Vorschlag des Rates zum Integrierten Wassermanagement

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Stellungnahme

Vorschlag des Rates zum Integrierten Wassermanagement

Langtitel, Beispiel: (Arial, 20 Pt, fett)

Referentenentwurf/ Regierungsentwurf

EU-Vorschlag für die Änderung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, EU-Grundwasserrichtlinie und der EU-Umweltqualitätsnormenrichtlinie

Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Stand: 21.08.2024

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ..............................................................................................3

1. Ablehnung Definition Verschlechterungsverbot nach EUGH.......4

2. Ausnahmetatbestände in Art. 4 Abs. 7 überarbeiten 4

3. Ausnahmetatbestände in Art. 4 Abs. 7a und 7b überarbeiten und ergänzen 5

4. Delegierte Rechtsakte ...................................................................7

5. Einstufung von Oberflächengewässerkörpern..............................7

6. Erweiterung der Liste von Stoffen mit Grenzwerten für den chemischen Zustand von Grundwasserkörpern (GWK) 9

7. Grenzwerte für PFAS uneinheitlich 10

8. Art. 7 Abs. 2, 3 WRRL kein eigenständiges Bewirtschaftungsziel...........................................................................12

9. Einführung drei weiterer Bewirtschaftungszyklen.......................13

Annex 14

Proposal for Amendments to the Water Framework Directive (2010/60/EU) 14

1. Article 4 (4) (c) Water Framework Directive................................14

2. Article 4 (5) Water Framework Directive.....................................14

3. Article 4 (7) Water Framework Directive 16

Über den BDI 18 Impressum 18

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Einleitung

Der EU-Rat hat am 19.06.2024 eine Textfassung für die Trilog-Verhandlungen mit dem EU-EP veröffentlicht und hat den Text anstelle des Rates angenommen. Ungarn hat bereits angekündigt, die Trilog-Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament im September 2024 aufnehmen zu wollen, sobald sich das neue EP konstituiert und seine Arbeitsfähigkeit hergestellt hat. Mit der vorliegenden Position bewertet der BDI die Änderungen des Rates für die Trilog-Verhandlungen gegenüber dem Kommissionsvorschlag.

Der Rat möchte sich dafür einsetzen, dass die Flexibilität der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der wasserrechtlichen Vorschriften gewährleistet bleibt. Dies ist nicht gelungen. Die gesamthafte Verschärfung der wasserbezogenen Richtlinien und die teilweise erhebliche strukturelle Änderung der Vorgaben zur Bewirtschaftung der Gewässer wird zu Umsetzungsschwierigkeiten in Deutschland und in der Folge zu weniger Rechtssicherheit sowie Änderung bzw. Aufhebung vieler wasserrechtlicher Erlaubnisse führen.

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V

Lobbyregisternummer R000534

Hausanschrift

Breite Straße 29 10178 Berlin

Postanschrift 11053 Berlin

Ansprechpartner

RAin Catrin Schiffer

T:+49 302028-1482

F:+49 30 2028-2482

E-Mail:c.schiffer@bdi.eu

Internet www.bdi.eu

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1. Ablehnung Definition Verschlechterungsverbot nach EUGH

Der Entwurf der Richtlinie lässt die Chance ungenutzt, den von der Rechtsprechung ausgefüllten Begriff der sog. „Verschlechterung“ einheitlich verbindlich zu regeln. Der Rat spricht sich für eine gesetzliche Definition des Verschlechterungsbegriffs in der EU-WRRL aus, mit der die strenge EuGHRechtsprechungumgesetztwird(vgl.Art.3–Art.3(43)neuundErwägungsgrund14 c)auf Seite 26und14): „… However, if a quality element is already at the lowest class, any further deterioration of that element constitutes a deterioration of the status of the body of water.“ Dies lehnt die deutsche Industrie entschieden ab. Der Rat als europäischer Gesetzgeber verpasst die Chance, seinen Spielraum zu nutzen und eine praxistaugliche Definition des Verschlechterungsbegriffs zu schaffen, die sich zum Beispiel an der Zustandsklassentheorie orientiert (keine Verschlechterung mehr möglich, wenn das betroffene Qualitätsmerkmal bereits in der niedrigsten Zustandsklasse ist) oder zumindest Bagatellschwellen beinhaltet. Wenn das Weservertiefungs-Urteil wie vom Rat vorgeschlagen kodifiziert wird, dürfte auf viele Jahre hinaus die sehr strenge und wenig praxistaugliche Verschlechterungsdefinition in Stein gemeißelt sein.

