Bergrettung Tirol Förderer Magazin 2018

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Magazin2018 Auf geht's

Sicherheit beim Gehen & Steigen Die Gehschule der Bergrettung Winterwandern in Reutte Siegeszug des E-Mtb Faszination Eisklettern Tipps und Basiswissen Eine Erfolgsstory Salewa, TirolWool und Imbotex

Bergrettung Tirol

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Einsätze Leistungsbericht Tipps zum Sammeln

Bergrettung Tirol International, Teil I

+++ Fußchirurg Dr. Bernd Mayer über „Kräftige Füße“ +++ Bergwinter im Klimawandel: Interview mit Karl Gabl +++ Tipps vom Profi: Königsdisziplin Hochtouren


Vertrauen entscheidet. Regional. Digital. Ăœberall. #Meine Bank der Zukunft

Bergrettung Tirol

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Liebe Förderer der Bergrettung Tirol!

Hermann Spiegl Landesleiter

Ihre finanzielle Unterstützung, dass wir auch weiterhin bei Tag und Nacht, Sommer wie Winter und bei nahezu jedem Wetter ausrücken können, um in Not geratene Menschen zu retten. Die Bergrettung Tirol engagiert sich außerdem in besonderem Maße in der Unfallprävention. Der Schwerpunkt dieses Magazins liegt beim Thema „Sicheres Wandern“. Die Statistik des Kuratoriums für alpine Sicherheit zeigt ganz klar, dass die meisten Unfälle bei dieser vermeintlich wenig anspruchsvollen (Berg-)sportart passieren. Die neu errichtete „Alpine Safety Area“ im Tiroler Gschnitztal, ein vermutlich weltweit einzigartiges Trainingsgelände für Wanderer und Klettersteiggeher, nimmt sich dieser Problematik an. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre dieses Magazins, und vielleicht trägt der eine oder andere Tipp für mehr Sicherheit bei Ihrer nächsten Bergtour bei!

Editorial

„Die Person wurde durch ein umfallendes Glas in der Hütte an der rechten Hand schwer verletzt.“, so lautet die Kurzfassung des Berichts zum 2123. Einsatz der Bergrettung Tirol in diesem Jahr. Zwei Dinge sind daran bemerkenswert. Erstens zeigt sich, dass es nicht immer spektakuläre Großeinsätze sind, zu denen wir gerufen werden. Sehr oft sind es vermeintliche „Kleinigkeiten“, die am Berg aber sehr schnell zu lebensbedrohlichen Situationen führen können. Zweitens ist die Zahl von über 2000 absolvierten Einsätzen beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, dass diese Zeilen Mitte September verfasst werden und somit auch 2017 mit einem neuerlichen Anstieg der Gesamtzahl zu rechnen ist. Diese beiden Erkenntnisse zeigen auch, dass es sich rentiert, Förderer der Bergrettung Tirol zu sein. Für nunmehr 28 € im Jahr können Sie Ihre Familie weltweit vor Bergungskosten schützen. Wie das eingangs erwähnte Beispiel zeigt, kann eine mitunter kostspielige Bergung schneller nötig werden, als man denkt. Zudem ermöglicht

Peter Veider Geschäftsführer und Ausbildungsleiter

Inhalt 03 Editorial, Impressum, Inhalt 04 Richtiges Gehen und Steigen Die Alpine Safety Area bei Gschnitz 04-07 Reutte – Experten für Winterwandern 08-09 Kräftige Füße – Fragen an den Fußchirurgen 10-11

12 Bergwinter im Klimawandel: Interview mit Karl Gabl

25 Tipps vom Profi Königsdisziplin Hochtouren

30 Bergrettung Tirol International Entwicklungen, Geschichte, Einflüsse: Teil I

36 Faszination Eisklettern 40 Neue Produkte für Bergsteiger

14 Siegeszug der E-Mountainbikes

42 Ausrüstungspflege & Nachhaltigkeit

18 Online-Shop der Bergrettung

43 Zahlen und Fakten

20 Die Ausrüstung der Bergrettung

44 Leistungsbericht 2016

Die Kooperation von Salewa, Imbotex und TirolWool

48 Die neue Klettersteignorm 50 Das Allerletzte Amici fatali: die Kameradenschweine

IMPRESSUM MAGAZIN DER BERGRETTUNG TIROL, Oktober 2017 Herausgeber und Medieninhaber: Bergrettung Tirol, Florianistraße 2, 6410 Telfs, Tel. 05262 64140, E-Mail: office@bergrettung.tirol Produktion: Redaktionsbüro Bormann & Friends, D-82178 Puchheim Redaktionelle Koordination: Lutz Bormann, Peter Veider Redaktion: Lutz Bormann, Peter Veider, Klaus Pietersteiner, Gerald Lehner, Benedikt Purner Titelbild: Peter Veider Fotos: Bergrettung Tirol, designed by freepik Grafik: WE4STYLE, Silke Stiglmeir Lektorat: Nicola von Otto Druck: kbprintcom.at, Druck + Kommunikation GmbH, Gutenbergstr. 2, A-4840 Vöcklabruck Anschrift für alle: Bergrettung Tirol, Florianistraße 2, 6410 Telfs, Tel. 05262 64140 Bergrettung Tirol

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Auf Geht's richtig gehen

Gutes Gehen will gelernt sein Ein wegweisendes Projekt der Bergrettung Tirol. In dem kleinen Tiroler Bergdorf Gschnitz unweit des Brennerpasses können Sie im neuen „Alpine Safety Area“ (ASA) das perfekte Gehen und Steigen ab sofort trainieren. Diese neue „Gehschule“ ist bisher einzigartig im Alpenraum. Sie bietet einen Trainingsparcours mit Wegen und Pfaden in allen Schwierigkeitsgraden, dazu noch einen kurzen Klettersteig mit speziellen Trainings-, Lehr- und Lernmöglichkeiten. Von Gerald Lehner

Alpine Safety Area Bergrettung Tirol

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„Gehen ist eine Fortbewegungsart des Menschen, bei der es im Gegensatz zum Laufen keine Flugphase des Körpers gibt. Er hat beim Gehen in jeder Phase der Bewegung festen Kontakt zum Boden über seine Beine und Füße … “

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as wäre der Idealfall, geschildert in einer wissenschaftlichen Definition für das Gehen. Wie alle Theorien, trifft sie in der Praxis nicht immer zu. Beim einfachen Gehen kann es sehr wohl böse Flugphasen geben – besonders in den Bergen. Sie enden nicht selten mit Verletzungen oder auch tödlich. Und viele Abstürze sind eine Folge von falschem Gehen und falschem Steigen. Bewegungs- und Trainingsmangel, zu wenig Kondition und Konzentration auf das eigene Tun und eine daraus resultierende Störung des körperlichen Gleichgewichts können fatal enden. Das landschaftlich äußerst reizvolle Gschnitz liegt auf 1242 Metern Seehöhe – eingebettet in die Stubaier Alpen. Zum Gemeindegebiet gehören auch die Landschaftsschutzgebiete Serles-Habicht-Zuckerhütl und Nößlachjoch-Obernberger See-Tribulaune. Bringen Sie eigene Wander- und Bergschuhe sowie Ihre persönliche Ausrüstung mit. Die Anlage erklärt sich von selbst und darf jederzeit auch in Eigenregie benutzt werden. Scheuen Sie sich nicht, es sind hier nicht nur Anfänger unterwegs. Auch Erfahrene und Profis haben ihren Spaß.

Ein Selbsttest schadet nie! Die neue „Gehschule“ ist seit Sommer 2017 in Betrieb, und von Anfang an waren auch Kinder und Jugendliche begeistert. Immer mehr haben den Bewegungsmangel in Schule und Freizeit satt, wollen ihrem natürlichen Drang zu Abenteuern und körperlichen Herausforderungen folgen. Wer allerdings ohne Training und Vorbereitung in die Berge aufbricht, der riskiert viel. Oft sogar das Leben. Dem wirkt dieses Projekt entgegen.

Und das steckt dahinter!

Die Alpine Safety Area ist ein Trainingsgelände, wo Besucher anhand von anschaulichen Informationen das richtige Bergwandern im alpinen Gelände trainieren können. Dieses Schulungsgelände ist die erste Anlage ihrer Art im Alpenraum und wurde aufgrund der steigenden alpinen Unfallzahlen eingerichtet. Bergrettung Tirol

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Auf Geht's richtig gehen Voraussetzung: Klettersteigerfahrung ab 12 Jahren SCHWIERIGKEIT:

Hauptsteig B/C | Varianten A-E

KLETTERZEIT:

1,5 Stunden

KLETTERLÄNGE:

500 m

alle Infos

HÖHENUNTERSCHIED: 270 Hm ZUSTIEG:

30 min

ABSTIEG:

1 Stunde

Der Tiroler Bergrettung geht es neben ihren Einsätzen seit Langem auch um die Unfallverhütung und die Aufklärung der Öffentlichkeit. Jeder getötete oder verletzte Mensch ist einer zu viel. Die Zahl der Unfallopfer in den Bergen variiert allerdings seit langer Zeit nicht sehr stark, obwohl von Jahr zu Jahr mehr Leute aller Altersgruppen in den Bergen unterwegs sind. Nehmen wir als Stichprobe das Jahr

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nicht nur mit dem Erdboden, sondern 2005. Damals gab es in Österreich auch mit unserer Entwicklungsge416 Tote bei Alpinunfällen. In Tirol – schichte. Diese reicht mehrere Milliowo es im bundesweiten Vergleich mit nen Jahre zurück. Wie es zur Entstegroßem Abstand die meisten Alpinhung des aufrechten Ganges beim unfälle gibt – beklagte man 179 Tote. Menschen kam, das ist wissenschaftBezogen auf ganz Österreich ereiglich noch immer nicht nen sich die meisten ganz geklärt. Fest steht, tödlichen Unfälle beim Trittsicherheit dass unsere Vorfahren Bergwandern (130 im üben, Kletterschon vor ca. fünf MillioJahr 2005), dann nen Jahren damit beganfolgte das Klettern fertigkeit sowie (36) und das Hochtounen. Die frühesten Belege Schwindelstammen aus Bodenrenbergsteigen mit 29 schichten in Afrika, aus Toten. Nach einer freiheit testen. Lebensräumen, in denen schweizerischen Studie kommt auf 7143 sich Waldstücke, Hügel, feuchte Graslandschaften und SeeuWanderstunden ein Unfall. Ursache fer abwechselten. Gleichzeitig soll tödlicher Alpinunfälle sind in 64 Prosich der aufrechte Gang als Anpaszent Stolpern, Ausrutschen und Absturz, in 21 Prozent Erschöpfung und sung an neue Bewegungsmuster entwickelt haben, während das menschÜberlastung. Die übrigen 15 Prozent liche Gehirn gleichzeitig immer leiverteilen sich auf Orientierungsverstungsfähiger wurde. Das geschah, lust, Versteigen, Stein- und Blitzschlag, Hitze- oder Kälteschäden als unsere frühesten Vorfahren noch oder Lawinen. auf Bäumen lebten – als Verwandte der Primaten, der Vorfahren heutiger Schimpansen, Gorillas und Orang Wenn wir uns zu wenig bewegen und den Körper kaum fordern, dann verUtans. Der aufrechte Gang des Menlernen wir das sichere Gehen – schen erforderte über viele Generationen auch große Änderungen beim schneller, als uns lieb ist. Skelett. Unser Fuß ist heute kein Unsere Beine und Füße verbinden uns


Info

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Greifwerkzeug mehr – anders als noch beim 4,4 Millionen Jahre alten „Ardi“, einem frühen Menschen des Typus „Ardipithecus ramidus“. Man hat versteinerte Überreste von ihm gefunden. „Ardi“ konnte die große Zehen noch perfekt abspreizen und zum Greifen, Klettern und Sichern verwenden. Unsere Babys und Kleinkinder besitzen diesen Greifund Klemmreflex noch immer in den Handflächen und an den Fußsohlen. Er verschwindet mit zunehmendem Alter aber rasch.

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„Umso wichtiger ist der Besuch unserer neuen Gehschule in Gschnitz“,

schmunzelt Peter Veider, Ausbildungsleiter und Geschäftsführer der Tiroler Bergrettung. Diese hat das Projekt mit mehreren Partnern auf die Beine gestellt: Tourismusverbände Gschnitz und Wipptal, Sportabteilung des Landes Tirol, Kuratorium für alpine Sicherheit und Alpinpolizei.

