Eckpunkte der Nationalen Wirtschaftsschutzstrategi

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Stellungnahme

Eckpunkte der Nationalen Wirtschaftsschutzstrategie

Langtitel, Beispiel: (Arial, 20 Pt, fett)

Referentenentwurf/ Regierungsentwurf Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Stand: 22.04.2024

BDI-Stellungnahme zu den Eckpunkten der Nationalen Wirtschaftsschutzstrategie

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung..........................................................................3

1. Ressortinternen

2. Ressortübergreifenden Konsens herbeiführen......................8

3. Single Point of Contact einrichten

4. Rechtliche Rahmenbedingungen

5. Einbindung von Unternehmen und Verbänden....................12

Einleitung.........................................................................................4
.................................7
Konsens herbeiführen
........................................10
schaffen...........................11
Über
BDI..................................................................................14 Impressum.....................................................................................14
den

BDI-Stellungnahme zu den Eckpunkten der Nationalen Wirtschaftsschutzstrategie

Zusammenfassung

Die deutsche Industrie gerät aufgrund ihrer globalen und digitalen Verflechtungenund deraktuellengeopolitischenVerwerfungenzunehmend ins Visier international agierender krimineller oder staatlicher Angreifer. 206 Milliarden Euro Schaden entstehen der deutschen Wirtschaft jährlich durch Datendiebstahl, Spionage und Sabotage.1 Der BDI fordert seit langem, dem Schutz der Wertschöpfungs- und Lieferketten deutscher Unternehmen im In- und Ausland eine höhere politische Priorität einzuräumen und einen integrierten Ansatz zur Abwehr von Cyber- und physischen Angriffen zu verfolgen

Der BDI begrüßt daher, dass die Eckpunkte für eine Nationale Wirtschaftsschutzstrategie nun vorgelegt wurden. Aus Sicht des BDI bedarf es jedoch einer deutlichen Weiterentwicklung des in den Eckpunkten angestrebten ganzheitlichen Ansatzes. Hierzu sehen wir auf staatlicher Seite vor allem die Notwendigkeit, das Silodenken in Zuständigkeiten – innerhalb und zwischen den Ressorts – zu überwinden. Die Bundesregierung – allen voran das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI), das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das Auswärtige Amt (AA) und das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), müssen hier an einem Strang – und zwar in die gleiche Richtung – ziehen. Dies ist erforderlich, bevor die Erarbeitung des Aktionsplans 24+ beginnt.

Zudem ist eine enge Verzahnung der Strategie mit den laufenden Vorhaben der Bundesregierung, z.B. im Rahmen der Umsetzung der Europäischen Wirtschaftssicherheitsstrategie, der Europäischen CER und der NIS2-Richtlinien (KRITIS-Dachgesetz und NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz (NIS2UmsuCG)), zwingend geboten. Dies gilt besonders für die Maßnahmen des Aktionsplans 24+, wie die Weiterentwicklung des Wirtschaftsgrundschutzes, die Erstellung von Risikoanalysen, den Informationsaustausch zwischen Staat und Wirtschaft und die Meldung von Vorfällen.

Die Nationale Wirtschaftsschutzstrategie wird ihrem Ziel, der Verbesserung des Schutzes deutscher Unternehmen vor Angriffen im In- und Ausland, nur gerecht, wenn der ganzheitliche Ansatz nicht ausschließlich auf dem Papier, sondern auch in der Praxis mit Nachdruck verfolgt wird. Der BDI schlägt im Folgenden fünf Schritte vor, die auf diesem Weg aus Sicht der Industrie entscheidend sind.

Lobbyregisternummer R000534

Hausanschrift

1 https://www.bitkom.org/sites/main/files/2023-09/Bitkom-Charts-Wirtschaftsschutz-Cybercrime.pdf

Ansprechpartner

e.V.
Bundesverband der Deutschen Industrie
Breite Straße 29 10178 Berlin Postanschrift 11053 Berlin
Kerstin Petretto T:+49 30 2028 1710 E-Mail: k.petretto@bdi eu Internet www.bdi.eu

BDI-Stellungnahme zu den Eckpunkten der Nationalen Wirtschaftsschutzstrategie

Einleitung

DerBDIunterstütztdieGrundthesederEckpunkte,dassderSchutzvonWirtschaft und Wissenschaft entscheidende Pfeiler des Wirtschaftsstandortes Deutschland und der nationalen Sicherheit - und damit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sind.