2. Ausnahmetatbestände in Art. 4 Abs. 7 überarbeiten

Hinsichtlich der vorgesehenen Ausnahmetatbestände bedarf es weitergehender Ausführungen und praxisrelevanter Regelungen. Die im Entwurf vorgesehenen Ausnahmetatbestände werden für die deutsche Industrie nicht hilfreichsein,wasserrechtlicheGestattungenfürindustrielle Tätigkeitensindzukünftig mit großen Unsicherheiten behaftet.

Es ist weiterhin keine Änderung der Ausnahmeregelung in Art. 4 Abs. 7 vorgesehen. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die von den Richtlinien vorgegebenen Zeiträumen zur Erreichung der guten Gewässerzustände. Hier ist auch bereits seit langem bekannt und vom BDI auch mehrfach eingebracht worden, dass für viele Wasserkörper diese zeitlichen Ziele der Richtlinien verfehlt werden. Die entsprechenden Vorgaben in Art. 4 wurden auch im neuen Entwurf leider nicht angepasst.

Zum einen ist die derzeitige textliche Ausgestaltung der Ausnahme gem. Art 4 Abs 7 WRRL für industrielle Genehmigungsverfahren problematisch. Es sollte deutlich gemacht werden, dass der Ausnahmetatbestand gemäß Art. 4 Abs. 7 WRRL grundsätzlich für alle industriellen Tätigkeiten offenstehen muss. Insbesondere bedeutet dies, dass Änderungen der

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physischen und physikalischen Eigenschaften dem Ausnahmetatbestand unterliegen sollten. Alle Veränderungen von Eigenschaften, also auch die chemischen, physikalisch-chemischen und biologischen im Rahmen des ökologischen Zustands (Anhang V der Wasserrahmenrichtlinie) und Veränderungen der Eigenschaften im Rahmen des chemischen Zustands (Umweltqualitätsnormen der Richtlinie 2008/105/EG) von Oberflächenwasserkörpern sowieauchallerstofflichenÄnderungenvonGrundwasserkörpern(u.a.infolge des Einbringens von Stoffen) müssen grundsätzlich gemäß Art 4 Abs 7 WRRL ausnahmefähig sein. Die strengen Ausnahmevoraussetzungen des Art. 4 Abs. 7 a) – d) WRRL müssten nach wie vor eingehalten werden.

Gerade vor dem Hintergrund der vorgesehenen Erweiterung des Anhangs I der Richtlinie 2008/105/EG um viele neue Stoffe sowie die Einführung des Beobachtungslisten-Mechanismus in der Richtlinie 2006/118/EGG muss sichergestelltsein,dassauchbeiVerschlechterungendeschemischenZustands unter sachgerechten Voraussetzungen Ausnahmen zugelassen werden können. Zudem sollte Art 4 Abs 7 so ausgestaltet werden, dass auch im Falle des Verfehlens des guten chemischen Zustands von Oberflächengewässern und Grundwasserkörpern prinzipiell eine Ausnahme erteilt werden kann.

Zum anderen sollte die Ausnahmeregelung in Art 4 Abs 7 WRRL derart ausgestaltet werden, dass eine Ausnahme auch aus wirtschaftlichen Gründen gewährt werdenkann. Ausnahmen nur aufgrund von übergeordneten Interessen zu gewähren, entspricht aus Sicht der deutschen Industrie nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zielführend wäre daher die vom BDI vorgeschlagene Änderung des Art. 4 (7), welche die Ausnahmeregelung grundsätzlich für alle stofflichen Einträge öffnet, diese aber an die bereits verankerten anspruchsvollen Kriterien des Art. 4 (7) knüpft.

Die erforderlichen Modifizierungen von Art 4 Abs 7 sind ohne großen Aufwand erreichbar. Ein entsprechender Änderungsvorschlag ist beigefügt.

