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Nicht überall eigene Treibstofflager

Polizeien teilweise unzureichend auf Blackout vorbereitet

(BS/Marco Feldmann) Nicht alle deutschen Polizeibehörden sind gut auf einen möglichen Ausfall Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) vorbereitet. So gibt es nicht mehr bei allen Polizeibehörden eigene Treibstofflager. Die derzeitige Situation infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat aber oftmals einen Anpassungsprozess ausgelöst.

So verfügt die Polizei Bremen zwar über eine eigene Tankstelle (ebenso wie die Hamburger Polizei). Weitere Lager sind derzeit aber weder vorhanden noch in Planung. Auch eine Satellitenkommunikation sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen, heißt es. Bevorratungen befänden sich noch in der Prüfung. In Sachsen existiert ein polizeiliches Grundsatzdokument, in dem mögliche Szenarien und Handlungsfelder für einen Blackout beschrieben sind. Die Landespolizei betreibt auch eigene Lager, allerdings keines für Treibstoff. Zudem ist die Wiederinbetriebnahme einer Tankstelle vorgesehen. Eine Versorgung der polizeilichen Dienststellen mit Satellitentelefonen befindet sich im Freistaat derzeit in der Planungs- und Implementierungsphase. Weitere Details waren – ebenso wie in mehreren anderen Bundesländern, u. a. Hessen – mit Hinweis auf Geheimhaltungsvorschriften nicht zu erfahren. Auch in Niedersachsen gibt es derzeit keine Polizei-eigenen Treibstofflager. Allerdings werden in den Landeskraftfahrzugwerkstätten Kfz-Ersatzteile und Betriebsstoffe gelagert. Außerdem existieren Reserven für verschiedene Krisen- und Katastrophenfälle. Diese Reserven sollen insbesondere zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes dienen. Zu den zentral sowie dezentral im Land vorgehaltenen Gütern gehören u. a. Zelte, Feldbetten, Schlafsäcke und Notstromaggregate. Gleiches gelte für Munition, Schutzausstattung sowie die Ausstattung mit Digitalfunkgeräten, heißt es aus dem Hannoveraner Innenministerium. In Niedersachsen wird darüber hinaus im Laufe des kommenden Jahres mit der Betriebsbereitschaft der Infrastruktur eines redundanten Betriebs- und Notfallnetzes für Sprach- und Datenkommunikation via Satellit gerechnet.

Netzersatzanlagen in Baden-Württemberg

Über eigene Kraftstoffreserven verfügt die baden-württembergische Polizei. Außerdem gibt es dort Satellitentelefone an als besonders wichtig eingestuften polizeilichen Stellen. Wichtige Einrichtungen und Liegenschaften sind laut Innenministerium mit Netzersatzanlagen ausgestattet. Zudem können Dienstfahrzeuge je nach Bedarf als mobile Wachen genutzt werden. In Nordrhein-Westfalen wird der Ausbau der Notstromversorgung polizeilicher Einrichtungen weiter vorangetrieben. Zudem werden im bevölkerungsreichsten Bundesland weitere Tankkapazitäten geschaffen und die vorgehaltenen Treibstoffvorräte aufgestockt. Des Weiteren wurden – trotz mehrerer Rückfallebenen des Digitalfunks der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) – zusätzlich Satellitentelefone beschafft. Ziel ist es, die Kommunikationsfähigkeit in Krisensituationen weiter zu verbessern.

Keine gesonderte Bevorratung in Schleswig-Holstein

Seitens des sachsen-anhaltinischen Innenministeriums heißt es, dass die polizeilichen Liegenschaften grundsätzlich mit Notstromaggregaten oder Netzersatzanlagen abgesichert seien. Auch würden Kraftstoffe in ausreichender Menge von der Polizei selbst bevorratet. Eine solche gesonderte Bevorratung existiert in Schleswig-Holstein nicht. Begründet wird dies damit, dass das Land den Kreisen und kreisfreien Städten jeweils zwei Notstromaggregate zur Verfügung gestellt habe, die sich im Blackout-Fall für den Betrieb von Tankstellen nutzen ließen. Darüber hinaus erhält jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt vom Land eine große Netzersatzanlage, die koppelbar ist. Eine wesentliche Verstärkung der bereits existierenden Satellitenkommunikation ist im hohen Norden allerdings nicht vorgesehen. Bei der Berliner Polizei liegt eine einschlägige Rahmenkonzeption bereits vor. Sie orientiert sich an drei Szenarien (Verteuerung, Verknappung und partieller Ausfall der Energieversorgung). Bei der Behörde seien genügend Notstromaggregate vorhanden. Die konkrete Ausgestaltung von Alarmierungen einzelner Dienstkräfte in der Bundeshauptstadt obliege den einzelnen Dienstbereichen. Hierfür gebe es Alarmierungslisten. Weitere Möglichkeiten befänden sich derzeit in der Prüfung, heißt es. Gleiches gelte für abgestufte Maßnahmen zum Transport von Dienstkräften zur Dienststelle.

Acht eigene Tankstellen der Polizei Berlin

Im Gegensatz zu manch anderer Landespolizei verfügt die Polizei Berlin über eigene Tankstellen. Fünf können von Kraftfahrzeugen genutzt werden, drei von Wasserfahrzeugen. Ihr Betrieb sei über Notstromaggregate gewährleistet. Ein darüber hinausgehendes Treibstofflager existiert nicht. Gleichwohl finden Bevorratungen statt. Diese beträfen grundsätzlich “und in erster Linie die zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes erforderlichen Bereiche”, heißt es seitens der Polizei. Zu diesen Bereichen gehörten u. a. der Bürobetrieb, Bekleidung, Ausrüstung, Munition sowie Ersatzteile. Die Nutzung von Satellitenkommunikation innerhalb der Polizei ist momentan jedoch nicht geplant. Die Bundespolizei verfügt – zumindest an einigen Dienststellen der Bereitschaftspolizei – über eigene Tankstellen und weitere, zur Bewältigung eines Blackouts einschlägige Infrastruktur. Dies ist allerdings nach Angaben zuverlässiger Quellen nicht mehr flächendeckend der Fall. Oftmals gebe es deshalb auch Absprachen mit örtlichen Feuerwehren oder dem Technischen Hilfswerk für Unterstützungsleistungen im Ernstfall. Satellitenkommunikation ist derzeit nur sehr vereinzelt im Einsatz. Hier wird offenbar – eine offizielle Reaktion des Bundespolizeipräsidiums gab es bis Redaktionsschluss nicht – derzeit händeringend beschafft. In einigen anderen Bundesländern, wie z. B. Bayern und Hamburg, sind die Beratungen der Mitglieder speziell eingesetzter polizeilicher Arbeitsgruppen zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

Kolonnenschieber und Betrüger

Zoll ermittelt trotz struktureller Schwierigkeiten

(BS/bhi) Die Organisierte Kriminalität (OK) hat in den letzten Jahren zunehmend Schwarzarbeit und Sozialleistungsbetrug als Geschäftszweig entdeckt. Kriminelle diversifizieren und professionalisieren, während die Hauptzollämter (HZA) versuchen, nicht den Anschluss zu verlieren.