Die Komplexität der Bedrohungslage und somit auch der konkreten Risiken für deutsche Unternehmen hat sich durch zunehmende innergesellschaftliche Spannungen und geopolitische Umwälzungen im Allgemeinen und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Besonderen deutlich erhöht. Deutschland ist auch durch die Unterstützung des ukrainischen Verteidigungskampfes zur Zielscheibe hybrider Angriffe Russlands geworden, sei es durch das Abhören von Gesprächen, das Lancieren von Desinformationen oder gezielte Sabotageakte.

Dass Unternehmen aller Branchen im Visier von Angreifern stehen, zeigen nicht zuletzt der Sabotagefall in Grünheide, die Angriffe auf die Handelsschifffahrt im Roten Meer, die Sabotageakte auf Pipelines und die Bahninfrastruktur, Brandanschläge und Sachbeschädigungen sowie zahlreiche Cyberangriffe, Fälle von Spionage und der gezielten Abschöpfung von Wissen aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen.2 Digitale Angriffsmethoden werden mit physischen Vektoren verknüpft. Auch wenn Art und Qualität der Angriffe sich teilweise deutlich unterscheiden: sie können gravierende Folgen für die angegriffenen Unternehmen und den Wirtschaftsstandort Deutschland nach sich ziehen.

Um deutsche Unternehmen im In- und Ausland zu schützen, bedarf es daher eines ganzheitlichen und risikobasierten Allgefahrenansatzes sowie eines weiteren Ausbaus des Zusammenspiels und einer engeren Vernetzung von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Behörden.

Die in den Eckpunkten entsprechend abgeleiteten Maßnahmen sind seit langem zentraler Bestandteil des Forderungskatalogs des BDI. Sie wurden vom BDI, u.a.als GründungsmitgliedderInitiativeWirtschaftsschutz,immerwieder, auch gemeinsam mit den verbandsseitigen Partnern der Initiative,

2Vgl. https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/verfassungsschutzberichte/2023-06-20verfassungsschutzbericht-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=9

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vorgebracht.3 Dies gilt insbesondere für die Notwendigkeit der Schaffung resilienter, robuster und dauerhafter Strukturen zum Schutz der deutschen Wirtschaft, wie der Benennung eines / einer ressortübergreifenden Wirtschaftsschutzbeauftragten als zentralen Ansprechpartner, die Verbesserung des Informationsaustausches zwischen Staat und Wirtschaft und die Einrichtung einer Plattform als interdisziplinäre und ressortübergreifende Schnittstelle zwischen Vertretern der Sicherheitsbehörden und Unternehmen zur gemeinsamen Erarbeitung eines Gefährdungsbildes, wirksamer Schutzkonzepte und -standards, ganzheitlicher Risikoanalysen sowie eine bessere Vernetzung im In- und Ausland. Eine wesentliche Anforderung an eine / einen ressortübergreifenden Wirtschaftsschutzbeauftragten liegt aus BDI-Sicht darin, einen kontinuierlichen fachlichen Austausch mit der Wirtschaft zu führen.

Mit den derzeitigen Strukturen und Prozessen ist ein effizienter und professioneller Wirtschaftsschutz nicht umsetzbar. Um den Anforderungen eines ganzheitlichen Wirtschaftsschutzes gerecht zu werden, braucht es einen verstärkten Ressourceneinsatz, vor allem auf staatlicher Seite.

Der Prävention und Gefahrenabwehr kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Unternehmen, allen voran die Betreiber Kritischer Infrastrukturen, sind schon aus Eigeninteresse gehalten, ihre Anlagen, Lieferketten, ihr Knowhow und ihre Mitarbeitenden zu schützen. Darüber hinaus werden Unternehmen bereits durch eine Vielzahl unterschiedlicher gesetzlicher Regelungen auf nationaler, wie auf europäischer Ebene zu Schutz- und Abwehrmaßnahmen verpflichtet. Die präventive Abwehr politisch motivierter, terroristischer, extremistischer oder militärischer Bedrohungen liegt aber in der Kernverantwortung des Staates und nicht der Unternehmen. Diese sind daher auf eine enge Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden angewiesen, um Risiken zu minimieren. Die letzte Meile der Gefahrenabwehr kann und darf nur vondenzuständigenBehördenaufBundes-oderLandesebenegegangenwerden.

