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BBK-Präsident Tiesler über Resilienz und Blackout .............................. Seite

Behörden Spiegel: Was sind die Herausforderungen, denen sich das Amt in nächster Zeit aufgrund der aktuellen Lage gegenübersieht?

Keine großflächigen Stromausfälle erwartet

BBK-Präsident Tiesler über Resilienz und Blackout

Ralph Tiesler: Wir befinden uns seit über zwei Jahren in einem ständigen Krisenmodus, in sogenannten Mehrfachlagen, das heißt verschiedene Krisen finden zeitgleich statt. Wir erleben parallel die Corona-Pandemie, eine zunehmende Flüchtlingssituation und jetzt den Ukraine-Krieg. Besonders im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine haben Themen wie Stromausfälle und Fragen der Sicherheit in der Energieversorgung einen neuen Stellenwert im öffentlichen Diskurs erhalten. Daraus ergeben sich mehrere Herausforderungen. Zum einem rückt insbesondere für uns als BBK die Bevölkerungsinformation in den Fokus. Fragen dabei sind: Wie können wir den Menschen dabei helfen, gut und sicher durch den nächsten Winter zu kommen? Es adressiert aber auch Themen der Zusammenarbeit mit der Bevölkerung. Die Ereignisse im Ahrtal im letzten Jahr haben uns noch mal sehr deutlich gemacht, dass die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren des Bevölkerungsschutzes verbesserungswürdig ist. Für mich persönlich ist es wichtig, dass wir uns in diesem Zusammenhang noch stärker und vor allem ganzheitlich betrachtet mit Themen wie dem Schutz von Kritischen Infrastrukturen und Resilienz gemeinsam mit Bund und Ländern auseinandersetzen.

Behörden Spiegel: Der Haushaltsentwurf des Bundes für 2023 sieht massive Kürzungen im Bevölkerungsschutz vor. Auch Ihr Amt soll substanziell sparen. Wird es so kommen?

Tiesler: Dies ist der erste Regierungsentwurf gewesen. Der ist in der Tat nicht ausreichend für das, was die Ministerin im Neustartprogramm vorgestellt hat. Für uns bedeutet das: Wir müssen in den Haushaltsverhandlungen in diesem Jahr nachlegen. Wir sind zwar mit mehr Personal bedacht worden, und das ist ein erster guter Schritt in die richtige Richtung. Aber wir brauchen auch ausreichend finanzielle Mittel für weitere Warnmittel, für eine bessere Ausstattung und für eine bessere Kommunikation mit der Bevölkerung und zwischen den Akteuren. Es wird deswegen sehr wichtig sein, mit dem Parlament ins Gespräch zu kommen, um beim endgültigen Regierungsentwurf für das nächste Haushaltsjahr noch mal nachzulegen.

(BS) Wie sollen sich Bürgerinnen und Bürger auf einen Stromausfall vorbereiten? Das erklärt Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), im Interview. Zudem erklärt er, wie er sich die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern im Katastrophenschutz vorstellt. Die Fragen stellten Uwe Proll und Bennet Biskup-Klawon.

“Wir müssen die Menschen im Rahmen einer Sicherheitspartnerschaft ernst nehmen.”

Ralph Tiesler ist seit Juni dieses Jahres Präsident des BBK. Foto: BS/Rotthaus

Behörden Spiegel: Katastrophenschutz ist nach dem Grundgesetz Ländersache. Dennoch wird immer wieder Unterstützung seitens des Bundes gefordert. Wie kann man die Länder dazu bewegen, mehr Geld für den Katastrophenschutz bereitzustellen? Tiesler: Es gibt einen Vorschlag der Länder: ein Zehn-Milliarden-Programm in zehn Jahren. Dieses Programm ist durchaus fachlich zwischen Bund und Ländern akzeptiert. Die Ministerin hat gesagt, dass sie sich vorstellen kann, dass der Bund einen großen Teil dieser Kosten tragen könnt. Die genaue Teilung zwischen Bund und Ländern ist jetzt Gegenstand der Verhandlungen. Ich bin mir sicher, wenn der Bund jetzt hier etwas vorlegt, dass die Länder dann nachziehen werden. Denn es kann nicht sein, dass hier nur der Bund aufgefordert ist. Denn Bevölkerungsschutz ist quasi eine Gemeinschaftsaufgabe, die von Bund und Ländern gemeinsamen getragen werden muss.

Behörden Spiegel: Einige Länder haben Landeskatastrophenschutzämter auf den Weg gebracht. Wie könnte dann eine Zusammenarbeit zwischen den Landesämtern und dem BBK aussehen? Was bedeutet das für eine eventuelle Zentralstellenfunktion?

Tiesler: Es ist eine gute Entwicklung, dass es einzelne Bundesländer gibt, die Landesämter schaffen wollen. Wir als BBK brauchen ein Pendant, mit dem wir unmittelbar reden können, wenn wir denn am Ende eine Zentralstellenfunktion ausfüllen sollen. Aber auch ohne Gesetzesänderung haben wir Formate und Angebote geschaffen und tun das weiterhin, die diesem Begriff der Zentralstelle durchaus gerecht werden, wie das GMLZ oder die EU-Kompetenzstelle, die gerade bei uns gebildet werden soll. Es bleibt aber die Frage, ob es dafür einer Verfassungsänderung bedarf, um dem Bund hier – und damit dem BBK – eine gesetzliche Zentralstellenkompetenz zu geben. Da bin ich der Auffassung, dass wir insbesondere jetzt keine Föderalismusdiskussion gebrauchen können, sondern auf der Basis der Freiwilligkeit, wie beim Gemeinsamen Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKoB), weiterarbeiten sollten. Das sind gute Beispiele dafür, wie wir die Zentralstellenrolle in Zukunft verstehen und ausbauen wollen.

Behörden Spiegel: Wo liegen die größten Probleme bei der Resilienz in Deutschland?

Tiesler: Für mich stehen die Menschen in unserer Gesellschaft an erster Stelle. Wir müssen mit der Bevölkerung, also mit jeder und jedem Einzelnen, eine andere, eine dialogorientiertere Kommunikation finden. Sie sind ganz wichtige Akteure in der Bewältigung von Krisen. Dazu zählt vor allem, dass die Menschen sich nicht mehr ohnmächtig in einer Krisensituation fühlen dürfen. Wir müssen die Menschen im Rahmen einer Sicherheitspartnerschaft ernst nehmen – und das tun wir als BBK auch. Wir müssen ihre Kompetenzen stärken, wozu beispielsweise auch die Bevorratung gehört. Für Politik und Wirtschaft ist die Resilienz im Bereich Kritischer Infrastrukturen ein wichtiger Faktor. Die jüngsten Ereignisse, ob es nun die Cyber-Sicherheit oder physische Gefahren betrifft wie bei der Sabotage der Ostseepipeline, beschäftigen uns sehr. Das sind Themen, die ebenso in die Resilienzbetrachtung einfließen müssen. Hier kommt dann auch die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren im Bevölkerungsschutz und darüber hinaus ins Zentrum. Wir brauchen bessere und nachhaltige Strukturen der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Ebenen, aber auch zwischen den verschiedenen Akteuren. Die Resilienzstrategie bietet hierfür eine wichtige Grundlage.

Behörden Spiegel: Das Thema Bevorratung sorgt immer wieder für Diskussionen. Müssen die Menschen die Bevorratungsliste des BBK für einen Blackout abarbeiten?

Tiesler: Im Augenblick liegen uns, dem BBK und der Bundesnetzagentur, keine Erkenntnisse vor, dass wir lange andauernde großflächige Stromausfälle zu erwarten haben. Wahrscheinlicher ist, dass wir kleinräumige und kurz andauernde Stromausfälle erleben könnten, die nötig werden, um die Anlagen bei Überlastung der Netze zu schützen. Da das niemand seriös ausschließen kann, empfehlen wir, sich auf Stromausfälle vorzubereiten, beispielsweise mit einem Vorrat von drei Tagen. Uns geht es nicht darum, dass die Menschen unsere Checkliste akribisch abarbeiten. Uns ist es wichtig, dass sie überhaupt etwas tun. Weil etwas aktiv zu tun bedeutet, dass der Mensch nicht ohnmächtig und hilflos ist und sich den Situationen nicht ausgeliefert fühlt. Sondern es macht ihn stark, schafft Selbstwirksamkeit und stärkt das Gefühl von Sicherheit, denn mit jedem kleinen Schritt, den der und die Einzelne tut, trägt er zu einer gesamtgesellschaftlichen Resilienz bei. Außerdem ist das ein wertvoller Beitrag, der das Hilfeleistungssystem entlastet. Das verschafft uns die Möglichkeit, im Ernstfall vor allem für die Vulnerablen in unserer Gesellschaft zu sorgen, die sich nicht selbst schützen können. Die Bürgerinnen und Bürger leisten so einen Beitrag für diese Gemeinschaft. Ich halte das in diesen Zeiten für ein starkes Zeichen der Solidarität.

Bei der Berliner Feuerwehr, die zumindest durch den zeitweiligen Stromausfall im Stadtteil Köpenick 2019 schon praktische Erfahrung sammeln konnte, gibt man sich gelassen. “Blackouts und ihre Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit der Berliner Feuerwehr sind bereits seit vielen Jahren Bestandteil strategischer und struktureller Überlegungen bzw. Planungen”, heißt es auf Anfrage. Ereignisse wie Blackouts würden regelmäßig geübt, dabei würden Maßnahmen geprüft und weiterentwickelt. Grundsätzlich würden die Resilienz und die Krisenstabilität der Berliner Feuerwehr fortwährend gestärkt. So wurden weitere Stromaggregate und Kraftstoffreserven als Vorbereitung beschafft. Die Kraftstoffreserve sei für den Betrieb der Notstromgeneratoren und zur Notstromversorgung der Standorte vorgesehen. Zudem wurden interne Handlungsanweisungen erstellt und technische Ertüchtigungen vorgenommen, die das Arbeiten intern und vor allem mit externen Partnern ermöglichen. Im Falle eines Blackouts werde weiterhin der Sicherstellungsauftrag erfüllt, zeigt sich die Berliner Feuerwehr überzeugt. “Die hier getroffenen Vorsorgemaßnahmen sind darauf ausgelegt, die Berliner Feuerwehr längstmöglich leistungsfähig zu halten. Natürlich ist auch die Versorgung mit Kraftstoff ein relevanter Faktor, aber auch hierzu wurden Maßnahmen getroffen, um diese zu gewährleisten”, heißt es einschränkend.

Aus der Lage herraus handeln

erns hat man weniger Informationen über die Auswirkungen eines Blackouts auf den eigenen Betrieb. “Eine genaue Einschätzung kann nicht getroffen werden”, heißt es von der Münchner Feuerwehr. Bei Eintritt eines solchen Ereignisses gebe es viele unabwägbare Einflussfaktoren. Die Auswirkungen zeigten sich erst im Verlauf und müssten dann aus der Lage bewältigt werden. Man sei mit eigens dafür erarbeiteten Einsatzplänen vorbereitet und es gebe Kooperationen mit beteiligten Dienststellen und weiteren Organisationen. Konkret seien die Wachen und Gerätehäuser mit Notstrom versorgt, eine Kraftstoffbevorratung zum Betrieb sei angelegt und die notwendigen Kommunikationsmittel seien redundant verfügbar. Zudem verfüge man über eigene Tankeinrichtungen zur Versorgung der Einsatzfahrzeuge. Auf die Frage, wie lange die Feuerwehr München im Fall der Fälle durchhalten würde, heißt es jedoch nur, dass die Bevorratung mit Kraftstoff zum autarken Betrieb auf einen längeren Zeitraum ausgelegt sei.

