Veränderungen, die sich durch die Netto-Null-Umstellung bereits abzeichnen, muss eine europäische Strategie zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität auf dem Weg in die Klimaneutralität große Hebel bewegen Dazu gehören der Abbau von Bürokratie, die Vereinfachung von Verfahren, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, der Ausbau der Wasserstoffwirtschaft sowie die Anpassung des EU-Beihilfen- und EU-Förderrahmens. Im Rahmen der Arbeiten am Green Deal Industrieplan für das Netto-NullZeitalter gilt es daher, die regulatorischen Hürden für eine klimaneutrale europäische Industrie deutlich abzusenken Dies ist insbesondere für den zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien und den Wasserstoffmarkthochlauf von zentraler Bedeutung.
Die angekündigte gezielte und zeitlich begrenzte Anpassung des derzeitigen befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen (TCF) sowie geplante Revision der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) und Weiterentwicklung des IPCEI-Instruments sind folgerichtig. Die TCF-Revision muss neben einfachen und vorhersehbaren Unterstützungsregelungen für erneuerbare Energien und die industrielle Dekarbonisierung auch auf Beihilfen zur Abfederung von Mehrkosten aufgrund außergewöhnlich starker Erhöhungen der Erdgas- und Strompreise gerichtet sein.
Darüber hinaus gilt es, auch über die Konzentration von Fördermitteln auf EU-Ebene eine höhere und raschere Finanzierung zu schaffen Im jetzigen Programmrahmen fördert die EU entsprechende Branchen mit unter 100 Milliarden Euro über sieben Jahre, beziehungsweise 0,1 Prozent des BIP pro Jahr, während der Gesamtrahmen für Klimamaßnahmen bei etwa 645 Milliarden Euro beziehungsweise 0,3 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt. Vergleichbare Volumina für die grüne Industrie liegen in den USA und in China relativ gesehen in etwa doppelt so hoch. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, dürften doppelt so hohe Anstrengungen erforderlich sein. Dazu werden gezielte Fördermaßnahmen im Rahmen des Programms REPowerEU, nationale Beihilfen, u. a. auch durch steuerliche Erleichterungen für Investitionen und vereinfachte IPCEIs erforderlich werden. Aufgrund der Programmrealitäten und der Verteilungseffekte werden diese Quellen aber nicht ausreichen, um eine flächendeckende und ausreichende Antwort sicherzustellen. Eine Einigung auf weiterführende Finanzierungen zur strategischen Souveränität ist nicht nur, aber auch in diesen Feldern in der Diskussion Umverteilungen zulasten industrieller Dekarbonisierungsprojekte aus dem EU-Innovationsfond wären jedoch der falsche Weg.
Auf Subventionen allein lässt sich keine wettbewerbsfähige Wirtschaftsstruktur aufbauen. Über die notwendigen finanziellen Anreize hinaus muss die europäische Politik daher dringend das regulatorische Umfeld für Investitionen und wirtschaftliche Tätigkeit in Europa verbessern, Bürokratie reduzieren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft wieder in den Fokus nehmen. Beispielsweise stellen die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland und der EU für Industrieanlagen, für Anlagen zur Energieerzeugung und für die dafür benötigten Infrastrukturen eine hohe Hürde für die rasche Hochskalierung alternativer Technologien dar. Das bisherige Tempo in der Genehmigung muss in etwa vervierfacht werden, um den Hochlauf im Einklang mit den Klimazielen erreichen zu können.
Anstatt die Wirtschaft bei der grünen und digitalen Transformation oder bei der Diversifizierung von Wertschöpfungsketten durch praktikable Rahmenbedingungen zu unterstützen, hat der europäische Gesetzgeber zahlreiche Initiativen auf den Weg gebracht, die diese Bemühungen konterkarieren und den Standort Europa schwächen: die Revision der Industrieemissionsrichtlinie (IED), der geplante Data Act und die Verordnung über künstliche Intelligenz, der Richtlinienvorschlag zur Normierung von menschen- und umweltrechtlichen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (CSDDD), der Verzicht auf neue
Bürokratie sowie die Vereinfachung und Harmonisierung des regulatorischen Umfelds müssen zwingend Bestandteil einer europäischen Antwort auf den IRA sein.
1. Das Gesetzespaket des Inflation Reduction Act
Nachdem in den USA monatelang um das ambitionierte Gesetzespaket „Build Back Better“ gerungen worden war – ein Kernelement der klima- und sozialpolitischen Agenda der Biden-Administration mit einem Umfang von über einer Billionen US-Dollar – sorgte ein Kompromiss unter den Demokraten im Senat schließlich dafür, dass zumindest ein Teil dieser Ideen in Form des Inflation Reduction Act (IRA) umgesetzt werden konnte. Am 16. August unterzeichnete US-Präsident Joe Biden den IRA. Dieser soll durch eine Kombination aus neuen Steuern für Unternehmen, verstärktem Steuervollzug und einer Reform der Preisgestaltung für verschreibungspflichtige Medikamente schätzungsweise 737 Milliarden US-Dollar an neuen Haushaltseinnahmen einbringen. Gleichzeitig stellt das Gesetz rund 369 Milliarden US-Dollar für Investitionen in den Klimaschutz und etwa 64 Milliarden US-Dollar für zusätzliche Ausgaben für die gesetzliche Gesundheitsvorsorge (Affordable Care Act bzw. „Obamacare“) zur Verfügung. Die Differenz von Einnahmen und Ausgaben soll dazu beitragen, das Haushaltsdefizit über die nächsten zehn Jahre um schätzungsweise rund 300 Milliarden US-Dollar zu reduzieren.
1.1. Die klima- und energiepolitischen Elemente des IRA
Für die Biden-Administration ist der IRA somit ein wichtiges Element zur Erreichung ihrer Klimaziele. Mit dem Gesetz sollen die Emissionen in den USA bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2005 gesenkt werden. Die Biden-Administration hat sich international zu einer Absenkung um 50 bis 52 Prozent verpflichtet, was zusätzliche Maßnahmen erfordert. Die etwa 369 Milliarden US-Dollar stehen über zehn Jahre vor allem in Form von Steuergutschriften für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung. Die Maßnahmen erstrecken sich auf Investitionen in die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und auf die Produktion der dafür notwendigen Energieanlagen, Carbon Capture and Storage (CCS), Speicher, emissionsarme Kraftstoffe, Wasserstoff, batterieelektrische Fahrzeuge und kritische Mineralien. Schätzungen des Haushaltsbüros des US-Kongresses zufolge entfallen 127 Milliarden US-Dollar auf die Maßnahmen zugunsten der erneuerbaren Energien, 37 Milliarden USDollar auf grüne Industrien, 13 Milliarden US-Dollar auf Wasserstoff, 12,5 Milliarden US-Dollar auf Elektrofahrzeuge und 10,4 Milliarden US-Dollar auf nachhaltige Kraftstoffe. Grundsätzlich gilt, dass diese Angaben auf einer Schätzung des Congressional Budget Office (CBO) basieren und nur als Orientierung dienen können. Die genannten Beträge können über- oder unterschritten werden und stellen keinen Deckel dar. Durch weitere kleinere Förderprogramme und Aktivitäten der Bundesstaaten werden darüber hinaus weitere Summen für den Klimaschutz mobilisiert. Ein klimapolitischer Vorstoß der USA ist grundsätzlich zu begrüßen und wird regelmäßig von der Europäischen Union (EU) gefordert.
Der Inflation Reduction Act ist die erste größere US-Klimagesetzgebung seit dem Clean Air Act, welcher letztmalig im Jahr 1990 geändert wurde. Mit dem IRA sollen neben der Treibhausgasminderung insbesondere Wertschöpfungsketten für klimafreundliche Zukunftstechnologien in den USA aufgebaut werden. Er setzt auf den bereits existierenden Production Tax Credit (PTC) und Investment Tax Credit (ITC) auf (beide werden ab 2025 durch den IRA neu aufgesetzt, werden technologieneutral und orientieren sich fortan an Emissionen)1, welche unter anderem für die Produktion von Energie aus Wind,
Solar-Photovoltaik, Wasserkraft, Biomasse beziehungsweise die Konstruktion entsprechender Anlagen in den USA angewendet werden. Um die Entwicklung von klimafreundlichem Wasserstoff durch Steuergutschriften zu incentivieren, wurde der Clean Hydrogen Production Tax Credit geschaffen Der IRA verlängert und erweitert ebenfalls den existierenden Carbon Capture and Sequestration Tax Credit Zur weiteren Verwendung der existierenden Kernkraftwerke dient der Zero-Emission Nuclear Power Production Tax Credit. Steuergutschriften für Investitionen in Produktionsanlagen und die Herstellung von Komponenten für erneuerbare Energien (PV- und Windenergie, Batteriespeicher und Wechselrichtertechnologie) werden durch den Advanced Energy Project Credit und den Advanced Manufacturing Production Credit ermöglicht Eine Kombination aus entweder Production oder Investment Tax Credit und Manufacturing Tax Credit ist ausdrücklich möglich
Bipartisan Infrastructure Law (BIL) und der Inflation
CO2-freie Energieerzeugung
Transport
Klimafreundliche Technologien
Verarbeitendes Gewerbe
- Steuergutschriften für Investitionen in Solar- und Speicheranlagen
- Steuergutschriften für die Erzeugung von Wind- und Kernenergie
- Förderung von überregionalen Übertragungsnetzprojekten
- Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen
- Steuerliche Anreize für den Kauf von Elektrofahrzeugen
- Förderung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge
- Steuergutschrift für die Abscheidung von Kohlendioxid und Direct Air Capture (DAC)
- Steuergutschrift für die Produktion von klimafreundlichem Wasserstoff
- Förderung von Wasserstoff- und DAC-Hubs
- Förderung von nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF)
- Förderung von modernen Produktionsanlagen
- Investitionen für moderne Industrieanlagen
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- Landwirtschaftliche
-
-
Schätzungen zufolge löst der IRA in den nächsten zehn Jahren kumulative Investitionen in klimafreundliche Technologien in Höhe von 3,5 Billionen US-Dollar aus2 Das US-Energieministerium (Department of Energy, DoE) schätzt, dass der IRA die Emissionen der USA bis 2030 um weitere zehn Prozentpunkte gegenüber 2005 senken wird3. Damit würden die USA ihre Emissionen im Vergleich zu 2005 um 40 Prozent senken, was allerdings immer noch etwa zehn Prozentpunkte unter dem Ziel von 50 Prozent liegt, welches die USA im Rahmen des Pariser Abkommens unterzeichnet haben.