Mit der Fernsehkamera ins Steilgelände „Als gebürtige Oberkärtnerin bin ich zwar in den Bergen aufgewachsen. Aber ich bin keine Kletterin und als Wanderin an sanfte Nockalmen gewöhnt, nicht an die raue und steile Tiroler Bergwelt. In Gschnitz erfahre ich viel schon zu Beginn auf den Schautafeln: Es gibt große Unterschiede zwischen den Wanderwegen, zwischen rot oder schwarz markierten Bergwegen und sehr unterschiedliche Anforderungen bei Klettersteigen. Das sind künstlich angelegte Routen in Felswänden, die mit Stahlseilen und Trittleitern aus Metall ausgestattet sind. Auf den Hinweistafeln sind auch Tipps zu lesen, wie man richtig geht und steigt – hinauf und hinunter. Zum Beispiel auf steilen Wegen die Vibramsohle der Schuhe mit voller Fläche aufsetzen, nicht kanten und nicht nur hinten belasten. Für einen schönen Filmhintergrund beim Fernsehinterview mit Peter Veider, Ausbildungschef der Tiroler Bergrettung, wollen wir einen schwarzen Bergweg begehen – steil, schmal, nur teilweise gesichert. Ein falscher Schritt – und ich bin tot, schießt es mir durch den Kopf. Und das soll `nur` ein schwarzer Weg sein? Kein schwieriger Klettersteig? Da soll ich hinauf? Und nun nehmen sie mich auch noch ans Seil, geben mir Tipps. Und schlussendlich ist dieser steile und zum Teil sehr ausgesetzte Aufstieg eine tolle Erfahrung für eine Wanderin wie mich. Wir machen dann das Interview auf einem ausgesetzten Felsvorsprung. Dann will mein Tiroler ORF-Kamerateam noch weiter hinauf für einen besonders schönen Schwenk über das Tal mit atemberaubendem Ausblick. Ich kapituliere. Sie gehen das letzte Stück allein, denn ich fürchte mich vor dem unausweichlichen Abstieg. Schon normales Bergabgehen ist ein Problem für mich. In der Gehschule lerne ich nun die richtige Technik, leicht vorgeneigt, kleine Schritte, Schwerpunkt kontrollieren, die Füße gerade aufsetzen. Es geht wirklich gut. Peter Veider leitet mich sicher ins Tal. Und es macht Spaß!“ Fazit: "Für mich sind rote Bergwege genau richtig. Auf schwarze traue ich mich nur mit erfahrenen Begleitern. Aber vielleicht lerne ich das auch noch. Ich komme bald wieder für eine private Erkundung.“ Die mehrfach mit Journalistenpreisen ausgezeichnete ORF-Redakteurin Dr. Sylvia Unterdorfer aus Wien hat im August mit einem Kamerateam das neue „Alpine Safety Area“ in Gschnitz besucht. Sie drehte für eine bundesweit ausgestrahlte Sendung im Fernsehen einen längeren Beitrag. Er wurde am 30. September 2017 in „Bewusst gesund“ im Programm ORF 2 ausgestrahlt. Die Reporterin aus der Großstadt zeigte sich vom Lerneffekt in Gschnitz begeistert.

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Auf Geht's Winterwandern

Erlebnis Winterwandern Die Naturparkregion Reutte präsentiert sanften Tourismus in Topqualität

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Jörg Brejcha, Leiter des Bergführerbüros

s gab einmal eine Zeit, da hatten rekordverdächtige Abfahrtskilometer und Begehungszeiten, Höhenmeter, Adrenalin und Maximalpuls durchaus ihren Reiz. Das ist vorbei, sogar die Erinnerung bis auf wenige Highlights ist ausgelöscht. Was ist geblieben? Das Überraschende, das Verblüffende, wenn unsereins nach vielen Jahren draußen noch die Spucke wegbleibt wie bei Walter Stolls Schilderung der Gamsspuren bei der Nachtwanderung zur Dürrenbergalm. Der passionierte Jäger und Wanderführer erklärt uns den Wildbestand der Naturparkregion Reutte, wo das Rotwild steht und was das Gamswild gerade macht, das nur wenige Meter vor uns den Hang quert. Zwischendurch folgen Paradebeispiele der Jägersprache, wir lernen von Trittsiegeln, dem Schrank des Gamswilds Schalen und Geäfter des Rotwilds und was man alles daraus lesen kann.

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Inzwischen liegt unter uns das Lichtermeer von Reutte, und die Leuchtfinger der Stirnlampen irrlichtern Walters Spur hinterher, bis wir vor der Dürrenbergalm stehen und das nächtliche Panorama genießen. Drinnen bestärkt ein Kaiserschmarrn in Benchmark-Qualität das Gefühl, dass diese Nachtwanderung ein unvergessliches Erlebnis ist, begleitet von unauffälligen Details, die es erst ermöglichen: der umfassend geschulte, unterhaltsame Wanderführer, seine einfachen Tipps, wie man auf dem vereisten Forstweg sicher geht, wie man Trittsicherheit im verschneiten Gelände gewinnt, die Ausschilderung der Winterwanderung, die kulinarische Qualität der Hütten, geräumte Parkplätze und eine spanKein Weg nende Infrastruktur, wenn mal die Läufe, führt vorpardon, Beine müde sind.

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Bestens vertraut mit den unverzichtbaren legendären Details einer gelungen Winterwanderung ist Jörg Brejcha, Leiter des Bergführerbühighline 179 ros von Reutte und Ausbildungsleiter bei der Bergrettung Tirol. „Glätte und Kälte erfordern Sorgfalt bei der Ausrüstung. Teleskopstöcke sind für besseren Halt wichtiger als im Sommer, Schuhketten wie die Modelle von Snowline haben die umständlichen Grödel abgelöst, warme Kleidung und festes, wasserdichtes Schuhwerk sind wichtig“, sagt Brejcha. „Der von uns ausgebildete Tiroler Bergwanderführer muss seine Gäste, die äußeren Bedingungen, Tempo und Tour genau planen, die Lawinengefahr einschätzen. Im Winter kann man sich selten im Freien zu einer ausgiebigen Rast niederlassen.

"Landschaft, Natur und sic h selbst erleben!!" Jörg Brejcha, Leiter des Bergfüh rerbüros von Reutte


Fotos: TVB Naturparkregion Reutte; Archiv Jörg Brejcha

Da braucht es viele geöffnete Hütten wie bei uns. In der Naturparkregion Reutte profitieren wir von der recht schneesicheren zentralen Lage in einem Talkessel, mit kurzen Anfahrtswegen zu sanften und anspruchsvollen Touren. Wir können bekanntermaßen nicht mit Pistenkilometern wuchern. Stattdessen haben wir uns auf vorhandene Stärken besonnen und bieten eine Vielzahl von winterlichen Eindrücken, die einen Landschaft, Natur und sich selbst neu erleben lassen“, betont Brejcha.

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Einen Superlativ hat Brejcha dabei bescheiden ausgeklammert. Kein Weg führt vorbei an der legendären highline179, der talüberspannenden Hängebrücke mit grandiosem Blick auf die Ruine Ehrenberg. Mit 406 Meter Spannweite ist sie eine der längsten der Welt und führt den Besucher samt seiner Flugzeuge im Bauch 113 Meter über der Bundesstraße 179 von der Ruine Ehrenberg zum Fort Claudia – und zurück. Eine Besichtigung der Burgenwelt mit Einkehr im Salzstadl runden den Ausflug ab. Und wer dann immer noch regenieren will, bevor er die nächste Winterwanderung angreift, relaxt genüsslich in der Alpentherme Ehrenberg.

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Bergführerbüro Reutte Tirol Brejcha Jörg und Marlies 5 te Untere Plat rreich Untermarkt 34 6604 Höfen | Öste ich rre te Ös | te ut Re -230 50 98 6600 Tel.: 0043 (0)680 23 36 -6 72 56 43 00 -230 50 97 l.: 80 Te Tel.: 0043 (0)6 t r.a tn t@ alpin-spor info@reutte.com

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Fotos: Klaus Pietersteiner; Lutz Bormann

Auf Geht's Kräftige FüSSe

Starke FüSSe Für ein sicheres Gefühl beim Wandern

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ewegung ist gesund, richtiges Gehen haben wir gelernt, und dennoch knirscht es in den Gelenken – leider im wörtlichen Sinne. Der Bewegungsapparat ist dem Verschleiß und falschem Nutzerverhalten ein Leben lang ausgesetzt. Dem Orthopäden, Fußchirurgen und Sportmediziner Dr. Bernd Mayer haben wir Fragen aus der Sicht des Wanderers gestellt.

Kann man Füße für das Wandern trainieren? Dr. Bernd Mayer: Ja, den Körper und somit auch die Füße kann und sollte man für jegliche Art von Belastung trainieren. Unterschieden werden der aktive Bewegungsapparat und der passive Bewegungsapparat. Unter aktivem Bewegungsapparat versteht man die Muskulatur und die Sehnen, unter dem passiven Bewegungsapparat die Knochen, Gelenke und Bänder. Die Muskulatur des Unterschenkels und des Fußes sollte durch Kräftigungsübungen auf das Wandern vorbereitet werden. Hierzu dienen spezifisches Krafttraining und Koordinationsübungen (propriorezeptives Training). Dadurch können Überlastungen der Muskulatur (Muskelkater, Krämpfe) und der Sehnen Richtiges (Sehnenscheidenentzündung) vermieden werden. Durch das gehen muss vorbereitende Training werden auch die passiven Strukturen des Bewegungsapparats (Gelenke, Bänder und Knochen) auf geübt werden die Belastungen vorbereitet (aktiv Beüben kann man diese Strukturen nicht). Gelenkbeschwerden und Knochenhautreizungen können dadurch limitiert werden. Wichtig zu wissen ist, dass die Belastung auf den passiven Bewegungsapparat beim Bergabgehen deutlich höher ist als beim Bergaufgehen. Wer seine Gelenke schonen möchte, sollte bergab mit der Gondel fahren. Der Einsatz von Wanderstöcken gibt dem Wanderer v.a. beim Bergabgehen etwas Sicherheit, verringert aber die Belastung auf die Gelenke des Fußes nur marginal. Studien haben gezeigt, dass fast jeder intuitiv erst die Ferse, dann den Stock aufsetzt. Dann findet schlichtweg überhaupt keine Entlastung statt. Richtiges Gehen mit Teleskopstöcken muss geübt werden. Bergrettung Tirol

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In der Werbung ist aber immer von großer Entlastung die Rede? Dr. Bernd Mayer: Legen Sie bitte die Hände flach auf den Tisch vor sich. Und nun versuchen Sie sich ohne Beinkraft vom Stuhl zu erheben. Das geht nicht. Und jetzt stützen Sie sich auf dem Tisch im Stehen ab und nehmen die Beine vom Boden. Das klappt. So in etwa ist das Verhältnis der Entlastung durch Teleskopstöcke oder Krücken.

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O.k., nächster Punkt: Kann man den Fuß aufwärmen? Dr. Bernd Mayer: Die anfängliche Belastung beim Wandern für den Fuß ist unterschwellig, sodass ein spezifisches Aufwärmen in der Regel nicht erforderlich ist. Wandern Sie sich ein und vermeiden Sie sofortige Belastungsspitzen. Nach einigen Gehminuten können Dehnübungen für die untere Extremität und somit auch der Füße hilfreich sein. Nach dem Wandern empfehlen sich Dehnübungen, um die Muskulatur geschmeidig zu halten.

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Der Fuß wandert nicht allein. Wie kann der übrige Körper den Fuß in seiner Arbeit unterstützen? Dr. Bernd Mayer: Der Körper bildet eine Einheit bei jeder sportlichen Belastung. Das schwächste Glied der Kette führt zu Problemen bzw. Beschwerden. Wandern ist eine Ganzkörperbelastung mit hohen koordinativen Anforderungen. Bereiten Sie Ihren gesamten Körper auf diese Belastung vor und trainieren Sie Kraft, Koordination und Ausdauer. Sogenanntes funktionelles Training, auch BalanceTraining oder propriorezeptives Training genannt (z.B. TRX, Schlingentraining), sollte dabei im Vordergrund stehen und wenigstens zu Beginn unter professioneller Anleitung stehen. Legen Sie Wert auf eine gut ausgebildete Rumpfmuskulatur (Core stability). Starke Beine und kräftige Fußmuskulatur helfen Ihnen nichts, wenn Sie den Oberkörper über die lange Zeit des Wanderns (z.B. mit Rucksack) nicht stabilisieren können. Am effektivsten ist ganzjähriges Training. Längere Trainingspausen führen sehr schnell zu erheblichen Defiziten,die wieder mühsam antrainiert werden müssen.

Was versteht der Mediziner unter Trittsicherheit? Dr. Bernd Mayer: Unter Trittsicherheit versteht man die Fähigkeit, unvorhersehbare Ereignisse (loser Untergrund, rutschige, glatte Steine, Bodenunebenheiten) entsprechend koordinativ und muskulär abzufangen, ohne umzuknicken. Die Trittsicherheit wird erreicht durch muskuläre Kontrolle und kann durch entsprechendes propriorezeptives Training verbessert werden. Dabei kommt auch der Aspekt der Antizipation zum Tragen. Geübte und trainierte Wanderer erahnen (antizipieren) eine Gefahrensituation und können ihren Körper (Fußmuskulatur usw.) in Sekundenbruchteilen entsprechend vorzeitig darauf einstellen.

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Wer braucht Maßschuhe? Dr. Bernd Mayer: Wenn der „Schuh drückt“, sollten Sie sich zunächst in einem Fachgeschäft beraten lassen. Durch die richtige Auswahl der Schuhe und ggf. das individuelle Anfertigen von Einlagen lässt sich die überwiegende Zahl der Probleme beheben. Nur in Ausnahmefällen sind orthopädische Maßschuhe notwendig. Bei bestehender medizinischer Indikation übernehmen die Kassen die Kosten.

Vielen Dank für das Gespräch. h legen Füße hoc und nun

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EinsätzeKlimawandel Umwelt mit dem herzen dabei

Bergwinter im Klimawandel Die einen leugnen ihn, andere ignorieren ihn, und für viele wird er inzwischen zum wirtschaftlichen Risikofaktor, der neue Freizeitkonzepte erfordert. Lutz Bormann sprach darüber mit einem Meteorologen, der in der Bergsteigerszene weltweit bekannt ist: Karl Gabl.

Von seinem Arbeitsplatz in der ZAMG Innsbruck begleitete er per Satellitenfunk Höhenbergsteiger weltweit durch präzise Prognosen zum Gipfel und rettete durch rechtzeitige Vorwarnung manches Leben. Der für Alpinisten unentbehrliche Alpenvereinswetterbericht (seit 1987) entstand durch seine Initiative.

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Foto: Lutz Bormann

Karl "Chrly" Gabl ist Bergretter, Bergund Skiführer, promovierter Meteorologe und Buchautor.