Wenn es länger dauert, wird es schwierig

Feuerwehr und THW im Blackout

(BS/Bennet Biskup-Klawon) Die Katastrophe im Ahrtal hat es schon gezeigt. Die Warnungen von Katastrophenschutzexpertinnen und -experten weisen in die gleiche Richtung. Mit der Zunahme von komplexen, gebietsübergreifenden Lagen steigt die Eigenbetroffenheit der Gefahrenabwehr. Grade im Hinblick auf eine mögliche Blackout-Lage entstünde durch Eigenbetroffenheit und Einsatzanstieg eine Doppelbelastung. Doch die Behörden bereiten sich auf ein solches Szenario vor.

Die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr bereitet sich auf einen Blackout vor. Eine Achillesferse ist u. a. die Kraftstoffversorgung. Foto: BS/Fr@nk, stock.adobe.com

Ziel: 72 Stunden durchhalten

wehr Dresden. Dort hat man das Ziel ausgegeben, 72 Stunden ohne Strom einsatzfähig zu bleiben. Dies will man mittels mobilen Tankanlagen (Das Brand- und Katastrophenschutzamt von Dresden verfügt über keine eigene Tankstelle.) und Netzersatzanlagen erreichen, über die alle fünf Feuer- und Rettungswachen der Berufsfeuerwehr sowie die Integrierte Regionalleitstelle verfügen würden. Beim Technischen Hilfswerk (THW) hänge die Stärke der eigenen Betroffenheit stark vom Ausmaß und der Dauer des Blackouts ab. Als Zivil- und Katastrophenschutzorganisation gehöre es zum Einsatzspektrum, auf Stromausfälle vorbereitet zu sein. Man bereite sich als Teil der Kritischen Infrastruktur (KRITIS) so gut es gehe auf einen Energieausfall vor. Es würden die gleichen Methoden angewendet, die auch anderen KRITIS-Betreibern oder Privathaushalten empfohlen würden: “Analyse der eigenen Lage und der eigenen Abhängigkeiten ganz konkret vor Ort. Davon abhängig angepasste (Vorsorge-) Maßnahmen, um die Einsatzbereitschaft aufrechterhalten zu können. Wichtig ist es auch, Vorsorgemaßnahmen zu beüben (z. B. regelmäßige Tests der Notstromaggregate.).” Zwar verfüge das THW über kein zentrales Benzinlager, dennoch hätten die einzelnen Ortsverbände Vorsorge getroffen. Im Schwarzfall will das Hilfswerk mit seinen Fachgruppen Elektroversorgung, Infrastruktur und Notversorgung und Notinstandsetzung helfen. Die Fachgruppe Elektroversorgung könne beispielsweise eine temporäre Stromversorgung mit Netzersatzanlagen für Notunterkünfte, kommunale Energieversorgungsanlagen, Einrichtungen und Betriebe öffentlichen Interesses sowie für andere Bedarfsträger sicherstellen. Insgesamt gebe es bundesweit 120 Fachgruppen Elektroversorgung. Zur Treibstoffversorgung verfüge das THW in den Fachzügen Logistik über mobile Tankanlagen. “Bei alldem ist es wichtig, zu betonen, dass wir bei all unserer Technik immer nur punktuell helfen können. Bundesweit stehen die THW-Ortsverbände daher in Austausch mit den zuständigen Stellen bei Kommunen und Landkreisen. Im Falle eines Stromausfalles entscheiden die Kommunen und Landkreise, in welchem Umfang und wo das THW in den Einsatz kommt”, stellt das THW klar. Die Kommunen legten fest, welche KRITISEinrichtungen mit Strom versorgt werden müssten. Eins sei aber klar: Je länger der Blackout dauere, desto schwieriger werde es, Hilfe zu leisten. In Stufen planen

Nach Einschätzung von Oberbranddirektor Volker Skrok, Mitglied im Fachausschuss Zivil- und Katastrophenschutz der deutschen Feuerwehren des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF), sind die Feuerwehren in Deutschland grundsätzlich gut auf einen Blackout vorbereitet. Das Thema stehe bei den meisten Feuerwehren seit Jahren oben auf der Liste. Er empfiehlt zur Vorbereitung, eine Gefährdungsanalyse der eigenen Organisation durchzuführen und die Schwachpunkte festzustellen. Dabei solle in Verbindung mit der Stadtverwaltung und dem zuständigen Energieversorger das Risiko ausführlich betrachtet werden. “Im Zuge eines Umsetzungskonzeptes sollten dann die verschiedenen Szenarien, die sich in den Stufen bis zu einem kompletten Blackout ergeben können, betrachtet werden und aufeinander aufbauend beplant werden. Dabei gilt es, die verschiedenen Aspekte der Kommunikation, der Aufrechterhaltung des Dienst- und Einsatzbetriebs, der Lagedarstellung und -bewertung sowie der Versorgung zu betrachten”, so Skrok. Es gelte, vor allem die ausreichende Kraftstoffversorgung, den Notstrombetrieb sowie die Notwendigkeit von zusätzlichen Beschaffungen für die Szenarien zu prüfen, sagt der Oberbranddirektor.

Seit 1949 ist Artikel 5 des NATO-Vertrages die Hauptsäule europäischer Sicherheit. Diese Beistandsklausel begründet die amerikanische Sicherheitsgarantie für Europas NATO-Länder. Und sie schreibt den Beitrag der Europäer zur Sicherheitsarchitektur auf ihrem Kontinent fest. Diese transatlantische Arbeitsteilung hat sich über Jahrzehnte bewährt und sie wird weiter gebraucht. Das ist heute wieder besonders klar sichtbar. Doch damit sie auch in Zukunft wirksam bleibt, müssen wir heute nachsteuern und uns auf die neuen Herausforderungen einstellen. Darin sind sich alle Alliierten einig. Das neue Strategische Konzept der NATO, das die Partner im Sommer 2022 beschlossen haben, zeigt dies deutlich. Die globalen Machtverschiebungen werden darin benannt und erhalten in der Allianz einen neuen Stellenwert. Der entsetzliche Krieg, den Russland über die Ukraine gebracht hat, ist ebenso Anlass, neu über die europäische Sicherheit nachzudenken wie die ambitionierte chinesische Großmachtpolitik.

Die zentrale Rolle Deutschlands

Wenn wir heute die europäische Sicherheit weiterentwickeln und die transatlantische Arbeitsteilung neu justieren, dann kommt Deutschland dabei eine ganz zentrale Rolle zu. Alle europäischen NATO-Mitglieder werden einen größeren Anteil an Abschre-

ckung, Krisenmanagement und Verteidigungsfähigkeit in Europa haben. Das gebietet die faire Lastenteilung gegenüber den Vereinigten Staaten, die nicht nur europäische, sondern auch asiatische Garantiemacht sind und dort zunehmend gefordert sein werden. Deutschland kommt dabei aufgrund seiner Größe, seiner Wirtschaftskraft und seiner geografischen Mittellage eine besondere Bedeutung zu. Unser Land hat in der Vergangenheit überproportional von der friedlichen Entwicklung nach 1990 profitiert. Es muss nun, in schwereren Zeiten, auch seinerseits überproportional viel beitragen, um Frieden und Freiheit für die kommende Generation zu sichern. Seit 2014 schlägt Deutschland diesen Weg konsequent ein. Seit der völkerrechtswidrigen russischen Annexion der Krim hat es seine Präsenz an der Ostflanke der NATO systematisch ausgebaut. Mit dem Rahmen-Nationen-Konzept in der NATO hat es seine Rolle als Anlehnungsmacht definiert und konkret ausgefüllt. Die Verstärkung der Ostflanke ist schon mit dem russischen Aufmarsch an der Grenze zur Ukraine und noch vor Kriegsbeginn im Februar 2022 von der Bundesregierung unverzüglich aufgestockt und dann schrittweise weiter ausgebaut worden. Mit unserem Engagement als Truppensteller für die VJTF verleihen wir dieser neuen Verteidigungshaltung zusätzliche Muskeln. Das schafft Vertrauen. Deutschland steht zu seinen Verpflichtungen in der NATO. Und es steht besonders zu den Partnern im Bündnis, die die Gefahren der neuen Lage am intensivsten spüren. Deutschland hat darüber hinaus mit dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr eine weithin beachtete Zukunftsentscheidung für kampfbereite Streitkräfte getroffen. Mit dem festen Bekenntnis zu dem Wales-Ziel der NATO, zwei Prozent der Wirtschaftskraft in Verteidigung zu investieren, wird diese Maßnahme langfristig verstetigt. Mit diesen Mitteln wird Deutschland seine NATO-Planungsziele voll erreichen und darüber hinaus seine Streitkräfte quer durch alle Fähigkeiten modernisieren. In absehbarer Zeit wird die Bundeswehr so der Hauptträger der Landverteidigung in der Mitte Europas sein – und auch in den anderen Dimensionen (Luft und Weltraum, See und Cyber-Raum) entscheidend an Einsatzbereitschaft und Schlagkraft hinzugewinnen. Damit wird der europäische Beitrag zur Sicherheit in Europa deutlich erweitert.

Europas Sicherheit und Deutschlands Beitrag

Die einzig richtige Antwort

(BS/Christine Lambrecht) Wer garantiert Sicherheit in Europa? Das ist eine ewig aktuelle Frage, die sich aufgrund des verbrecherischen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine heute dringender denn je stellt. Putin hat die europäische Friedensordnung in ihren Grundfesten erschüttert. Angesichts dieses Epochenbruchs hat Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022 mit der “Zeitenwende” eine neue und die einzig richtige Antwort auf diese Frage gegeben.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht informierte sich im Oktober 2022 direkt vor Ort über die Lage in der umkämpften ukrainischen Region von Odessa. Foto: BS/Bundeswehr, Tom Twardy

Christine Lambrecht (SPD) ist seit Dezember 2022 Verteidigungsministerin der Bundesrepublik Deutschland. Foto: BS/BMVg Entlastung der Schutzmacht USA

Von diesen Entscheidungen werden nicht nur Deutschland und Europa profitieren. Unsere amerikanischen Partner werden als Schutzmacht in Europa entlastet. Die auch für die innenpolitische Diskussion in den USA so wichtige Lastenteilung im Bündnis kommt stärker in die Balance. In Washington wird dies als wichtiger Beitrag zur atlantischen Solidarität gesehen. Ebenso übrigens wie die Entscheidung der Bundesregierung, die Luftwaffe für Deutschlands Rolle in der nuklearen Teilhabe der NATO zeitgemäß und zukunftsfest auszurüsten. Die Entscheidung für die Beschaffung der F35-Kampfflugzeuge ist eine Entscheidung für volle Interoperabilität und für Mitgestaltung der nuklearen Abschreckung durch die NichtNuklearmacht Deutschland. Deutschlands verstärkter Einsatz für die Sicherheit auf unserem Kontinent wird auch an drei anderen Stellen sichtbar. Erstens in unserer Hilfe für die Ukraine mit umfangreichen Lieferungen von Waffensystemen, Munition, Ausrüstung, De-Mining und Winterausstattung. Gerade bei schwerer Artillerie und bei der Luftverteidigung gehen wir hier voran: Gemeinsam mit den Niederländern haben wir hochmoderne Panzerhaubitzen 2000 geliefert, gemeinsam mit den US-Amerikanern und Briten weitreichende MARSRaketenwerfer. Zudem sind wir das erste Land, das IRIS-T an die Ukraine liefert, das weltweit modernste Flugabwehrsystem. Das ist ungemein wichtig. Denn mit dem Raketenbeschuss gegen ukrainische Städte terrorisiert Putin gezielt die Zivilbevölkerung. Auch bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten übernehmen wir Führung: Wir bilden die ukrainischen Streitkräfte professionell und erfolgreich an verschiedenen Standorten in Deutschland aus. Daneben schlagen wir eines der beiden Hauptquartiere der EU- Ausbildungsmission, EU MAM, in Deutschland auf. Dort werden wir ukrainische Soldaten im Umfang von einer Brigade trainieren. Schließlich umfasst unsere Unterstützung für die Ukraine auch die Bereitstellung sehr substanzieller direkter Finanzhilfen für die ukrainische Regierung. Klar ist: Wir werden unsere umfassende Unterstützung solange fortsetzen, wie es die Lage im Kriegsgebiet erfordert. Zweitens bei der Military Mobility, der so entscheidenden logistischen Dimension von Verteidigung in Europa. Als Drehscheibe ist Deutschland wie kein anderes Land in der Pflicht, Infrastruktur und Fähigkeiten für die schnelle Verlegbarkeit und Durchleitung von Personal und Material vorzuhalten. In enger Abstimmung mit EU und NATO werden hier entscheidende Weichen gestellt, um den strategischen Raum Europa über Deutschland besser zu vernetzen und damit verteidigungsbereiter zu machen. Und drittens bei der von Deutschland ins Leben gerufenen European Sky Shield Initiative, ESSI, an der sich bislang 15 Nationen beteiligen. ESSI ist eine allumfassende Beschaffungsinitiative zur Verteidigung gegen verschiedenste Bedrohungen aus Luft und Weltraum. Gerade hier haben wir akute Fähigkeitslücken und großen Nachholbedarf. Daher wollen wir hier zügig marktverfügbare Systeme beschaffen. Deutschland wird hierbei die Koordination übernehmen.