Durch erhebliche Kostensenkung hat der IRA insgesamt das Potenzial, den globalen Wettlauf um die Produktion von grünen Technologien zu beschleunigen und anzuheizen. Darüber hinaus wird die erhöhte Nachfrage globale Lieferketten weiter unter Druck setzen.
Beispiel Windenergie
Die Hersteller von Windturbinen werden im IRA insbesondere durch den Advanced Manufacturing Production Credit (AMPC) und den Advanced Energy Project Credit (AEPC) gefördert. Der AMPC sieht eine Steuergutschrift für die Herstellung förderfähiger Komponenten vor. Für diese Komponenten gibt es bestimmte Fördersätze, welche mit der Nennleistung der Windturbine multipliziert werden. Die Sätze liegen für Rotorblätter bei 20.000 US-Dollar/MW, für Gondeln bei 50.000 US-Dollar/MW, für Türme bei 30.000 US-Dollar/MW, für feste Offshore-Plattformen bei 20.000 US-Dollar/MW und für schwimmende Offshore-Plattformen bei 40.000 US-Dollar/MW
CO-freie Energie: Vollumfängliche Steuergutschriften können die Kosten für die Erzeugung erneuerbarer Energie erheblich senken
Kosten (in US-Dollar) ohne Steuergutschrift Kosten (in US-Dollar) mit Steuergutschrift Gestehungs
*neuer kleiner
Reaktor (SMR)
** geht von 15 US-Dollar/MWh Anreiz aus, inflationsbereinigt und mit Boni; Anmerkung: alle Zahlen gehen von Basisgutschrift + Bonus für Zahlung vorherrschender Löhne + Bonus für inländische Komponenten/Produktion + Bonus für Bau in sog. Energiekommunen aus.
Quellen: Lazard, BCG analysis
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2 Princeton University, Preliminary Report: The Climate and Energy Impacts of the Inflation Reduction Act of 2022, August 2022, < https://repeatproject.org/docs/REPEAT_IRA_Prelminary_Report_2022-08-04.pdf>.
3 US Department of Energy, DOE Projects Monumental Emissions Reduction From Inflation Reduction Act, 18. August 2022, <https://www.energy.gov/articles/doe-projects-monumental-emissions-reduction-inflation-reductionact#:~:text=DOE%27s%20analysis%20of%20greenhouse%20gas,of%20nearly%201%2C150%20MMT%20when> (eingesehen
03.02.2023)
Es besteht zudem die Möglichkeit, die Herstellung von Windturbinen durch Anwendung des Advanced Energy Project Credit zu fördern Dieser erweitert den bestehenden Investment Tax Credit auf klimafreundliche Energietechnologien und fördert 30 Prozent der Investitionen in Produktionsstätten.
Durch die Kombination aus Steuergutschriften im Rahmen des AMPC und AEPC mit Steuergutschriften für die klimafreundliche Stromerzeugung (PTC) oder die Errichtung klimafreundlicher Energieprojekte (ITC) ergibt sich eine erhebliche Förderhöhe, die in der EU nicht erreicht wird.
Der Ausbau von Windenergie und weiteren erneuerbaren Energien wird sich durch die massive Verbesserung der Wirtschaftlichkeit voraussichtlich erheblich beschleunigen. Dazu trägt auch die durch den stark erhöhten Kapazitätszuwachs erwartete steilere Lernkurve und die damit verbundene schnellere Kostendegression bei.
Beispiel Wasserstoff
Auch der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft wird über den IRA stark gefördert. Steuerzahler können zwischen dem sogenannten Production Tax Credit (PTC) als OPEX-basiertes Förderinstrument oder dem Investment Tax Credit wählen. Abhängig von der CO2-Intensität („Life Cycle Emissions“) des Wasserstoffes werden Steuergutschriften gewährt Im Rahmen des PTC beläuft sich die Höhe der Gutschrift auf bis zu drei US-Dollar pro kg H2, wobei zudem eine jährliche Anpassung an die Inflation mit 2022 als Basisjahr vorgesehen ist und die Gutschriften mit Dritten gehandelt werden können
Die Laufzeit der Förderung beträgt zehn Jahre und gilt für alle Wasserstoffanlagen, mit deren Bau vor Ende 2032 begonnen wird. Um Förderung zu erhalten, muss die Anlage zwar in den USA angesiedelt sein, der produzierte Wasserstoff kann jedoch auch exportiert werden. Zudem ist eine Kombination mit der Steuergutschrift für erneuerbare Energien möglich. Hierdurch können mit Inkrafttreten des IRA H2Gestehungskosten von bis zu 1,2 US-Dollar/kg für grünen Wasserstoff und bis zu 0,8 US-Dollar/kg für blauen Wasserstoff erreicht werden4
Somit wird „grüner“ gegenüber „grauem“ Wasserstoff zunehmend wirtschaftlich und die USA zu einem der wettbewerbsfähigsten Orte der Welt für die Produktion von klimafreundlichem Wasserstoff Von besonderer Bedeutung ist hierbei der im IRA verfolgte Ansatz, die gesamte Produktionskette in den Blick zu nehmen sowie dessen Technologieoffenheit durch die Fokussierung auf die CO2-Intensität des erzeugten Wasserstoffs, nicht aber auf die dazu eingesetzten Technologien. Insgesamt sind die
4 Laut einer Einschätzung des Nationalen Wasserstoffrates: https://www.wasserstoffrat.de/fileadmin/wasserstoffrat/media/Dokumente/2022/5_NWR-Stellungnahme_IRA_final.pdf
PTC, gerade im Vergleich zur komplexen H2-Förderlandschaft in der EU, besonders einfach und unbürokratisch ausgestaltet.
Entwicklung der durch Reduction Act
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Entwicklung der Wasserstoffgestehungskosten durch den Inflation Reduction Act
Wasserstoff untere Kosten grüner Wasserstoff obere Kosten
untere Kosten blauer Wasserstoff obere Kosten
untere Kosten grauer Wasserstoff obere Kosten
Quellen: Nationaler Wasserstoffrat, BCG
Beispiel Elektromobilität
Im Mittelpunkt der Debatte in Deutschland und in der EU steht bisher die Neuregelung der steuerlichen Förderung von Elektroautos (§ 30D Internal Revenue Code). So sollen E-Autos von bis zu sieben Tonnen eine Steuergutschrift von 7.500 US-Dollar erhalten Die Vorteile betreffen nur Limousinen mit einem Verkaufspreis von bis zu 55.000 US-Dollar und SUVs/Pickups mit einem Verkaufspreis von bis zu 80.000 US-Dollar (diese Vorgabe gilt seit dem 1. Januar 2023)
Um (bis zunächst 2032) in den Genuss dieser Steuervorteile zu kommen, müssen E-Autos jedoch folgende Anforderungen erfüllen:
- Die Endmontage muss in Nordamerika erfolgt sein. Diese Vorgabe ist bereits seit dem 17. August 2022 in Kraft.
- Ab 2023 (beziehungsweise sobald das US-Finanzministerium und die Steuerbehörde Internal Revenue Service, IRS, ihre Umsetzungsrichtlinien veröffentlicht haben) müssen 40 Prozent der verwendeten kritischen (explorierten, weiterverarbeiteten oder recycelten) Batterierohstoffe, wie z. B. Lithium, aus Nordamerika oder einem Land kommen, mit welchem die USA ein Freihandelsabkommen (FTA) hat. Diese Quote steigt bis 2027 jährlich um zehn Prozent, d. h. von 50 Prozent im Jahr 2024 auf 60 Prozent (2025), 70 Prozent (2026) und verbleibt bei 80 Prozent ab 2027. Ab 2025 dürfen die Batterierohstoffe zudem nicht mehr aus Russland,
China oder einer anderen „foreign entity of concern“ kommen. Ist diese Voraussetzung erfüllt, erhält die Käuferin oder der Käufer eine Steuergutschrift in Höhe von 3 750 US-Dollar.