Gibt es grobe Szenarien für kurz-, mittel- und langfristige Veränderungen, die uns in Mitteleuropa allgemein und vor allem als Bergsteiger betreffen? Gabl: Viele verwechseln saisonale Schwankungen mit Zeugnissen des Klimawandels. Kurzfristig sind Änderungen nicht spürbar, da eine Klimaänderung kein abrupter Vorgang ist und die saisonalen Schwankungen weitaus größer sind. Das gilt auch für mittelfristige Zeiträume. Allerdings reagiert meines Erachtens – auch für Laien spürbar – die Natur kurzfristig heftiger, da die Atmosphäre wärmer geworden ist und damit auch ihr „Energieinhalt“ größer geworden ist. Wärmere Winter wiederum bewirken eine Änderung der Schneedeckentage. Vereinfacht formuliert: Die Winter sind kürzer geworden. Langfristig hätten wir die Chance, durch bekannte Maßnahmen wie Nutzung erneuerbarer Energie, Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen etc. zumindest das Ziel maximal +2 °C erreichen zu können.

Was ist eine Schwankung, was ist eine signifikante Veränderung? Gabl: Das sagen eigentlich schon die Begriffe. Eine signifikante Änderung muss einen grundsätzlichen Trend beinhalten. Diese Grafik der Temperaturentwicklung zeigt klar einen Trend an, wobei die jährlichen Schwankungen innerhalb des konstanten Trends sehr große Unterschiede aufweisen.

Was bedeutet das für den Wintertourismus? Gabl: Der 2012 viel zu früh verstorbene Klimaforscher Reinhard Böhm von der ZAMG in Wien vertrat die Meinung, dass die Skigebiete in Österreich in mittlerer Lage bis 2050 durchaus noch, auch mit der Unterstützung

von technischem Schnee, den Gästen den „Skisport“ anbieten werden. Über 2050 hinaus möchte ich keine Spekulationen anstellen. Es gibt Szenarien, die bis zum Jahr 2100 Trends und ihre Folgen prognostizieren. Das halte ich für wissenschaftlich unerheblich.

Uns treffen die Extreme nicht so hart. Können wir das nach dem St. Floriansprinzip aussitzen? Gabl: Nein! Aufgrund der stattgefundenen und stattfindenden Globalisierung sind wir alle vom Klimawandel betroffen.

Hat der Klimawandel auch positive Aspekte für den Tourismus? Gabl: Wenn ich an die Sommersaison denke, bringt ein wärmeres Klima im Alpenraum viele Vorteile, da eine Erwärmung um wenige Grad das „Wohlfühlklima“ in den Bergen nicht maßgeblich verschlechtert. Eher wird eine Erwärmung den Touristenstrom von Südeuropa – nur Esel fahren im Sommer gen Süden in die Hitze – nach Norden und zu den Alpen umlenken.

Wir schieben die Probleme gern auf Politik und Indistrie. Ist nicht jeder von uns gefordert? Hast du ein paar Vorschläge? Gabl: Einzelaktionen sind lobenswert, aber nutzlos. In dieser Frage sorgt wirklich nur die Quantität für Qualität. Alle Industrienationen müssen weg von der Konsumgesellschaft, weg vom Kaufrausch. Allein dieser Umstand hat dazu geführt, dass China den Ausstoß der Treibhausgase von 2007 bis 2014 um 47 % (!) erhöht hat. Das ist volkswirtschaftlich hervorragend, klimatisch der Wahnsinn zur vierten Potenz. Wir müssen hin zum Konsum der Kultur, der Bildung, der Kunst, hin zur Forschung, zum Sport. Und weg von der Verschwendung der Ressourcen auf dieser Erde. Statt höherer Ausgaben für das Militär sollten die Länder in den gemeinsamen Krieg gegen den Klimawandel investieren.

Aber die Skipisten haben bald ausgedient, oder? Gabl: Ich halte nichts davon, wenn beim Thema Klimawandel immer wieder auf den Skisport eingedroschen wird. Viele Skigebiete liegen so niedrig, dass ihre Gipfelstationen auf gleicher Höhe liegen wie die Talstationen florierender Skigebiete. Die einen müssen Alternativen anbieten, und die anderen Skigebiete sind durchaus berechtigt. Wer im Ballungsgebiet wochenlang bei Inversionslage den grauen Alltagsblues schiebt, der soll über der Dunstglocke seinen Urlaub auf Ski in der Wintersonne genießen, egal, ob Tourengeher oder Alpinskifahrer.

Vielen Dank für das Gespräch.

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EinsätzeEMtbmit dem herzen dabei Technik

stilvoll durchs Gelände stromern Die E-Bike-Technologie erobert das Mountainbike

Kaum lief das erste E-Bike über den Asphalt, wurden auch schon Mountainbikes mit Akkus gesichtet und von den hartgesottenen Sportlern verächtlich gemacht. Das hat sich längst geändert. Genussvolles Mountainbiken ohne extremen Muskeleinsatz beflügelt die Industrie und auch Naturfreunde, die vorher noch nie auf einem Mountainbike gesessen haben. Die Konsequenzen sind „durchwachsen“.

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m März 2017 legte der Allgemeine Deutsche Fahrradclub interessantes Zahlenmaterial vor, u.a. einen neuen starken Trend: Topografisch anspruchsvolle Radrouten im Alpenraum wie Via Claudia Augusta, Alpe Adria Radweg, Eisacktal-Radweg. Der Grund dafür ist klar: Das E-Mtb hat einen fulminanten Siegeszug angetreten. Der deutsche Vorreiter „Haibike“ hatte 2016 74 (!) unterschiedliche Modelle im Angebot. Angeblich gibt es aktuell in Deutschland rund 90.000 E-Mtbs – so viele E-Bikes wurden von 2008 bis 2016 in Österreich verkauft –, und die Verkäufe liegen bei E-Bikes insgesamt um 6% höher als bei den „analogen“ Mtb-Modellen.

laut Befragung gaben die Käufer über 3000 Euro pro E-Mtb aus Bergrettung Tirol

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Das ist enorm, denn laut Befragung gaben die Käufer über 3000 Euro pro E-Mtb aus – im Durchschnitt. Sie erhoffen sich zu Recht eine neue Dimension des Bergerlebnis. Endlose Almhatscher, beispielsweise von Scharnitz zum Halleranger, verkürzten sich schon mit dem Mountainbike zum kurzweiligen Konditionstraining. Mit Akkuhilfe ist es ein umweltverträglicher purer Genuss, Höhen und Gipfel zu erklimmen, die vorher nur bestens trainierten Bergsportlern vorbehalten waren. Nach dem Frühstück mal eben von Umhausen durchs Horlachtal zur Schweinfurter Hütte, Einkehren und am Nachmittag im Aqua Dome relaxen.

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Fotos: Pressedienst Fahrrad, Martin Erd; Messe Friedrichshafen, Eurobike


Technik EMtb

Klar, dass hier schnell der Markt für die entsprechende Anbindung und Peripherie gesorgt hat, vom E-Mtb-Fachblatt bis zur Berghütte mit Ladestation. Auch Armin Herb, mehrfacher Buch- und Führerautor der Fahrradliteratur, hat einen sehr informativen Bildband geschrieben über die schönsten E-MtbTouren in den Alpen. Die Ziele sind verlockend: Karwendel, Brenta, Silvretta, Fanes, Gardasee, Pragser Dolomiten – das ganze Schmuckkästlein imposanter Bergpanoramen. An den Anfang des Buches hat der Autor Tipps für E-Mountainbiker gestellt und erläutert den technischen Fortschritt von kleineren leichteren, aber leistungsfähigeren Akkus und portablen Ladestationen. Wie beim herkömmlichen Mountainbike erfordert auch das Fahren mit Akkuhilfe eine gewisse Grundkondition und Fahrtechnik, damit man abseits asphaltierter Straßen die Kontrolle behält. Damit auch bei längeren Touren der Spaß nicht leidet, empfiehlt Herb, kleinere Gänge zu fahren, damit die Knie bei dem vermeintlich mühelosen Bergauffahren nicht überlastet werden. Auch soll man die Akkuleistung schonen, indem man sie der Steigung anpasst, also maximale Power nur bei wirklich steilen Passagen einsetzen. Ein wertvoller Tipp ist auch die Entlastung der Muskulatur durch Wiegetritt im Stehen bei geringer Akkuleistung.

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Die deutlich schwereren E-Mtbs schieben ordentlich talwärts und haben ein anderes Kurven- und Bremsverhalten als herkömmliche Mountainbikes. Vorausschauendes Fahren, um frühzeitig auf Löcher, große Brocken und Schwellen reagieren zu können, ist bei der Talfahrt noch wichtiger als bergauf. Bei langen Abfahrten leisten Bremsen eine enorme Arbeit und wandeln die Energie in Reibung und Wärme um. Die Bremsen werden je nach Modell und Beanspruchung heiß und können ihre Bremskraft verlieren. Eine kleine Abkühlungspause tut den Bremsen und der eigenen Konzentrationsfähigkeit gut. Außerdem entsteht bei langen Abfahrten Verdunstungskälte mit ChillEffekt. Man kühlt aus und wird steif. Der Antrieb sollte bergab übrigens ausgeschaltet sein oder auf niedrigster Stufe stehen.

Buchtipp

Armin Herb, Daniel Simon: Die schönsten E-Mtb-Touren in den Alpen. 160 S. 230 Fotos. Delius Klasing Verlag 2017

„Das hatten wir auch schon: Kurve angebremst und dann rausgeschossen, weil noch die höchste Stufe eingeschaltet war“, sagt Peter Veider, Chef der Bergrettung Tirol. Er beobachtet eine deutliche Zunahme an Mountainbike-Unfällen durch den E-Mtb-Trend. „Das ist einfach ein zahlenmäßiges Phänomen, sonst nichts. Und auch sonst sind wir von den Unfallanalysen nicht überrascht. Es trifft hauptsächlich ältere Bergurlauber, die noch nie auf einem Mountainbike gesessen sind, keine Fahrpraxis haben und nun in einem Gelände unterwegs sind, das sie vor ungewohnte Herausforderungen stellt: schnelle Reaktion, Kraft, Ausdauer, Gleichgewicht. Ich sage es ganz deutlich: Ich bin von dem Sport begeistert und kann es nur jedem empfehlen, mit dem E-Mtb die Berge zu erleben. Doch vorher sollte unbedingt geübt werden. In einem Kurs,

Fotos: Pressedienst Fahrrad, Matthias Kutt

Bergabfahren will gelernt sein.

mit Freunden, auf leichteren Routen, damit man mit dem Gerät und dem Terrain vertraut wird. Mein Appell geht auch ganz klar an die Händler, die Hoteliers und andere Radverleiher. Ein paar Schlangenlinien auf dem Hotelparkplatz sind nicht ausreichend. Am besten sind begleitete Touren, die leicht anfangen, damit der Leiter Schwächen erkennen und ausbügeln kann. Steigerungen finden sich anschließend schnell zur Genüge.“

Armin Herb hat im Verlauf der letzten Jahre als E-Mountainbiker eine Fülle an Erfahrungen sammeln können. „Ein E-Mtb mit allen Schikanen wiegt zwischen 22 bis 24 Kilogramm. Bergab nehmen die schnell Fahrt auf und sind schwer zu steuern. Vor allem auf konvexen Schotterwegen muss man das gut kontrollieren, sonst geht es links oder rechts den Wegrand hinunter. Das ahnt man nicht , bis es passiert, denn das normale Mtb lässt sich viel leichter abfangen. Für die Anpassung ans Gelände haben gute Mtbs außerdem einstellbare Federwege und per Handhebel verstellbare Sattelstützen. Bei steileren Abfahrten soll der Sattel fast ganz unten sein, im Flachstück wieder normal. Bei diesen Bikes braucht man dazu nicht absteigen. Ein relativ neues Problem sind Mountainbiker, die mit dem normalen E-Bike über Forstwege bis hinauf auf steile Almwege fahren und sich dann nicht mehr hinunter wagen. Dann wird im Hotel angerufen, und ein Mitarbeiter holt Bike und Fahrer mit dem Jeep ab. Wird der Notfall zur Routine, ärgern sich Förster und Bauern über den neuen Shuttle-Verkehr, zu Recht. Im Grunde sollte der gesunde Menschenverstand reichen, um diesen wunderbaren Sport verantwortungsvoll mit großer Freude auszuüben.“ Bergrettung Tirol

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Inside online Shop

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zin informiert über Trends im Bergsport und liefert wertvolle Sicherheitstipps für Ihre nächste Tour.

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Innovationen der Bergrettung Tirol im Bereich der Einsatzausrüstung gewährleisten eine bestmögliche Rettung aus dem alpinen Gelände. Noch mehr liegt der Bergrettung aber die Unfallprävention am Herzen. Daher finden sich im Shop durchweg Produkte, die Sie am Berg optimal unterstützen und für mehr Sicherheit sorgen. Viele der Artikel wurden von der Bergrettung Tirol selbst entwickelt bzw. sind in enger Kooperation mit den Partnerfirmen entstanden. Bevor die Produkte in den Shop der Tiroler Bergrettung dürfen, müssen sie die „Feuertaufe“ in unserem Ausbildungszentrum Jamtal bestehen. Dort werden sie im Rahmen von mehrtägigen Kursen auf Herz und Nieren getestet – und das nicht selten unter widrigsten Wetterbedingungen. Nach einem langen, regnerischen Tag am Berg ist dann der Blick auf unseren Wandkalender besonders schön…

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Die ULTRA-PRO-Sommerstöcke sind leichte 100%-Carbonstöcke, welche per Push-Button in Sekundenschnelle auf ein minimales Packmaß zusammengefaltet werden können! Zusätzlich sind diese Sommerstöcke in der Höhe von 115 cm–135 cm stufenlos verstellbar! Gewicht: 198 g

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Unser Kalender 2018 erscheint heuer in besonders edler Schwarz-Weiß-Optik. Der Fotograf Tom Zluga präsentiert seine schönsten Bergfotos.