Eine nationale Wirtschaftsschutzstrategie, die physische Sicherheit und Cybersicherheit zusammendenkt und als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern, Kommunen und Wirtschaft definiert, die klare Strukturen und Verantwortlichkeiten schafft, um Reibungsverluste und Koordinationsaufwand zu

3Vgl. z.B.https://bdi.eu/publikation/news/resilienz-gegenueber-sicherheitsrisiken-staerken-wirtschaftsschutz-cybersicherheit-spionage; https://bdi.eu/publikation/news/wirmachen-sicherheitspolitik; https://bdi.eu/media/themenfelder/sicherheit/publikationen/201210_Positionspapier_Wirtschaftsschutz.pdf

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minimieren sowie ausreichend Personal und Budget für die Umsetzung ihrer Ziele vorsieht, ist somit unabdingbar.

Die Sicherheit unserer Wirtschaft ist nicht zum Nulltarif zu haben, weder für Unternehmen noch für den Staat Dies erscheint angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Risikolage, im Kontext der von Bundeskanzler Olaf Scholz bereits im Jahr 2022 proklamierten Zeitenwende einmal mehr geboten. „Ohne Sicherheit ist alles andere nichts“4, dies gilt nicht nur in Bezug auf die Verteidigung von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten, sondern auch für den Schutz des Wirtschaftsstandorts Deutschland, der global vernetzt und damit unwiderruflich verflochten ist mit geopolitischen Entwicklungen – oder Verwerfungen – , mit Kriegen und Konflikten. Es gilt, die Strategie derart klar strukturiert, konkret und mit einem breiten, ressortübergreifenden Konsens anzulegen,dass siein BundundLändernumgesetztwerden kann.

Die Umsetzung sollte zeitlich klar definiert und mit entsprechenden Mitteln für nötige Personalressourcen und mitunter notwendige technische Lösungen in der Haushaltsplanung für 2025 und darüber hinaus unterlegt werden. Angesichts der oben skizzierten Bedrohungslage können wir es uns schlicht nicht leisten, weiter jahrelange Debatten zu führen. Der Bereich Wirtschaftsschutz wurde bereits zu lange von staatlicher Seite herunterpriorisiert. Hier ist ein "Zeitenwende-Deutschlandtempo" erforderlich, das den Schutz der Wirtschaft als einen entscheidenden Baustein innerer und äußerer Sicherheit mitdenkt

Unternehmen, fachspezifische und branchenübergreifende Verbände sollten, können und wollen hier selbstverständlich unterstützen. Nur durch gemeinschaftliches Agieren kann die Sicherheit unserer Wirtschaft signifikant erhöht werden. Die ganzheitliche Umsetzung und Koordinierung des nationalen Wirtschaftsschutzes kann indes nicht von der Wirtschaft allein geleistet werden – hier hat der Staat einen klaren Schutzauftrag, dem er nachkommen muss.

4 https://www.bundesregierung.de/breg-de/mediathek/kanzler-kompakt-zeitenwende-sicherheitswende2261758?view=detail

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1. Ressortinternen Konsens herbeiführen

Der Schutz der Wirtschaft vor Angriffen fällt in die klare Zuständigkeit des BMI. Dies umfasst den Schutz von Unternehmen aller Art, unabhängig von Branche und Größe – ob kleiner Zulieferer, Produzent, Systemhaus, Großkonzern oder Betreiber Kritischer Infrastrukturen. Er deckt gleichzeitig alle Arten des Angriffs oder der Bedrohung ab, unabhängig davon, ob sie auf digitalem oder physischem Weg erfolgen und unabhängig davon, ob die Bedrohung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren ausgeht

Es ist daher die Aufgabe des BMI, die verschiedenen Zuständigkeiten im eigenen Haus so anzuordnen,dass ein ganzheitlicher All-Gefahren-Ansatz,wie errichtigerweisein den Eckpunkten entsprechend dem vorliegendenEntwurf des KRITIS-Dachgesetzes angestrebt wird, auch tatsächlich umgesetzt und koordiniert werden kann. Die Einsetzung eines Koordinators / eine Koordinatorin ist hier der richtige erste Schritt.