- Die Batteriekomponenten eines Elektroautos müssen ab 2023 (beziehungsweise sobald das US-Finanzministerium und die Steuerbehörde Internal Revenue Service, IRS, ihre Umsetzungsrichtlinien veröffentlicht haben) zu 50 Prozent (basierend auf den Kosten) in Nordamerika hergestellt oder dort zusammengebaut werden. Dieser Anteil steigt bis 2029 auf 100 Prozent. Ab 2024 dürfen sie zudem nicht mehr aus Russland, China oder einer anderen „foreign entity of concern“ kommen. Auch bei Erfüllung dieser Voraussetzung kommt es zu einer Steuergutschrift in Höhe von 3 750 US-Dollar, sodass die maximale Förderung 7 500 US-Dollar beträgt.
Zuvor wurde die Höhe der Steuergutschrift auf Basis der Batteriekapazität des Elektroautos berechnet. Diese alte Berechnungsgrundlage gilt noch bis die Umsetzungsrichtlinien veröffentlicht wurden, was voraussichtlich im März 2023 geschehen soll Dann werden die Automobilhersteller verpflichtet sein zu zertifizieren, ob ihre Modelle die Batterierohstoff- und Batteriekomponenten-Anforderungen erfüllen. Die neuen Regelungen zu den Batterierohstoffen und -komponenten sollen dafür sorgen, in den Lieferketten unabhängiger von China werden. In die Förderung von Elektroautos sollen über die nächsten Jahre schätzungsweise rund 7,5 Milliarden US-Dollar fließen. Noch offen ist die Frage, wie die USBehörden „free trade agreement“ definieren werden. Die EU hat kein Freihandelsabkommen mit den USA. In einem White Paper vom 29. Dezember 2022 stellt das US-Finanzministerium zumindest fest, dass der Begriff „free trade agreement“ weder im IRA noch in einem anderen Gesetz fest definiert ist, sodass das Finanzministerium den Begriff in den Umsetzungsrichtlinien selbst definieren kann.5
Gänzlich neu unter dem IRA ist eine steuerliche Gutschrift von 4.000 US-Dollar für Gebrauchtwagen („previously-owned clean vehicles“) (§ 25E Internal Revenue Code) Ebenfalls neu ist eine Steuergutschrift für Nutzfahrzeuge („commercial clean vehicles“) (§ 45W Internal Revenue Code) Leichte Nutzfahrzeuge erhalten eine Steuergutschrift von bis zu 7.500 US-Dollar, schwere Nutzfahrzeuge bis zu 40.000 US-Dollar. Diese Steuergutschrift könnte es auch europäischen Herstellern zumindest indirekt ermöglichen, von den Steuergutschriften zu profitieren, indem Elektrofahrzeuge, die in den USA als Geschäftswagen geleast werden, als „commercial vehicles“ eingestuft werden Die steuerliche Förderung von Nutzfahrzeugen hängt nämlich im Gegensatz zur Förderung von privaten E-Autos nicht von der Endmontage des Fahrzeuges ab. Auch die Regelungen zu den Batterierohstoffen und -komponenten finden keine Anwendung. Dass hier nicht die gleichen Anforderungen gelten, ist womöglich vom Gesetzgeber unbeabsichtigt und stellt somit ein ungewolltes Schlupfloch für ausländische Hersteller dar. Allerdings müssen die Hersteller darauf achten, dass der Leasingvertrag keine Bedingungen enthält, die das Finanzamt dazu veranlassen würden, ihn als Verkauf zu werten 6
Zusätzlich zur direkten Förderung von Elektrofahrzeugen belebt der IRA vorher ausgelaufene Anreize zur steuerlichen Förderung von Ladeinfrastrukturen wieder. Die Steuergutschrift für Steuerzahler schließt damit die entstandene Lücke im Ausbau von Ladeinfrastruktur und umfasst neben Ladesäulen auch die Förderung von Wasserstofftankstellen und anderer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe. Der Ausbau wird darüber hinaus über ein anderes unter der Biden-Administration beschlossenes
5 US Treasury Department, Anticipated Direction of Forthcoming Proposed Guidance on Critical Mineral and Battery Component Value Calculations for the New Clean Vehicle Tax Credit, 29.12.2022.
6 IRS, Topic G Frequently Asked Questions About Qualified Commercial Clean Vehicles Credit, 30.12.2022, <https://www.irs.gov/newsroom/topic-g-frequently-asked-questions-about-qualified-commercial-clean-vehicles-credit> (eingesehen am 24.1.2022).
Gesetz, dem Bipartisan Infrastructure Law (BIL) vom November 2021 gefördert, konzentriert sich hier allerdings auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur im Autobahn- und Straßennetz.
Der Markthochlauf alternativer Kraftstoffe wird durch langfristig wirksame Steuergutschriften für klimafreundlichen Wasserstoff im Rahmen des Clean Hydrogen Production Tax Credit gefördert. Bis 2024 kommen Steuergutschriften für die Herstellung nachhaltiger Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuel ((SAF)) Credit) sowie von 2025 bis 2027 für die Herstellung alternativer Kraftstoffe, die eine Emissionsreduktion von mindestens 50 Prozent gegenüber fossilen Alternativen erreichen (Clean Fuel Production Credit), hinzu. Die Förderung beträgt in beiden Fällen je nach Emissionsminderungspotenzial des Produkts zwischen 1,25 und 1,75 US-Dollar pro Gallone Kraftstoff.
Beispiel Batterierohstoffe
Zur Förderung der Verwendung von Batterierohstoffen aus den USA beziehungsweise befreundeter Länder nutzt der IRA zum einen die Anforderungen der Endmontage in Nordamerika und der Herkunft der Batterierohstoffe und -komponenten. Zum anderen können Bergbauunternehmen, die einen der im IRA genannten 50 als „kritisch“ definierten Rohstoffe in den USA abbauen, einen Zuschuss in Höhe von zehn Prozent der Produktionskosten beantragen. Dazu müssen die geförderten Rohstoffe bestimmte Reinheitsgrade aufweisen. Die Steuergutschriften können auch gestapelt werden, sodass ein Unternehmen eine Gutschrift für den Abbau und die Veredelung der Mineralien erhalten kann.
Zusätzlich können Unternehmen, die kritische Materialien (gemäß der Definition in Abschnitt 7002(a) des Energy Act 2020) verarbeiten, raffinieren oder recyceln, den Advanced Energy Project Credit in Anspruch nehmen. Die Steuergutschrift beginnt bei einem Sockel von sechs Prozent und kann bis zu 30 Prozent der qualifizierten Investitionen in Anlagen betragen, die für ein solches Projekt genutzt werden und vom US-Energieministerium zertifiziert sind. Kombiniert wird der IRA mit weiteren Gesetzen zur Förderung der inländischen Batterielieferkette. So werden durch den IRA bis zu 500 Millionen US-Dollar für die verstärkte Nutzung des Defense Production Act (DPA) mobilisiert, um US-Lieferketten für kritische Mineralien, die für Elektrofahrzeuge benötigt werden, zu stärken. Das beinhaltet auch die Erweiterung existierender und die Erschließung neuer Minen in den USA. Einige Unternehmen haben bereits Investitionsankündigungen gemacht. Auch das Bipartisan Infrastructure Law (BIL) investiert mehr als sieben Milliarden US-Dollar, um die heimischen Hersteller mit wichtigen Mineralien und anderen notwendigen Komponenten für die Herstellung der Batterien zu versorgen. Allein 2,8 Milliarden US-Dollar fließen an 20 Unternehmen aus zwölf US-Bundesstaaten, die sich vor allem der Herstellung von Batteriematerialien wie Lithium, Nickel und Graphit widmen. Ferner sind im US-Verteidigungshaushalt mehr als 200 Millionen US-Dollar vorgesehen, um eine durchgehende US-Lieferkette für Seltene Erden-Permanentmagnete, die unter anderem in Elektromotoren verwendet werden, bis 2025 zu erleichtern. Auch die Weiterverarbeitung und das Recycling werden gefördert. Die Fördersummen für das Recycling sind mit 74 Millionen US-Dollar aus dem BIL für zehn Projekte eher niedrig Zudem wird das Recycling-Potenzial noch auf sich warten lassen, da genügend Elektrofahrzeuge und damit Rohstoffe erst auf der längeren Zeitschiene in den Kreislauf zurückgelangen werden. Das BIL, der CHIPS & Science Act und der IRA werden zusammen mehr als 135 Milliarden US-Dollar in den Aufbau einer US-Elektroautoproduktion investieren, einschließlich der Beschaffung und Verarbeitung wichtiger Mineralien.