“Irgendwann haben wir in der Praxis festgestellt, dass es organisierte Tätergruppen in der Schwarzarbeit gibt”, berichtet der Leiter des Dortmunder Hauptzollamts (HZA). Für Jörg Helmig liegen die Gründe auf der Hand: “Da können sie enorme Gewinne machen.” Diese Täter seien “hochkriminalisiert und professionell”. In Anlehnung an den Begriff der “Organisierten Kriminalität” hat der Zoll intern für das Phänomen die Bezeichnung “Organisierte Formen der Schwarzarbeit” (OFS) gefunden. Leicht durchzuführen

Dahinter verbergen sich sogenannte Kettenbetrugsfälle. Diese kämen in zwei Formen vor, berichtet Reinhard Mayr, Ständiger Vertreter des Leiters des HZA Rosenheim. Auf der einen Seite steht der Abrechnungsbetrug. Eine Firma kauft von einer anderen Scheinrechnungen. “Das ist eine ganz einfache Methode, um viel Geld zu verdienen. Sie brauchen nichts als einen Computer, einen Drucker und ein bisschen Kreativität für das Firmenlogo, das Sie auf die Rechnung drucken”, erklärt Mayr. Die Scheinrechnung werde ordentlich verbucht und das Geld überwiesen. Dann träfen sich Rechnungssteller und Auftraggeber. Das Geld werde in bar zurückgegeben – abzüglich der Steuern und Abgaben, die der Scheinrechnungssteller als Provision behalte. Auf der anderen Seite gebe es den sogenannten “Kolonnenschieber”. Dieser Fall sei häufig im Baugewerbe, bei der Reinigung oder unter Eisenflechtern anzutreffen. Laut Mayr beschäftigt eine Kriminelle oder ein Krimineller dabei gleich mehrere Schwarzarbeiterinnen oder Schwarzarbeiter: die “Kolonne”. Diese würde an andere Firmen vermietet, inklusive Scheinrechnungen. Die gefälschten Rechnungen würden oft von mehreren Sub-Sub-Unternehmen geschrieben, sodass das ganze Geflecht äußerst schwer zu durchschauen sei. Ein zweites, sehr einträgliches Geschäft für die Kriminellen ist laut Helmig der Sozialleistungsbetrug. “Organisierte Tätergruppen holen gezielt ganze Familien aus Südosteuropa nach Deutschland”, berichtet der Dortmunder. “Sie werden hier mit Scheinarbeitsverträgen ausgestattet, sodass der Anschein entsteht, es habe schon eine sozialleistungspflichtige Anstellung stattgefunden. Die Anträge für Leistungen und Kindergeld sind perfekt ausgefüllt. Das Geld wird auf Scheinkonten überwiesen, wo die Täter es sofort abheben.” Die Familien würden zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht und zusätzlich für Schwarzarbeit missbraucht, um da auch noch Profit herauszuschlagen, so Helmig. “Die Täter professionalisieren sich in einer Geschwindigkeit, mit der wir nur sehr schwer mithalten können”, fasst der Dortmunder HZA-Leiter das Problem zusammen, vor dem der Zoll steht. “Wir müssen schneller werden bei der Bearbeitung von Verfahren”, sagt er. Die Bearbeitung der komplexen Verfahren in diesem Bereich dauere teilweise Jahre. Hinzu komme das Problem der Personalverteilung. Maximal 40 Prozent ihrer Beschäftigten sollen die Hauptzollämter per Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) für den Arbeitsbereich “Organisierte Formen der Schwarzarbeit” einsetzen. An Brennpunkten dürfen sie bis zu 50 Prozent einsetzen, dennoch herrscht laut Helmig Personalnot. Doch er und die anderen Hauptzollamtsleiter haben Vorschläge, wie die Arbeit verbessert werden könnte. Eine große Baustelle ist aus ihrer Sicht die Informationsgewinnung. Dabei geht es einerseits um die technische Ausstattung. Helmig wünscht sich u. a. Auswerterechner für Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) für sämtliche Einheiten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Außerdem braucht es seiner Ansicht nach eine Anbindung der FKS an die Informationssysteme der Polizei. “Aus meiner Sicht ein absolutes Muss, damit wir den Anschluss nicht verlieren”, sagt der Dortmunder.

Das Baugewerbe ist schwer von organisierter Schwarzarbeit betroffen. Teilweise beschäftigen “Kolonnenschieber” ganze Arbeitsgruppen von fünf bis zehn Mann, ohne Steuern und Sozialabgaben zu zahlen.

Foto: BS/Hands off my tags! Michael Gaida, pixabay.com

Gesetze anpassen

Doch die Gesetze, die die Ermittlungen des Zolls regeln, werden den realen Problemen in den Augen von Markus Tönsgerlemann nicht immer gerecht. “Wo will man hin mit der FKS?”, fragt der Leiter des HZA Frankfurt am Main. Seiner Ansicht nach sollte der Gesetzgeber den OFS-Begriff etwas weiter ziehen, um die OKStrukturen hinter der Schwarzarbeit nachhaltig zu zerschlagen. Zusätzlich müsse beim Datenschutz nachreguliert werden. Für den Zoll fehlten Aufgaben und Befugnisse zur Lagebilderstellung. Als Beispiel nennt er das Sozialgeheimnis. Demnach dürfen Sozialleistungsträger ihre Daten über Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger nicht an andere Behörden weitergeben. “Das ist ein Hindernis in der Zusammenarbeit mit anderen Behörden”, kritisiert Tönsgerlemann. “Hier wäre ein etwas pragmatischeres Vorgehen sinnvoll.”

Behörden Spiegel: Herr Kukuk, welche neuen Möglichkeiten bietet Breitbandkommunikation für die Sicherheitsbehörden?