Aus Sicht des BDI ist es zwingend erforderlich, dass diese Koordinierungsfunktion auch bereichsübergreifend ausgeübt wird. Bisher fehlt in den Eckpunkten eine entsprechende Ausführung, wie dies geschehen soll.

Im Gegenteil: Nach den Eckpunkten „obliegt die Koordinierung des Wirtschaftsschutzes ressortübergreifend der oder dem für den Wirtschaftsschutz zuständigen Parlamentarischen Staatssekretärin oder Staatssekretär im BMI“. Gleichzeitig heißt es: „Diebisherigen Zuständigkeitenim Bereich Cybersicherheit bleiben davon unberührt“ Diese Ausnahmeregelung für den Cyberbereich widerspricht klar dem ganzheitlichen Ansatz. Die Wirtschaftsschutzstrategie muss eine größtmögliche Verzahnung von digitalen und physischen Schutzmaßnahmen abbilden, genauso wie es bei KRITIS-Dachgesetz und NIS2UmsuCG von Seiten der Wirtschaft erwartet wird. Der Fachkräftemangel darf nicht künstlich durch überkomplexe, bürokratische Melde- und Registrierungswesen befeuert werden, die Cyber- und physischen Schutz oder allgemeinen Wirtschaftsschutz und gezielten Schutz kritischer Infrastrukturen streng voneinander trennen.

Das BMI muss daher erstens dringend intern klären, wie es den ganzheitlichen Ansatz unter einem / einer Wirtschaftsschutzbeauftragten in der Praxis umsetzen kann, ohne Doppelstrukturen aufzubauen bzw. den Flickenteppich an Zuständigkeiten weiter zu vergrößern. Die Strategie muss klar definieren, wie die Koordinierungsfunktion innerhalb des BMI ausgestaltet werden soll

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Im Fokus muss stehen, wie die Koordinierung zwischen den Abteilungen ÖffentlicheSicherheit(ÖS),Cyber-und Informationssicherheit(CI),Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz (KM), der für hybride Bedrohungen zuständigen Abteilung Heimat, Zusammenhalt und Demokratie (H) und den jeweils nachgeordneten Behörden, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und dem Bundeskriminalamt (BKA) zu regeln und umzusetzen sein wird.

In diesem Kontext ist neben einer BMI-internen Koordinierung der zuständigen Abteilungen auch eine Vernetzung der Nationalen Cyber-Sicherheitsstrategie mit der Nationalen Wirtschaftsschutzstrategie dringend angezeigt.

2. Ressortübergreifenden Konsens herbeiführen

Der zweite Schritt ist eine Einigung mit den anderen Ressorts, wie diese in und durch die Koordinierungsfunktion eines / einer Wirtschaftsschutzbeauftragten des BMI eingebunden werden. Hier bedarf es zwingend eines klaren Bekenntnisses der gesamten Bundesregierung zum Aufbau eines ganzheitlichen Wirtschaftsschutzes, bei dem alle an einem Strang – und in die gleiche Richtung – ziehen.

Dies betrifft zunächst das Bundeskanzleramt und den ihm unterstellten Bundesnachrichtendienst (BND), der insbesondere in Bezug auf die Analyse von und Sensibilisierung zu möglichen Gefahren im und aus dem Ausland eine bedeutende Rolle einnimmt

Zum zweiten betrifft es das BMWK, das nicht nur im Kontext des Geheimschutzes federführend, sondern, neben dem BMI, auch im Bereich des Sabotageschutzes einer der Hauptansprechpartner für Verbände undUnternehmen ist. Darüberhinaus hat das BMWKjüngst einenStabfürGrundsatzfragender nationalen Sicherheit eingerichtet, der im Sinne des integrierten Sicherheitsansatzes der nationalen Sicherheitsstrategie dafür sorgen soll, dass Sicherheitsaspekte in allen Bereichen des Hauses und der Wirtschafts- bzw.- Industriepolitik berücksichtigt werden. Zum anderen ist das BMWK auch mit der Umsetzung der Europäischen Wirtschaftssicherheitsstrategie betraut, die den Umgang mit Risiken und Schwachstellen in unseren Gesellschaften, Volkswirtschaften und Unternehmen umfasst, darunter Sabotage, Spionage, illegaler Wissensabfluss – nach deutscher Lesart ein Kernbereich des Wirtschafts- und Wissenschaftsschutzes. Ohne eine enge Kooperation zwischen

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BMI und BMWK kann ein ganzheitlicher Ansatz daher nicht umgesetzt werden.