3. Ausnahmetatbestände in Art. 4 Abs. 7 a und 7 b überarbeiten und ergänzen

Es scheint dem Rat bewusst zu sein, dass die EuGH-Rechtsprechung und deren Kodifizierung und die neu aufgenommenen Substanzen und die verschärften Standards es schwieriger machen, das Verschlechterungsverbot einzuhalten Der Rat geht in Erwägungsgrund 14 d) selbst davon aus, dass es mit den EuGH-Urteilen zum Verschlechterungsverbot und mit der Ergänzung der Stofflisten und der Verschärfung der Normen für bestehende

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Schadstoffe deutlich schwieriger ist, die Ziele der EU-WRRL einzuhalten und dass dies die Durchführung bestimmter Maßnahmen behindern und einen erheblichen Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten mit sich bringen kann ("... may hamper the implementation of certain activities and entail a considerable administrative burden for Member States").

Die deutsche Industrie teilt und unterstützt die Auffassung des Rates, dass die WRRL zunehmend zu Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Ziele der WRRL und damit letztlich zu Genehmigungsrisiken führt und folgerichtig eine Anpassung der Ausnahmeregelungen der RL erforderlich ist. Es ist aber nicht nachvollziehbar, weshalb lediglich für die vom Rat genannten Sachverhalte besondere Ausnahmetatbestände in die WRRL aufgenommen werden sollen. Auch für die industriellen Aktivitäten gibt es eine solche Notwendigkeit, andernfalls werden zukünftig wichtige Industrievorhaben an der EUWassergesetzgebung scheitern.

Doch statt eine angemessene Verschlechterungsdefinition vorzunehmen, schlägt der Rat mit Art 4 Abs 7 a) und 7 b) (Seite 28/29) zwei neue Ausnahmetabestände vor. Es wird eine neue Regelung (Art. 4 Abs. 7 a) aufgenommen,wonach„kurzfristigeVerschlechterungendurcheinProjekt“keineVerschlechterung im Sinne der WRRl darstellen. Voraussetzung ist u. a., dass die Auswirkungen nach einem Jahr bzw. bei biologischen Qualitätskomponenten nachmaximal drei Jahrennach Projektdurchführung nicht mehrnachweisbar sind. Bislang sind auch vorübergehende Auswirkungen von nur kurzer Dauer und ohne langfristige Folgen für die Gewässer (z. B. bauzeitlich bedingte Gewässerveränderungen) zu berücksichtigen. Sie stellen nur dann keinenausnahmepflichtigenVerstoßgegendasVerschlechterungsverbotdar, wenn sich diese Auswirkungen ihrem Wesen nach offensichtlich nur geringfügig auf den Zustand der betroffenen Wasserkörper auswirken. Die vorgesehene Änderung kann sichdaher für einige Vorhabenträger insbesondere im Infrastruktur-undimBaubereichpositivauswirken.IndustrielleBetriebeund der Bergbau haben hingegen wenig Berührungspunkte mit dieser Ausnahme.

Die Verschlechterungen aufgrund von Schadstoffumlagerungen sollen gemäß Ratsbeschluss unter bestimmen Bedingungen (7 b) zulässig sein:

„Member States will not be in breach of this Directive when deterioration occurs in the status of a surface water body as a result of relocating water or sediment by human activity within or between surface water bodies, or from a groundwater body to a surface water body, without causing a net increase in pollution, and all the following conditions are met: …“ Es folgen sieben verschiedene, strenge Bedingungen, die alle kumulativ erfüllt sein müssen.

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Das dürfte in der Industrie und im Bergbau wenig praktische Bedeutung erlangen. Es ist unklar, wie diese neue Möglichkeit der „Relocation“, also des Umleitens von belastetem Wasser von einem in ein anderes Gewässer, überhaupt inder Industrie praktische Relevanz habenkönnte. Zudem sind die einzuhaltenden Bedingungen stark einschränkend, unverständlich und ungenau formuliert (z. B.: das Umweltrisiko darf sich bei Umlagerungen nicht erhöhen, dasneu aufnehmende Gewässer muss schon im schlechtenZustand sein, es dürfen keine Alternativen vorhanden sein etc.).