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4 Barryvox®, digitales 3-Antennen-Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS). Das neu entwickelte Gerät ist ergonomisch geformt und mit Handschuhen bedienbar. Die technische Ausstattung mit Gruppentest, Markierfunktion für Mehrfachverschüttungen und einer Umkehrfunktion zur Vermeidung von 180-Grad-Suchfehlern entspricht dem neuesten Stand der Technik. 4L eichte 240-cm-Lawinensonde aus Aluminium 4 A lugator Ride Schaufel aus gehärtetem Aluminium

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Alleskönner Salewa Wedge Dieses Produkt aus dem Förderer-Shop hat es verdient, im Detail vorgestellt zu werden. Der kleine Rucksack Salewa Wedge – Bergrettung Tirol Edition ist nämlich ein wahrer Allrounder, und dank seines speziellen Schnitts verblüfft der Rucksack mit ungeahnten Verstauungsmöglichkeiten. Die Besonderheit der Bergrettung Tirol Edition liegt, abgesehen vom modernen Design, in der speziellen Gestaltung des Innenraums. Separate Schlaufen ermöglichen dort eine perfekte Verstauung der essenziellen Lawinenausrüstung – Schaufel, Sonde und Erste-Hilfe-Paket. Einsatzmöglichkeiten Sommer Der Rucksack ist der perfekte Begleiter für Tagestouren – egal, ob am Wanderweg oder am Klettersteig. Auch für die nötige Ausrüstung anspruchsvoller Kletterrouten bietet der Rucksack genügend Platz, beginnend bei der Reservekleidung bis hin zu Steigeisen und Kletterhelm.

Einsatzmöglichkeit Winter Rodler und Skitourengeher werden den Rucksack lieben: Sein geringes Gewicht und die ideale Größe haben die Tiroler Bergretter schon bei unzähligen Touren überzeugt. Dank der Verstauungsmöglichkeiten für Lawinenschaufel und Sonde herrscht im Innenraum perfekte Ordnung und ausreichen Platz für die restliche Ausrüstung. Details / technische Daten Volumen: 22 l Gewicht: 580 g

55,00 €*

4 3-Wege-Reisverschluss 4 Unterteiltes Hauptfach 4 Schaufelstiel-/Sondenfach 4 Abnehmbarer Hüftgurt 4 Stock- /Eispickelfixierung 4 Hängetasche mit außenliegendem Zugriff Das doppelt nutzbare Gummizugsystem ermöglicht die frontale Befestigung von zusätzlichem Material an der Außenseite, kann aber auch zur seitlichen Kompression des Rucksackvolumens verwendet werden.

Alle Angebote auf www.bergrettung.tirol/shop Bergrettung Tirol

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Inside Ausrüstung 40% Tirolwool, 60% Celliant und 13 ionisierte Mineralien

„Die Verbindung von lokaler Wertschöpfungskette mit Tirolwool und absoluter Hightech-Bekleidung hat es auf diesem Level bislang nicht gegeben“

Bergrettung Tirol

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Bergrettung Tirol:

Die Ausrüstung Nachhaltige Spitzenprodukte von Salewa und Tirolwool Selbst bei extremen Einsätzen muss die Bergrettung der Ausrüstung, vom Seil bis zur Socke, voll vertrauen können. Seit vielen Jahren arbeitet sie daher mit dem Bergsportausrüster Salewa an Spezialprodukten, die teilweise sogar in die Serienproduktion gelangen. Der Blick in die Innovationsbastelstube ist sehr aufschlussreich.

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ir sprechen mit Bekleidungsexpertin Christine Ladstaetter von Salewa über die neuen Jacken, die ab Winter 2017/18 in den Verkauf kommen und schon im Vorfeld durch den Brand New Award auf der ISPO 2017 in München für Aufmerksamkeit sorgten. Grund dafür ist ein völlig neues Isolationsmaterial, das in Zusammenarbeit mit Tirolwool und Imbotex in Bassano del Grappa entstanden ist. Die größten Wollverwerter sind in Südamerika und China beheimatet, wo die Wolle nicht sortenrein in gewaltigen Mengen für den globalen Markt aufbereitet wird. Auf der Suche nach einem der wenigen leistungsfähigen Wollverwerter in Europa stieß Peter Veider auf Imbotex. Seit 1955 zählt der familiengeführte Betrieb zu den besten Wollwäschereien und Wollveredelungsspezialsten. Die Zusammenarbeit mit Tirolwool und Salewa begann 2015, um die im Vergleich zu Merinowolle gröbere Wolle des Tiroler Steinschafs für die Hightech-Produkte der Outdoor-Bekleidung aufzubereiten.

Das Ergebnis der Forschungsarbeit ist Celliant: Eine Mischung aus 40% Tirolwool und und 60% Celliant, das sind 13 ionisierte und in Polyesterfasern eingelagerte Mineralien, bilden den watteähnlichen Isolationsstoff, der in leichtem Nylongewebe ummantelt ist. Er arbeitet interaktiv mit der uns eigenen Körperenergie und reflektiert Infrarotstrahlen. Dadurch werden die Blutzirkulation angeregt, die Körpertemperatur besser reguliert und die Regeneration unterstützt. Die um fast zehn Prozent im Vergleich zu anderen Materialien erhöhte Sauerstoffbindung steigert die Atmungsaktivität und Wärmeegulierung der Celliant-Jacken und -Hosen.

Salewa bringt eine Short und die Jacken Puez und Fanes heraus, quasi die zweite Generation der Tirolwool-Kooperation, die seit 2013 existiert. Christine Ladstaetter, seit vielen Jahren bei Salewa für Innovationstechnologie zuständig, ist auf den Erfolg der Produkte gespannt, denn „die Verbindung von lokaler Wertschöpfungskette mit Tirolwool und absoluter Hightech-Bekleidung hat es auf diesem Level bislang nicht gegeben“, so Ladstaetter.

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Einsätze Inside Ausrüstung mit dem herzen dabei

Die enge Verbindung zu den Schafzüchtern an den Südausläufern der Dolomiten hat das Familienunternehmen geprägt.

Imbotex: Den Hauptanteil an der Celliant-Entwicklung hat sicherlich Imbotex getragen, namentlich Firmenchefin Stefania Carniello, die sich auf das Wagnis einließ, die Wollveredelung von Tirolwool durch Forschung und Experimente voranzutreiben. Einer der Hauptgründe findet sich im Firmenslogan „Nature and Technology“. Die enge Verbindung zu den Schafzüchtern an den Südausläufern der Dolomiten hat das Familienunternehmen geprägt. Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sind unverzichtbare Grundprinzipien der Firmenphilosophie bei Imbotex. „Als Peter Veider zu uns kam und sein Projekt vorstellte, war sofort klar, dass wir eine Sprache sprechen“, sagt Stefania Carniello. Auch sein bisweilen anstrengender Perfektionismus stand nicht im Weg, im Gegenteil. „Das wissen wir aus eigener Erfahrung: Wenn etwas wirklich gut werden soll, darfst du nicht auf halbem Weg stehenbleiben, Kompromisse eingehen und dich selbst anlügen. Das macht ihn mir eher sympathisch“, sagt Stefania und ist überzeugt, dass die neuen Salewa-Produkte auch bei den Bergrettern und Bergsteigern gut ankommen werden.

Wir fragten ihn nach den Gründen für den extremen Qualitätsanspruch.

Peter Veider, Geschäftsführer der Bergrettung Tirol, hasst Kompromisse, vor allem wenn es um die Ausrüstung der Bergretter geht. Bergrettung Tirol

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„Wenn ein Bergsteiger oder Wanderer an seine Grenzen kommt, setzt er sich hin, erholt sich, pausiert, wechselt die Kleidung, stärkt sich und setzt dann den Weg fort. Wenn wir einen Notruf erhalten, muss alles ganz schnell gehen. Man weiß es ja vorher nicht, ob es ein Einsatz wird, bei dem jede Minute, machmal Sekunde zählt. Du gibst sofort Vollgas und hast nicht lange Zeit für die richtige Materialwahl wie beim Herumgruschteln vor dem Bergurlaub. Das muss sofort

alles perfekt stimmen. Ich übertreib jetzt mal: ‚Tut mir leid, ich muss nochmal nach Hause und wärmere Handschuhe holen.’ Ein Bergretter, der das sagt wäre irre. Unvorhersehbare Komplikationen sind nicht selten und können auch einen starken Bergprofi an seine Grenzen bringen. Was soll der dann machen? Sich hinsetzen, pausieren, Kleidung wechseln? Nein, wir müssen durch, bis wir den Einsatz beendet haben. Dabei darf das Material ebenso wenig Schwächen zeigen wie wir. Als weiterer Faktor kommt die Nachhaltigkeit hinzu. Die Idee hinter Tirolwool ist auch die Stärkung der heimischen Schafzucht. Früher war


"Ich will Top-Produkte aus einheimischer Produktion, und sie sollen nachhaltig und umweltschonend sein."

der Lohn für die Knochenarbeit der reinste Hohn, heute ist es deutlich mehr, was die Schafzüchter bekommen. Warum sollen wir mit der Bergrettung Tirol, vereinfacht ausgedrückt, den chinesischen Arbeitsmarkt unterstützen. Ich will Top-Produkte aus einheimischer Produktion, wenigstens aus europäischer, und sie soll nachhaltig und umweltschonend sein. Das ist für einen großen Ausrüster wie Salewa mit langfristigen internationalen Verträgen oft nicht leicht, aber sie leben als Bergsportausrüster in Tirol denselben Spirit und passen daher zu uns. Außerdem kann ich eine Nervensäge sein.“ Bergrettung Tirol

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Inside Ausrüstung

„Was soll ich mir darunter vorstellen?“ „Ich bilde mir immer ein, wenn ich eine Idee habe, muss die gleich umgesetzt werden. Dass da ein ganzer Apparat in Bewegung gesetzt werden muss, strapaziert meine Geduld. Außerdem denke ich nur an Qualität und Funktion. Schnickschnack und andere Kriterien interessieren mich nicht. Aber ein Unternehmen muss natürlich auch wirtschaftlich denken und sich an den breiten Geschmack wenden. Die wollen nicht ewig herumtüfteln, sondern auch mal zum Ende kommen und das Produkt auf den Markt bringen. Und dann kommt der Veider zum x-ten mal daher und will wieder etwas ändern. Wir haben nach drei Jahren endlich unsere drei Rucksackmodelle fertig, die den Ansprüchen der Bergrettung gerecht werden. Bestimmt ist der Heiner [Oberrauch, Geschäftsführer von Salewa] wegen mir oft genervt, aber wir sind beide Tiroler und haben eine gute Vertrauensbasis. Sonst wäre das alles nicht möglich.“

BEST QUALITY Bergrettung Tirol

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„Salewa profitiert doch indirekt auch vom Input der Bergrettung. Das sollte doch die Zusammenarbeit erleichtern.“ „Das tut es auch, aber oft sind die Produkte auch zu speziell und teuer für entsprechende Absatzzahlen. Ein Beispiel ist unsere Funktionswäsche. Das Unternehmen Reda bei Biella macht die feinsten Stoffe der Welt und beliefert die Edelschneidereien von Brioni und Prada. Die Umweltstandards, der Umgang mit den Merinoschafen, die nachhaltige Produktion, die Qualität, die fantastische Funktion des Stoffs – das kann man nicht toppen, den Preis leider auch nicht, also ideal für die Unterwäsche der Bergrettung. Salewa verarbeitet die Stoffe für uns und entwickelt mit uns die einzelnen Produkte, aber große Absatzzahlen wären damit nicht möglich.“

„Wie lange arbeitet ihr schon zusammen?“ „Seit 2009 sind wir mit Salewa verbandelt und seit 2013 stemmen wir gemeinsam das Projekt Tirolwool, aber darüber sprichst du besser mit Christine Ladstaetter.“

Reda bei Biella: Die Umweltstandards, der Umgang mit den Merinoschafen, die nachhaltige Produktion, die Qualität, die

fantastische Funktion des Stoffs – das kann man nicht toppen.


Hochtouren

Tipps vom Profi

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Hochtouren Wenn die Luft dünn wird…

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Guide Collection: Blatt 2 Hochtouren

as vergletscherte Hochgebirge ist Sinnbild für unberührte Natur und grenzenlose Freiheit. Wo sonst kann man den Stress und Lärm unserer Zivilisation besser hinter sich lassen als auf den abgeschiedenen Gipfeln des Alpenhauptkamms? Grandiose Aussichten, Kameradschaft und die Freude über die eigene Leistung belohnen den ambitionierten Bergsteiger für die Mühen des langen und anstrengenden Aufstiegs.

Jenseits von 3000 Metern Seehöhe nimmt aber nicht nur die Atemnot rapide zu. Fehler in der Tourenplanung, mangelhaftes Material und allem voran fehlendes Eigenkönnen, führen statistisch gesehen zu einem deutlich erhöhten Unfallrisiko bei Hochtouren verglichen mit anderen Bergsportdisziplinen. Befassen wir uns doch kurz mit diesen drei Aspekten und legen so die Grundsteine für eine gelungene Hochtour!

Bergrettung Tirol

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Einsätze Tipps vommitProfi dem herzenHochtouren dabei

Die hohe Kunst der Tourenplanung Nichts würde unsere Einsatzzahlen deutlicher sinken lassen als gewissenhaft durchgeführte Tourenplanungen. Die Statistik auf Seite 43 zeigt uns aber, dass auf dieses Fundament der Gefahrenreduktion allzu oft verzichtet wird. Dabei gehört das Wälzen verstaubter Führerliteratur und ausgefranster Landkarten dank der enormen technischen Entwicklung der Vergangenheit an und kann heute, mit großräumig verfügbaren Internet am Smartphone, sogar oft in der Berghütte gemacht werden. Hier sind die wesentlichen Punkte einer modernen Tourenplanung:

[A] Wetterbericht

Guide Collection: Blatt 2 Hochtouren

Wer lange genug im Netz surft, findet immer eine Webseite, die gutes Wetter verspricht. Erfahrungswerte sind deshalb unverzichtbar, und sehr oft zeigt sich, dass die staatlichen Wetterdienste (in Österreich die ZAMG) am zuverlässigsten sind. Fest steht: Von einer Kaltfront „überrascht“ zu werden, zählt heute nicht mehr als Ausrede – diese werden nämlich zu 100 % korrekt vorhergesagt. Bei Hochtouren sind alle Punkte des Bergwetterberichts genau zu studieren. Nebel auf weiten Gletscherflächen ist genauso kritisch wie minus 10 Grad bei starkem Wind auf 3500 m oder eine sommerliche Schneefallgrenze im Bereich eines schwierigen Felsgrats.