Axel Kukuk: Durch den Einsatz Einsatz von sicherheitskritischen Breitbandapplikationen können die Einsatzkräfte der BOS erheblich bei der Lagebeurteilung und Lagebewältigung unterstützt werden. Denn die Breitbandkommunikation erleichtert die Übermittlung von Bildern und Videos. Das bringt den Einsatzkräften einen deutlichen Mehrwert, etwa bei der Suche nach Personen oder bei der Bewertung von Situationen. Fotos sind immer besser als Personenbeschreibungen, die sehr fehleranfällig sind. Gleichwohl wird die Sprachkommunikation über das sichere und hochverfügbare TETRA-Digitalfunknetz auch in Zukunft der entscheidende Faktor sein, um Einsätze erfolgreich zu bestreiten.

Behörden Spiegel: Wie könnte das Kommunikationsnetz der BOS von morgen, also in der Zukunft, aussehen?

Kukuk: Es wird auch in Zukunft verlässliche Sprachkommunikation benötigt. Hier haben wir in Deutschland und Europa mit dem TETRA-Standard einen Standard, der sich bewährt hat. Darüber hinaus sollten zusätzlich Breitbandnetze aufgebaut werden, um die Einsatzkraft der Beamtinnen und Beamten zusätzlich zu erhöhen und ihnen die Arbeit zu erleichtern. Das gilt auch außerhalb Deutschlands. In Zukunft braucht es also hybride Netze.

Die Zukunft ist hybrid

Erweiterung von TETRA-Digitalfunk um sicherheitskritische Breitbandapplikationen

(BS) In Breitbandlösungen liegt die Zukunft der Kommunikation für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Das TETRADigitalfunknetz wird dadurch allerdings keinesfalls obsolet. Vielmehr sind hybride Netze gefragt. Das findet auch Axel Kukuk. Die Fragen an Regional Vice President for Sales Central Europe, Nordics & Baltics bei Motorola Solutions stellte Behörden Spiegel-Redakteur Marco Feldmann.

Behörden Spiegel: Welche Lösungen gibt es hierzu derzeit auf dem Markt?

Kukuk: Es läuft bereits eine Reihe von Projekten, im Rahmen derer wir unseren Kunden Breitbandapplikationen und Videosicherheitslösungen liefern. Das reicht von festen Videoinstallationen über Bodycams bis hin zu mobilen Polizeiapplikationen, die heute schon bei über der Hälfte der Einsatzkräfte in Großbritannien im Einsatz sind. Neu im Portfolio ist eine mobile Applikation für das Einsatzfahrzeug auf Basis von Apple Car Play. Sie ermöglicht Beamtinnen und Beamten den direkten Zugriff auf einsatzkritische Daten über eine einzige, intuitive Schnittstelle im Auto. Diese Software wird heute schon von der Western Australia Police genutzt, die über 84.000 Vorfälle im Monat über die Software von Motorola Solutions abwickelt.

“Es wird auch in Zukunft verlässliche Sprachkommunikation benötigt.”

Axel Kukuk ist Regional Vice President for Sales Central Europe, Nordics & Baltics bei Motorola Solutions.

Foto: BS/Motorola Solutions

Behörden Spiegel: Welche Expertise hat Motorola Solutions im Bereich Breitbandapplikationen? Kukuk: Wir bei Motorola Solutions verfügen über langjährige Erfahrung bei der Bereitstellung sogenannter “Mission-critical”Lösungen. Dazu gehören neben Push-to-Talk-Anwendungen vor allem auch Push-to-Video- oder Push-to-Data-Anwendungen.

Behörden Spiegel: Herr Kukuk, welche Rolle spielen Standards für Ihr Unternehmen? Was halten Sie eigentlich von proprietären Lösungen? Sind die sinnvoll oder kontraprduktiv? Kukuk: Wir sind der festen Überzeugung, dass standardbasierte Lösungen besser geeignet sind, den Anforderungen der BOS zu genügen, da sie Wettbewerb schaffen und kontinuierliche Investitionen in Innovationen sicherstellen. Notwendige Schnittstellen und Standards werden von einem globalen Konsortium von Standardisierungsorganisationen im Bereich Telekommunikation (3GPP) definiert und zur Verfügung gestellt. Proprietäre Lösungen sind in diesem Bereich nicht zielführend.

Behörden Spiegel: Heute werden verstärkt moderne Videolösungen von den BOS-Einsatzkräften genutzt. Wie hat sich der Markt diesbezüglich zuletzt Ihrer Erfahrung nach entwickelt?

Kukuk: Der Videobereich ist für Motorola Solutions das derzeit am stärksten wachsende Segment. Bodycams sind für BOSEinsatzkräfte enorm wichtig und aus dem täglichen Einsatz unserer Sicherheitskräfte nicht mehr wegzudenken.

Behörden Spiegel: Die Kritische Infrastruktur (KRITIS) ist vermehrt in der Diskussion und zeigt ihre Verwundbarkeit. Welche Rolle spielen Cyber SecurityLösungen und wie müssen die Sicherheitsbehörden hier investieren?

Kukuk: Cyber Security ist ein unglaublich wichtiges Feld, das immer mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt. Die Zahl der Angriffe oder Angriffsversuche nimmt rasant zu. Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass Cyber Security nicht extra gedacht wird. Vielmehr kommt es darauf an, dass Cyber Security innerhalb einer Lösung von Anfang an mitgedacht wird. Ansonsten entfaltet sie keinen Mehrwert. Es bringt nichts, eine Lösung zu erwerben und dann Cyber Security auf diese aufsetzen zu wollen. Cyber Security muss im Produkt- und Lösungsverbund von Anfang an mitgedacht werden. Genau das machen wir bei Motorola Solutions mit dedizierten Teams und hunderten von Ingenieurinnen und Ingenieuren.

Behörden Spiegel: Herr Kopelke, Sie sind der neue Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Welche Punkte und Inhalte sind Ihnen in Ihrer Amtszeit besonders wichtig?

Jochen Kopelke: Da hat der jüngste Bundeskongress schon einiges vorgegeben. Das gilt etwa für Fragen der fairen Besoldung und Entlohnung sowie für gute Arbeitsbedingungen und eine effektive Digitalisierung der polizeilichen Arbeit. Diese Themen paare ich mit meinen Akzenten. Dazu gehören ebenfalls die Digitalisierung und die effiziente Datenerfassung. Außerdem geht es mir darum, wieder Attraktivität in die gewerkschaftlichen Spitzenpositionen sowie die Gremienarbeit zu bringen. Es geht darum, die Gewerkschaft der Polizei wieder praktisch, knackig und realistisch zu formen. Ich bin mir sicher, dass mir das gelingen wird.

Behörden Spiegel: Sie sind der jüngste Bundesvorsitzende in der GdP-Geschichte. Was bedeutet das für Sie und für die Gewerkschaft?