Daher bleibt es trotz der vom Rat vorgeschlagenen neuen spezifischen Tatbestände in Art 4 Abs 7 a) und 7 b) erforderlich, den bislang defizitär formulierten allgemeinen Ausnahmetatbestand des Art 4 Abs 7 so zu modifizieren, dass Ausnahmen in allen Sachverhaltskonstellationen rechtssicher erteilt werden können, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen –andernfalls würde sich die Schieflage des EU-Wasserrechts zu Lasten berechtigter wirtschaftlicher Belange weiter verschärfen und das widerspricht der weit verbreiteten politischen Forderung nach einem "European Industrial Deal".

4. Delegierte Rechtsakte

Positiv ist, dass die Möglichkeiten der delegierten Rechtsakte wieder eingeschränkt wurden und Aktualisierungen der Stofflisten und UQN mittels Legislativvorschlägen erfolgen müssen (vgl. Art. 16 WRRL, Art. 8 Grundwasserrichtlinie – Richtlinie 2006/118/EG) Damit wurde eine der Forderungen der deutschen Industrie umgesetzt. Allerdings wird in einem neuen Art. 4 Abs. 2 a der Grundwasserrichtlinie die Kommission ermächtigt, mittels delegiertem Rechtsakt eine Liste der relevanten und nicht relevanten Metabolite für Pestizide zu erstellen. Aufgrund der erheblichen Auswirkungen, die diese Festlegungen für die Mitgliedstaaten haben, gilt es auch diese einzuschränken.

5. Einstufung von Oberflächengewässerkörpern

Einige aus industrieller Sicht besonders relevanten – bestehen gebliebenen –Änderungen betreffen die Einstufung von Oberflächenwasserkörpern (OWK) und daraus folgend die Prüfung der vorhabenbedingten Verschlechterung eines OWK im Zuge von Erlaubnis-/Genehmigungsverfahren.

▪ Änderung der Systematik hinsichtlich der Einbeziehung der flussgebietsspezifischen Schadstoffe: Die bisherige Systematik, wonach die

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sogenannten flussgebietsspezifischen Schadstoffe für die Einstufung des ökologischen Zustands relevant sind, vgl. aktuell hierzu § 5 Abs. 5 in Verbindung mit der Anlage 6 der deutschen Oberflächengewässerverordnung (OGewV), soll auch nach Meinung des Rats dahingehend geändert werden, dass deren Einhaltung zukünftig auch für den chemischen Zustand maßgeblich ist. Hierzu soll – wie im ersten Kommissionsentwurfu.a.ein neuerAnhangIIderUQN-Richtlinie (2008/105/EG)hinzugefügt werden, der eine Liste von Stoffen enthält, für die die Mitgliedstaaten die Festlegung von Umweltqualitätsnormen erwägen sollen. Die deutsche OGewV (§ 5, Anlage 6) wäre dann in Folge entsprechend anzupassen. Neben der systematischen Veränderung ist daher zusätzlich auch eine Ausweitung der flussgebietsspezifischen Schadstoffe nicht auszuschließen. Die vorgesehenen Änderungen bei den flussgebietsspezifischen Schadstoffen sind weiterhin im Legislativvorschlag nicht näher begründet und die Auswirkungen nicht ausreichend beleuchtet. Insbesondere mit Blick auf die potenziellen Verstöße gegen das Verschlechterungsverbot und die Einhaltung des Zielerreichungsgebotes sowie des Trendumkehrgebotes bedarf es weitergehender Betrachtungen/Berücksichtigungen auch unter Heranziehung der Möglichkeit von vorhabenbezogenen Ausnahmen. Die systematische Umstellung wird zudem die Zielerreichung der Mitgliedstaaten behindern und verzögern.

▪ Neues Bewirtschaftungsziel für flussgebietsspezifische Schadstoffe in Art. 4: In einem neuen Art. 4 Abs. 1a v) wird als neues Bewirtschaftungsziel aufgenommen, dass die MS die notwendigen Maßnahmen treffen, um die Einleitung von flussgebietsspezifischen Schadstoffen zu reduzieren. Im ersten Kommissionsentwurf wurde dies in die Phasing-out-Verpflichtung integriert. Damit wird aus Sicht der deutschen Industrie ein neues Bewirtschaftungsziel eingeführt. Es ist davon auszugehen, dass dieses Ziel neben diebisherigen Bewirtschaftungsziele tritt und daher zukünftig bei der Vorhabenzulassung – stärker als bisher – Eingang finden dürfte.Ferner wirft die neueRegelungdierechtlicheFrageauf, wie damit umzugehen ist, dass die flussgebietsspezifischen Schadstoffe infolgedessen zum einen im Rahmen des Verschlechterungsverbot für den chemischen Zustand relevant werden und zum anderen deren Reduzierung ein eigenständiges Bewirtschaftungsziel darstellt.