Gleiches gilt für das Auswärtige Amt, das für den internationalen Aspekt der Lieferketten maßgeblich und über die Botschaften Anlaufstelle für deutsche Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausland ist.

Das BMVg ist wiederum im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Zivilschutzes, dem zivil-militärischen Zusammenwirken zur gegenseitigen gesamtstaatlichen Unterstützung – dem in Entwicklung befindlichen Operationsplan Deutschland – zu beteiligen. Dabei geht es zum einen um die militärische Unterstützung der Zivilverteidigung, zum anderen aber auch um den zivilenBeitrag zurmilitärischenVerteidigungsplanung,wobei dieWirtschaft mit ihren Fähigkeiten eine wichtige Rolle spielt. Damit eng verbunden ist die Frage, wie resilient Unternehmen im Falle militärischer, hybrider oder anderer Bedrohungen und Katastrophen sind und welchen Beitrag sie leisten können, um Deutschland resilienter zu machen. Innere und äußere Sicherheit sind somit auch im Bereich des Wirtschaftsschutzes nicht mehr voneinander zu trennen, sondern müssen, soweit es der Rahmen des Grundgesetzes zulässt, gemeinsam umgesetzt werden.

Die Ressorts und deren nachgeordnete Sicherheitsbehörden sollten auf die gemeinsame Umsetzung der späteren Nationalen Wirtschaftsschutzstrategie verpflichtet werden. Es gilt festzulegen, wie die Rahmenbedingungen, Ziele und auch Grenzen der behördlichen Unterstützung zu gestalten sind.

Nicht zuletzt muss sichergestellt sein, dass sicherheitsrelevante Inhalte und Regelungen auch tatsächlich deutschlandweit angewendet werden. Der Ausschluss der verpflichtenden Anwendung von Regelungen der NIS-2-Richtlinie auf lokaler Ebene – auch auf Betreiben Deutschlands hin – widerspricht jedenfalls der in der Wirtschaftsschutzstrategie propagierten übergreifenden Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Unternehmen, hier die Cybersicherheit betreffend. Gerade bei der digitalen Kommunikation von Unternehmen mit Behörden oder der anstehenden Digitalisierung von Genehmigungsverfahren sind auch die Behörden auf regionaler und lokaler Ebene gefordert, ihren Beitrag zum Wirtschaftsschutz zu leisten, um die bei ihnen gespeicherten, teilweise sensiblen Daten zu Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, aber auch sicherheitsrelevante Daten vor Angriffen zu schützen.

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3. Single Point of Contact einrichten

Der BDI hat mehrfach (zuletzt im Rahmen der Anhörungen zum KRITISDachgesetz und NIS2UmsuCG) angemahnt, dass es in Deutschland an einem System fehlt, innerhalb dessen Informationen und Einschätzungen über Risikolagen zwischen Staat und Wirtschaft in beide Richtungen systematisch ausgetauscht werden können, um im Sinne der Prävention ein tagesaktuelles, kostenfreies Lagebild zu digitalen und physischen Bedrohungen zu erstellen.

Der BDI schlägt daher als dritten Schritt vor, einen bundesweit einheitlichen Single Point Of Contact (SPOC) auf Behördenseite einzurichten, bei dem Meldungen zu (digitalen und physischen) Vorfällen eingehen, gesammelt und abrufbar gemacht werden. Der SPOC muss die Behörden institutionalisiert einbinden, die für den Schutz von Kritischen Infrastrukturen im Besonderen sowie Industrieunternehmen im Allgemeinen (digital und physisch) Sorge tragen müssen. Der SPOC selbst fungiert als Schnittstelle (Dispatcher Hub) zwischen Unternehmen sowie Bundes- und Landessicherheitsbehörden: Er verteilt die eingehenden Meldungen entsprechend der Zuständigkeit und stellt sicher, dass das Prinzip des „Need-to-know“ umgesetzt wird. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden und diese Meldungen sicher weiter verteilen zu können, bedarf es weiterhin der Schaffung sicherer Kommunikationskanäle zwischen Behörden, Wissenschaft und Industrie. Aktuelle Kanäle wie unverschlüsselte E-Mails sind hierfür unzureichend. Die nach NIS2UmsuCG und KRITIS-Dachgesetz vorgesehene Meldestelle von BBK und BSIkönnte, je nach Umsetzung, diesen Anspruch erfüllen.