[B] Zeitplanung

Nicht nur in Führerliteratur, sondern auch auf diversen Tourenforen und Blogs im Internet lassen sich wertvolle Informationen über den Zeitaufwand für die gewählte Tour recherchieren. Im Zeitalter sozialer Medien findet sich vielleicht sogar ein Bericht vom Vortag, mit Details zu den aktuellen Verhältnissen. Es empfiehlt sich, immer Zeitreserven einzuplanen, denn gerade bei Hochtouren kommt es manchmal zu Überraschungen wie beispielsweise frisch ausgeaperten Moränen, die das Weiterkommen erschweren. In Kombination mit der Wetterprognose „Möglichkeit von Wärmegewittern am Nachmittag“ kann es dann recht schnell brenzlig werden.

Wo gibt es Gefahren?

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[C] Gefahrenstellen

Ein Blick auf die Landkarte – egal, ob auf Papier oder am Handydisplay – verraten dem geschulten Auge schnell die Schlüsselstellen der Tour. 6 Wo ist es am steilsten, wo sind exponierte Stellen? 6 Gibt es Gefahrenstellen mit Stein- und Eisschlag? 6 Wie zerklüftet ist der zu überquerende Gletscher? Die kostenlose Software Google Earth ermöglicht es, einen ersten, oft fotorealistischen, dreidimensionalen Eindruck der Landschaft zu gewinnen. Es ist erstaunlich, mit welcher Sicherheit man am folgenden Tourentag dank der so erworbenen Gebietskenntnis unterwegs ist!

Sichere Route mit Google Earth planen!


Hochtouren

Tipps vom Profi

Die richtige Ausrüstung Die Devise lautet: „light and fast“. Gerade in der Höhe wirkt sich ein schwerer Rucksack besonders negativ auf die Geschwindigkeit aus. Die Summe vieler gewichtsoptimierter Ausrüstungsgegenstände macht hier einen enormen Unterschied. Eines muss Bergsteigern immer bewusst sein: Umso länger ich mich im Hochgebirge aufhalte, desto größer wird die Gefahr, durch schlechtes Wetter, Steinschlag oder sonstige objektive Gefahren getroffen zu werden. Zu viel Material auf die höchsten Berge der Alpen zu schleppen, kann also genauso gefährlich sein wie zu wenig davon. Im Fachhandel erhalten Sie die notwendige Beratung, um sich im ausufernden Materialsektor zurechtzufinden.

Guide Collection: Blatt 2 Hochtouren

Die schlechte Nachricht vorweg: Bergsteigen, insbesondere auf Hochtouren, ist kein billiges Vergnügen. Gutes Material ist teuer, beginnend bei der Funktionsunterwäsche bis hin zum Eispickel. Investitionen in eine moderne Ausrüstung machen sich aber nicht nur auf schönen Gipfelfotos bezahlt, sondern bringen auch ein großes Plus in puncto Sicherheit.

TIPP!

Im Netz finden sich außerdem kostenlose GPS-Tracks, die man sich aufs Smartphone oder GPS-Handgerät laden kann. Im Zusammenhang mit den schnell schmelzenden Gletschern im Alpenraum ist das Alter der gewonnen Informationen jedoch immer kritisch zu hinterfragen.

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Tipps vom Profi Hochtouren

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Eigenkönnen [A] Kondition

Dass die eigene Kondition in großen Höhen in besonderem Maße über den Ausgang einer Tour entscheidet, ist naheliegend. Hochtouren sind für den Körper eine große Belastung, weshalb auf ausreichende Verpflegung geachtet werden muss. Außerdem gilt der Grundsatz: „Auf die Berge geht man, um gesund zu bleiben – nicht um gesund zu werden!“ Wichtig für die Selbsteinschätzung: Die Kondition darf nicht nur für den Gipfel reichen. Das ist die Hälfte der Tour!

Bergführer buchen! Wer die Unterschiede zwischen den Sicherungstechniken nicht um 2 Uhr morgens nach einer schlaflosen Nacht im überfüllten Matratzenlager auf 4000 m Seehöhe aufzählen kann, ist gut beraten, einen Bergführer zu engagieren!

1. am Gletscher 2. in einer steilen Firnflanke

[B] Klettertechnik

Guide Collection: Blatt 2 Hochtouren

Hochtouren verlangen Bergsteigern in der Regel eine Vielzahl von Klettertechniken ab. Häufig findet man sich in kombiniertem Gelände wieder, also einem Mix aus Schnee, Eis und Fels. Ausreichend Übung und Erfahrung entscheiden in dieser Umgebung, ob sich Steigeisen und Pickel als Fremdkörper oder als nützliches Werkzeug anfühlen.

[C] S eil- und Sicherungstechnik

Zahlreiche tödliche Abstürze auf den Drei- und Viertausendern der Alpen belegen Jahr für Jahr, dass die Seil- und Sicherungstechnik eine essenzielle Rolle spielt. Wer sich hier seiner Sache nicht absolut sicher ist, begibt sich und seine Begleiter in größte Gefahr. Falsche oder ungeeignete Sicherungstechniken führen bei Hochtouren viel zu oft zu Abstürzen ganzer Seilschaften. In steilen Schneeflanken oder auf schmalen Graten genügt das Stolpern eines Gruppenmitglieds, um alle mitzureißen.

3. im Fels

4. und auf einem Grat

Tipp! Überlege di r laufend, w elche Gefa gerade am hr dich meisten be droht, und p Seiltechnik asse die entspreche nd an. Beispiel: Am flachen, sch neebedeckte scher über n Gletwiegt die G efahr, in e zu stürzen ine Spalte . Bei zune hmender S Geländes üb teilheit des erwiegt frü her oder sp Absturzgefa äter die hr… Bergrettung Tirol

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„Die Berge kümmern sich nicht um dich. Wir schon!“

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Das ist der Titel eines Filmes über die historische Entwicklung der Bergrettung in den USA. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg halfen unsere Tiroler Einsatzkräfte entscheidend mit, in Nordamerika das alpine Rettungswesen aufzubauen. Heute arbeiten wir mit Polen aus der Tatra, Oberbayern aus Berchtesgaden und Südtirolern bei internationalen Ausbildungsprojekten eng zusammen – im Rahmen von EU-Programmen. Dazu kommen Kooperationen mit Kanada und Teams aus weiteren Staaten. Es waren Spezialisten aus Oberbayern und Tirol, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die damals im weltweiten Vergleich modernste Bergrettungstechnik nach Nordamerika brachten – die Tüftler Ludwig Gramminger und Wastl Mariner. Wichtiger Partner auf der anderen Seite der Erde war der gebürtige Münchner Alpinist und Kajakfahrer Wolf


International

Bergrettung

Frühling 2002. Wir sitzen in Downtown Seattle in einem Café, und der 83-jährige Kurt Beam schaut über den Pudget Sound, jenen prachtvollen Fjord, der den Hafen von Seattle vor dem offenen Ozean schützt. Hinter Kränen und abgewrackten Docks leuchtet mit 4392 Metern der Mount Rainier herüber – angestrahlt von der Sonne aus dem Westen: „Verstehst du, warum ich damals sagte, hier bleibe ich und nirgendwo anders?“ Auf der Ingenieurschule in Wien (Gewerbeschule, heutige HTBL) legte sich Beam (damals hieß er als jüdischer Österreicher noch Kurt Beamt, ehe er seinen Namen amerikanisierte) in sehr jungen Jahren mit Nationalsozialisten an, die mit ihrem Hass gegen Juden schon vor 1938 in Österreich ihr Unwesen trieben. Nach der Matura ging Beam dann für ein Jahr als technischer Zeichner nach Finnland und kehrte kurz nach Österreich zurück.

Bauer (1912 – 2016), der schon vor dem Zweiten Weltkrieg an die Westküste der USA ausgewandert war. Viele Erstbegehungen in Übersee gingen auf sein Konto. Er wandte sich schon kurz nach Kriegsende wieder an die alte Heimat, um Lehrmaterial und Entwicklungen aus Tirol nach Amerika zu bringen. Dabei war auch unser legendärer Tiroler Lehrfilm von 1948, der die von Mariner und Gramminger entwickelte und damals revolutionäre Bergrettungstechnik erstmals einem breiten Publikum vorstellte – zu sehen mittlerweile auch im Internet. Kurt Beam (Beamt) aus Wien Eine weitere Schlüsselfigur bei der Anbahnung neuer Kontakte war der amerikanische Bergretter Kurt Beam – geboren am 1. März 1919 in Wien, verstorben am 28. Juli 2006 mit 87 Jahren in der Nähe von Seattle. Beam half neben anderen Idealisten und Ehrenamtlern beim Aufbau der USEinsatzkräfte mit. Es gelang mir im Jahr 2002, ihn an der Pazifikküste noch ausfindig zu machen und für den Österreichischen Rundfunk (ORF) zu interviewen: „Du willst wissen, wie ich meine Frau kennengelernt habe? Es war eine Tour mit dem amerikanischen Alpenverein. In den 1940er-Jahren, hier in der Nähe von Seattle. Mein Freund und ich hatten ein Zelt, Ruth nur einen Schlafsack. Ich lud sie ins Zelt ein. Sie erwiderte: Nur wenn du mich heiratest.“

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Sein aus Mähren gebürtiger Vater betrieb eine Fabrik für Baumwollschwämme, die für die Reinigung von ölverschmierten Lokomotiven verwendet wurden und sich bestens verkauften, ehe Hitler auch in Österreich die Macht übernahm. Der Vater hoffte noch, Österreichs Bundesheer würde Hitlers Truppen bekämpfen. Nach dem Einmarsch flüchtete Beam dann über Kolumbien zum Panama-Kanal. Dort arbeitete er als Maler und Anstreicher für die Armee der USA und später als Manager in einem Shop der Streitkräfte.

Wastl Mariner Mit Unterstützung des amerikanischen Vizekonsuls kam er nach Chicago. Bald hatte er einen guten Job bei einer Versicherung, der ihn nach Seattle an die gebirgige Westküste führte. Nun erinnerte sich Beam mit Wehmut an frühere Touren in der alpinen Heimat: Rax, Schneeberg, Glocknergruppe, Stubaier Alpen, Gesäuse, Mont Blanc ... Mit amerikanischen Stars unterwegs Der amerikanische Alpinist, Bergführer, Künstler und Autor Dee Molenaar lud Kurt Beam zu Besteigungen von Mount Rainier und Mount Baker ein. Damit war es um ihn geschehen. Er kam mit Bergsteigerstars des pazifischen Nordwestens in Kontakt, die bis in die 1960er- und 1970er- Jahre Geschichte schrieben: Peter Schoening als Erstbesteiger von Gasherbrum I, sechsfacher Lebensretter auf dem K2, Tom Hornbein, erster Überschreiter des Everest, Cornelius Molenaar, mit seinem Bruder Dee ein zäher Erschließer Alaskas. „An den Amerikanern hat mir immer gefallen, dass sie Berge mehr als Lebensraum betrachten, Freundschaften pflegen, nicht prahlen und Scherze über sich selbst machen“, sagte Kurt Beam in unserem Interview, „das unterscheidet sie von uns in den Alpen.“ Der Wiener verlegte sich ab 1947 auf das Bergrettungswesen. Auf den zwölf Gletschervulkanen an der

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Pazifikküste zwischen dem nördlichen Kalifornien, Oregon, State of Washington und British Columbia in Kanada gab es damals kein systematisches Rettungswesen, das diesen Namen verdient hätte. Die küstennahen Regionen der Cascades, wie die Vulkankette genannt wird, dienten schon damals Millionen Stadtbewohnern im Sommer wie im Winter als Erholungsraum: Vancouver, Seattle, Tacoma, Portland, San Francisco. Die Gipfelhöhen bewegen sich zwischen 2550 (Mount St. Helens) und 4392 Metern (Mount Rainier). Nach Kriegsende frühe Kontakte nach Tirol Es gab schon vor 1945 einige Skilifte, und so begann Beam kurz nach seiner Ankunft in Seattle als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Pistenrettung. Dann wurde er Mitglied der freiwilligen Mountain Rescue in den Gebieten von Mount Baker, Mount Rainier, Snoqualmie Peak und Chinook Pass. Entsetzt über den schlechten Stand der Ausbildung nahm er wenige Jahre nach Kriegsende wieder Kontakt mit der alten Heimat auf. Er verzieh Österreich die politischen Abgründe der NSZeit und vieles, was ihm von Hitlers Fanatikern angetan worden war. Beam schaute nach vorn und wollte Freundschaften aufbauen. In Tirol arbeiteten damals Pioniere, die große Erfahrung hatten und ständig Innovationen suchten. Auch Ludwig Gramminger aus dem benachbarten Oberbayern hatte schon in der Zwischenkriegszeit neue Wastl Mariner

„An den Amerikanern hat mir immer gefallen, dass sie Berge mehr als Lebensraum betrachten, Freundschaften pflegen, nicht prahlen und Scherze über sich selbst machen“

Bergrettung Euregio


Methoden für Bergungen aus Felswänden entwickelt und bei vielen Versuchen erprobt. 1939 folgte sein legendärer „Gramminger-Sitz“ zum Abseilen. 1943 lernte er Wastl Mariner bei den Gebirgsjägern in der Kaserne von St. Johann in Tirol kennen. Bald nach Kriegsende kam dann das von Gramminger entwickelte Stahlseilgerät auf breiter Basis zum Einsatz, das bis in die 1990er-Jahre bei der österreichischen Bergrettung verwendet wurde. Kurt Beam, dem jüdischen Flüchtling aus Wien, fiel 1950 in den USA durch Zufall Mariners bahnbrechendes Buch „Neuzeitliche Bergrettungstechnik“ in die Hände. So wurde er vom amerikanischen Dachverband als offizieller Verbindungsmann nach Tirol geschickt. Erste Treffen fanden in Innsbruck statt. Zusammen mit dem deutschstämmigen Amerikaner Wolf Bauer aus Oberbayern besorgte Beam moderne Eispickel und Sicherungsmaterial im Stubaital sowie einen Akja der Tiroler Bergrettung. Der Rettungsschlitten geht auf ehemalige Gebirgsjäger der Hitler„Wehrmacht“ zurück, die damit an der Eismeerfront Norwegens erste Erfahrungen gesammelt hatten. Beam nahm viel Material von Tirol nach Seattle mit, begann mit Schulungen und passte die alpine Ausrüstung für den Nordwesten der USA an. Er übersetzte Mariners Lehrbuch ins Amerikanische – gemeinsam mit Dr. Otto Trott, einem Unfall-

chirurgen jüdisch-deutscher Abstammung, der in Bellingham bei Seattle arbeitete. Eine besondere Härte in amerikanischen Wildnisgebieten sind lange Transportwege. Ohne Unterstützung von Hubschrauberteams und auf schlechten Straßen fraßen Einsätze sehr viel Zeit, was bei vielen Verletzten zu großen Schwellungen führte. Beam entwickelte eine offene Schiene, die nicht auf Wunden, Muskeln und Knochen drückte und ihren Zweck dennoch erfüllte. Er verstarb in hohem Alter am 28. Juli 2006. Sein Sohn heißt ebenfalls Kurt. Er ist Arzt und Professor für Physiologie und Biophysik an der Universität von Denver im gebirgigen US-Bundesstaat Colorado.