▪ Einführung neuer Stoffe zur Beurteilung des chemischen Zustands von OWK: Wie bereits im ersten Entwurf enthalten, soll die Liste der für die Einstufung des chemischen Zustands von Oberflächenwasserkörpern

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maßgeblichen Stoffe und die diesbezüglichen UQN (Anhang I der UQNRichtlinie) umfangreich erweitert und geändert werden. Teilweise wurden Stoffe gestrichen, teilweise wurden Grenzwerte aber auch noch einmalangepasst.DieÄnderungenführenzueinerVerschärfungderRechtslage, die Anforderungen an die Analytik werden steigen, notwendige Messtechniken nicht zur Verfügung stehen und die notwendigen Nachweisführungen im Rahmen der Genehmigungsverfahren werdenumfangreicher, was sich wiederum planungsverzögernd auswirken wird. Es ist zumindest sicherzustellen, dass nur solche UQNs und Schwellenwerte in den Richtlinien festgelegt werden, für die eine analytische Bestimmung gesichert ist. Im Übrigen führt die Ausweitung der Stoffliste auch zu einem deutlichen Mehraufwand für die Industrie und die öffentliche Hand, da jeder Stoff zukünftig ebenfalls messtechnisch überwacht und im Rahmen der Zulassungsverfahren ebenfalls berücksichtigt werden muss. Die deutsche Industrie weist darauf hin, dass akute Einleitungsbeschränkungen für entsprechende Stoffe ohne verhältnismäßige Fristen drohen würden. Vor dem Hintergrund der neuen Vorgaben der überarbeiteten IED sind ausreichende und realistische Fristen zur Erreichung des „guten chemischen Zustands“, damit Betreiber/Einleiter hinreichend Zeit haben, um auf den neuen Umstand reagieren zu können.

▪ UQNallgemeinfür Pestizide wurdewiedergestrichen:Imersten Entwurf sollte erstmalig eine UQN durch eine Änderung des Anhangs I der Richtlinie 2008/105/EG allgemein für Pestizide mit ihren relevanten Metaboliten aufgenommen werden. Im neuen Entwurf soll dies wieder ersatzlos gestrichen werden. Damit wurde eine Forderung der deutschen Industrie umgesetzt.

6. Erweiterung der Liste von Stoffen mit Grenzwerten für den chemischen Zustand von Grundwasserkörpern (GWK)

Weiterhin soll die Liste von Stoffen mit Grenzwerten für den chemischen Zustand der GWK erweitert werden: Die Liste der in Anhang I der Grundwasserrichtlinie (2006/118/EG) enthaltenen Grundwasserqualitätsnormen für bestimmte Stoffe, die für einen guten chemischen Zustand eingehalten werden müssen, wird – wie bereits in dem ersten Entwurf - um neue Stoffe mit Schwellenwerten ergänzt. Weiterhin problematisch ist daher die schon im ersten Entwurf enthaltene Aufnahme von Grenzwerten für die nicht relevanten Metaboliten von Pestiziden. Für die Grenzwerte für die nicht relevanten Metabolite gilt nun neu ein einheitlicher Wert von 1 μg/l pro nrM bzw. 5

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μg/l für die Summe. Vorher galten unterschiedliche Vorgaben für definierte Einzelfälle (vgl. Nr. 7 des Anhangs I Grundwasserrichtlinie). Die Liste der relevanten und nicht relevanten Metabolite wird durch die Kommission erstellt (siehe hierzu oben – Art. 4 Abs. 2a der Grundwasserrichtlinie).