Kopelke: Nicht nur der Geschäftsführende Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei hat sich verändert und ist verjüngt. Auch viele Landesbezirke haben neue, jüngere Vorsitzende gewählt. Ich bin also nur ein Teil des Generationenwechsels. Im Bundesvorstand haben wir den Lebensalters- und den Erfahrungsschnitt so angepasst, dass wir modern aufgestellt sind, ohne an Erfahrung und Wissen einzubüßen.

Behörden Spiegel: Werden Sie die interne Kommunikation der Gewerkschaft verändern?

Kopelke: Kommunikation ist heute viel schneller und digitaler als früher. Außerdem läuft sie auch auf der persönlichen Ebene anders. Hier gibt es also zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen. Aber natürlich ist Gremienarbeit sehr wichtig, auch im Sinne der innergewerkschaftlichen Demokratie. Ich bin sehr gremientreu und halte viel von unseren innergewerkschaftlichen Entscheidungsprozessen. Das bringt starke Positionen zutage.

Mehr Attraktivität schaffen

GdP-Bundesvorsitzender Kopelke über seine Ziele

(BS) Mit gerade einmal 38 Jahren ist er der jüngste Bundesvorsitzende in der Geschichte der Gewerkschaft der Polizei. Im Interview mit dem Behörden Spiegel spricht Jochen Kopelke über seine wichtigsten Ziele – sowohl innerhalb der Gewerkschaft als auch im politischen Raum. Die Fragen stellten Uwe Proll und Marco Feldmann.

Behörden Spiegel: Dem neuen Geschäftsführenden Bundesvorstand gehören nicht mehr so viele Landesvorsitzende an wie früher. Welche Folgen hat das?

Kopelke: Das verstehe ich als Chance und nicht als Herausforderung für uns. Im neuen Geschäftsführenden Bundesvorstand setzen wir auf Fähigkeiten und Qualitäten, die der einzelne Mensch einbringen kann. Damit orientieren wir uns mehr an den Menschen und ihren Fähigkeiten und weniger an der Länge des Verbleibs in gewerkschaftlichen Führungspositionen.

Behörden Spiegel: Was bringt das?

Kopelke: Der neue Geschäftsführende Bundesvorstand ist weiblicher und jünger geworden. Außerdem verfügen seine Mitglieder wieder mehr über sehr vielfältige Kompetenzen, u. a. im IT-Bereich oder dem echten Polizeidienst. Wir haben hier eine sehr gute Mischung gefunden, die uns gut zu Gesicht steht und unseren Positionen Authentizität verleiht.

Behörden Spiegel: Was braucht es, damit die Polizei im Digitalisierungsprozess Schritt halten kann?

Kopelke: Die Gewerkschaft muss sich dieses Themas verstärkt annehmen. Hier setze ich große Hoffnungen in die Fähigkeiten der Mitglieder des neuen Geschäftsführenden Bundesvorstandes, um detaillierter Einfluss nehmen zu können. Denn es gilt viele Fragen zu beantworten. Dazu zählen etwa jene nach den Einflüssen der stärkeren Technisierung und Digitalisierung auf die Mitarbeitenden sowie auf die Organisation Polizei. Außerdem stellt sich die Frage nach den Potenzialen von Big Data und dem Zusammenschluss verschiedener Datenbanken für die Polizeibehörden. Einschlägige Projekte wie P20 sind gut, müssen aber an Geschwindigkeit gewinnen. Unsere Personalräte müssen an Projekten beteiligt sein und die Gewerkschaft der Polizei muss in den richtigen Momenten ansprechbar für den Ist-Stand und die Zukunftsvisionen sein.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke (l.), stellte sich den Fragen von Behörden Spiegel-Chefredakteur und -Herausgeber Uwe Proll. Screenshot: BS/Hilbricht

“Es geht darum, die Gewerkschaft der Polizei wieder praktisch, knackig und realistisch zu formen.”

Behörden Spiegel: Die Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten nimmt immer weiter zu. Was ist dagegen zu tun?

Kopelke: Die Dimension dieses Problems ist schockierend. Das zeigt das entsprechende Lagebild des Bundeskriminalamtes eindrücklich jedes Jahr aufs Neue. Inzwischen gibt es auch massive Übergriffe auf andere Berufsgruppen, wie etwa Mitarbeitende der Ordnungsdienste oder Busfahrerinnen und Busfahrer. Die Gesellschaft ist offenbar immer weniger in der Lage, zu diskutieren und zu argumentieren. Inzwischen fliegen viel schneller die Fäuste. Das muss sich wieder ändern.

Behörden Spiegel: Was muss unternommen werden?

Kopelke: Hier braucht es aus unserer Sicht u. a. den verstärkten Einsatz von Bodycams, auch im Kontext häuslicher Gewalt. Denn in solchen Fällen ist der Einsatz der Geräte bislang oftmals noch nicht statthaft. Hier müssen rechtliche Hürden abgebaut werden. Außerdem muss die Debattenkultur verbessert werden. Die Ausrüstung muss modernisiert werden und viel mehr professionelles Training im Berufsalltag muss möglich sein.

Behörden Spiegel: Droht ein “heißer Herbst”?

Kopelke: Die Corona-Pandemie hat zu einer gesellschaftlichen Spaltung und einer stärkeren Konfrontation beigetragen. Inzwischen werden Versammlungen immer kurzfristiger angemeldet. Außerdem sind die Anmeldenden oftmals nicht mehr so kooperativ wie früher. Wenn es nicht mehr gelingt, Kooperationsgespräche zwischen Versammlungsleitung und Polizei zu führen, ist die Gefahr hoch, dass Versammlungslagen und damit dann auch polizeiliche Einsätze eskalieren. Denn wir stellen auch fest, dass das Gewaltpotenzial zunimmt. Hier ist die Bundesregierung gefordert, den möglicherweise “heißen Herbst” bereits im Vorfeld abzukühlen. Ängste der Bevölkerung müssen durch klare soziale Politik genommen werden.

Behörden Spiegel: Sind die Polizeien ausreichend auf eventuelle Mangellagen vorbereitet, etwa in Bezug auf die Versorgung mit Treibstoff oder Gas?

Kopelke: Nein, die Polizeien sind hier nicht ausreichend vorbereitet. Wir brauchen unbedingt wieder eigene Lager der Polizei, z. B. für Kraftstoff. Es müssen wieder Vorräte aufgebaut und Planungen auf weitere Sicht betrieben werden. Denn anderenfalls kann nur sehr schwer oder gar nicht auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagiert werden. Outsourcing-Prozesse müssen zurückgenommen werden. Außerdem braucht es mehr mobile Lösungen, etwa mit Blick auf Polizeiwachen oder Satellitenstationen. Wir brauchen mehr gebündelte Krisenkompetenzen der verschiedenen BOS-Sparten und mehr Training und Vollübungen im Alltag.