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Bergrettung Euregio

Im hohen Alter stolz auf das Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich, verliehen in Wien vom damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer

Filmtipp fürs Internet:

Geschichte der Bergrettung in den USA "Mountains don`t care, but we do" ("Die Berge kümmern sich nicht um euch, wir schon") Über die Entwicklung der amerikanischen Bergrettung: This short documentary provides an early history of the U.S. Mountain Rescue Association (MRA), with a focus on events in the Pacific Northwest during the 1940's and 50's. It shows the Alpine roots of Mountain Rescue in the United States, and how the changing conditions in the Northwest after World War II provided a need for local mountain rescue teams. Zu sehen als Internet-Video hier: https://vimeo.com/27697321

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"Training Film Wilder Kaiser" von 1948 - Über die technischen Entwicklungen der Tiroler Bergrettung unter Wastl Mariner, die international für großes Interesse sorgten und viele Bergrettungsdienste weltweit beeinflussten. This unique video was made as a black and white silent film in Austria, and shows the evolution of early mountain rescue technique and equipment in Europe. In about 1950 the German-American immigrant Wolf Bauer brought a copy of the film to Seattle, and this became the inspiration for development of mountain rescue in the US during the 1950’s.. Zu sehen als Internet-Video hier: https://vimeo.com/20370150

Unser Tiroler ÖBRD-Lehrfilm schaffte es in den 1950er-Jahren auch nach Amerika!


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Kurt Beam mit 75 beim Chinook Pass, Skigebiet in der Nähe von Seattle

Bilder: Bergrettung Tirol - Ortsstelle Innsbruck und Archiv von Gerald Lehner

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35 Über Wirkung und mögliche unerwünschte Wirkungen informieren Gebrauchsinformation, Arzt oder Apotheker. Wirkstoff: Diclofenac. Stand: Mai 2017.


Faszination

Eisklettern

Einsätze mit demEisklettern Faszination herzen dabei

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Aller Anfang ist leicht, dann wird es schwerer Im Gegensatz zum Felsklettern sind die Routen im Eis vergänglich, die Absicherung ist prekär und der technische Aufwand erheblich. Dennoch – oder gerade deswegen – erlebt das Eisklettern einen gewaltigen Aufschwung. Benedikt Purner, erfahrener Eiskletterer und Mitglied der Bergrettung Tirol, gibt Tipps für Einsteiger – und Fortgeschrittene.


“Careful with that axe, Eugene“

„Das ist rekordverdächtig. Mehr kann man nicht falsch machen“, sagt Beni Purner. Dreißig Jahre nach meinem Wasserfalldebüt sprechen wir über technische Fortschritte und aktuelle Entwicklungen in einem Sport, der früher mal als extrem galt und heute zum populären Trendsport wird, so meine Meinung.

Pink Floyd „Das stimmt so nicht. Die Popularität des Eiskletterns hat etwas mit den Eisparks, Übungsparcours, leichten Top-Rope-Anlagen und einfachen kurzen Eispassagen zu tun. Bei den wirklich schwierigen Eiskletterrouten sind die Anforderungen nach wie vor extrem hoch. Das ist und bleibt ein Spitzensport“, sagt Beni Purner. Ähnlich wie beim Klettern – von der Boulderwand bis zum Free Solo – ist das Anforderungsspektrum beim Eisklettern breit gefächert. Es reicht von der mit Styrodurplatten betackerten Holzwand auf Kindergeburtstagen bis zu überhängenden Mixed-Passagen an freistehenden Kerzen in düsteren Schluchten. Wasserdichte Bekleidung mit größtmöglicher Beweglichkeit, Mütze, Handschuhe, Klettergurt, steigeisenfeste Bergschuhe, starre Steigeisen mit Frontalzacken und Stollschutzplatten, zwei Eisgeräte – und schon kann es im einfachen Gelände losgehen. Wer eigenständig in der Natur an gefrorenen Wasserfällen unterwegs ist, benötigt noch ein Doppelseil, etliche Eisschrauben, Expressschlingen, Helm, Rucksack, Gamaschen – und die Ausrüstung für den Zustieg wie Schneeschuhe oder komplette Tourenskiausrüstung kommt auch noch dazu. Die Liste ist nicht nur lang, die Ausrüstung geht auch mächtig ins Geld, denn die meisten Produkte müssen höchsten Qualitäts- und Sicherheitskriterien gerecht werden, um die Prüfsiegel für den freien Verkauf im Fachhandel zu erhalten. Alles soll möglichst leicht und leistungsfähig sein. Da lohnt sich die Teilnahme an Eiskletterkursen mit Leihausrüstung.

Fotos: AustriAlpin, Laso Schaller; Klaus Pietersteiner

[E]

s war einfach zu warm. Mit den Tourenski erst durch den Pappschnee, dann das Getröpfel unter den gefrorenen Gaisalpfällen. Hinter der dünnen durchsichtigen Eiskruste rauschte der Wasserfall, und wenn man die Eisschraube reindrehte, kam das Wasser wie durch einen Zapfhahn gelaufen. Wurscht! Wozu hatten wir auf dem Parkplatz von Chamonix dem Tschechen seine zehn Titanschrauben abgekauft? Um jetzt zu kneifen? „Ich steig das vor, du gehst zur Seite“, sagte Wolfgang und trommelte los. Es war meine erste Eiskletterei und warum ich zur Seite gehen sollte, verstand ich nicht, fühlte mich aber bald wie eine Limette im CaipiGlas. Wolfgang schaufelte gecrunchtes Eis auf mich, dass der Helm prasselte. Nachdem er bereits 30 Meter weiter oben herumpickelte, plötzlich ein Schrei: Achtung! Ein sausendes Geräusch wie von einem Schrapnell pfiff durch die Luft, ein dumpfer Rumms, und neben meinem rechten Fuß klaffte ein Krater im Schnee: Ein Eisklotz von etwa 30 Kilo war haarscharf neben mir eingeschlagen. Daher der Rat, beim Sichern zur Seite zu Gehen, aus der Falllinie, aha!

Bergrettung Tirol

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Faszination Eisklettern

„Wer vom Eisklettern fasziniert ist, sollte an einem Kurs teilnehmen. Viele Alpinschulen bieten das an und haben die entsprechende Kompetenz und optimale Ausrüstung. Für ein oder zwei Touren pro Jahr muss man nicht Tausende ausgeben. Eisklettern ist auf jeden Fall reizvoll, kann aber im leichten Gelände auch fad werden, weil Das muss man ja nicht wie beim Klettern Griffe und Tritte lang suchen schnell gehen. muss. Der erste Schritt: Man lernt mit Gefühl und sauberer Auch das Ausschütteln Steig- und Schlagtechnik die vertikale Fortbewegung und der Arme wird durch Griffsollte das bis zur Perfektion einüben. Der nächste Schritt schlaufen erschwert“, erklärt Purner. wäre nach der künstlichen Eisanlage der Weg in die Natur, in Dann sind dir Geräte nicht gesichert und leichtes Gelände, um ein Gefühl für Eisstrukturen zu bekomkönnen runterfallen? „Um Himmels willen, nein. Es men, für die Einstrahlung und die Temperatur – die drei legibt flexible Sicherungsgurte mit Karabibenswichtigen Faktoren beim Eisklettern“, nern wie die Spinner leash. Der Verlust des Kurzum, wer bei erklärt Purner. Eisgeräts wäre der Supergau!“ Anders ausPlusgraden in gedrückt, fällt die Axt, brennt der Baum. Sehr eindringlich erklärt Purner den Umbrüchiges Eis „Gibt es überhaupt Unfälle beim Eiskletgang mit den drei Faktoren. Ideale Bedintern?“, fragen wir den Bergretter. gungen herrschen, wenn die Temperaeinsteigt, spielt turen deutlich unter dem Gefrierpunkt lieRussisches Roulette „Wir haben es bei der Bergrettung vor allem gen, die Route keine Sonne bekommt und mit Folgen der Selbstüberschätzung und die Eisauflage sehr dick und kompakt ist. mangelnder Erfahrung zu tun. Der Rückzug aus einem geKurzfristige Plusgrade, auch nur knapp über dem Gefrierfrorenen Wasserfall oder einer Mixed-Route ist anspruchspunkt, setzen voraus, dass die anderen beiden Faktoren voll, steile Passagen sind kraftraubend. Wer sich nur dreizwingend passen müssen, also perfekte Eisstruktur und nur mal pro Jahr ins Steileis wagt, hat in schweren Routen Schatten. Ist die Eisstruktur schlecht, brüchig, blasig, hohl, nichts verloren. Selbst wenn er das Glück hat, unversehrt unterspült, dünn – dann muss es zumindest sehr kalt und die Route zu durchsteigen, ist das mit so viel Angst und schattig sein, damit die Route überhaupt in Betracht kommt. Schmerzen erkauft, dass die Freude an dem Sport verLiegt die Route in der Sonne, muss es kalt sein, und die Eisschwindet. Eisklettern sollte weder zum Martyrium noch struktur muss stimmen. Kurzum, wer bei Plusgeraden in zum Himmelfahrtskommando ausarten“, sagt der Tiroler brüchiges Eis einsteigt, spielt russisches Roulette. Soweit Bergführer. die Theorie. Bis die Beurteilung in der Praxis so gut funktioniert, dass man sich eigenständig in schwierigeres GeWarum ihn der aufwendige Wintersport – Ausrüstung, Verlände vorwagen darf, sind etliche Kurse und regelmähältnisse, entlegene Routen – so fasziniert, dass er bis nach ßiger Sport nötig. Island reist, kann er in eindrucksvollen Bildern verdeutlichen. „Die Vergänglichkeit der Eisrouten, die ZerbrechlichWir trugen die Eisklettergeräte früher immer mit Handkeit der Substanz ist der krasse Gegensatz zum Fels. Du schlaufen. Was ist daraus geworden? „Die nutzt kannst niemals dieselbe Route zweimal klettern. Es ist ein keiner mehr. Eisklettern kann ab einer gewissen einmaliges Erlebnis in einer grandiosen, bizarren UmgeSchwierigkeit auch akrobatische Elemente enthalbung, das wie ein Solitär in deiner Erinnerung leuchtet.“ ten, die Griffwechsel erfordern.

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Fotos: Klaus Pietersteiner

Einstieg ins

EiskletternAusrüstung Helm

Gurt mit 4 Materialschlaufen

Steigeisen mit Antistollplatten

Eisgeräte ohne Handschlaufen

Hochwertige Eisschrauben in verschiedenen Längen

Mehrere Paar Handschuhe

Expressschlingen

Spinner leash für die Eisgeräte

Lange Bandschlingen zum Stand bauen und Verlängern von Zwischensicherungen

Verschlusskarabiner für den Stand

Sicherungsund Abseilgerät

1 Sanduhrfädler für evtl. Rückzug

Transportkarabiner für Eisschrauben

Mindestens ein Paar dünne Handschuhe zum Klettern und ein Paar warme zum Sichern, Stirnlampe, Rucksack, steigeisenfeste Bergschuhe, Messer, Reepschnüre, warme, wasserdichte Bekleidung, dünne Mütze oder Sturmhaube, die unter den Helm passt. Ansonsten die übliche Standardsausrüstung wie bei allen alpinen Touren wie Erste-Hilfe-Set, Verpflegung etc.

Ausserdem: Zwei Halbseile, am besten 60 m

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Produkte neu

Produkt-

neuheiten Escaper | Beal

Die Profis von der Sicherheitsforschung holen erst einmal tief Luft, und die Bergrettung schaut sich die Sensation (zumindest für die harten Kletterer) der Outdoor-Messe in Friedrichshafen noch genauer an. Das Demovideo von Beal hatte auch schnell 100.000 Downloads. Der Grund: Für lange Abseilstrecken braucht man zwei 60-m-Seile. Die wiegen was! Der Escaper bietet nun ein lösbares Abseilsystem, einen lösbaren Anschlagpunkt. Er ermöglicht das Abseilen über eine komplette Seillänge, selbst wenn nur ein Seilstrang verfügbar ist, und funktioniert unabhängig vom Seildurchmesser. Beal weist ausdrücklich darauf hin, dass der Escaper eine Hilfe für Notfälle bieten soll: Wenn Abseilen an einem Einfachstrang erforderlich ist, wenn ein Halbseil-/Zwillingsseilstrang beschädigt ist, wenn beim Freeriden oder Skibergsteigen festgestellt wird, dass das Seil zum Abseilen doppelt genommen zu kurz wäre. Die Internetkommentare sind sich einig, dass der Escaper vor allem im extrem steilen/überhängenden Gelände verlässlich funktioniert, aber beim Verklemmen des Seils und im flachen Gelände Probleme mit sich bringt. U

VP: 44,95

Genauere Hinweise bieten die Videos auf Youtube und Vimeo. Festigkeit: 18 kN. Gewicht: 90 g.