Aus Sicht der deutschen Industrie ist es positiv, dass der Rat den Änderungsvorschlag des Parlamentes nicht aufgegriffen hat, Sulfat als Kandidat für die Beobachtungslisten nach Richtlinie 2006/118/EG und 2008/105/EG aufzugreifen. Diesem ubiquitär vorkommenden und für die menschliche Gesundheit unbedenklichen Stoff eine derart exponierte Stellung im Richtlinientext zuzuweisen, wäre völlig unangemessen. In Deutschland ist Sulfat in der Oberflächengewässer- und der Grundwasserverordnung ausreichend geregelt.

7. Grenzwerte für PFAS uneinheitlich

Ferner werden die Grenzwerte für die – bereits mit dem ersten Entwurf aufgenommenen – PFAS noch einmal verschärft: Bisher durften alle PFAS in Summe einen Wert von 0,0044 nicht überschreiten, jetzt ist es die Summe von 4 PFAS (vgl. Annex III der Änderungsrichtlinie, neuer Anhang I der Grundwasserrichtlinie). Für die PFAS und nicht relevante Metabolite werden Übergangsfristen geregelt (in Kraft treten dieser Stoffe: 22.12.2027, Erreichung eines guten Zustands für diese Stoffe bis 22.12.2039 – vgl. Art. 3 Abs 1 a Grundwasserrichtlinie). Die Frage ist allerdings, ob die Übergangsfristen – gerade für PFAS – auskömmlich sind. Hier bedarf es dringend einer Harmonisierung der Vorgaben zu PFAS auf europäischer Ebene. Die PFASWerte werden die Industrie vor massive Probleme stellen, weil sie erheblich von den geltenden nationalen Werten abweichen, siehe folgende Tabelle:

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PFAS (Summe 4)

Pestizide 0,1

(Einzelwerte)

Pestizide

(Summe)

Pharmazeutika

Sulfamethoxazole

Trichloroethylene and Tetrachloroethylene

µg/l (Einzelwerte)

(Summe)

BBodSchV TrinkwV GrwV GOW GefW

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8. Art. 7 Abs. 2, 3 WRRL kein eigenständiges Bewirtschaftungsziel

Die deutsche Industrie fordert eine Klarstellung dahingehend, dass Art. 7 Abs. 2, 3 WRRL kein eigenständiges Bewirtschaftungsziel ist, um Rechtssicherheit herzustellen: Nach Art. 7 Abs. 2 WRRL stellen die MS sicher, dass jeder Wasserkörper im Sinne von Art. 7 Abs. 1, der also der Entnahme von Trinkwasser dient, nicht nur die Ziele des Artikels 4, erreicht, sondern dass das gewonnene Wasser unter Berücksichtigungdes angewandten Wasseraufbereitungsverfahrens und gemäß dem Gemeinschaftsrecht auch die Anforderungen der Richtlinie 80/778/EWG in der durch die Richtlinie 98/83/EG geänderten Fassung erfüllt. Gemäß Art. 7 Abs. 3 sorgen die MS für den erforderlichenSchutzderermittelten Wasserkörper,umeineVerschlechterungihrer Qualität zu verhindern und so den für die Gewinnung von Trinkwasser erforderlichen Umfang der Aufbereitung zu verringern. Es ist insoweit klarzustellen, dass Art. 7 nicht auf der Projektebene zusätzlich – neben den Bewirtschaftungszielen in Art. 4 – zu betrachten ist.

Die Frage, ob das in Art. 7 Abs. 3 WRRL enthaltene Verschlechterungsgebot auch für die Vorhabenzulassung maßgeblich ist und wann von einer Verschlechterung im Sinne der Regelung auszugehen ist, wurde erstmals durch das Vorabentscheidungsersuchen vom VG Cottbus (Beschluss vom 29.11.2021)andenEuGH(RechtssacheC723/21) aufgeworfenundistrechtlich ungeklärt. Die zuständige Generalanwältin hat im März 2023 in ihren Schlussanträgen hierzu Stellung genommen (Schlussanträge der Generalanwältin Laila Medina vom 02.03.2023 in der Rs. C-723/21). Nach Ansicht der Generalanwältin stellt auch Art. 7 Abs. 3, also das Verbot einer Verschlechterung der Qualität von Gewässern, die für die Entnahme von Trinkwasser genutzt werden, eine Zulassungsvoraussetzung für Genehmigungsverfahren dar und ist daher bei der Prüfung von Vorhaben entsprechend abzuarbeiten. Das Vorabentscheidungsverfahren wurde aber ohne Entscheidung des EuGH beendet,davorherdieKlagezurückgenommenwurde.EsgibtzudemThema also noch keine gerichtliche Klärung. In der Vollzugspraxis der Bundesländer wird – den Schlussanträgen der Generalanwältin folgend – nunmehr aber eine eigenständige detaillierte Prüfung von Art. 7 Abs. 3 gefordert (vgl. hierzu Vollzugshilfe von Brandenburg1 (Link zur Vollzugshilfe, S. 72).