Übernahme der Verantwortung

Wer dieser umfassenden Agenda der sicherheits- und verteidigungspolitischen Ertüchtigungen noch Deutschlands Bemühungen in der EU in diesem Politikfeld hinzurechnet, der erkennt, was mit Zeitenwende gemeint ist: Amerika bleibt Schutzmacht, aber Europa ist zunehmend für seine eigene Sicherheit in Europa zuständig. Wie ernst wir Europäer das nehmen, zeigt auch der geplante NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands, der die europäische Säule der NATO deutlich stärken wird. Dies geschieht an besonders exponierter Stelle im hohen Norden, wo Norwegen und Dänemark nun zwei eng vertraute politische Partner als NATOVerbündete hinzugewinnen. Ein besseres Beispiel dafür, wie geografische Nähe, politisches Vertrauen und gemeinsame Werte eine Schicksalsgemeinschaft begründen können, die langfristige Sicherheit garantiert, lässt sich kaum denken. Und was im Norden Europas gilt, gilt für uns alle in NATO und EU. Mir ist besonders wichtig: Deutschland wird in der europäischen, der atlantischen geopolitischen Schicksalsgemeinschaft eine größere Rolle spielen – eine Führungsrolle, wo immer das notwendig ist. Damit die Zukunftsaufgabe Sicherheit gelingt und künftige europäische Generationen die Freiheit und den Frieden leben können, die ihnen zustehen.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht zählt zu den prominenten Rednerinnen der Berliner Sicherheitskonferenz. Des Weiteren werden am 30. November und 1. Dezember unter anderem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sowie Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin erwartet. Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit gibt es unter www.euro-defence.eu

Bundeskanzler Olaf Scholz und EU-Präsidentin Ursula von der Leyen sagten in ihrer gemeinsamen Erklärung anlässlich der Konferenz, es gehe “hier um nicht weniger, als einen neuen Marshallplan des 21. Jahrhunderts zu schaffen”. Ein Punkt, bei dem andere Regierungschefs eine unterschiedliche Betonung sehen. So ist die Ukraine z. B. für den japanischen Premierminister nicht nur ein Partner, der gleichberechtigt und gemeinsam mit den in Berlin tagenden Experten etwas zum Wiederaufbau zu sagen hat, sondern die einzig entscheidende Instanz.

Eigenverantwortung der Ukraine

Der japanische Premierminister Fumio Kishida betonte: “Der mittel- bis langfristige Wiederaufbau der Ukraine muss erstens auf der Eigenverantwortung der Ukraine beruhen. Zweitens müssen alle Länder, Institutionen und Unternehmen, die Hilfe leisten, das Gesamtbild des Wiederaufbaus teilen. Und drittens müssen sie auf transparente und faire Weise im Einklang mit internationalen Regeln und Standards handeln. Darüber hinaus benötigt der Wiederaufbau einen Rahmen, der es ihm ermöglicht, die Unterstützung der breiteren internationalen Gemeinschaft, einschließlich der EU und der an dieser Konferenz teilnehmenden Länder, zu gewinnen.” Jedes Land besitze zudem einzigartige Fähigkeiten, um der Ukraine zu helfen. “So haben wir beispielsweise mit der ukrainischen Regierung unsere Erfahrungen bei der Sortierung und Wiederverwendung der Trümmer des Erdbebens in Ostjapan 2011 geteilt, damit die Ukraine die Trümmer der russischen Invasion für den Wiederaufbau nutzen kann”, beschrieb Kishida. “Neben dem Schutz und der Unterstützung der Vertriebenen, der Bereitstellung von Gesundheitsdiensten und medizinischer Versorgung sowie der Nahrungsmittelhilfe hat die japanische Regierung die Ukraine bei der Vorbereitung auf den bevorstehenden strengen Winter unterstützt, u.a. durch die Bereitstellung von Heizungsanlagen in den Aufnahmezentren für Flüchtlinge und den Schutz vor Kälte.” Kishida betonte: “Japan steht fest an der Seite der Ukraine!”

Von der Verantwortung

Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine

(BS/Dorothee Frank) Während der Krieg in der Ukraine weiterhin das Land verwüstet, fand Ende Oktober in Berlin auf Einladung Deutschlands und der Europäischen Union eine erste Wiederaufbaukonferenz statt. Deutschland übernahm diese Gastgeberrolle aufgrund seines G7-Vorsitzes. Staats- und Regierungschefs aus der ganzen (demokratischen) Welt, Experten verschiedener internationaler Organisationen und nationaler Behörden, von Think Tanks und akademischen Einrichtungen waren dem Aufruf gefolgt.

Finanzielle Zuständigkeit der EU

Auch die europäische Union arbeitet an Zusagen, allerdings vor allem finanzieller Natur, da die “Sachspenden” hauptsächlich direkt durch die Mitgliedsländer erfolgen. Aber auch die Gelder werden dringend benötigt, da ein Land im Krieg kaum Steuern und Einnahmen erwirtschaftet. Vor allem wenn der Gegner gezielt die zivile Infrastruktur zerstört oder Handelswege blockiert, um das Land zu Boden zu ringen. “Die Ukraine braucht etwa drei bis fünf Milliarden pro Monat”, beschreibt EU-Präsidentin von der Leyen den aktuellen Bedarf an Budgethilfen, damit die Ukraine das kriegsbedingte Defizit ausgleichen kann. “Wir als Europäische Union, ‘team europe’, haben seit Beginn des Krieges insgesamt 19 Milliarden an finanziellen Zuwendungen für die Ukraine investiert. Davon sind sieben Milliarden reine Budgethilfe. Aber das ist immer mit mühsamen Prozessen, Aushandlungen, Verzögerungen verbunden.” Um diese Prozesse zu vereinfachen und der Ukraine eine verlässlichere finanzielle Grundlage bieten zu können, arbeite die EU an neuen Mechanismen. So wolle die EU rund ein Drittel des Defizitbudgets der Ukraine tragen. “Das sind anderthalb Milliarden pro Monat, solange der Krieg dauert. Das wären als Gesamtsumme über das Jahr 18 Milliarden”, sagte von der Leyen. “Das heißt, dass wir mit unseren Mitgliedsstaaten darüber sprechen, dass wir gemeinsam einen Mechanismus über 18 Milliarden für 2023 als direkte Budgethilfe für die Ukraine vereinbaren und sicherstellen können. Immer, wie gesagt. Vorbehaltlich, solange der Krieg dauert. Wir wissen, dass wir uns komplementär auch auf unsere amerikanischen Freunde verlassen können. Wir rechnen damit, dass natürlich auch die internationalen Finanzierungsinstitutionen ihren Teil, in etwa ein Drittel, übernehmen werden.”

Konfiszieren der russischen Konten

Diese Finanzmittel der EU sollen auch aus den russischen Konten generiert werden. “Wir wollen diese Vermögenswerte nicht nur einfrieren, sondern auch konfiszieren. Das ist nicht trivial, was die Gesetzgebung betrifft”, beschrieb von der Leyen. “Wir haben eine Taskforce zusammen mit Mitgliedsstaaten. Diese Taskforce heißt ‘Freeze and Seize’, also Konfiszieren und Einfrieren. Es geht darum, nicht nur aufzuzeigen, was eingefroren wurde, sondern auch die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, in der Lage zu sein, diese Vermögenswerte auch für den Wiederaufbau der Ukraine nutzen zu können.” Die Finanzierung sowohl des Bestehens als auch des Wiederaufbaus der Ukraine könnte demnach zu Teilen durch beschlagnahmte russische Konten erfolgen, wenn die entsprechenden rechtsstaatlichen Grundlagen geschaffen werden. Schließlich handelt es sich durchaus um Konten von Privatpersonen oder unabhängigen Unternehmen, also nicht um staatliche russische Gelder. Dementsprechend muss der Prozess, der einen Präzedenzfall schafft, rechtlich abgesichert sein und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Wie die Konferenz zum Wiederaufbau zeigte, ist die demokratische Welt bereit, auch langfristig und für die Ukraine planbar Mittel und Hilfen zur Verfügung zu stellen. Eine Demonstration, ein Machtkampf des Prinzips der Freiheit und Humanität gegen diktatorische Unterdrücker.

In seiner Einleitung betonte der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd J. Austin: “Die Verteidigungsstrategie, welche die Vereinigten Staaten einschlagen, wird den Kurs des Ministeriums für die kommenden Jahrzehnte bestimmen. Das Verteidigungsministerium ist es unserer Freiwilligenarmee und dem amerikanischen Volk schuldig, ein klares Bild von den Herausforderungen zu zeichnen, die uns in den kommenden, entscheidenden Jahren erwarten – und wir schulden ihnen eine klare und konsequente Strategie zur Förderung unserer Verteidigungs- und Sicherheitsziele.”

Trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nennt Austin explizit die Volksrepublik China als “wichtigsten strategischen Konkurrenten für die kommenden Jahrzehnte”. Das Dokument führt weiter aus: “Die umfassendste und ernsthafteste Herausforderung für die nationale Sicherheit der USA ist das erpresserische und zunehmend aggressive Bestreben der VR China, die indo-pazifi sche Region und das internationale System so umzugestalten, dass es ihren Interessen und autoritären Präferenzen entspricht. Die VR China versucht, die Bündnisse und Sicherheitspartnerschaften der USA in der indo-pazifi schen Region zu untergraben und ihre wachsenden Fähigkeiten, einschließlich ihres wirtschaftlichen Einfl usses und der zunehmenden Stärke und militärischen Präsenz der Volksbefreiungsarmee (PLA), zu nutzen, um ihre Nachbarn unter Druck zu setzen und deren Interessen zu bedrohen. Die zunehmend provokative Rhetorik und die aggressiven Aktivitäten der VR China gegenüber Taiwan sind destabilisierend, bergen die Gefahr einer Fehlkalkulation und bedrohen den Frieden und die Stabilität in der Straße von Taiwan. (...) Die VR China hat nahezu jeden Aspekt der PLA ausgebaut und modernisiert, wobei sie sich darauf konzentriert, die militärischen Stärken der USA auszugleichen. Die VR China stellt daher die größte Herausforderung für das Ministerium dar.”