K.ICE.R | Austrialpin

Colt Evo | Austrialpin

Das neue High-End Steileis- und Mixedgerät. Die neue Geometrie des K.ICE.R verleiht beim Eisklettern perfekte Präzision und Dynamik. Im Winkel verstellbar, kann die Klinge jedem Kletterer und seinen Bedürfnissen angepasst werden. Die standardmäßig montierte Eisklinge ist in wenigen Handgriffen durch eine Mixedklinge oder Hohlhaue ersetzbar und macht den K.ICE.R dadurch zum perfekten Begleiter in Fels und Eis.

Klettersteigset der neuesten Generation. Der Klettersteigkarabiner COLT liegt ganz natürlich in der Hand und lässt sich wie eine Zange bedienen. Durch den langen Schnapper ist ein großer Abstand der Finger zum Drahtseil gewährleistet. COLT erfüllt den UIAA-Knicktest! Gewicht: 509 g

Gewicht: 620 g

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40

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PrimeTech Kocherset 1,3 L | Primus Mehr weniger geht nicht: Das neue Kocherset von Primus wurde derart optimiert, dass es den Outdoor Industry Award 2017 in Gold gewann. Dank effektivem Windschutz und Topf mit integriertem Wärmetauscher ist der Gasverbrauch im Vergleich zu herkömmlichen Kochern halbiert (bis zu 50% je nach Wind und Wetter). Das Einstellventil mit Druckregulator sorgt für einen permanent gleichbleibenden Druck, auch bei fast leerer Gaskartusche oder Kälte. Die reduzierte Bauhöhe sorgt für besseren Stand. Falls der Kocher umfällt, beugt die patentierte Brennerkonstruktion Stichflammen vor. Das Set besteht aus Windschutz mit integriertem Brenner, zwei Töpfen, wovon einer keramikbeschichtet ist, einem Deckel, der zusätzlich als Sieb einsetzbar ist, Piezoanzünder und einem smarten, verriegelbaren Topfgriff. Der praktische Transportbeutel isoliert, hält Mahlzeiten warm, und man kann darin auch Reis nachgaren lassen. In Kombination mit Winter Gas funktioniert der PriR UVP: ,95EU 9 9 meTech Kocher selbst bei eisigen Temperaturen einzigartig, perfekt und zuverlässig. Beim 1 ; 1,3L 5EUR Test reichte eine Kartusche für 20 Mahlzeiten. ; 159,9

2,3L

Verfügbar in zwei Größen: 1.3 Liter und 2.3 Liter

Rider 3.0 Klettersteigset | Skylotec

5 : 99,9

UVP

EUR

Grigri plus |

Petzl Der überarbeitete Klassiker für die Vorsteiger-, Nachsicherung und TopRope-Sicherung wurde an einigen Stellen abgespeckt, am Einlauf des Sicherungsseils verstärkt und mit einer Panikfunktion versehen. Reißt man aus Versehen beim Ablassen zu stark am Hebel, blockiert er die Abseilfahrt.

Der RIDER 3.0 ist das sicherste Klettersteigset auf dem Markt! Im Falle eines Sturzes blockiert die mitlaufende Seilklemme sofort und verhindert einen tiefen Sturz bis zum nächsten Ankerpunkt. Beispiel: Überklettert man einen Ankerpunkt um die Armlänge eines KS-Set (1,20 m), beträgt der Sturzweg die doppelte Armlänge plus die Strecke zwischen zwei Ankerpunkten (i.d.R. 5 m), also insgesamt 7,40 m. Mit bis zu 2,20 m Aufreißlänge des Bandfalldämpfers sind das im Extremfall bis zu 9,60 m Fallstrecke. Der RIDER 3.0 minimiert den Fallweg auf geringe 2,40 m plus der Aufreißlänge des Dämpfers (120 kg=1,40 m, 40 kg=55 cm). Im Worstcase ergibt das 3,80 m, statt 6 m mit konventionellem Klettersteigset. Mit dem cableguy kann man leicht die Drahtstärke ermitteln. Entspricht das nicht den Toleranzwerten, lässt sich ein klassischer Klettersteigkarabiner einhängen. Ausstattung: speziell konzipierte RIDER 3.0 Seilklemme, Cableguy zur Seilstärkeermittlung, elastische Arme, progressiver Bandfalldämpfer für Personen 40 bis 120 kg (Personen unter 40 kg sollten immer nachgesichert werden). Gewicht: 810 g Seildurchmesser: Von 12 – 16 mm

UVP: 245 ,00 EUR Bergrettung Tirol

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Produkte Pflege

[Saubere Sache] Wenn es bei der Outdoorausrüstung um Nachhaltigkeit geht, schwingen Begriffe wie Pflege, Langlebigkeit und Qualität mit. Gute, ökologische Produkte verlängern die Lebensdauer erheblich, was Bergsteiger besonders freut, denn sie hängen an ihrer Ausrüstung.

[W]

er eine Outdoormesse besucht, wird an manchen Ständen von Schuhherstellern kaum noch Leder finden. Bei der Bekleidung sieht es, vom aktuellen Trend zur Wolle abgesehen, auch eher nach Kunstfaser als nach Baumwolle aus. Wie man Glatt- und Raulederschuhe pflegt, wie man Wollpullover wäscht, weiß jeder. Aber wie geht man mit den Hightech-Produkten der Bergsportaus-

rüster um? Müssen diese Produkte überhaupt gepflegt werden? Darf man eine „Gore-Jacke“ waschen? Ist die Daunenjacke nach dem Waschen noch brauchbar? Auf diese Fragen haben die Hersteller Fibertec und Nikwax die perfekte Antwort und sie produzieren Pflegeprodukte, deren Ökostandards die der handelsüblichen Drogerieartikel weit übertreffen.

Nikwax-Gründer Nick Brown verwirklichte seine Vision von hocheffektiven Imprägnierungen mit minimalen Umweltfolgen bereits vor vierzig Jahren. Heute verfügt der Imprägnierpionier über ein breites Portfolio wasserbasierter Reinigungs- und Imprägniermittel.

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:

Guido Augustiniak, Chef von Fibertec, hat jahrelang getüftelt, bis er für Daune, Kunstfaser, Wolle, Leder und Hightech-Materialien die optimalen Produkte entwickelt hatte. Nachfüllpackungen statt neuer Flasche, 100% pflanzlich-basierte Kunststoff für die 250-ml-Flaschen – wenn es ums Waschen, Imprägnieren und Pflegen geht, muss für Augustiniak alles nachhaltig optimiert sein. Der Lohn der Mühen war u.a. der Testsieg der Fibertec-Produkte bei Stiftung Warentest.

GrUndsAtzlich gilt: Abgesehen von Funktionswäsche (1st layer) sollten Bekleidung und Schuhe mit entsprechenden Spezialprodukten gepflegt werden. So behalten die Hightech-Stoffe ihre Funktion, die Ausrüstung hält länger, und die Umwelt wird nicht belastet.

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Leistungsbericht

Fakten & Zahlen

24 Stunden 365 Tage Leistungsbericht der Bergrettung Tirol „Bei diesem Wetter treibt man keinen Hund vor die Tür!“ Sollte der Fachbegriff „Bergrettungswetter“ jemals in ein Lexikon der deutschen Sprache aufgenommen werden, bietet sich dieses Sprichwort als Definition bestens an.

[D]

ie Bergrettung Tirol ist in erster Linie eine terrestrische Rettungsorganisation. Zwar arbeiten wir bei Flugwetter natürlich mit den Notarzthubschraubern zusammen, aber oft können diese wegen mangelnder Sicht nicht starten. Dann gilt es, die robuste Regenjacke aus dem Schrank zu holen und warme Reservekleidung in den Einsatzrucksack zu packen. Rettungsaktionen, die zu Fuß bewältigt werden müssen, können nämlich mitunter sehr lange dauern, besonders wenn sie die Einsatzmannschaft ins Hochgebirge führen. Schwierige Einsätze gab es im Jahr 2016 sehr viele, wir erinnern uns zum Beispiel an den Bericht vom Unfall am Stubaier Höhenweg in der letzten Ausgabe dieses Magazins. Nicht weniger

aufwendig und technisch extrem anspruchsvoll war der Einsatz der Ortsstelle St. Johann im Oktober. Genau zu Mitternacht wurden die Retter zu einer Bergung am Fleischbank-Nordgrat im Wilden Kaiser gerufen. Nach über 18 Stunden konnten die in Not geratenen Bergsteiger gerettet werden, bei Schneefall in der Dunkelheit aus einer ausgesetzten Kletterroute.

Summe knapp 24.000 Stunden lang im Einsatz.

Insgesamt gab es auch 2016 wieder einen deutlichen Anstieg der Einsatzzahlen um 9,4 Prozent. Die Bergrettung Tirol rückte 2351 mal aus, wir können an dieser Stelle nur raten, wie oft dies bei „Bergrettungswetter“ geschah. Die Einsatzstunden gingen mit –2,3 % leicht zurück, was daran liegt, dass es 2016 weniger zeitintensive Sucheinsätze gab. Dennoch standen unsere ehrenamtlichen Mitglieder in

Tirol ist ein Land der Sportler. Dementsprechend vielfältig sind die Tätigkeiten beim Unfall und die damit verbundenen Einsatzszenarien. Um für alle Situationen bestmöglich gerüstet zu sein, investieren Tirols Bergretterinnen und Bergretter viel Zeit in Übungen und Schulungsabende. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 1769 Fortbildungen durchgeführt.

Anzahl der Einsätze 2400

Tätigkeit beim Unfall

2351

2350 2300

Ski/Snowboard 949 Rodeln 52 Mountainbiken 100 Klettern (inkl. Abseilen) 87 Wandern (Auf- und Abstieg) 679 Sonstiges 484

2250 2200

2149

2150 2100 2050 2000

1924

1950

Eine Entspannung der Situation ist nicht in Sicht. 2017 wurden bis Mitte September bereits 2123 Einsätze durchgeführt, dies entspricht einer Zunahme von knapp über 6 % im Vergleich mit demselben Zeitraum im Vorjahr.

1996

1900

Schon gewusst?

1850 1800 1750 1700 1650

1638

1600 2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

llen sich ehn und Bergretter ste Alle Bergretterinne it. Um im Somnst der Allgemeinhe renamtlich in den Die in, besitzt jeeinsatzbereit zu se mer wie im Winter s- und Ausrügreiches Bekleidung des Mitglied ein umfan ses Material zieren muss sich die stungssortiment. Finan größten Teil selbst. jedes Mitglied zum Bergrettung Tirol

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bergrettung Leistungsbericht

Im Mittelpunkt steht immer der Patient Schlagzeilen wie „Wanderer aus Bergnot geborgen“, „Spaltensturz am Gletscher“ oder „Lawinenunfall führte zu Großeinsatz“ liest man in den Tiroler Medien an Wochenenden bzw. während der Hochsaison beinahe täglich. Die Einsatzzahlen der Bergrettung Tirol auf Seite 43 spiegeln dies eindrucksvoll wider.

Manchmal sind wir machtlos Am 15. März 2017 erschütterte die Nachricht über ein Lawinenunglück die internationale Bergwelt. Eine achtköpfige Gruppe wurde am Jochgrubenkopf im Tiroler Schmirntal von einer riesigen Lawine erfasst und mehrere Hundert Meter mitgerissen. Während sich die Hälfte der Gruppe selbst aus den Schneemassen befreien konnte, gab es für ihre vier Kameraden keine Überlebenschance. Die Opfer wurden zwischen drei und zwölf (!) Meter tief verschüttet. Den Bergrettern der Ortsstelle St. Jodok war unmittelbar nach ihrer Alarmierung durch die Leitstelle Tirol bewusst, dass dies ein außergewöhnlicher Einsatz werden würde. Sofort wurden weitere Ortsstellen dazu alarmiert und mit 5 Hubschraubern auf die Lawine geflogen. Insgesamt standen schließlich etwa 100 Bergretter aus 11 Ortsstellen der Bergrettung Tirol im Einsatz. Obwohl bei diesem Einsatz leider keine Lebendbergung möglich war, kann er doch als Ergebnis des erfolgreichen Zusammenspiels aus Ausbildung, Ausrüstung und Rettungstechnik angesehen werden. Unser Ausbildungskonzept des „ganzheitlichen Bergretters“ ermöglichte die nahtlose Zusammenarbeit von Bergrettern aus ganz Tirol.

Bergrettung Tirol

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Die erfolgreiche Rettung von Personen in Bergnot steht dabei im Mittelpunkt einer komplexen Organisation, bestehend aus über 4500 ehrenamtlichen Bergrettern und einer stetig wachsenden Gemeinschaft fördernder Mitglieder. Blicken Sie mit uns hinter die Kulissen der Bergrettung Tirol!


Jahresbericht Der ganzheitliche Bergretter Die Bergretterinnen und Bergretter kommen aus den verschiedensten Winkeln Tirols und haben die unterschiedlichsten Berufe. Ein paar Dinge haben unsere aktiven Mitglieder aber gemeinsam: die Begeisterung für den Bergrettungsdienst und eine einheitliche Ausbildung auf hohem Niveau. Bei Einsätzen muss sich jeder auf seine Kameraden verlassen können, speziell wenn es um Bergungen im exponierten Gelände geht. Jeder Bergretter muss die erforderlichen Techniken beherrschen und anwenden können. Jeder muss wissen wie das Equipment funktioniert, denn im Einsatz kann man sich meist nicht aussuchen, an welcher Position man eingesetzt wird.