1 Rechtliche Vollzugshilfe des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz zur Prüfung der wasserrechtlichen Bewirtschaftungsziele in Zulassungsverfahren vom 24. April 2023

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Um Rechtssicherheit herzustellen und die Projekte nicht mit zusätzlichen nicht notwendigen Prüfschritten zu belasten und damit zu verzögern, ist Art. 7 WRRL entsprechend anzupassen.

9. Einführung drei weiterer Bewirtschaftungszyklen

Die Einführung von zumindest weiteren drei Bewirtschaftungszyklen im Rahmen der bestehenden Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie wird zu mehr Rechtssicherheit und damit zur Beschleunigung von Verfahren wesentlich beitragen.

Die Umsetzung der WRRL in Genehmigungsverfahren erfordert inzwischen sehr langwierige Vorbereitungen und Studien durch die Vorhabenträger. Die Verunsicherung ist groß im Hinblick auf die Zielerreichung 2027 und das auch und insbesondere im Hinblick auf die in der WRRL vorgesehenen abweichenden Bewirtschaftungsziele und Ausnahmen.

Viele Wasserkörper werden die Ziele der WRRL in dem vorgegebenen zeitlichen Rahmen verfehlen. Gerade im Hinblick darauf, dass nunmehr viele neue Stoffe mit Grenzwerten aufgenommen werden sollen, kann dies nur mit einer Anpassung der vorgesehenen Zeiträume zur Zielerreichung einhergehen,daauchdieBewirtschaftungspläneundMaßnahmenprogrammeentsprechend anzupassen wären. Es bedarf daher einer allgemeinen Verlängerung der Möglichkeit zur Fristverlängerung. Dies würde auch Rechtssicherheit für die Anwendung des Verbesserungsgebotes im Zuge der Vorhabenzulassung schaffen. Ein entsprechender Änderungsvorschlag zu Art 3 Abs 4 c) WRRL ist beigefügt.

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Annex

Proposal for Amendments to the Water Framework Directive (2010/60/EU)

1. Article 4 (4) (c) Water Framework Directive

(c) Extensions shall be limited to a maximum of two further updates of the river basin management plan except in cases where the natural conditions are such that the objectives cannot be achieved within this period.

Justification

(c) Extensions shall be limited to a maximum of five further updates of the river basin management plan except in cases where the natural conditions are such that the objectives cannot be achieved within this period.

Many water bodies will fail to achieve the objectives of the WFD within the specified time frame. The introduction of at three further management cycles within the framework of the existing requirements of the Water Framework Directive will make a significant contribution to greater legal certainty and thus to the acceleration of procedures.

2. Article 4 (5) Water Framework Directive

5. Member States may aim to achieve less stringent environmental objectives than those required under paragraph 1 for specific bodies of water when they are so affected by human activity, as determined in accordance with Article 5(1), or their natural condition is such that the achievement of these objectives would be infeasible or disproportionately expensive, and all the following conditions are met:

(a) the environmental and socioeconomic needs served by such human

5. Member States may aim to achieve less stringent environmental objectives than those required under paragraph 1 for specific bodies of water when they are so affected by human activity, as determined in accordance with Article 5(1), or their natural condition is such that the achievement of these objectives would be infeasible or disproportionately expensive, and all the following conditions are met:

(a) the environmental and socioeconomic needs served by such human

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activity cannot be achieved by other means, which are a significantly better environmental option not entailing disproportionate costs;

(b) Member States ensure,

- for surface water, the highest ecological and chemical status possible is achieved, given impacts that could not reasonably have been avoided due to the nature of the human activity or pollution,

- for groundwater, the least possible changes to good groundwater status, given impacts that could not reasonably have been avoided due to the nature of the human activity or pollution;

(c) no further deterioration occurs in the status of the affected body of water;

(d) the establishment of less stringent environmental objectives, and the reasons for it, are specifically mentioned in the river basin management plan required under Article 13 and those objectives are reviewed every six years.