Ob das Paket seine Wirkung entfalten und zur Reduzierung von Abhängigkeiten beitragen wird, hängt maßgeblich davon ab, ob die USA die notwendigen Rahmenbedingungen für mehr Bergbau, Weiterverarbeitung und Recycling im eigenen Land schaffen sowie befreundete Länder ebenfalls massiv in die Förderung, Weiterverarbeitung und das Recycling kritischer Rohstoffe für die Elektromobilität
investieren werden. Denn die USA stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie Deutschland und Europa, wenn es um langwierige Genehmigungsverfahren, konfligierende Gesetzgebungen, lokalen Protest, fehlendes Personal und technologisches Know-how geht. An einer Bergbaureform, einem Aktionsplan für Genehmigungen, einer Priorisierung der Liste kritischer Rohstoffe und Stärkung der nationalen Reserve wird gearbeitet. Die USA haben zudem Programme zur Lithium-Batterieforschung, eine Weiterbildungsinitiative im Bereich der Batterietechnik und die G7 Partnership for Global Infrastructure and Investment ebenso wie die Minerals Security Partnership ins Leben gerufen.
Im Vergleich gibt es auf Ebene der EU und der Bundesregierung eine Vielzahl an Finanzierungsmöglichkeiten, Allianzen und Programmen, die auch für den Bereich der Förderung, Weiterverarbeitung und Recycling von Batterierohstoffen genutzt werden könnten. Auch hat die EU mit Gründung der Europäischen Batterie-Allianz im Jahr 2017 die Entwicklung eines europäischen Batterie-Ökosystems vorangetrieben. Allerdings gibt es bislang außer der Europäischen Rohstoffallianz wenig Projekte, Instrumente oder Finanzierungen, die explizit auf die Förderung von Exploration, Weiterverarbeitung und Recycling von Batterierohstoffen zugeschnitten sind. Somit fehlt eine gemeinsame europäische strategische Ausrichtung
Mögliche EU-Förderprogramme umfassen für die EU-Aktivitäten InvestEU, Innovation Fund, Horizon Europe, RRF und für Förderungen im Ausland unter anderem EFSD+. Daneben stehen IPCEI- und CEEAG-Beihilfen sowie Programme der Förderbanken EBRD, EIB und z. B. KfW IPEX zur Verfügung. Die EIB prüft derzeit beispielsweise eine potenzielle Kreditfinanzierung von bis zu 150 Millionen Euro für das Konverter-Projekt der Firma Rock Tech im brandenburgischen Guben. Eben dieser Konverter soll den gesamten Raffinerieprozess von lithiumhaltigem Erz (Spodumen) bis hin zum batteriefähigen Lithiumhydroxid abwickeln. Zudem gibt es beispielsweise in den Batterien-IPCEIs Förderungen für Rohstoffgewinnung, Materialherstellung, Wiederverwendung und Recycling. Fast drei Milliarden Euro an Fördermitteln des BMWK sind für den Aufbau der Batteriezellproduktion bis 2031 eingeplant, über 13 Milliarden Euro werden allein durch die IPCEI-Projekte bis 2030 in Deutschland investiert. Auf Bundund Länder-Ebene in Deutschland stehen weitere Förderprogramme zur Verfügung.
Gleichzeitig ist das rohstoffpolitische Umfeld in Europa von etlichen Herausforderungen geprägt. So ist Europa einerseits reich an kritischen Rohstoffen wie Lithium und die bislang teils fehlende Erforschung und Kartierung mit Blick auf Batterierohstoffe macht das Potenzial für die Entdeckung neuer Vorkommen groß. Jedoch erschweren sowohl der regulatorische Rahmen als auch die Nicht-Akzeptanz der Bevölkerung den Abbau der Vorkommen. Auch die schleppende Genehmigung neuer Projekte erweist sich oft als Hemmschuh. Hohe Energiekosten machen die energieintensive Rohstoffweiterverarbeitung wirtschaftlich unattraktiv. Auch droht die EU, ihre Recyclingziele im Bereich der Batterierohstoffe aufgrund mangelnder Recyclingkapazitäten und zu wenig einlaufendem Material zu verfehlen. Gegebenenfalls müssten Unternehmen eine Prämie für nicht verfügbares Recyclingmaterial zahlen. Würden drei Lithiumsalze zudem auf EU-Ebene als gesundheitsschädlich deklariert, wäre das Ziel einer integrierten Batterie-Wertschöpfungskette in Europa wohl kaum zu erreichen.
Insgesamt erscheinen die US-amerikanischen Ansätze zur Förderung von Exploration, Weiterverarbeitung und Recycling von Batterierohstoffen in den USA und befreundeten Ländern bislang maßgeschneiderter, mit klarer Signalwirkung und durch das Mittel der Steuergutschriften administrativ einfach und relativ bürokratiearm. Die EU sollte bei ihrem Gesamt-Paket ebenfalls auf einen klugen Mix an Instrumenten setzen und massiv in eigene Kapazitäten und die Kapazitäten in befreundeten Partnerländern zur Förderung von Exploration, Weiterverarbeitung und Recycling von Batterierohstoffen investieren sowie geeignete Rahmenbedingungen dafür schaffen. Der angekündigte EU Critical Raw Materials Act kann dabei wichtige Wegmarken setzen.
1.2. Wirtschaftspolitische Einordnung
Der BDI sieht bestimmte Aspekte des Gesetzes sehr kritisch, da sie europäische und andere ausländische Unternehmen benachteiligen. Dazu gehören die Kriterien für Steuergutschriften für Elektroautos, aber auch „Buy-American-“ oder „Local-Content"-Anforderungen in anderen Bereichen, die erfüllt sein müssen, um die volle Steuergutschrift zu erhalten. Diese Entwicklungen sind kein gutes Signal für die transatlantische Zusammenarbeit und erscheinen widersprüchlich zum Ansatz des „Friendshoring“ sowie zum Drängen Washingtons, internationale Wertschöpfungsketten entlang geopolitischer Herausforderungen umzustrukturieren.
Gesamtwirtschaftlich zeichnen sich Investitionsumlenkungen aus dem Ausland in die USA ab und dürften insbesondere dort auftreten, wo die steuerliche Differenz und andere relevante Standortfaktoren wie pragmatische und konsistente Regularien und unbürokratischer Zugang zu Fördermitteln im IRA zusammenfließen. Dies ist insbesondere bei Wasserstoff, erneuerbaren Energien, nachhaltigen Kraftstoffen und Elektromobilität ein ernstzunehmendes Risiko. Hinzu kommen weitere positive Standortfaktoren, wie deutlich geringere Energiekosten in den USA sowie die Größe und Einheitlichkeit des Binnenmarktes.
Die Anreizregelungen für Klimaschutzinvestitionen bieten für deutsche und europäische Anbieter einerseits zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten, die sich über den Export aus Deutschland beziehungsweise der EU und über das lokale Geschäft vor Ort realisieren lassen werden. Zudem werden sich indirekt auch weitere Exportmöglichkeiten in nicht geförderten Feldern ergeben, da entsprechend komplementär notwendige Ausrüstungsinvestitionen erforderlich werden, etwa in Stromnetze.
Einzelne Investitionspläne in Europa in diesen ausgewählten Feldern dürften andererseits jetzt schon wegen der neuen Fördermaßnahmen in den USA auf den Prüfstand gestellt werden. Welchen Umfang dies annehmen wird, muss sich erst noch zeigen.
1.3. Zur handelspolitischen und diplomatischen Reaktion der EU
Um negative Auswirkungen des IRA für die europäische Industrie so gering wie möglich zu halten, sollten die Durchführungsrichtlinien der US-Behörden zur Umsetzung des Gesetzes so großzügig wie möglich ausfallen. Umso wichtiger ist es, dass hierfür, neben dem TTC, eine eigene EU-US-Taskforce zwischen Kommission (Kabinett von der Leyen) und Weißem Haus aufgesetzt wurde, um Lösungen und Ausnahmen für europäische Unternehmen zu verhandeln. Gleichzeitig sollten wir uns bewusst sein, dass sich im Rahmen der Implementierungsrichtlinien lediglich noch kleinere Stellschrauben drehen lassen werden. US-Regierungsvertreter und Kongressabgeordnete haben deutlich gemacht, dass sie den Gesetzestext an sich nicht mehr verändern wollen Im Gegenteil, Stimmen aus dem Senat haben angekündigt, zur Not bei zu großzügiger Auslegung durch das US-Finanzministerium per Gesetz die „Intention“ des IRA wiederherzustellen.
Die EU und die USA sollten unbedingt sicherstellen, dass dieser Streit nicht zu einem Handelskrieg führt. Die Trump-Jahre haben uns gelehrt, dass es immer besser ist, miteinander statt übereinander zu reden. Handelskriege kennen keine Gewinner.