Behörden Spiegel: Sie fordern die freie Heilfürsorge für Polizistinnen und Polizisten bundesweit. Wie soll das gelingen und was soll das bringen?

Kopelke: Die freie Heilfürsorge ist für Bewerberinnen und Bewerber für den Polizeiberuf von entscheidender Bedeutung. Denn sie bedeutet auch einen monetären Vorteil, da sich die Beamtinnen und Beamten bei der freien Heilfürsorge nicht selbst versichern müssen. Zudem ist die freie Heilfürsorge Ausdruck der besonderen Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die zu den althergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt. Polizistinnen und Polizisten haben Anspruch auf den höchsten medizinischen Standard und gute psychologische Hilfe. Diesen Standard für Polizeibeschäftigte wollen wir wieder überall sehen und spüren.

Behörden Spiegel: Sie wollen wieder mehr Bundeseinheitlichkeit im Polizeibereich. Wie soll das gelingen? Denn Polizei ist nun einmal Ländersache.

Kopelke: Es braucht bei der Besoldung, im Zulagenwesen und bei den Einstiegsvoraussetzungen mehr Bundeseinheitlichkeit. Gleiches gilt für die rechtlichen Grundlagen, etwa im Versammlungsrecht. Denn ansonsten werden Verbundeinsätze immer weiter erschwert. Außerdem besteht dann die große Gefahr, dass die Polizeien sich Bewerberinnen und Bewerber gegenseitig abwerben und wegnehmen.

Das komplette Interview findet sich hier.

Die europäischen BOS-NetzBetreiber treffen sich regelmäßig, um über den Stand ihrer Projekte zu berichten und Erfahrungen auszutauschen. Eine davon ist, dass es der überwiegenden Mehrheit nicht gelungen ist, von ihren Regulierungsbehörden ausreichende und brauchbare Frequenzen für die geplanten Dienste zu erhalten. So versucht man durchgehend, sich über komplexe und langjährige Verträge mit den nationalen Betreibern die gewünschten Dienste einzukaufen. Einig sind sich die BOS, dass sie dabei auf keinerlei Funktionalitäten aus der TETRA- beziehungsweise Tetrapol-Welt verzichten wollen. Gemeinsam ist den Europäern auch das Bestreben, zumindest ein eigenes dezidiertes Kernnetz für das Management von (Vor-)Rechten und Teilnehmern zu etablieren.

Unterschiedliche Geschwindigkeiten

Finnland hat hier schon fast traditionsgemäß einen zeitlichen Vorsprung: Notwendige Gesetzesänderungen wurden verabschiedet, die Verträge mit den skandinavischen Betreibern sind abgeschlossen und der Aufbau des breitbandigen BOS-Netzes ist in vollem Gange. Das kleine Belgien verfügt bereits seit einigen Jahren über breitbandige Dienste für ausgewählte BOS. Seit Dezember letzten Jahres bestimmt nun ein königliches Dekret, dass die drei kommerziellen Betreiber den BOS Sonderrechte und nationales Roaming einräumen müssen. Auf dieser Basis will das belgische Astrid bis 2026 mit einem landesweiten BOS-Breitbandnetz in den Wirkbetrieb gehen. Frankreich hat eine entsprechende Ausschreibung erfolgreich abgeschlossen und Mitte Oktober den Projektstart für sein hybrides Radionetz der Zukunft (“Reseau Radio du Futur”) verkündet, das dezidierte Teile mit den Diensten kommerzieller Betreiber kombinieren wird. Rund 700 Millionen Euro sind für das Netz vorgesehen, das rund 400.000 Einsatzkräften dienen soll. Andere Länder, wie zum Beispiel Spanien und Deutschland, sind noch in der Konzeptions- und Planungsphase. Dass die Einführung spezieller landesweiter Breitband-Dienste für BOS selbst bei Nutzung kommerzieller Betreiber eine organisatorische, technische und auch finanzielle Herausforderung bleibt, führt ausgerechnet das Vereinigte Königreich vor, das mit seinem Emergency Services Network (ESN) eigentlich vor allen anderen Ländern schon 2016 in den Wirkbetrieb gehen wollte. Das Vorhaben verstrickte sich in der Komplexität der Migration. Das Projekt ist bis heute nicht abgeschlossen und der Airwave-Vertrag für das alte TETRA-Sprechfunknetz wurde bereits mehrfach verlängert. Es war ein Verdienst der diesjährigen Critical Communications World (CCWorld) in Wien, neben den Europäern auch BOS-Netzbetreibern aus anderen Weltgegenden eine Bühne zu geben. Aus Südkorea war Dongchan Kim angereist, Vizepräsident und technischer Direktor des dortigen BOS-Funkbetreibers SafeNet. Dabei handelt es sich um ein landesweit einheitliches Netz für alle BOS, das unterschiedliche Kommunikations- und Notrufkanäle und Dienste integriert. Wie so oft gab auch hier eine Katastrophe den Anstoß für Finanzierung und Aufbau der Infrastruktur: 2014 sank die überladene Fähre Sewol vor der Küste. Über 300 Menschen, darunter viele Jugendliche, starben. Besatzung und Kommunikationsmittel hatten versagt. Das gab den Ausschlag für die Entscheidung, im Ministerium für Inneres und Sicherheit SafeNet als “Katastrophen- und Sicherheitskommunikationsnetz” zu etablieren. Das SafeNet Forum, eine Stiftung, in der sowohl Behörden als auch Wissenschaft und Industrie organisiert sind, fungiert demgegenüber als “Stakeholder”-Vertretung, die Anforderungen und Standards vorgibt. Nach drei Jahren Pilotphase ging das koreanische SafeNet 2018 mit noch eingeschränkten BOS-Funktionen auf LTE-Basis in einigen Regionen in Betrieb. Seitdem wird es ständig ausgebaut, Infrastruktur und Dienstleistungen werden auf Basis von 3GGP-Standards weiterentwickelt, auch Richtung 5G. Derzeit bedient es rund 180.000 Terminals in 339 Behörden und Organisationen. Eine Erweiterung auf 240.000 Nutzerinnen und Nutzer ist vorgesehen. Dabei bieten die endlos lange Küste und die vielen Inseln etliche topologische Herausforderungen, die u. a. schiffsbasierte Basisstationen erforderlich machen. Hier wird eMBMS beziehungsweise LTE Broadcast erfolgreich eingesetzt.