Prioritäten der Verteidigung der USA

National Defense Strategy warnt vor China

(BS/Dorothee Frank) Am 27. Oktober veröffentlichte das U.S. Department of Defense die “National Defense Strategy”. Auf 80 Seiten legen die USA dar, welche sicherheitspolitischen Parameter sie weltweit sehen und wie sie sich auf die Herausforderungen vorbereiten. Die Vorgängerversion stammte aus dem Jahr 2018.

US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin nennt China die größte Bedrohung der USA.

Foto: BS/U.S. Department of Defense, Alexander Kubitza

Chinas Methoden zum Kontrollgewinn

Ein Punkt ist besonders angesichts der jüngsten Verkaufsabsichten deutscher Infrastruktur und Unternehmen an China interessant: “Neben dem Ausbau ihrer konventionellen Streitkräfte entwickelt und integriert die Volksrepublik China rasch ihre Fähigkeiten in den Bereichen Weltraum, Weltraumbekämpfung, Cyber-, elektronische und Informationskriegführung, um ihren ganzheitlichen Ansatz der hybriden Kriegführung zu unterstützen.” Des weiteren identifi zieren die USA eine Verletzlichkeit jener Länder, die sich in die Hände Chinas begeben. China sei ein ebenso unzuverlässiger Wirtschaftspartner wie Russland. Die chinesischen Streitkräfte seien bestrebt, die Fähigkeit anderer Staaten in einer Krise oder einem Konfl ikt zu beeinträchtigen, um ihre Partner somit beeinfl ussen oder erpressen zu können. “Die Volksrepublik China vergrößert zudem die globale Präsenz der PLA und baut eine robustere Übersee- und Basisinfrastruktur auf, die es ihr ermöglicht, militärische Macht über größere Entfernungen zu projizieren”, beschreibt die National Defense Strategy. “Parallel dazu beschleunigt die Volksrepublik China die Modernisierung und den Ausbau ihrer nuklearen Fähigkeiten. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten und Partner werden zunehmend vor der Herausforderung stehen, zwei Großmächte mit modernen und vielfältigen nuklearen Fähigkeiten – die VR China und Russland – abzuschrecken, was die strategische Stabilität neu belastet.”

Abhängig vom Verbrecher

Die USA warnen nicht grundlos vor China. Schließlich ist die chinesische Regierung sogar offen diktatorisch. Während Russland sich wenigstens noch den Anschein von Wahlen gibt, hat China solche Maskerade nicht mehr nötig. Weder das brutale Niederschlagen des Aufstands in Hong Kong noch die menschenrechtswidrigen Uiguren-Zwangslager oder die Besetzung Tibets inklusive Ausrottung der dortigen Menschen und Kultur hat China jemals verheimlicht oder zu vertuschen versucht. Kaum ein anderes Land der Erde begeht so freimütig und offen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, vor allem gegen andere Ethnien, gleichzeitig aber auch gegen die eigene Bevölkerung. Als nächstes Ziel könnte Taiwan die Auswirkungen der offenen Unrechtspolitik erfahren.

Der Verkauf von Infrastruktur

Am 26. Oktober 2022 sollten allerdings 35 Prozent des Containerterminals Tollerort des Hamburger Hafens an das chinesische Unternehmen Cosco verkauft werden. Allerdings beschloss das Bundeskabinett im Anschluss, dass Cosco nur bis zu 24,9 Prozent erwerben darf. “Die Entscheidung ist ein gesichtswahrender Kompromiss für beide Seiten”, kommentiert Prof. Dr. Rolf J. Langhammer, Handelsexperte am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel). “Er löst aber nicht das mittelfristige Problem. Das besteht darin, dass Cosco ein zentraler Akteur in der chinesischen Strategie der digitalen und maritimen Seidenstraße ist. Maritim deswegen, weil Cosco über die vielen Hafenbeteiligungen eine marktbeherrschende Stellung im Bereich der Abwicklung des Handels, des globalen Transports erreichen kann. Und digital deshalb, weil Cosco mit anderen chinesischen Partnern, insbesondere mit der Finanztochter von Alibaba, die Digitalisierung des globalen Transports vorantreiben möchte und durch die Kombination von Dienstleistungs-, Handel- und Güterhandel damit eine sehr starke Position im globalen Transport einnehmen kann.” Laut Langhammer ist zudem unsicher, ob Cosco nach diesem Einschnitt bei der Beteiligung weiterhin zu seinen Zusagen steht, den Hamburger Hafen zu einem bevorzugten Umschlagplatz für den Containertransport zu machen. “Hierin liegt auch ein gewisses Erpressungspotenzial seitens Cosco”, sagt Langhammer und betont: “Um eine missbräuchliche, marktbeherrschende Stellung zu verhindern, bedarf es zweier Dinge: Erstens muss sichergestellt werden, dass Daten von nichtchinesischen Kunden, die unter anderem auf chinesischen Servern liegen, nicht dem Zugriff der chinesischen Regierung ausgesetzt sind. Und zweitens muss sichergestellt werden, dass die Software, die Cosco jetzt über die Einführung von BlockchainTechnologien in der Abwicklung des Transports einsetzen möchte, auch für Mitbewerber offen bleibt, sodass hier keine digitale Kompetenz zum Nachteil von Mitbewerbern und Konkurrenten aufgebaut werden kann.” Ein Tochterunternehmen des chinesischen Unternehmens Sai Microelectronics wollte wiederum Ende Oktober die deutsche ChipFabrik Elmos Semiconductor kaufen, die vor allem Halbleiter für die Autoindustrie produziert. Das deutsche Wirtschaftsministerium prüft. Seinerzeit warnte die US-Regierung vor der deutschen Abhängigkeit von russischem Gas, jetzt warnt sie vor dem steigenden weltweiten Einfl uss der chinesischen Diktatur. Es bleibt die Frage, ob und wie Deutschland auf diese erneute Warnung aus den USA reagiert.

SÜ 4 im BMVg-Geschäftsbereich

Noch schärfere Sicherheitsüberprüfung

Deutsche Sicherheitspolitik

(BS/mfe) Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) ist eine weitere, noch schärfere Form der Sicherheitsüberprüfung (SÜ) eingeführt worden. Sie gilt für Soldaten, die eine Verwendung mit besonders hohen Sicherheitsanforderungen durchlaufen sollen. Betroffen sind u. a. Angehörige von Spezialkräften, des Bereichs Cyber-Abwehr der Bundeswehr sowie Mitarbeitende des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD).

Anspruch und Wirklichkeit

von General a. D. Jörg Vollmer

Der Bundeskanzler hat sich durchgesetzt. Das Bundeskabinett hat der Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco an einem der vier Terminals am Hamburger Hafen mit Aufl agen zugestimmt, entgegen dem Ratschlag des federführenden Wirtschaftsministeriums und des Außen-, Innen-, Finanz-, Verteidigungs- und Verkehrsministeriums. Die Lehren der Zeitenwende wurden zugunsten wirtschaftlicher Interessen hintangestellt, auch wenn in einer Protokollerklärung zum Kabinettsbeschluss festgehalten wird, dass die Investition in Hamburg den “strategischen Einfl uss Chinas auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur sowie die deutsche Abhängigkeit von China unverhältnismäßig erweitert”. Zeitgleich sind auch in Duisburg die Entscheidungen bereits weit vorangeschritten. Auch dort soll Cosco in Zukunft einen Anteil von 30 Prozent am neu zu bauenden elften Containerterminal in Deutschlands größtem Binnenhafen erhalten. China hat neben seiner hundertprozentigen Übernahme des Hafens in Piräus u. a. bereits Anteile in Rotterdam (18 Prozent), Antwerpen (20 Prozent), Zeebrügge (90 Prozent), Bilbao (40 Prozent), Valencia (51 Prozent), Vado in Italien (40 Prozent) und Kumport in der Türkei (26 Prozent) erworben und damit im Bereich der Häfen seinen Einfl uss und seinen Zugang zum Logistik- und Transportsystem in Europa maßgeblich ausgebaut. Die Gefahr ist akut, dass Deutschland und die europäischen Staaten insgesamt die von China beeinflusste Infrastruktur im Krisen- und Konfl iktfall nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzen können. Erneut machen wir uns gemeinsam von einem autokratischen Staat abhängig. Die Lehren aus dem Konfl ikt mit Russland werden nicht umgesetzt, ja sträfl ich vernachlässigt. Die Verbündeten der NATO, ganz besonderes die europäischen, sind auf eine intakte und resiliente Infrastruktur in Europa angewiesen. Deutschland als sogenannter Drehscheibe für die Truppenverlegungen europäischer Streitkräfte und insbesondere amerikanischer Verstärkungskräfte nach Nordost- und Südosteuropa kommt eine herausgehobene Bedeutung zu. Das erfordert, national, im Rahmen der EU und der NATO geopolitisch verantwortlich zu handeln und im Gesamtkontext derzeitiger und zukünftiger Bedrohungen die strategische Autonomie Europas zu wahren. Nationale wirtschaftliche Interessen müssen in den sicherheitspolitischen Gesamtkontext eingeordnet werden. Kritische Infrastruktur muss nicht nur physisch oder im Cyber-Raum geschützt werden, sie muss auch staatlich uneingeschränkt genutzt werden können. Es ist zu hoffen, dass die Nationale Sicherheitsstrategie dem Rechnung tragen wird.

General a. D. Jörg Vollmer ist Senior Adviser des Behörden Spiegel.

Foto: BS Die exakten Bereiche sollen in einer Rechtsverordnung festgelegt werden. Diese befi ndet sich aber noch in der Abstimmung. Die Betroffenen absolvieren eine intensivierte erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen. Diese geht noch über die bereits länger existierende erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (SÜ 3) hinaus, die Personen durchlaufen, welche Zugang zu als streng geheim deklarierten Verschlusssachen erhalten sollen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), die Landesämter für Verfassungsschutz (LfVs) und der Bundesnachrichtendienst (BND) kennen dieses Instrument bislang nicht. Geregelt ist die intensivierte erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen, die umgangssprachlich auch als SÜ 4 bezeichnet wird, im Soldatengesetz. Die übrigen, bereits etablierten SÜ-Formen fi nden sich hingegen im Sicherheitsüberprüfungsgesetz des Bundes (SÜG). Deutlich strenger und umfangreicher

Im Rahmen der neuen Sicherheitsüberprüfung befragt die mitwirkende Behörde die betroffene Person grundsätzlich selbst. Und das unabhängig davon, ob eine sicherheitserhebliche Erkenntnis das notwendig macht oder nicht. Darüber hinaus wird zu der betroffenen Person auf jeden Fall Einblick in öffentlich zugängliche Internetseiten genommen. Gleiches gilt für den für alle einsehbaren Teil von Social-MediaProfi len. Hier muss der oder die Geprüfte auch angeben, in welchen Sozialen Medien er oder sie aktiv und unter welchen Namen er oder sie dort angemeldet ist. Des Weiteren fi nden Wiederholungsprüfungen bei dieser Sicherheitsstufe alle fünf – und nicht wie ansonsten üblich alle zehn – Jahre statt. Auch muss die Sicherheitserklärung von dem oder der Überprüften bereits nach 30 Monaten aktualisiert werden. Ansonsten sind hier fünf Jahre üblich. Zudem ist das Beifügen zweier aktueller Lichtbilder (versehen mit dem Jahr der Aufnahme auf der Rückseite) im Zuge der Sicherheitserklärung verpfl ichtend.