Nur was sicher ist, schnell erlernbar, einfach handzuhaben und wenig Gewicht hat, kommt bei der Bergrettung Tirol zum Einsatz.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, lernen alle unsere Mitglieder während der Grundausbildung und den Fortbildungskursen im Ausbildungszentrum Jamtal die gleichen Systeme. Diese wurden ebenfalls für die ganzheitliche Ausbildung optimiert und im Laufe der Zeit dank modernster technischer Mittel zunehmend vereinfacht. Nur was sicher, schnell erlernbar, einfach handzuhaben ist und wenig Gewicht hat, kommt bei der Bergrettung Tirol zum Einsatz.

Darüber hinaus wird den Bergrettern im Rahmen der dreiteiligen Alpin-Medic Ausbildung ein umfangreiches medizinisches Wissen vermittelt. Auch bei der dort angewandten „taktischen Alpinmedizin“ wird von den Ausbildern tunlichst auf Praxisnähe und einfachste Anwendbarkeit geachtet.

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bergrettung Leistungsbericht Keine Kompromisse beim Material

Die Titantrage ist ultraleicht, trotzdem stabil und erleichtert das Transportieren ungemein.

Die Bergrettung Tirol blickt auf eine lange Geschichte an Innovationen im Bereich des alpinen Rettungswesens zurück. Galt es in den Anfängen der Bergrettung noch vorwiegend darum, erste Geräte für das spezielle Einsatzgebiet zu entwickeln, so liegt der Fokus heute vor allem auf der Optimierung dieses Materials. Als Beispiel kann hier unsere neue Patiententrage genannt werden. Gefertigt aus dem ultraleichten Werkstoff Titan, erfüllt sie die wichtigsten Anforderungsmerkmale: einfache Handhabung, geringes Gewicht und erhöhte Sicherheit. Das System wurde von der Bergrettung Tirol in enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller FERNO entwickelt und wird heute weltweit unter dem Handelsnamen „Tirol Kit“ vertrieben.

„High-Tech by Bergrettung Tirol“ unterstützt unsere Patienten und Einsatzmannschaften auch auf ihren Smartphones. Melder können den durch GPS ermittelten Unfallort mit unserer Notfall-App an die Leitstelle Tirol übermitteln. Unsere Einsatzleiter wiederum nützen eine speziell entwickelte Software, um die Rettungsteams gezielt durch das alpine Gelände zu lotsen. L.I.S.A. nennt sich dieses System, welches gerade bei Sucheinsätzen wertvolle Dienste leistet.

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Bei der Entwicklung des Zweibeins zeigte sich die Bergrettung Tirol federführend

e t a r b e l Ce ity! grav

T E A M AT H L E T B E N E D I K T P U R N E R

Ähnlich verhält es sich mit dem Zweibein, welches den Seilverlauf bei Bergungen aus steilem Gelände deutlich verbessert. Es wird an der Geländekante oberhalb des Abgrunds montiert und führt die Seile des Rettungsteams über Rollen darüber hinweg. So wird Steinschlag minimiert, und der Patient kann samt Trage problemlos über die Kante nach oben geborgen werden. Bei der Entwicklung des Zweibeins zeigte sich die Bergrettung Tirol ebenfalls federführend, und das Gerät ist mittlerweile seit etwa 10 Jahren im Einsatz. Schon damals wurde das Gewicht durch den Werkstoff Karbon gering gehalten. Derzeit wird mit Hochdruck an einem Nachfolgemodell aus Titan gearbeitet. Der Fokus liegt neben erhöhter Sicherheit auf einer vereinfachten Bedienbarkeit.

Am liebsten wären uns gar keine Einsätze Unfälle im unwegsamen Gelände werden sich nie vollständig verhindern lassen. Einen großen Teil unserer Einsätze hätte es aber nach einert Tourenplanung bzw. besserem Verhalten der Unfallbeteiligten nicht gegeben. Aus diesem Grund investiert die Bergrettung Tirol viel Zeit und Wissen in Projekte zur Unfallprävention. Mit der Schaffung einer „Alpine Saftey Area“ konnte unlängst ein einzigartiges Trainingsgelände für Bergsportler geschaffen werden. Auf Seite 4 wurde ausführlich darüber berichtet. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Publikationen der Bergrettung Tirol, welche für mehr Sicherheit am Berg sorgen sollen. Nicht zuletzt sollte erwähnt werden, dass sich die Bergrettung Tirol jedes Jahr mit zahlreichen kostenlosen Workshops an der Alpinmesse in Innsbruck beteiligt.

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Fakten Neue KLettersteignorm

T EIGSE T ERS T NEUE KLET

7 1 0 2 NORM Klettersteigsets fallen, wie Gurte, Helme, Steigeisen und alles andere, das uns gegen Absturz schützt, unter den Fachbegriff „persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz“. Diese Produkte sind, sofern eine Norm vorhanden, nach dieser Norm zu prüfen, bevor sie verkauft werden dürfen. Die Norm ist eine Mindestanforderung an den Hersteller. Sobald eine Norm erscheint bzw. geändert wird, ist der Hersteller verpflichtet, nach dieser Norm zu zertifizieren. Am 1. April 2017 ist eine neue Norm für Klettersteigsets in Kraft getreten. Warum ist das wichtig?

[G]

rundsätzlich ist das nichts Außergewöhnliches, da diverse Normen regelmäßig geändert werden, um moderneren Anforderungen bzw. neueren Erkenntnissen zu entsprechen. Normänderungen gehen zumeist spurlos am Endverbraucher vorbei, da für ihn nicht wirklich interessant. Warum die Änderung der Klettersteigsetnorm nun doch einem breiteren Publikum bekannt wurde und auch viel darüber geschrieben und diskutiert wurde, hat mehrere Gründe. Der Hauptgrund ist wohl der größte Produktrückruf der Bergsportgeschichte im Jahr 2012 und 2013, durch den viele Hersteller vorsorglich Klettersteigsets zurückriefen. Nachdem ein tödlicher Unfall durch Bruch beider Lastarme eines Klettersteigsets, wohlgemerkt bei korrekter Anwendung, bekannt geworden war, ist man draufgekommen, dass es Probleme mit dem Material der elastischen Arme diverser Hersteller gab. Nach und nach riefen fast alle Hersteller vorsorglich ihre Produkte zurück. Dies führte zu einer großen Verunsicherung der Anwender. Kritik und Bedenken hatte es schon vor dem Unfall gegeben. Man hatte moniert, dass die Klettersteigsets nicht für leichtgewichtige Personen geeignet waren, und durch den „Klettersteigboom“ auch kindertaugliche Sets gefordert wurden. Da Änderungen von Normen eine eher träge Angelegenheit sind und normalerweise mehrere Jahre dauern, wurde die neue Norm EN958 : 2017 erst im April 2017 publiziert.

Folgende Punkte wurden unter anderem in der neuen Norm umgesetzt: 4 Der Normsturz (Fallhöhe 5 m) in das Set wird mit einer 40-kg- und einer 120-kg-Masse durchgeführt, wobei der Fangstoß (die Belastung auf den Körper) maximal 3,5 kN bzw. 6 kN betragen darf. [Davor wurde nur mit einer80-kg-Masse mit max. Fangstoß von 6 kN getestet] 4 Die Aufreiß-/Bremslänge des Bandfalldämpfers darf max. 2,2 m betragen. [davor: 1,2 m] 4 Das ganze System muss eine Festigkeit von mindestens 12 kN aufweisen. [davor: 9 kN] 4 Elastische Lastarme werden mit einem Zyklustest auf Ermüdung geprüft. [davor: kein Test] 4 Nicht elastische Lastarme müssen mindestens 15 kN aushalten. [davor: kein Test]

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Das Set wird auch einem Nässetest unterzogen (diverse Reibungsfalldämpfer haben in nassem Zustand nicht funktioniert).


Hauptsächlich werden wir gefragt, ob Sets nach der alten Norm (EN958:2011) noch verkauft bzw. verwendet werden dürfen. Im Fachhandel dürfen die Klettersteigsets nach alter Norm noch verkauft werden. Der Anwender kann sein Produkt unter gewissen Voraussetzungen weiter verwenden: 4 Sein Set ist nicht von einem Rückruf betroffen, siehe dazu http://www.alpenverein.de/Bergsport/Sicherheit/RueckrufKlettersteigsets 4 Sein Set ist in gutem Zustand und wurde regelmäßig überprüft 4 Sein Set hat die vom Hersteller angegebene Lebensdauer nicht überschritten. Die Lebensdauer des Produkts ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich und muss in der Gebrauchsanweisung definiert sein.

Leider ist es bei der neuen Norm nicht gelungen, einen Schutz für wirklich leichtgewichtige Personen (unter 40 kg) bzw. für Kinder zu erreichen.

TIPP

Anwendern, welche ein Klettersteigset nach alter Norm verwenden und unter 60 kg bzw. über 100 kg (mit Ausrüstung) wiegen, wird empfohlen, das Set auszusondern und ein Set nach neuer Norm zu verwenden.

Zentrales Element eines Klettersteigsets ist der Falldämpfer, heutzutage der Bandfalldämpfer (2 Bänder sind miteinander verwoben, reißen ab einer gewissen Belastung auseinander und nehmen so Energie auf). Dieser Falldämpfer reduziert so die Sturzenergie auf den Körper auf ein erträgliches Maß. Unser Körper hält kurzfristig 12 kN aus, ohne Schaden zu nehmen. Über 12 kN brechen Knochen und reißen Organe und Gefäße. Stürzt ein zu leichter Anwender in das Set, kommt zu wenig Energie auf den Falldämpfer, um diesen zum Aufplatzen zu bringen. Der Körper des Stürzenden wird somit jäh abgebremst, ohne dass das System Energie aufnehmen kann, was schwere Verletzungen zur Folge hat. Es gibt keine Klettersteigsets für Kinder und Personen unter 40 kg! Diese müssen daher am Klettersteig durch Seilsicherung nachgesichert werden! Es sei jedoch noch darauf hingewiesen, dass das Hauptproblem am Klettersteig nicht die alte bzw. neue Norm ist, sondern die meisten Probleme / Unfälle eine ganz andere Ursachen, wie folgt, haben: 4Unzureichende oder keine Ausbildung 4Falsche Selbsteinschätzung 4 Falsche Tourenplanung (v.a. Zeit und Wetter/ Gewitter werden nicht richtig eingeschätzt) 4 Kein genormtes Klettersteigset (Sicherung mit Bandschlingen oder Seilstücken, welche bei minimalen Stürzen reißen bzw. der hohe Fangstoß vom Körper nicht ausgehalten wird) 4Nichteinhängen des Klettersteigsets 4Falsches Verwenden des Klettersteigsets

ACHTUNG! Klettersteigsets sind reine Notfallausrüstung und nicht für Mehrfachstürze konzipiert. Nach einem einzigen Sturz verliert das Set die Funktion und muss entsorgt werden, auch wenn der Bandfalldämpfer nur minimal aufgerissen ist.

Max Berger zählt zu den bekanntesten österreichischen Bergführern und hat zahlreiche Routen in Fels und Eis erstbegangen. Berger ist Chef der Firma Petzl in Österreich.

Inwiefern betrifft diese Normänderung nun den Anwender?

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Alles Training für Yerupaja

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ls Anfänger in einer Gruppe starker Allround-Alpinisten ist man erst einmal der Depp. Klar, wer das Bier holt, im Stockbett oben schläft und das Doppelseil trägt. Vor dem Zustieg aufs Taschachhaus zwecks Eiskurs sollte ich für alle die Trinkflaschen auffüllen, am Brunnen gleich hinter der Ecke. Ich verschwand mit vier Flaschen, aber hinter der Kehre gab es keinen Brunnen, also weiter bis zur nächsten Kehre. Wieder kein Brunnen. Also zurück. Welcher Brunnen? Depp! Nicht an der Straße. Beim Bauern auf dem Hof! Wieder los. Auf dem Hof ankläffen lassen vom Hofhund, Anschiss vom Bauern, kein Brunnen. Also zurück. Anschiss! Zu blöd zum Wasser holen. Der Zustieg wurde immer länger, der Rucksack drückte, ein Seufzer. „Bloß nicht schwächeln, Lubo!“ kam es sofort. „Alles Training für Yerupaja!“ Die Yerupaja-Westwand war unser erklärtes Traumziel, nachdem wir die Fotos von Röbi Bösch im „Bergsteiger“ gesehen hatten. Wenn etwas nicht klappte, ich als Letzter ankam oder an einer Schlüsselstelle scheiterte, immer wieder derselbe blöde Spruch: „Alles Training für Yerupaja!“

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Irgendwann waren wir am Taschachhaus, natürlich wie immer ein Drittel schneller als im Führer angegeben. Ich war fertig, kaputt, holte das Doppelseil aus dem Rucksack – und war den Tränen nahe: Unterm Doppelseil verbargen sich zwei Felsbrocken mit gut 7 bis 8 Kilo Gewicht. Der Sack war ohnehin so schwer, dass ich keinen Verdacht geschöpft hatte. Die Schweine hatten mich am Parkplatz weggeschickt, um die Steine in Ruhe reinzupacken. Ich verzog keine Miene, legte die Brocken ins Freie und schwor Rache. Erst einmal zwei Weißbier gegen den Durst, eine Flasche Rotwein nach dem Essen für die Wutunterdrückung, die zweite für den Vollrausch.

2005 bis 2008 wurde das Taschachhaus kernsaniert. Der marode Dachstuhl, die morschen Stockbetten – in jeder Nacht habe ich schnarchenderweise sicherlich zum Verschleiß beigetragen. Nach tiefem Schlaf grinste ich die genervten Seilgefährten an: „Alles Training für Yerupaja!“ (Marvin Keller)


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