BOS weltweit

Viele Wege führen ins Breitband

(BS/Dr. Barbara Held) International erwarten die Einsatzkräfte der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zeitgemäße Kommunikationsmittel zur Unterstützung ihrer Arbeit. Die zuständigen Betreiber der nationalen BOS-Digitalfunknetze streben allesamt die flächendeckende Implementierung von Breitbanddiensten an. Wege und Geschwindigkeit unterscheiden sich allerdings erheblich.

Public Privat Partnership in den USA

Das Erfolgsmodell des amerikanischen BOS-Breitbandfunks erklärte die kommissarische Direktorin der FirstNet-Behörde Lisa Casias. Anders als die meisten vergleichbaren Projekte weltweit verfügt FirstNet über zwei Mal zehn MHz dedizierte Frequenzen im 700-MHz-Bereich. Unter dem Eindruck der Attentate von 9/11 hatte der Kongress der Etablierung der FirstNet-Behörde im Geschäftsbereich des Wirtschaftsministeriums zugestimmt und diese mit landesweitem Spektrum sowie einer Anschubfinanzierung von sieben Milliarden Dollar ausgestattet. 2017 schloss die FirstNet-Behörde einen Partnerschaftsvertrag über 25 Jahre Laufzeit mit dem nationalen Betreiber AT&T. Der Konzern erhielt Geld und die Frequenzen. Im Gegenzug verpflichtete er sich, die FirstNet-Infrastruktur inklusive eines eigenen Kernnetzes sowie des Teilnehmer- und Endgerätemanagements aufzubauen, zu betreiben und weiterzuentwickeln. Darüber hinaus muss er jährlich Millionensummen aus seinen Gewinnen an FirstNet abführen. Die Behörde ihrerseits koordiniert die Zusammenarbeit mit den Bundesstaaten und der Regierung in Washington. Sie organisiert das Anforderungsmanagement mit den BOS und steuert die strategische Ausrichtung von FirstNet inklusive Finanzierung. Fünf Jahre nach Vertragszeichnung hat AT&T alle 50 Bundesstaaten an FirstNet angebunden. 95 Prozent der vertraglich zugesicherten Abdeckung sind erreicht. Mehr als 25.000 BOS gehören landesweit zu den Abonnenten. Den BOS stehen eine reichhaltige Auswahl an Endgeräten, Accessoires und zunehmend mehr Apps zur Verfügung. Darüber hinaus profitieren die FirstNet-Kunden davon, dass sie zusätzlich zu ihrem dedizierten Spektrum auch die nationalen AT&T-Frequenzen im 700-MHzBereich nutzen können. Mit dem wachsenden Ausbau von 5G wird AT&T auch dieses Spektrum FirstNet zur Verfügung stellen. BOS-Funk zwischen “Grassroot” und Investmentkapital

Kein Zufall war es, dass Kanada einen Berater auf das Podium schickte: Philip Crnko von der Firma Black Castle Networks berät den Halton Regional Police Service, das heißt die Polizei einer prosperierenden Gemeinde im Bundesstaat Ontario. Die kanadische Topologie zwischen dichtbevölkerten Metropolen, entlegenen Ortschaften und riesigen unbewohnten Territorien führt schon normal zu extrem hohen Telefonkosten. Erst recht teuer wird ein resilientes BOS-Netz. Erschwerend kommt hinzu, dass es in Kanada keine kommerziellen Betreiber von landesweiten Netzen gibt, sondern eher ein “Patchwork” von Netzen. Zusammen mit der benachbarten Gemeinde Peel habe Halton die Public Safety Broadband Network Innovation Alliance (PIA) als eine Art “Grassroots”-Bewegung gegründet, berichtet Crnko. Nach drei Aufbaujahren betreibt PIA mit 25 Basis-Stationen das erste BOS-Breitbandnetz Kanadas, das ein Gebiet mit rund 2,5 Millionen Einwohnern abdeckt: “Ein Riesenerfolg!” Zu der rasant wachsenden Zahl der Mitglieder gehören nicht nur BOS und Verwaltungsinstitutionen, sondern auch Betreiber Kritischer Infrastrukturen (KRITIS). Hinzu kommen als “beratende Mitglieder” kommerzielle Netz-Betreiber, Industrie und Dienstleister.

Denn die Polizeien seien hier mit immer komplexeren und arbeitsintensiveren Sachverhalten konfrontiert, berichtete Florian Westrich, stellvertretender Abteilungsleiter für phänomenübergreifende Analyse im Landeskriminalamt (LKA) RheinlandPfalz. So gebe es Fälle, in denen bei einer Serverüberwachung fast zwei Millionen E-Mails gesichert worden seien. Außerdem hätten Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) stattgefunden, bei denen bis zu 120.000 Kommunikationsverbindungen hätten ausgewertet werden müssen. Und beim Ausheben eines Darknet-Rechenzentrums habe man zwei Millionen Gigabyte an Datenmengen festgestellt. Das sei händisch nicht mehr zu bewältigen. Hier brauche es technische Unterstützung, auch durch Künstliche Intelligenz (KI), so Westrich auf dem Digitalen Polizeitag des Behörden Spiegel.

Darüber hinaus machte er darauf aufmerksam, dass im Digitalen den Polizeibehörden deutlicher weniger Straftaten überhaupt bekannt würden als im analogen Raum. Im Digitalen blieben pro angezeigtem Fall 135 andere unentdeckt. Im Realen betrage dieses Verhältnis nur eins zu 15. Auch sei die Aufklärungsquote im digitalen Raum deutlich niedriger (30 Prozent, während es im realen Leben 60 Prozent seien). Gewaltmonopol stärker durchsetzen

Über diese Probleme könne auch die positive Entwicklung der Fallzahlen in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) nicht hinwegtäuschen. Denn es gebe kein höheres Hellfeld bei Straftaten. Ganz im Gegenteil: Es sei davon auszugehen, dass sich Delikte hier vermehrt in das Dunkelfeld verschöben. Um das künftig zu verhindern, müssten die Polizeien agiler und schneller werden. Zudem bräuchten sie dringend das Instrument der Vorratsdatenspeicherung. Der derzeit diskutierte Ansatz des “Quick Freeze” reiche nicht aus, betonte Westrich. Auch Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger, Leiter des Instituts für Cyber-Kriminologie an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg, sieht Schwierigkeiten im Digitalen für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Dieser Bereich werde noch zu sehr als ausschließlicher Einsatz- und Ermittlungsraum der Kriminalpolizei und nicht der Schutzpolizei angesehen. Zudem werde dort das staatliche Gewaltmonopol derzeit kaum zur Anwendung gebracht. Das zeige sich an den wenigen Anzeigen, die dort oder aufgrund dort begangener Straftaten erstattet würden. Diese Zurückhaltung berge die Gefahr, dass der digitale Raum zugleich als rechtsfreie Zone betrachtet werde, warnte der Wissenschaftler. Hinzu komme, so Rüdiger, dass die Polizeien – anders als in den Niederlanden – selbst kaum im digitalen Raum präsent seien. Hier sei eindeutig eine eingeschränkte Kommunikations- und Ansprechbarkeit festzustellen. Zudem seien die vorhandenen Angebote kaum kind- und jugendgerecht aufgebaut. Dies sei aber sehr wichtig. Denn Kriminalprävention sei auch durch eine starke polizeiliche Präsenz im Netz zu erreichen, meint der Forscher.