Soldatinnen, Soldaten und Reservedienstleistende aus speziellen Verwendungen müssen eine schärfere Sicherheitsüberprüfung bestehen als Beamte aus anderen Bereichen. Foto: BS/Bundeswehr, Jana Neumann

Überprüfung von Reservistinnen und Reservisten

fung. Sie sieht vor, dass Reservistinnen und Reservisten eine einfache Sicherheitsüberprüfung (SÜ 1) durchlaufen, wenn sie zu Wehrübungen herangezogen werden. Diese beiden Neuerungen – insbesondere die intensivierte erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen – haben die Arbeitsbelastung beim BAMAD erheblich anwachsen lassen. Dies parallel zu den bereits gewachsenen Aufgaben aufgrund der Extremismusermittlung und -bekämpfung. Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des Deutschen Bundestages nannte BAMAD-Präsidentin Martina Rosenberg die Zahl von rund 60.000 Sicherheitsüberprüfungen, an denen ihr Dienst im vergangenen Jahr mitgewirkt habe.

MELDUNGEN European Sky Shield Initiative

(BS/df) Fünfzehn europäische Staaten haben am 13. Oktober in Brüssel eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Beschaffung eines europäischen Luftverteidigungssystems unterzeichnet: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Großbritannien, Lettland, Litauen, die Niederlande, Norwegen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Das Projekt European Sky Shield Initiative (ESSI) entstand auf deutsche Initiative und soll die Luftverteidigung des europäischen Kontinents in allen Ebenen und Fähigkeiten ausbauen. “Deutschland hat damit die koordinierende Rolle übernommen. Ziel ist es, die europäische Säule im atlantischen Verteidigungsbündnis weiter zu stärken”, beschreibt das BMVg. ESSI soll also nicht den NATORaketenschild ersetzen – bzw. eine weitere Kooperation aufmachen – sondern die USA in ihren Bemühungen zum Schutz der europäischen Bürgerinnen und Bürger unterstützen. Das BMVg führt weiter aus: “Das gemeinsame Luftverteidigungssystem soll vor Bedrohungen aus Luft- und Weltraum schützen. Ein wichtiges Kriterium ist die NATO-Kompatibilität.” Die Luftverteidigung sei etwas, “wo wir Lücken aufweisen”, sagte die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Ziel der Initiative sei es, die Interoperabilität im Bereich der Luftverteidigung zu realisieren. “Es geht darum, Preise auch entsprechend gestalten zu können und es geht natürlich auch darum, gemeinsam dann in Bezug auf Instandhaltung sich wechselseitig unterstützen zu können.” Zu den deutschen Plänen in Bezug auf die Luftverteidigung sagte Lambrecht: “Es ist wichtig, dass es jetzt schnell geht in Bezug auf die Beschaffung von Patriots, in Bezug auf die Beschaffung von IRIS-T und natürlich auch in Bezug auf die Beschaffung eines darüber hinausgehenden Verteidigungssystems – Arrow 3 ist im Gespräch.” Erste Kontakte seien bereits geknüpft und erste Gespräche aufgenommen worden. Die fi nanziellen Mittel sollen auch aus dem Sondervermögen stammen. Die Ministerin hofft, durch die gemeinsame Beschaffung von 15 Staaten positive Ergebnisse bei der Preisgestaltung zu erzielen. Das Programm sei offen für jede NATO-Nation, denn, wie die Ministerin betonte: “Natürlich wird es dem SACEUR dann gegebenenfalls auch unterstellt.” Dementsprechend positiv wurde die Initiative innerhalb der NATO aufgenommen. Der stellvertretende NATO-Generalsekretär, Mircea Geoană, sagte: “Diese Verpfl ichtung ist umso wichtiger, als wir Zeugen der rücksichtslosen und wahllosen Raketenangriffe Russlands in der Ukraine sind, bei denen Zivilisten getötet und wichtige Infrastrukturen zerstört werden. In diesem Zusammenhang begrüße ich nachdrücklich die Führungsrolle Deutschlands bei der Einführung der European Sky Shield Initiative.”

Die Luftwaffe im elektronischen Kampf

(BS/df) Die Rolle “Elektronischer Kampf” erfüllen bei der Luftwaffe aktuell die Tornados, doch diese sollen ausgephast werden. Als Nachfolger legte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht gemeinsam mit dem Inspekteur Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, im Frühjahr dieses Jahres den Eurofi ghter fest. Doch die entsprechende Technologie existiert noch nicht. Das israelische Unternehmen Rafael und die deutsche Firma Hensoldt unterzeichneten nun eine Kooperationsvereinbarung, um die deutschen Eurofi ghter für den elektronischen Kampf zu befähigen. Rafael verkündete: “Gemeinsam bemühen wir uns, den Sky Shield als ausgereiften, von Rafael entwickelten ESJ (Escort Jammer) anzubieten, der von Hensoldt mit der neuesten Technologie für luftgestützte elektronische Angriffe (Kalætron Attack) erweitert wird.” Hensoldt ergänzte: “Der neue EA-Pod nutzt die bestehenden Schnittstellen des Litening Pods, der sich bereits im Typhoon bewährt hat, und vereinfacht so den Integrationsaufwand erheblich und spart wertvolle Ressourcen.” Laut Hensoldt soll dieses neue System “im Jahr 2028 erstmals einsatzfähig sein”. Doch die Zeit drängt, weshalb anscheinend laut Medienberichten doch wieder eine amerikanische, verfügbare und erprobte Plattform in der Überlegung als Tornado-Nachfolger sein könnte. Mehrere EA-18G Growler der U.S. Air Force wurden nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bereits in Deutschland stationiert und zum Schutz der NATO eingesetzt, die deutsche Luftwaffe konnte deren Fähigkeiten also direkt vor Ort sehen. Die Entscheidung für den Eurofi ghter war seinerzeit mit dem Zwei-Flotten-Prinzip der Luftwaffe (Eurofi ghter und F-35) begründet worden.

Leistungsfähigere Raketenantriebe

(BS/df) Mit einer jüngst geschlossenen Kooperation wollen DLR und Bayern-Chemie besonders leistungsfähige Raketenantriebe des Typs “Red Kite” (Roter Milan) entwickeln. Diese sollen der Forschung im Weltraum neue Perspektiven eröffnen. Ein sogenanntes “Dual Thrust”Profi l erlaubt Red Kite-Antrieben dabei besonders hohe Beschleunigungswerte unmittelbar nach Abschuss, die beispielsweise beim Zehnfachen der Erdbeschleunigung liegen und im weiteren Flugverlauf abfallen, wodurch aerodynamische Verluste minimiert werden. Damit eignet sich der Red Kite-Motor insbesondere auch als Boosterstufe für viele andere Raketen aus dem Portfolio der Abteilung MORABA (Mobile Raketenbasis) des DLR. Die Antriebe des DLR stammen teils aus militärischen Altbeständen, teils aus ziviler Fertigung. In Verbindung mit Red Kite stehen der nationalen und internationalen Forschergemeinde damit in Zukunft leistungsfähige zweistufi ge Höhenforschungsraketen zur Verfügung. Durch Red Kite-Antriebe kann eine große Bandbreite möglicher Missionen und Trajektorien bedient werden. Für die Forschung unter Schwerelosigkeit ermöglichen steile Flugbahnen mit Red Kite-Raketenmotoren aussagekräftige Experimente außerhalb der Atmosphäre und ohne störende Beschleunigungskräfte von bis zu sieben Minuten Dauer. Ohne den störenden Einfl uss der Schwerkraft können beispielsweise materialphysikalische Phänomene deutlich zielgerichteter untersucht werden. Die Forschung in den Bereichen Wiedereintritts- und Hyperschalltechnologien dagegen profi tiert von fl achen Trajektorien, die ihren Nutzlasten eine minutenlange Exposition in der Stratosphäre bei Geschwindigkeiten bis Mach acht ermöglichen.

Besser entscheiden mit KI?

von Martin Kaloudis

Links oder rechts abbiegen? Was tun, wenn Stau ist? Und welche Route ist eigentlich die beste? Bei der richtigen bzw. besten Entscheidung im Auto hilft uns der Routenplaner im Internet. Möglich macht’s die Künstliche Intelligenz. Die ist allgegenwärtig und hat Einfluss auf private, berufliche und sogar militärische Entscheidungen. Künstliche Intelligenz (KI) ist längst Teil unseres Lebens geworden – und macht es uns in vielen Fällen leichter. Zum Beispiel indem sie uns schnelle Entscheidungen ermöglicht oder sogar abnimmt. Dass die KI nicht nur im privaten Alltag hilft, sondern mit weit mehr Impact auch die Arbeitswelt erobert hat, zeigt sich in zahlreichen Beispielen: von Chatbots im Kundenkontakt bis hin zu einer automatischen Bilderkennung. Was die KI dafür braucht, sind Daten. Damit “gefüttert”, lernen die KI-Modelle, Zusammenhänge zu identifi zieren, Muster zu erkennen und daraus Schlüsse zu ziehen. Beste Voraussetzungen für schnelle, systematische und valide Entscheidungen. Entscheidungskompetenz auf einem neuen Level

Kein Wunder also, dass KI-Anwendungen auch bei der Bundeswehr in immer mehr Bereichen erprobt werden. Nicht nur für Verwaltungs- oder Logistikaufgaben, sondern letztlich auch für die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes: Daten – ihre Verfügbarkeit, Sammlung und Auswertung – bestimmen mehr und mehr den Erfolg militärischer Operationen. Hier kann KI dem Menschen nicht nur Arbeit abnehmen, sondern sie tatsächlich schneller und besser erledigen und die Grundlage für profundere Entscheidungen bilden. Die BWI beschäftigt sich daher mit der Entwicklung neuer datengetriebener, intelligenter Anwendungen und prüft, wie KI für die Analyse und Auswertung von Daten eingesetzt werden kann, um die Entscheidungskompetenz von morgen für die Bundeswehr auf ein neues Level zu heben.

Taktische Aufklärung im Gefechtsfeld

Das ist zum Beispiel bei der Erstellung von Lagebildern interessant. Diese erlauben eine schnelle Reaktion, etwa bei Krisen und Katastrophen. Oder auf dem Gefechtsfeld: Aktuell erprobt die BWI mit ihrer Innovationseinheit innoX für die Bundeswehr die KI-basierte Lösung MITA. Die Abkürzung steht für Military Internet of Things für taktische Aufklärung. Bei dem InnovationsExperiment setzen wir einmal mehr auf Co-Innovation: Die BWI arbeitet eng mit einem Deep-Tech-Unternehmen aus Süddeutschland zusammen, das sich auf die Entwicklung von Software und KI für den Verteidigungssektor spezialisiert hat. Denn für die Lösung werden mithilfe von SensorNetzwerken und Datenfusion im Feld verlässliche und entscheidungsrelevante 3D-Lagebilder erstellt. Bisher geschieht das alles noch manuell und teils zeitverzögert, beispielsweise basierend auf Sichtungen und anschließender Funkmeldung. Mit MITA geht das automatisiert und blitzschnell. Das spart wertvolle Zeit bei Entscheidung und Reaktion ein. Das Ergebnis des Experiments wird gerade evaluiert.

Martin Kaloudis ist Chief Executive Offi cer (CEO) und Vorsitzender der Geschäftsführung der BWI GmbH, des IT-Systemhauses der Bundeswehr.