Auf unterschiedlichen Zugriffsebenen gilt es, beispielsweise im Rahmen einer durch den Bund bereitgestellten sicheren virtuellen Plattform, Betreibern von Kritischen Infrastrukturen und Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder Zugriff zu erteilen. Nicht-KRITIS bzw. KRITIS-nahe Unternehmen wären ebenso nach dem „Kann-Prinzip“ einzubinden, während für KRITISUnternehmen nach aktuellen Entwürfen von NIS2UmsuCG und KRITISDachgesetzdiePflicht bestehenwird.Dadurch werdenDoppelstrukturenund zusätzlicher Bürokratie- und Ressourcenaufwand im Wirtschaftsschutz und im KRITIS-Bereich vermieden.

In Ergänzung zu den Meldewegen ist die Verfügbarkeit von Information für Unternehmen ein weiterer wichtiger Baustein auf dem Weg zu nachhaltigem Wirtschaftsschutz. So benötigen Unternehmen beim Aufbau von Resilienz ebenso wie bei der Abwehr von Gefahren zielgerichtete Informationen zur Lageeinschätzung. Der Informationsbedarf ist dabei individuell

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unterschiedlich und orientiert sich u.a. an Größe, Branche und Tätigkeitsbereich des Unternehmens.

Da relevante Informationen für Lageeinschätzungen auf Seiten der Behörden, der Unternehmen und der wissenschaftlichen Institutionen vorliegen, sollten die Erkenntnisse aller drei Bereiche zusammengeführt und im Bedarfsfall individuell, auf die Bedarfe der Unternehmen abgestimmt, zur Verfügung gestellt werden können.

Angesichts der jetzt bereits aufgrund von Fachkräftemangel und den verfügbaren Haushaltsmitteln begrenzten Ressourcen bei Staat und Wirtschaft wäre es kontraproduktiv, für den Wirtschaftsschutz ein gänzlich neues System des Meldewesens aufzubauen. Die Etablierung zweier getrennter Meldewege für KRITIS und Nicht-KRITIS bindet unnötig Ressourcen in Unternehmen und Behörden, weitet den Flickenteppich im Meldewesen aus und belastet die für den Informationsaustausch und die Meldungen zuständigen Behörden noch zusätzlich. Darüber hinaus führt die technische Pflege und kontinuierliche Weiterentwicklung mehrerer Melde- und Registrierungssysteme zu einer Mehrfachbelastung der Haushaltsmittel, was nicht vertretbar ist.

Der BDI fordert die Bundesregierung auf, bis spätestens Ende 2025 einen Single Point of Contact aufgebaut und vollständig einsatzbereit zu haben.

4. Rechtliche Rahmenbedingungen schaffen

Unternehmen sind auf Informationen der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder angewiesen. Sie können und dürfen bei terroristischen, extremistischen oder (para-)militärischen Bedrohungen nicht selbst in die Verantwortung für die Gefahrenabwehr genommen werden. Der Schutz von Wirtschaft und Wissenschaft vor Spionage und Sabotage muss daher expliziter Bestandteil des sicherheitsbehördlichen Auftrags werden. Vor diesem Hintergrund gilt es viertens, den Wirtschaftsschutz bei den Sicherheitsbehörden und Diensten gesetzlich und personell zu stärken.

Um einen direkten und zeitnahen Informationsaustausch zwischen Behörden (BfV, BND, BKA, BSI, BBK, Bundespolizei, Länderpolizeien etc.) auf der einen Seite und Behörden und Unternehmen auf der anderen Seite zu ermöglichen, müssennicht nurbestehendeMöglichkeitendes strukturierten Informationsaustauschs effizienter gestaltet und konsequenter genutzt werden.

Die Einführung zusätzlicher, auf der Grundlage klarer gesetzlicher Regelungen gesicherterFormate undProzessemuss zwingenddurchdenGesetzgeber

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geprüft werden. Darüber hinaus bedarf es einer grundlegenden Überarbeitung der Geheimhaltungsvorschriften durch den Gesetzgeber. Geheimhaltung, Gewaltenteilung undFöderalismus solltendem erforderlichen Informationsaustausch und einem einheitlichen übergreifenden Lagebild nicht kategorisch entgegenstehen.