Digitalisierung hat auch Schattenseiten

Probleme mit der der polizeilichen Strafverfolgung im digitalen Raum

(BS/Marco Feldmann) Kriminalität verlagert sich zunehmend ins Digitale. Das gilt ganz besonders für Wirtschaftsstraftaten, die zunehmend internationalisiert begangen werden. Dieser Prozess wird durch die fortschreitende Digitalisierung verstärkt und erschwert die Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung.

Florian Westrich, stellvertretender Abteilungsleiter im Mainzer Landeskriminalamt (LKA), sieht erhebliche Probleme bei der polizeilichen Kriminalitätsbekämpfung im digitalen Raum. Manuel Höferlin, Innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, lobte den derzeit diskutierten Ansatz des “Quick Freeze”. Sieht Digitalisierung als “Treiber von Innovation”: Berlins Innenstaatssekretär Torsten Akmann.

Screenshots: BS/Feldmann

Datenschutz muss gewahrt werden

Dabei müsse allerdings der Datenschutz beachtet und eingehalten werden, verlangte Dr. Vyacheslav Bortnikov vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Er unterstrich, dass der Datenschutz die polizeiliche Digitalisierung keineswegs aufhalten wolle. Eine nachhaltige Digitalisierung sei aber nur im Einklang mit den einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen möglich. Wichtig seien in diesem Zusammenhang die frühzeitige Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorgaben sowie die Einbeziehung der Datenschutzaufsichtsbehörden. Des Weiteren brauche es grundsätzlich hinreichend bestimmte und klare Rechtsgrundlagen. Und: Die Datenschutzgrundsätze, zu denen u. a. jene der Zweckbindung sowie der Datenminimierung zählten, müssten eingehalten werden. Aus diesem Grunde sei KI-Einsatz durch Polizeien zwar nicht unmöglich, aber datenschutzrechtlich immer genauestens zu prüfen. Hier verwies Bortnikov auf eine noch in diesem Jahr anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe zu einem Datenabgleichsparagrafen (Paragraf 25) im Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG). Das Verfahren könnte — je nach Ausgang — massive Auswirkungen auf die polizeiliche Praxis haben.

Bund sollte teilweise übernehmen

Welche Folgen der aktuell diskutierte Ansatz des “Quick Freeze” anstelle der Vorratsdatenspeicherung haben wird, bleibt abzuwarten. Diese Idee bringe aber mehr als der Status quo und die Vorratsdatenspeicherung, die schon mehrfach gescheitert sei, findet der Innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Manuel Höferlin. Westrich sieht das anders. Die geplante Speicherfrist von vier Wochen reiche nicht aus, da Delikte im digitalen Raum später bekannt würden als in der realen Welt. Höferlin ist außerdem der Meinung, dass Cyber Crime-Fälle ab einem bestimmten Schweregrad – etwa bei Angriffen auf Kritische Infrastrukturen (KRITIS) – auf Bundesebene bearbeitet und verfolgt werden sollten. Das Nationale Cyber-Abwehrzentrum in seiner jetzigen Form hält der Abgeordnete zudem für unzureichend. Denn aus seiner Sicht müsse die Digitalisierung der Polizei ihr mehr Handlungsfähigkeit und Effizienz bringen. Ähnlich äußerte sich der Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport, Torsten Akmann. Er unterstrich: “Digitalisierung ist der Treiber von Innovation.” Zugleich eröffne sie aber auch neue Kriminalitätsformen, auf deren Bekämpfung sich die BOS einstellen müssten. Bewältigt werden könne die fortschreitende polizeiliche Digitalisierung nur gemeinsam. Einzel- und Länderegoismen seien fehl am Platze. Viel wichtiger sei es, dass die angebotenen Lösungen und Anwendungen von den Beamtinnen und Beamten vor Ort akzeptiert und als einsatzfähig angesehen würden. Hilfreich und sinnvoll wäre des Weiteren ein eigenes BOS-Breitbandnetz mit einem ausreichenden Frequenzspektrum, so Akmann, der außerdem Aufenthaltsverbote für Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten ankündigte. Kommunikation von entscheidender Bedeutung

Der Forderung nach einem eigenen BOS-Breitbandnetz schloss sich der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, an. Schließlich sei “Kommunikation das A und O für die Polizei”. Deshalb brauche es zudem einen bundesweit einheitlichen polizeilichen Messenger. Aus seiner Sicht muss künftige Informations- und Kommunikationstechnik der Polizeibehörden einfach und benutzerfreundlich gestaltet sein. Wichtig seien auch Medienbruchfreiheit sowie eine ständige Anpassung der Technik an die technologische Entwicklung. All dies sei momentan nicht oder kaum gegeben. In Zukunft muss laut Kopelke gelten: “Der Mensch gehört in den Mittelpunkt der Digitalisierung bei der Polizei.” Dazu müssten Nutzerinnen und Nutzer deutlich mehr eingebunden werden. Des Weiteren brauche es dringend gemeinsame Standards und effektive mobile Lösungen – sowohl hinsichtlich der Hard- als auch der Software. KI könne die Arbeit der Beamtinnen und Beamten nur ergänzen, keinesfalls ersetzen, meint Kopelke. Und der Gewerkschaftschef hat noch zwei Anliegen: Zum einen müssten die BOS unbedingt selbst die Hoheit über ihre Daten besitzen. Zum anderen sollten die datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Deutschland harmonisiert werden. Denn unterschiedliche rechtliche Regelungen würden die polizeiliche Arbeit in diesem Bereich behindern.

Behörden Spiegel: Herr Schöppl, in der Schweiz gehören mehr als 80 Prozent der Kantons- und Stadtpolizeien zu Ihren Kunden. Was bieten Sie ihnen an?