Somit sollte die EU eine vorsichtige Antwort wählen und genau hinschauen. Zum einen gilt es, die Fördersumme, 369 Milliarden US-Dollar über zehn Jahre, ins Verhältnis zum jährlichen BIP der USA, 23 Billionen US-Dollar, zu setzen. Zum anderen sollten wir realistisch auf die Möglichkeiten der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) blicken. Mit einer raschen und tatsächlich wirksamen Entscheidung durch die WTO ist leider nicht zu rechnen. Die deutsche Industrie bedauert
gleichzeitig die eindeutige Verletzung der WTO-Regeln zur Nichtdiskriminierung und Subventionierung, insbesondere in einer Zeit, in der es keinen vollfunktionsfähigen Streitschlichtungsmechanismus gibt. Das Risiko einer protektionistischen Spirale, in der andere mit ähnlichen Anforderungen an lokale Inhalte oder Subventionen reagieren, ist hoch. Um eine Spirale von nicht-WTO-konformen Subventionen zur Förderung von grünen oder Übergangstechnologien zu verhindern, sollten die EU und die USA gemeinsam mit Japan die Arbeit der Trilateralen Initiative zur Reform des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen (Agreement on Subsidies and Countervailing Measures, SCM-Übereinkommen) intensivieren. Die Partner sollten weiterhin die umfassende Reform des SCMÜbereinkommens anstreben und die WTO-konforme Förderung grüner Technologien in die Diskussion einfließen lassen Sollte die USA nicht bereit sein, die Trilaterale Initiative aktiv und konstruktiv voranzubringen, sollte die EU diese Initiative mit anderen wichtigen Partnern vorantreiben.
„Buy European“-Regelungen gegen die USA – also das zu tun, was wir nicht nur am IRA, sondern bereits seit Jahren kritisieren – können nicht die Lösung sein; entsprechende Beschaffungsquoten wären nur aus Gründen der strategischen Souveränität gegenüber autokratischen Ländern angezeigt (siehe unten). Die Etablierung internationaler Märkte für nachhaltige Energieträger wie grünen Wasserstoff und kohlenstoffarme Kraftstoffe hat das Potenzial, auf beiden Seiten des Atlantiks Gewinne für Industrie und Klima zu erreichen. Die Transformation zu einer klimaneutralen Industrie bietet Chancen für beide Seiten. Transatlantische Kooperation statt Konfrontation muss daher auch im Bereich des Klimaschutzes das Leitprinzip bleiben. Auch europäische Vergeltungsmaßnahmen in Form von Zöllen drohen, den Konflikt weiter anzufachen.
2. Industriepolitische Aufgabenstellungen für die Transformation in Europa
In der EU werden über eine Vielzahl von nationalen und EU-weiten Programmen Investitionen in die Technologiefelder der Transformation gefördert. Es gibt keine konsentierte Übersicht über alle relevanten Programme, aber immerhin Klarheit über die EU-seitigen Programme.
2.1. Europäische Fördermaßnahmen für die Transformation
Die EU stellt über den jetzigen Rechtsrahmen etwa 645 Milliarden Euro für die Jahre 2021 – 2027 für klimabezogene Transformationsaufgaben zur Verfügung, wovon etwas weniger als 100 Milliarden Euro (über 7 Jahre) auf die direkte Förderung privater Investitionen oder Innovation in diesem Feld entfallen (bei einem BIP der EU27 von ca. 100 Billionen Euro im gleichen Zeitraum) Aus EU-Mitteln wird die Transformation somit insgesamt in Höhe von 0,3 Prozent der Wirtschaftsleistung pro Jahr gefördert, wovon auf private Investitionsförderung etwa 0,1 Prozent entfällt. Eine Übersicht und Schätzung über die Höhe zusätzlicher nationaler Maßnahmen steht nicht zur Verfügung; Maßnahmen im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität sind in der Summe bereits erfasst. Zum Vergleich: Die Kommission schätzt, dass der Inflation Reduction Act umgerechnet etwa 330 Milliarden Euro für die Förderung privater Investitionen bereitstellt (bis 2032), während China etwa 260 Milliarden Euro und Japan etwa 140 Milliarden Euro an Fördermaßnahmen beschlossen hat.
Die wesentlichen Quellen der Finanzierung sind der Haushalt der EU gemäß Mittelfristigem Finanzrahmen, das Programm NextGenerationEU sowie der ETS-Innovationsfonds. So werden über den Haushalt der EU und im Rahmen des Green Deals Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), in die Energieerzeugung aus regenerativen Quellen (Teilprogramm PowerUp), in die Energieeffizienz, die energetische Gebäudesanierung, die Dekarbonisierung des Verkehrs und andere Bereiche gefördert. Der Löwenanteil der Mittel steht für öffentliche Investitionen zur Verfügung, ein
kleinerer Teil kann auch direkt für die Förderung von erneuerbaren Energien und einzelnen Technologien in Anspruch genommen werden. Im Programm Horizon Europe werden Innovationsaktivitäten gefördert. In den Programmen Connecting Europe, ETS Innovations- und Modernisierungsfonds, Just Transition Fonds, Kohäsionsmitteln (Strukturfonds), dem in den nächsten Monaten zu beschließendem REPowerEU-Programm sowie dem von der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Kommission gemeinsam gemanagten Programm InvestEU stehen weitere Förderinstrumente zur Verfügung.
Weitere Maßnahmen befinden sich in der Planung. So hat die Europäische Kommission, auf eine Anregung aus Deutschland und später auch Frankreich hin, Ende November 2022 die Clean Tech Europe Initiative verkündet Von zentraler Bedeutung ist nunmehr der Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Green Deal Industrieplan vom 1. Februar 2023. Die Europäische Kommission hat darin unter anderem einen Vorschlag für ein Netto-Null-Industriegesetz, einen überarbeiteten befristeten Krisen- und Transformationsbeihilferahmen, einen Critical Raw Materials Act, eine neue Wasserstoffbank und ein Prämienmodell für grünen Wasserstoff angekündigt. Die konkrete Umsetzung des Green Deal Industrieplans sowie die konkrete Ausgestaltung seiner angekündigten Umsetzungsmaßnahmen bleibt jedoch nach wie vor weitgehend offen.
Die Europäische Kommission argumentiert, dass bis 2030 hohe zusätzliche Investitionen in den entsprechenden Feldern ausgelöst werden sollten Die Kommission beziffert die Bruttowertschöpfung in diesem Feld auf derzeit ca. 100 Milliarden Euro; den Weltmarkt im Jahr 2030 schätzt sie anhand von IEA-Analysen auf 650 Milliarden Euro. Dazu sollen die regulatorischen Hürden reduziert, ein schnellerer Zugang zu finanziellen Fördermaßnahmen, Qualifikationsmaßnahmen und handelspolitischen Maßnahmen für resiliente Lieferketten beschlossen werden. Auf einem Sondertreffen des Europäischen Rats am 9. / 10. Februar wurden die Vorschläge diskutiert; auf dem regulären Frühjahrstreffen Ende März sollen dann Entscheidungen getroffen werden.
Die Clean-Tech-Branchen (Batterien, Windkraftanlagen, Wärmepumpen, PV-Anlagen, Elektrolyseure, CCS-Technologien) sollen gezielter gefördert werden, um strategische Abhängigkeiten zu vermeiden. Zudem sollen u. a. die Länge und Berechenbarkeit von Planungs- und Genehmigungsverfahren erhöht, die Standardsetzung in diesen Feldern beschleunigt und das Beschaffungswesen zum Markthochlauf genutzt werden Der Beihilferahmen soll für die nationale Finanzierung flexibler gestaltet werden, unter anderem für Projekte der erneuerbaren Energien, für die Dekarbonisierung der Industrieproduktion, den Ausgleich von ausländischen Subventionen, durch steuerliche Erleichterungen und durch höhere Notifizierungsschwellen.
Das mögliche Fördervolumen des Green Deal Industrieplans ist derzeit noch nicht einzuschätzen. Das Ausmaß an möglicher staatlicher Beihilfe ist anhand des Kommissionsvorschlags ebenfalls noch nicht quantifizierbar. Die Finanzierung über EU-Mittel soll hauptsächlich über das REPowerEU-Programm erfolgen, für das nach Kommissionsaussagen 20 Milliarden Euro an neuen Mitteln, 5,4 Milliarden Euro aus der Brexitanpassungsreserve und bis zu 225 Milliarden Euro an noch nicht beantragten Kreditlinien aus den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen genutzt werden sollen. Dazu müssen die ARFPläne der Mitgliedstaaten jedoch angepasst werden, wozu die Kommission zeitgleich Vorschläge vorgelegt hat. Auch hier sind steuerliche Erleichterungen nun möglich. Zudem stehen Garantien in Höhe von 26,2 Milliarden Euro für InvestEU zur Verfügung, mit denen Kredite von ca. 370 Milliarden Euro mobilisiert werden sollten. Zudem wird die Nutzung des IPCEI-Instrumentariums für die Förderung innovativer Bereiche im Feld der erneuerbaren Energien verbessert und erleichtert werden Durch die Umwidmung von anderen Programmlinien ließe sich gegebenenfalls ein weiteres Volumen von maximal 17 Milliarden Euro mobilisieren. Ungenutzte Kohäsionsmittel aus dem vorherigen Finanzrahmen
(2014 – 2020) können hinzukommen. Umverteilungen zulasten industrieller Dekarbonisierungsprojekte unter dem EU-Innovationsfond wären jedoch der falsche Weg.