Foto: BS/BWI

Krisenmanagement 2.0 mit KI-basierten Lagebildern

Nicht nur für die Bundeswehr, auch für andere staatliche Organisationen gewinnen KI-basierte Lagebilder immer mehr an Bedeutung. Treten beispielsweise Krisensituationen im Ausland auf, muss schnell reagiert werden, um im schlimmsten Fall deutsche Staatsangehörige evakuieren zu können. Dafür wird derzeit ein ressortübergreifendes digitales System, das Krisenvorsorgeinformationssystem Bund (KVInfoSysBund), von der BWI entwickelt. In dieser Anwendung werden verschiedenste Daten erfasst und online den beteiligten Bundesressorts wie dem Bundesministerium der Verteidigung oder dem Auswärtigen Amt zur Verfügung gestellt. Zukünftig sollen mittels KI und Data Analytics Ad-hoc-Dateien aus öffentlichen Quellen für ein digitales Lagebild gesammelt und ausgewertet werden. Dadurch lassen sich alle Daten mit aktuellen Informationen anreichern, um so bei der Krisenbewältigung auch auf kurzfristige Änderungen der Lage reagieren und entsprechende Reaktionen, wie zum Beispiel Evakuierungen, bestmöglich planen und durchführen zu können. Die Beispiele zeigen: In Zukunft werden auf KI basierende Entscheidungsprozesse nicht mehr aus militärischen, öffentlichen und privaten Bereichen wegzudenken sein. Innovationen wie MITA und moderne IT-Lösungen unterstützen Bundeswehr und Behörden dabei, Daten effi zient für ihre Entscheidungsfi ndung zu nutzen. Besser entscheiden mit KI? In Zukunft auf jeden Fall!

Laserwaffe der Deutschen Marine

Erfolgreicher Einsatz gegen Drohnen

(BS/df) Wie jetzt erst bekannt wurde, hat die Bundeswehr bereits am 30. August erstmals eine Laserwaffe erfolgreich von einem Schiff der Deutschen Marine aus eingesetzt. Beim Ziel handelte es sich um eine Drohne.

Laserwaffen sind vom Prinzip her sehr gut zur Drohnenabwehr geeignet, schließlich können sie besonders Kleindrohnen effektiv bekämpfen, ohne Munition bevorraten zu müssen. Energie ist auf Kriegsschiffen meistens in ausreichendem Maß vorhanden. Die Schwierigkeit beim Einsatz ist allerdings nicht das Erzeugen des Laserstrahls – die zivile Industrie hält hier nutzbare und erprobte Systeme bereit – sondern das Verfolgen und Halten des Ziels. Bereits im November 2021 startete die Integrations- und Testphase des Marinedemonstrators, welche die ARGE – bestehend aus MBDA und Rheinmetall – mit einem erfolgreichen Factory Acceptance Test (FAT) auf dem Erprobungsgelände in Unterlüß abschloss. Danach folgte die Integration des Demonstrators auf der Fregatte SACHSEN in Kiel.

Erste Testreihen

Im Juli 2022 fand die erste Testkampagne in der Eckernförder Bucht vor dem Stützpunkt der Wehrtechnischen Dienststelle 71 (WTD 71) in Surendorf statt. Das BAAINBw mit der WTD 71 sind für die Erprobungsplanung und die Bereitstellung verschiedener Zieltypen verantwortlich. Im Rahmen der Versuche wurde die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Sensoren, unter anderem der elektrooptischen (EO)-Sensorik der ARGE und des Radars, verifi ziert. Zudem erfolgte die Erprobung des Zusammenspiels aller Komponenten und Verfahren der gesamten Wirkkette von der Zielerfassung bis zur Bekämpfung. Daniel Gruber, Projektleiter Marinedemonstrator bei MBDA Deutschland und Dr. Markus Jung, Leiter Entwicklung Strahlenwaffen bei Rheinmetall Waffe Munition GmbH, begleiten die Erprobungskampagnen mit der Fregatte. Mit Blick auf die zurückliegende Integrations- und Testphase ziehen sie ein positives Fazit. So sei der historische scharfe Schuss von einem Kampfschiff der Marine für alle Beteiligten ein besonderer Moment gewesen. Das Team habe die volle Leistungsfähigkeit des Demonstrators unter Beweis stellen können. “Die gute Zusammenarbeit der beiden ARGE-Partner hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir einen voll funktionsfähigen und leistungsfähigen Demonstrator auf der Fregatte integrieren konnten”, sagte Gruber. Auch Dr. Thomas Baumgärtel, Projektleiter Marinedemonstrator bei der Rheinmetall Waffe und Munition GmbH, zeigt sich zufrieden: “Die Hauptkomponenten des Demonstrators stellen absolute Hochtechnologie dar. Diese basiert zwar auf jahrelanger Forschung innerhalb der beteiligten Häuser, viele Systembestandteile des Demonstrators wurden aber speziell für das Projekt entwickelt und sind in dieser Form zum ersten Mal miteinander kombiniert worden.” Die Erprobungen der Hochenergielaserwaffe sollen noch bis Mitte 2023 mit weiteren Testkampagnen andauern.

Die Fregatte SACHSEN erprobt für insgesamt ein Jahr den eingerüsteten Laserwaffendemonstrator.

Collage: BS/D. Frank, Fotoquellen: Bundeswehr, PIZ AIN

Eignung der Laserwaffen

Die Laserwaffen eignen sich allerdings nur für den Waffenmix, da ihr Einsatz physikalisch bedingt stark wetterabhängig ist. Schließlich brechen Regen- und Nebeltropfen Lichtstrahlen (Stichwort Regenbogen), was wiederum dem Laser seine Kraft nimmt. Das erste Laserwaffensystem wurde 2014 auf der USS PONCE installiert. Seitdem macht die U.S. Navy gute Erfahrungen mit dem Einsatz, da es sich um ein sehr vielseitiges und in seiner Wirkung skalierbares System handelt.

Supergeil!

Begeisterung für deutsche Wehrtechnik

(BS/Dorothee Frank) In einem besonderen Video bedankt sich die Ukraine für deutsche Waffenlieferungen. Mit dem Edeka-Werbevideo von Friedrich Liechtenstein als Grundlage schuf das ukrainische Verteidigungsministerium einerseits ein Dankesvideo, in dem mehrere deutsche Rüstungsexporte gelobt wurden, und bat andererseits um Leopard-Kampfpanzer.

Als erstes zeigt das ukrainische Video unter dem Stichwort “Super Gepard” jene Luftverteidigungssysteme, welche in der Ukraine von der Drohnenabwehr bis zum Landkampf eine breite Palette an Einsatzszenarien erfolgreich abdecken. Insgesamt 30 Flakpanzer Gepard inklusive rund 6.000 Schuss Munition gingen aus deutschen Industriebeständen in die Ukraine. Aus Bundeswehrbeständen wurden zudem 53.000 Schuss Flakpanzermunition sowie 4.000 Schuss Übungsmunition geliefert. Die Ukraine fragte mittlerweile die weitere Lieferung von Munition an, was allerdings die Schweiz unter Berufung auf ihre Exportrichtlinien untersagte. Das diese Munition herstellende Unternehmen Rheinmetall Air Defence (ehemals Oerlikon) hat in Zürich seinen Hauptsitz. Seit der Auflösung der Heeresflugabwehrtruppe und der dementsprechenden Außerdienststellung der letzten Gepard im Jahr 2012 verfügt die Bundeswehr übrigens nicht mehr über diese Fähigkeiten.

Super IRIS

Als nächstes System wird im Video “Super IRIS” gelobt. Dessen Lieferung an die Ukraine hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht anlässlich des Treffens der Ukraine Defence Contact Group Anfang Oktober verkündet. “Das hochmoderne Luftverteidigungssystem IRIS-T ist aus Deutschland in die Ukraine geliefert worden”, sagte Lambrecht. “Es ist eine ganz wichtige Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Raketenbeschuss, gegen diesen Terror, der gegenüber der Bevölkerung ausgeübt wird.” Bisher sei ein System geliefert worden, im nächsten Jahr sollen drei weitere folgen, so die Ministerin. Eine schnellere Auslieferung sei nicht möglich, denn “solche Systeme sind hochkomplex, hochmodern und müssen produziert werden”, so Lambrecht. Die Bundesregierung sei hier auf die Fähigkeiten der deutschen Rüstungsindustrie zur Beschleunigung der Produktion angewiesen. Die Ministerin betonte: “Ich bin sehr froh, dass dies gelungen ist, beispielsweise bei IRIS-T. Dass es jetzt schon im Oktober geliefert werden konnte und nicht, wie ursprünglich geplant, im November.” Ein kleiner Wermutstropfen besteht allerdings, weil die Bundeswehr absehbar nicht über jene Fähigkeiten verfügen wird, welche bereits an die Ukraine gingen. Schließlich wurde das Luftverteidigungssystems IRIST SL (Surface Launched) bisher noch nicht für Deutschland beschafft. Dementsprechend stammen die nun an die Ukraine gehenden Lieferungen nicht aus der Produktion für Deutschland, sondern aus der für Ägypten. Für die Bundeswehr war bisher noch keine Produktionskapazität vorgesehen. Schließlich war in der Vergangenheit der Zeitabstand zwischen dem Wunsch zur Füllung einer Fähigkeitslücke und dem entsprechenden Kaufvertrag durchaus in Jahrzehnten zu messen. Manche Projekte wurden nie beschafft. Ohne Vertrag also kein Ausbau der Produktionslinie. Wenn die deutsche Industrie nun liefern kann, ist dies der Bereitschaft von Ägypten zu verdanken, seine IRIS-T SL später zu beziehen. Eventuelle deutsche Systeme könnten sich dahinter in der Produktionslinie anstellen. Aber dafür müsste erst einmal die Spezifizierung der deutschen Wünsche im Rahmen einer Ausschreibung stehen. Und ein Vertrag unterzeichnet werden.

Erstmals setzt die Ukraine das deutsche Luftverteidigungssystem IRIS-T SL als Nutzer ein. Foto oben: BS/Diehl Defence; Foto unten: BS/Ministry of Defense of Ukraine

Super Leopard

Ein besonderes Augenmerk legt das Video – und damit auch das ukrainische Verteidigungsministerium – auf das Zeigen der Fähigkeiten des deutschen Kampfpanzers Leopard. Es ist allerdings auch das einzige Waffensystem, das bisher weder geliefert noch zugesagt wurde. Vielmehr betonten deutsche Politiker mehrfach, dass keine Leoparden an die Ukraine gehen sollen. Zur Begründung dient dabei einerseits der geringe Bestand entsprechender Kampfpanzer in der Bundeswehr und in Deutschland. Dabei werden durchaus Leopard exportiert, allerdings nicht in die Ukraine. Wie das Unternehmen Rheinmetall mitteilte, wurde es von der deutschen Regierung damit beauftragt, im Rahmen eines Ringtauschs Kampfpanzer und weiteres Gerät an Tschechien zu liefern. Die tschechischen Streitkräfte geben dafür ihrerseits militärische Ausrüstung zur Unterstützung an die Ukraine ab. Die entsprechenden Verträge wurden am 11. Oktober 2022 im Verteidigungsministerium in Prag unterschrieben. Hierdurch erhält Tschechien 14 Kampfpanzer Leopard 2 A4 sowie einen Bergepanzer Büffel. Das erste Fahrzeug soll noch im Dezember 2022 geliefert werden, die Auslieferung an Tschechien insgesamt bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Als zweiter Grund für das Nichtliefern von Leopard-Kampfpanzern wird öfter angegeben, dass moderne Technik nicht in russische Hände fallen und deshalb nicht geliefert werden dürfe. Andererseits gibt es kaum modernere Technik als jene, die noch nicht einmal in der Bundeswehr vorhanden ist – wie beispielsweise IRIS-T SL. Die Panzerhaubitze 2000 kann sich ebenfalls an Modernität mit dem Leopard 2 messen. Gleichzeitig ist allerdings zu erkennen, dass die demokratischen Staaten zwar sehr viel an die Ukraine liefern, nur keine Kampfpanzer westlicher Bauart. Weder die USA noch Großbritannien oder Frankreich haben ihre Systeme gespendet, außer ehemals sowjetischen Kampfpanzern ging nichts in die Ukraine. Deutschland ist also nicht alleine, allerdings als souveräner Staat doch für seine Handlungen alleine verantwortlich. Und dann wird es doch schwer für die deutsche Politik, einerseits gegen die Schweiz und ihre Exportvorschriften zu wettern und andererseits die angefragten deutschen Kampfpanzer nicht zu liefern. Schließlich kann deutsche Technik durchaus zu einem rascheren Sieg der Ukraine und somit weniger menschlichem Leid führen.