Dieser Punkt ist neu in der Strategie aufzunehmen und mit entsprechenden Maßnahmen durch den Gesetzgeber zu unterlegen.

Diese Maßnahmen sind, gerade im Hinblick auf den präventiven Schutz von Unternehmen vor Sabotage, Spionage oder anderen Sicherheitsrisiken zu priorisieren, da hier eine enge Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane insbesondere im Informationsbereich unabdingbar ist.

5. Einbindung von Unternehmen und Verbänden

Wirtschaften im Kontext der Zeitenwende ist ohne ganzheitliche Sicherheitskonzepte und -maßnahmen für Unternehmen nicht mehr möglich. Es liegt im ureigenen Interesse der Unternehmen, sich bestmöglich zu schützen. Sie sind dabei jedoch auf die Zusammenarbeit mit dem Staat angewiesen.

Die relevanten Akteure auf Unternehmensseite sind bereits identifiziert. Als einer der vier verbandsseitigen Partner der Initiative Wirtschaftsschutz engagiert sich der BDI bereits aktiv in der Sensibilisierung. Er ist Anlaufstelle für die 39 BDI-Mitgliedsverbände und die daran angeschlossenen 100.000 Unternehmen und fungiert als Transmissionsriemen zwischen Behörden, Verbänden und Unternehmen. Der BDI wird sich auch weiterhin mit seinen Fachgremien für eine Stärkung des ganzheitlichen Wirtschaftsschutzes einsetzen.

Unser Ziel ist es, einen signifikanten Beitrag zur nationalen Sicherheit zu leisten. Der BDI bietet daher an, in enger Kooperation mit den verbandsseitigen und staatlichen Partnern der Initiative Wirtschaftsschutz, die Vernetzung von Unternehmen, Behörden und beteiligten Ressorts und den Austausch zu zur Umsetzung eines ganzheitlichen Ansatzes durch gesonderte Workshops, Gesprächsrunden aktiv voranzutreiben. Ein wichtiger Part hierbei wird die Weiterentwicklung der Initiative Wirtschaftsschutz sein, wie sie im Aktionsplan 24+ vorgesehen ist.

DabeisolltezumeinendieEinbindungderanderenrelevantenRessortssowie von Unternehmen im Vordergrund stehen – insbesondere unter dem Aspekt,

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wie die geforderte Weiterentwicklung, Strukturierung und Institutionalisierung der Zusammenarbeit zwischen Staat und Unternehmen und die Erhöhung der Reaktions- und Interaktionsfähigkeit der beteiligten Partner über den Informationsaustausch durch einen SPOC hinaus umgesetzt werden kann.

Neben der Einrichtung von themenspezifischen Task Forces wären hier praxiserprobte Formate in Form von gemeinsamen Planspielen, Übungen oder gegenseitigen Hospitationen mögliche Optionen. Dabei ist zu beachten, dass die Priorität auf dem Schutz der Wirtschaft liegen muss und nicht Sicherheit mit mehr Anforderungen und einer Duplizierung an Formaten zu verwalten

Zum anderen gilt es, die Weiterentwicklung und Bekanntmachung des Wirtschaftsgrundschutzes im Sinne des ganzheitlichen Ansatzes zur Umsetzung sowohl des Wirtschaftsschutzes als auch des KRITIS-Dachgesetzes und NIS2UmsuCG einschließlich einer entsprechenden Finanzplanung durch den Bund voranzutreiben.

Diese und weitere Maßnahmen können jedoch, wie bereits ausgeführt, erst dann final und kooperativ entwickelt werden, wenn die staatliche Seite geklärt hat, wie sie ihren Schutzauftrag für die Wirtschaft gemeinsam, unter Überwindung des Silodenkens und unter dem hierfür notwendigen Ausbau von Ressourcen, umsetzen will

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Über den BDI

Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Underbietet InformationenundwirtschaftspolitischeBeratung füralle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 39 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund acht Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene.

Impressum

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu

T: +49 30 2028-0

Lobbyregisternummer: R000534

Ansprechpartner

Kerstin Petretto

Senior Manager Sicherheit und Verteidigung

Telefon: +49 30 2028-1710

k.petretto@bdi.eu

BDI Dokumentennummer: D1902

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