Die zusätzlichen REPowerEU-Mittel für Zuschüsse belaufen sich auf je knapp 2,8 Milliarden Euro für Italien und Polen, 2,6 Milliarden Euro für Spanien, 2,4 Milliarden Euro für Frankreich, 2,1 Milliarden Euro für Deutschland und 1,3 Milliarden Euro für Rumänien. Die Beträge für die anderen Mitgliedstaaten liegen unter einer Milliarde Euro. Mitgliedstaaten können auch andere Programme bis zu fünf beziehungsweise 7,5 Prozent von Mitteln aus anderen Programmen umwidmen, dies beliefe sich für einige Mitgliedstaaten auf niedrige einstellige Milliardenbeträge (Nr. 1: Polen mit 3,6 Milliarden Euro, Nr. 2 Italien mit 2,1 Milliarden Euro). Weitere Mittel in ein- bis dreistelliger Millionenhöhe je Mitgliedstaat können aus ungenutzten Mitteln der Brexitanpassungsreserve hinzukommen.
Zusätzlich können die Mitgliedstaaten Kredite aus dem Aufbau- und Resilienzfazilität des NextGen EU-Programms beantragen. Bislang haben drei Mitgliedstaaten den vollen Betrag beantragt: Griechenland, Italien und Rumänien. Drei weitere Staaten habe geringe Beträge beantragt: Polen (12,1 von 24,8 Milliarden Euro), Portugal (2,7 von 14,2 Milliarden Euro) und Slowenien (0,7 von 3,2 Milliarden Euro). Insgesamt stehen noch 220 Milliarden Euro zur Verfügung. Spanien hat signalisiert, die vollen 84 Milliarden Euro zu beantragen. Dann blieben noch 135 Milliarden Euro an noch nicht genutzten Mitteln übrig; diese können aber nicht etwa neu verteilt werden, sondern bleiben gemäß Länderschlüssel RRF bestehen. Einige Mitgliedstaaten beabsichtigen nicht, Mittel aus den Kreditlinien zu beantragen, z. T. aufgrund haushaltsrechtlicher Gründe u. a. Deutschland. Insofern fällt das tatsächlich nutzbare Volumen deutlich niedriger aus. Generell können die Maßnahmen auch in Kombination mit anderen Finanzierungsprogrammen der EU, etwa den Kohäsionsmitteln, ergänzend finanziert werden.
Die Kommission sieht vor, dass Anträge auf REPowerEU-Ausgaben bis zum 30. April 2023 vorliegen sollten; bis 31. August 2023 sind Anträge noch verspätet möglich. Mitgliedstaaten, die bisher noch keine Anträge auf die Nutzung von RRF-Kreditlinien gestellt haben, müssen dies innerhalb von 30 Tagen nach Inkrafttreten der REPowerEU-Gesetzgebung (ca. Mitte März) tun. In jedem Fall müssen Zuschüsse bis Jahresende genehmigt sein, weshalb Anträge nach April Gefahr laufen werden, die Genehmigungsprozesse nicht mehr zu durchlaufen.
Mit dem Programm sollen folgende Maßnahmenarten gefördert werden können:
- Verbesserungen der Energieinfrastruktur, insbesondere für LNG;
- Energieeffizienz in Gebäuden, kritische Energieinfrastruktur, Produktion und Nutzung von Biomethan, erneuerbarem oder nicht-fossilem Wasserstoff und Ausbau der erneuerbaren Energieanlagen;
- Dekarbonisierung der Industrie, u. a. Investitionen in die Dekarbonisierung der Stahlproduktion, Produktion von Wind- und Solaranlagen, Energiespeicher bei Industrieanlagen oder Zweitnutzungen bei Batterien.
Die Kommission hat darüber hinaus die Schaffung eines Souveränitätsfonds zur Investitionsförderung in Feldern der strategischen Souveränität eingefordert, mit dem u. a. auch Felder der ökologischen Transformation gefördert werden sollen. Ein Vorschlag ist für den Juni angekündigt worden. Für die mögliche Finanzierung liegt kein konsentierter Vorschlag der Europäischen Kommission vor.
Aus den gesamten EU-weiten Mitteln (Haushalt, NextGeneration EU, EU-Innovationsfonds) stehen bisher etwa 650 Milliarden Euro an Mitteln (Zuschüsse und Kredite) für Klimazwecke bis 2027 bereit.
Der Löwenanteil der Mittel ist für öffentliche Investitionen vorgesehen. Neben den direkten Fördermöglichkeiten für Anlagen der erneuerbaren Energien in zweistelliger Milliardenhöhe standen bislang für die direkte Förderung transformationsbezogener privater Investitionen nur die IPCEIs zu Batterien und Wasserstoff durch nationale Programme mit einem unteren zweistelligen Milliardenbetrag zur Verfügung (siehe unten) Hinzu kommen noch vergünstige Kredite aus dem InvestEU-Programm (siehe Programmbeschreibung und tabellarische Übersicht über die Förderprogramme in der Anlage).
Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEIs) haben sich in den letzten drei Jahren zum dominanten Projektförderinstrument in der EU entwickelt. In den letzten drei Jahren sind mehrere erfolgreiche IPCEIs auf den Weg gebracht worden, mit denen erhebliche private Investitionen gefördert wurden. Weitere befinden sich derzeit in der Eröffnungs- und Planungsphase. Typische Fördervolumina aus deutschen Mitteln liegen zwischen einer halben und anderthalb Milliarden Euro pro Projekt. Je nach Anzahl der Partner können nennenswerte Fördervolumina zusammenkommen. Die Zahl beteiligter Unternehmen variiert stark. Der Koordinationsaufwand seitens der federführenden Mitgliedstaaten ist erheblich. Eine Kofinanzierung der EU ist rechtlich zwar möglich, aber bislang nicht praktiziert.
Bislang gibt es drei IPCEIs mit dezidiertem Klimabezug:
- Batteriezellen I/ Sommer IPCEI (Im Dezember 2019 beihilferechtlich genehmigt): Gesamtfördervolumen von 3,25 Milliarden Euro. Unter der Koordinierung von Frankreich beteiligen sich insgesamt sieben Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Polen, Schweden) und 16 Unternehmen, davon fünf auch aus Deutschland, an diesem IPCEI. Der Fokus liegt auf Rohstoffen und Materialien, Zellen und Modulen für den Einsatz in Automobilen und anderen Feldern, Batteriesystemen (inkl. Software) und Kreislaufwirtschaft.
- Batteriezellen II/ Autumn IPCEI (Im Januar 2021 beihilferechtliche Genehmigung des European Battery Innovation (EuBatIn): Gesamtfördervolumen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro. Unter der Koordinierung von Deutschland beteiligen sich insgesamt zwölf Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Österreich, Polen, Slowakei, Spanien und Schweden) und 42 Unternehmen, davon zehn aus Deutschland, an diesem IPCEI. Die Schwerpunkte sind ähnlich wie beim Sommer IPCEI.
- Im Lichte des IRA besteht aus BDI-Sicht Bedarf für weitere Maßnahmen (auch IPCEIs) im Batteriebereich.
- Wasserstoff: Unter Mitwirkung von 22 Mitgliedstaaten und Norwegen und mehr als 400 Projekten, davon 62 aus Deutschland, liegt der Fokus auf integrierten Projekten entlang der gesamten Wasserstoffwertschöpfungskette, vor allem auf Investitionen in der Erzeugung von grünem Wasserstoff, in Wasserstoffinfrastruktur und der Nutzung von Wasserstoff in der Industrie und für Mobilität. Zur Förderung hat Deutschland acht Milliarden Euro in Aussicht gestellt, wobei sich die Bundesregierung mit Mitteln des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans (DARP) in Höhe von 1,5 Milliarden Euro an der Förderung beteiligt. Die bürokratische und langwierige Umsetzung des IPCEI verlangsamt jedoch dringend notwendige Investitionsentscheidungen.
2.2. Nationale Programme kommen in vielen Feldern hinzu
Die Gesamtausgaben der Mitgliedstaaten aus den Nationalen Wiederaufbau- und Resilienzprogrammen sind jedoch klimaquotiert gewesen. Der volle Umfang der von den Mitgliedstaaten grundsätzlich in Anspruch zu nehmenden Mittel ist bisher nicht genutzt worden, da einige Mitgliedstaaten die
Kreditkomponenten bislang nicht oder nicht vollständig eingeplant haben. Die Förderung IRA-analoger Vorhaben ist jedoch in den meisten Programmen nicht Schwerpunkt, da dies durch die Programmkonditionen und Beihilfeleitlinien so auch nicht möglich gewesen wäre.
In jedem Fall ist in Rechnung zu stellen, dass über nationale Regional-, Struktur- und Forschungsförderung einzelne Felder ebenfalls unterstützt werden. Für die Förderung von Elektrofahrzeugen gibt es in der EU und in Deutschland ebenfalls eine Reihe von Fördermaßnahmen, von Kaufanreizen bis hin zur Ladeinfrastruktur. Spezifische Fördermaßnahmen wie z. B. das deutsche Programm für Wasserstoff mit einem Volumen von über neun Milliarden Euro sind ein prominentes Beispiel. Auch das deutsche Programm zur Einführung von Klimaschutzverträgen (Carbon Contracts for Difference) wird das erste seiner Art sein, wenn es im Jahr 2023 umgesetzt werden kann, war aber in der EU-Industriestrategie als allgemein sinnvolles Instrument ebenfalls bereits erörtert worden. Weitere Fördermaßnahmen nationaler und subnationaler Förderbanken und nachgeordneter Gebietskörperschaften kommen hinzu.