Erste Lieferung der polnischen K2-Kampfpanzer

Von der Stange in knapp drei Monaten

(BS/df) Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak twitterte: “Weitere Lieferungen von koreanischem Gerät sind auf dem Weg nach Polen. Die ersten zehn K2-Panzer werden bald die Ostflanke verstärken.” Damit erhält Polen gerade einmal zweieinhalb Monate nach dem Vertragsschluss die ersten südkoreanischen Systeme.

Möglich wurde dies, weil Polen die Kampfpanzer so kauft, wie sie sich aktuell in der Produktion für die südkoreanischen Streitkräfte befinden. Hierdurch ließ sich die Produktionslinie schnell umsteuern und die K2 mit polnischen Hoheitszeichen versehen.

Nationalisierung nach ersten Lieferungen

Insgesamt 180 dieser Kampfpanzer “von der Stange” sollen in den nächsten Monaten an Polen gehen. Parallel dazu werden Produktionsstätten in Polen aufgebaut, in denen dann die weiteren polnischen Versionen des Kampfpanzers gebaut werden. Aktuell ist die Beschaffung von insgesamt 820 K2PL geplant. Vor der aktuell stattfindenden Abgabe von 200 T-72-Kampfpanzern an die Ukraine verfügte Polen über vier Panzerbataillone mit T-72, vier Panzerbataillone mit Leopard 2 und fünf Panzerbataillone mit PT-91 Twardy (eine polnische Weiterentwicklung des T-72). Mit den zusätzlichen 366 Abrams-Panzern aus den USA – der Vertrag wurde Anfang April 2022 unterzeichnet, die ersten Kampfpanzer trafen am 22. Juli in Polen ein – sollen vier zusätzliche Panzerbataillone aufgestellt werden, während die 180 K2 vorerst als Ersatz für die abgegebenen T-72 dienen. Mit den K2, K2PL und Abrams käme Polen dann auf die stolze Zahl von mindestens 1.500 modernen Kampfpanzern, aufgeteilt in über 25 Panzerbataillone.

Lage in Deutschland

Zum Vergleich: Deutschland hat laut dem letzten Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft vom Dezember 2021 insgesamt 289 Leopard 2 in “sechs unterschiedlichen Typen, die es auf vier Varianten zu reduzieren gilt”. Von diesen 289 Panzern waren allerdings nur 183 einsatzbereit. “Im Berichtszeitraum war zunächst ein Einbruch des Verfügungsbestandes festzustellen, der sich aber inzwischen wieder fast auf dem Niveau des Berichtes I/2021 befindet. Insgesamt werden diese Auswirkungen (Verfügbarkeitsdelle) der unterschiedlichen Maßnahmen bis 2025 spürbar bleiben.” Und vom Main Ground Combat System (MGCS) ist wiederum noch nichts zu sehen.

MELDUNGEN Donate a Drone

(BS/df) Die Ukraine setzt auch bei der Finanzierung auf moderne Methoden. So initiierte der Präsident der Ukraine eine Crowdfunding-Plattform (https: //u24.gov.ua), wo Spender aus der ganzen Welt einfach via Kreditkarte, Überweisung oder Kryptowallet direkt ein Projekt unterstützen können. Eines dieser Projekte ist die Armee der Dronen. Hierzu schreibt die Crowdfunding-Plattform: “Um die ukrainische Armee zu stärken und Tausende von Leben unserer Verteidiger zu retten, starten der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte, das Ministerium für digitale Transformation und UNITED24 das Projekt Armee der Drohnen. Es handelt sich um ein komplexes Programm, das die Beschaffung von Drohnen, deren Wartung und Ersatz sowie die Ausbildung von Piloten umfasst. Eine Armee von Drohnen wird es uns ermöglichen, die 2.470 km lange Frontlinie ständig zu überwachen und wirksam auf feindliche Angriffe zu reagieren. Spenden Sie über UNITED24 auf das Konto des Verteidigungsministeriums und wir werden Drohnen kaufen. Oder schenken Sie uns sogar Ihre eigene Drohne! Dronate it!”

Unsichere Versorgung mit Starlink

(BS/df) Die Unsicherheiten um die Versorgung der ukrainischen Streitkräfte mit den für sie überlebenswichtigen Kommunikationsverbindungen gehen weiter. Ohne Starlink keine vernetzte Operationsführung, die Abhängigkeit von dem zivilen Anbieter ist zu groß. Gleichzeitig bewies der Inhaber von Starlink, Elon Musk, wie unsicher dies ist. Nachdem Starlink der Ukraine zuerst eine Chance ermöglichte, wurde diese Technologie gewissermaßen mit einem Federstreich wieder entzogen. Musk forderte eine in seinen Augen angemessene Bezahlung und schaltete Starlink sogar vorsichtshalber für die Krim ab, damit die Ukraine, sollte sie die Krim befreien, nicht darauf zugreifen könne. Nun wurde Starlink zwar – nach erneutem Gesinnungswechsel Musks – wieder für die Ukraine aktiviert, aber wie lange diese Gunst hält, das weiß vermutlich noch nicht einmal Musk selber.

Neuer ASCOD optionally manned

(BS/df) GDELS-Santa Bárbara Sistemas und SENER Aeroespacial zeigten auf dem Army 2E+I Forum einen ASCOD, der mittels Fahrassistenzsystem des ferngesteuerten und sogar autonomen Fahrens befähigt sein soll. Das Army 2E+I Forum ist eine der Möglichkeiten für die Industrie, ihre Fähigkeiten im Rahmen der Force-35-Initiative des Kommandos für logistische Unterstützung der spanischen Armee zu präsentieren. Die Vorführung des ASCOD als optional bemannte Plattform, in diesem Fall auf Gummiketten, erfolgte im Rahmen der dynamischen Demonstration, die am 10. Oktober auf dem Übungsplatz Los Alijares (Toledo) stattfand. Der ASCOD demonstrierte seine Fähigkeiten in einer Übung, die von der Spanischen Legion entworfen worden war: dem Schlagen einer Bresche in ein Minenfeld. Von einer sicheren und geschützten Position aus konnte die Besatzung das Fahrzeug steuern und in Position bringen. Das Risiko, dem die Besatzung in einer solchen Situation ausgesetzt ist, wird dadurch erheblich reduziert. Die Einheit für den ferngesteuerten und autonomen Betrieb kann als Nachrüstsatz bisher bemannte Plattformen in optional unbemannte Plattformen verwandeln. Die nun erfolgte Demonstration dieses neuen Systems bedeutet einen qualitativen Innovationssprung in Bezug auf militärische Mobilität, die über die reine Entwicklung und Herstellung von gepanzerten Fahrzeugen hinausgeht.

Rollout des ersten modernisierten CV90 der Niederlande

(BS/df) Der erste modernisierte CV90-Schützenpanzer für die niederländischen Streitkräfte wurde bei der Rollout-Zeremonie im BAE Systems HägglundsWerk in Schweden präsentiert. Die Teilnehmer sahen somit das erste Fahrzeug aus dem 500 Millionen Euro teuren Modernisierungsprogramm. Die niederländischen CV9035Fahrzeuge wurden mit mehreren verbesserten Fähigkeiten ausgestattet, darunter: Aktives Schutzsystem (APS), Panzerabwehrlenkwaffe (ATGM) sowie ein neues elektro-optisches Zielsystem (EOPS). Die Fahrzeuge verfügen außerdem über ein digitales Backbone der vierten Generation mit integrierter und robusterer Cyber-Sicherheit. Eine der wichtigsten Verbesserungen ist allerdings der von BAE Systems Hägglunds neu konstruierte CV90-Turm. Die Position der Hauptwaffe wurde geändert, was laut dem Hersteller zu einer besseren Fahrzeugbalance führt und neue Möglichkeiten sowohl für die Bewaffnung als auch für die Besatzung schafft. “Diese Markteinführung ist ein wichtiger Schritt im Rahmen der Modernisierung der Schützenpanzer der Royal Netherlands Army”, sagte Vizeadmiral Arie Jan de Waard, Nationaler Rüstungsdirektor und Direktor der Defence Materiel Organisation (DMO). “Die Modernisierung des CV90 führt zu einem hochmodernen Schützenpanzer, der mehr Schutz, einen neuen Turm, größere Feuerkraft und eine neue IT-Infrastruktur bietet. Das Fahrzeug verbessert die operative Effizienz der Besatzung, wenn sie sich neuen Bedrohungen gegenübersieht, und sorgt gleichzeitig für die Sicherheit unserer Infanterie.”

Unterwassersysteme zur Minenjagd

(BS/df) Polen hat weitere Double Eagle SAROV (Semi-Autonomous Remotely Operated Vehicle) – Unterwassersysteme zur Minenjagd – geordert. Diese sollen auf den drei neuen Minenjägern der Kormoran II-Klasse betrieben werden. Der Auftrag wurde mit dem polnischen Unternehmen Remontowa Shipbuilding S.A. unterzeichnet, das die zweite Serie der Kormoran-II-Klasse für die polnische Marine baut und mit dem Double Eagle SAROV ausrüsten wird. Die Double EagleFamilie besteht aus einer Reihe von Unterwasserfahrzeugen zur Minenjagd. Mit verschiedenen Konfigurationen und Nutzlasten gibt es Lösungen von der Suche über die Identifizierung bis hin zur Neutralisierung von Minen. Die Auslieferung der nun georderten Double Eagle ist zusammen mit der Lieferung neuer Schiffe an die polnische Marine für die Jahre 2026-2027 geplant.

PASSION.

Warum nicht das eigene Hobby zum Beruf machen? Bei future4public erzählen Menschen aus dem Öffentlichen Dienst, wie sie genau das gemacht haben. Die letzte Seite dieser Ausgabe ist gemeinsam mit dem Nachwuchs-Journal des Behörden Spiegel future4public entstanden. Weitere Portraits inkl. Videoeinblicke finden Sie in der Ausgabe “Vom Hobby zum Beruf“ auf www.f4p.online.

Wie weit kann ich kommen?