Albert Schöppl: In der Schweiz liefern wir Vorgangs- und Fallbearbeitungssysteme sowie Einsatzleitsysteme für Polizeien und für das Militär an. Die Basis ist unsere Lösung myABI sowie unser Einsatzleitsystem PELIX© zum Beispiel bei der Polizei Basel-Land, der Stadtpolizei Luzern und der Kantonspolizei Graubünden. Teilweise werden unsere Lösungen in der Schweiz auch von Feuerwehren und Rettungsdiensten genutzt. Außerdem unterstützen wir unsere dortigen Kunden durch Beratung in der Frage, wie sie ihre Prozesse durch Digitalisierung und Prozessoptimierung verbessern können. Hier pflegen wir mit den Organisationen schon seit Jahren eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Behörden Spiegel: In Deutschland haben Sie kürzlich den Zuschlag für das Einsatzleitsystem der Polizei Sachsen erhalten. Was haben Sie hier im Angebot?

Schöppl: In Sachsen haben wir den Zuschlag für ein Workflowbasiertes Einsatzleitsystem erhalten, das stark auf logistischen Prinzipien aufbaut. PELIX© wird dabei erweitert um Komponenten aus unserer Lösung für Vorgangs- und Fallbearbeitung myABI sowie aus mLogistics®, unserer Fieldservice-Management-Lösung für die Industrie. Besonders diese wird durch die Kundenanforderungen mit hohem Tempo ständig innovativ weiterentwickelt. Hiervon kommt nun ein interessanter Teil an Funktionen der Polizei zugute. Das geht deshalb, weil alle unsere Lösungen auf einer einheitlichen Technologie aufsetzen und die meisten Bausteine beliebig kombinierbar sind.

Komplett webfähig

BOS-Lösungen eines Schweizer Marktführers auch in Deutschland

(BS) Anwendungen des Unternehmens LogObject sind inzwischen nicht mehr nur in der Schweiz im Einsatz. Auch deutsche Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) nutzen sie demnächst. Darüber sprach Behörden Spiegel-Redakteur Marco Feldmann mit Albert Schöppl, Vertriebsleiter und Management-Berater bei der LogObject-Gruppe.

“Alle unsere Lösungen basieren auf einer einheitlichen technologischen Plattform.“

Albert Schöppl ist Vertriebsleiter und Management-Berater bei der LogOb-

ject-Gruppe. Foto: BS/LogObject AG

Behörden Spiegel: Was ist das Besondere in Sachsen?

Schöppl: In Sachsen geht es insbesondere um die intelligente Kombination aktiver und reaktiver Aktivitäten, eine Integration ins Geoinformationssystem von ESRI, das in Sachsen Standard ist, sowie um eine ganze Reihe funktionaler Erweiterungen, um die hohen Ansprüche der Landespolizei zu erfüllen. Behörden Spiegel: Die Lösung im Freistaat gilt als komplett webfähig. Was bedeutet das? Behörden Spiegel: Und wie steht es um eine mobile Anwendung?

Schöppl: Die Lösung ist komplett webfähig und arbeitet auf Basis von HTML5. Das heißt, dass die Anwendenden nur einen der Standard-Browser benötigen, um auf 100 Prozent der Funktionen zuzugreifen. Es ist also keinerlei Client-Installation notwendig. Das macht das Ausrollen der Lösung, aber auch die Sicherheitsaspekte entsprechend einfach. Gleichzeitig können wir damit auch die Standard-Funktionen, die die Browser bereits mitbringen, den Userinnen und Usern zukommen lassen. Als Beispiel ist hier die FensterAufteilung zu nennen, die die neue Version von Google Chrome bietet. Das ist auch mit Blick auf die Usability sehr hilfreich. Schöppl: Unsere mobile Anwendung ist eine native App, die auf beliebigen Geräten und Betriebssystemen läuft. Damit können wir Daten zwischenspeichern beziehungsweise cachen und so eine Offline-Fähigkeit unterstützen. Das geht einfach technisch mit HTML5 derzeit noch nicht, da man damit noch nicht zwischenspeichern kann.

Behörden Spiegel: Ihre Lösungen gelten als sehr stark modularisiert und flexibel. Welche Vorteile hat das für Ihre Kundinnen und Kunden?

Schöppl: Alle unsere Lösungen basieren auf einer einheitlichen technologischen Plattform. Sie wurden von jeher stark modularisiert entwickelt. So können einzelne Teile der Produkte mit relativ geringem Aufwand untereinander getauscht werden. Das bietet unseren Kundinnen und Kunden extrem gute Gestaltungsmöglichkeiten. Seit einigen Jahren gehen wir zusätzlich in Richtung Micro Services-Entwicklung und Containerisierung, was in der Industrie zunehmend Standard wird. Damit werden die Lösungen noch flexibler.

Behörden Spiegel: Was ist noch speziell?

Schöppl: Des Weiteren können im Customization-Layer des Produktes durch den Kunden selbstständig viele Anpassungen einfach und ohne Codierung vorgenommen sowie Workflows und Formulare flexibel angepasst werden. Wir trainieren während der Implementierungsphase Administratoren der Kundinnen und Kunden darin, wo und wie solche Anpassungen möglich sind. So können die Anwendenden sehr viel Dynamik in die Anwendungen bringen. Trotzdem bleibt die Software-Releasefähigkeit erhalten und kann als Standardprodukt weiter gepflegt werden. Wir bieten also unseren Kundinnen und Kunden viele Individualisierungsmöglichkeiten. Behörden Spiegel: Was ist denn das Besondere an den Lösungen und Angeboten Ihrer Firma LogObject?

Schöppl: Unsere Lösungen sind nicht nur technologisch innovativ und gehen immer mit der Zeit, sondern sind auch besonders performant und sehr robust, also ausfallsicher. Die meisten unserer Anwendenden hatten seit vielen Jahren keinen ungeplanten Produktionsstopp. Die Kundinnen und Kunden schätzen unsere zusätzliche Beratung bei Digitalisierung und Prozess-Optimierung und unsere agile Implementierungsmethode. Die ermöglichen letztlich nicht nur eine besser maßgeschneiderte Lösung, sondern meist auch einen schnelleren Produktionsstart.

Behörden Spiegel: Herr Schöppl, welche Rolle spielen eigentlich Geoinformationssysteme (GIS) bei den Lösungen von LogObject?

Schöppl: Sie spielen eine große Rolle. Zum einen haben wir eine eigene GIS-Lösung in unseren Produkten, die auf Open Source basiert beziehungsweise auf Geodaten von Teleatlas. Diese erlauben sehr performantes Routing, Wegezeitberechnungen usw. Aufgrund der erweiterten Ansprüche unserer BOS-Kunden an die GISSysteme haben wir bereits seit geraumer Zeit eine Integration von ESRI-Technologie in unsere Lösungen vorgenommen. Damit können die Kunden den vollen ESRI-Funktionsumfang auch in unseren Lösungen nutzen.

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