Der BDI begrüßt den kürzlich vom BMWK vorgelegten Entwurf einer Richtlinie zur Förderung von klimaneutralen Produktionsverfahren in der Industrie durch Klimaschutzverträge (Förderrichtlinie Klimaschutzverträge, KSV). Gemeinsam mit der Bundesregierung wollen wir rasch ein modernes und effizientes Instrument des Klimaschutzes und der Förderpolitik entwickeln, das – die noch einzuholende beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission vorausgesetzt – hoffentlich noch in diesem Jahr zum Einsatz kommt. Klimaschutzverträge zwischen Staat und Unternehmen verteilen das Investitionsrisiko und bringen so einen Anschub für die Industrietransformation, auch wenn die klimafreundliche Produktion aktuell noch unwirtschaftlich ist. Müsste ein Unternehmen das Investitionsrisiko allein tragen, würde die politisch und volkswirtschaftlich sinnvolle und gewünschte Investition nicht realisiert werden, da es keinen betriebswirtschaftlichen Anreiz gibt. Für die Industrie stellen bei Investitionsentscheidungen nicht allein die Kapitalkosten, sondern vor allem die deutlich höheren Betriebskosten von klimafreundlichen Technologien die größte Herausforderung dar. Daher müssen die Nutzungskosten CO2-armer Produktionsverfahren und Energieträger wettbewerbsfähig gemacht werden gegenüber den fossilen Energieträgern und bestehenden Prozessen. Neben der CAPEX-Förderung braucht es daher auch OPEX-Förderung. Letztere ist auch essenziell für Fortschritte in der Transformation des Mittelstandes. Die in Arbeit befindliche KSV-Förderrichtlinie ist komplex; es besteht deshalb die Gefahr, dass die Verhandlungsprozesse innerhalb der Bundesregierung und mit der EU-Kommission zu unerwünschten Verzögerungen bei ihrer Anwendung führen
Schon seit einiger Zeit existiert außerdem das Förderprogramm Dekarbonisierung der Industrie (DDI). Das BMWK fördert damit Projekte in der energieintensiven Industrie, durch die prozessbedingte Treibhausgasemissionen, welche nach heutigem Stand der Technik nicht oder nur schwer vermeidbar sind, möglichst weitgehend und dauerhaft reduziert werden. Die geförderten Projekte sollen einen hohen Innovations- und Demonstrationscharakter haben sowie modellhaft auf andere Unternehmen übertragbar sein.
Bis 2040 sind im Bundeshaushalt für beide Förderprogramme (KSV und DDI) insgesamt rund 50 Milliarden Euro eingestellt, davon für das Jahr 2023 etwa 2,2 Milliarden Euro.
2.3. Nationalen Instrumentenkatalog ausweiten
Zu prüfen ist, ob die notwendigen privaten Investitionen in Transformationstechnologien und die Energieerzeugung (u. a. Wind, PV, Biomasse, Kabel, Wärmepumpen) nicht über weitere, beihilferechtlich zulässige Instrumente stärker gefördert werden können. Zu diesen Instrumenten zählen veränderte
steuerliche Abschreibungsbedingungen, etwa die von der Koalition ursprünglich in Aussicht gestellten besonderen Abschreibungsbedingungen für Investitionen in die doppelte Transformation, zinsvergünstigte Kreditprogramme der nationalen und Landesförderbanken beziehungsweise der EIB, Garantien, hybride Instrumente und ähnliche Maßnahmen.
2.4. Förder- und Regulierungsgefälle USA – EU
Die genauen Volumina der in der EU für vergleichbare Aktivitäten wie im IRA vorliegenden Fördermittel wären nur unter erheblicher Recherche zu eruieren. Bestimmte Charakteristika sind jedoch prägend. Der Schwerpunkt der öffentlichen Aktivitäten entfällt auf öffentliche Investitionen selbst, vorrangig in Infrastruktur, Mobilität und Gebäude sowie auf die Förderung von innovativen Technologien im privaten Sektor, vorrangig über IPCEIs. Im Bereich der Transformationstechnologien sind hier vor allem die IPCEIs zu Batterien sowie das IPCEI Wasserstoff zu nennen. Über das Letztere sollen private Investitionen in die Wasserstofferzeugung und -anwendung zukünftig substanziell gefördert werden, jedoch verlangsamen Bürokratie und langwierige Prozesse dringend notwendige Investitionsentscheidungen
Ein erhebliches transatlantisches Fördergefälle dürfte insbesondere im Feld der erneuerbaren Energien und teilweise der Dekarbonisierung der Industrie, die derzeit nur geringfügig in der EU gefördert werden und bei alternativen Kraftstoffen vorliegen. In der Förderung der Wasserstoffwirtschaft entsprechen allein die Programme Deutschlands und Frankreichs dem Volumen der US-Förderung, hier sind die ausstehenden regulatorischen Klärungen im EU-Recht maßgebliches Hindernis.
Die Incentivierung von Elektromobilität erfolgt in der EU und in Deutschland durch ein Zusammenspiel von Regulierung, Förderanreizen und CO2-Bepreisung. Bei der gezielten Förderung nimmt die Bundesregierung richtigerweise zwei Aspekte in den besonderen Fokus: den weiteren bedarfsgerechten, vorauslaufenden Aufbau einer Ladeinfrastruktur und den Ausgleich der Mehrkosten beim Kauf eines E-Fahrzeugs durch den „Umweltbonus“. Ergänzend fördert die Bundesregierung Elektromobilität aktuell über Steuervorteile bei der Kfz-Steuer (nur rein batterieelektrische Fahrzeuge) und der Firmenwagenbesteuerung, die aber im Vergleich zum Umweltbonus einen deutlich geringeren Anreiz darstellen. Bei der Neuausrichtung des Umweltbonus hat die Bundesregierung sich leider gegen ein langfristiges Signal entschieden und die bestehenden Zusagen der Vorgängerregierung zur Kaufprämie hinsichtlich des Empfängerkreises geändert, der begünstigten Fahrzeuge sowie ab 2023 auch der Förderhöhe einschließlich des Auslaufens der Förderung bis Ende 2024. Sollten die im Klima- und Transformationsfonds (KTF) vorgesehenen Finanzmittel bereits vorher ausgeschöpft sein, könnte die Kaufpreisförderung auch früher auslaufen. Der KTF sieht für 2023 nur noch 2,1 Milliarden Euro sowie eine Verpflichtungsermächtigung für 2024 mit noch 500 Millionen Euro vor, während für 2022 fünf Milliarden Euro eingeplant waren. Im Unterschied zum Vorgehen der Bundesregierung haben sich die USA für einen Weg langfristiger Rahmenbedingungen bei der Förderung entschieden, indem sie einen Förderhorizont für die Steuergutschriften bei E-Fahrzeugen bis 2032 hinterlegen. Mit Blick auf den weiteren Aufbau von Lade- und Tankinfrastrukturen für Pkw und Nutzfahrzeuge hat die Bundesregierung 2022 Fördermittel in Höhe von rund 6,3 Milliarden Euro bis 2025 angekündigt. Allein für die Ausschreibung des sogenannten Deutschlandnetzes – eines Schnellladenetzes für E-Pkw – wird der Bund 1,8 Milliarden Euro an Zuschüssen bereitstellen.
Den Markthochlauf grüner Kraftstoffe unterstützen Deutschland und die EU primär über die Förderung von Produktionsanlagen. Zur Erfüllung der auf EU-Ebene im Rahmen des Green Deals für den Luftverkehr geplanten Quoten und für die Seeschifffahrt angestrebten Treibhausgasminderungsziele plant die EU einen Innovation Fund einzuführen. Dieser soll durch Einnahmen aus dem EU ETS sowie Strafzahlungen bei Verstößen gegen die Verordnungen ReFuelEU Aviation und FuelEU Maritime
gespeist werden. Die Ausgestaltung und der Umfang des Innovation Fund sind aufgrund der andauernden Verhandlungen zu den Gesetzesvorhaben noch unklar. Deutschland fördert den Aufbau von Produktionsanlagen für nachhaltige Flugkraftstoffe unmittelbar mit etwa 2,6 Milliarden Euro bis 2038 über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) Mittelbar kommen weitere Fördermittel für Wasserstoff und deren Derivate aus der Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie hinzu. Bis 2028 sind etwa 550 Millionen Euro für Wasserstoff- und Brennstoffzellenanwendungen im Verkehr im KTF eingepreist. Die Deckelung der deutschen Fördermittel und anspruchsvolleren Zugangsvoraussetzungen in Kombination mit unklaren regulatorischen Rahmenbedingungen resultieren für Investoren im Vergleich zu den USA in unsichereren Investitionsentscheidungen
Breite Fördermaßnahmen zur raschen Hochskalierung bekannter Technologien für den Klimaschutz sind beihilferechtlich derzeit in der Regel nur eingeschränkt möglich. Insofern ist, wie im Green Deal Industrieplan vom 1. Februar 2023 angelegt, die gezielte und zeitlich begrenzte Anpassung des derzeitigen befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen (TCF) sowie die Revision der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) und Weiterentwicklung des IPCEI-Instruments folgerichtig. Die TCF-Anpassung muss neben einfachen und vorhersehbaren Unterstützungsregelungen für erneuerbare Energien und die industrielle Dekarbonisierung auch auf Beihilfen zur Abfederung von Mehrkosten aufgrund außergewöhnlich starker Erhöhungen der Erdgas- und Strompreise gerichtet sein.