(BS/akh) Vom Hobby nicht nur zum Beruf, sondern auch zur Berufung – so beschreibt Jonathan Erdmann seinen Weg zum Spitzensportler. Als Viertklässler begann er, Volleyball zu spielen. Die Grundlagen erlernte er in der Halle, dann entdeckte er Beachvolleyball für sich. Unbedingt Profi werden, den Sport als einzigen Lebensmittelpunkt und alles andere hintanstellen – so hat Erdmann sich selbst nie gesehen. Und doch ist er Spitzensportler geworden. Das sei schleichend passiert, erklärt er. Gepackt vom sportlichen Ehrgeiz wollte er wissen: “Wie weit kann ich kommen?“ Dann kam eins zum anderen: die Trainings wurden intensiver, Turniere häufiger und Erdmann immer besser. Er reiste mehr, internationale Wettkämpfe kamen hinzu. Möglich gemacht hat das unter anderem die Bundeswehr. Durch ihre Förderung konnte Erdmann sich zu 100 Prozent auf den Sport konzentrieren. Im Oktober 2009 trat der gebürtige Potsdamer seine Grundausbildung an. Gemeinsam mit den Kameraden lag er in der Stellung, hielt Ausschau nach Feinden – man simulierte den Ernstfall. Eine sehr gute Zeit, wie er sagt. Herausfordernd, doch gemeinsam habe man vieles geschafft, was man vorher nicht für möglich gehalten habe. Seine Hauptaufgabe

Jonathan Erdmann Durch Beachvolleyball zur Bundeswehr: als Spitzensportler, Markenbotschafter, Trainer

Foto: BS/Bundesweh, Kerstin Brandt

lag auch als Soldat weiter beim Beachvolleyball. Erdmann wurde “Markenbotschafter”, repräsentierte die deutschen Farben bei internationalen Wettkämpfen, wurde Neunter bei den Olympischen Spielen 2012 und dritter bei der Weltmeisterschaft 2013. Auch zwei Deutsche Meistertitel gehören zu den wichtigsten Erfolgen in seiner Sportlerkarriere. Noch immer nimmt der 34-jährige an der Deutschen Tour inklusive Deutscher Meisterschaft im Beachvolleyball teil. Als Profi würde er sich selbst aber nicht mehr bezeichnen. Seit Kurzem lebt der Sportler mit seiner Frau und seinem Sohn in SchleswigHolstein. Sein Wissen über Sport gibt Oberbootsmann Erdmann an junge Rekruten weiter. Als Trainer KLF (Körperliche Leistungsfähigkeit) unterrichtet er an der Marineunteroffizierschule (MUS) Plön. “Der Beruf des Soldaten hat sehr viel auch mit körperlicher Leistungsfähigkeit zu tun und das versuchen wir den Rekruten in drei Monaten beizubringen und sie zu schulen.“ Ende letzten Jahres ging es für den Trainer zum ersten Mal in den Einsatz. An Bord eines der größten Marineschiffe, dem Einsatzgruppenversorger (EGV) “Bonn”, bot er einen Monat lang mehrmals täglich Sporteinheiten an und begleitete verletzte Kameraden beim Rehasport. “Das war eine unfassbar intensive, tolle Zeit mit den Kameraden an Bord”, schwärmt Erdmann. Die Arbeit auf dem Schiff ist für ihn zu einer Herzensangelegenheit geworden. Er freut sich, als Trainer einen Beitrag leisten zu können und plant bereits seinen nächsten Einsatz an Bord im kommenden Jahr.

Der Kampf in deinem Kopf

(BS/bhi) Sirko Abicht ist Tauchergruppenführer der Landesbereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt. “Manchmal”, berichtet der 44-Jährige, “wenn es ein Tauchgang mit null Sicht ist, wo die Temperatur mit zunehmender Tiefe immer geringer wird – und dann auch noch hinzukommt, dass wir eine vermisste Person suchen, dann kommt eine gewisse Kälte hoch.” Dieser Kälte müsse man mit positiven Gefühlen entgegentreten. “Denn dieser Kampf findet in deinem Kopf statt.” Zuerst arbeitete Abicht als Dachdecker. Aber die Zeitlisten seien utopisch gewesen, sagt er. Also bewarb er sich im Jahr 2002 bei der Polizei. Damals nahm diese nur einen von hundert Bewerbern. Abicht wurde angenommen. Statt Dachdeckermeister wurde er Polizeimeister. Er kam in die Hundertschaft. “Ich habe ganz normal meinen Dienst gestaltet”, sagt er. “Oder vielmehr: gestaltet bekommen.” Nach der Probezeit ging es zurück zur Schule, nach Aschersleben. Er stieg in den höheren Dienst auf und stieß zur technischen Einheit, in der er immer noch seinen Dienst vollzieht. Mit dem Tauchen begann er ein oder zwei Jahre nach seinem Eintritt in die Polizei. Bei einem Urlaub am Mittelmeer

Sirko Abicht Vom Dachdecker zur Polizei, von der Hundertschaft zum Tauchergruppenführer

Foto: BS/PI ZD Sachsen-Anhalt

war er zum ersten Mal unter Wasser. Es folgten Tauchgang um Tauchgang, Lehrgänge und Training. Bei seiner Arbeit sucht Abicht nach vermissten Gegenständen, Diebesgut und Beweismitteln – aber auch nach vermissten Personen. “Ich bin derjenige, der entscheidet, ob und wie wir einen Einsatz durchführen können”, beschreibt er seine Aufgaben als Tauchergruppenführer. Die Rettungskette müsse stehen. Je nach Tiefe und den Verhältnissen könne es ansonsten gefährlich werden, berichtet der Polizeitaucher. Wenn es nötig ist, geht der Tauchergruppenführer selbst mit hinunter. So wie bei diesem Übungseinsatz. Das Wasser schlägt über seinem Helm zusammen und er taucht in eine schummrige, grüne Welt. “Das Farbspektrum filtert sich mit zunehmender Tiefe raus”, erklärt der Taucher. “Rot verschwindet zuerst. Bei 30 bis 40 m bleibt nur noch blau und grün. Erst mit Taucherlampen kann man die wahre Schönheit da unten wieder zum Leuchten bringen.” Schlamm und Algen verzieren den Grund. Abicht gibt sich Mühe, den Boden nicht aufzuwühlen. Dann ertastet er etwas. In seiner Hand ist plötzlich ein schwarzes Handy. Unter Wasser formt er mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis: alles gut gegangen. Warum er das macht? “Die Notwendigkeit, die unsere Arbeit mit sich bringt, ist mitunter nicht schön”, sagt Abicht. “Aber wir bringen Klarheit. Es ist für jeden Hinterbliebenen einer vermissten Person allemal besser, zu wissen, dass es jetzt so ist, als weiter in der Luft zu hängen.”

Tonnenarbeiten auf der Ostsee

(BS/sr) Tonnenarbeiten, also die Wartung von schwimmenden Seezeichen, ist zwar eine häufige Aufgabe von Hannah Zakrzewicz, aber bei Weitem nicht die einzige, die sie und ihre Kollegen wahrnehmen, im Interview mit Bennet BiskupKlawon berichtet sie von ihren Aufgaben und ihrem Werdegang zur Schiffsmechanikerin. “Mein Vater hat mir mit sieben Jahren versucht, das Segeln beizubringen und seit ich zehn bin haben wir die Familienurlaube auf Wasser verbracht” erklärt die 21-Jährige ihre Begeisterung für die Schifffahrt und ihren Beruf. Eine Ausbildungsstelle zu finden, erwies sich gar nicht mal so leicht. Bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz war dann ihr Alter von 16 Jahren ein Problem. Denn der Jugendschutz sorgt dafür, dass die meisten Reedereien keine Minderjährigen einstellen, da sich die Arbeitszeiten und Dienstreisen nur selten mit dem Jugendschutz zusammenbringen ließen, berichtet Zakrzewicz. Über das Arbeitsamt erhielt sie jedoch den Kontakt zum Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) und konnte dort ihre Ausbildung beginnen. Bei so viel Zeit auf See stellt sich unwissenden Landratte die Frage, ob sie schon mal Angst hatte, dass ihr Boot sinkt. Zakrzewicz musste lange über diese Frage lachen. “Es ist selbstverständlich, dass ein Schiff schwimmt. Das ist in etwa so, als würde man beim Autofahren ständig Angst haben, dass einem die Achse wegbricht oder man das Lenkrad plötzlich in der Hand hält. Schon beim Schiffsbau gibt es zahlreiche Maßnahmen, die ein solches Ereignis verhindern sollen.” So etwa Doppelwände, die Bilge (den tiefsten Punkt eines Schiffes), in dem sich Wasser und andere Flüssigkeiten sammelten und die dann entweder von Bord oder in den sogenannten Slop-Tank gepumpt würden, erläutert sie einige der Gegenmaßnahmen. Zudem sorgen die Schiffsmechaniker durch ständige Kontrollen auch dafür, dass mit den Booten möglichst alles in Ordnung ist. Neben der Wartung der Reederei-eigenen Schiffe und der

Hannah Zakrzewicz “Für die Ausbildung zur Schiffsmechanikerin würde ich mich immer wieder entscheiden.”

Foto: WSA Ostsee

bereits angesprochenen Tonnenarbeit sind die Aufgaben die Zakrzewicz und ihre Kollegen erfüllen, breit gefächert: von Transportaufgaben bis hin zu schifffahrtspolizeilichen Aufgaben. “Man kann viel machen. Es ist zwar ein handwerklicher Beruf, der viel in die Technik des Maschinenwesens geht, aber auch in die Ladung und die Geräteführung; (…) aber man kann auch Nautik lernen”, schlüsselt sie die Aufgabenvielfalt auf. Neben ihrer Tätigkeit bei der WSA ist Zakrzewicz auch Reservistin für das Mehrzweckschiff Arkona, das unter anderem zur Schadstoffunfall-Bekämpfung zum Einsatz kommt. Noch hat sie keine Einsätze auf der Arkona absolviert, da diese glücklicherweise eher selten sind. An den regelmäßigen Übungen nimmt sie aber teil.

Schwerpunkt Multimedia

(BS/sp) Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) trägt seinen Namen nicht mehr lange. Ab 2023 wird es in Bundesamt für Logistik und Mobilität umbenannt (BALM). Der Öffentlichkeit den Namenswechsel nahezubringen, ist schwer genug, aber wie bringt man es den eigenen Mitarbeitenden beim BAG bei? Timo Tsangarakis ist verantwortlich für einen Videopodcast, der die Kommunikation zwischen Präsidenten und Mitarbeitenden herstellt und Fragen rund um die Umstrukturierung beantwortet. Was haben wir damit zu tun? Was müssen wir umstellen? Diese und weitere Fragen beantwortet der interne Videopodcast von Timo. Er ist dabei nicht nur für die inhaltliche, sondern auch für die technische Umsetzung zuständig. Dafür bereitet er die Drehorte vor, richtet Licht und Kamera ein und ist später für die Post Production zuständig. In vielen öffentlichen Ämtern werden für die Erstellung derartiger Imagevideos, egal ob für den internen oder externen Gebrauch, externe Dienstleister beauftragt. Die Stelle, die Timo mittlerweile bekleidet, war in der Form nicht ausgeschrieben: “Ich habe mich damals für den ITBereich beworben, weil es schon immer mein Hobby war. Ich bin mit Computern großgeworden und habe schon damals an ih-

Timo Tsangarakis Mit dem Vater getourt, in der IT beim BAG beworben und mittlerweile Multimedia-Talent.

Foto: BS/privat

nen rumgeschraubt”, erzählt er. Der Switch zum Schwerpunkt Multimedia ergab sich durch die Corona-Pandemie. Durch die Umstrukturierung von Pressekonferenzen und Meetings in den digitalen Raum entstand ein Bedarf, der anfangs nicht zu erfüllen war. Als Timo in den ersten virtuellen Treffen Vorschläge unterbreitete, wie man z.B. Pressekonferenzen im Haus sichtbar machen könne, war man begeistert von seinen Ideen: “Die Leute dachten sich, lasst den mal machen”, sagt Timo. Dann kamen immer mehr Aufträge, mit denen die meisten Mitarbeitenden überfordert waren: “Da habe ich meine Chance gesehen”, erklärt er lachend. Diese Technikaffinität kommt nicht von ungefähr. Durch seinen Vater, der als Musiker arbeitet, war er bereits als Kind viel mit ihm unterwegs und durfte seine ersten Erfahrungen mit technischen Produktionen machen: “Da habe ich schon ein bisschen am Mischpult rumgedreht und geschaut, wie das funktioniert”, erzählt er. Mittlerweile ist er mit seinem Vater in zwei Theatergruppen aktiv und dort verantwortlich für Sound und Licht. Wie ihm insgesamt der Wechsel von der IT zu Multimedia gefällt? “Es ist viel mehr Stress. Aber schöner Stress, der Spaß macht”, konstatiert Timo. “Das, was ich privat mache, mache ich jetzt auch beruflich und verliere auch den Spaß nicht daran”, so sein Resümee. Ob es noch etwas gibt, was ihm fehlt? “Würde ich jetzt am Ende des Tages noch eine Gitarre in der Hand halten, hätte ich zu 100 Prozent mein Hobby zum Beruf gemacht”, scherzt Timo.

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