Justification

activity cannot be achieved by other means, which are a significantly better environmental option not entailing disproportionate costs;

(b) Member States ensure,

- for surface water, the highest ecological and chemical status possible is achieved, given impacts that could not reasonably have been avoided due to the nature of the human activity or pollution,

- for groundwater, the least possible changes to good groundwater status, given impacts that could not reasonably have been avoided due to the nature of the human activity or pollution;

(c) no further deterioration occurs in the status of the affected body of water;

(d) the establishment of less stringent environmental objectives, and the reasons for it, are specifically mentioned in the river basin management plan required under Article 13 and those objectives are reviewed every six years.

The authorities can set less stringent targets for certain water bodies according to Article 4 (5) WFD. This is to be welcomed, but the provision is hardly ever applied in practice and this is mainly due to the condition set out in Article 4 (5) © WFD ("no further deterioration"), which makes the application of this balancing element considerably more difficult. Article 4 (5) WFD

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3. Article 4 (7) Water Framework Directive

7. Member States will not be in breach of this Directive when:

- failure to achieve good groundwater status, good ecological status or, where relevant, good ecological potential or to prevent deterioration in the status of a body of surface water or groundwater is the result of new modifications to the physical characteristics of a surface water body or alterations to the level of bodies of groundwater, or

- failure to prevent deterioration from high status to good status of a body of surface water is the result of new sustainable human development activities and all the following conditions are met:

(a) all practicable steps are taken to mitigate the adverse impact on the status of the body of water;

(b) the reasons for those modifications or alterations are specifically set out and explained in the riverbasinmanagementplanrequiredunder Article 13 and the objectives are reviewed every six years;

7. Member States will not be in breach of this Directive when:

- failure to achieve good groundwater status, good ecological surface water status or, where relevant, good ecological potential or to prevent deterioration in the status of a body of surface water or groundwater is the result of new modifications to the physical characteristics of a surface water body or alterations to the level of bodies of groundwater, or

- failure to prevent deterioration from high status to good status of a body of surface water is the result of new sustainable human development activities and all the following conditions are met:

(a) all practicable steps are taken to mitigate the adverse impact on the status of the body of water;

(b) the reasons for those modifications or alterations are specifically set out and explained in the riverbasinmanagementplanrequiredunder Article 13 and the objectives are reviewed every six years;

must play a much greater role in management practice in the future in order to continue to allow economic and industrial activities.

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(c) the reasons for those modifications or alterations are of overriding public interest and/or the benefits to the environment and to society of achieving the objectives set out in paragraph 1 are outweighed by the benefits of the new modifications or alterations to human health, to the maintenance of human safety or to sustainable development, and

(d) the beneficial objectives served bythosemodificationsoralterations of the water body cannot for reasons of technical feasibility or disproportionate cost be achieved by other means, which are a significantly better environmental option.

Justification

(c) the reasons for those modifications or alterations are of overriding public interest and/or the benefits to the environment and to society of achieving the objectives set out in paragraph 1 are outweighed by the benefits of the new modifications or alterations to human health, to the maintenance of human safety or to sustainable development, and

(d) the beneficial objectives served bythosemodificationsoralterations of the water body cannot for reasons of technical feasibility or disproportionate cost be achieved by other means, which are a significantly better environmental option.

Article 4 (7) was certainly well-intentioned, but the wording contains legal uncertainties and is therefore too rarely applied. The wording should be clarified so that it is clear in which situations an exemption can be applied and granted at all under this provision. Particularly against the background of the plannedextensionofAnnexIof Directive 2008/105/ECto includemanynew substances, it must be ensured that exemptions can also be permitted in the case of deterioration in chemical status under appropriate conditions, so as not to jeopardize important projects.

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Über den BDI

Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung.UnderbietetInformationenundwirtschaftspolitischeBeratungfür alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 40 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund acht Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene.

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Referentin Umwelt, Technik und Nachhaltigkeit

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