2.5. Regulatorische und administrative Hürden von großer Bedeutung
Auf Subventionen allein lässt sich keine wettbewerbsfähige Wirtschaftsstruktur aufbauen. Über die notwendigen finanziellen Anreize hinaus muss die europäische Politik daher dringend das regulatorische Umfeld für Investitionen und wirtschaftliche Tätigkeit in Europa verbessern, Bürokratie reduzieren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft wieder in den Fokus nehmen. Beispielsweise stellen die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland und der EU für Industrieanlagen, für Anlagen zur Energieerzeugung und für die dafür benötigten Infrastrukturen eine hohe Hürde für die rasche Hochskalierung alternativer Technologien dar. Das bisherige Tempo in der Genehmigung muss in etwa vervierfacht werden, um den Hochlauf im Einklang mit den Klimazielen erreichen zu können.
Da die Hürden hauptsächlich aus materiellen EU-rechtlichen Verfahrensvorschriften resultieren, kann sachgemäß nur eine drastische Änderung weiterhelfen. Nationale Planungs- und Genehmigungsverfahren sind ebenfalls anzupassen. Zudem steht die Klärung wesentlicher regulatorischer Rahmenbedingungen in wichtigen Feldern noch aus, etwa die gesetzliche Definition verschiedener Arten von Wasserstoff. Gleiches gilt für die Nachhaltigkeitskriterien grüner Kraftstoffe Diese regulatorischen Unsicherheiten drohen in einer Umlenkung von Investitionsentscheidungen in die USA zu münden Mögliche Folgen wären nicht allein negative Auswirkungen auf den Industriestandort Europa, sondern ebenso eine Knappheit an Kraftstoffen, die in starken Preissteigerungen und Wettbewerbsnachteilen für den europäischen Luft- und Seeverkehr resultieren würde Um diese Entwicklungen zu verhindern, müssen auf nationalstaatlicher und insbesondere europäischer Ebene schnellstmöglich pragmatische und verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Anstatt die Wirtschaft bei der grünen und digitalen Transformation oder bei der Diversifizierung von Wertschöpfungsketten durch praktikable Rahmenbedingungen – insbesondere in den Bereichen Wasserstoffmarkthoch oder erneuerbare Energien – zu unterstützen, hat der europäische Gesetzgeber in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen auf den Weg gebracht, die diese Bemühungen konterkarieren und den Standort Europa schwächen:
- Die Revision der Industrieemissionsrichtlinie (IED) erweitert den Anwendungsbereich der bisherigen Richtlinie, verschärft die Kriterien und verkompliziert die Verfahren. Für die Dekarbonisierung und Transformation der Industrie, für die zahlreiche Anlagengenehmigungen erforderlich sind, ist das kontraproduktiv. Zwar hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos unter anderem angekündigt, die Genehmigungsverfahren für “grüne Technologien” zu beschleunigen. Dies ist aber zu kurz gesprungen. Abgesehen von einem zu befürchtenden Flickenteppich unterschiedlicher Verfahren für unterschiedliche Projekte und absehbaren Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Beurteilung, welche Aktivitäten als “grün” gelten, wird das grundsätzliche Problem der Komplexität und Dauer von Genehmigungsverfahren in der EU nicht angegangen.
- In der Digitalpolitik führen der geplante Data Act und die Verordnung über künstliche Intelligenz dazu, dass die unternehmerische Freiheit beim Umgang mit Daten und Geschäftsgeheimnissen beziehungsweise die Nutzung künstlicher Intelligenz schon in frühen Stadien eingeschränkt werden. Derartige Rahmenbedingungen sind innovationshemmend und führen dazu, dass Investitionen in die Datenwirtschaft außerhalb Europas stattfinden. Dies betrifft auch Anwendungen, die wichtige Beiträge zu Umwelt- und Klimaschutz leisten können.
- Der Richtlinienvorschlag zur Normierung von menschen- und umweltrechtlichen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (CSDDD) schafft unkalkulierbare Rechtsrisiken für Unternehmen, kann dadurch zum Rückzug von Unternehmen aus neuen Märkten führen und erschwert die Diversifizierung von Lieferketten – nicht zuletzt bei der Beschaffung von Rohstoffen oder Vorprodukten, die für die grüne Transformation der Wirtschaft unentbehrlich und die nicht in Europa verfügbar sind
- Auch zahlreiche weitere Vorhaben, insbesondere im Umwelt- oder Steuerbereich (z. B. die Revision der Richtlinie zur Luftqualität und neue Vorschriften zur Steuerberichterstattung) wirken investitionshemmend und werfen Europa im internationalen Standortwettbewerb zurück –obwohl in der EU bereits strenge Vorschriften auf diesen Gebieten existieren und nicht von einem Regelungsdefizit gesprochen werden kann.
Demgegenüber kommen Ansätze wie das „One-in-One-out-Prinzip“ oder ein „Competitiveness Check“ über Ankündigungen nicht hinaus. Solange aber die europäischen Institutionen die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa nicht wieder stärker in den Mittelpunkt stellen, fällt die EU als Investitionsund Wirtschaftsstandort zurück und wird im internationalen Vergleich unattraktiver Der Verzicht auf neue Bürokratie sowie die Vereinfachung und Harmonisierung des regulatorischen Umfelds müssen daher zwingend Bestandteil einer europäischen Antwort auf den IRA sein.
Anlage
Förderung klimabezogener Maßnahmen in der EU
Der Mehrjährige Finanzrahmen für den Zeitraum 2021 bis 2027 sowie das Aufbauprogramm NextGenerationEU wurden Ende 2020 beschlossen, um die Erholung von der COVID 19-Krise und die langfristigen Prioritäten der EU in verschiedenen Politikbereichen zu unterstützen. Das Gesamtvolumen der Maßnahmen beläuft sich auf 1.824 Milliarden Euro. Für Klimazwecke stehen aus den verschiedenen Quellen (Haushalt, NextGen, REPowerEU, Innovationsfonds) insgesamt etwa 645 Milliarden Euro zur Verfügung. Für die Förderung privater Investitionen sind weniger als 100 Milliarden Euro über Fördermaßnahmen für erneuerbare Energien und IPCEIs (Batterien, Wasserstoff) bisher vorgesehen gewesen.
Im Rahmen des MFR (1.074 Milliarden Euro) sollen 30 Prozent aller Mittel für klimabezogene Maßnahmen zur Verfügung stehen; das entspricht einem Betrag von 322 Milliarden Euro. Kernstück von NextGenerationEU (750 Milliarden Euro) ist die Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) mit einem Volumen von 672,5 Milliarden Euro. Mindestens 37 Prozent der durch die Mitgliedstaaten geplanten Ausgaben für Reformen und öffentlichen Investitionen müssen dabei für den ökologischen Wandel vorgesehen werden. Das entspricht in etwa 249 Milliarden Euro.
Das Programm REPowerEU wurde angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine eingerichtet, um die Diversifizierung der Energieversorgung zu stärken sowie den Umstieg auf ein nachhaltiges Energiesystem zu beschleunigen. Es wird durch Umschichtungen aus bereits vorhandenen Programmen finanziert. Der ETS-Innovationsfonds fördert mit einem Gesamtvolumen von etwa 38 Milliarden Euro Unternehmensprojekte aus den Bereichen energieintensiver Industrien, erneuerbarer Energien und Energiespeicherung.
Förderung von klimabezogenen Maßnahmen in der EU
Programm
Mehrjähriger
(Kohäsionsfonds: 36 Mrd. Euro; Horizon Europe: 15 Mrd. Euro; Just Transition Fund: 3 Mrd. EUR)
Mehrjähriger Finanzrahmen der Europäischen Union, 2021 bis 2027
Der Mehrjährige Finanzrahmen (VO 2020/2093, 17.12.2020) hat ein Volumen von etwa 1 100 Milliarden Euro und bildet die Grundlage für die EU-Jahreshaushalte der Jahre 2021 bis 2027. Insgesamt umfasst der Mehrjährige Finanzrahmen fast 40 Ausgabenprogramme Im Fokus stehen Wachstum, Innovation und wirtschaftlicher Zusammenhalt. Die Klimaquote im EU-Haushalt wurde von 20 auf 30 Prozent erhöht, damit liegt der Umfang der Mittel bei gut 320 Milliarden Euro. Sie unterstützen die gemeinsamen Klimaziele: eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent und Klimaneutralität bis 2050.
Die Gesamtausgaben sind in sieben Politikbereiche aufgeteilt:
- Binnenmarkt, Innovation und Digitales
- Zusammenhalt, Resilienz und Werte
- Natürliche Ressourcen und Umwelt
- Migration und Grenzmanagement